Exkursionsbericht
Stratigraphie III
„Elbtalkreide“
29.05.2010
Holm Klimke
BGM 4
Betreuer: Dr. M. Franz
TU Bergakademie Freiberg
Einleitung:
Das Geländepraktikum „Elbtalkreide“ stellt typische sedimentäre Ablagerungen aus der
Oberkreide Sachsens vor. Anhand dieser Sedimentgesteine lässt sich die Entwicklung
einer cenomanen marinen Transgression in der heutigen Elbtalzone beobachten und
sowohl deren Einfluss als auch die Rolle, die das lokale Relief für den Ablagerungsraum
spielt, nachvollziehen. Die Wechselwirkung beider Faktoren sorgt für die Ausbildung einer
Vielzahl verschiedener proximaler Fazies cretazischer Schelfmeere, die sich auf diesem
lateral sehr begrenzten Gebiet studieren lassen.
Überblick über das Exkursionsgebiet:
Die Elbtalkreide nimmt räumlich gesehen als Teil der Elbzone einen ca. 15 km breiten
Streifen westlich und östlich der Elbe auf der Linie Meißen – Dresden – Pirna - Bad
Schandau ein und beinhaltet zusätzlich das Elbsandsteingebirge im Südosten.
Im Süden steht sie in direkter Verbindung zur Nordböhmischen Oberkreide.
Der Elbtalkreide sind einige cenomane Erosionsrelikte vorgelagert, die entweder in
tektonisch geschützten Gebieten liegen oder durch tertiäre Vulkanitdecken vor der
Abtragung geschützt wurden.
Strukturell stellt die Elbzone einen asymmetrischen Halbgraben dar, der im Norden von
der Lausitzer Überschiebung vom Lausitzer Block getrennt ist. Im Nordwesten schließt
sich der Meißner Pluton an.
Westlich wird das sächsische Kreidebecken durch die Niederwarthaer Störung vom
Döhlenbecken abgegrenzt. Nach der Karsdorfer Störung schließt sich im Westen
schließlich das Osterzgebirge an.
Mesozoische Sedimente bis zur Kreide treten in Sachsen nur sporadisch auf.
Im Oberjura bis zur Oberkreide stellte Sachsen eine Landoberfläche dar, die einer
intensiven sialitischen Verwitterung und Abtragung ausgesetzt war.
Die im Cenoman einsetzende marine Transgression in die Elbzone, die sich bis zum
mittleren Turon hinzog, schüttete somit die Elbtalkreide diskordant auf das variszische
Elbtal-Schiefergebirge.
Diese überwiegend siliziklastische Sedimentation erfolgte in der Umgebung von
Hebungsgebieten in der Kreide. Dies waren zum einen die Mitteleuropäische Insel, der
das Erzgebirge angehörte, sowie die Westsudetische Insel, die die heutige Lausitz
beinhaltete (SCUPIN 1937 ).
Basal liegen sandige bis konglomeratische Ablagerungen von Flüssen und Ästuaren, an
die sich im Hangenden marine küstennahe Sandsteine anschließen. Im Nordwesten
Richtung Dresden und Meißen sind diese Sandsteine zunehmend kalkiger und toniger
ausgebildet. Insgesamt beträgt die durchschnittliche Mächtigkeit der Oberkreide der
Elbzone ca. 550 – 650 m. Bedingt durch die Struktur des Elbtal-Halbgrabens nimmt die
Mächtigkeit der Sedimentpakete nach Norden hin zu.
Auflässiger Steinbruch am Forstweg in Niederschöna ( GK 4600725/5648512 )
Der Aufschluss zeigt mehrere sich abschneidende Rinnensysteme. Lithologisch handelt es
sich um einen hellglimmerführenden mittel- bis grobkörnigen Quarzsandstein, dessen
Körner eckig bis kantengerundet sind. Insgesamt weist er eine geringe Maturität auf und
zeigt eine intensive Limonitisierung auf.
Die Bankungsfugen führen verstärkt toniges Material, während innerhalb der Rinnen die
Korngröße bis hin zum Feinkies zunimmt. Die Ablagerungen werden als fluviatil
interpretiert.
Vereinzelt finden sich Amethystgerölle, deren
Herkunft auf die Gegend um
Wolkenstein/Erzgebirge zurückgeführt wird
( LEUTWEIN 1951 ). Diese Amethystgerölle
deuten darauf hin, dass die Schüttung im
Cenoman von der Mitteleuropäischen Insel
ausging, die das Erzgebirge beinhaltete.
Strukturell lassen sich im Liegenden des Profils
mehrere kleinere Rinnen innerhalb einer
fluviatilen Ebene aushalten, die lateral in Richtung
der Rinnenachse schräg geschichtete
Sandsteinbarren akkretionieren. Im Hangenden
schließt sich eine sehr viel tiefere Rinne an, die
das Rinnensystem im Liegenden erosiv abschneidet. Das Paläoflussbett ist faziell
schmaler und tiefer ausgebildet mit nur einer Rinne innerhalb der fluviatilen Ebene.
Im paläogeographischen Kontext interpretiert man die hier aufgeschlossenen
Ablagerungen als Schüttungen eines einige 100er m breiten bis wenige Kilometer breiten
braided river systems, welches Material aus dem Erzgebirge in Richtung der Elbtalzone
transportierte. Im Zuge der marinen Transgression wurde das verwilderte Flusssystem
zum Teil überflutet und veränderte seinen Lauf hin zu einem mäandrierenden
Flusssystem.
Mäandrierender Fluss Die Sandbarren werden hier nur lateral verschoben.
Verwildeter Fluss/Braided river system Die Sandbarren werden hier lateral und stromabwärts verschoben.
Abbildung 1 schematische Darstellung des Aufschlussprofils mit ca. 20 m Länge
Abbildung 2 Die Photographie zeigt den linken Teil des Aufschlussprofils. Sedimentologische Strukturelemente wurden rot hervorgehoben. Der Bildausschnitt ist ca. 6 m lang und 2,75 m hoch.
In Richtung des Elbtalbeckens verzahnt sich die fluviatile Fazies mit der Beckenfazies.
Aufgrund des geringen Transportweges weist der Sandstein hier einen schlechten
Rundungsgrad und eine geringe Maturität auf. Dadurch treten hier Granate und Amethyste
auf, während der Elbsandstein nur noch die letzte Schwermineralfraktion wie Rutil, Zirkon
und Turmalin beinhaltet.
Stratigraphisch handelt es sich hier um unter-cenomane Sedimente der Niederschöna
Formation.
Auflässiger Steinbruch hinter dem Forsthaus in Niederschöna
( GK 4601143/5648450 )
Schematisches Profil durch ein Flussbett Schräg geschichtete Barrenkörper werden lateral verschoben.
Oberhäslich Fm ( unteres Obercenoman ) mariner Feinsandstein mit Gerölllinsen; hellglimmerführend
marines Transgressionskonglomerat als Basis der Oberhäslich Fm mit fining up Zonenleitfossil Calycoceras canitaurinum Niederschöna Fm ( oberes Untercenoman )
äolischer Mittelsandstein mit Wurzelröhren; hellglimmerführend
schluffiger Ton mit linsenförmigen Einschaltungen lakustriner
Feinsandsteine, die z.T. Wurzelröhren führen; hellglimmerreich
fluviatil-äolischer Mittel- bis Grobsandstein mit linsenförmigen
tonig-schluffigen Einschaltungen; hellglimmerführend
Abbildung 3 Schematische Darstellung des Aufschlussprofils mit ca.9 m Höhe
An diesem Exkursionspunkt ist der nächstjüngere Teil des Profils am Forstweg
aufgeschlossen. Basal stehen fluviatil-äolische Sandsteine an, an die sich ein
Pflanzenhäcksel führender Ton anschließt. Darüber folgt ein äolischer Dünensandstein,
der eine intensive Durchwurzelung aufweist. Ein marines Transgressionskonglomerat
schließt die Niederschöna Formation ab und leitet in die Oberhäslich Formation über
( s. Abb. 3 ). Der abschließende Feinsandstein wird faziell als randlich-marine
Küstenbarren einer Trichtermündung interpretiert.
Zum Hangenden hin sind die Körner zunehmend besser gerundet.
Aufgrund der Fossilführung der hangenden Schichten wird der Aufschluss als Übergang
des mäandrierenden Flusssystems hin zum marin gefluteten Tal interpretiert.
Das Vorkommen von Exogyra columba, die typisch ist für die tethyale Fauna der
nordböhmischen Oberkreide aber im Boreal fehlt, belegt, dass diese zweite,
obercenomane marine Transgression nun aus dem Südosten erfolgte.
Aufschluss Heidenschanze in Dresden - Coschütz ( GK 5408225/5654781 )
Im Liegenden dieses Aufschlusses ist ein
matrixgestütztes bimodales Konglomerat
aufgeschlossen. Es setzt sich aus gut
gerundetem Monzonitblockwerk mit bis zu
1 m Ø in einer Matrix aus
kantengerundetem Mittelsand zusammen.
Der Monzonit des Grundgebirges bildete
eine Steilküste aus. Gesteinsabbrüche
dieser Klippe wurden durch die Brandung
gerundet. Bei episodischen
Sturmereignissen wurden Wassermassen
in die kleinen Buchten der Steilküste
( pocket beach ) hineingedrückt.
Der bodennahe Rückstrom verlagerte die
gerundeten Monzonitgerölle als submariner
debris flow 50 – 100 m seewärts.
Während dieses Rückstroms wurde zudem
mariner Sand angereichert, der zusammen
mit den Monzonitblöcken das Konglomerat
bildete. Im Hangenden verzahnt sich das
lateral nicht aushaltende Konglomerat mit
einem Mittelsandstein. Als nächste Einheit schließt sich ein komponentengestütztes
Konglomerat aus gut gerundeten Monzonitblöcken mit mergeliger Matrix an.
Man nimmt an, dass sich der Meeresspiegel zwischenzeitlich etwas abgesenkt hat,
wodurch sich der Geröllstrand weiter seewärts verlagert hat. Der folgende erneute
Transgressionsschub füllte die Hohlräume zwischen den Monzonitgeröllen mit mergeligem
Sediment und spülte zudem Faunenelemente eines dem Geröllstrand vorgelagerten Riffes
ein. Stratigraphisch gesehen ist hier der Topbereich der Oberhäslich Formation
aufgeschlossen sowie die Basis der Dölzschen Formation, welche mit dem oberen,
mergelig zementierten Konglomerat beginnt. Biostratigraphisch vollzieht sich an dieser
Grenze der Wechsel von der navicus zur plenus – Zone.
Abbildung 4 Photographie des Aufschlusses; Der Bildausschnitt ist ca. 6 m breit und 9 m hoch Das basale Konglomerat, der Sandstein sowie das karbonatisch gebundene Basiskonglomerat der Dölzschen Formation sind durch rote Hervorhebungen gegeneinander abgegrenzt.
Aufschluss Hoher Stein in Dresden
Dieser Aufschluss zeigt eine Besonderheit der Klippenfazies. Ein mit kalkig-mergeligem
Sediment verfüllter Brandungskessel, der von gut gerundeten Monzonitgeröllen durch die
Brandung in das Monzonitgrundgebirge gemahlen wurde, lässt sich hier im Querschnitt
studieren. Am Grund des Kessels sind die Mahlsteine zu sehen, die diese Auskolkung
geschaffen haben. Die karbonatische Füllung der Brandungstasche enthält zahlreiche
Faunenelemente der plenus Zone.
Der Monzonit bildete eine vorgelagerte Klippe, gegen den sich die Elbtalkreide im Zuge
der Transgressionen beständig weiter vorgelagert hat, bis sie den Monzonit letzlich sogar
überlagerte. Insgesamt wurde in der Elbzone um 42 m transgrediert.
Weiße Brüche bei Rathen ( GK 5435225/5647651 )
Die weißen Brüche bei Rathen sind mittlerweile auflässige überregional bekannte
Natursteinbrüche für weißen hochmaturen Feinsandstein ( 98% Quarz, 2%
Scherminerale), in den regelmäßig feinkiesige Lagen eingeschaltet sind.
Strukturell lassen sich Strömungsrippel beobachten, deren Vorschüttungsblätter nach
Nordosten weisen. Zwischen den einzelnen Rippeln tritt eine tonig-mergelige
Zwischenschicht auf. Aufgrund der unregelmäßigen Abstände der Rippeltops ( s. Abb. 6 )
geht man davon aus, dass die Strömungsrippel durch Wellenbewegungen überprägt
wurden.
Abbildung 5 Photographie des Aufschlusses; Der Bildausschnitt ist ca. 3 m breit und 2 m hoch Der Brandungskessel ist rot vom umgebenden Monzonit abgegrenzt
Abbildung 6 Photographie des Aufschlusses; Der Bildausschnitt ist ca. 1,5 m breit und 2,5 m hoch. Die Strömungsrippelstrukturen wurden rot hervorgehoben.
Der Aufschluss beinhaltet verschiedene Ichnia wie Ophiomorpha und Thalassinoides, die
auf einen Ablagerungsraum auf dem Schelf unterhalb der Schönwetterwellenbasis ( SUB )
hindeuten. Verfüllte Decapodengänge lassen ebenso wie die Kieslagen auf eine
periodische Beeinflussung des Sedimentationsraumes durch Tempestit – Ereignisse
schließen, durch die gröberes Material eingetragen wurde ( s. Abb. 7 )
Stratigraphisch handelt es sich hier um den Sandstein A der Postelwitz Formation aus
dem Mittelturon. Nun erfolgten die Schüttungen ausschließlich von der Westsudetischen
und nicht mehr von der Mitteleuropäischen Insel. Die Sandsteine des tieferen Vorstrandes
verzahnen sich distal Richtung Nordosten mit Konglomeraten.
Abbildung 7 Fazielle Interpretation auftretender Sedimentstrukturen im Aufschluss
Felsengasse im Bielatal ( GK 5432899/5634291 )
Der Aufschluss zeigt einen hoch
maturen Mittelsandstein der
stratigraphisch der Schmilka Formation
des Unterturons zugeordnet wird.
Eine homogene Schrägschichtung bis
zum Top weist auf einen flachmarinen
Ablagerungsraum hin, der einer
konstanten Strömung ausgesetzt war.
Aus dem Einfallen der Schichtflächen
lässt sich eine Strömungsrichtung nach
Nordwesten ableiten. Man nimmt an,
dass diese Strömung zwischen der
Mitteleuropäischen und der
Westsudetischen Insel verlief.
Möglicherweise unterlag sie auch tidalen Einflüssen, da es im
Hangenden des Aufschlusses Hinweise auf eine bipolare
Strömungsverteilung gibt. Nach Nordwesten hin verzahnen sich die
schräg geschichteten Sandsteine mit bioturbaten Feinklastika.
Die im Aufschluss auftretende Fauna deutet ebenso wie die
Sedimentstrukturen eine küstennahe Fazies an.
Das Spurenfossil Ophiomorpha und Decapodengrabgänge deuten
auf einen Sedimentationsraum unterhalb der
Schönwetterwellenbasis hin.
Bei episodischen Sturmereignissen wurden diese
Decapodenbauten mit Sediment verfüllt.
Quellen:
Handout zum Geländepraktikum
Pälchen & Walter 2008: Geologie von Sachsen – Geologischer Bau und
Entwicklungsgeschichte; E. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung
( Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2008
Die digitale Bearbeitung von Photographien erfolgte mit DxO Optics Pro 6.
Abbildungen und Photographien wurden mit CorelDraw X5 und dem Microsoft Office
Picture Manager erstellt bzw. bearbeitet.
Abbildung 8 Photographie des Aufschlusses; Der Bildausschnitt ist ca. 3 m hoch und 5,50 m breit. Exemplarisch wurden Schichtflächen rot hervorgehoben.
Abbildung 9 Photographie eines verfüllten Decapodenganges. Die Objektivabdeckung hat einen Durchmesser von 8 cm.