Tagungsdokumentation
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Fachtag: Trauma-Screening und dann ?Freitag, 10. Juni 2016
- RLC Gießen -
Potenziale der EU- Aufnahmerichtlinie
Referentin: Friederike Foltz
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Richtlinie 2013/33/EU –sog. Aufnahmerichtlinie (1/4)
Die Richtlinie legt für die Mitgliedstaaten der EU verbindliche Standards für die Versorung von Asylsuchenden während des Asylverfahrens fest, einschließlich medizinischer Versorgung!
Sie gilt ab Asylgesuch bereits vor förmlicher Antragstellung
bis zur endgültigen Entscheidung über den Asylantrag.
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Richtlinie 2013/33/EU –sog. Aufnahmerichtlinie (2/4)
In der Richtlinie sind keine Regelungen über die Voraussetzungen für eine Schutzgwährungenthalten!
Die Voraussetzungen unter denen internationaler Schutz zu gewähren ist, sind normiert in:der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) sowie der Genfer Flüchtlingskonvention.
Die Richtlinie gilt nicht für Personen, deren Ablehnung im Asylverfahren bestandskräftig geworden ist; also nicht für Personen die sodann eine Duldung erhalten haben.
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Richtlinie 2013/33/EU –sog. Aufnahmerichtlinie (4/4)
Die Versorgung („Aufnahme“) während des Asylverfahrens dient dazu, den Personen, die Durchführung des Asylverfahrens zu ermöglichen.
Abgrenzung zum Asylverfahren:
Bei der Durchführung des Asylverfahrens durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gelten die eigenständigen Regelungen der sog. Verfahrensrichtlinie (2013/32/EU)
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Bedeutung für die deutsche Rechtslage (1/3)
Richtlinien müssen von allen Mitgliedstaaten bis zu einer bestimmten Frist in nationales Recht umgesetzt werden
Umsetzungsfrist Aufnahmerichtlinie: 20. Juli 2015
Normen zur medizinischen Versorgung nicht vollständig ins nationale Gesetz umgesetzt
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Bedeutung für die deutsche Rechtslage (2/3)
die Rechte aus Richtlinien gelten unter bestimmten Bedingungen auch ohne Umsetzung:
Unmittelbare Richtlinienanwendung !
Grund: Mitgliedstaaten sollen sich durch Nichtumsetzung nicht ihren Pflichten entziehen können
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Bedeutung für die deutsche Rechtslage(3/3)
Bedingungen für die unmittelbare Richtlinien-anwendung:
Keine oder keine fristgerechte Umsetzung ins nationale Recht („Lücke“)
Zugunsten des Betroffenen
Norm hinreichend bestimmt genug
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Übersicht AsylbLG
§ 4 Abs. 1 S. 1 AsylblG:bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständenerforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung Genesung, Besserung, Linderungder Krankheiten oder Krankheitsfolgen
§ 6 Abs. 1 S. 1 AsylblG:sonstige Leistungen können gewährt werden, wenn zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich
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Inhaltliche Vorgaben der Aufnahmerichtlinie
Artikel 19 – Medizinische Versorgung
Abs. 1: erforderliche medizinische Versorgung:- zumindest die Notversorgung und - die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten
Abs. 2: bei Asylsuchenden mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme:- erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe- erforderlichenfalls einschl. geeigneter psychologischer Betreuung
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Asylsuchende mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme
Artikel 2k) Aufnahmerichtlinie
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:
„Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme“ eine schutzbedürftige Person gemäß Artikel 21, die besondere Garantien benötigt, um die Rechte aus dieser Richtlinie in Anspruch nehmen und den sich aus dieser Richtlinie ergebenden Pflichten nachkommenzu können.
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Asylsuchende mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme
Artikel 21 Aufnahmerichtlinie –beispielhafte Aufzählung:Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Behinderte, ältere Menschen, Schwangere, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, Opfer des Menschenhandels, Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen, Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, wie z. B. Opfer der Verstümmelung weiblicher Genitalien.
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Asylsuchende mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme
Irreführende Verwendung in der deutsch-sprachigen Version der Aufnahmerichtlinie des Begriffs „schutzbedürftige“ Person (engl. Sprachversion: „vulnerable“)
Klarstellung: damit ist NICHT eine Form des internationalen Schutzes gemeint.
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Feststellung und Beurteilung der Bedürfnisse bei der Aufnahme
Artikel 22 Aufnahmerichtlinie
1. Feststellung, ob Person zu genannten Personenkreis gehört bzw. zu einem nicht aufgeführten Personenkreis, der ebenfalls besondere Bedürfnisse hat
2. Feststellung, ob und welche Bedürfnisse bestehen:- unterschiedliche Experten nötig- so bald wie möglich- auch später zu jeden Zeitpunkt- solange die Person Asylsuchender ist
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Feststellung und Beurteilung der Bedürfnisse bei der Aufnahme
Artikel 22 Aufnahmerichtlinie
Bedürfnissen muss Rechnung getragen werden, solange sie bestehen
Wichtig: Gebot der Freiwilligkeit!
Entscheidend: angemessene Information und Aufklärung!
Geringstmögliche Belastung für Betroffene!
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Abgrenzung zu Artikel 13 Aufnahmerichtlinie -Medizinische Untersuchungen
Artikel 13 Aufnahmerichtlinie
Die Mitgliedstaaten können die medizinische Untersuchung von Antragstellern aus Gründen der öffentlichen Gesundheit anordnen.
Diesbezüglich gilt das Gebot der Freiwilligkeit NICHT.
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Zusammenspiel mit Asylverfahren-Personen, die besondere Verfahrensgarantien benötigen
Artikel 2d Verfahrensrichtlinie: Asylsuchender, dessen Fähigkeit, die Rechte aus dieser Richtlinie in Anspruch nehmen und den sich aus dieser Richtlinie ergebenden Pflichten nachkommen zu können, aufgrund individueller Umstände eingeschränkt ist
Artikel 24 Verfahrensrichtlinie: enthält spezifische Regelungen für Antragsteller die besondere Verfahrensgarantien benötigen
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Zusammenspiel mit Asylverfahren-Personen, die besondere Verfahrensgarantien benötigen
Adressat der Verfahrensrichtlinie:die für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Behörde (D‘land: BAMF).
Prüfung, ob Asylsuchende besondere Verfahrensgarantien benötigt kann in die Prüfung nach Artikel 22 der Aufnahmerichtlinie einbezogen werden dazu wäre eine ausdrückliche Regelung nötig
Mögliche Überschneidung bei bedürfnis-auslösender Tatsache; unterschiedliche Folgen
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bedürfnissauslösende Tatsache
(z.B. Traumat isierung, Opfer von Folter, M inderjährigkeit )
EntscheidungAufnahme Verfahren
Ansprüche
z.B. auf besondere
Unterbringung
Garantien
z.B. rechtzeit ige Informat ion
über Rechte und Pf l ichten
Rechte
z.B. besondere Betrof fenheit bei
Menschenrechtsverletzung; keine Schutzalternat ive
vorhanden
Qualifi-kations-
richtlinie
Aufnahme-
richtlinie
insb. Art . 21 u. 22
Verfahrens-
richtlinie
Art . 24
D’land:
Bundes-länder
D’land:
BAM FD’land:
BAM F
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Opfer von Folter und Gewalt
Artikel 25 Aufnahmerichtlinie:
Personen, die Folter, Vergewaltigung oder andere Formen schwerer Gewalt erlitten haben, erhalten insbesondere Zugang zur adäquaten medizinischen und psychologischen Behandlung oder Betreuung,die für den Schaden welcher ihnen durch derartige Handlungen zugefügt wurde, erforderlich ist
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UNHCR-Vertretung in Deutschland
Zimmerstr. 79/80D-10117 Berlin
Telefon +49 (0)30 - 202 202 0Telefax +49 (0)30 - 202 202 20
www.unhcr.de
Friederike [email protected]
Kontakt
#SAVE: Screening-Verfahren bei Asylsuchenden -
Validierung und Etablierung
Bernd Hanewald
Markus Stingl
Björge Hetzger
Jessica Richards
Bülent Yazgan
Bernd Gallhofer
Michael Knipper
Screening-Verfahren bei Asylsuchenden –Validierung und Etablierung #SAVE
Screening Verfahren für schutzbedürftige Flüchtlinge
Richtlinie 2013/33/EU Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten Umzusetzen bis Juli 2015
Artikel 21 - Allgemeiner Grundsatz
• „Die Mitgliedstaaten berücksichtigen […] die spezielle Situation von besonders schutzbedürftigen Personen wie […] Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben.“
Ziele der Studie
• Gewinnung valider Daten zur Trauma-assoziierten Morbidität und Vulnerabilität bei und von Asylbewerbern
• Schaffung einer Datengrundlage i.S. der EU-Richtlinie zur Diskussion des Bedarfs an Versorgungsangeboten
• Ggf. mittel- bis langfristig Nutzung der Ergebnisse für strukturelle Diskussion des Verfahrens zum Schutz und ggf. zur Therapie der Betroffenen
Screening Verfahren für schutzbedürftige Flüchtlinge
Screening Verfahren für schutzbedürftige Flüchtlinge
Versionen in:
• Arabisch• Amharisch• Burmesisch• Buthanesisch• Englisch • Farsi• Französisch• Karen• Nepalesisch• Russisch• Somali • Spanisch • Swahili• Tigrinya
General Hospital Psychiatry
Volume 35, Issue 2, March–April 2013,
Pages 202–209
The Refugee Health Screener 15
(RHS-15): development and
validation of an instrument for
anxiety, depression, and PTSD in
refugees
Michael Hollifield, M.D. et al.
Sensitivität: PTBS: .87
Depression: .85
Angst: .66
Screening Verfahren für schutzbedürftige Flüchtlinge
Erhebung
• Datenerhebung pseudonymisiert
• Traumatisierende Ereignisse werden nicht explizit erfragt (keine psych. Belastung für Asylbewerber)
• 15 Items (5-10 Minuten Bearbeitungszeit), einfache Auswertungsprozedur
Ergebnisse Pilotstudie
→ hoher Bedarf an psychotherapeutischer Versorgung bei Flüchtlingen
→ Notwendigkeit der Durchführung einer Folgestudie: #SAVE
Für die Schaffung einer validen Datengrundlage sind die notwendigen Rahmenbedingungen (Finanzierung, Dolmetscher, Unterstützung durch die Aufnahmeeinrichtungen, weiterführende Diagnostik und Behandlungsangebote) in der Folgestudie anzupassen
#SAVE: Screening-Verfahren bei
Asylsuchenden – Validierung und Etablierung
• Normierung RHS-15 bei 100 Asylsuchenden in Deutschland zu verschiedenen Zeitpunkten RHS-15 und mit Unterstützung von Dolmetschern standardisierte psychiatrische Diagnostik
• Erhebung der tatsächlichen Prävalenz von Traumafolgestörungen
unter Flüchtlingen: Screening bei weiteren 1000 Probanden in den Erstaufnahmeeinrichtungen und 1000 Probanden in den Gemeinschaftsunterkünften. Test einer von uns entwickelten computergestützten Version des RHS-15
Das Gießener Versorgungskonzept für
Flüchtlinge
Curriculum Traumatherapeutische Basiskompetenzen
Modul I
•Klärung der Erwartungen
•Theoretische Einführung I
•Achtsamkeitskonzept
•Körperwahrnehmungs-übung als Selbsterfahrung
Modul II
•Theoretische Einführung II
•Butterfly-Technik
•Position of Power als Selbsterfahrung in Kleingruppen
•Ressourcenarbeit
Modul III
•Innerer Sicherer Ort als Selbsterfahrung
•Vorstellung weiterer Imaginationen
•Anamneseprotokoll, Traumalandkarte
• Vorstellung IES und DES
Modul IV
•Glücksübung als Selbsterfahrung
• Erstellen einer Freudebiographie
•Erstellen einer Rettungsgeschichte
Modul V
•Glücksübung als Selbsterfahrung
•Absorptionstechnik als Selbsterfahrung in Kleingruppen
Modul VI
•Einführung in die Arbeit mit dem inneren Kind
•Tresorübung
•Bildschirmtechnik
Modul VII
•Umgang mit Notfällen
•Dissoziationsstopps
•CIPOS als Selbsterfahrung
„Starterpaket“Inhalt und Ablauf Zeitdauer
Ärztlich Aufnahmegespräch mit Dolmetscher und Bezugspflege 30 bis 45 min
Bezugspflege Gespräch mit Dolmetscher und Patient
Fragen und Wünsche, Erklärung der Aufgaben der Bezugspflege, Info
zu Stationsablauf, Wochenplan, Stationsordnung, Inhalte der
Therapien, German-Skills-Training, Info zu Sozialdienst, Rundgang
ü er die Statio u d i Park, Rau her erei h et . …
30 bis 45 min
Ggf. nach 1 Woche
wiederholen, Feedback
von Patient geben lassen
Ergo und
Bewegungstherapie
Einführung für Patienten mit Dolmetscher.
1x / Woche für alle neuen Patienten, flexibler Zeitpunkt
Inhalt: Info zu Ergo / Bewegungstherapie,
Sinn und Zweck von Ergo und Bewegung
Einteilung der Patienten in die Gruppen
30 min
Visite Durchführung mit Dolmetscher, Zuordnung der Einzeltherapeuten,
Therapieziele, Behandlungsdauer etc. werden im Behandlungsverlauf
mit den Einzeltherapeuten besprochen
15 bis 30 min
Leitfäden für
• therapeutische Einzelgespräche
• Stabilisierung
• Dolmetscherkontakte
• Abklärung juristischer Bedarfe
Behandlungskonzept am UKGM Gießen
TraumatherapiezentrumGießen (TTZG)
Ambulante Psychotherapie(PA-Inst., VT-Amb.)
Traumanetzwerk Mittelhessen- Berufsübergreifend- Austausch, Vernetzung,
Weiterbildung
Spezialsprechstunden PIA (türkisch, serbisch, russisch)
Universitäre Forschung(FGMM, #SAVE)
Aus- und Weiterbildung(univ. Lehre, interne und externe Workshops etc.)
Screening – und dann?
→ standardisierte Integration in das Asylverfahren!
→ Ausbau der Versorgungsstruktur!
Ausbau der Versorgungsstruktur
• Erweiterung der bewährten Strukturen durch Einrichtung eines psychosozialen Versorgungszentrums in Gießen
• zentrale Anlaufstelle mit Kernkompetenzen in Fragen der Beratung, Behandlung und Prävention, der Forschung sowie der Koordinierung, Weiterbildung und Vernetzung in der Versorgung schutzbedürftiger Flüchtlinge
• grundlegendes Element und wesentliche Ergänzung zur mittel- und längerfristigen Integration von Flüchtlingen
Psychosoziales Versorgungs-
zentrumMittelhessen
an der Psychiatrie
UKGM
Stationäre Behandlung
Psychiatrie UKGM
Trauma-therapie-zentrumGießen (TTZG)
Spezial-sprech-stunden
PIAAmbulante Psychotherapie
Aus- und Weiterbildung
Universitäre Forschung
Beratung, Behandlung, Prävention
• Feststellung des psychosozialen Beratungsbedarfs
• Standardisierte psychiatrische Diagnostik
• Erhebung fachärztlicher Einschätzungen und Stellungnahmen (Anfragen von Patienten und Behörden)
• bedarfsgerechte psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung von Trauma-assoziierten Erkrankungen
• Krisenintervention bei akuten Dekompensationen
• Psychopharmakologische Behandlung
• Mitbehandlung komorbider körperlicher Erkrankungen (Infrastruktur UKGM)
• Angebot/ Vorhalten stationärer und niederschwelliger ambulanter Behandlungssettings
• Stabilisierung und Psychoedukation im Einzel-sowie im Gruppensetting
• Angebot von begleitenden therapeutischen Verfahren wie Ergo- und Bewegungstherapie
• Kontakt zur Verfahrensberatung und RLC
• Vermittlung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen
• sozialarbeiterische Begleitung
• Angebot von Sprechstunden in der HEAE sowie in den GUs im Landkreis Gießen
• Prävention über gezielte Hilfs- und Unterstützungsangebote
Koordinierung, Weiterbildung und Vernetzung
• Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Behandlung
• Zusammenarbeit mit Krankenstation HEAE
• Schulungen für Dolmetscher im psychiatrisch-psychotherapeutischen Kontext
• Schulungen von Mitarbeitern und ehrenamtlichen Helfern in der HEAE sowie in Gemeinschaftsunterkünften
• Zusammenarbeit mit Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände (Caritas, Diakonisches Werk, etc.)
• Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Helfern und lokalen Initiativen (z.B. Schulungsmaßnahmen und Supervision)
• Zusammenarbeit mit Schulen und Bildungseinrichtungen
• Schulungsangebote für Hausärzte / niedergelassene Ärzte
• Öffentlichkeitsarbeit
(Anlaufstelle für Anfragen, PR-Maßnahmen, Informations-veranstaltungen)
Forschung
• multimodale und kultursensitive Evaluation der diagnostischen, beratenden und therapeutischen Maßnahmen
• Qualitätssicherung der Therapieprozesse und des Therapieoutcome
• Verbesserung der Behandlungsprozesse
• Neurowissenschaftliche Begleitforschung über AG Kognitive Neurowissenschaften am Zentrum für Psychiatrie Gießen (CNS@ZPG)
• Folgeprojekt #SAVE:
Validierung, Schweregradbestimmung, Etablierung
Ärztliche Versorgung von UMAAnnäherung an einen med. Standard der Erst-
Untersuchung
in einer Hausarztpraxis
ReferentWerner Fleck
FA für AllgemeinmedizinNeustadt 31
35390 Giessen
1. 14.-jähriger Jugendlicher aus Afghanisten, 3 Monate unterwegs, 3 Jahre Schule, hat in einer Kleiderfabrik im Iran gearbeitet. 1,76 m mit 56 Kg. HEAE, weiterleiten in VIOG, ärztliche In-Augenscheinnahme: Alles ok. Seit 1 Monat keinen Kontakt zu den Eltern.
EU: Leber am Rippenbogen, RHS 17/5 score
Im Labor : chron Hepatitis B mit niederer Viruslast
Wichtig Info für den Patienten, für die GU, und Ehrenamtlichen wegen potentieller Ansteckung
Formalien
Jugendliche ohne Versicherung
Jugendliche mit Eltern
UMF /UMA
Medinetz, Malteser, Kostenträger?
HEAE: Land Hessen, GU: Kommunen, nach 15 Monaten KK Karte
Inobhutnahme, JA deligiert an Caritas/AWO: jugend-Wirtschaftshilfe
Wie geht es weiter?
1. ärztliche Inaugenscheinnahme,
Triage: schwere Erkrankung, Reisefähigkeit, GU -fähigkeit
2. Erstuntersuchung (EU) orientiert am AsylbewLG und InfektSG
3. Ambulante Versorgung in der VIOG/ Jugendhilfeeinrichtung
Flüchtlinge sind keine homogene Gruppe
1. Status: Bleiberecht, Duldung, Registrierung, Antragstellung, Sichere Drittländer
2. Syrien, Afghanistan, Eritrea, Somalia
aber auch Mali, Cote d Ivoire, Jemen, Libyen, Maghrebstaaten, Ex- Jugoslavien
....
Medizinische Betreuung besteht aus 2 Säulen:obligate EU und ambulante Begleitung
1. Erstuntersuchung:
AnamneseZeit!
Woher? Wie lange unterwegs? Schule? Eltern, Kontakt?
Gewalterlebnisse? Frühere Erkrankungen, Fieber, OP? Schlafstörungen, Appetit, Allergien? Impfungen?
Dolmetscher!
Körperwahrnehmung, Zusammenhänge werden anders verstanden, Beschwerden
Jugendlicher, 17 Jahre aus Somalia, 11 Monate unterwegs
Klagt über Schmerzen im Arm, er war 3 Monate im Gefängnis im Sudan und Libyen. Er berichtet er sei geschlagen worden und könne seit dem den rechten Arm nicht einsetzen. Es läuft seit Wochen Eiter aus der li Wange, er habe Alpträume und mache nachts ins Bett.
Die Schwäche des re Armes besteht schon länger, der Jugendliche ordnet die Beschwerden den Schlägen zu.
Im Stuhlbefund zeigen sich Lamblien, die behandelt werden. Im RHS zeigt sich ein hoher score für ein
Risiko einer PTBS (34/7).Der Abszess an der Wange wird chirurgisch saniert
werden. Der Jugendliche wünscht eine Abklärung, warum er nächtens einnäßt.
Die diagnostischen und therapeutischen Massnahmen geschehen unter einem zeitlichen Druck, da der Junge
zügig zur Endplazierung abverlegt wird.
Untersuchung
1. Körperliche Untersuchung
2. Rö: Thorax, < 15.LJ Quantiferontest
BE: grosses Blutbild, BSG, GPT, Kreatinin, TSH, Hepatitis B serologie, Varizellen (Nach Anamnese HIV...)
Stuhlprobe auf Bakterien, Parasiten
3. RHS 15
4. Impfungen :Tet, Diphth, Polio, Keuchhusten, MMR Varizellen mit Dokumentation
Ergebnisse des RHS 15 nach Sprachgruppen geordnet, Zeitraum vom Jan 2014 bis April 2016, gegebenefalls mir Unterstützung von Dolmetschern
Ursachen des Verdacht auf Traumafolgestörung
1. Erlebnisse im Heimatland:
Krieg, Entführung, Erpressung, Auflösung der staatlichen Infrastruktur, Militärwesen
2. Erlebnisse auf der Flucht (kein Asylgrund)
Gefängnis, Entführung, sexuelle Gewalt, Abhängigkeit von Schleppern, Mittelmeer,
3. Verlust der Familie, Heimweh, Sorge um Angehörige
1.Unspezifische Beschwerden im Rahmen der ambulanten Betreuung
Kopfschmerzen, Übelkeit, Rückenschmerzen, Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Magenbeschwerden,
Durchfälle, Husten, Gewichtsabnahme, Juckreiz, Schwindel
Differentialdiagnostische Überlegungen
Haut: Krätze versus häufiges Duschen
Kopfschmerz:
Augen, Commotio versus * Dr Wasser*
Bauchweh:
Gastritis, Parasiten versus Heimweh
Husten:
Infekt, TB versus trockene Luft
Müdigkeit: Anämie versus Erschöpfung
Gewichtsabnahme:
Schilddrüse, Zähne versus *mir schmeckts nicht *
Therapie
Kostenträger: Land, Kommune, JA, Krankenkasse
Asyl bwerbLGesetz, Infektionsschutzgesetz
Medikamente,Psychotherapie, Traumatherapie, Soziotherapie, physikalische Therapie
Statusklärung: Äussere Sicherheit bedingt Innere Sicherheit
Netzwerke
Zusammenfassung
1. Durch verschiedene Kostenträger gestaltet sich kontinuierliche Betreuung schwierig.
2. Die Erst untersuchung darf nicht nur unter infektiologischen Gesichtspunkten erfolgen,sondern auch sozialmedizinische, psychologische Aspekte berücksichtigen.
3. Das frühe Erkennen eines Risiko einer Traumafolgestörung reduziert das Ausbilden einer PTBS
4. Für eine erfolgreiche Begleitung der Jugendlichen bedarf es Supervision, Weiter/Fortbildung der professionellen und ehrenamtlichen Mitarbeiter.
STEP-BY-STEP
Pilotprojekt zur Unterstützung von Geflüchteten in der Hessischen
Erstaufnahmeeinrichtung „Michaelisdorf“ in Darmstadt
Gefördert durch:In Kooperation mit:
Fachtag: Trauma-Screening und was dann?
10.06.2016 Nora Hettich
Projektleitung: Prof. Dr. Marianne Leuzinger-Bohleber; Prof. Dr. Sabine AndresenProjektkoordination: Ms. Psych. Nora Hettich; Dipl. Soz. Nora Iranee
Projektmitarbeiter: P.Gerber, R.Eskelinen, D.Cornel, A.Stähle, T.Dietz, R.Müller, A.Starck, M.Teising, H.Witzel, U.Baumann, R.Eskelinen, T.Degen, P.Rachel,M.Firmenich, M.S.Löhlein, M.Raghis, N.Arkarkach, L.M.Barfuß, E.Brater, K.Beckenkamp, L.S.Clarke, M.Diehl, V.I.Fink, S.Gill, M.Hahnen, T.Hirthammer,B.Ibrahimovic, L.Jochim, F.Kißner, S.Kostyra, S.Rückher, L.Rohsius, C.Stalf
Das Michaelisdorf
• Hessische Erstaufnahmeeinrichtung
• Träger: Deutsches Rotes Kreuz
• Kapazität für 1000 Personen
• Derzeit ca. 500 Bewohner
• Überwiegend aus Afghanistan, Syrien, Irak
• Viele Familien, Schwangere, alleinreisende Frauen
Das Michaelisdorf
Angebote STEP-BY-STEP
I. Kindergruppen
Jedes Kind hat ein Recht auf den heutigen Tag.
(Janusz Korczak)
Angebote STEP-BY-STEP
II. Malgruppe für Kinder
Bietet die Möglichkeit Erlebtes durch zeichnen und Verhalten zu kommunizieren.
Angebote STEP-BY-STEP
III. ERSTE SCHRITTE Gruppe
Die Gruppe bietet einen sicheren Raum und Zeit vor allem für Mutter und Säugling (Interaktionen und Austausch).
Angebote STEP-BY-STEP
IV. Jugendtreffs
Im Jugendtreff findet kreative und selbstwirksame Gestaltung des Raumes und Austausch und Umgang mit kultureller Vielfalt statt.
Angebote STEP-BY-STEP
V. Abendprogramm für Erwachsene
Ziel des Angebotes ist die Vermittlung kulturspezifischer Besonderheiten, gemeinsame Gestaltung des Dorfes und gegenseitiges Kennenlernen/Austausch.
Angebote STEP-BY-STEP
VI. Psychosomatische Sprechstunde
Als aufsuchendes Angebot werden niedrigschwellige Kriseninterventionen als „FIRST STEP“ im Michaelisdorf durchgeführt.
Angebote für das Team
• Im Dorf• Fallbesprechungen • Supervision
• Goethe Uni• Seminar• Qualifizierung• Reflexion
• Sigmund-Freud-Institut• Teamsitzungen• Supervision
Patenschaften als „SECOND STEP“
Familien aus der psychosomatischen Sprechstunde werden Paten zur Seite gestellt, die die Familien über den Transfer hinaus begleiten.
Konzeptualisierung• Trauma führt zum Zusammenbrechen des „Urvertrauens“ in ein
helfendes Objekt und ein aktives Selbst.
• FIRST STEPS• Sichere und verlässliche Strukturen• Einfühlung in das „Nicht-Vorstellbare“• Alternative Beziehungserfahrungen• Sinnvolle Aktivität anstatt passiver Ohnmacht• Wiedergewinnen der menschlichen Würde
• SECOND STEP• Kommunikation und psychische Integration
der Traumatisierung
Konzeptualisierung
Jeder Bewohner (jeden Alters) erhält pro Tag ein Angebot (ca.zweistündig), in dem er aktiv gefördert wird („etwas bekommt“)und kann weitere zwei Stunden eine Eigenaktivität entfalten, indem er persönlich eine Tätigkeit für das Dorf ausführt („etwasgibt“).
Projektziele
• Erreichen von besonders vulnerablen (traumatisierten) Personen
• Psychische und psychosoziale Betreuung von traumatisierten Familien:
• Bearbeitung von Akuttraumatisierungen• Abmilderung der transgenerativen Weitergabe von
Traumatisierungen
Projektziele
• Vernetzung fördern• Unterstützungen von Familien „at-risk“
• Akzeptanz des Projektes• Förderung der Kooperationen und
Kommunikationsstrukturen im Michaelisdorf • Förderung der Professionalität der Arbeit vor Ort
Wissenschaftliche Begleitforschung
Formative Evaluation
• Kriterien:• Akzeptanz der Angebote • Stärkung der Selbstinitiativen (Empowerment)• Begegnung der Kulturen und Konfrontation mit Realitäten• Entwicklungsprozesse unterstutzen und einleiten• Etablierung der Vernetzung aller Akteure
Wissenschaftliche Begleitforschung
• Reflexion professioneller Strategien im Projekt• Psychosoziales Wohlbefinden der Kinder im „Hier und Jetzt“• Gestaltung geschutzter Räume und Einbeziehung der Kinder• Evaluation der Angebote entlang der Kriterien sicher, anregend,
unterstutzend, lernfördernd und partizipativ• Befähigung der Verantwortlichen Erwachsenen und Sensibilisierung• Förderung der Integration
Ausblick
• Michaelisdorf als Erstaufnahmeeinrichtung für die Betreuung besonders vulnerabler Geflüchteter
• Planung der langfristigen Evaluation der (Zusammenarbeit mit dem SOEP)
• Erste englische und deutsche Publikation akzeptiert (International Journal of Psychoanalysis, PSYCHE)
• Erster Evaluationsbericht Juli 2016
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Kontakt:Nora [email protected]
Da.Sein – Ein Projekt zur psychologische Erstbetreuung Geflüchteter
Dr. Dr. Ricarda Nater-Mewes
10.06.2016
Psychische Gesundheit von Asylsuchenden
• In einer Meta-Analyse mit 81.866 Geflüchteten oder von
Konflikten Betroffene hatten je 31% eine Depression
und/ oder Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) (Steel et al., 2009)
• PTBS- Prävalenz bei ca. 23%, Depression bei ca. 31%
bei einer Studie in Zürich (van Heeren et al. bei 86 Asylsuchenden aus
verschiedenen Herkunftsländern, 2012)
Einflussfaktoren auf die psychische Gesundheit
Unter anderem:
• die Anzahl erlebter Traumata (Dosis-Wirkungs-Effekt),
• die Art der Traumata (Foltererfahrungen),
• Probleme im Asylland,
• soziale Unterstützung (Familie im Asylland),
• Religiosität,
• Akkulturation,…
(z.B. Birman & Tran, 2008; Review von Johnson & Thompson, 2008; Steel et al., 1999, 2006, 2009; Laban et al., 2004)
Einflussfaktoren auf die psychische Gesundheit
• Ein langer Asylprozess und unsicherer Aufenthaltsstatus
kann die psychische Gesundheit längerfristig
verschlechtern
mehr Angststörungen (ausser PTBS), Depressionen und
somatoforme Störungen (z.B. Laban et al. bei 194 irakischen Asylsuchende in den Niederlanden, 2004; Steel et al. bei 241 Arabisch sprechenden Flüchtlingen in Sydney, 2006; van Heeren et al., 2012)
Hintergrund
Asylsuchende bilden eine Hochrisikogruppe für psychische
Erkrankungen
Psychische Versorgung von Folteropfern und traumatisierten
Flüchtlingen ist rar
Bundesweit: 32 psychosoziale Behandlungszentren
[Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren
für Flüchtlinge und Folteropfer e. V. (BAfF)]
Davon in Hessen: FATRA e.V., Haus am Weißen Stein, Pro Asyl
(FfM)
LK Marburg-Biedenkopf, LK Gieβen und weitere Umgebung keine
Offene Fragen
Wie ist die psychische Gesundheit und ihr Verlauf
über die Zeit bei in Hessen ankommenden
Asylsuchenden?
Wie kann diese Gruppe in Bezug auf psychische
Probleme und deren Behandlung gezielt
unterstützt werden?
Initiative
a. Psychische Belastungen & Ressourcen bei Asylbewerber-
Innen untersuchen
b. Aufbau eines Informations- &
Beratungsangebots
c. Therapieplätze einrichten;
Kompetenznetz im Kreis MR-Biedenkopf
Migrationsbericht, 2014, BAMF
a. Psychische Belastungen und Ressourcen
untersuchen
Naturalistische Längsschnittstudie über das 1. Jahr des
Aufenthaltes in Deutschland (02/2014 - 03/2015)
Sprachgruppen: Arabisch, Persisch (Farsi), Kurdisch
(Kurmanci), Englisch
Erhebung:
• PC-gestützte Fragebogenuntersuchung „MultiCASI“• Klinisches Interview mit Dolmetscherunterstützung
• Rückmeldung falls Diagnosekriterien erfüllt
• Erfassung von Haarcortisol als biologisches Korrelat
141 Asylsuchende
(38 davon zweimal)
67% Männer;
32 ± 8 Jahre alt (19-55 Jahre)
Muttersprachen:
50% farsi, 14% dari,
10% arabisch, 9% kurdisch,
8% somali, …
Aus Iran, Afghanistan, Syrien,
Somalia, Eritrea….
57
4145
5155 54
30 32
♂ > ♀ ♂ > ♀♂ > ♀♀ > ♂
Ergebnisse
Traumatische Erfahrungen (selbst erlebt oder Zeuge geworden)
in %
Punkt-Prävalenz und Persistenz
61 60
75 74
Depression PTBS
Baseline (%) 5 Monate später (% von baseline)
♀ etwas > ♂
Screening-Instrument: PROTECT-Questionnaire
No PTSD PTSD
Low risk (0-3), n (% of category) 7 (87.5%) 1 (12.5%)
Medium risk (4-7), n (%) 11 (61.1%) 7 (38.9%)
High risk (8-10), n (%) 19 (29.2%) 46 (70.8%)
No MD MD
Low risk (0-3), n (% of category) 8 (87.5%) 0 (0%)
Medium risk (4-7), n (%) 8 (44.4%) 10 (55.6%)
High risk (8-10), n (%) 18 (27.7%) 47 (72.3%)
Zwischen-Fazit zu Projektteil a
• Die untersuchten Geflüchteten waren um ein Vielfaches
stärker mit psychischen Symptomen/ Störungen belastet als
die deutsche Allgemeinbevölkerung.
• Screening funktioniert und ist sinnvoll.
• Soziale Unterstützung und Selbstwirksamkeitserwartung sind
wichtige Schutzfaktoren für die psychische Gesundheit.
• Das Thema könnte besonders belastete Asylsuchende
verstärkt zum Mitmachen motiviert haben.
Initiative
a. Psychische Belastungen & Ressourcen bei Asylbewerber-
Innen untersuchen
b. Aufbau eines Informations- &
Beratungsangebots
c. Therapieplätze einrichten;
Kompetenznetz im Kreis MR-Biedenkopf
b. Ein Informationsangebot aufbauen
„Gesundheits-Teegarten“Durchführung und Evaluation psychoedukativer Gruppen
am Beginn des Aufenthaltes in Deutschland
Inhalte:
Was sind normale Symptome nach traumatischen
Erlebnissen?
Welche Ressourcen und Bewältigungsmöglichkeiten habe
ich?
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es in
Deutschland?
Wie kann ich diese in Anspruch nehmen?
2 Termine à ca. 90 Minuten
Demir, Reich & Mewes (2016). Beratung nach Flucht und Migration. Verlag WeltTrends
Erste Evaluation bei 31 Asylsuchenden
Demir S., Reich H., Mewes R.
Psychotherapeutenjournal 2/2016
Initiative
a. Psychische Belastungen & Ressourcen bei Asylbewerber-
Innen untersuchen
b. Aufbau eines Informations- &
Beratungsangebots
c. Therapieplätze einrichten;
Kompetenznetz im Kreis MR-Biedenkopf
c. Therapieplätze; Kompetenznetz
• Sensibilisierung und Schulung von Studierenden
und Psychologischen PsychotherapeutInnen in
Ausbildung an der Psychotherapie-Ambulanz
Marburg (PAM e.V.; Leitung Prof. Rief)
• KJ-PAM behandelt Minderjährige
• Leitfaden für Beantragung bei Niedergelassenen
Fazit
1. Die meisten Asylsuchenden mit den von uns untersuchten
Muttersprachen sind psychisch (stark) belastet
2. Die Unterbringungs- und Aufnahmemodalitäten sowie
soziale Faktoren beeinflussen die psychische Gesundheit
3. Erste niedrigschwellige Angebote könnten mit einer
Edukationsgruppe wie dem vorgestellten ‚Gesundheits-
Teegarten‘ gemacht werden
Team
Dr. Dr. Ricarda Nater-Mewes
Projektleitung
Dipl.-Psych. Hanna Reich
wiss. Mitarbeiterin
Hilfskräfte & Diplomandinnen
Serfiraz Demir
Miriam Modalal
Luisa Schäfer
Negin Shahosseini
Feline Seele
Jana Prochowski
Psychotherapie-Ambulanz Marburg
Prof. Winfried Rief
Dr. Kerstin Kühl
Kooperationspartner
Fachbereich Psychologie
AG Sozialpsychologie und Methodenlehre
AG Klinische Biopsychologie
Kompetenznetzwerk
Ausländerbeirat Marburg
Flüchtlingsberatung des Diakonischen Werkes Oberhessen
Refugee Law Clinic Gießen
FATRA Frankfurter Arbeitskreis
Trauma & Asyl
Orientbrücke Marburg e.V.
Vitos Klinik Marburg/ Gießen
Hessischer FlüchtlingsratEvangelischen Zentrum für Beratung
und Therapie am weißen Stein
Bzfo & zfm
Flüchtlingsberatung der
Evangelischen Kirche
Hessen-Nassau
Netzwerk Traumatherapie
Mittelhessen
Verhaltenstherapeutische
Ambulanz Gießen
Landkreis Gießen
Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer
Screening – und dann?Folgen für Geflüchtete und relevante
Problematiken der Umsetzung
Jenny BaronBundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen
Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF e.V.)
Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer
Überblick
1. Modelle zur Früherkennung
2. Lernerfahrungen aus den Modellen
3. Screening und dann? Leistungsgewährung und Versorgung
Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer
Screening – und dann?Folgen für Geflüchtete und relevante Problematiken der Umsetzung
Modelle zur Früherkennung besonderer Schutzbedürftigkeit
Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer
Modelle zur Früherkennung besonderer Schutzbedürftigkeit
Friedländer Modell | Niedersachsen• Schulung des Sozialdienstes der EA• Persönliches Gespräch und
Verhaltensbeobachtung zur Hinweisaufnahme
• ggf. Vermittlung an PIA• 3 diagnostische Gespräche• Befundbericht mit Empfehlungen zu
Behandlungsbedürftigkeit, Unterkunft, Ort der Umverteilung,…
• Weiterleitung ans NTFN: Therapieantrag an Sozial- und Gesundheitsamt
• erneutes Gespräch mit Sozialdienst
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Modelle zur Früherkennung besonderer Schutzbedürftigkeit
Friedländer Modell (Niedersachsen)
PRO• Gute Erreichbarkeit der Klientel
über den Sozialdienst • Direkte Verbindung zu
weitergehender Diagnostik und Einleitung von Anträgen für notwendige Hilfen
CONTRA• Empfehlungen in der Praxis
nicht immer umgesetzt• Betreuungsschlüssel der EA
verunmöglicht Hinweisaufnahme
• Selektion v.a. auffälliger Geflüchteter
• Standards der Gespräche unklar
• Uneinheitliche Bewilligungspraxis in den Kommunen
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Modelle zur Früherkennung besonderer Schutzbedürftigkeit
Rheinland-Pfalz• Schulung der Beschäftigten der
Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende Trier (AfA) zur Hinweisaufnahme und Weitergabe an ärztlichen Dienst
• Krisenintervention und Erstberatung durch eine Fachkraft (PsychotherapeutIn/PsychiaterInnen)
• angegliedert an ein PSZ
Schnittstellenmanagement
• Koordinierungsstelle zur Vermittlung an FachärztInnen, PsychotherapeutInnen und Fachkliniken und die PSZs
• Ziel: Interkulturelle Öffnung der Regelangebote
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Modelle zur Früherkennung besonderer Schutzbedürftigkeit
Rheinland-Pfalz
PRO
• Schnittstelle ermöglicht bessere, koordinierte Zusammenarbeit, Austausch von Wissen und Information mit dem Ziel der besseren Versorgung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge
• Kooperation PSZ, Regelversorgung, Ministerium für Integration, LPTK
CONTRA
• Schwierigkeiten bei der Abrechnung von Therapiekosten
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Modelle zur Früherkennung besonderer Schutzbedürftigkeit
Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge (BNS)
Stufe 1: Hinweisaufnahme durch MitarbeiterInnen von Einrichtungen und Behörden (Erstaufnahmeeinrichtungen, Sozialämter, Berliner Ausländerbehörde, etc.) und Weitergabe von Adressen von Fachstellen
Stufe 2: niedrigschwelliger, ganzheitlicher Gesundheitscheck (u.a. mit traumaspez. Fragebogen) in Fachstellen; Dokumentation erforderlicher Hilfemaßnahmen in einer Bescheinigung; noch keine detaillierte Diagnostik
Stufe 3: Betroffene mit Bescheinigung zum Leistungsträger. Es soll die konkrete Versorgung folgen.
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Modelle zur Früherkennung besonderer Schutzbedürftigkeit
Berliner Netzwerk für besonders
schutzbedürftige Flüchtlinge (BNS)
PRO
• Gute Kooperation von Erstanlaufstellen und den verschiedenen Fachstellen
• Niedrigschwelliger Zugang, gute Erreichbarkeit der Klientel
• Niedrigschwelliger Gesundheitscheck, geringe Belastung für Betroffene
CONTRA
• Feststellung läuft ins Leere. Keine Leistungsgewährung
• Eingeschränkte Behandlungskapazitäten, fehlende Finanzierung
• Keine ausreichende Zeit für Diagnostik
• zunächst: Akzeptanz und Koordination innerhalb der Verwaltung.
• Verwaltung hat letztlich einen eigenen Fragebogen entwickelt
• kaum Weiterleitungen ins Gesundheitswesen möglich
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Modelle zur Früherkennung besonderer Schutzbedürftigkeit
Gutachterstelle zur Erkennung psychischer Störungen | München
a) Untersuchung (2-3 Std.): Diagnostische Untersuchung (klinisch-strukturiertes Interview (M.I.N.I.); PDS und B-L.
b) Befundbericht: Handreichung für den Klienten mit Angaben über dessen psychischen Gesundheitszustand sowie Handlungsempfehlungen.
c) Nacherhebung: Telefonisches 5-6 Wochen nach der Diagnostik - Einschätzung der Zufriedenheit der KlientInnen & Überprüfung der Umsetzung der Handlungsempfehlungen.
Ggf. Information über Einrichtungen, die eine weiterführende Betreuung anbieten
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Modelle zur Früherkennung besonderer Schutzbedürftigkeit
PRO
• Differenzierte Diagnostik
• akuter Bedarf konnte erfasst und durch Weitervermittlung in stationäre Behandlung reagiert werden
• qualifizierte DolmetscherInnen• Nachbesprechung mit den
DolmetscherInnen • externe Supervision
CONTRA• Belastende Untersuchung:
hohe Abbruchquote
• Kaum Vermittlungen und weiterführende Hilfen
• Befundbericht für Flüchtlinge unverständlich & ohne Auswirkungen z.B. auf Umverteilung
• Projekt ohne Nachhaltigkeit
Gutachterstelle zur Erkennung psychischer Störungen | München
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Modelle zur Früherkennung besonderer Schutzbedürftigkeit
Gutachterstelle Zirndorf | Klinikum Nürnberg• 64% mit einer/ mehreren psychiatrischen Diagnosen, hohe Suizidalität
• Vermittlungen aufgrund der langwierigen bürokratischen Vorgänge (Kostenübernahme Sozialamt; Wartezeiten beim Hausarzt; beim Psychiater, Sprachbarrieren) sehr schwierig
• aus fachlich-psychiatrischer Sicht: nahezu unüberwindbare bürokratische, gesetzliche und sprachliche Hürden
Empfehlungen:
• frühe Untersuchung als rechtzeitige Möglichkeit zur Intervention und psychologisch-psychiatrisches Behandlungsangebot vor Ort
• Früherkennung durch geschultes Fachpersonal
• Änderung des AsylbLG & Aufnahme von Dolmetscherkosten ins SGB V
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Screening – und dann?Folgen für Geflüchtete und relevante Problematiken der Umsetzung
Lernerfahrungen aus den Modellprojekten
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Lernerfahrungen aus den Modellprojekten
• Oft fehlt es an geeigneten, institutionalisierten Gesprächsformaten, die es ermöglichen, auch unspezifische Symptome und Belastungen zu erkennen.
• Oft scheitern Vermittlungen an fehlendem Schnittstellenmanagement.
• Es fehlen Versorgungsangebote, in die vermittelt werden kann.
• Am Ende bleibt die Leistungsgewährung unsicher, weil kein Leistungsanspruch geltend gemacht werden kann.
• Meist fehlt es den Projekten an Strukturen und Ressourcen, die eine nachhaltige Implementierung ermöglichen.
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Lernerfahrungen aus den Modellprojekten
Es braucht geschultes Personal.
Es braucht geschulte DolmetscherInnen.
Es braucht einen 3- gliedrigen, gestuften Prozess:
1. Hinweisaufnahme, unabhängige Beratung und Information– Niedrigschwelliger, qualifizierter Kontakt zur Hinweisaufnahme
2. Qualifizierte Diagnostik – Fachspezifische Bedarfsermittlung und Erstversorgung
3. Leistungsgewährung und Versorgung
– Etablierte Vermittlungsstrukturen, gutes Schnittstellenmanagement
& v.a. ausreichend Versorgungsangebote
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Screening – und dann? Leistungsgewährung und Versorgung
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Screening – und dann? Leistungsgewährung und Versorgung
Accessibility
Zugänglich-keit
Availability
Verfügbar-keit
Acceptability
Annehmbarkeit
Quality
Qualität
Kriterien zur Prüfung der Umsetzung (UN-Sozialpakt):
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Aus der Praxis
Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer
Aus der Praxis:Frau K. aus der Türkei
Traumatische Ereignisse
Frau K. erlebt als Yezidin mehrere bewaffnete Angriffe und muss mitansehen, wie ihre Tochter von Soldaten misshandelt und vergewaltigt wird. Die Tochter begeht Selbstmord. Die Familie flieht.
Symptomatik
• Seitdem hat Frau K. oft Albträume, schläft sehr schlecht und ist von Angst, Traurigkeit sowie Kopf- und Rückenschmerzen geplagt. Sie fühlt sich schuldig, da sie die Vergewaltigung mit ansehen musste, aber nicht helfen und auch danach den Selbstmord der Tochter nicht verhindern konnte. Da sie Analphabetin ist, fiel es ihr besonders schwer, Deutsch zu lernen.
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Aus der Praxis:Frau K. aus der Türkei
Früherkennung und Vermittlung
• Eine engagierte und aufmerksame Mitarbeiterin der Unterkunft nimmt diese Belastung wahr, fragt weiter nach und setzt sich für sie ein.
• Aber es gibt keine kurdisch-sprachigen Therapieplätze in der Stadt.
• Nach langer Wartezeit kann Frau K. eine dolmetschergestützte Therapie in einem PSZ beginnen.
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Aus der Praxis:Frau K. aus der Türkei
Leistungsgewährung
• Der Therapieantrag wird 4 Monate gar nicht bearbeitet.
• Nach 2- facher Nachfrage werden 25 Sitzungen bewilligt.
• Die Kurzzeittherapie reicht nicht aus.
• Der Folgeantrag über weitere 25 Sitzungen wird fast 1 Jahr lang nicht bearbeitet.
Zuständigkeitswechsel
• Frau K.s Aufenthaltstitel ändert sich. Die Krankenkasse ist zuständig und bewilligt innerhalb kürzester Zeit.
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Aus der Praxis:Frau K. aus der Türkei
13 Monate nach der ersten Antragstellung ist die Therapie
endlich bewilligt - doch wer zahlt nun die Dolmetscherin?
Antrag beim Jobcenter (über Mehrbedarfe nach § 21 SGB II)
Ablehnung„Dolmetscherkosten gehören nicht unter Mehrbedarfe SGB II (§21) “.
Widerspruch
Antwort des Jobcenters:„War Ihrer Krankenkasse bekannt, dass die Therapie über einen Dolmetscher vermittelt wird? Die Wirksamkeit einer Therapie wird durchaus in Frage gestellt, sobald die Therapie über einen dritten vermittelt wird, insbesondere dann, wenn die Person des „dritten“ wechselt. Von daher überrascht die Bewilligung der Krankenkasse, es sei denn, das Erfordernis einer Dolmetschers war der Krankenkasse nicht bekannt.“
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Aus der Praxis:Frau K. aus der Türkei
Auf den Antwort der Therapeutin kam bis heute keine Antwort. Das heißt:
19 Monate nach der ersten Antragstellung,
6 Monate nach der Bewilligung der Therapie
8 zusätzliche Arbeitsstunden der Therapeutin
und 13 Seiten Schriftwechsel später…… wurde noch kein Cent der 702 Euro beglichen.
Für das PSZ stellt sich die Frage, ob sich dieser Aufwand überhaupt lohnt. Die Therapie ist über Spenden- und Stiftungsgelder vorfinanziert worden, die Dolmetscherkosten trägt das Zentrum letztlich selbst. Andernfalls hätte die Patientin über 1,5 Jahre nicht behandelt werden können.
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accessibility - Zugänglichkeit
• Eingeschränkter Leistungsbezug und restriktive Verwaltungspraxis nach AsylbLG
Strukturelle Barrieren
• Verfügbarkeit von und Kostenübernahme für DolmetscherInnen
Sprachbarrieren
• Vorbehalte, Berührungsängste,Unsicherheiten
Interaktionelle Barrieren
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accessibility - Zugänglichkeit
• Auch mit der eGK – dort wo sie eingeführt wird - haben Asylsuchende in den ersten 15 Monaten nur Anspruch auf Leistungen gem. §§ 4 und 6 AsylBL – also u.a. keinen Anspruch auf Psychotherapie
• Die eGK muss mit einer Kennziffer versehen werden, die den eingeschränkten Anspruch ersichtlich macht.
• Psychotherapie bleibt eine Kann-Leistung, die im Einzelfall von nicht sachkundigen SachbearbeiterInnen gewährt werden kann.
• Behandlungen häufig trotz Indikation abgelehnt bzw. müssen unter hohem Zeitaufwand erstritten werden.
• Störungen chronifizieren trotz identifiziertem Behandlungsbedarf.
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accessibility - Zugänglichkeit
Die Ablehnungsquoten für Psychotherapien, die aus den PSZ beim Sozialamt beantragt werden, liegen um mehr als das 10fache über denjenigen für Mitglieder der GKV.
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Availability- Verfügbarkeit
32 Psychosoziale Zentren, die niedrigschwellig und dolmetschergestützt ein komplexes Leistungsspektrum anbieten
Üblicherweise werden in einem typischen Psychosozialen Zentrum jährlich etwa 360 Geflüchtete behandelt und beraten.
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Availability- Verfügbarkeit
• In den PSZ stehen weit mehr Personen auf den Wartelisten der Zentren, als pro Monat aufgenommen werden können.
KlientInnen auf
der Warteliste/ Monat
Ø Wartezeit auf
Therapieplatz
Σ 1.498
x 54 7,2 Monate
X 48 7 Monate
Min 0 3 Monate
Max 200 12 Monate
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Availability- Verfügbarkeit
• Der Anteil nicht versorgter KlientInnen (Ablehnungen und Wartende) pro Jahr ist bereits seit vielen Jahren mehr als doppelt so hoch wie der derjenigen, die versorgt werden können.
Ablehnungen pro
Jahr/ Beratung
Ablehnungen pro
Jahr/ Therapie
Ablehnungen pro
Jahr/ Sonstiges
Σ Ablehnungen / Jahr bundesweit
Σ 4.056 3.396 720 8.172
x 145 121 26 292
Min 0 0 0 0
Max 480 360 180 1.020
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FAZIT
Auch qualitativ hochwertig konzipierte Screenings werden in vielen Regionen ins Leere laufen…• … so lange für die identifizierten Personen die entsprechenden
Versorgungsangebote nicht zugänglich sind – das ist nur über einen Anspruch auf GKV-Leistungen zu gewährleisten
• … solange sie nicht mit einer annehmbaren Wartezeit von weniger als 3 Monaten verfügbar sind - dafür müssen die Versorgungskapazitäten erhöht werden – durch Öffnung der Regelversorgung und Ausbau der Ressourcen in den PSZs
• … und solange die Qualität und die Annehmbarkeit der Versorgung nicht auch durch qualifizierte Sprachmittlung sichergestellt wird –das ist realistisch nur möglich, Dolmetscherkosten als Teil der Krankenbehandlung ins SGB V aufgenommen werden.
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Literatur
BAfF e.V. (2015). Frühfeststellung und Versorgung traumatisierter Flüchtlinge. Konzepte und Modelle zur Umsetzung der EU-Richtlinien für besonders schutzbedürftige Asylsuchende. Verfügbar unter: http://www.baff-zentren.org/wp-content/uploads/2015/09/Modelle-zur-Fr%C3%BChfeststellung-besonders-Schutzbed%C3%BCrftiger_30.9.pdf [14.06.2016]
Baron, J., Flory, L. (2016): Versorgungsbericht zur psychosozialen Versorgung von Flüchtlingen und Folteropfern in Deutschland. 2. aktualisierte Auflage. Verfügbar unter: http://www.baff-zentren.org/wp-content/uploads/2016/05/Versorgungsbericht_2015.pdf[14.06.2016]
Butollo, W. (2012). Abschlussbericht. Gutachterstelle zur Erkennung psychischer Störungen bei Asylbewerbern. Ludwig-Maximilians-Universität München, München.
Richter, K., Lehfeld, H., & Niklewski, G. (2015). Warten auf Asyl: Psychiatrische Diagnosen in der zentralen Aufnahmeeinrichtung in Bayern. Das Gesundheitswesen, 77(11), 834-838.
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Kontakt
Jenny Baron
Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer - BAfF e.V.Paulsenstr. 55-5612163 Berlin
Telefon: +49 (0)30 - 820 973 55E-Mail: [email protected]: www.baff-zentren.org
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Weitere Infos und Publikationen unter:www.baff-zentren.org
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