Stefan Zimmerli
Universitätsklinik für Infektiologie
Inselspital
3010 Bern
Die komplizierten Infekte in der Praxis
Background
ESKAPE-Problemkeime
E nterococcus Gram-positive Bakterien
S taphylococcus aureus
K lebsiella Gram-negative Bakterien
A cinetobacter
P seudomonas
E nterobacter
Bei allen diesen Keimen zunehmende Antibiotika-
Resistenz und wenige Behandlungsoptionen
Boucher et al, CID 2009;48:1.
Resistenz in verschiedenen Pathogenen
Gram-positive Bakterien
Gram-negative Bakterien
Mykobakterien (zB MDR-Tuberkulose)
Pilze (zB Candida spp. und Fluconazol)
Protozoen (zB Plasmodium spp. und Chloroquin)
Viren (zB HIV und antiretrovirale Medikamente)
Epidemiologie resistenter Keime Schweiz 2004 - 2014
BAG Bulletin 35; 24. August 2014
19.6%
http://www.anresis.ch/
Furunkulose mit MRSA
Proportion of Methicillin Resistant S. aureus (MRSA) Isolates in Participating Countries, in 2006 and 2012
(Methicillin-Resistenz als Marker für alle Betalaktam-Antibiotika)
Proportion of MRSA Isolates in Switzerland, 2008 and 2012
West
17.5%
Central
5.8%
East (incl. Ticino)
4.7%
West
11.3%
Central
4.8%
East
4.5%
Ticino19.7%
MRSA (Methicillin-resistenter S. aureus)
Staphylococcus HA-MRSA CA-MRSA
aureus (MSSA)
Methicillin S R R
Clindamycin S R S/R
Erythromycin S R S/R
Gentamicin S R S
Rifampicin S R S
TMP/SMX S R S
Vancomycin S S S
Fusidinsäure S R S
Teicoplanin S R S
S = sensibel, R = resistent, HA = hospital acquired, CA = community acquired
MRSA-Prävalenz Schweiz,hospitalisierte vs. ambulante Patienten
%
www.anresis.ch
MRSA am Inselspital 1991 – 30.11.2013
MRSA
Krankheitsbilder
Haut- und Weichteilinfekte
Sepsis, Endokarditis
Pneumonie
Septische Arthritis, Osteomyelitis
Impetigo
Therapieoptionen:
Vancomycin (iv)
Daptomycin (iv)
Bactrim (po)
Clindamycin (po, iv)
Grundsätzliches zur MRSA Dekolonisation
Die Dauer beträgt 5 Tage und wird an 5 aufeinanderfolgenden Tagen vorge- nommen.
Für die Dekolonisation werden Desinfektionsmittel und Antibiotikum lokal angewendet. Auf der
Rückseite ist eine genaue Anweisung zur Anwendung der einzelnen Präparate beschrieben.
Alle Präparate sind in der Schweiz geprüft und zugelassen. Bitte nur die rezeptierten
Präparate verwenden.
Falls möglich, für die Körperdusche Fremdkörper wie z. B. Fingerringe, Ohrenringe und Piercings
entfernen. Diese vor dem Anziehen mit 70% Alkohol desinfizieren. Künstliche Fingernägel
und Nagellack möglichst entfernen.
Nach der ersten Dusche einmalig Kleider, Bettwäsche sowie Hand- und Badetücher wechseln.
Träger von Perücken / Haartoupets desinfizieren deren Innenseite mit 70% Alkohol einmal täglich.
Falls möglich, Nassrasuren und jegliche Haarentfernungen (Achselhöhle, Intimbereich, Beine)
während der Dekolonisation vermeiden.
Grundsätzliches zur MRSA Dekolonisation
Nebenwirkungen
Hautirritationen sind grundsätzlich möglich, jedoch selten. Bei Verdacht auf eine
Unverträglichkeit oder Nebenwirkung die Spitalhygiene kontaktieren.
Eine Aufnahme der einzelnen Substanzen erfolgt, falls überhaupt, nur in geringsten Mengen
und ist medizinisch unbedenklich.
Schwangerschaft und Stillzeit stellen keine Kontraindikation dar und sind unbedenklich.
Kontrollabstriche und Entisolation
Die Kontrollabstriche erfolgen nach Verordnung der Spitalhygiene oder des Arztes. Eine
Entisolation erfodert mehrere negative Abstriche über einen Zeitraum von mindestens 3-6
Monaten.
Anweisung zur MRSA Dekolonisierung für Patienten
Anwendung Intervall Präparat Anweisung für die AnwendungDuschen
1x Tag Hibiscrub® 1. Haut vollständig vor dem Gebrauch des Hibiscrub benetzen. Hibiscrub auf der gesamten Körperoberfläche mit den Händen verteilen. Am Kopf beginnen und danach den Körper von oben nach unten einseifen. Pro Körpterteil (Kopf, pro Arm, Bein, Oberkörper, Bauch ect.) je einen Dispenserhub verwenden.
2. Am 1., 3. und 5. Tag die Haare ebenfalls mit Hibiscrub einseifen.3. Den Hautfalten im Gesicht, Achselhöhlen, Leisten und Intimbereich besondere
Aufmerksamkeit schenken.4. Hibiscrub vor dem Abduschen während 60-90 Sekunden einwirken lassen.5. Bei Säuglingen ≤ 6 Monate analog verfahren. Anstelle von Hibiscrub jedoch Octenisan
verwenden.Patienten welche nicht duschen können, waschen den ganzen Körper mit derselben Menge an Hibiscrub
und mit derselben Verweildauer.
Mund
3x Tag Dentohexin Gurgellösung®
1. 3x täglich den Mund mit Dentohexin Gurgellösung (5ml in 5ml Wasser aufgelöst) während 20 Sekunden spülen.
2. Jeweils während des Spülens 5-10 Sekunden gurgeln.3. Dentohexin Gurgellösung ausspucken.4. Zahnprothese immer vor dem Spülen entfernen. Diese in gereinigtem Zustand einmal pro
Tag während 5 Minuten in Dentohexin Gurgellösung ® einlegen.
Nase 3xTag Bactroban® Nasensalbe
1. 1cm der Salbe auf ein Wattestäbchen auftragen und damit die Nasenöffnung ausstreichen. 2. Gleiches Prozedere für die 2. Nasenöffnung.3. Bei Schnupfen die Nase vor der Behandlung putzen und nach Salbenapplikation möglichst
lange auf das Putzen der Nase zu verzichten.
Wunden 2x Tag Betadine Lösung
1. Mit sterilem Wattestäbchen gleichmässig auf die Wunde auftragen.2. Einwirkzeit: 2-3 Minuten oder bis eingetrocknet.
Epidemiologie resistenter Keime Schweiz 2004 - 2014
BAG Bulletin 35; 24. August 2014
Epidemiologie resistenter Keime Schweiz 2004 - 2014
BAG Bulletin 35; 24. August 2014
Antibiotikaeinsatz bei ambulanten Patienten in DDD: Schweiz 2007
Achermann R et al. Clin Microbiol Infect 2011; 17: 855–861
Antibiotikakonsum Schweiz, ambulanter Bereich
Alle Antibiotika
Nur Chinolone
Filippini, Health Pol 2006;78:77.
Assoziation Penicillinkonsum undAnteil non-suszeptibler Pneumokokken
CH
Goossens, Lancet 2005;365:579.
23
Risk factors for carriage of penicillin-nonsusceptible pneumococci, children <5 years old
Mühlemann et al. J Infect Dis 2003
OR 95% CI p
Day care (current) 1.44 1.14 - 1.89 0.002
Antibiotic exposure, last 8 weeks
1.49 1.13 – 1.96 0.003
Western Switzerland 1.62 1.29 – 2.03 <0.001
Borreliose
Wie behandeln Sie einen Patienten mit gesicherter Neuroborreliose?
a) mit einer Radiculitis
b) mit einer Encephalitis?
Bremell and Dotevall European Journal of Neurology 2014, 21: 1162–1167
Bremell and Dotevall European Journal of Neurology 2014, 21: 1162–1167
Bremell and Dotevall European Journal of Neurology 2014, 21: 1162–1167
Doxycyclin für Neuroborreliose des zentralen und peripheren Nervensystems
Bremell and Dotevall European Journal of Neurology 2014, 21: 1162–1167
Retrospektiver Vergleich. Abfall der Zellzahl im Liquor als Erfolgsparameter
Studienpatienten mit Neuroborreliose
Ljostad et al. Lancet Neurol 2008;7:690
Behandlungsresultat
Ljostad et al. Lancet Neurol 2008;7:690
Diagnose der Tuberkulose
Kultur von Mycobacterium tuberculosis!
Dauert 2-3 ( bis 8) Wochen bis Kulturen positiv werden
Verdacht auf TB: Säurefeste Stäbchen im Sputum (oder in der Biopsie)
Amplifikation (PCR) direkt aus dem Sputum kann den Nachweis von M:
tuberculosis innert Stunden erbringen
PCR Amplifikation der Genloci mit bekannten Resistenzmutationen kann
innert Stunden Informationen über die Empfindlichkeit liefern
Xpert® MTB/RIF assay
Lawn Future Microbiol 2011;6:1067
>95% der Rifampicin-resistenten M. tuberculosis Stämme haben eine Mutation in der 81-bp hot spot region des rpoB Gens
GeneXpert® MTB/RIF assay
Lawn Future Microbiol 2011;6:1067
Xpert® MTB/RIF assay
Lawn Future Microbiol 2011;6:1067
SPC: sample processing control
Resistenz gegen antituberkulöse Medikamente 2005 - 2009
BAG Bulletin 10/2011
Schweiz: stabiler Anteil an resistenten M. tuberculosis Isolaten
BAG Bulletin 10/2011
30 MDR Fälle 2005 - 2009 6 Ex-USSR 5 Somalia und Äthiopien 4 Tibet
Anteil multiresistenter TB
Neue Fälle
Vorbehandelte Fälle
Gandhi Lancet 2010;375:1930
WHO treatment recommendations for MDR-TB
Intensive phase of at least 8 months Total treatment duration of at least 20 months is recommended
WHO Guidelines for the programmatic management of drug-resistant tuberculosis 2011 update
Second-line drugs to treat MDR-TB
WHO Guidelines for the programmatic management of drug-resistant tuberculosis 2011 update
Natural history of untreated TB
10-year case fatality 53% and 86%, with a weighted mean of 70%.
10-year case fatality approximately 20%.
Tiemersma EW. Et al Plos one 2011;6:e17601
Was tun bei kulturellem Nachweis von Candida
Aus dem Urin (meist) Nichts
Candida spp. werden oft im Urin gefunden, v.a bei Patienten mit
Blasenkatheter und antibiotischer Therapie. Die meisten sind
asymptomatisch. Meist ist dies kein Hinweis auf einen
Harnwegsinfekt mit Candida
Die Kolonienzahl im Urin hilft nicht bei der Unterscheidung
Kolonisation vs. Infektion
Die Diagnose eines Harnwegsinfekts beruht auf dem
cystoskopischen Nachweis eines Pilzballs oder dem bioptischen
Nachweis einer Gewebeinvasion
Candida spp. im Urin
Bei Patienten mit Diabetes mellitus, Blasensteinen oder
Abflusshindernissen kann eine Candidurie persistieren oder es
kann ein Pilzball auftreten. Ohne diese Risikofaktoren
verschwinden iatrogene Candidurien meist spontan
Candida spp. in Urinzylindern kann auf eine invasive
Niereninfektion hinweisen
Behandlung indiziert bei Patienten mit Nierentransplantation,
Neutropenie, bevorstehenden Eingriffen an den Harnwegen
Candidurie auf der Intensivpflegestation
Bougnoux M-E et al. Intensive Care Med 2008;34:292
Bei Erwachsenen fast immer Kolonisation oder Kontamination. Fast alle sind asymptomatisch.Nur sehr selten ist eine Pilztherapie indiziert
IDSA Guidelines zum Management der Candidiasis
Pappas et al. CID 2009;48:503
2004-09
Isolates n %
C. albicans 675 61.9
C. glabrata 191 17.5
C. tropicalis 64 5.9
C. parapsilosis 59 5.4
C. dubliniensis 33 3
C. krusei 22 2
C. lusitaniae 12 1.1
C. kefyr 8 0.7
C. pelliculosa 6 0.6
C. guilliermondii 9 0.8
C. famata 4 0.4
C. norvegensis 3 0.3
C. inconspicua 2 0.2
C. rugosa 2 0.2
Total 1090
Speziesverteilung bei Candida Isolaten aus Blutkulturen
C. Orasch et al. for the Funginos group, ECCMID 2010
Candidämien in der Schweiz
C. Orasch et al. for FUNGINOS; ECCMID 2013
0.380.49
1.01 P=0.004
n = 846
n = 676
n = 543 n = 594
15%
8%
5%
5%
C. albicans :64% Uni69% Uni-affiliated
C. albicans :60% Uni
66% Uni-affiliated
1991 - 1995 1996 - 2000 2004 - 2007 2008 - 2010
64%
2%
Candida Isolate aus Blutkulturen CH 2004 – 2009 (n = 1090)
Orasch et al. ECCMID 2011;O148
% Anteil empfindlicher Isolate / Zahl resistenter Isolate
Rezidivierende Harnwegsinfekte bei wiederholten Re-Infektionen mit identischem E.coli
Seit 1982 bekannt, aktuell zunehmende Häufigkeit mit Harnwegsinfekten alle 8 Wochen
(Dysurie, Pollakisurie).
Pyelonephritis vor 30 Jahren
Symptome: Dysurie, Pollakisurie und allgemeinem Krankheitsgefühlohne Fieber.
v.a. morgentlich übelriechenden, trüben Urin.
Antibiotika: Nitrofurantoin, Ofloxacin, Fosfomycin, Augmentin und Ciprofloxacin.
Bactrim: schwerer anaphylaktischer Schock, Nitrofurantoin: Exanthem, Ofloxacin: Malaise.
Keine Pathologie der ableitenden Harnwege
Ben-Ami R. et al Clinical Infectious Diseases 2009; 49:682–90
Behandlungsalternativen
Fosfomycin – Monuril. p.o. für HWI mit breitem Erregerspektrum inkl.
ESBL E . coli und Klebsiella. 1 x 3 g nüchtern, am besten abends nach
Blasenentleerung; (3 Dosen alle 3 Tage bei komplizierten HWI)
Neuner Antimicrob Agents and Chmother 2012;56:5744
Fosfomycin Behandlungserfolg gegen Erreger von HWI
Neuner Antimicrob Agents and Chmother 2012;56:5744
Schweizer Behandlungsempfehlungen, Unkomplizierte Zystitis
Hasse et al, in press Slide courtesy of Barbara Hasse, USZ
Schweizer Behandlungsempfehlungen, Pyelonephritis
Hasse et al, in press Slide courtesy of Barbara Hasse, USZ
Behandlungsalternativen
Nitrofurantoin – Furadantin 2 x 100 mg/Tag x 5 Tage mit dem
Essen oder nach dem Essen. KI bei CrCl <50 für HWI mit Gram
+ Kokken (inkl. MRSA und Enterokokken), E. coli, Salmonellen
Trimethoprim/Sulfamethoxazol - Bactrim160/800 2 x 1/Tag
Ertapenem – Invanz 1 x 1 g/Tag i.v. über 30 min für 5 Tage
Behandlung: ganz, ganz kurz
Zunehmender Schweregrad
NitroFosfoBactrim
Nil CiproBactrim
CiproCeftriaxonBactrim
Ceftriaxon(oder IV Alternative)Cipro(& evtl Drainage)
Ceftriaxon(o. IV Alternative)Cipro
Gupta et al, CID 2011. Hooton et al, CID 2010;50:625.
ASB Zystitis Pyelonephritis Abszess Urosepsis