Aktive Substanzen in der Wundbehandlung bei infektiösen und stagnierenden Wunden
Dr. med. Kerstin Ott, Chirurgische Praxis Alpenblick, Zug
Swiss Intensive Symposium 2014
11. März 2014
Wundheilung ohne Störfaktoren
Welche Faktoren stören die Heilung?
Extrinsische Faktoren
Intrinsische Faktoren
-Medikamente-Vaskuläre Grunderkrankungen-Mangelernährung-Autoimmunerkrankungen-Stoffwechselerkrankungen-Malignome
Extrinsische Faktoren
Kritische Kolonisation InfektionBacterial ShiftBiofilmErhöhte Aktivität der ProteinasenZymogeneZelluläre ToxineZytokineNekrotisches Gewebe- biologische Last
Hauptschuldige
Bakterien in kritischer Anzahl
Mikroorganismen in chronischen Wunden
Leitsatz:„Jede chronische Wunde ist kontaminiert.“
Mikroorganismen in chronischen Wunden
Staphylococcus aureusKolibakterienBacteroidesPeptostreptokokkenPseudomonas aeruginosaEnterococcus Streptococcus pyogenes
Genetische Varianten
Zytotoxinexpr. Staph. aureus: Panton-Valentine Leukozidin (PVL)→ Nekrotisierende Pyodermie
MRSA
ESBL (extented spectrum betalactamase – E. Coli)
Vancomycin resistente Enterokokken (VRE)
Bacterial Shift
Wund Management Sonderheft 3/2012 · 53
Biofilm
Biofilm
Konsortien von Mikroorganismen(Bakterien, Pilze, Hefen), welche in einer Matrix aus extrazellulären polymeren Substanzen (EPS) eingelagert und miteinander und an den Grenzflächen verhaftet sind.
Biofilm
nach Lossdrecht et al.
Entstehung eines Biofilm
Quorum Sensing
Biofilm und Wundchronifizierung
Neutrophile Granulozyten können die befestigten Bakterien nicht verschlingen
→ provoziert die Ausschüttung von proin-flammatorischen Zytokinen und Enzmen
→ damit kommt es zu Entzündungen am angrenzenden Gewebe
Weitere Folgen der kritischen Kolonisation und Chronifizierung
- Steigerung des pH- Wertes in den alkalischen Bereich
-Vermehrte Ausschüttung der Proteasen
- Hemmung der Zytokine
- Expression bakterieneigener Enzyme (Proteasen, Kollagenasen, Hyaluronidase -> Destruktion von Gewebe
Aktive Substanzen in der Wundheilung und ihre Funktion in der Wundheilung
- Kontrolle der bakteriellen Besiedelung- Regulation der Mediatoren und Botenstoffe- Senkung der Proteasenaktivität- Adaptation des pH- Wertes
Aktive Substanzen
- Farbstoffe- Enzyme- lokale Antibiotika- Epidermisäquvalente- Kollagen- Antiseptika- Silber- Honig- Hyaluronsäure
Farbstoffe
- Gentiana Violett- Mercurochrom- Kristallviolett- Eosin- Kaliumpermanganat
Enzyme
- Iruxol® (Kollagenase)- Streptokinase und Streptodornase (Varidase®)- Bromelain (Nexo-Brid®)
Lokale Antibiotika
- Leukase- Fucidine- Silber- Sulfadiazin (Flammazine)- Nebacetin
Epidermisäquivalente
- Apligraf®
- Epidex®
Antiseptika
- Octenidin (Octenisept)- Polyhexanid (Prontosan, Lavasept)- Silber- Honig- Hyaluronat-Iodine Komplex
Octenidin
-farblos, schmerzlos-keine Allergien bekannt-bricht Biofilm auf-wirkt bakterizid und fungizid-wird zum Teil resorbiert-kann brennende Schmerzen verursachen
Polyhexanid
-wird wenig resorbiert, wenig toxisch-farblos, schmerzlos-keine Allergien bekannt-bricht Biofilm auf (Tenside)-wirkt bakterizid und fungizid
Silber
-direkte Hemmung der bakteriellen Zellrespiration-Resistenzen nicht bekannt-Toxizität-Geruchsneutralisation
Honig
Wirkweise des Honig
Enthält Glucoseoxidase, wird zu Wasserstoffperoxid umgewandelt
Wirkweise des Honig
Sauerer pH-Wert-> Blockade der Proteasen
Gute Narbenbildung
Förderung der Neoangiogenese und Epithelisation
Zellproliferation
Proliferation von T-Lymphozytenund B-Lymphozyten im peripheren Blut
Monozyten werden zur Ausschüttung von Botenstoffen der Immunantwort angeregt wie:ZytokinenTumor-Nekrose-Faktor alphaInterleukin 1 und Interleukin 6
Osmotische Eigenschaften des Honig
Eine Einheit für die osmotische Eigenschaft von Substanzen ist dieWasseraktivität (aw).Reines Wasser hat eine Wasseraktivität aw = 1Ab einem Wert von aw = 0.83 (das entspricht 255 g Zucker in 100 g Wasser gelöst)
überleben nur mehr sporenbildende Bakterien wie Clostridien.
Die stark sterilisierende Wirkung von Honig, dessen aw-Wertdurchschnittlich 0,45 beträgt, ist höher als jene von gesättigten Zuckerlösungen.
Waikato Honey Research Unit, What's special about active manuka honey?, Online im WWW unter URL: http://bio.waikato.ac.nz/honey/special.shtml (Stand 14.05.2006)
Odor
Honig aus Leptospermum
Sehr hohe antibakterielle Wirksamkeit auch gegen MRSA
Speziell Manukahonig
Eigener Fall Honibehandlung
Studien Honig
Studien Honig
Studien Honig
Studien Honig
Beobachtete Nebeneffekte in den Honigstudien
Schmerzreduktion
Reduktion der Exsudation
Weniger Narbenkontrakturen
Geruchsbindung
Schmerzärmerer Verbandswechsel
Infektionskontrolle (insbes. im Hinblick MRSA, VSR)
Reduktion des Spitalaufenthaltes
Kostenreduktion 30%
Rasche negative Wundabstriche
Frühere Beendigung der systemischen antibiot.Therapie
Hyaluronsäure
Entdeckt von Meyer und Palmer 1934
Hyaluronsäure
Patentierung 1942Vom Kleingebäck zur Biostrukturwissenschaft
Endre Balazs
International Society for Hyaluronan Sciences ISHAS
Hyaluronan im Körper
Streptococcus zooedemicus Gruppe A und C
Aufbau der Hyaluronsäure
N- Acetylglukosamin Glukuronsäure
Quelle: Vogt S., D-04229 Leipzig
Proteoglykan
Natürliche Eigenschaften von Hyaluronsäure
- Bestandteil der extrazellulären Matrix
- hohe Wasserbindungskapazität
- Bildung von Granulationsgewebe
- Hohe Viskosität: Barriere für Bakterien und Viren
- Bindung von Radikalen
- Unterstützung der Angiogenese
Hyaladherine= Oberflächenrezeptoren
RHAMMreceptor for hyaluronic acid-mediated motility
Rolle in der ZellmigrationNeoangiogeneseInteragiert mit CD 44 RezeptorWichtige Rolle bei Tumorprogression und Metastasierung insbesondere bei Brustkrebs
Hyaluronidase
Umbau von hochmolekularer HA inniedermolekulare Bestandteile→
Aktivierung pro-inflammatorischer Zytokine:TNFα, IL-1β, IL-8 →
Entzündung↑, Bindegewebsumbau↑
Bakterielle Hyaluronidase
Staph. aureusStreptokokken agalacticaeClostridien
→ Verdauungsmechanismus mit Auflösung des Bindegewebes
→ Erleichtertes Eindringen der Bakterien
Was macht die Hyaluronsäure so interessant für die Wundbehandlung?
Hyaluronsäure ist per se ein körpereigenesProdukt
immer gleich aufgebaut, in jeder Spezies, daher nicht „fremd“
kommt ubiquitär im Körper vor, besonders aberin der Haut (60%)
Was macht die Hyaluronsäure so interessant für die Wundbehandlung?
Hyaluronsäure interagiert mit Hyaladherinen (HH)
→Bildung HA-HH- Proteasehemmerkomplex
→ Entzündung↓ Bindegewebsabbau↓
Was macht die Hyaluronsäure so interessant für die Wundbehandlung?
Bindung von Wasser
Neutralisierung freier Radikale
Freihalten der Räume für Zellmigration
Stimulation der Kollagensynthese
Neoangiogenese
Was macht die Hyaluronsäure so interessant für die Wundbehandlung?
Effekt durch externe Gabe reproduzierbar
Blockade der Hyaluronidasen(durch Antiseptika, wie z.B. Jod)
→ Steigerung der Wirksamkeit, Verminderung der infektiösen Potenz
Eigener Fall Hyiodine
Studien Hyaluronat
Studien Hyaluronat
Studien Hyaluronat
Take home message
Die Entstehtung einer Wunde ist komplex sowie die lokalen Wechselwirkungen, die zu einer Chronifizierung führen.
Fortschritte des Wundheilungsprozesses sind nur dann zu erreichen, wenn man die Prozesse wieder umkehrt und vor allem die bakterielle Last auf der Wunde reduziert und kontrolliert.
Literatur
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Chen WY, Abatangelo G.Functions of hyaluronan in wound repair. Wound Repair Regen 1999 7/2 79-89
Glukosaminoglykan: DocMedicus Gesundheitsportal der Deutschen Gesellschaft für Nährtsoffmedizin und Prävention (DGNP) e.V.
Hailer Y.: Proteoglykane; Engelhardt Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie, Springer Medizin online
Hart M. et. al. Genotypic and phenotypic assessment of hyaluronidase among type strains of a select group of staphylococcal species. Int. J. Microbiol. 2009 1-7
Neumayr Andreas: Untersuchung zur Beurteilung von Hyaluronsäure und ihrem Rezeptor CD 44 für das Infiltrations- und Metastasierungsverhalten von Magen- und Pankreaskarzinomen, Disseration an der Maximiliansuniversität 2007
Proteoglykane: Roche Lexikon Medizin, 4. Auflage Urban und Fischer 1999
Reed R.K. et al: Hyaluronan on prenodal lymph from skin: changes with lymph flow. Lymphology 1998 31/4 173-9
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Thonar E.J., S. Bjornson et al.: Age- related changes in cartilage proteoglycanes In: Kuettner K.E. Et al. Hrsg: Articular cartilage biochemistry, Raven Press, New York 1986: 273-87
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