Download - Techforum d 12 2004
techforumThyssenKrupp
DezemberI
2004
IMPRESSUM
HERAUSGEBER
ThyssenKrupp AG, Zentralbereich Technik, August-Thyssen-Straße 1, 40211 Düsseldorf, Telefon 0211/8 24-3 62 91,
Telefax 0211/8 24-3 62 85
ERSCHEINUNGSWEISE
„ThyssenKrupp techforum“ erscheint ein- bis zweimal jährlich in deutscher und englischer Sprache. Nachdruck nur mit
Genehmigung des Herausgebers. Fotomechanische Vervielfältigung einzelner Aufsätze ist erlaubt. Der Versand des
„ThyssenKrupp techforum“ erfolgt über eine Adressdatei, die mit Hilfe der automatisierten Datenverarbeitung geführt wird.
ISSN 1612-2763
Titelbild
Außergewöhnliche Aufgaben erfordern außergewöhnliche Lösungen –
so könnte man die von ThyssenKrupp Fördertechnik angewandten
Prinzipien für die Konstruktion von Absetzern mit großen Ausleger-
längen kommentieren. Das Titelbild zeigt einen Blick auf den 207 m
langen Abwurfausleger des XPS
®-Cross Pit Spreaders in Fairfield/
Texas mit einer Förderleistung von 6.000 m
3
/h. Bei diesem Gerätetyp
kommt man nur durch konsequenten Leichtbau zu wirtschaftlichen
Gesamtlösungen. Wie das Bild veranschaulicht, resultiert aus diesem
Ansatz eine im Vergleich zu üblichen Tagebaugeräten ausgesprochen
filigrane Auslegerstruktur, die ihre Tragfähigkeit und Stabilität aus
dem Zusammenwirken von Rohrfachwerken und weiträumigen Seil-
abspannungen bezieht.
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Vorwort | 3
PROF. DR.-ING. DR. H.C. EKKEHARD D. SCHULZ Vorsitzender des Vorstands der ThyssenKrupp AG
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
dem Thema Leichtbau kommt aufgrund wachsender ökonomischer und ökologischer Anforderungen sowie
sich verschärfender gesetzlicher Rahmenbedingungen für Produkte in ihrem gesamten Lebenszyklus eine
immer größere Bedeutung zu. ThyssenKrupp ist insbesondere aufgrund des Produkt- und Kundenspektrums
in den Bereichen Automobilindustrie sowie Maschinen- und Anlagenbau in großem Umfang von diesem
Trend betroffen und macht sich die inhärenten Chancen zunutze. Leichtbau beschränkt sich dabei aber nicht
auf die Verwendung geeigneter Werkstoffe; vielmehr müssen optimierte Be- und Verarbeitungsverfahren
genauso berücksichtigt werden wie angepasste Konstruktionsmaßnahmen und Fügetechniken.
Mit dieser Ausgabe möchten wir Ihnen einige Leichtbauaktivitäten im ThyssenKrupp Konzern vorstellen.
Aus dem Bereich des Automobilbaus berichten wir über ein modulares Türkonzept, das auf Basis hochfester
Stahlsorten sowie Tailored Blanks konzipiert wurde. Wir zeigen Ihnen eine neue Herstellungsmethode sowie
Anwendungspotenziale des Werkstoffes Magnesium und stellen weitere Leichtbauwerkstoffe vor, die bei
der Herstellung von Verbundlenkerachsen und Stoßdämpfern Verwendung finden. Hochbeanspruchte
Stabilisatoren und Lenkwellen auf Rohrbasis ermöglichen durch ihre Bauweise eine beachtliche Gewichts-
reduzierung. Für bestimmte hochwertige Automobilkomponenten, wie z.B. Bodenbleche und Radkästen,
bieten Konstruktionen in Stahl-Komposit-Verbundbauweise ein niedrigeres Gewicht, eine höhere Steifigkeit
und gelten obendrein als geräusch- und wärmedämmend. Verschiedene Karosseriebauweisen wie Schalen-,
Space-Frame- und Hybridbauweise können dazu dienen, die richtige Balance zwischen einem möglichst
geringen Gewicht und den zu erzielenden Eigenschaften der Bauteile zu finden. Weitere Beispiele für
Gewichtsoptimierungen sind die gebaute Nockenwelle sowie der zur Montage von Motoren verwendete
Adapter COMMONALITY. Leichtbaulösungen gewinnen auch im Aufzugsbau zunehmend an Bedeutung. Das
Werkstoffspektrum reicht dabei von neuartigen Hochleistungsstählen über Aluminium, Kunststoffen bis
hin zu ultraleichten glasfaserverstärkten Kunststoffen. Wir stellen Ihnen ein Verbundprojekt zur Entwicklung
eines Fahrkorbes unter Einsatz neuartiger textilverstärkter Kunststoffe in modularer Hybrid-Leichtbauweise
vor. Die Erreichung niedriger Gewichte bei mindestens gleich bleibender Qualität und Stabilität stellt auch
auf dem Gebiet der Fördertechnik, z.B. in der Umschlag- und Tagebautechnik, eine große Optimierungs-
aufgabe dar. Für den Leichtbau in Flugtriebwerken wird der Werkstoff Titanaluminid als Alternative zum Stahl
vorgestellt. Bei transparenten Dach- und Wandkonstruktionen für Gewerbehallen oder im Sport- und Freizeit-
anlagenbau bieten Polycarbonat-Platten eine interessante Alternative zu konventionellen Konstruktionen.
Wir sind sicher, unseren Kunden mit unserer Leichtbaukompetenz Lösungen anbieten zu können, die
die Gegensätze zwischen wirtschaftlichem Nutzen und ökologischer Vernunft verkleinern helfen.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß und neue Erkenntnisse bei der Lektüre dieses Heftes.
4 | Inhalt
10 | Stahlleichtbau bei FahrzeugtürenDIPL.-ING. ERIK HILFRICH Division Auto – Projektleiter, Fahrzeugtechnik, Abt. Vertrieb/Engineering | ThyssenKrupp Stahl AG, Duisburg
DR.-ING. LOTHAR PATBERG Division Auto – Leiter Fahrzeugtechnik, Abt. Vertrieb/Engineering | ThyssenKrupp Stahl AG, Duisburg
Die Division Auto von ThyssenKrupp Stahl verfolgt mehrere Zielrichtungen, um den Automobilherstellern für Türen in
Pkw innovative Ideen und Produkte mit technischen und wirtschaftlichen Vorteilen anzubieten. Hochfeste außenhaut-
fähige Stahlsorten, Tailored Blanks und innovative Türkonzepte wie die „Modulare Tür” sind dabei die wesentlichen
Ansatzpunkte. ThyssenKrupp Stahl hat – teilweise mit Partnern im eigenen Konzern – die dort enthaltenen Potenziale
in verschiedenen Projekten aufgedeckt, analysiert und in Bauteile umgesetzt: Der Werkstoff Stahl bietet die optimale
Ausgangsbasis, um die Ansprüche an Steifigkeit, Crashverhalten und Akustik bei möglichst geringem Gewicht und
niedrigen Kosten durch innovative Lösungen zu erfüllen.
14 | Eine neue Herstellungsmethode und Anwendungspotenziale für MagnesiumblechDR.-ING. BERNHARD ENGL Geschäftsführer | MgF Magnesium Flachprodukte GmbH, Freiberg/Sachsen
Magnesium ist wegen seiner niedrigen Dichte und seines vergleichsweise hohen Anwendungspotenziales ein wichtiges
gewichtsreduzierendes Material. Seine Bedeutung auf dem Markt wird durch die Anwendung in Form von Blechen
steigen. Eine Herstellungsmethode, die einige wichtige wirtschaftliche und technische Vorteile im Vergleich zur konven-
tionellen Blechherstellung bietet, ist das Gießwalzverfahren. Dies wurde durch Versuche auf einer 700 mm breiten
Pilotanlage der MgF Magnesium Flachprodukte GmbH in Freiberg/Sachsen demonstriert. Die Eigenschaften des mit Hilfe
dieser Technologie hergestellten Materiales sind verglichen mit dem derzeitigen Stand der Technik positiv zu bewerten.
Die Entwicklung dieser interessanten neuen Technologie ist noch nicht abgeschlossen und verspricht weitere Potenziale.
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Inhalt I 5
22 | Leichtbauwerkstoffe und Fertigungstechnologien bei der Entwicklung von Pkw-AchskomponentenDIPL.-ING. KLAUS RUNTE FuE-Koordination | ThyssenKrupp Umformtechnik GmbH, Bielefeld-Brackwede
Verbundlenker-Hinterachsen sind bei der Pkw-Fahrwerkentwicklung der unteren Kompaktklassen auch in Zukunft
eine attraktive Lösung in Sachen Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit. Aber auch Komponenten für modernere,
komfortabler ausgelegtere Mehrlenkerachsen fordern ein Höchstmaß an konstruktiver und fertigungstechnischer
Präzision. Die Anforderungen für die kommenden Achsgenerationen zeigen einen Trend zu niedrigeren Gewichten und
höheren Beanspruchungen bei gleichzeitiger Reduzierung des zur Verfügung stehenden Bauraumes. Zielgerichtete
Entwicklungen müssen neue Werkstoffe und Fertigungsmethoden mit einbeziehen, um die geforderte Leistungsfähig-
keit zu gewährleisten.
28 | Gewichtsreduzierung durch hochbeanspruchte RohrstabilisatorenDR. RER. NAT. LUTZ MANKE Leiter Vorentwicklung | ThyssenKrupp Federn, Hagen
DIPL.-ING. HANS DZIEMBALLA Leiter Forschung & Entwicklung | ThyssenKrupp Federn, Hagen
Stabilisatoren dienen in Kraftfahrzeugen u.a. dazu, die Seitenneigung bei Kurvenfahrten zu verringern. Gewichtsre-
duzierung ist eines der wichtigsten Ziele innerhalb der Fahrwerksentwicklung. Die Entwicklung von hochbeanspruchten
Rohrstabilisatoren führte zu einer Reduzierung des Bauteilgewichtes von 45 %. Zur Zielerreichung waren Technologien
wie das Aufkohlen, die Schutzgasvergütung und das Innenstrahlen produktbezogen weiterzuentwickeln.
34 | Leichtbau-Stoßdämpfer aus AluminiumDIPL.-ING. RALF KUSCHE Teamleiter Serienentwicklung | ThyssenKrupp Bilstein GmbH, Ennepetal
Die Automobilindustrie ist bestrebt, die ökonomischen und ökologischen Anforderungen zu verbessern, indem sie
z.B. den Kraftstoffverbrauch der Kraftfahrzeuge permanent verringert. Um dieses Ziel zu erreichen, werden vermehrt
Leichtbauwerkstoffe im Fahrzeugbau eingesetzt. Auch im Bereich des Stoßdämpfers werden die Anforderungen der
Automobilindustrie an den Zulieferer hinsichtlich Leichtbaukonzepten immer größer.
38 | Produkt- und Prozess-Engineering im Fokus des LeichtbausDIPL.-ING. ULRICH HOCHER Geschäftsführer | ThyssenKrupp Drauz, Heilbronn
DIPL.-ING. MICHAEL HAGE Leiter Entwicklung u. Konstruktion | ThyssenKrupp Drauz, Heilbronn
DIPL.-ING. (FH) THOMAS KELLER Projektplanung | ThyssenKrupp Drauz, Heilbronn
Bei modernen Karosseriestrukturen, die sich in Schalen-, Space-Frame- und Hybridbauweisen gliedern, stehen Design-
ansprüche sowie Gewichts- und Festigkeitsoptimierungen im Mittelpunkt der Entwicklung. Zur Erreichung dieser Ziele
werden u.a. innovative Werkstoffe und Halbzeuge eingesetzt. Dies setzt allerdings eine Weiterentwicklung der Füge-
verfahren Stanznieten, Laserschweißen und Kleben voraus. Um der Definition des Leichtbaus umfassend zu entsprechen,
muss der Entwickler sich hinsichtlich der Funktions-, Kosten- und Gewichtsanforderungen optimal positionieren.
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
6 | Inhalt
44 | Verbundplattenbauweise für Leichtbau-Fahrzeugkonstruktionen BRUCE N. GREVE (MENG) Manager, Product Technology | ThyssenKrupp Budd Technology and Innovation Center, Auburn Hills/USA
Die hohe Festigkeit von Stahl kann bestmöglich in einer Stahl-Komposit-Verbundkonfiguration genutzt werden. Gemessen
an der Steifigkeit pro Gewichtseinheit gehören Verbundplatten zu den rationellsten Konstruktionen. Mithilfe dünner
(0,3 mm) Stahlbleche und einem leichten Kernmaterial können Verbundplatten gefertigt werden, die über eine größere
Steifigkeit als Aluminium bei geringerem Gewicht verfügen. Für die Herstellung der Stahl-Verbundstrukturen wird ein
einmaliges Formverfahren beschrieben. Das herausragende Merkmal dieses Verfahrens ist die Fähigkeit, geformte
Platten mit variabler Dicke in einem Fertigungsschritt herzustellen. Stahl-Verbundplatten wirken geräuschdämmend
und wärmeisolierend. Dies bietet die Möglichkeit, die Anzahl von Teilen bei der Automobilmontage durch Verringerung
oder gänzliches Vermeiden von Wärmedämmplatten und Geräuschdämpfungsapplikationen zu senken.
50 | Leichtbauweise im Motorenbau am Beispiel der Nockenwelle DR. TECHN. PETER MEUSBURGER Entwicklungsleiter | ThyssenKrupp Presta AG, Eschen/Liechtenstein
ThyssenKrupp Presta fertigt seit 1993 gebaute Nockenwellen in Großserie und ist Weltmarktführer mit über 12 Mio
produzierten Einheiten im letzten Geschäftsjahr. Ein wichtiger Grund für diesen Erfolg ist neben der Wirtschaftlichkeit
die Gewichtsersparnis im Vergleich zu konventionellen Nockenwellen. Bei optimaler Gestaltung lassen sich Gewichts-
einsparungen von 30 % und mehr gegenüber gegossenen oder geschmiedeten Nockenwellen realisieren. Der zuneh-
mende Trend zur Leichtbauweise im Motorenbau hat wesentlich zur Marktdurchdringung der gebauten Nockenwelle
beigetragen.
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Inhalt | 7
56 | Leichtbau im Bereich der Lenkwellen – Rohr-in-Rohr-LösungenDR. SC. TECHN. ETH. CHRISTOPH KLUKOWSKI Leiter Entwicklung Lenkungen | ThyssenKrupp Presta AG, Eschen/Liechtenstein
DIPL.-ING. ETH. RONY MEIER Stv. Leiter Entwicklung Lenkungen | ThyssenKrupp Presta AG, Eschen/Liechtenstein
DIPL.-ING. (FH) JOSEF BOERSMA Leiter Entwicklung Lenkwellen | ThyssenKrupp Presta AG, Eschen/Liechtenstein
DIPL.-ING. CARSTEN MANNECK Leiter Numerische Simulation | ThyssenKrupp Presta AG, Eschen/Liechtenstein
ThyssenKrupp Presta gehört zu den führenden Zulieferern im Bereich der Lenksäulen und Lenkwellen für die Auto-
mobilindustrie. Neue Einsatzgebiete wie die mechatronisch unterstützten Lenksysteme EPS (Electric Power Steering)
und AFS (Active Front Steering) sowie erhöhte Temperaturbedingungen im Motorraum bedingt durch höhere Leistungs-
dichten und verschärfte Abgasnormen führten zu deutlich höheren Anforderungen an die mechanischen und thermischen
Eigenschaften des Lenkstranges, die bei der neu entwickelten Generation Lenkwellen berücksichtigt werden mussten.
Um die Verringerung des Energieverbrauchs der Fahrzeuge weiter zu reduzieren, wurde das Gewicht einzelner Kompo-
nenten optimiert. Getrieben durch die neuesten Bedürfnisse des Marktes stellt die vorgestellte innovative Rohr-in-Rohr-
Lösung einen in sich einzigartigen Kundennutzen dar.
60 | Einsatz von textilverstärkten Kunststoffen in LeichtbaufahrkörbenDIPL.-ING. (FH) GERHARD THUMM Leiter Forschungszentrum | ThyssenKrupp Aufzüge GmbH, Stuttgart-Vaihingen
Leichtbaulösungen mit innovativen Werkstoffen gewinnen auch im Aufzugsbau zunehmend an Bedeutung. Hierbei
reicht das Werkstoffspektrum von neuartigen Hochleistungsstählen über Aluminium, Kunststoffe bis hin zu dem ultra-
leichten glasfaserverstärkten Kunststoff (GFK), der sich in der Luftfahrt und in der Automobilindustrie bereits bewährt
hat. Dabei müssen speziell bei den so genannten Treibscheibenaufzügen systemintegrative Lösungen gesucht werden
und die gesamte Wertschöpfungskette von Konstruktion, über Fertigung, Montage, Service bis hin zum Recycling
betrachtet werden. Für zukünftige neue Systeme mit selbstfahrenden Fahrkörben bieten die neuen Werkstoffe die Basis,
auf der die Entwicklungsteams diese nächsten Innovationsschritte aufbauen können.
64 | Gewichts- und kostenoptimierter Motoradapter für das COMMONALITY-AggregatemontagesystemDIPL.-ING. KARL-HEINZ GERTJEGERDES Leiter Entwicklung/Technologie | Johann A. Krause Maschinenfabrik GmbH, Bremen
DIPL.-ING. (FH) CHRISTIAN PUNDT Gruppenleiter Forschung & Entwicklung | Johann A. Krause Maschinenfabrik GmbH, Bremen
DIPL.-ING. (FH) MICHAEL SCHMIDT Ausführungsverantwortlicher Forschung & Entwicklung | Johann A. Krause Maschinenfabrik GmbH, Bremen
Johann A. Krause hat für einen namhaften Automobilhersteller das Motoren-Montagekonzept COMMONALITY entwickelt
und realisiert. Es ermöglicht die Montage unterschiedlicher Motoren auf weltweit flexibel einsetzbaren standardisierten
Montageanlagen. Das Bindeglied zwischen Aggregat, Werkstückträger und Montagemaschine bildet der Motoradapter,
der unterschiedliche Motortypen mit gleich bleibenden Betriebsmitteln transportiert, positioniert und Werkzeuge refe-
renziert. Zur Verbesserung des manuellen Handlings wurde das Gewicht des ursprünglichen Sphärogussadapters durch
den Einsatz von Finite-Elemente-Methode und Topologieoptimierung um 50 % reduziert. Damit wurde eine durchgängige
Prozesskette zur Entwicklung leichter, steifer, haltbarer und dennoch wirtschaftlich herstellbarer Produkte entwickelt.
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8 | Inhalt
70 | Leichtbau im Schwermaschinenbau
DR.-ING. JÖRG HARTLEB Produktentwicklung/Marketing | ThyssenKrupp Fördertechnik GmbH, Essen
DIPL.-ING. CHRISTIAN PLISCHKE Produktverantwortlicher Kabelkrane | ThyssenKrupp Fördertechnik GmbH, Rohrbach
DR.-ING. FRANK SCHNEIDER Produktentwicklung/Marketing | ThyssenKrupp Fördertechnik GmbH, Essen
PETER WAGNER (BENG) Geschäftsführer | ThyssenKrupp Engineering (Australia) Pty. Ltd., Belmont/Australien
Die Erreichung niedriger Gewichte bei mindestens gleich bleibender Qualität und Stabilität stellt seit jeher eine
der größten Optimierungsaufgaben dar, dieses gilt auch im Gerätebau der Umschlag- und Tagebautechnik von
ThyssenKrupp Fördertechnik. Die Gewichtsreduzierung erfolgt durch Variation verschiedenster Parameter wie Werk-
stoff, Formgebung, Anzahl von Einzelkomponenten u.a. Diese Vielfalt wird im Beitrag anhand dreier charakteristischer
Produktbeispiele verdeutlicht. Darüber hinaus wird auch die technologische und ökonomische Balance, die zwischen
der Optimierung des einen Parameters und der gleichzeitigen Verschlechterung des anderen zu halten ist, aufgezeigt.
Die vorgestellten Leichtbauweisen liefern einen entscheidenden Beitrag zur Lösung dieses Konfliktes.
76 | Titanaluminid – eine neue Werkstoffklasse für den Leichtbau in Flugtriebwerken und HochleistungsmotorenDIPL.-ING. PETER JANSCHEK Leiter Technologie-Entwicklung | ThyssenKrupp Turbinenkomponenten GmbH, Remscheid
Mit der intermetallischen Verbindung Titanaluminid steht ein neuer Werkstoff zur Verfügung, der die Warmfestigkeits-
eigenschaften von Nickel- und Stahllegierungen bei nur halber Dichte dieser Werkstoffe aufweist. Diese außerordentlichen
Eigenschaften machen ihn zu einem interessanten Werkstoff für den Leichtbau in Flugtriebwerken und Verbrennungs-
motoren. Die hohe Warmfestigkeit stellt jedoch eine Herausforderung bei der Formgebung dar. ThyssenKrupp Turbinen-
komponenten in Remscheid hat ein Verfahren entwickelt, das die Herstellung von Verdichterlaufschaufeln und Motor-
ventilen mittels Isothermschmieden bei hoher Temperatur mit niedriger Umformgeschwindigkeit ermöglicht.
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Inhalt | 9
80 | Transparente Sicherheit: Dach-, Wand- und Maschinenschutzverglasungen aus Polycarbonat
PETER DIEKMANN Öffentlichkeitsarbeit | ThyssenKrupp Services AG, Düsseldorf
MICHAEL HORLÄNDER Produktmanagement Kunststoffe | ThyssenKrupp Schulte GmbH, Düsseldorf
Bei transparenten Dach- und Wandkonstruktionen verlangen die steigenden gestalterischen Anforderungen von Archi-
tekten sowie der wachsende Kostendruck bei den Verarbeitern nach innovativen Lösungen, die den baurechtlichen
Vorschriften entsprechen, der Witterung dauerhaft trotzen, optischen Kriterien Stand halten und sich leicht und schnell
verarbeiten lassen. Polycarbonat-Platten von ThyssenKrupp Schulte und ThyssenRöhm Kunststoffe bieten hier eine
interessante Alternative. Die Architekten im Hochbau und die Konstrukteure im Maschinenbau schätzen die unschlag-
baren Vorteile von Polycarbonat gleichermaßen. Entscheidende Vorteile sind das gegenüber Glas ca. 50 % geringere
Gewicht bei 250-fach höherer Schlagzähigkeit, die hohe Transparenz und die brillante Optik.
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
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Stahlleichtbau bei Fahrzeugtüren
DIPL.-ING. ERIK HILFRICH Division Auto – Projektleiter, Fahrzeugtechnik, Abt. Vertrieb/Engineering | ThyssenKrupp Stahl AG, Duisburg
DR.-ING. LOTHAR PATBERG Division Auto – Leiter Fahrzeugtechnik, Abt. Vertrieb/Engineering | ThyssenKrupp Stahl AG, Duisburg
|Verwendung von hochfesten, außenhautfähigen Stahlsorten und Tailored Blanks für innovative Türkonzepte
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Einleitung
Die Entwicklung von Türen in Pkw befindet sich in einem kontinuier-
lichen Spannungsfeld aus Gewichtsreduzierung, Sicherheit und Kosten.
Die Mitarbeiter der Division ThyssenKrupp Stahl verfolgen mehrere
Zielrichtungen, um den Kunden in der Automobilindustrie innovative
Ideen und Produkte mit technischen und wirtschaftlichen Vorteilen
anzubieten. Wesentliche Ansatzpunkte sind in diesem Zusammenhang
hochfeste außenhautfähige Stahlsorten, Tailored Blanks und innovative
Türkonzepte. Teilweise mit Partnern innerhalb des ThyssenKrupp
Konzerns hat das Unternehmen ThyssenKrupp Stahl die auf diesem
Gebiet vorhandenen Potenziale in verschiedenen Projekten heraus-
gearbeitet, analysiert und in Bauteile umgesetzt.
Hochfester Stahl in Außenhautqualität
Die Herausforderung bei der Entwicklung von Türen ist, die Ansprüche
an Steifigkeit, Crashverhalten und Akustik bei möglichst geringem
Gewicht und niedrigen Kosten umzusetzen. Unter dem Gesichtspunkt
der Wirtschaftlichkeit bietet der Werkstoff Stahl die optimale Ausgangs-
basis, um dieses Ziel mit innovativen Lösungen zu erreichen.
So hat ThyssenKrupp Stahl einen Dualphasen-Stahl entwickelt,
der eine hohe Festigkeit ausweist, außenhautfähig ist und mit allen
gängigen Oberflächenbeschichtungen versehen werden kann. Die hohe
Festigkeit erschließt Potenziale, die es ermöglichen, die Blechdicken
zu reduzieren und auf diese Weise Gewicht und Kosten einzusparen.
Das Entscheidende bei der Realisierung dünner Außenhautteile ist,
den durch die Blechdickenreduzierung verursachten Beulsteifigkeits-
verlust durch intelligente Konstruktionen zu kompensieren. Dies
kann durch eine verbesserte Abstützung des Bleches mittels einer
Innenstruktur oder durch partielle Verstärkung, z.B. mittels Polymer-
schäumen, erreicht werden. Zur umformtechnischen Absicherung
wurden an mehreren Teilen Ziehversuche erfolgreich durchgeführt.
Tailored Blanks in Türen
Die Reduktion und Integration von Bauteilen ist ein weiterer Ansatz
für wirtschaftlichen Leichtbau. Hier bieten sich Tailored Blanks oder so
genannte Patchwork-Blanks an – Blechplatinen, die aus unterschied-
lichen Dicken oder Werkstoffsorten zusammengesetzt sind, wodurch
ein Bauteil besonders belastungsgerecht ausgelegt werden kann. Zu-
sätzliche Verstärkungsbleche können somit entfallen. Patchwork-Blanks
sind häufig vorteilhaft, wenn die zu verstärkenden Bereiche klein
sind, nicht am Rand der Platine liegen oder mehrere Bereiche verstärkt
werden sollen. Das Produktspektrum an Tailored Blanks wird kontinu-
ierlich weiterentwickelt, sodass immer wieder neue Bauteilkonzepte
möglich werden, die eine noch höhere Integration aufweisen. Anwen-
dungen mit Tailored Blanks sind bereits heute in der Serienproduktion
weit verbreitet | Bild 1 |.
Die „Modulare Tür”
Modulare Türkonzepte werden schon seit einiger Zeit im Zusammen-
hang mit Innenverkleidungen und Aggregateträgern verfolgt. In Zusam-
menarbeit mit Nothelfer hat die Division Auto von ThyssenKrupp Stahl
eine völlig neue Lösung entwickelt, die dank ihrer Modularität in der
Rohbaustruktur eine höhere Effektivität hinsichtlich Wirtschaftlichkeit
und Steifigkeitsperformance verspricht. In einem beispielhaften Projekt
wurde die komplette Prozesskette von der Konzeption, Konstruktion,
Strukturberechnung, Fertigungsuntersuchung, Kostenanalyse bis zur
Herstellung von Prototypen | Bild 2 | abgebildet. Die Fondtür eines
Serienfahrzeuges diente hinsichtlich Steifigkeit und Bauraum als Refe-
Stahlleichtbau bei Fahrzeugtüren | 11
Bild 1 |BMW 5er mit Türinnenblech als Tailored Blank
renz. Die Tür ist anhand typischer Lastfälle ausgelegt: Türabsenkung,
Fensterrahmensteifigkeit, Torsion, Eigenmoden- und Beulsteifigkeit.
Zusätzlich wurden Ideen bezüglich innovativer Werkstoffe, Fertigungs-,
Montage- und Türdichtungskonzepte aufgegriffen. Die wesentliche
und neue Idee dieses Türdichtungskonzeptes ist die Aufteilung der
Tür in zwei Module | Bild 3 |. Jedes der zwei Module besteht aus ledig-
lich zwei Einzelteilen: Das Außenmodul ist aus dem Außenblech und
dem Verbindungsteil zusammengesetzt. Das Verbindungsteil integriert
eine Scharnierverstärkung, eine Brüstungsverstärkung und den Seiten-
aufprallträger in einem einzigen hochfesten Blechteil. Diese außer-
gewöhnliche Anforderung erfordert einen höchstfesten Werkstoff, der
gleichzeitig gut umformbar ist: Zum Einsatz kommt ein Tailored Blank
aus einem Restaustenit-Stahl RA-K
®
40/70 (TRIP) in 1,0 mm Dicke
und einem Mikrolegierten Stahl MHZ 260 in 1,6 mm Dicke. Für das
Außenblech wird der Dualphasen-Stahl DP-K
®
30/50 in 0,48 mm Dicke
verwendet. Durch zusätzliche Abstützstreben mit dem Verbindungsteil
werden die freien Blechfelder verkleinert und die notwendige Beul-
steifigkeit des Außenbleches sichergestellt.
Innenblech und Schließteil bilden das Innenmodul. Es beinhaltet
den Fensterrahmen und nimmt alle Montageteile, wie Fensterheber,
Schloss etc., auf. Eine Besonderheit ist die Aufnahme der Türdichtung
in einem Kanal, wodurch das Verkleben entfällt. Weitere Vorteile dieser
speziellen Dichtungsmontage sind die Möglichkeit zur Verwendung
Schmutz abweisender Lacke sowie Kostenreduzierung.
Da die Module in der Ebene der Scheibenführung getrennt sind,
vereinfacht sich die Gestaltung der Bauteile erheblich, da diese nicht
um die Scheibe herum geführt werden müssen. Aufgrund der verän-
derten Montage der Türeinbauteile kann das Lochbild des Innenbleches
belastungsgerecht gestaltet werden, was teilweise deutliche Perform-
ance-Steigerungen ermöglicht. Die Blechteile des Innenmodules
werden als fertigungstechnisches Highlight durch Lasersteppnähte
verschweißt. Dies verspricht höhere Steifigkeiten als beim konventi-
onellen Widerstandspunktschweißen. Für eine optimale Qualität der
Laserschweißnaht müssen Maßnahmen zur Zinkentgasung getroffen
werden, zum Beispiel durch Entgasungssicken. Alternativ kann statt
konventionell verzinktem Blech ein Feinblech mit einer dünnen Zink-
Magnesium-Beschichtung ZE-Mg (s.a. ThyssenKrupp techforum,
Ausgabe Dezember 2003) zum Einsatz kommen. Diese neuartige
Beschichtung, die vom DOC
®
Dortmunder OberflächenCentrum von
ThyssenKrupp Stahl entwickelt wird, ermöglicht aufgrund der gerin-
geren Schichtdicke eine wesentlich höhere Schweißnahtqualität bei
vergleichbarem Korrosionsschutz | Bild 4 |.
Der modulare Ansatz ermöglicht außerdem das Aufteilen von Tür-
fertigung und Türmontage. Das Außenmodul wird im Rohbau an die
Karosserie montiert, eingestellt und zusammen mit der Karosserie
lackiert. Zu Beginn der Fahrzeugmontage wird es wie üblich demon-
tiert. Das Innenmodul kann von einem Zulieferanten gefertigt werden,
der es mit allen Türeinbauteilen vormontiert und just-in-time anliefert.
Es ist in einer neutralen Farbe lackiert, sodass keine Farbabweichun-
gen entstehen. In einer Montagezelle werden beide Module von einer
automatischen Anlage verschraubt. Durch die anschließend montierte
Türdichtung werden die Schrauben verdeckt. | Bild 5 | vergleicht den
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
12 | Stahlleichtbau bei Fahrzeugtüren
Bild 2 |Die „Modulare Tür” als Prototyp
ZE 75/75 ZE-Mg 35/35
Bild 3 |Innen- und Außenmodul der „Modularen Tür” Bild 4 |
Verbesserte Schweißnahtqualität
durch den Einsatz von ZE-Mg
Fazit
Mit modernen Stahlwerkstoffen lassen sich vielfältige Potenziale im
Bereich der Türen und Klappen erschließen. Für den Einsatz extrem
dünner, hochfester Stahlbleche existieren mehrere erfolgreiche Studien
von ThyssenKrupp Stahl, die das Leichtbaupotenzial und die prinzi-
pielle Machbarkeit aufzeigen. Tailored Blanks beweisen ihre Vorzüge
bereits in vielen Serienfahrzeugen. Mit innovativen Konzepten wie der
„Modularen Tür” können neben Gewichts- und Kosteneinsparungen
beispielsweise durch eine deutlich vereinfachte Montage weitere Vor-
teile über die gesamte Prozesskette erschlossen werden.
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Stahlleichtbau bei Fahrzeugtüren | 13
Modulare Tür
Konventionelle Tür
Bild 6 |Umformsimulation des Verbindungsteiles der „Modularen Tür”
Bild 5 |Montageprozess der „Modularen Tür“ im Vergleich zu einer konventionellen Tür
Bestückung
Innenmodul
(auf Wunsch
durch Zulieferer)
Außenmodul
Innenmodul
Applizieren
Türdichtung
Automatisierter
Zusammenbau
+
Karosserie
Rohbau
Montage und Ein-
stellen Außenmodul
Karosserie
Lackierung
Demontage durch
Scharniertrennung
Montage
Interieur
Montage der
kompletten Tür
Türrohbau
Außenblech
Innenblech
Verstärkungen
Applizieren
Türdichtung
Bestückung
mit Einbauteilen
Karosserie
Rohbau
Montage
und Einstellen
Karosserie
Lackierung
Demontage durch
Scharniertrennung
Montage
Interieur
Montage der
kompletten Tür
RissgefahrUmformbeanspruchung Faltenbildungoptimal
Montageprozess einer „Modularen Tür“ mit dem einer konventionellen
Tür. Im Zusammenhang mit den fertigungstechnischen Untersuchungen
wurden Umformsimulationen durchgeführt und die Machbarkeit der
Einzelteile nachgewiesen | Bild 6 |.
Die „Modulare Tür“ von ThyssenKrupp Stahl und Nothelfer ist ein
völlig neues Konzept mit vielen Vorteilen. So wurden vor allem durch
Teile-Integration und Verwendung dünner, hochfester Stahlwerkstoffe
bei gleichen Steifigkeitseigenschaften das Türgewicht um 1,2 kg und
gleichzeitig die Herstellungs- und Montagekosten um 8,51 Euro pro
Tür reduziert.
14 |
|Im September 2002 in Betrieb genommene Pilotanlage von MgF Magnesium Flachprodukte
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Eine neue Herstellungsmethode und
Anwendungspotenziale für Magnesiumblech
DR.-ING. BERNHARD ENGL Geschäftsführer | MgF Magnesium Flachprodukte GmbH, Freiberg/Sachsen
Einführung
Bei der Gewichtsreduzierung durch Anwendung moderner, ganzheit-
licher Konzepte spielt neben der Weiterentwicklung der Rohbautech-
nologien, Konstruktions- und Herstellungstechnologien die richtige
Wahl des Werkstoffes eine bedeutende Rolle.
Bei den wichtigsten im Automobilbau miteinander konkurrieren-
den Materialien sind höherfeste Stähle, Kunststoffe, Aluminium und
Magnesium zu nennen. Magnesium erfährt als Leichtbaumaterial in
den letzten Jahren eine Art Wiedergeburt, da sich Leichtbaukonzepte
ausgezeichnet mit Magnesium realisieren lassen. Allein für Magnesium-
guss werden jährliche Wachstumsraten von ungefähr 15 % für die
nächsten 10 Jahre erwartet. Aber auch Magnesiumblech hat in jüng-
ster Zeit großes Interesse hervorgerufen.
Magnesium ist das leichteste metallische Konstruktionsmaterial.
Es erweitert mittlerweile die Werkstoffkompetenzen der ThyssenKrupp
Stahl AG. Magnesium von ThyssenKrupp soll die Möglichkeiten von
Stahl beim Leichtgewichtsbau ergänzen, indem es Forderungen erfüllt,
die von Stahl nicht mehr geleistet werden können.
Komponenten aus Magnesium sind im | Bild 1 | gezeigt, wo sie
entsprechend ihrem Leichtgewichtsnutzen und ihren Kosten gegen-
übergestellt sind. Aus Kostengründen ist eine Positionierung mög-
lichst weit links im Diagramm angestrebt. Die höchste Effizienz ist
durch eine möglichst hohe Positionierung erreicht, und in dieser Hin-
sicht schneidet Magnesiumblech sehr gut ab. Magnesiumblech weiter
auf die kostenattraktive Seite zu bringen, erfordert künftig besondere
Anstrengungen.
Entwicklung eines Gießwalzkonzeptes für betriebliche
Anwendungen
Im Jahre 2001 gründete ThyssenKrupp Stahl die MgF Magnesium
Flachprodukte GmbH mit Sitz in Freiberg/Sachsen mit dem Ziel, die
Anwendung von Magnesium technologisch und wirtschaftlich zu opti-
mieren. MgF arbeitet intensiv mit der Technischen Universität Berg-
akademie Freiberg auf dem Gebiet der Magnesiumtechnologie zusam-
men. Das Entwicklungsvorhaben wird vom Freistaat Sachsen über
die Sächsische Aufbaubank unterstützt.
Einer der Hauptschwerpunkte der Aktivitäten von MgF ist die Ent-
wicklung der Gießwalztechnologie für Magnesiumband und -blech,
| Bild 2 |. Die metallurgischen Vorteile des endabmessungsnahen
Gießens sind:
rasche Erstarrung,
reduzierte Seigerungen,
In-Line-Bandbehandlung und
kurzes Anlagenlayout.
Eine neue Herstellungsmethode und Anwendungspotenziale für Magnesiumblech | 15
Bild 1 |Kosten und Nutzen der Leichtbauweise
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Kostenvorteile Zusätzliche Kosten
Lenkrad Mg-RäderSitz, MPV (Multi-Purpose-Vehicle)
Einlasskrümmer
Armaturenbrettträger
Mg-Blech-Motorenhauben
Getriebegehäuse
Sitze Nischenfahrzeug Serienfahrzeug
Türinnenbereich
Ellipsen-Größe = Höhe der Gewichtseinsparung direkter Kundennutzen indirekter Kundennutzen
Gleichmäßige Gangschaltung
Quelle: S. Schumann, H. Friedrich auf der 60th World Magnesium Conf., May 2003, Stuttgart
Nut
zen
der
Leic
htba
uwei
se
16 | Eine neue Herstellungsmethode und Anwendungspotenziale für Magnesiumblech
Vertikales Gießen bietet sich als die naheliegendste Methode für die
Herstellung von Bändern an. Leichtmetalle wie Aluminium und Magne-
sium ziehen jedoch aus folgenden Gründen Vorteile aus der horizon-
talen Gießtechnik:
Schmelzesumpf und Wärmehaushalt sind horizontal leichter zu
kontrollieren.
Das Gleichgewicht zwischen dem Ausfließen der Schmelze aus der
Düse und der Walzkraftbeschränkung ist besser zu halten.
Seitenabdichtung und Breitenvariation sind einfacher zu gestalten.
Die Bandumlenkung ist leichter zu bewerkstelligen.
Das Ziel ist, diesen neuen Herstellungsprozess von Magnesiumflach-
produkten für industrielle Anwendungen bei wettbewerbsfähigen Preisen
zu nutzen. Das erreichbare Kostenpotenzial leitet sich im Wesentlichen
von dem kostengünstigeren Einsatz von Rohmaterial in Form von
Masseln anstelle von Stranggussmaterial, von der endabmessungs-
nahen Fertigungsmethode und der damit verbundenen Einsparung
von Fertigungsschritten sowie von der Verbesserung des Ausbringens
im Vergleich zum konventionellen Gießverfahren ab | Bild 3 |. Zusätz-
liche wirtschaftliche und qualitative Vorzüge resultieren aus der Her-
stellung von Bändern bzw. Coils anstelle der Einzeltafelfertigung.
Zu Vergleichszwecken wurden Stichpläne auf der Basis von nume-
rischen Simulationsberechnungen mit dem System MagRollSi realisiert,
welches gemeinsam mit dem Institut für Metallformung der Technischen
Universität Bergakademie Freiberg entwickelt wurde. Mit Hilfe von
namhaften Firmen hat MgF eine Pilotgießwalzanlage entwickelt und
innerhalb des Kompetenzzentrums für Gießen und Metallformung der
Technischen Universität Freiberg gebaut | Bilder 4 und 5 |. Die für das
Schmelzen und Gießwalzen erforderlichen Anlagenteile sind im
| Bild 5 | veranschaulicht. Auf dem rechten Teilbild wird der Tundish
(Gießrinne) mit der Gießdüse, dem so genannten Tip, gezeigt. Diese
neue Linie ging im September 2002 in Betrieb. Bänder mit Breiten bis
zu 700 mm und Dicken von 4,5 bis 7 mm wurden auf dieser Linie
produziert. Einzelne Gießversuche wurden gezielt bis zu einer Dauer
von sechs Stunden ausgedehnt, um das Langzeitbetriebsverhalten
zu testen. Das Resultat waren Produktionsgewichte über 4 t aus einem
Guss. Die Oberfläche und auch die übrigen Eigenschaften waren
bereits von so guter Qualität, dass es möglich wurde, das Material auf
Dicken kleiner als 1 mm zu walzen. Spezielle Walzversuche in betrieb-
lichen Walzwerken ermöglichten die Herstellung von Blechen in Breiten
bis zu 2.000 mm und einer minimalen Dicke von 0,55 mm. Inzwischen
wurde auch eine Haspelanlage an die Pilotlinie angebaut. Dort werden
Coils zur weiteren Verarbeitung zu Fertigbändern und -blechen ge-
wickelt | Bild 6 |.
Werkstoffeigenschaften
Magnesium zeichnet sich besonders durch seine vergleichsweise
niedrige Dichte aus, die ca. 25 % der Dichte von Stahl und ca. 60 %
der Dichte von Aluminium entspricht. Diese Eigenschaft bringt beach-
tenswerte Leichtbaumöglichkeiten mit sich.
Die mechanischen Eigenschaften ordnen sich gut in das Streuband
nach dem Stand der Technik ein. Im Vergleich zur konventionellen
Herstellung ist die Mikrostruktur von einer geringeren Korngröße
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 2 |Endabmessungsnahes Gießen
Eine neue Herstellungsmethode und Anwendungspotenziale für Magnesiumblech | 17
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 3 |Vergleich zwischen konventionellem und nach der neuen Methode gefertigtem Magnesiumblech
Konventionelles Walzen Neue Technologie
Anfangsdicke min. 120 mm
Enddicke 2 mm
Brammen
Homogenisierung
Erwärmung
Walzen
Bleche Bleche
ersetzt durch Gießwalzen
Masseln
Schmelzen Gießwalzen Treiber Schere Blech-Tisch
Bild 4 |Prinzip der Gießwalz-Pilotanlage, Produkt: Bleche
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
18 | Eine neue Herstellungsmethode und Anwendungspotenziale für Magnesiumblech
Bild 5 |Eingangsteil der Pilotanlage, rechts: Gießrinne mit Gießdüse
gekennzeichnet. Weitere Verbesserungen ergeben sich, wenn die
chemische Analyse in Verbindung mit den Prozessparametern optimiert
wird. Die besonderen Gegebenheiten durch die rasche Abkühlung im
Rollenspalt in Verbindung mit der Verformung im Gießwalzwerk machen
es möglich, einen günstigen Einfluss auf die Gefügeentwicklung zu
nehmen. Die Probenrichtung hat nur einen geringen Einfluss auf die
Eigenschaften der fertig gewalzten Bleche. In Zugversuchen, die an
gießgewalzten Blechen durchgeführt wurden, erfolgt eine Verfestigung
bis zu rund 20 %, wenn die Dehnrate gesteigert wird | Bild 7 |. Diese
Eigenschaft kann in crash-relevanten Komponenten genutzt werden.
Leichtbaupotenzial von Magnesium
Magnesium bietet Gewichtseinsparpotenziale in vielen Industrie-
bereichen. In der Elektroindustrie gibt es einen Trend hin zu Leichtge-
wichtausrüstungen für den mobilen Einsatz, z.B. für Notebooks und
Mobilfunktelefone. Auch in der zivilen Luftfahrtindustrie findet zurzeit
eine Diskussion bezüglich der Gewichtseinsparungen, die mit Magne-
sium erreicht werden können, statt. Eine Zunahme des Einsatzes von
Magnesium wird vor allem in der Autoindustrie erwartet. Hier sind
als Auswirkung von gesetzlichen Regelungen bezüglich Schadstoff-
emissionen und Energieverbrauchen strengere Gewichtsanforderungen
zu erfüllen. Wenngleich Gewichtseinsparungen für das gesamte Fahr-
zeug gesucht werden, gibt es gewisse Bereiche, wo Gewichtseinspa-
rungsmaßnahmen besonders effizient sind. Dies trifft vor allem auf
den Vorderwagen und auf den Dachbereich zu. Dort werden höhere
Anstrengungen unternommen und auch höhere Kosten zur Zielerrei-
chung akzeptiert. Deshalb ist gerade dort die Möglichkeit für eine weit-
reichende Anwendung von Magnesium gegeben.
Anwendungspotenziale
Magnesium wird bereits in vielen Fahrzeugen verwendet, jedoch aus-
schließlich in Form von Gussteilen. Beispiele finden sich im Antriebs-
strang, vor allem bei Getriebegehäusen, bei Teilen im Lenkungs-
system, beim Fahrgestell, bei Bremsen und Innenstrukturen. Solche
Anwendungen haben sich als erfolgreich herausgestellt und zu be-
deutenden Gewichtseinsparungen geführt. Es stellt sich nun die Frage,
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Eine neue Herstellungsmethode und Anwendungspotenziale für Magnesiumblech | 19
Bild 6 |Gießgewalztes Band aus Mg-Legierung, aufgewickelt im Auslauf
der Gießanwalzanlage
ob Magnesium auch in Form von Flachprodukten für den Leichtbau
genutzt werden kann. Die Vorteile können wie folgt abgeschätzt werden:
bessere und gleichmäßigere Eigenschaften im Vergleich zum Guss,
Herstellbarkeit von großflächigen und dünnen Teilen,
Gewichts- und Preisvorteile,
verbesserte Prüfbarkeit und
Korrosionsschutz durch Vorbeschichtung des Band- oder Blech-
produktes.
Die Kriterien für eine bevorzugte Wahl von Magnesiumblech im Ver-
gleich zu Stahl und Aluminium sind im | Bild 8 | aufgelistet. Die in
diesem Zusammenhang angegebenen Werte gelten bezüglich der
Dichte. Magnesium schneidet vergleichsweise besonders vorteilhaft
bei den Kriterien Biegesteifigkeit, Beulsteifigkeit, Torsionssteifigkeit,
Beulfestigkeit und Faltenbeulen ab. Auf dieser Grundlage wurde eine
Bewertung der Eignung für karosseriespezifische Anwendungen durch-
geführt: Der Einsatz von Magnesium erscheint besonders attraktiv
für flache Teile und für Außenteile. Der potenzielle Nutzen von Mag-
nesiumblechen für die Außenhaut stellt jedoch noch eine große Heraus-
forderung für die Werkstoff- und die Verfahrenstechnik dar. Wenn
Magnesium für großflächige Teile wie Türen, Hauben und Heckklappen
eingesetzt werden kann, dann wird der Weg zu noch mehr Gewichts-
einsparungen geebnet sein.
Wenn die Gewichtseinsparpotenziale so viel versprechend erschei-
nen, stellt sich die Frage nach der Herstellbarkeit und nach dem Ge-
brauchsverhalten von Magnesiumteilen. Magnesium weist im Vergleich
mit anderen Werkstoffen eine geringe Umformbarkeit bei Raumtem-
peratur auf. Bei Anhebung der Temperatur ist es jedoch möglich, die
Umformbarkeit beträchtlich zu steigern. Dies konnte für Tiefzieh- und
Streckziehoperationen eindeutig nachgewiesen werden. Der Tempe-
raturanstieg führt zu hohen Formänderungswerten, die auch kompli-
zierte Teile realisierbar erscheinen lassen. Mit Hilfe von temperierten
Werkzeugen konnte in einem Tiefziehprozess ein relativ komplexes
Modellteil hergestellt werden | Bild 9 |. Die mechanischen Eigenschaf-
ten dieses Teiles liegen sehr nahe bei denen des Ausgangsbleches.
Die in | Bild 10 | gezeigte Türinnenverstärkung wurde mit einem pneu-
matischen Innenhochdruckverfahren in einer temperaturgeregelten
Ziehanlage hergestellt. Die Ziehtiefe beträgt 110 mm. Versuche zum
Fügeverhalten von Magnesium haben gezeigt, dass sich mit Laser-
Bild 7 |Einfluss der Dehngeschwindigkeit auf die Eigenschaften von MgF DDQ-Blech
Dehngeschwindigkeit σmax [MPa] εmax [%] Emax [J]
[1/s]
1 271 16 15
10 272 18 16
100 311 16 18
500 326 17 22
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
20 | Eine neue Herstellungsmethode und Anwendungspotenziale für Magnesiumblech
Bild 8 |Dichtebezogene Leichtgewichts-Werte (bezogen auf Stahl)
Rp0,2 [MPa] Rm [MPa] Ag [%] A80 [%]
Längs 178 261 12 19
Quer 189 264 13 18
Eigenschaft Kriterium Stahl Al Mg
höherfest
Plattenbiegesteifigkeit
3
√E /ρ 1,0 2,0 2,7
Beulsteifigkeit √E /ρ 1,0 1,7 2,1
Zug-/ Drucksteifigkeit E/ρ 1,0 1,0 1,0
Torsions-Steifigkeit G/ρ 1)
1,0 1,0 1,0
3
√G/ρ 2)
1,0 2,0 2,7Zug-/Druckfestigkeit R
p
/ρ 1,0 1,1 1,1
Beulfestigkeit √R
p
/ρ 1,0 1,8 2,3
Crash (Biegung) R
m
/ρ 1,0 1,2 1,1
Crash (Faltenbeulen)
5
√E
3
√R
p
/ρ 1,0 1,7 2,1
schweißen sehr gute Ergebnisse erzielen lassen. Bei der Thyssen Laser-
technik GmbH hat die Anwendung mit Tiefschweißeffekt zu sehr posi-
tiven Ergebnissen in Form von Vermeidung einer fehlenden Schweiß-
nahtabsenkung und Rissbildung geführt. Auch Schneidoperationen
mit einem Laser sind problemlos möglich, wobei ein Verhalten ähnlich
wie beim Laserschneiden von Stahl erwartet werden kann. Im Rahmen
einer Studie zur Herstellung von großen Heckklappen aus der Legie-
rung AZ31 war es möglich, auf Anhieb Teile mit den Parametern von
Aluminium per Laser zu schneiden | Bild 11 |.
Der Korrosionsschutz von Magnesium ist auch hinsichtlich der
Bleche noch Gegenstand intensiver Forschungs- und Entwicklungs-
arbeit. Magnesium liegt sehr weit unten auf der elektrochemischen
Spannungsreihe und bildet darüber hinaus im Vergleich zu Alumini-
um keine deckenden Schichten. Chemische oder Plasma-chemische
Korrosionsschutzmaßnahmen, die unter dem Namen Konversions-
behandlung oder Anodisierung bekannt sind, wurden bereits erfolg-
reich angewendet. Weitere innovative Beschichtungsmethoden sind
bereits in der Entwicklung.
Schlussfolgerungen
Die Vorteile bei der Anwendung des Gießwalzens von Magnesium
lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1)
geschlossenes Profil
2)
offenes Profil
Bild 9 |Mechanische Eigenschaften eines Pressteiles aus MgF DDQ
Quelle: ThyssenKrupp Umformtechnik
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Eine neue Herstellungsmethode und Anwendungspotenziale für Magnesiumblech | 21
bessere Homogenität,
feinere Mikrostruktur,
Verringerung von Seigerungen,
verbesserte Löslichkeit und
Verfeinerung von Ausscheidungen.
Aus den technischen Vorteilen resultieren:
verbesserte Walzbarkeit,
verbessertes Fertigungsverhalten,
gleichmäßige Eigenschaften und
Ermöglichung von Superplastizität.
Aus wirtschaftlicher Sicht:
Einsparung von Fertigungsschritten,
Reduzierung von Herstellungskosten,
Band-/Coil-Herstellung ist möglich und
Einsparung von Investitionskosten.
Die ersten von ThyssenKrupp Stahl aufgestellten Prognosen deuten
auf eine positive Marktentwicklung für Magnesiumbleche dieser neuen
Generation hin.
Aus technischer Sicht:
verbesserte Eigenschaften durch schnelle Erstarrung,
Bild 11 | Studie einer lasergeschnittenen Heckklappe aus AZ31
Bild 10 | Türinnenverstärkung, Werkstoff: MgF DDQ 31, Blechdicke: 3 mm, Umformtemperatur: 400 °C
530 mm
970 mm
110 mm
Quelle: IfU Stuttgart
22 |
|Pkw-Verbundlenkerachse aus Aluminium
Leichtbauwerkstoffe und Fertigungstechnologien
bei der Entwicklung von Pkw-Achskomponenten
DIPL.-ING. KLAUS RUNTE FuE-Koordination | ThyssenKrupp Umformtechnik GmbH, Bielefeld-Brackwede
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Aufbau und Funktion einer Verbundlenkerachse
Als Verbundlenkerachse | Bild 1 | wird eine in den 50er Jahren ent-
wickelte Hinterachse für frontgetriebene Pkw bezeichnet. Da sie aus
zwei starren Längslenkern und einem torsionsweichen Querprofil
besteht, verfügt sie als Halbstarrachse über Eigenschaften früherer
Starrachsen (z.B. mit Blattfedern), hat aber schon durch das Torsions-
element die Komforteigenschaft der Einzelradaufhängung. Im Zuge
permanenter Weiterentwicklung wurde die Verbundlenkerachse zur
maßgeblichen Hinterachse fast aller kleinen Pkw. Erst mit Beginn der
Fahrzeuggenerationen ab 1997 ging der Trend bei den Autos der un-
teren Mittelklasse (Kompaktklasse) hin zu den so genannten Mehr-
lenkerachsen. Diese Konstruktionen verfügen über bessere Radfüh-
rungseigenschaften mit für die gewachsenen Ansprüche gesteigerten
Sicherheitsreserven und einem besseren Fahrkomfort. Trotzdem hat
die Verbundlenkerachse auch heute noch einen hohen Stellenwert.
Ihre hervorzuhebenden Eigenschaften sind der geringe Bauraum, das
günstige Gewicht und die niedrigen Herstellkosten. Im Verbund mit
neuester Dämpfer-, Stabilisator- und Bremstechnologie halten sie
dem Wettbewerb mit einer Basis-Mehrlenkerachse im normalen Fahr-
alltag stand.
Die Konstruktion von Verbundlenkerachsen verlangt ein hohes Maß
an Verständnis für die abstrakten Modellbildungen, die zur Berech-
nung der geforderten Belastungseigenschaften erforderlich sind. Gleich-
zeitig müssen die elastokinematischen Forderungen für die unter-
schiedlichen Betriebssituationen und das Komfortverhalten berück-
sichtigt werden. Das Torsionsprofil bildet das Kernelement einer
Verbundlenkerachse. Unter Belastung verhält sich das Torsionsprofil
wie ein Biegebalken. Anforderungen an Spur- und Sturzsteifigkeit
sowie die sichere Anbindung an die Längslenker können nur mit
einem speziell berechneten Querschnitt sichergestellt werden. Somit
stellt jedes Torsionsprofil eine individuelle Lösung dar, die sogar bei
einem Pkw in verschiedener Auslegung berücksichtigt werden muss.
Der Trend zu höheren Belastungen der Hinterachsen erfordert daher
Verbundlenkerachsen mit steiferen Auslegungen. Somit müssen die
Abmessungen und Querschnitte angepasst und vergrößert werden.
Rollprofilierte Torsionsprofile
Die Forderungen nach geringem Gewicht bei begrenztem Bauraum
können durch verschiedene Lösungen abgedeckt werden. Die Lösung
von ThyssenKrupp Umformtechnik bietet darüber hinaus die Chance,
Leichtbauwerkstoffe und Fertigungstechnologien bei der Entwicklung von Pkw-Achskomponenten | 23
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 1 |Prinzip einer Verbundlenkerachse (links), einbaufertige Verbundlenkerachse (rechts)
24 | Leichtbauwerkstoffe und Fertigungstechnologien bei der Entwicklung von Pkw-Achskomponenten
bei gleichen Querschnittsabmessungen auch variabel auf die Roll-
steifigkeit eingehen zu können. Die Rollsteifigkeit ist eine wichtige Kenn-
größe für die Funktion des Torsionsprofiles und damit ausschlaggebend
für den Fahrkomfort des Fahrzeuges. Während herkömmliche Torsions-
profile | Bild 2 | einen massiven U-Querschnitt mit einer Blechdicke von
ca. 6 mm haben müssen, bildet das Leichtbauprofil | Bild 3 | bei einer
Dicke von ca. 2 x 1,5 mm einen längsgewalzten Querschnitt mit einem
Hohlraum. Durch Verändern des Walzprofiles ist es möglich, den Hohl-
raum variabel zu gestalten und damit die Rollsteifigkeit zu beeinflussen.
Gerollte Torsionsprofile – Verfahren
Beim Walzprofilieren werden Metallbänder durch hintereinander lie-
gende Walzenpaare zu offenen oder geschlossenen Profilen umge-
formt | Bild 4 |. Dabei ändert sich die Form des Spaltes zwischen Ober-
und Unterwalze von Walzenpaar zu Walzenpaar vom Querschnitt des
Bandes bis zu dem des fertigen Profiles. Mit diesem Verfahren ist es
ThyssenKrupp Umformtechnik gelungen, ca. 20 % des Gewichtes einer
herkömmlichen Verbundlenkerachse einzusparen.
Versuche an Prototypen | Bild 5 | zeigten bei Belastung ein Ver-
wölben der aneinanderliegenden Torsionsprofilwandungen. Um dies
zu vermeiden, ist eine geeignete Fügetechnologie anzuwenden. Hier
bieten sich sowohl das Punkt- und Rollnahtschweißen als auch das
Stanznieten an. Auch ein Verkleben der Wandungen führt zu besseren
Resultaten.
Als Werkstoffe eignen sich alle schweißbaren Stähle bis hin zu
hochfesten Güten wie dem Dualphasen-Stahl DP-W und dem Com-
plexphasen-Stahl CP-W, bei Wanddicken zwischen 1,5 und 2,0 mm.
Aus Korrosionsschutzgründen sollten die Innenseiten des Profiles ein-
seitig bandverzinkt sein.
Auch für die übrigen Einzelteile der Verbundlenkerachsen können
diese Materialgüten eingesetzt werden. Fahrwerkskomponenten aus
z.B. DP-W 600 oder CP-W 800 befinden sich bereits im Serieneinsatz.
Aluminium als Leichtbauwerkstoff für Verbundlenkerachsen
Aluminium wird als Werkstoff für Fahrwerkskomponenten eher bei
hochwertigen Pkw und Sportwagen eingesetzt. Wichtige Ziele sind in
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 2 |Querschnitt eines konventionellen Torsionsprofiles Bild 3 |
Querschnitt eines profilierten Torsionsprofiles
6 mm dick
1,5 mm dick
Zielgerichtete Entwicklungen bei Mehrlenker-Achskomponenten
| Bild 8 | zeigt Entwicklungen von Mehrlenker-Hinterachskomponenten,
die auf Basis entsprechender Lastenhefte und Bauraumanforderungen
entwickelt wurden. Jedes Bauteil durchläuft während seiner theore-
tischen und prozessorientierten Entwicklung Schritte, die mit dem
Kunden teamorientiert festgelegt werden. Eckpunkte sind:
die Prototyp-Fertigungsfreigabe nach Abschluss der theoretischen
Entwicklung,
die Bauteil-Serienfreigabe nach Abschluss aller Tests und
die Serienfreigabe nach Abstimmung des Herstellungsprozesses.
Vorteile beim Einsatz hochfester Stähle
Die Entwicklung vieler Fahrwerkskomponenten wird seit einiger Zeit
bewusst auf kleinere Bauräume und gegenüber der Vorgängerbau-
reihe reduzierten Gewichts- und Kostenzielen fokussiert. Nur durch
Einsatz höherfester Werkstoffe ist es möglich, die z.T. erhöhten Anfor-
diesem Zusammenhang die Gewichtseinsparung sowie die Schwin-
gungsdämpfung. Dies war auch der Anspruch an das Entwicklungs-
vorhaben einer Verbundlenkerachse aus umgeformten und geschweiß-
ten Aluminium-Strangpressprofilen | Bilder 6 und 7 | mit gepressten
Aluminium-Blechteilen. Basierend auf den Lastanforderungen eines
Kompakt-Pkw wurde das Torsionsprofil als Basisteil einer Verbund-
lenkerachse in seinem Profilquerschnitt für den besonderen Einsatz in
einem Pkw mit geringem Kraftstoffverbrauch ausgelegt.
Mit Unterstützung eines Partners aus der Aluminium-Verarbeitung
ist es gelungen, eine Achse zu entwickeln, die unter Nutzung neuer
Werkstoffgenerationen und dem Know-how des Strangpressens ein
um ca. 40 % reduziertes Gewicht aufwies. Diese Achse wurde über
mehrere Generationen von Prototypen unter Berücksichtigung der
geforderten Serienansprüche entwickelt. Das ungünstige Verhältnis
von Kosten gegenüber Gewichtsvorteilen ließ bis heute einen Serien-
einsatz noch offen.
Leichtbauwerkstoffe und Fertigungstechnologien bei der Entwicklung von Pkw-Achskomponenten | 25
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 4 |Prinzip des Walzprofilierens
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
26 | Leichtbauwerkstoffe und Fertigungstechnologien bei der Entwicklung von Pkw-Achskomponenten
derungen der OEMs (Original Equipment Manufacturers) zu erfüllen.
Dies gelingt durch die Verfügbarkeit der entsprechenden Entwicklungs-
programme – CAD (Computer Aided Design) bzw. FEM (Finite-Elemente-
Methode – die Erfahrungen in der Prozesskette hinsichtlich der Press-
werkzeug-Konstruktion und Herstellung sowie die Erfahrung in den
verwendbaren Fügeverfahren. Bedeutsam sind dabei die Herstellpro-
zesse mit größtmöglicher Automatisierung und der Ausrichtung zum
Null-Fehler-Programm. Vor der Verwendung neuer Werkstoffe stehen
gemeinsame Entwicklungsprogramme zwischen den Entwicklungs-
abteilungen der Stahlerzeuger und -verarbeiter.
Fazit
Auch bei der Entwicklung von Fahrwerkskomponenten ist ein direkter
Wettbewerb zwischen den Werkstoffen Stahl und Aluminium zu ver-
zeichnen. Das Design der Komponenten muss die speziellen Eigen-
schaften und Verarbeitungsprinzipien bestmöglich berücksichtigen,
anderenfalls schlägt ein Austausch von Werkstoffen fehl. Durch die
Möglichkeit des Einsatzes höherfester Werkstoffe ist momentan eine
Tendenz hin zu Stahlwerkstoffen zu beobachten. Das Potenzial ist
jedoch nur dann nutzbar, wenn die besten Herstellprozesse genutzt
werden und diese einer gezielten Optimierung unterzogen werden.
Bild 5 |Halbe Verbundlenkerachse mit Torsionsprofil, Ansicht von oben (links) und unten (rechts)
Bild 6 |Halbe Verbundlenkerachse aus Aluminium, Ansicht von oben (links) und unten (rechts)
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Leichtbauwerkstoffe und Fertigungstechnologien bei der Entwicklung von Pkw-Achskomponenten | 27
Bild 7 |Querschnitt des Aluminium-Torsionsprofiles
Bild 8 |Mehrlenker-Hinterachskomponenten: Federlenker (links oben), Querlenker (Mitte unten), Schwertlenker (rechts oben)
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
28 |
Gewichtsreduzierung durch
hochbeanspruchte Rohrstabilisatoren
DR. RER. NAT. LUTZ MANKE Leiter Vorentwicklung | ThyssenKrupp Federn, Hagen
DIPL.-ING. HANS DZIEMBALLA Leiter Forschung & Entwicklung | ThyssenKrupp Federn, Hagen
|Hochbeanspruchter Rohrstabilisator mit inkonstantem Querschnitt
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Einleitung
Stabilisatoren in Kraftfahrzeugen haben die Aufgabe, die Seitenneigung
bei Kurvenfahrten zu verringern. Die Seitenneigung beeinflusst durch
die auftretende Radlastverlagerung und die Änderung des Sturzwinkels
entscheidend das Lenkverhalten, das durch die Auslegung der Stabi-
lisierung gezielt in Richtung Unter- bzw. Übersteuern eingestellt werden
kann. Stabilisatoren erhöhen somit den Fahrkomfort und in erheblichem
Maße die Fahrsicherheit.
Stabilisatoren für Fahrwerke von Kraftfahrzeugen sind im Allge-
meinen U-förmig gebogene Stäbe aus Federstahl mit Kreis- bzw.
Kreisringquerschnitt und stellen damit einen Bügel mit Rücken und
Schenkeln dar. In der Regel liegen die Stabilisatoren nicht in einer
Ebene, sondern sind – zum Zweck der Umgehung anderer Fahrwerks-
teile – räumlich auf zum Teil abenteuerliche Weise gebogen, abge-
winkelt und verkröpft angeordnet | Bild 1 |.
Wirkungsweise von Stabilisatoren
Als federnde Bestandteile des Fahrwerkes sind Stabilisatoren Binde-
glieder zwischen Achse und Aufbau sowie zwischen den Rädern einer
Achse. Die Lage der Stabilisatoren wird so gewählt, dass die Rollfede-
rung sich verhärtet – die Drehung des Aufbaus um die Fahrzeuglängs-
achse wird erschwert – ohne gleichzeitig die Hubfederung, d.h. die
Bewegung des Aufbaus in Richtung der Hochachse, zu behindern. Zu
diesem Zweck wird der Stabilisator in der Achse so angeordnet, dass
der Rücken etwa in der Höhe der Radmitten quer zur Fahrtrichtung zu
liegen kommt.
Die Rückenlager des Stabilisators stützen sich am Aufbau ab, wäh-
rend die Schenkel direkt am Federbein oder an den Querlenkern an-
gelenkt werden. Damit tragen Stabilisatoren nicht zur statischen
Abstützung des Aufbaugewichtes gegen die Achse bei und bleiben bei
gleichseitiger Ein- bzw. Ausfederung unbelastet. Wenn der Aufbau
sich durch Fliehkräfte, die in Fahrzeugquerrichtung wirksam werden,
neigt, kommt es zur so genannten wechselseitigen Federung. Das
bedeutet, dass das kurvenäußere Rad einfedert und das kurveninnere
Rad ausfedert. Hierdurch werden die Stabilisatorenschenkel gegen-
sinnig ausgelenkt und der Rücken wird verdrillt.
Die Aufbauneigung bei Kurvenfahrten könnte auch durch die Wahl
einer härteren Hubfederung verringert werden, die sich aber negativ
auf den Fahrkomfort auswirken würde. Somit tragen Stabilisatoren
erheblich zur Komfortverbesserung von Kraftfahrzeugen bei. Die Ab-
stimmung zwischen Hub- und Rollfederung auf der einen sowie der
Stabilisierung von Vorder- und Hinterachse auf der anderen Seite hängt
von der jeweiligen Philosophie des Fahrzeugherstellers ab.
Dimensionierung
Das Pkw-Leergewicht hat im Laufe der Jahre durch gestiegene Anfor-
derungen bzgl. Sicherheits- und Komfortausstattung kontinuierlich
zugenommen | Bild 2 |. Um diesem Trend entgegenzuwirken, wurden
Bauteile mit erheblichem Gewichtseinsparungspotenzial identifiziert.
Die Betrachtung der Beanspruchung von Stabilisatoren zeigt, dass die
max. Beanspruchung an den Außenrändern der Durchmesser vorliegt.
Nach innen nimmt die Beanspruchung bis zur neutralen Phase auf
eine Mittelspannung von σvm
= 0 ab. Theoretisch könnte der Massiv-
stabilisator ausgehöhlt werden, ohne die Funktion zu beeinträchtigen.
In der Praxis stößt man auf Restriktionen, die nachfolgend näher be-
trachtet werden.
Gewichtsreduzierung durch hochbeanspruchte Rohrstabilisatoren | 29
Stabilisator
Stabilisator
Bild 1 |Vorderachse (links) und Hinterachse (rechts) mit Stabilisatoren
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
30 | Gewichtsreduzierung durch hochbeanspruchte Rohrstabilisatoren
Die erforderliche Wankstabilisierung ergibt sich aus der maximal
zulässigen Aufbauneigung, der Kontur des Stabilisators und dessen
Anlenkungspunkten. Weder die Kontur noch die Anlenkungspunkte
eines Stabilisators können verändert werden, somit lässt sich das
Bauteilgewicht lediglich über den Werkstoff (Gleitmodul G) oder hohle
Halbzeuge, wie z.B. Rohre, manipulieren. Da die spezifizierte Lebens-
dauer ebenfalls einzuhalten ist, müssen die Beanspruchungsgrenzen
beachtet werden.
Theoretisch treten die höchsten Beanspruchungen in den Rücken-
lagern von Stabilisatoren auf. Bei massiven Stabilisatoren stimmen
Theorie und Praxis überein. Rohre neigen beim Ausbiegen durch
Streckung der Außenfasern und Stauchung der Innenfasern zur Aus-
bildung von ovalen Querschnitten. Diese ovalen Querschnitte führen
im Bereich der Biegeradien zu einer Erhöhung der Beanspruchung.
Um eine plastische Verformung des Stabilisators durch die auftretende
Beanspruchung und eine daraus folgende Neigung des Fahrzeuges
zu verhindern, muss die maximale Vergleichsspannung σv
max
unter-
halb der Dehngrenze R
p0,2
des verwendeten Werkstoffes liegen. Die
Dehngrenze hängt von der jeweiligen Zugfestigkeit R
m
ab.
Bei der Auslegung von Rohrstabilisatoren muss darauf geachtet
werden, dass eine Gewichtsreduzierung nicht auf Kosten der Bauteil-
steifigkeit erfolgt, die sich überschlägig nach der Gleichung
R = G
mod
x J x
1
η (R = Steifigkeit, G
mod
= Gleitmodul, J = Flächen-
trägheitsmoment, η = Geometriematrix)
Bild 3 |FEM-Berechnung eines RohrstabilisatorsBild 2 |
Entwicklung der Fahrzeuggewichte
125
120
115
110
105
100
1978
Leergewicht
[
%
]
1980 1985 1990 1995
2002
700
640
580
520
460
400
340
280
220
160
10
40
[MPa]
Fahrzeuggewichte
berechnen lässt. Weiterhin ist wichtig, dass die angestrebte Gewichts-
reduzierung nicht größer als 40 bis 45 % des Gewichtes eines vergleich-
baren Massivstabilisators beträgt. Darüber hinausgehende Gewichts-
einsparungen führen zu nicht mehr akzeptablen Wandstärken und somit
zu zusätzlichen Beanspruchungen, die durch Verwölbungen des Rohres
hervorgerufen werden. Diese Wölbspannungen wirken sich äußerst
negativ auf die Bauteillebensdauer aus. Die Außen- und Innendurch-
messer lassen sich nach den folgenden Gleichungen berechnen:
d
i,Rohr
= d
massiv
x √
1-k
2
2k
und d
a,Rohr
= d
massiv
x √
1+k
2
2k
(d
i,a,Rohr
= Innen- bzw. Außendurchmesser des Rohres, d
massiv
= Durch-
messer des Massivstabilisators; k = Gewichtsanteil des Rohres z.B.
k = 0,6). Zusätzlich ist beim Einsatz von Rohren zu berücksichtigen,
dass die innere Oberfläche nur bedingt bearbeitet und gegen Korrosion
geschützt werden kann.
Ergibt die FEM(Finite-Elemente-Methode)-Berechnung | Bild 3 |
eine Überschreitung der zulässigen Beanspruchung, so muss der
kritische Bereich ohne Änderung der Steifigkeit (Rate) des Stabilisators
entlastet werden. Aufgrund der Abnahme der Biegespannungen im
Rückenbereich zwischen den Lagerstellen bietet sich an, Steifigkeit
aus dem Rücken in den spannungsmäßig kritischen Bereich zu ver-
lagern. Die Reduzierung des Querschnittes zwischen den Rückenlagern
kann durch mechanische Bearbeitung oder durch gezielte Material-
verdrängung, wie z.B. durch einen Hämmerprozess, erfolgen. Hierbei
ist zu beachten, dass sowohl der Durchmesser als auch die Wandstärke
reduziert werden.
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Gewichtsreduzierung durch hochbeanspruchte Rohrstabilisatoren | 31
Bild 4 |Anlasskurven des Werkstoffs 34MnB5; aufgekohlt/nicht aufgekohlt
Bild 5 |Eigenspannungsprofile nach dem Kugelstrahlen
0,10,05
Eigenspannungsprofil Außenstrahlen
0,150
Eigenspannung [MPa ]
Tiefe [mm]
0,10,05 0,150
Eigenspannung [MPa ]
Eigenspannungsprofil Innenstrahlen
aufgekohlt
nicht aufgekohlt
Anlasstemperatur [ °C ]
Festigkeit [MPa]
0
-100
-200
-300
-400
-500
-600
-700
-800
-900
-1.000
0
-100
-200
-300
-400
-500
-600
-700
-800
-900
-1.000
1.900
1.800
1.700
1.600
1.500
1.400
1.300
180 220 260 300 340 380
Tiefe [mm]
Außenbogen
Außenbogen
Innenbogen
Werkstoff 34MnB5
Innenbogen
Außenbogen
Außenbogen
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
32 | Gewichtsreduzierung durch hochbeanspruchte Rohrstabilisatoren
Bild 7 |Prozess hochbeanspruchte Rohrstabilisatoren
2. Kneten und Prüfen 3. Biegen 4. Härten und Anlassen
5. Innenstrahlen6. Plätten und Lochen7. Außenstrahlen8. Lackieren
Transportwege
1. Aufkohlen
Wareneingang
und -ausgang
Bild 6 |Prozess konventionelle Stabilisatoren
1. Endbearbeitung2. Erwärmen 3. Biegen
Transportwege
2. Erwärmen 3. Biegen 4. Härten und Anlassen
5. Innenstrahlen7. Aussenstrahlen7. Lackieren
Transportwege
1. Endbearbeitung
Wareneingang
und -ausgang
6. Strahlen 5. Richten
Werkstoffauswahl
Massivstabilisatoren werden aus Vergütungsstählen entsprechend
DIN 17200 und 17221 hergestellt. Für Rohrstabilisatoren verwendet
man vorwiegend mikrolegierte Stähle wie z.B. 26MnB5 und 34MnB5,
die sowohl warm als auch kalt verarbeitet werden können.
Die maximal zulässige Festigkeit und somit die Beanspruchung
wird in erster Näherung durch den Kohlenstoffgehalt bestimmt. Bei
geschweißten Rohren wird der maximale Kohlenstoffgehalt durch den
Schweißprozess limitiert. Ist der Kohlenstoffgehalt einer Legierung
nicht ausreichend um eine gewünschte Festigkeit einstellen zu können,
muss der Stabilisatorfertigung ein Aufkohlprozess des Rohrhalbzeuges
vorgeschaltet werden | Bild 4 |.
Oberflächenbehandlung und dynamische Beanspruchung
Im Fahrbetrieb sind Stabilisatoren einer Wechselbeanspruchung, d.h.
einer dynamischen Beanspruchung mit der Mittelspannung σvm
= 0
ausgesetzt. Deshalb werden Stabilisatoren zur Lebensdauersteigerung
nicht in Arbeitsrichtung vorgesetzt. Die Lebensdauer von Massivstabili-
satoren lässt sich durch spanende Bearbeitung und durch Kugelstrahlen
steigern, wohingegen sich die Lebensdauer von Rohrstabilisatoren nur
durch das Kugelstrahlen der Außenoberfläche verbessern lässt. Bei
vorzeitigen Ausfällen und Bruchausgängen von der Innenoberfläche
des Stabilisators, können die kritischen Bereiche von innen gestrahlt
werden. Durch das Kugelstrahlen werden in der oberflächennahen
Außenrandschicht des Stabes Druckeigenspannungen in der Größen-
ordnung von 800 bis 900 MPa erzeugt | Bild 5 |, die bei Belastung des
Stabilisators im Fahrbetrieb erst überschritten werden müssen, bevor
Zugspannungen, die zu Dauerbruchanrissen führen können, wirksam
werden. Es muss daher besonders darauf geachtet werden, dass
der Kugelstrahleffekt an den Stellen am größten ist, an denen die Ver-
gleichsspannung ihr Maximum erreicht, also auf der Ober- und Unter-
seite des Stabilisators im Bereich der Krümmung zwischen Rücken
und Schenkeln sowie an den Lagerstellen. Die durch das Innenstrahlen
induzierten Druckeigenspannungen sind verfahrensbedingt wesent-
lich geringer. Sie liegen in einem Bereich von 400 bis 500 MPa.
Herstellung
Bei Massivstäben erfolgt im 1. Schritt das Ausformen der Enden. An-
schließend werden die Stäbe in geeigneten Gasöfen oder durch
konduktives Erwärmen austenitisiert. Das Ausbiegen erfolgt im aus-
tenitisierten Zustand in Biegemaschinen mit direkter Härtung in Öl und
einem Anlassen auf die vorgeschriebene Festigkeit. Nach der Wärme-
behandlung erfolgt ggf. ein Richtvorgang, dem sich das Kugelstrahlen
anschließt. Falls erforderlich, werden anschließend Fixierringe aufge-
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Gewichtsreduzierung durch hochbeanspruchte Rohrstabilisatoren | 33
spritzt oder aufgesteckt. Danach erfolgt die Lackierung | Bild 6 |. Wenn
Massivstabilisatoren alternativ aus vorvergütetem Material hergestellt
werden, findet das Ausbiegen auf CNC-Biegeautomaten statt.
Hochbeanspruchte Rohrstabilisatoren werden grundsätzlich auf CNC-
Biegeautomaten ausgebogen. Falls erforderlich, wird das Halbzeug
vor dem Ausbiegen aufgekohlt. Das Härten und Vergüten erfolgt unter
Schutzgasatmosphäre. Anschließend werden die Enden geformt. Sollte
ein Innenstrahlen spezifiziert sein, findet dieses vor dem Endenformen
statt. Bei der Herstellung von Rohrstabilisatoren sollte auf das Richten
verzichtet werden. Dem Formen der Enden schließt sich das Außen-
strahlen mit abschließender Lackierung an. Falls erforderlich, werden
Fixierringe aufgespritzt oder aufgesteckt | Bild 7 |.
Lebensdauerprüfung
Die Überprüfung der Lebensdauer von Stabilisatoren erfolgt üblicher-
weise durch Einstufenschwingversuche, wobei beachtet werden muss,
dass die Prüfstände | Bild 8 | mit einer Kraftüberprüfung ausgestattet
sind. Rohrstabilisatoren versagen „gutmütig“. Dies bedeutet, dass die
Rohre aufspleißen und somit an Steifigkeit und Kraft verlieren. Bei
einer reinen Wegsteuerung würde diese Erscheinung nicht festgestellt.
Während der Entwicklung der hochbeanspruchten Rohrstabilisatoren
mussten einige Entwicklungsschleifen | Bild 9 | durchlaufen werden,
da die Technologien, wie das Aufkohlen, das Innenstrahlen und die
Schutzgasvergütung, für dieses Produkt erarbeitet werden mussten.
Zusammenfassung und Ausblick
Durch die Entwicklung hochbeanspruchter Rohrstabilisatoren wird das
Bauteilgewicht um ca. 45 % reduziert. Da Fahrzeuge durch höhere
Sicherheits- und Komfortausstattungen immer schwerer werden, wird
sich der Trend hin zu Stabilisatoren auf Rohrbasis fortsetzen. Im Ge-
schäftsjahr 2003/2004 betrug der Anteil an Rohrstabilisatoren bezogen
auf die Gesamtfertigung ca. 11 %. Im Geschäftsjahr 2004/2005 wird
der Anteil bereits auf 21 % prognostiziert.
Bild 8 |Lebensdauerprüfstand Bild 9 |
Bauteillebensdauer während der Entwicklungsschleifen
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
30.000
Entwicklungsschritte
60.000
90.000 120.000
150.0000
Lebensdauer
(
Lastwechsel
)
180.000
Bauteillebensdauer
Ziel
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
34 |
|Aktiver Stoßdämpfer DampTronic
®
in Leichtbauweise
DIPL.-ING. RALF KUSCHE Teamleiter Serienentwicklung | ThyssenKrupp Bilstein GmbH, Ennepetal
Leichtbau-Stoßdämpfer aus Aluminium
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Leichtbau-Stoßdämpfer aus Aluminium | 35
Einleitung
Im Jahre 1934, in der Ära der Silberpfeile von Daimler Benz, hielt der
Werkstoff Aluminium erstmalig Einzug in die Automobilindustrie. In der
Großserienfertigung findet er derzeit u.a. im Audi A2 Verwendung.
Neben der Karosserie und dem Motor kommen vermehrt andere
Bereiche des Kraftfahrzeuges in den Fokus der Gewichtsreduzierung.
Ein Schritt in diese Richtung ist der Einsatz von Aluminium als Leicht-
metall mit geringerer Dichte im Bereich des Fahrwerkes. Der Alumi-
niumeinsatz trägt zusätzlich dazu bei, den Komfort für die Insassen
zu erhöhen und die Fahrdynamik durch die Reduzierung der ungefeder-
ten Massen zu optimieren.
1-Rohr-Stoßdämpfer in Aluminiumbauweise
Bereits seit mehreren Jahren setzt ThyssenKrupp Bilstein Aluminium
als Leichtbaumaterial für Stoßdämpfer in Exklusivfahrzeugen ein. Für
den Stoßdämpferbau wurden standardmäßig kaltfließgepresste Alu-
miniumrohre | Bild 1 | verwendet. Nachteil dieser Konstruktion ist
die eingeschränkte Variabilität der unteren Anbindung, die mit diesem
Verfahren nur als Aufnahme für Gelenklager oder Buchsen ausge-
führt werden kann. Kundenanforderungen für andere Aufnahmen, wie
z.B. Gabelbefestigungen, wurden bislang in Stahlbauweise realisiert.
Speziell für einen Großserienhersteller wurde bei ThyssenKrupp
Bilstein erstmals eine Aluminium-Rohrkörperbaugruppe für einen
1-Rohr-Stoßdämpfer entwickelt, die die Anforderungen des Stahl-
dämpferrohres erfüllt, eine entsprechende Gabelanbindung vorsieht
und gleichzeitig das Gewicht der Rohrkörperbaugruppe um mindestens
40 % reduziert. Gleichzeitig sollten die Mehrkosten, die eine Substitu-
tion von Stahl durch Aluminium mit sich bringt, möglichst gering
gehalten werden.
Folgende Anforderungen werden an die Rohrkörperbaugruppe
gestellt:
Gasdichtheit des Rohrkörpers bis 100 bar Innendruck,
hohe Oberflächengüte und Verschleißfestigkeit im Innenraum zum
Zwecke der Dichtigkeit im Trennbereich der beiden Arbeitsräume
durch den Arbeitskolben sowie der Trennung des Gas- und Ölrau
mes durch einen Kolben,
Abstützen der aus dem Fahrwerk eingeleiteten Kräfte und
dauerhaltbare Verbindung zwischen Rohr und Befestigungselement.
Im Hinblick auf Konstruktion, aber auch insbesondere im Hinblick auf
den zu verwendenden Fertigungsprozess ist eine 1:1-Substitution der
Stahlkonstruktion durch den Aluminiumwerkstoff nicht zielführend.
Schon aufgrund der unterschiedlichen Materialkennwerte von Stahl-
und Aluminiumlegierungen ergeben sich zwangsläufig konstruktions-
bedingte Änderungen. Daher ist es unerlässlich, schon während der
Konzeptphase die Konstruktion optimal dem Werkstoff Aluminium
anzupassen. Ein wesentliches Werkzeug zur Zielerreichung hinsichtlich
optimalem Gewicht und Dauerhaltbarkeit ist die Anwendung von
CAE(Computer Aided Engineering)-Systemen. Insbesondere durch
den Einsatz der Finite-Elemente-Methode (FEM) konnte das Design
bereits in einem frühen Entwicklungsstadium vor der Herstellung erster
Prototypenwerkzeuge optimiert werden. Dieses trug maßgeblich zur
Senkung der Entwicklungskosten bei.
Bild 1 |Aus Vollmaterial kaltfließgepresstes Aluminiumrohr
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
36 | Leichtbau-Stoßdämpfer aus Aluminium
| Bild 2 | zeigt die Anfangskonstruktion mit einer stranggepressten
Gabel und ein im Warmumformverfahren hergestelltes Aluminium-
behälterrohr, welches mittels Schweißnaht im Bereich des Rohrboden-
zapfens miteinander verschweißt wird. Zum Einsatz kommt, wie auch
schon bei den früheren Anwendungen, der Werkstoff AlMgSi1. Im
Bereich der Kontaktstellen ergeben sich bei dem gerechneten Belas-
tungsfall Spannungen bis ca. σ = 140 MPa, welche nahe der kritischen
Streckgrenze von Aluminium (R
p0,2
= 180-200 Mpa) liegen. Diese
resultieren aus der Einleitung hoher Biegemomente im Bereich des
Rohr-Zapfenansatzes.
Ein erster Iterationsschritt zur Verbesserung der Bauteilstruktur
bestand in dem Einbringen einer zusätzlichen Schweißnaht im Außen-
bereich zwischen Gabel und Rohr. Die maximale Spannung im Bereich
des Rohrzapfens konnte deutlich verringert werden, jedoch wurde
durch die zusätzliche Schweißnaht der kritische Bereich in den Über-
gang Rohrboden/Rohrwand verlegt. Im nächsten Iterationsschritt
wurde das Gabeldesign soweit umkonstruiert, dass ein möglichst
geradliniger Kraftübergang von der Gabel zum Rohr ermöglicht wurde
| Bild 3 |. Die Spannungen im Bauteil wurden um ca. 70 % reduziert
und liegen bei diesem Belastungsfall bei ca. σ = 45 MPa. Die im
Schmiedeverfahren hergestellte Gabelkonstruktion bedingte jedoch
auch die Umkonstruktion des Rohres und die Wahl eines anderen
Schweißverfahrens. Bei dieser favorisierten Lösung wird die Gabel
derart ausgebildet, dass mittels Reibschweißverfahren ein abgelängtes
Aluminiumrohr stumpf auf die Gabel geschweißt wird. Das Reib-
schweißverfahren gilt in der Automobilindustrie als freigegebenes
Verfahren für sicherheitsrelevante Bauteile und wird bei Aluminium-
rädern angewandt.
In Absprache mit den Schweißfachingenieuren wurden die Kontakt-
flächen zwischen Gabel und Rohr sowie die Gabelaußenkontur zur
Werkstückaufnahme in den Schweißanlagen optimiert. Auf Basis der
Ergebnisse aus den FEM-Berechungen wurden erstmalig Bauteile aus
Prototypenwerkzeugen für die Erprobung hergestellt. | Bild 4 | zeigt
die Ausbildung der Schweißnaht. Eine Entfernung der Schweißwülste
ist nicht zwingend notwendig, wenn diese im Inneren des Rohres nicht
in dem Bereich der Gleitbahn des Trennkolbens liegen.
Um die geforderte Verschleißfestigkeit des Aluminiumrohres im
Innenbereich, d.h. die Lauffläche von Arbeitskolben und Trennkolben,
sowie einen Schutz gegen Korrosion zu gewährleisten, werden die
Bild 2 |Al-Schweißkonstruktion Gabel/warmumgeformtes Rohr Bild 3 |
Optimiertes Gabeldesign
131,853
118,913
105,974
93,034
80,094
67,154
54,214
41,275
28,335
15,395
2,455
z
x
Spannung [MPa]
131.853
118.913
105.974
93.034
80.094
67.154
54.214
41.275
28.335
15.395
2.455
Spannung [MPa]
Gabel
Al-Behälterrohr
Gabel
Al-Behälterrohr
41,993
37,983
33,973
29,964
25,954
21,945
17,935
13,925
9,916
5,906
1,897
∆
∆
z
x
∆
∆
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Aluminiumrohre hartanodisiert. Dieses Verfahren wird insbesondere
für technisch stark beanspruchte Teile verwendet. Beim Hartanodi-
sieren findet eine chemische Umwandlung der ursprünglichen Alumi-
niumoberfläche statt. Dies geschieht durch Aufnahme von atomarem
Sauerstoff, der an der Anode gebildet wird, mit dem Aluminium
reagiert und sich zu Aluminiumoxid (Al
2
O
3
) auf der Metalloberfläche
verankert. Hartanodisieren bildet Schichten mit deutlich geringeren
Porendurchmessern im Gegensatz zu herkömmlichen Eloxierschichten,
die Porengrößen von bis zu 0,02 µm aufweisen. Darüber hinaus lässt
sich eine größere Härte in das Material einbringen. Bei der Auslegung
des Rohrrohteils ist darauf zu achten, dass bei dem Hartanodisieren
die Hartoxidschicht bei Ihrer Entstehung um ca. 50 % in die ursprüng-
liche Metalloberfläche hinein- und um ca. 50 % über die ursprüngliche
Metalloberfläche hinauswächst. Die üblicherweise aufgebrachten
Schichtstärken betragen etwa 30-35 µm, um den Dauerhaltbarkeits-
anforderungen der Automobilindustrie gerecht zu werden.
Zur bauteilspezifischen Erprobung zählte neben statischen und
dynamischen Belastungsuntersuchungen auf dem Prüfstand auch
die Erprobung im Fahrzeug unter extremen Bedingungen. Alle diese
Prüfungen wurden im ersten Entwicklungsschritt positiv abgeschlossen.
Somit stand einer Serienbeauftragung mit diesem Design nichts im
Wege | Bild 5 |. Im Gegensatz zu einer entsprechenden Stahlkonstruk-
tion konnte eine Gewichtsreduzierung von ca. 48 % realisiert werden.
Fazit
Durch den Einsatz von Leichtmetallen im Stoßdämpferbau können
entscheidende Gewichtsreduzierungen realisiert werden. Neben
einzelnen Bauteilen in Leichtbauweise trägt eine Rohrkörperbau-
gruppe in Leichtbauweise zur größten Gewichtsreduzierung bei. Bei
ThyssenKrupp Bilstein wurde erstmalig eine komplette Aluminium-
baugruppe bestehend aus Gabel und abgelängtem Rohr mittels Reib-
schweißverfahren gasdicht verschweißt.
Neben dem Einsatz im konventionellen Stoßdämpfersektor kommt
diese Leichtbauweise auch bei den elektronischen Verstelldämpfern
zum Einsatz. Damit steht den Automobilherstellern ein exklusives
Produkt zur Verfügung, welches ein agiles und sportliches, aber auch
komfortables Fahrverhalten mit reichlich Bodenhaftung ermöglicht.
Leichtbau-Stoßdämpfer aus Aluminium | 37
Bild 4 |Ausbildung der Schweißnaht Bild 5 |
Seriendesign Rohrkörperbaugruppe
Produkt- und Prozess-Engineering im Fokus
des Leichtbaus
38 |
|Lamborghini Gallardo in Aluminium-Space-Frame-Bauweise
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
DIPL.-ING. ULRICH HOCHER Geschäftsführer | ThyssenKrupp Drauz, Heilbronn
DIPL.-ING. MICHAEL HAGE Leiter Entwicklung u. Konstruktion | ThyssenKrupp Drauz, Heilbronn
DIPL.-ING. (FH) THOMAS KELLER Projektplanung | ThyssenKrupp Drauz, Heilbronn
Einleitung
Die Entwicklungsvorgaben an moderne Karosseriestrukturen sind
geprägt von Designansprüchen sowie dem Zielkonflikt zwischen
Gewichts- und Festigkeitsoptimierung. Im Mittelpunkt der Entwicklung
einer Karosseriestruktur steht neben der Umsetzung des Designs die
Aufgabe, die Balance zwischen einem minimalen Einsatzgewicht der
Bauteile und den zu erzielenden Festigkeiten zu finden. Ist die optimale
Balance erreicht, gelten die Ziele des Leichtbaus als erfüllt.
Karosseriebauweisen
Im Karosseriebau werden drei Strukturkonzepte unterschieden:
Schalenbauweise,
Space-Frame-Bauweise und
Hybridbauweise.
¡Schalenbauweise
Hierbei handelt es sich um die Umformung von Stahlblechplatinen zu
Strukturelementen, die mit einem weiteren Strukturelement zu einem
geschlossenen Querschnitt zusammengefügt werden. Diese geschlos-
senen Querschnitte stellen im Wesentlichen die tragende Struktur der
Karosserie dar. Idealerweise können in einigen Bereichen Rohre ein-
gesetzt werden, nachdem diese umformtechnisch der Karosserie-
struktur angepasst wurden. Ihr Anteil beträgt 5 %, wohingegen umge-
formte Bleche zu 95 % eingesetzt werden. Konzeptstudien zeigen,
dass hier zukünftig ein weitaus größerer Anteil an Rohren realisierbar
sein wird. Gewichtspotenziale lassen sich durch den Einsatz innovativer
Materialien wie hoch- und höchstfeste Stähle, Tailored Blanks und
Tailored Tubes sowie Sandwich-Materialien erzielen, um nur einige
zu nennen.
¡Space-Frame-Bauweise
In modernen Karosseriestrukturen finden darüber hinaus Aluminium-
Werkstoffe, die eine grundsätzlich veränderte Konzeption ermöglichen,
Verwendung. Eine Aluminiumstruktur besteht zu 10-15 % aus Guss-
bauteilen, zu 20-30 % aus Strangpressprofilen und zu 60-70 % aus
Umformblechen. Da eine Aluminium-Leichtbaukonstruktion im Ver-
gleich zur Schalenbauweise den Einsatz anderer Halbzeuge ermöglicht,
unterliegt sie auch anderen Gesetzmäßigkeiten.
¡Hybrid-Bauweise
Bei der Hybrid-Bauweise werden Schalen- und Space-Frame-Bauweise
gleichzeitig innerhalb einer Karosseriestruktur angewandt, indem
Guss-, Strang- oder Blechbauteile als Baugruppen oder Einzelkom-
ponenten in die Karosseriestruktur integriert werden.
Tendenzen der Leichtbaugestaltung
¡Gussbauteile
Gussbauteile können so gestaltet werden, dass eine den Kraft- und
Momentenverläufen angepasste Bauteilgeometrie entsteht, wodurch
Spannungskonzentrationen vermieden werden. Durch eine gezielt aus-
gelegte Bauteilgeometrie werden bei einem multifunktionalen Gussteil
| Bild 1 | mehrere Befestigungsfunktionen angebundener Montageteile
integriert, sodass zusätzliche Adapterbleche entfallen können.
¡Strangpressprofile
Strangpressprofile sind gerade oder gebogen einsetzbar und können
in beinahe jeder beliebigen Querschnittsform hergestellt werden, da-
durch liefern Sie bereits einen festigkeitsoptimierten geschlossenen
Querschnitt als Einzelteil. Darüber hinaus kann der Querschnitt durch
moderne Innenhochdruck-Umformverfahren (IHU) | Bild 2 | den unter-
schiedlichen Belastungssituationen an verschiedenen Stellen optimal
angepasst werden.
¡Aluminiumbleche
Bei Aluminiumblechen erfordern die werkstoffspezifischen Eigen-
schaften, speziell die geringere Dichte und der geringere Elastizitäts-
modul (E-Modul
Aluminium
= 1/3 x E-Modul
Stahl
), eine Erhöhung der
Materialstärke, um die gleichen Festigkeitswerte wie ein entsprechen-
Produkt- und Prozess-Engineering im Fokus des Leichtbaus | 39
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
40 | Produkt- und Prozess-Engineering im Fokus des Leichtbaus
Bild 2 |Dachrahmen in Strangprofilbauweise mit Querschnittsänderungen
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
C - C
Bild 1 |Space-Frame des Lamborghini Gallardo, Detail: Längsträger Radhaus
Rippen in Kraftrichtung
Integration Zusatzfunktion
Umformbleche
Strangpressprofile
Gussprofile
A - A
B - B
Produkt- und Prozess-Engineering im Fokus des Leichtbaus | 41
¡Stanznieten
Inzwischen hat die Niettechnik im modernen Karosserie-Leichtbau den
Stellenwert des Punktschweißens im traditionellen Stahlkarosserie-
bau erreicht. Das Stanznieten mittels Bügelzangen ist heutzutage
Stand der Technik. Es lässt prozesssichere Verbindungen im Karosserie-
bau zu. Eingeschränkt wird diese Technologie vor allem durch den
Kräfteverlauf und den dadurch erforderlichen stabilen C-Bügel, der
diese Kräfte aufnehmen muss. Die großen und schweren Niet-Zangen
begrenzen die Zugänglichkeit der Verbindungsstellen erheblich. Ins-
besondere bei geometrisch weit ausladenden Verbindungsaufgaben
sind voluminöse Zangen notwendig, die beim Handling die Standard-
roboter an ihre kinematischen Grenzen führen. Die maximal mögliche
C-Bügel-Ausladung liegt bei ca. 600 mm. Nur statisch angebrachte
Zangen können mit ca. 800 mm bis max. 1000 mm Ausladung noch
in der erforderlichen Steifigkeit gebaut werden.
Diese Einschränkungen haben bei ThyssenKrupp Drauz zur Entwick-
lung des neuen Impulsstanznietkopfes „ImpulsDRAUZ“ | Bild 4 | geführt,
der die zuvor beschriebenen Grenzen für robotergeführte Nieteinrich-
tungen aufhebt. Es wurde ein Gerät entwickelt, das den Fügeprozess
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 3 |Schiebetür, links: Stahlbauweise, rechts: Aluminiumbauweise
des Stahlbauteil zu erzielen. Um oben aufgeführte Einzelkomponenten,
wie Blech-, Strang- und Gussbauteile, kraft- und/oder formschlüssig
zu einer Karosseriekomponente zusammenzufügen, sind Weiterent-
wicklungen der Fügetechniken notwendig. Bei der Konstruktion einer
Schiebetür | Bild 3 | mit Hilfe unterschiedlicher Fügetechniken sowie
des Einsatzes von Aluminiumbauteilen konnte eine Gewichtsreduzie-
rung von 30 % erzielt werden. Dies bedeutete für den Kunden eine
spürbare Komforterhöhung beim Öffnen und Schließen der Tür.
Fügetechniken
Der Einsatz unterschiedlichster Halbzeugkombinationen in der Space-
Frame-Konzeption erforderte zwingend die Weiter- und Neuentwicklung
von Fügetechniken. Bei den oben aufgeführten solitären Werkstoff-
konzepten finden vor allem konventionelle thermische, kraft- und form-
schlüssige mechanische Fügeverfahren sowie das Kleben in klassi-
scher als auch in abgewandelter Form Anwendung. Hybride Werk-
stoffkonzepte erfordern allerdings bedingt durch die angesprochenen
Leichtbau-Maximen, d.h. aufgrund der nicht schweißbaren Mischver-
bindungen, verstärkt nicht-thermische Fügeverfahren.
Gewichtspotenzial: 30 %
Umformbleche
Strangpressprofile
Gussprofile
Bild 5 |NietverbindungBild 4 |
Impulsnietsystem „ImpulsDRAUZ”
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
42 | Produkt- und Prozess-Engineering im Fokus des Leichtbaus
nicht wie bisher üblich in einem quasi statischen Vorgang mit hydrau-
lischer oder elektromechanischer Krafterzeugung „langsam“ ablaufen
lässt. Es treibt den Niet im Millisekundenbereich in die Verbindungs-
stelle | Bild 5 |, wobei die Vorrichtung die auftretenden Reaktionskräfte
dosiert abfängt. Der Roboter verfährt bei diesem Prozess lediglich
ein Impulsnietgerät inklusive Nietzuführung mit einem Eigengewicht
von 12-15 kg. Die erforderlichen Matrizen für die zu setzenden Nieten
befinden sich fest und steif angeordnet in der Vorrichtung, d.h. jeder
Nietpunkt hat eine Gegenlage. Die automatische Zuführung des Nietes
erfolgt mittels üblicher Sortierung und Vereinzelung. Mit der Einfüh-
rung des Nietsystems „ImpulsDRAUZ” findet die Stanzniettechnik im
modernen Karosseriebau ein erweitertes Anwendungsgebiet.
¡Kleben
Im Fahrzeug-Leichtbau wird das Kleben außer zur Anbindung von
Kunststoffteilen häufig mit dem Verfahren des Stanznietens kombiniert.
Dies dient im Wesentlichen der Steifigkeitserhöhung, aber auch der
Unterbindung der elektrochemischen Korrosion. Ein abgewandeltes
Verfahren stellt das so genannte Klebstoff-Finish dar. Hier werden
durch das Design vorgegebene, sichtbare und im Außenhautbereich
liegende Fügestellen derart egalisiert, dass bespielsweise ein aus
mehreren Bauteilen zusammengefügtes Aluminium-Bauteil einteilig
und somit anmutender erscheint. Grundsätzlich unterscheidet man:
Festigkeitskleber,
Stützkleber,
Klebstoff-Finish,
Abdichtungskleber und
Scheibenkleber.
Das Kleben ist jedoch in der Serienfertigung der Karosserie nur be-
grenzt einsetzbar, da verfahrensspezifische Größen wie das Aufbringen,
die Offenhaltezeit und die Aushärtezeit des Klebstoffes berücksichtigt
werden müssen. Die damit verbundenen Eigenschaften verhindern
vor allem den solitären Einsatz an Verbindungsstellen, die während
des Gesamtprozesses der Montage beeinflusst werden könnten (z.B.
Anlagendynamik, fehlende Stabilität in der weiteren Fügefolge).
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Laserschweißen
Mit dem Einsatz des Laserschweißens besteht die Möglichkeit, weitere
Gewichtspotenziale durch Reduzierung der Flanschbreite der zu ver-
bindenden Bauteile zu erschließen. Da ein von ThyssenKrupp Drauz
entwickelter Laserschweißkopf verglichen mit dem Widerstandspunkt-
schweißen und dem Stanznieten einen wesentlich geringeren Füge-
stellenbauraum benötigt, ist eine Verringerung der Flanschgeometrie
bis zu 40 % möglich. Zur Erzielung qualitativ hochwertiger Schweiß-
nähte ist es dabei unerlässlich, dass zwischen den zu fügenden be-
schichteten Blechen ein definierter Entgasungsspalt vorhanden ist.
Der neu entwickelte Laserschweißkopf bietet die Möglichkeit, das
exakte örtliche Spannen der Bauteile an der Fügestelle, aber auch
die definierte prozessparallele Entgasung zu sichern. Damit können
an beschichteten Blechen Schweißnähte ohne Porenbildung und
Schmelzauswurf realisiert werden. Der von ThyssenKrupp Drauz ent-
wickelte Laserschweißkopf ist sowohl bei Stahl als auch bei Alumi-
nium einsatzfähig.
Produkt- und Prozess-Engineering im Fokus des Leichtbaus | 43
Bild 6 |Aluminium-Vorderbau des BMW E60, grau: Aluminium, blau: Stahl
Trends im Fokus des Leichtbaus
Aus Sicht technischer und wirtschaftlicher Erwägungen wird künftig
die reine Schalen- bzw. Space-Frame-Bauweise zunehmend durch
eine Mischbauweise (Hybrid-Bauweise) ersetzt. Die Weiterentwicklung
moderner Fügeverfahren sowie Klebemöglichkeiten zur Korrosions-
unterbindung unterstützen das Verbinden verschiedener Materialien
in immer umfangreicherem Maße.
Vor diesem Hintergrund wurde beispielsweise für die Rohkarosserie
des BMW E60 | Bild 6 | ein hybrides Werkstoffleichtbaukonzept in
Serie umgesetzt. Um der Balance aus Gewicht, Festigkeit und Kosten
zu genügen, wurde hier ausschließlich der Vorderwagen in Aluminium-
bauweise gefertigt.
Um den Vorteilen des Leichtbaus besser gerecht werden zu kön-
nen, müssen für die Produkt- und Prozessgestaltung zukünftig noch
differenziertere Randbedingungen gesetzt werden. Wichtig für ein
optimales Ergebnis mit dem Fokus Leichtbau ist, dass sich der Ent-
wickler hinsichtlich der Funktions-, Kosten- und Gewichtsanforde-
rungen optimal positioniert.
Vorderansicht Rückansicht
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
44 |
Verbundplattenbauweise für
Leichtbau-Fahrzeugkonstruktionen
BRUCE N. GREVE (MENG) Manager, Product Technology | ThyssenKrupp Budd Technology and Innovation Center, Auburn Hills/USA
|Zielanwendungen für Verbundplatten im Autokarosseriebau
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Einführung
Die Herstellung leichterer Automobile bietet die Möglichkeit eines
verringerten Energie- und Materialverbrauches. Die Herausforderung
der Automobilkonstrukteure besteht darin, sicherzustellen, dass die
Anforderungen an Funktion und Leistung bei der Suche nach einer
Leichtbauweise nicht unwissentlich beeinträchtigt werden. Es gibt
prinzipiell zwei Methoden für eine Senkung des Fahrzeuggewichtes:
Änderung der Bauweise und Ersatz von Materialien. In diesem Artikel
werden die potenziellen Vorteile eines Einsatzes von Verbundstoffen
als Ersatz für herkömmlichen Einschichtstahl oder Aluminium in Auto-
karosseriekomponenten geprüft. Beanspruchte Außenflächenverbund-
platten stellen eine der rationellsten Bauweisen hinsichtlich der Steifig-
keit pro Gewichtseinheit dar. Bei Autokarosserien hängt die Auslegung
zumeist eher von Steifigkeitsforderungen als von der Festigkeit ab.
Neben natürlichem Geräuschdämpfungsvermögen und Wärmedäm-
mungseigenschaften bieten Verbundplatten erhebliche Verbesserun-
gen bei der Verringerung des Fahrzeuggewichtes und der Anzahl von
Bauteilen sowie der Rationalisierung des Karosseriemontageverfahrens.
Verbundplatten
Eine konstruktive Verbundplatte ist eine Baugruppe aus einem leichten
Kern zwischen zwei relativ dünnen, starken Stahlblechen | Bild 1 |. Ein
solcher Zusammenbau bietet hohe Festigkeit und Dämmqualitäten
bei geringem Gewicht.
Die Verbundbauweise ist bei richtigem Einsatz ein äußerst wirksames
Verfahren, steife, leichte und wirtschaftliche Strukturen zu erzeugen.
Bei rein seitlicher Belastung oder bei Axialkräften können sie mit be-
währten Formeln entworfen werden. Allerdings wird die Analyse weitaus
komplexer, wenn Biegebelastungen auftreten. Axiale Kräfte werden in
einer strukturellen Verbundplatte durch Verdichtung in den Stahlblechen
aufgefangen, das Kernmaterial stabilisiert dabei gegen ein Abknicken.
Widerstand gegen Biegemomente erfolgt durch ein Kräftepaar in den
Stahlblechen, Scherkräfte leitet der Kern ab. Die gesamte Baugruppe
bildet eine Einheit von überraschender Festigkeit und Steifigkeit bei
äußerst niedrigem Gewicht. Die Wirkung ist in | Bild 2 | ersichtlich. Mit
zunehmender Dicke des Kernmaterials erhöhen sich die Biegefestig-
keit und insbesondere die Steifigkeit. Eine Verdoppelung der Dicke
(bei gleichem Gewicht wie ein Monoschichtmaterial) ergibt eine 6-fache
Erhöhung der Festigkeit und eine 12-fache Erhöhung der Steifigkeit.
Eine erneute Verdoppelung der Dicke bei immer noch gleichem Gewicht
bewirkt eine Festigkeitssteigerung gegenüber der Monoschicht um das
12-fache und die Steifigkeit erhöht sich um das 48-fache der Steifigkeit
eines Nicht-Verbundmaterials.
Konstruktionsingenieure wissen schon lange, dass eine Dicken-
vergrößerung große Zunahmen an Festigkeit und Steifigkeit bewirkt.
Dies ist das Prinzip, das sich Doppel-T-Träger zu Nutze machen. Wie in
| Bild 3 | gezeigt, entsprechen die Außenbleche des Doppel-T-Trägers
den oberen und unteren Decklagen. Zu erkennen ist, dass der Steg
Verbundplattenbauweise für Leichtbau-Fahrzeugkonstruktionen | 45
Bild 1 | Basisverbundplatte Bild 2 | Vergleich der Biegefestigkeit für unterschiedliche Kerndicken
StahlblecheKern
Einfaches Stahlblech (1 t) Verbundplatte (2 t) Verbundplatte (4 t)
1 1 1 1
6
12
1
12
48
Gewicht Festigkeit Biegesteifigkeit
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
46 | Verbundplattenbauweise für Leichtbau-Fahrzeugkonstruktionen
des Doppel-T-Trägers relativ dünn und somit auch leicht ist. Ebenso
sind die Kernmaterialien im Allgemeinen viel leichter als die Außen-
blechmaterialien. Die Zunahme der Steifigkeit bei Doppel-T-Trägern
und Verbundstoffen ist prinzipiell eine Funktion der Distanz zwischen
den Außenblechen und nicht der Beschaffenheit des Steges, voraus-
gesetzt, gewisse umfassende Parameter bleiben erhalten.
Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Doppel-T-Trägern
und Verbundstoffen. Wirkt auf den Verbundstoff eine Kraft in z-Richtung,
so wirkt diese Kraft über die Gesamtoberfläche des Kernes und ver-
ringert somit die Belastung an einem einzelnen Ort. Doppel-T-Träger
sind weitaus weniger in der Lage, Kräfte abzuleiten. Weil sich zudem
die Kraft verteilt, muss das Kernmaterial nicht derart starr oder fest
sein, wie es in einem Doppel-T-Träger notwendig ist. Mit anderen
Worten: Die Mischung aus Deckschichten und Kernmaterial verfügt
bei richtiger Zusammenfügung über eine viel größere Steifigkeit und
Festigkeit als die Materialien für sich. Es handelt sich somit in der Tat
um eine synergistische Hybridstruktur.
Die Konstruktionsfrage ist somit: Welche Materialien sollen für
die Außenbleche zum Einsatz kommen und wie sind Typ und Größe
des Kerns zu gestalten? Angenommen, dass eine Gesamtdicke in
z-Richtung vorgegeben ist, dann verringert eine stärkere Dicke des
Kernmaterials das Gewicht. Im Allgemeinen senkt ein erhöhter Einsatz
von Kernmaterial an Stelle von Deckblech die Kosten, da Kerne üb-
licherweise kostengünstiger als Außenbleche sind, wenn man die
Dicke als Maßstab nimmt. Allerdings führt bei konstanter Gesamtdicke
eine Erhöhung der Kerndicke und Verringerung der Dicke der Außen-
bleche zu geringerer Festigkeit und Steifigkeit in x-y-Richtung. Die
Optimierung dieser Komponentendicken ist eindeutig ein Kompromiss,
der für jede Anwendung erneut zu entscheiden ist.
Stahl-Verbundmaterial
Bisher wurden Verbundstrukturen allgemein und weniger spezifische
Kern- oder Deckschichtmaterialien betrachtet. Einige Kerneigenschaften
sind für das Verhalten der Gesamtverbundstruktur entscheidend, an-
dere Kerneigenschaften sind weniger wichtig, könnten aber Vorteile
bei der Materialauswahl für gewisse Anwendungsfälle bringen. Die
verbreitetsten Kernmaterialien können in vier allgemeine Typen ein-
geteilt werden: Balsaholz, Schaum, Wabenbauweise und stitchge-
schweißte bzw. zusammengepresste Materialien. Innerhalb jeder dieser
Kategorien gibt es bestimmte Typen, die unterschiedliche Eigenschaf-
ten besitzen. Jeder Typ zeichnet sich durch bestimmte Vor- und Nach-
teile aus.
Die Beschaffenheit des Kernes ist wichtig für die Bestimmung der
Bruchfestigkeit der Verbundstruktur. Sicherlich muss das Kernmate-
rial der in z-Richtung wirkenden Kraft standhalten können. Daher ist
es wichtig, dass die Kernmaterialien in z-Richtung fest und steif sind.
Die üblichen Kernmaterialien sind in Steifigkeit und Festigkeit im
Allgemeinen annehmbar, aber ein vernünftiger Konstrukteur würde
Verbundstrukturen für eine Prüfung zusammenstellen und auf die
voraussichtlich größtmögliche Belastung in z-Richtung hin auslegen.
Eine andere wichtige strukturelle Eigenschaft ist die Fähigkeit des
Kernmaterials, Lasten in x- und y-Richtung zu widerstehen. Da die
gesamte Verbundstruktur verklebt ist, bewirken Kräfte aus x- und y-
Richtung im Kern potenzielle Scherkräfte und Ausbeulen. Dies ver-
schlechtert sich mit zunehmender Dicke des Kernmaterials.
Das Kernmaterial muss offensichtlich viele Funktionen erfüllen.
Es gibt strukturelle Anforderungen und eine Vielzahl anderer Eigen-
schaften, die durch die jeweiligen Einsatzbedingungen vorgegeben
sind. Neben den erwähnten Eigenschaften müssen bei der Auswahl
des Kernmaterials die folgenden Umgebungsbedingungen berück-
sichtigt werden:
Wasseraufnahme: Einige Kernmaterialien haben die Neigung,
Wasser zu absorbieren. Ein diesbezügliches Problem ist Wasser-
einschluss, sogar wenn das Kernmaterial selbst kein Wasser ab-
sorbiert. Das Wasser kann das Verhalten durch Gewichtserhöhung
und verminderte Festigkeit ungünstig beeinflussen.
Temperatur: Wärmebedingter zeitlicher Abbau des Kerns ist möglich
und muss bei bei hohen Temperaturen berücksichtigt werden.
Wärmefestigkeit und Zähigkeit sind gleichzeitig schwer zu errei-
chen. Vorteil der meisten Kernmaterialien sind deren Fähigkeit
hinsichtlich der Wärmedämmung. Folglich kommen Verbundstruk-
turen immer dann zum Einsatz, wenn eine thermische Isolierung
erforderlich ist.
Entflammbarkeit: Einige Automobilanwendungen stellen hohe Anfor-
derungen an die Entflammbarkeit. Dazu kommen oft Forderungen
bezüglich Rauchentwicklung und Giftigkeit. Einige Kernmaterialien
sind besonders geeignet, wenn es um Feuerfestigkeit und geringe
Rauchentwicklung geht.
Stahl
Schaumkern
Stahl
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Geräusch- und Schwingungsdämpfung: Die meisten Kernmate-
rialien sind ausgezeichnete Schalldämpfer. Innerhalb der Auto-
mobilwelt sind Lärm und Schwingungen die Hauptprobleme für
Kunden. Verbraucherumfragen ergaben, dass unerwünschter
Motoren- und Straßenlärm die häufigsten Kunden beanstandungen
sind. Da die Leistung eines Motors und die Kundenzufriedenheit
mit der Kraftübertragung einen Großteil der Gesamtzufriedenheit
mit dem Fahrzeug darstellen, sollten Verbesserungen auf diesem
Gebiet Vorrang haben. Die Eigenschwingung des Kernes ist ein
Schlüsselbestandteil bei der Dämpfung von Schwingungen, aber
auch die gesamte Struktur hat Eigenschwingungen die bestimmt
werden müssen. Im Regelfall ist die gesamte Struktur zu testen.
Im Gegensatz zum Kern sind die Auslegungsanforderungen für die
Außenbleche um einiges einfacher. Außer der Korrosionsbeständigkeit
müssen die Bleche über eine hohe Festigkeit verfügen, um die Zug-
und Drucklasten zu bewältigen, die auf sie übertragen werden.
Herstellung von Verbundstrukturen
Die vielen wünschenswerten Eigenschaften von Verbundstrukturen
haben deren allgemeine Verbreitung in Wasser- und Luftfahrtanwen-
dungen gefördert. Allerdings werden die herkömmlichen Herstellungs-
verfahren üblicherweise in Kleinserien angewandt und sind kosten-
intensiv in Bezug auf Lohn und Material. In den meisten Verfahren
erfolgt die Fertigung der Außenbleche und des Kerns getrennt, um
Verbundplattenbauweise für Leichtbau-Fahrzeugkonstruktionen | 47
sie anschließend zusammen zu kleben. Dies erfolgt mit einem Klebe-
film, der zwischen den Außenblechen und dem Kern aufgebracht
wird. Der Klebstoff muss stark genug sein, um die Last von Seiten-
kräften auf die Deckbleche zu übertragen und einer Ablösung der
Oberfläche vom Kern entgegen zu wirken. Erfahrungen haben gezeigt,
dass zähe Klebstoffe am besten arbeiten, da sie sich geringfügig aus-
dehnen können, um kleinere Verschiebungen aufzunehmen, ohne zu
brechen. Der Klebefilm muss dick genug aufgebarcht werden, um
über die gesamte Oberfläche eine gute Verbindung herzustellen, aber
nicht so dick, dass dort eine Sollbruchstelle entsteht. Ein einwand-
freier gleichmäßiger Klebefilm ist die wichtigste Voraussetzung bei der
Fertigung einer herkömmlichen Verbundstruktur. Eine schlechte Klebe-
verbindung kann zu einer herabgesetzten Festigkeit der Struktur oder
noch gravierender zu einem Versagen führen. Im Allgemeinen sind
die herkömmlichen Methoden zur Herstellung einer Verbundstruktur
für Automobile zu kostspielig, langsam oder unpraktisch, es sei denn,
es handelt sich um völlig exotische Anwendungen.
Im ThyssenKrupp Budd Technology and Innovation Center wurden
Methoden untersucht, die den Einsatz leichter Verbundmaterialien in
Großserien-Automobilanwendungen ermöglichen. Üblicherweise
sind Kosten in dieser Branche die wichtigste Antriebskraft, daher
müssen die Materialien günstig und die Verfahren effizient, unempfind-
lich und leicht zu automatisieren sein. | Bild 4 | zeigt eine Verbund-
platte, bestehend aus einem leichten Kern mit dünnen Stahlaußen-
Bild 3 |Doppel-T-Träger im Vergleich mit Verbundkonstruktionen Bild 4 |
Stahl-/Schaumkern-Verbundkonstruktion mit einer Biegefestigkeit vergleichbar mit der
von Aluminiumblechen
KernSteg Aluminium –typische Blechdicke
Gewichtsverhältnis
0,94 mm 0,5 mm1,1 mm
0,3 mm
Außenbleche
Außenbleche
0,3 mm Stahl
1,00 0,87
Z
X
ä
ä
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
48 | Verbundplattenbauweise für Leichtbau-Fahrzeugkonstruktionen
blechen, welche die gleiche Biegefestigkeit wie ein festes Aluminium-
blech hat, jedoch eine Gewichtsersparnis von 13 % gegenüber Alu-
miniumblechen bringt. Mit der richtigen Dichte des Kernmaterials und
der richtigen Dicke von Stahldeck blechen ist es möglich, eine Stahl-
Verbundplatte zu spezifizieren, die mindestens so leicht wie Aluminium-
blech bei größerer Steifigkeit ist. Somit bieten Verbundmaterialien die
Möglichkeit der Konstruktion von Komponenten mit dem geringen
Gewicht von Aluminium, aber mit größerer Steifigkeit. Potenzielle
Anwendungen für Automobile sind:
vordere und hintere Bodengruppen,
Verkleidungen für Lüftungssysteme,
Stirnwände,
Radkästen,
Kofferraum und Ersatzreifenmulden,
Dachbleche sowie
Tür- und Motorhaubeninnenbleche.
Weitere Vorteile von Verbundkonstruktionen
Verbundplatten können wie jeder andere Stahl geschweißt und
lackiert werden. Daher sind sie die erste Wahl für leichte Karosserie-
außenbleche. Der Außenlärm dringt somit nicht ins Fahrzeuginnere.
Für resonanzanfällige Anwendungen können Verbundmaterialien
Motorgeräuschqualitäten schaffen, die zum Charakter des Fahr-
zeuges passen und das Qualitätsgefühl weiter steigern.
Die natürlichen Dämm- und Wärmeisolierungseigenschaften von
Verbundplatten beseitigen die Mühe und das Gewicht kostspieliger
Geräuschdämpfungsmaßnahmen und bieten die Möglichkeit zur
Reduzierung der Unterbodenbauteile durch Reduzierung der notwen-
digen Auspuff- und Motorwärmeabschirmungen. Die Vorteile sind
Gewichtssenkung, Verringerung der Systemkosten und Verkürzung
der Montagezeit.
Der große offene Bereich von Kofferräumen und Ladeflächen bei
Vans und SUVs (Sport Utility Vehicles) kann zu geräuschvollem
Dröhnen führen und niedrige Frequenzen können durch Mitschwin-
gen von großen Karosserieblechen verursacht werden. Verbund-
platten können bedeutende Verbesserungen in diesen Bereichen
herbeiführen.
Verfahrensentwicklung
Der Schlüssel zur Fertigung der oben genannten Komponenten ist
das Formverfahren. Von den herkömmlichen Verbundfertigungsver-
fahren abweichend hat das ThyssenKrupp Budd Technology and
Innovation Center empfohlen, eine verbesserte Wirtschaftlichkeit da-
durch zu erzielen, dass das Formen der Außenflächen und das Ver-
kleben des Kerns gleichzeitig und mit demselben Werkzeug stattfindet.
Um diese Aufgabe durchzuführen, wurde ein Verfahren entwickelt, das
auf dem Doppelblech-Innenhochdruck-Umformprinzip beruht. Die
wesentliche Vorgehensweise bei diesem Verfahren ist wie folgt:
Bild 5 |1. Schritt: Zwei 0,3-mm-dicke Stahlbleche werden in der Form positioniert. Bild 6 |
2. Schritt: Das verflüssigte Kernmaterial wird in den Raum zwischen
den Stahlblechen eingespritzt.
Zwei 0,3 mm Stahlbleche
MikrosphärischerGlasfaserverbundwerkstoff
Erwärmte Form
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Zwei dünne Stahlbleche werden in der Form positioniert. Die Form
wird geschlossen, eine standardmäßige hydraulische Presse um-
klammert die dünnen Stahlbleche und formt sie teilweise vor | Bild 5|.
Das verflüssigte Kernmaterial wird in den Raum zwischen den Stahl-
blechen mittels konventionellem Spritzgießen oder RRIM(Rein-
forced Reaction Injection Moulding)-Anlage eingespritzt. Der durch
das Einspritzen des Kernmaterials verursachte Druck veranlasst die
Stahlflächen den Umrissen des Formwerkzeuges zu folgen. In vor-
bestimmten Bereichen werden die zwei Stahlflächen mithilfe von
Schlitten im Werkzeug zusammengepresst. Diese Bereiche werden
später beim Punktschweißen verwendet | Bild 6 |.
Die beheizte Form beschleunigt eine chemische Reaktion, die das
Kernmaterial erstarren lässt. Nach dem Aushärten wird die Form
geöffnet, die gebildete Verbundplatte herausgenommen und in
einer konventionellen Schneidanlage zugeschnitten | Bild 7 |.
Ein Beispiel für das Doppelblechformverfahren in kleinem Maßstab ist
in | Bild 8 | gezeigt. Dieses Teil ist ungefähr 300 mm x 450 mm x 3 mm
groß. Es wurde durch Spritzgießen von syntaktischem Schaum mit einer
Dichte von 0,5 kg/m
3
zwischen 0,3-mm-dicke Stahlaußenbleche in
einer Probeform geformt, die im ThyssenKrupp Budd Technology and
Innovation Center hergestellt wurde. Dieses Probeteil beweist die Durch-
führbarkeit des Konzeptes und die Fähigkeit zur Fertigung geformter
Details auf einer gestalteten Oberfläche.
Ergebnis
Verbundkonstruktionen bieten eine hohe Steifigkeit und ein niedriges
Gewicht und sind ein inhärenter Geräusch- und Wärmedämmstoff.
Die Verbindung dieser Vorteile mit einem einstufigen Formverfahren
macht dies zu einem idealen System für bestimmte hochwertige Auto-
mobilkomponenten. Die künftige Arbeit konzentriert sich auf die Ent-
wicklung des syntaktischen Schaumkernmaterials und darauf, die
physischen und mechanischen Eigenschaften sowie die Lebensdauer
von Stahl-Verbundplatten zu ermitteln.
Verbundplattenbauweise für Leichtbau-Fahrzeugkonstruktionen | 49
Bild 7 |3. Schritt: Nach dem Aushärten des Kernmaterials wird die gebildete Verbund-
platte herausgenommen und auf die endgültige Größe geschnitten.
Bild 8 |Probeplatte und Querschnittsansicht
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
50 |
|Die gebaute ThyssenKrupp Presta Nockenwelle
Leichtbauweise im Motorenbau am Beispiel
der Nockenwelle
DR. TECHN. PETER MEUSBURGER Entwicklungsleiter | ThyssenKrupp Presta AG, Eschen/Liechtenstein
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Einleitung
Leichtbauweise ist eine seit langem bestehende Forderung an Fahr-
zeug- und Motorenentwickler. Ihre Bedeutung hat in den letzten
Jahren immer mehr zugenommen. Sie steht in jedem Lastenheft an
vorderer Stelle und gehört zusammen mit dem Kraftstoffverbrauch
und den Schadstoffemissionen zu den beherrschenden Themen bei
der Entwicklung von Antriebssystemen. Automobilhersteller haben
an Pkw nachgewiesen, dass eine Reduktion der Fahrzeugmasse von
100 kg je nach Fahrzeugtyp zu einer spürbaren Kraftstoffeinsparung
von mehreren Zehntellitern auf 100 km führt. Dabei hat der Ort im
Fahrzeug, an dem Masse reduziert wird, einen wesentlichen Einfluss.
Bei rotierenden Massen und hohen Drehzahlen fällt der Effekt der
Leichtbauweise deutlicher aus als bei unbewegten Teilen.
Die konsequente Umsetzung der Leichtbauweise in der Automobil-
industrie hat die Einführung und die Marktdurchdringung der gebauten
Nockenwelle von ThyssenKrupp Presta nachhaltig unterstützt. Bei der
gebauten Ausführung werden die Nocken auf das Trägerrohr mittels
eines von ThyssenKrupp Presta patentierten Fügeverfahrens montiert.
Bei optimaler Gestaltung sind Gewichtseinsparungen von mehr als
30 % gegenüber herkömmlich gegossenen oder geschmiedeten
Nockenwellen möglich. Bei der Markteinführung vor 10 Jahren konnte
am damals bestehenden Serienmotor (Ford Duratec, 6 Zylinder) mit
vier oben liegenden Nockenwellen die Gesamtmasse um 3,2 kg ge-
senkt werden.
Aufgrund der höheren Fertigungspräzision der gebauten Nocken-
welle ergibt sich der Gewichtsvorteil nicht nur allein aus der hohlen
Basiswelle. Auch die Breite der Nockenlaufflächen kann exakter auf
das geforderte Mindestmaß ausgelegt werden, sodass bei der Nocken-
dicke kein zusätzliches Material vorgehalten werden muss. In gleicher
Weise sind alle anderen Nockenwellenkomponenten wie Sensorring,
Endzapfen, Kettenrad etc. zu betrachten.
Leichtbauweise im Motorenbau am Beispiel der Nockenwelle | 51
Neben der reinen Gewichtsreduktion sind durch die Herabsetzung
der bewegten Massen noch weitere Vorteile zu nennen. Wegen der
geringeren Reibungsverluste und der niedrigeren Massenträgheit
benötigt die gebaute Nockenwelle ein kleineres Antriebsmoment, was
zur Senkung des Kraftstoffverbrauches beiträgt. Zudem bedeutet
weniger Reibung auch weniger Verschleiß und damit eine längere
Lebensdauer. Der geringere Materialeinsatz führt überdies im Ver-
gleich zur Massivbauweise zu Kostenvorteilen, die bei den derzeitigen
Stahlpreisen nicht unerheblich sind.
Leichtbaumaßnahmen an der gebauten Nockenwelle
Obwohl sich die gebaute Nockenwelle gegenüber der gegossenen
oder geschmiedeten Variante bereits durch einen deutlichen Gewichts-
vorteil auszeichnet, können auch hier noch Optimierungen vorge-
nommen werden. Folgende Überlegungsansätze zum Leichtbau sind
zu unterscheiden:
Gestalt- und Formgebungsleichtbau,
Miniaturisierung,
Verwendung von alternativen Werkstoffen mit niedriger Dichte und
Vereinfachung/Elimination von Bauteilen.
Optimierungspotenziale lassen sich in erster Linie bei der Gestalt-
und Formgebung finden. Hier sind die bei einer Nockenwelle immer
wiederkehrenden Komponenten Wellenrohr und Nocke zu betrachten.
Optimierung der Wandstärke des Wellenrohres
Die Reduktion der Rohrwandstärke ist nicht so trivial wie es zunächst
den Anschein hat. Die Wanddicke des Trägerrohres hat entscheiden-
den Einfluss auf die Gesamtsteifigkeit und das dynamische Verhalten
der Nockenwelle. Sie kann daher nicht beliebig reduziert werden.
Vielmehr sind vorab Detailüberlegungen durchzuführen. Genaue
Kenntnisse des Montage- und Fertigungsprozesses sowie der Betriebs-
belastungen im Motor sind unverzichtbar.
52 | Leichtbauweise im Motorenbau am Beispiel der Nockenwelle
und damit einen geometrischen Verzug sowie einen ungünstigen
Eigenspannungszustand der Nockenwelle zu verhindern, muss die
Wärmeenergie so rasch wie möglich abgeführt werden. Da Stahl eine
wesentlich höhere Wärmeaufnahme- und -leitfähigkeit als Luft auf-
weist, muss ausreichend Material für diesen Vorgang vorhanden sein.
Ansonsten müssten die Schleifabträge verringert werden, wodurch
Taktzeitverluste und Zusatzkosten entstehen würden. Maßnahmen
zum Leichtbau müssen aber in der Großserienfertigung mindestens
kostenneutral, noch besser aber kostensenkend sein.
Neben den Belastungen, die beim Herstellprozess der Nockenwelle
mit dünnwandigem Trägerrohr zu beachten sind, muss das erzeugte
Endprodukt auch den Betriebsbedingungen im Motor standhalten
können. Hier gilt es, nicht nur den reinen Festigkeitsnachweis am
Einzelbauteil zu erbringen. Ebenso ist eine Funktionsanalyse der
Nockenwelle im Zusammenwirken mit dem gesamten Ventiltrieb durch-
zuführen. Es gilt unter anderem, das Eigenfrequenzverhalten zu ermitteln
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 1 | Simulation des Fügevorganges
Schnittkanten der Welle und Nabe mit rotationssymetrischer Randbedingung
Verschieben der Nocke
Stirnfläche der Welle in y-Richtung gelagert
Rohrsegment
Nockensegment
Zunächst sind die fertigungstechnischen Grenzen bei der Verringe-
rung der Rohrwandstärke zu untersuchen. So erfährt das Rohr beim
Fügen der Nocken und anderer Komponenten eine Axialkraft, wodurch
die Welle auf Knickung belastet wird. Aufpresskräfte von über 30 kN
müssen über die Rohrwandstärke mit ausreichender Sicherheit aufge-
nommen werden können.
Bei der Nockenmontage – dem Rollieren des Rohres und Setzen
der Nocken – entsteht in der Fügezone eine kraft- und formschlüssige
Verbindung. Der Presssitzanteil basiert auf der Fugenpressung zwischen
Rohr und Nocke. Diese Radialspannungen können vom Rohr nur bei
ausreichender Steifigkeit aufgenommen werden. Die radiale Einschnü-
rung des Rohres entlang der Fügezone darf daher beim Montagevorgang
einen zulässigen Grenzwert nicht überschreiten | Bild 1 |.
Nach der Montage wird die Nockenwelle an den Lagern und Nocken
geschliffen. Beim Abtragen des Schleifaufmaßes entsteht Wärme,
die zum Teil in das Werkstück abgegeben wird. Um einen Wärmestau
Z
Y
X
ModellabgleichPraxis Theorie
Leichtbauweise im Motorenbau am Beispiel der Nockenwelle | 53
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 3 |Prinzipielles Ablaufschema der Festigkeits- und FunktionsanalyseBild 2 |
Versuchs-/Messaufbau: Zylinderkopf mit gewichtsoptimierter
Nockenwelle
Messung der relevanten Eingangsgrößenam Zylinderkopfprüfstand
Finite-Elemente-Modell NockenwelleFestigkeitsbetrachtung
Mehrkörper-VentiltriebsmodellFunktionsanalyse
Dauererprobung
sowie die Auswirkungen von Verformungen und Schwingungen an
der Nockenwelle auf benachbarte Bauteile zu analysieren und zu
bewerten | Bild 2 |. In | Bild 3 | ist das Ablaufschema dieser Vorge-
hensweise – der Kombination von theoretischen Berechnungen und
empirischen Versuchen sowie der Rückkopplung von Messergebnis-
sen in das Simulationsmodell – dargestellt. Das mit großem Versuchs-
und Berechnungsaufwand erstellte Simulationsmodell kann auf ande-
re Ventiltriebssysteme angepasst werden. Somit lässt sich der zeitli-
che und finanzielle Rahmen für empirische Versuche und Tests an
anderen Nockenwellen stark reduzieren.
Modifikation der Nockengestalt
Bisher werden die Nocken bei ThyssenKrupp Presta in massiver Bau-
weise durch Warmfließpressen hergestellt. Die Sinternocke stellt bei
Tassenstößelabgriff (Gleitreibung) und Hertz´schen Pressungen bis
ca. 900 MPa eine Alternative dazu dar.
Bei der Gestaltgebung sind zum einen die Anforderungen an das
Bauteil sowie die wirtschaftliche und prozesssichere Herstellbarkeit zu
berücksichtigen. Die Nocke erfährt ihre höchste Belastung im so ge-
nannten Erhebungsbereich, d.h. dort, wo das Ventil geöffnet und
wieder geschlossen wird. Die Kraft wird vom Abgriffelement (Rolle
oder Tasse) in der Regel zentral in der Mitte der Nockenlauffläche
eingeleitet. Im Bereich des Grundkreises gegenüber der Nockenspitze,
wo das Ventil nicht bewegt wird, sind die Belastungen wesentlich
geringer, d.h. nahezu null.
| Bild 4 | zeigt, wie durch Verjüngung des Nockensteges Material
und Gewicht eingespart werden können. Der Kraftfluss durch die einge-
leitete Kontaktkraft F verläuft bei dieser Ausformung unproblematisch.
Durch den schmaleren Nockensteg verkleinert sich zwar die Füge-
fläche zwischen Nockenbohrung und Trägerrohr, die dynamische Ver-
drehsicherheit der Nocke unter Betriebslast ist aber immer noch mehr
als ausreichend.
Bei Sinternocken sind aufgrund des Herstellverfahrens noch „abge-
specktere“ Bauformen (Stufe 2) möglich | Bild 5 |. Die Nockenlauffläche
bleibt im Erhebungsbereich zunächst konstant und läuft dann zum
Grundkreis hin keilförmig zusammen. Am Grundkreis, wo die mecha-
nischen Belastungen am niedrigsten sind, ist die Laufbreite bzw. die
Verschleißfläche am kleinsten.
Bau von Grenzmusterprototypen
Test VentiltriebsdynamikFestigkeits- und Funktionsnachweis
ä ä
der Trend neben Leichtbau verstärkt auch in Richtung „Platz sparen“.
Bauraum ist ein wichtiges Bewertungskriterium für die Motorenkon-
struktion. Bei der Verringerung des Lagerdurchmessers ist allerdings
zu beachten, dass Torsions- und Biegesteifigkeit des Wellenrohres mit
der 4. Potenz des Durchmessers steigen bzw. fallen. Insofern sind die
Optimierungspotenziale hinsichtlich Leichtbauweise sehr schnell aus-
geschöpft.
Verwendung leichterer Werkstoffe
Aluminium und Magnesium werden in der Automobilindustrie vermehrt
als metallische Konkurrenzwerkstoffe zu Stahl eingesetzt. Ihr größter
Vorteil besteht in der geringeren Dichte. Es können aber auch eine
Reihe von Nachteilen aufgezählt werden. Hinsichtlich ihrer mecha-
nischen Eigenschaften, wie E-Modul und Zugfestigkeit, sind sie dem
Werkstoff Stahl unterlegen. An Lager- und Nockenlaufflächen werden
hohe Anforderungen bezüglich Härte und Verschleißfestigkeit gestellt,
die mit diesen beiden Werkstoffen nur schwer oder gar nicht abbildbar
sind. Der sinnvolle Einsatz von Aluminium und Magnesium beschränkt
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
54 | Leichtbauweise im Motorenbau am Beispiel der Nockenwelle
Bild 4 |Materialeinsparung durch beidseitige Verjüngung
(2 x t) des Nockensteges
Bild 5 |Leichtbaunocke – Stufe 2
Nockensteg
F
t t
Noch höhere Materialeinsparungen werden erreicht, wenn die
Nockendicke einen kontinuierlichen, keilförmigen Zulauf von der
Nockenspitze zum Grundkreis hin aufweist. Im Vergleich zur Stufe 2
könnte nochmals je nach Nockentyp 8 bis 12 % Materialvolumen
eingespart werden. Diese Variante ist allerdings wegen der bereits in
der hochbelasteten Nockenflanke stattfindenden Verjüngung der
Nockenlauffläche als problematisch anzusehen.
Neue Nockenwerkstoffe und –bauformen werden bei ThyssenKrupp
Presta unter ‘Worst Case’-Bedingungen auf so genannten Einzel-
nockenprüfständen | Bild 6 | getestet . Es ist sicherzustellen, dass das
Serienprodukt trotz Leichtbauweise auf einem robusten, zuverlässigen
Design aufbaut und selbst unter den extremsten Betriebsbedingungen
kein Schadensfall auftritt.
Miniaturisierung
Durch die Verkleinerung des Lagerdurchmessers der Nockenwelle
sowie des Nockengrundkreises kann neben dem Gewicht auch die
Motorbauhöhe reduziert werden. Bei modernen Motoren geht heute
Z
Y
X
Z
Y
X
Z
Y
X
Z
Y
X
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
sich daher auf Bauteile, die weniger oder auf eine andere Weise belas-
tet werden. Ferner ist zu erwähnen, dass bei der Primärerzeugung von
Aluminium sehr hohe Energiemengen benötigt werden. Dies ist – wirt-
schaftlich und ökologisch betrachtet – ein weiterer Pluspunkt für Stahl.
Die Entwicklung von Kunststoffen wurde in jüngster Zeit sehr stark
vorangetrieben. An Faserverbundwerkstoffe wird gedacht, wenn im
Automobilbau Stahl durch leichtere Materialien substituiert werden
soll. Die Bedingungen für den Einsatz von Kunststoffen im Motorraum
sind jedoch unvorteilhaft. Ein Faserverbundwerkstoff, der sich als
ebenso robust wie Stahl erweist, muss obendrein bezahlbar bleiben.
Bei Kunststoffen ist außerdem die Alterungsbeständigkeit und die
Konstanz der physikalischen und chemischen Eigenschaften über die
gesamte Lebensdauer gesehen eine entscheidende Frage, die es zu
beantworten gilt.
Fazit
Effizienter und kostengünstiger Leichtbau ist in der Nockenwellenferti-
gung auch ohne Verwendung von Leichtmetall oder Kunststoff mög-
lich. Durch optimale Gestaltung lässt sich Material einsparen, ohne auf
Stahl als Grundwerkstoff verzichten zu müssen. Für eine bestehende
Leichtbauweise im Motorenbau am Beispiel der Nockenwelle | 55
Nockenwelle wird in | Bild 7 | beispielhaft das Leichtbaupotenzial auf-
gezeigt. Stahl ist nach wie vor der bedeutendste Werkstoff, der unter
ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten in jeder Hinsicht
gegnüber alternativen Werkstoffen wie Kunststoff oder Keramik, wett-
bewerbsfähig ist.
Literatur:
ThyssenKrupp techforum, Ausgabe Dez. 2003
Das ThyssenKrupp Presta Fügeverfahren, Grundlage der gebauten
Nockenwelle; Prof. Dr. R. Geiger, H. Weissenhorn, Dr. P. Meusburger
VDI-Fachtagung Fellbach bei Stuttgart - Ventiltrieb und Zylinderkopf,
Sep. 2004
Innovation in der Großserie – Die gebaute Nockenwelle von
ThyssenKrupp Presta; C. Nasner, S. Hannig, Dr. P. Meusburger
Versuchsbericht gewichtsoptimierte Nockenwelle IAV Chemnitz;
Dr. M. Berg, R. Großmann
Bild 6 | Prinzipaufbau Einzelnockenprüfstand
Nockenwellen-Ausführung Masse [kg]
herkömmlich gegossene Variante 2,71
gebaute Nockenwelle 1,96
gebaute, gewichtsoptimierte Nockenwelle 1,48
Bild 7 | Leichtbaupotenzial an Nockenwelle (Länge 455 mm, Lagerdurchmesser 24 mm)
Abgriffelement (Tasse/Rolle – austauschbar)
Feder(austauschbar)
ϕ
F, x, x, x
.
...
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
56 |
Leichtbau im Bereich der Lenkwellen –
Rohr-in-Rohr-Lösungen
DR. SC. TECHN. ETH. CHRISTOPH KLUKOWSKI Leiter Entwicklung Lenkungen | ThyssenKrupp Presta AG, Eschen/Liechtenstein
DIPL.-ING. ETH. RONY MEIER Stv. Leiter Entwicklung Lenkungen | ThyssenKrupp Presta AG, Eschen /Liechtenstein
DIPL.-ING. (FH) JOSEF BOERSMA Leiter Entwicklung Lenkwellen | ThyssenKrupp Presta AG, Eschen /Liechtenstein
DIPL.-ING. CARSTEN MANNECK Leiter Numerische Simulation | ThyssenKrupp Presta AG, Eschen /Liechtenstein
|Neue Leichtbaugeneration: Lenkstrang (oben) und Lenkwelle (unten) von ThyssenKrupp Presta
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Einleitung
Innovative Lösungen, Optimierung und Weiterentwicklung sind die
Triebfedern im Fahrzeugbau. Sie bilden das Fundament für Wettbe-
werbsfähigkeit und Markterfolg. Die Geschwindigkeit, mit der die auto-
mobile Entwicklung vorangetrieben wird, nimmt immer mehr zu. Der
Anspruch an außergewöhnliche, maßgeschneiderte Lösungen und
an ein erstklassiges Qualitätsniveau wächst zunehmend – bei optimaler
Kostenentwicklung.
Um die Verringerung des Energieverbrauches fortzuführen, müssen
die zukünftigen Fahrzeuge ein wesentlich geringeres Gesamtgewicht
aufweisen. Eine effiziente Gewichtseinsparung kann jedoch nur dann
realisiert werden, wenn nahezu jedes Bauteil entsprechend im Gewicht
reduziert wird. Als Ziel strebte ThyssenKrupp Presta eine 5 bis 15%ige
Gewichtseinsparung im Lenkungsstrang bei möglichst neutraler Kosten-
entwicklung an. Diese Anforderungen konnten bei gleichzeitig er-
höhten Lastenheftanforderungen bzgl. Verdreh- und Biegesteifigkeit
realisiert werden.
Die neu entwickelte Lenkwelle basiert auf einer so genannten Rohr-
in-Rohr-Lösung. Sie findet zum Beispiel Einsatz in EPS(Electric Power
Steering)-Lenksystemen. Bei solchen Lenksystemen müssen viel
größere mechanische Beanspruchungen der einzelnen Komponenten
berücksichtigt werden. Nach der Regel des schwächsten Gliedes ist
ein besonderes Augenmerk auf die Verbindungstechnik der einzelnen
Komponenten zu richten: Fixe, sichere Gabel-Rohr-Verbindungen sowie
steife, aber leichtgängige Schiebeverbindungen stellen Entwickler im
Hinblick auf Materialien und Fertigungsverfahren immer wieder vor
große Herausforderungen.
Leichtbau im Bereich der Lenkwellen – Rohr-in-Rohr-Lösungen | 57
Bild 1 | Konventioneller Lenkstrang mit gehämmerter Aluminium-Spindel
Leichtbaumaßnahmen an einem Lenkstrang bzw. einer Lenkwelle
Der Lenkstrang einer Lenksäule dient zur Lenkwinkel- und Drehmoment-
übertragung der Fahrersignale vom Lenkrad auf das Lenkgetriebe. Er
besteht im Allgemeinen aus zwei Hauptkomponenten: oberer und un-
terer Lenkstrang (untere Lenkwelle). Bei einer konventionellen Serien-
lösung | Bild 1 | besteht der obere Lenkstrang aus einer gehämmerten
Spindelwelle, einer fließgepressten Profilwelle mit aufgesetzter Gabel
und einer Profil-Kunststoffhülse, die als so genannte Schiebeverbin-
dung dient. Der untere Lenkstrang wird aus einer fließgepressten
Profilwelle inklusive Gabel, einem gesickten Außenrohr mit verstemmter
Gabel und einer Profil-Kunststoffhülse als Schiebeverbindungseinheit
gebildet.
Große Anstrengungen zur Gewichtsreduzierung unternahm das
Unternehmen bereits durch die sehr erfolgreiche Entwicklung der Lenk-
spindeln auf Aluminium-Basis. Dennoch waren weitere Maßnahmen
erforderlich, um den Anforderungen einer erneuten Gewichtsein-
sparung von 20 bis 30 % im Lenkstrang Rechnung zu tragen. Aufgrund
diverser Kundenforderungen wurde der Fokus in der ersten Phase
auf eine neue Leichtbaugeneration des unteren Lenkstranges gelegt.
Die angestrebten Ziele konnten durch den Einsatz von
optimierten Auslegungskriterien,
computergestützter Simulation und
neuen Verbindungstechniken realisiert werden.
Zur Festlegung der Gewichtszielvorgaben diente der aktuelle Lenkwellen-
Entwicklungsstand der produzierten Komponenten. Verschiedenste
Wellen, Außenrohre, Gabeln und Profilhülsen wurden analysiert und
miteinander verglichen. Zudem wurden Benchmarks durchgeführt
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
58 | Leichtbau im Bereich der Lenkwellen – Rohr-in-Rohr-Lösungen
und die aktuellen Entwicklungsstände den derzeitig in den Fahrzeugen
eingesetzten Lenkwellen gegenübergestellt. Ziel war es, einen Gesamt-
überblick zu erhalten und eine optimale Lenkwelle für die Weiterent-
wicklung zu konstruieren. Für die konstruktive Umgestaltung und den
gezielten Einsatz der Werkstoffe war es erforderlich, die genauen An-
forderungen und Belastungen der einzelnen Bauteile festzulegen. Die
Konstruktion, Berechnung und Erstellung der Prototypen wurde bzgl.
folgender Bauteile durchgeführt:
Innen-Profilrohr,
Außenrohr,
Profilhülse und
Gabel und Gabelanschlüsse.
Innen-Profilrohr der Lenkwelle
Die serienmäßig eingesetzten fließgepressten Profilwellen beeinflussen
neben den Gabeln das Gewicht der Lenkwelle in entscheidendem Maße.
Diese fließgepressten Profilwellen finden als so genannte Schiebewellen
Verwendung. Demzufolge wurde der Schwerpunkt der Entwicklungs-
arbeit auf die Gewichtsreduktion der Welle gelegt. Die Vollwelle mit
einem Kerndurchmesser von 13,4 mm wurde durch ein stranggezo-
genes Profilrohr mit einem Kerndurchmesser von 17,0 mm bei 2 mm
Wandstärke ersetzt | Bild 2 |. Das Gewicht konnte dadurch bei gleich-
zeitig erhöhter Verdrehsteifigkeit auf markante Weise reduziert werden.
Außenrohr der Lenkwelle
Die konventionellen Außenrohre mit einem Außendurchmesser von
25 mm und einer Wandstärke von 2 mm wurden durch Rohre mit
einem Außendurchmesser von 30 mm bei gleicher Wandstärke ersetzt
| Bild 3 |. Es ergab sich eine kleine Gewichtszunahme bei erhöhter
Verdrehsteifigkeit. Das Herstellverfahren des Außenrohres wurde bei-
behalten. Die Sickenwerkzeuge wurden an das neue Profilmaß ange-
passt. Die Außenrohre sowie die stranggezogenen Profilrohre wurden
aus zwei verschiedenen Stahlsorten hergestellt. Bei der Auswahl der
geeigneten Stahl-Legierungen stand nicht die Gewichtsreduktion im
Vordergrund, sondern es galt, den Möglichkeiten der Gabelanbindung
hinsichtlich Festigkeit und Umformgrad Rechnung zu tragen.
Schiebeverbindungs-Profilhülse der Lenkwelle
Die Profilhülse bildet das Verbindungselement zwischen Außen- und
Innen-Profilrohr. Sie muss deren Spielausgleich gewährleisten, das
Drehmoment übertragen und bei geringer Schiebekraft die Längsver-
stellung der Lenksäule ermöglichen. Gerade die EPS-Systeme stellen
sehr hohe Anforderungen an die Kennlinie der Verdrehsteifigkeit.
Diese Anforderungen stehen wiederum im direkten Widerspruch zur
gewünschten leichtgängigen Längsverstellung. Um Entwicklungszeit
und -kosten zu minimieren, wurde die neue Profilhülse unter Verwen-
dung modernster CAE(Computer Aided Engineering)-Tools entwickelt.
Mit Hilfe der numerischen Simulation konnten Toleranzeinflüsse auf-
gezeigt und reduziert werden | Bild 4 |. Bei der neuen Schiebehülse
konnte die Wandstärke um 0,2 mm reduziert werden. Neben dem
herkömmlichen Hülsenmaterial Delrin
®wurde diese neue Hülse auch
für den Hochtemperaturbereich ausgelegt. In diesem Temperatur-
bereich kommt der Werkstoff PEEK (Polyetheretherketon) zum Einsatz.
Gabel und Gabelanschlüsse der Lenkwelle
Für die neue Rohr-in-Rohr-Leichtbaulenkwelle mussten einerseits
wegen der vergrößerten Rohrdimensionen und anderseits wegen
Änderungen der Geometrie der Innenwelle neue Gabeln hergestellt
werden. Für die Verbindung zwischen dem Innen-Profilrohr und der
entsprechend angepassten Gabel wurden neue Werkzeuge konzipiert.
Bild 3 |Konventionelles Außenrohr (oben) und versteifte Variante (unten) Bild 2 | Fließgepresste Profilwelle (oben) und stranggezogenes Profilrohr (unten)
Die Rohr/Gabel-Verbindung konnte mit der bei ThyssenKrupp Presta
erprobten Verbindungstechnik realisiert werden. Für die Verbindung
des Außenrohres mit der Gabel im Falle eines Crashes ergaben sich
zwei Varianten:
ohne Durchgängigkeit des Innenrohres durch die Rohr/Gabel-
Verbindung
eine garantierte Durchgängigkeit bis zum Kreuz des Kardan-
gelenkes, um einen maximalen Crashweg zu gewährleisten.
Die erste Anforderung konnte mit einer bestehenden, leicht abgeän-
derten Gabel realisiert werden. Für die komplette Durchgängigkeit der
inneren Welle galt es jedoch, eine neue Gabel mit passender Verbin-
dungstechnik zu konzipieren. Prototypen wurden hergestellt und
erfolgreich erprobt. In allen beschriebenen Fällen wurde eine leichte
Gewichtszunahme festgestellt.
Komplette Leichtbau-Lenkwelle
Die zusammengesetzte komplette Lenkwelle wurde je nach Ausführung
um 5 bis 15 % leichter bei ca. 30 % erhöhter Verdrehsteifigkeit der
Schiebeverbindung. Die rechnerisch ermittelten Voraussagen konnten
umgesetzt werden.
Des Weiteren sind mehrere Tests an verschiedenen Lenkwellen
durchgeführt worden. Als besonders kritisch sind die Lebensdauertests
der Rohr/Gabel-Verbindungen sowie der Schiebeverbindungen anzu-
sehen. Alle Tests sind erfolgreich abgeschlossen worden. Die in | Bild 5 |
dargestellten Ergebnisse zeigen deutliche Verbesserungen der mecha-
nischen Eigenschaften der neuen Leichtbau-Lenkwelle im Vergleich
zur konventionellen Serienlösung.
Zusammenfassung und Ausblick
Das gesetzte Ziel einer 5 bis15 % leichteren Lenkwelle mit verbesser-
ten mechanischen Eigenschaften wurde erreicht. Aus der Substitution
der fließgepressten Vollwelle durch das stranggezogene Profilrohr
resultiert eine Gewichtsreduktion von 35 %/mm. Außerdem konnte
die Verdrehsteifigkeit der Schiebeverbindung um 30 % verbessert
werden. Diese Verbesserungsmaßnahmen können zukünftig auf den
oberen Lenkstrang übertragen werden.
Für die Anbindung des Innenrohres an die leicht modifizierte Serien-
gabel wurde die bestehende Verbindungstechnik verwendet. Die
Verbindung zwischen dem Außenrohr und der neu zu entwickelnden
Rohrgabel ist Gegenstand der aktuellen Entwicklungsarbeit. Optimie-
rungspotenziale, welche sich durch den Einsatz neuer Materialien,
Bauweisen oder Fügetechniken ergeben, eröffnen neue Perspektiven
für die Zukunft. Die neu entwickelte Rohr-in-Rohr-Leichtbaulenkwelle
von ThyssenKrupp Presta stellt sich den Herausforderungen der
Zukunft: leichtere Bauweise bei höherer Steifigkeit und höheren
Temperaturen bis 200 °C.
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Leichtbau im Bereich der Lenkwellen – Rohr-in-Rohr-Lösungen | 59
Verdrehwinkel [ Grad]
Dre
hmom
ent
[ Nm
]
Rohr-in-Rohr-SW-VerbindungStandard-SW-Verbindung
Bild 5 |Messung der Verdrehsteifigkeit – Standard-SW(Schiebewellen)-
Verbindung im Vergleich zur neuen Rohr-in-Rohr-Lösung
Bild 4 |Druckverteilung und Spannungsbild bei einer Drehmomentbelastung der Hülse
0 4,373 8,746 13,119 17,492 21,865 26,238 30,611 34,984 39,357
0,004484 3,802
7,6 11,398
15,195
18,993
22,791
26,588 34,184
0
4,579
9,158
13,736
18,315
22,894
27,473
32,052
36,63
41,209
Drehmoment10 Nm
30
20
10
-10
-20
-30
0-0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0,2 0,4 0,6 0,8
-40
40
0,0
Spannung [MPa]
Spannung [MPa]
30,386
Druck [MPa]
60 |
DIPL.-ING. (FH) GERHARD THUMM Leiter Forschungszentrum | ThyssenKrupp Aufzüge GmbH, Stuttgart-Vaihingen
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Einsatz von textilverstärkten Kunststoffen
in Leichtbaufahrkörben
|Transparenz und neue Leichtbauwerkstoffe gewinnen im Aufzugsbau zunehmend an Bedeutung
Einleitung
Moderne Aufzüge sollen heute vielfältigen Anforderungen genügen.
Sie sollen eine hohe Förderleistung gewährleisten, komfortabel und
geräuscharm sein, hohen ästhetischen Anforderungen genügen und
möglichst wenig Energie verbrauchen. Um diese hochgesteckten Ziele
zu erreichen, wird auch bei der Entwicklung neuer Aufzugssysteme
insbesondere hinsichtlich der Konstruktion von Fahrkörben über den
Einsatz neuer Werkstoffe nachgedacht. Bei der Verwendung neuer
Werkstoffe im Anlagengeschäft Aufzüge sind neben den konstruktiven
Auswirkungen auch weitere Rahmenbedingungen zu beachten, wie
z.B. erschwerte Montagebedingungen bei extremen Temperaturen,
die für Aufzüge geforderte Betriebsdauer von mindestens 20 Jahren
bis hin zu Fragen des Recyclings.
Für die Auslegung des Antriebes eines Aufzuges und somit auch für
alle energetischen Betrachtungen ist es ein unstrittiger Vorteil, wenn
möglichst geringe Massen in einem Aufzugsschacht bewegt werden
müssen. Auch die Montage des Aufzuges ist vorteilhafter, wenn leichte
Baugruppen im Schacht unterzubringen sind. Andererseits sind schwere
Fahrkörbe, stabile Türen und massive Konstruktionen in der Regel ein
Garant für geringe Geräusche und die vor allem im Hochleistungs-
bereich und somit bei hohen Geschwindigkeiten gewünschte Laufruhe.
Darüber hinaus spielen die Gewichtsverhältnisse einer seilgetriebenen
Aufzugsanlage eine entscheidende Rolle bei der Betrachtung der Kraft-
übertragung zwischen Triebwerk und Seilen (Treibfähigkeit).
Ausgangssituation
Das Grundprinzip eines so genannten Treibscheibenaufzuges, der aus-
schließlich im Bereich mittlerer und höherer Fahrgeschwindigkeiten
(> 1 m/s) eingesetzt wird, besteht darin, dass das Gewicht des Fahr-
korbes und ca. 50 % der Nutzlast durch das Gegengewicht kompen-
siert werden. Am Beispiel des schnellsten Aufzuges Europas in einem
Bürogebäude (DEBIS Gebäude am Potsdamer Platz, Geschwindigkeit
8,5 m/s) der von ThyssenKrupp Aufzüge im Jahr 2000 in Betrieb
genommen wurde, sollen diese Gewichtsverhältnisse näher darge-
stellt werden. Dieser Aufzug ist für eine Tragkraft von 1.000 kg (F),
entsprechend einer Tragkapazität von 13 Personen ausgelegt. Das
Gewicht des Fahrkorbes und des Fangrahmens (G) beträgt ca. 3.600 kg.
Somit wurde das Gegengewicht mit
M = G+F/2 = 4.100 kg
ausgelegt. Die Tragseile, die den Fahrkorb und das Gegengewicht
verbinden, tragen mit nochmals ca. 700 kg zum Gewicht des Gesamt-
systems bei. Die gesamte zu beschleunigende Masse beträgt mehr
als 9 t. Auf die bei solchen Anlagen notwendige Unterseilspannvor-
Einsatz von textilverstärkten Kunststoffen in Leichtbaufahrkörben | 61
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
richtung mit zugehörigen Unterseilen, die dieses Seilgewicht kompen-
sieren sollen und zusätzlich zur Gesamtmasse beitragen, soll an dieser
Stelle nicht näher eingegangen werden. Gelingt es, das Gewicht des
Fahrkorbes zu halbieren, reduziert sich somit die gesamte zu beschleu-
nigende Masse dieser beispielhaften Anlage um 3,6 t. Allerdings darf
bei diesen vereinfachten Betrachtungen nicht die eingangs erwähnte
Sicherstellung der Treibfähigkeit außer Acht gelassen werden.
Alternative Leichtbau
Im Rahmen des BMBF Förderprogrammes „Neue Materialien für
Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts – MaTech“ wurde von
ThyssenKrupp Aufzüge ein Projekt beantragt und als förderfähig einge-
stuft, das auf eine entscheidende Reduzierung der heutigen Gewichts-
verhältnisse seilgetriebener Aufzüge abzielt. Schwerpunkt des Ver-
bundvorhabens mit den Kooperationspartnern EAST-4D GmbH Light-
weight Structures (E4D) und dem Institut für Leichtbau und Kunststoff-
technik (ILK) der TU Dresden ist die Entwicklung von extrem leichten
Fahrkörben für schnell fahrende Hochleistungsaufzüge. In diesem
Rahmen soll ein Fahrkorb unter Einsatz neuartiger textilverstärkter
Kunststoffe in modularer Hybrid-Leichtbauweise mit beanspruchungs-
gerechtem Eigenschaftsprofil entwickelt und untersucht werden. Dem
ILK obliegen die Arbeitsschwerpunkte Konzeption, Werkstoffcharak-
terisierung, Auslegung, Optimierung und Fertigung von Leichtbau-
Fahrkorbkomponenten in textiler Verbundbauweise. E4D fertigt die
Prototypen und führt die notwendigen Versuchsreihen an den Pre-
Strukturen durch. ThyssenKrupp Aufzüge ist verantwortlich für die
Koordination des Gesamtprojektes und die optimale Integration der
Komponenten in das Gesamtsystem einer Aufzugsanlage. Das Gesamt-
projekt ist in 5 Arbeitspakete (AP) eingeteilt:
AP1: Definition eines Anforderungsprofiles,
AP2: werkstoffmechanische Charakterisierung,
AP3: Vorauslegung und Herstellung von Grundstrukturen,
AP4: Entwurf und Berechnung von Pilotbauteilen sowie
AP5: Herstellung eines Technologie-Demonstrators und experi-
mentelle Untersuchungen.
Im Rahmen dieses Beitrages soll näher auf das derzeit laufende
Arbeitspaket 3, der Vorauslegung und Herstellung von Grundstruk-
turen, eingegangen werden.
Grundstrukturen eines Aufzugsfahrkorbes
Aufbauend auf der rechnerischen Vorauslegung von Grundstrukturen,
wie z.B. Fahrkorbboden, -dach und -wand, wurden erste Kompo-
nenten in unterschiedlichen Bauweisen gefertigt. Insbesondere sind
62 | Einsatz von textilverstärkten Kunststoffen in Leichtbaufahrkörben
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Sandwich-Elemente mit Strukturschäumen und Wabenmaterial sowie
strukturiertem Trapezkern vertiefend betrachtet worden. Die gefer-
tigten Grundstrukturen wurden anschließend in statischen 4-Punkt-
Biegebelastungsversuchen mit unterschiedlichen Biegemomenten
hinsichtlich ihres Steifigkeits- und Festigkeitsverhaltens untersucht.
| Bild 1 | zeigt exemplarisch den Versuchsaufbau für die statischen
Belastungstests an grundlegenden Bodenkomponenten.
Parallel zu den experimentellen Untersuchungen wurden die Ver-
suche jeweils mit Hilfe der erarbeiteten Berechnungsmodelle abge-
glichen. Dabei zeigte sich eine gute Übereinstimmung zwischen Versuch
und Experiment, womit die theoretischen Berechnungsmodelle erfolg-
reich verifiziert werden konnten. Ein ausgewählter Vergleich des theore-
tisch und experimentell ermittelten Durchbiegungsverhaltens (W
max
)
in Abhängigkeit des Biegemomentes M
b,max
für ein BD-GFK/PU-
Sandwich ist in | Bild 2 | dargestellt.
Auf Basis der experimentellen und theoretischen Ergebnisse wurde
ein Vergleich der zur Erfüllung der Steifigkeitsanforderungen notwen-
digen Fahrkorbbodenmassen durchgeführt | Bild 3 |. Hier wird das
enorme Potenzial der Sandwich-Bauweisen deutlich. Gegenüber einer
heutigen Stahlvariante mit etwa 130 kg lässt sich das Gewicht durch
den Einsatz von textilverstärkten Sandwich-Elementen um mehr als
50 % verringern, bei gleichzeitig verschärften geometrischen Restrik-
tionen hinsichtlich der zulässigen Bodenstärken.
Ziel der weiteren Untersuchungen ist die Übertragung der in den
bisherigen Simulationen und Versuchen gewonnenen Erkenntnisse auf
Basis der Sub-Komponenten auf den gesamten Fahrkorb. Die durch
die Seilangriffspunkte sowie durch die Fangvorrichtungen möglichen
asymmetrischen Krafteinleitungen in die Struktur des Fahrkorbes stellen
hier eine besondere Herausforderung dar. | Bild 4 | zeigt einen ersten
CAD(Computer Aided Design)-Entwurf eines Fahrkorbes in so ge-
nannter Schlaufenbauweise.
Betrachtung des Gesamtsystems
Wie bereits erwähnt, ist es bei Treibscheibenaufzügen nicht sinnvoll,
nur das Gewicht des Fahrkorbes und in der Folge somit auch des
Gegengewichtes zu verkleinern. Parallel zum Entwicklungsziel einer
deutlichen Reduzierung des Fahrkorbgewichtes muss eine ausreichen-
de Treibfähigkeit sichergestellt werden, um z.B. problemlos einen voll
beladenen Fahrkorb nach oben beschleunigen zu können. Auf diesem
Gebiet hat das Forschungszentrum TRiAD der ThyssenKrupp Elevator,
USA mit Sitz in San Diego bereits weitgehende Ergebnisse erzielt.
Bei dem neu entwickelten Aufzugssystem ISIS (s.a. ThyssenKrupp
techforum, Juli 2003) ersetzen neuartige KEVLAR
®-Seile die bisher
im Aufzugsbau verwendeten Stahlseile. Diese KEVLAR
®-Seile wiegen
nur noch ein Drittel konventioneller Stahlseile bei vergleichbarem
Durchmesser. Durch eine optimale Abstimmung des Seilmantels
Bild 2 | Biegemomentabhängiges Verformungsverhalten (experimentell und rechnerisch)
20
15
10
5
0
4-Punkt-Biege-Versuche mit maximaler DurchbiegungDeckschicht: 2 mm GFK, Kern: 50 mm PUla = 1.050 mm, ls= 500 mm (= Abstand der Krafteinwirkungen F1,2,3,4)
0
Bild 1 | 4-Punkt-Biege-Versuchsaufbau für Grundstrukturtests
an Sandwich-Elementen
200
300
600
Versuchsergebnisse
Berechnungsergebnisse Ausgleichsgerade Versuch
M
b,max
[Nm]
W
max
[mm]
400 500100
la
ls
F3,4F1,2
Leichtbau in der Aufzugstechnik viele Ausprägungen und Ansatz-
punkte bietet. Am Beispiel eines Aufzugsfahrkorbes bieten textilfaser-
verstärkte Leichtbaustrukturen die Möglichkeit einer Gewichtsredu-
zierung um mehr als 50 % bei vergleichbarer Festigkeit. Allerdings
muss das Gesamtsystem eines Seil-Treibscheibenaufzuges bzgl. der
neuen Gewichtsverhältnisse optimiert werden. Die Zielsetzung der
Entwicklungsteams bei ThyssenKrupp Aufzüge ist es allerdings, in
Zukunft möglicherweise auf die Seile und das Gegengewicht zu ver-
zichten und einen Fahrkorb als selbst angetriebenes Fahrzeug zu reali-
sieren. Für diesen Schritt ist die Notwendigkeit einer extremen Leicht-
bauweise des Fahrzeuges nicht nur ein erfreulicher Trend, sondern eine
absolute Voraussetzung, um derart kühne Vorstellungen eines Tages
Wirklichkeit werden zu lassen.
Einsatz von textilverstärkten Kunststoffen in Leichtbaufahrkörben | 63
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 3 | Vergleich der Fahrkorbbodenkonzepte
140 kg
120 kg
100 kg
80 kg
60 kg
40 kg
20 kg
0 kg
konventionell
4 mm Stahlblech
Duromer
Schaum
6/60/6 GFK/PF 50/50
Nomex-Wabe
PURCycl
Verbundboden
100 % 59 %
54 %
41 %
128 kg
76 kg
69 kg
53 kg
Rollenführung
Faserverstärkte Tragschlaufen
Montagefreundliche Leichtbaukabine
Textilfaserverstärkte Bodengruppe
Bild 4 | Fahrkorb in Schlaufenbauweise
konventionell gekantetes Stahlblech, 4 mm
Duromer Schaum Sandwich bestehend aus 1,5 mm Stahlblech Oberschicht,
2-Komponenten-Duromerschaumsystem, 30 mm und 0,5 mm
Stahlblech-Unterschicht
Nomex-Wabe Sandwich bestehend aus Glasfaserdeckschichten, 6 mm
und einem Nomex
®-Waben-Kern, 60 mm
PURCycl Verbundboden Mit textilen Kurzfasern und Verbundmaterialien verpresster Polyurethan-
Schaumstoff, Oberfläche mit 0,2 mm Aluminiumfolie verstärkt
Gesamtstärke 25-28mm
Zuwachs
[
%
]
mit dem Kunststoffbelag der Treibscheibe wird darüber hinaus eine
wesentlich höhere Treibfähigkeit erreicht. Weitere positive Merkmale
sind der deutlich ruhigere Lauf der Seile über die Treibscheibe und
über die Umlenkrollen sowie ein besseres Verschleißverhalten. Diese
Entwicklung stellt somit eine ideale und notwendige Ergänzung zu
den Überlegungen einer Gewichtsreduzierung des Fahrkorbes dar.
Zusammenfassung
Elektronische Komponenten und Software ersetzen bisher eingesetzte
elektro-mechanische Baugruppen. Serielle Datenübertragung und
Wireless-Technologie verdrängen Kupferleitungen und Kabelbäume.
Textilfasern ersetzen Stahlseile, und hybride Sandwich-Baugruppen
und Tailored Blanks werden anstelle von Stahlprofilen und Standard-
blechen eingesetzt. Diese Trends deuten darauf hin, dass das Thema
Fahrkorbbodenkonzepte
64 |
DIPL.-ING. KARL-HEINZ GERTJEGERDES Leiter Entwicklung/Technologie | Johann A. Krause Maschinenfabrik GmbH, Bremen
DIPL.-ING. (FH) CHRISTIAN PUNDT Gruppenleiter Forschung & Entwicklung | Johann A. Krause Maschinenfabrik GmbH, Bremen
DIPL.-ING. (FH) MICHAEL SCHMIDT Ausführungsverantwortlicher Forschung & Entwicklung | Johann A. Krause Maschinenfabrik GmbH, Bremen
|Prototyp des gewichts- und kostenoptimierten Motoradapters
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Gewichts- und kostenoptimierter Motoradapter
für das COMMONALITY-Aggregatemontagesystem
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Einleitung
Montageanlagen für die Aggregatemontage in der Automobilindustrie
stellen eine sehr komplexe Technologie dar. Die Forderungen der
Kunden sind geringe Investitionskosten, kurze Lieferzeiten, hohe
Flexibilität sowie standardisierte und modulare Montageanlagen. Die
Johann A. Krause Maschinenfabrik hat aus diesen Anforderungen
heraus das Montagekonzept COMMONALITY für einen namhaften,
global agierenden Automobilhersteller entwickelt und realisiert (siehe
Bericht im ThyssenKrupp techforum, Ausgabe Juli/2003). Es ermög-
licht die Montage unterschiedlicher Motoren vom Reihen-3-Zylinder bis
zum V12-Zylinder auf weltweit flexibel einsetzbaren standardisierten
Montageanlagen. Das COMMONALITY-Werkstückträgerkonzept sieht
vor, dass alle zu montierenden Motoren auf einem Standard-Basis-
werkstückträger transportiert werden | Bild 1 |. Der so genannte Motor-
adapter | Bild 2 | bildet dabei das Bindeglied zwischen Aggregat,
Werkstückträger und Montagemaschine. Seine Aufgabe besteht darin,
unterschiedliche Motortypen mit gleichbleibenden Betriebsmitteln zu
transportieren, zu positionieren oder Werkzeuge zu referenzieren. Zur
Verbesserung des manuellen Handlings wurde der Adapter bezüglich
Gewichtsreduzierung weiterentwickelt. Ziel des Vorhabens war neben
der Entwicklung und Konstruktion eines Leichtbau-Motoradapters die
Realisierung einer durchgängigen Prozesskette zur Herstellung von
Leichtbauprodukten. Dabei wurde der gesamte Produktentstehungs-
prozess hinsichtlich Planung, Konzeption und Realisierung betrachtet.
Durch den Einsatz der FEM (Finite-Elemente-Methode) sowie einer
Strukturoptimierung konnten leichte, steife, haltbare und dennoch
wirtschaftlich herstellbare Produkte realisiert werden.
Anforderungen
Die Aufgaben des Motoradapters bestehen darin, die motortyp-
spezifischen Verbindungen zwischen
Motorblock und Basiswerkstückträger | Bild 1 |,
Motorblock und Spannmodul | Bild 3 | sowie
Motorblock und Montagemodul, z.B. an Handarbeitsplätzen | Bild 4 |,
herzustellen. Die bisher gebauten Adapter sind aufwendig in der Her-
stellung und komplett montiert je nach Motortyp bis zu 34 kg schwer.
Mit diesem Gewicht ist der Adapter aus ergonomischer Sicht für
manuelles Handling von Nachteil. Im kontinuierlichen Verbesserungs-
prozess wurde der Motoradapter daraufhin hinsichtlich Gewicht und
Kosten optimiert.
Gestaltfindung durch Topologieoptimierung
Leichtbauprodukte werden bei den Herstellungskosten oftmals kritisch
bewertet. Aufgrund der hohen Produktkostenverantwortung des Ent-
wicklungsbereiches ist es wichtig, in einem möglichst frühen Stadium
modernste und innovative Werkzeuge einzusetzen, um eine verlässliche
Vorhersage über die mechanischen Eigenschaften und die Produkt-
kosten treffen zu können.
Gewichts- und kostenoptimierter Motoradapter für das COMMONALITY-Aggregatemontagesystem | 65
Bild 1 |Werkstückträger des COMMONALITY-Montagesystems
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
66 | Gewichts- und kostenoptimierter Motoradapter für das COMMONALITY-Aggregatemontagesystem
Um bei geringstem Materialeinsatz eine Geometrie mit maximaler
Strukturfestigkeit zu erhalten, wurde das Bauteil mit Hilfe der so ge-
nannten Topologieoptimierung überarbeitet. Dieses Berechnungsver-
fahren dient zum Auffinden optimaler Leichtbaustrukturen innerhalb
eines gegebenen Bauraumes. Vorbild ist die Natur mit ihren Wachs-
tumsgesetzen, wo ebenfalls rationell mit verfügbaren Energien und
Rohstoffen umgegangen wird.
¡Geometrische Vorgaben
Basis für die Optimierung war ein 3D-CAD(Computer Aided Design)-
Modell, dessen Geometrie den maximal zur Verfügung stehenden
Bauraum für den Adapter enthielt | Bild 5 |. Dieser ist in zwei verschie-
dene Teilvolumen unterteilt: Bereiche, die im Endprodukt unverändert
erhalten bleiben müssen (z.B. Anschraubflächen) und zu optimierende
Gebiete. Hier wird an gering belasteten Stellen auf Material verzichtet.
Wo hohe Belastungen auftreten, wird Material hinzugefügt. Für die
Einleitung der Kräfte in den Adapter aus acht definierten Lastfällen
wurde ein den Motorblock nachbildender Hilfskörper modelliert und
fest mit den Kontaktflächen des Adapters verbunden | Bild 6 |.
¡Werkstoffauswahl
Die Auswahl des Werkstoffes beeinflusst das Gewicht des Leichtbau-
produktes wesentlich. Für die Berechnung sind genaue Kenntnisse
der physikalischen Materialeigenschaften erforderlich. Um ein optima-
les Ergebnis hinsichtlich der Einsparung von Bauteilgewicht zu erzielen,
wurde bei der Neuentwicklung des Adapters statt des ursprünglich
eingesetzten Werkstoffes Sphäroguss EN-GJS-500-7 die hochfeste
Aluminiumguss-Legierung Alufont 52 (chemisch: AlCu4Ti) ausgewählt.
Dieser Werkstoff ist besonders gut geeignet für hoch beanspruchte
Bauteile im Maschinenbau.
Bild 2 |Herkömmlicher, nicht optimierter Motoradapter aus Gusseisen (orange) mit Spannpunkten aus Stahlguss (dunkelgrau)
Bild 3 |Spannmodul Bild 4 |
Montagemodul
Z
Y
X
ä
ä
äBild 5 |
Adapter (Optimierungsgebiet magenta dargestellt) Bild 6 |Gesamtmodell mit Hilfskörper
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
¡Topologieoptimierung
Vor der Gestaltoptimierung wurde das Modell der Adapterplatte in-
klusive Motorblock mittels FEM-Berechnung bzgl. Spannungen und
Verformungen auf Plausibilität geprüft. Als Software wurde das Finite-
Elemente-Programm ANSYS eingesetzt. Zu diesem Zweck wurde das
Modell mit Tetraeder-Elementen mit quadratischer Ansatzfunktion
vernetzt. Das feine Netz des Optimierungsgebietes der Adapterplatte
enthält nahezu 100.000 Elemente | Bild 7 |.
Die Topologie des Adapters wurde für acht definierte Lastfälle mit
der Optimierungssoftware TOSCA in einem iterativen Prozess op-
timiert. Dabei handelt es sich um ein modular aufgebautes System,
das auf existierende Finite-Elemente-Programme aufbaut. Es ermög-
licht die Definition von vielfältigen Zielfunktionen und Nebenbedin-
gungen für die parameterfreie Topologie- und Gestaltoptimierung
von Finite-Elemente-Strukturen mit beliebig vielen Lastfällen.
Eine erste Berechnung erfolgte ohne Berücksichtigung jeglicher
Fertigungsrestriktionen. Zur Vermeidung von Hohlstrukturen, die
wirtschaftlich nicht herstellbar wären, wurde eine zweite Optimierung
mit einer Fertigungsrestriktion (Ausheberichtung in z-Richtung) durch-
geführt. Bei beiden Berechnungsdurchgängen wurde die Masse des
Modells, das den maximalen Bauraum beschreibt, in 16 Schritten
iterativ reduziert | Bilder 8, 9 und 10 |. Die volumenreduzierten, hin-
sichtlich des Kraftflusses optimierten Finite-Elemente-Modelle wurden
geglättet und lieferten Hinweise darauf, wo ohne Abstriche bezüglich
der Funktionalität Material eingespart werden konnte.
Gewichts- und kostenoptimierter Motoradapter für das COMMONALITY-Aggregatemontagesystem | 67
Bild 7 |FEM-Netz
Z
Y
X
Hilfskörper
Z
Y
X
ä
ä
ä
ä
ä
ä
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
68 | Gewichts- und kostenoptimierter Motoradapter für das COMMONALITY-Aggregatemontagesystem
¡Entwurfsüberprüfung mittels Finite-Elemente-Methode
Auf Basis der Ergebnisse der Topologieoptimierung wurde unter Be-
rücksichtigung der Fertigungsrestriktionen das Gussteil für einen neuen
Motoradapter konstruiert | Bilder 11 und 12 |. Ziel bei dem Entwurf
war ein homogener Spannungsverlauf über das gesamte Bauteil.
Durch eine iterative Optimierung der Geometrie mittels FEM-Methode
entstand am 3D-Rechner ein Bauteil mit sehr homogenem Span-
nungsverlauf. Die FEM-Berechnungen wurden mit der 3D-CAD-Soft-
ware Unigraphics unter Verwendung des Gleichungslösers Structures-
PE Solver von EDS PLM Solutions durchgeführt.
¡Lösungsansätze für die Spannpunkte
Weiteres Optimierungspotenzial enthielten die am Adapter montierten
und als Verschleißteile ausgeführten Spannpunkte | Bilder 13 und 14 |.
Sie stellen die Kontaktflächen zum Werkstückträger und zu den Spann-
modulen der Montagemaschinen dar und werden beim existierenden
Adapter aus einsatzgehärtetem Stahlguss GS-20MnCr5 gefertigt. Sie
wurden durch kleinere und zugleich kostengünstigere Frästeile aus
einsatzgehärtetem Stahl 16MnCr5 ersetzt. Die Verschraubung der
Spannpunkte mit dem Gussteil wurde nach der VDI-Richtlinie 2230
ausgelegt.
Bild 8 |Adapter in der 1. Iteration
Bild 10 |Gestaltungsvorschlag der Topologieoptimierung.
Bild 9 |Adapter in der 2. Iteration
Z
X
Y
Z
Y
X
Z
Y
X
ä
ä
ä
Z
Y
X
ä
ä
ä
ä
ä
ä ää
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Ergebnis
Der mittels Topologieoptimierung und FEM geometrisch optimierte
Motoradapter bringt gegenüber dem existierenden Adapter für den
Kunden folgende Vorteile:
Gewichtsreduzierung um ca. 50 %,
Erhöhung der Steifigkeit um ca. 37 %,
Reduzierung der Bauteilspannungen um ca. 15 % und
Kostenreduzierung um ca. 35 %.
Gewichts- und kostenoptimierter Motoradapter für das COMMONALITY-Aggregatemontagesystem | 69
Mit dem gewichts- und kostenoptimierten Motoradapter wurde mit
modernster Technologie ein innovatives Produkt entwickelt. Es ist
gelungen, durch konsequenten Leichtbau das manuelle Handling der
Adapter erheblich zu verbessern. Der erzielte Kostenvorteil kann an
die Kunden weitergegeben werden und stärkt die Position der Johann
A. Krause Maschinenfabrik im Wettbewerb als leistungsstarker und
innovativer Partner für die Aggregatemontage in der internationalen
Automobilindustrie. In zukünftigen COMONALITY-Aufträgen werden
Adapter, die nach dem beschriebenen Prinzip optimiert wurden, zum
Einsatz kommen.
Bild 11|Spannungsanalyse
Bild 13 |Spannpunkte des konventionellen Motoradapters Bild 14 |
Vereinfachte Spannpunkte des optimierten Adapters
Bild 12 |Verformungsuntersuchung
55,53
49,98
45,44
40,89
36,35
31,81
27,26
22,72
18,17
13,63
90,87
45,44
00,00
Maximale
Spannung [MPa]
0,1747
0,1573
0,1430
0,1287
0,1144
0,1001
0,8578
0,7148
0,5719
0,4289
0,2859
0,1430
0,0000
Maximale
Verformung [mm]
Z
Y
X
Z
Y
X
ä
ä
ä
ä
ä
Leichtbau im Schwermaschinenbau
70 |
DR.-ING. JÖRG HARTLEB Produktentwicklung/Marketing | ThyssenKrupp Fördertechnik GmbH, Essen
DIPL.-ING. CHRISTIAN PLISCHKE Produktverantwortlicher Kabelkrane | ThyssenKrupp Fördertechnik GmbH, Rohrbach
DR.-ING. FRANK SCHNEIDER Produktentwicklung/Marketing | ThyssenKrupp Fördertechnik GmbH, Essen
PETER WAGNER (BENG) Geschäftsführer | ThyssenKrupp Engineering (Australia) Pty. Ltd., Belmont/Australien
|Staudammprojekt “Three Gorges” mit zwei parallel angeordneten Kabelkranen von ThyssenKrupp Fördertechnik
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Einleitung
Forderungen nach Leichtbauweise begegnen dem Maschinenbauer
auf nahezu allen Gebieten. Sie resultieren aus wirtschaftlichen Betrach-
tungen und technologischen Zwängen, wie z.B. der Einhaltung zu-
lässiger Belastungen für Boden, Fundamente oder Schienen sowie der
Reduzierung von Massenträgheiten.
Gewichtsreduzierungen sind in den häufigsten Fällen unter dem
Aspekt mindestens gleich bleibender Qualität und Stabilität zu betrach-
ten und stellen daher eine der größten Optimierungsaufgaben dar.
Dabei gilt es, verschiedenste Parameter, wie Werkstoff, Formgebung,
d.h. Wahl der Wandstärken, Profile, Volumina, Anzahl von Einzelkompo-
nenten etc. zu variieren. Die in diesem Beitrag vorgestellten Beispiele
verdeutlichen diese Vielseitigkeit, aber auch die Balance, die zwischen
der Optimierung des einen Parameters und der resultierenden Ver-
schlechterung eines anderen zu halten ist.
Im Gerätebau der Umschlag- und Tagebautechnik sind es meist
die ausgeprägten dynamischen Belastungen, die einen konsequenten
Einsatz von Leichtbauweisen verhindern. Dies wird durch die Forde-
rung nach ausreichender Betriebsfestigkeit vorgegeben. Hierfür gelten
vorgegebene Normen. Es muss beachtet werden, dass der erforder-
liche erhöhte Konstruktions- und Fertigungsaufwand beim Leichtbau
für die vielfach maßgeschneiderten, als Einzelstücke hergestellten
Maschinen und Anlagen in wirtschaftlich sinnvollem Verhältnis zum
Nutzen steht.
Bei bestimmten Produkten existieren durch die Funktion vorgegebene
systematische Ansätze zur Anwendung von Leichtbauweisen. Daneben
gibt es auch im klassischen Schwermaschinenbau Aufgabenstellungen,
die nur durch Leichtbau wirtschaftlich zu lösen sind.
Kabelkran “Three Gorges” – China
Der Kabelkran dient dem horizontalen und vertikalen Transport von
Material bis zu 30 t über große Distanzen und Höhen hinweg. Werden
zwei Krane parallel betrieben, können Lasten bis 60 t bewegt werden.
Diese Eigenschaften machen den Kabelkran für bestimmte Einsatz-
gebiete einzigartig und verlangen nach ausgeprägter Leichtbauweise.
Sein Haupteinsatzgebiet besteht im Transport großer Materialmengen
an Zielorte, die mit herkömmlichen Transportgeräten nur unter erheb-
lichem Aufwand schnell und flexibel erreichbar sind, wie z.B. beim
Staudammbau. Dieses für einen Kabelkran typische Einsatzgebiet lässt
alle alternativen Transportverfahren ausscheiden. Der Staudammbau
wird durch eine schwer befahrbare Hanglage und zu überwindendes
Wasser beeinträchtigt, wobei die kontinuierlich wachsende Höhe des
Bauwerkes ein zusätzliches Hindernis darstellt. Rad-, ketten- oder
schienengebundene Transportfahrzeuge und Krane sind daher schnell
überfordert.
Nachdem ThyssenKrupp Fördertechnik die Kabelkrane für den
Staudammbau des heute in Betrieb befindlichen größten Wasserkraft-
werkes Itaipu in Brasilien geliefert hat, wurde 1997 der Auftrag für
Leichtbau im Schwermaschinenbau | 71
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 2 |Laufkatze mit Unterflasche an Trag- (oben) und Fahrseil (unten)
Länge [m] Durchmesser [mm] Gewicht [t]
Tragseil (Spannweite) 1.416 102 88
Fahrseil 3.450 32 13
Nackenseil 1 612 110 45
Nackenseil 2 290 110 21
Schwenkseil 8.400 48 72
Hubseil 2.550 28 7
Einzelkran 1.025
Bild 1 |Eigenschaften der wichtigsten Seile
Es existieren zahlreiche Kräfte, die an den Masten angreifen und mit
ihrer Vertikalkomponente die Fundamente mit maximal 800 t belasten.
Die Gewährleistung folgender Eigenschaften verlangt nach ausgepräg-
tem Leichtbau:
hohe Tragfähigkeiten ohne Knickgefahr bei gleichzeitiger
Entlastung der Lager und Fundamente sowie
leichte Montierbarkeit.
Weitere Notwendigkeiten für die Gestaltung in Leichtbauweise gehen
aus der Wettbewerbsfähigkeit hervor: Jede Tonne, die am Eigengewicht
getragener Komponenten eingespart werden kann, erhöht die Tragkraft
des Krans bei gleich bleibenden Lagerlasten und verringerten Kosten.
Schiffsbelader “Finucane Island” – Australien
1998 erhielt ThyssenKrupp Fördertechnik von BHP Billiton den Auftrag,
auf Finucane Island in Westaustralien einen vorhandenen Schiffs-
belader | Bild 4 | mit einer Ladekapazität von 4.000 t Eisenerz pro
Stunde durch einen mit 8000 t/h | Bild 5 | zu ersetzen. Dieses Projekt
wurde von der ThyssenKrupp Fördertechnik Auslandsgesellschaft
ThyssenKrupp Engineering (Australia) in Perth ausgeführt. Eine wesent-
liche Forderung des Auftraggebers bestand darin, dass sich die Belas-
tung der vorhandenen Pier durch das neue Gerät nur geringfügig
erhöhen durfte, damit diese ohne umfangreiche Verstärkungsmaß-
nahmen weiter genutzt werden konnte. Daraus ergab sich zwingend
72 | Leichtbau im Schwermaschinenbau
die Kabelkrane des noch größeren Staudamms “Three Gorges” am
Yangtse-River in China |siehe Titelbild Bericht| erteilt. Für den 185 m
hohen Staudamm werden bis zu seiner Fertigstellung im Jahre 2009
27 Mio Kubikmeter Beton verbaut. Beim Projekt “Three Gorges” han-
delt es sich um ein Kabelkransystem bestehend aus zwei parallel
angeordneten Kranen, die nach dem Seilbahnprinzip, bei dem das
Tragseil zwischen zwei Masten befestigt ist, arbeiten. | Bild 1 | stellt die
Eigenschaften der wichtigsten Seile zusammen. Durch das Schwenken
der Masten kann das Tragseil in beide Richtungen um je 25 m bewegt
werden. Aufgrund der Höhe der Masten sind dazu nur kleine Schwenk-
winkel erforderlich. Da die beiden Krane einen Abstand von lediglich
30 m haben, ergibt sich für das Gesamtsystem eine Arbeitsbreite
von 80 m.
Die Laufkatze mit Unterflasche, an der die Last (hier bis 25 t) oder
der Betonkübel hängt, wird mittels Fahrseil auf dem Tragseil verfahren
| Bild 2 |. Die Winden zum Schwenken der Maste, zum Fahren der Lauf-
katze und zum Heben und Senken der Last befinden sich jeweils am
Mastfuß. Diese Platzierung stellt eine ganz wesentliche Leichtbaumaß-
nahme dar, da das punktuell belastende Windengewicht aus dem Kran-
system eliminiert und durch deutlich leichtere Seile ersetzt wurde.
Zur hinteren Abspannung der 150 m hohen und lediglich 270 t
wiegenden Maste dienen zwei in der Flucht des Tragseiles angebrachte
Nackenseile, die bei Betrieb mit maximal 470 t belastet werden | Bild 3 |.
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 3 |Laufkatze mit Unterflasche an Trag- (oben) und Fahrseil (unten) Bild 4 |
Ursprünglicher Schiffsbelader mit 4000 t/h
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
der Einsatz von Leichtbaumaßnahmen. Andererseits war für die Be-
messung der Anlage die Anwendung der neuen, konservativeren
Norm AS-4324 vorgeschrieben.
Während der Engineering-Phase stellte sich heraus, dass die bis
dahin verfolgten konstruktiven Ansätze allein nicht ausreichten, um
die Pierbeanspruchungen auf ein akzeptables Maß zu begrenzen. Aus
diesem Grund wurde ein ganzes Bündel von Maßnahmen ergriffen,
deren Umsetzung in ihrer Gesamtheit schließlich zum Erfolg führte.
Um eine leichte Konstruktion ermöglichen zu können, wurden in Ab-
sprache mit dem Kunden und dem unabhängigen Sachverständigen
die Betriebsweise des Schiffsbeladers und als Konsequenz daraus
die Berechnungsansätze für die Auslegung des tragenden Stahlbaus
optimiert. Dazu wurden u.a. die von der Norm vorgeschriebenen Last-
annahmen angepasst. Der Einsatz eines höherfesten Stahles sowie
eine innovative Gestaltung der sekundären Tragwerke führten eben-
falls zu einer spürbaren Massenreduktion. Weitere Reserven wurden
durch den massiven Einsatz der Finite-Elemente-Methode bei der Be-
messung des Stahltragwerkes erschlossen. Darüber hinaus wurde die
komplette Ausrüstung des Gerätes im Hinblick auf mögliche Gewichts-
einsparungen überprüft.
Durch den so realisierten Leichtbau war auch eine einfache Mon-
tage und Aufsetzung auf die Pier möglich. Der Schiffsbelader wurde
fertig montiert angeliefert und mit einem Schiffskran in zusammen-
gebautem Zustand auf die Pier gehoben | Bild 6 |.
Semimobiler Absetzer “Freeport” – Indonesien
1997 erhielt ThyssenKrupp Fördertechnik den Auftrag, für die P.T.
Freeport Indonesia Company eine Anlage zur Aufbereitung und zum
Transport von Abraum in einem Kupfer-/Gold-Tagebau zu liefern. Der
Einsatzort befindet sich in einer schwer zugänglichen Hochgebirgsre-
gion in Zentral-Neuguinea – die Mine selbst liegt etwa 4.000 m über
NN. Die geografischen und klimatischen Bedingungen sind dement-
sprechend durch eine hohe Luftfeuchtigkeit, täglichen Regen sowie
durch gelegentlich auftretende außerordentlich große Windgeschwin-
digkeiten und Erdbeben gekennzeichnet.
Die von ThyssenKrupp Fördertechnik gelieferte Anlage umfasst
eine Brechstation, die durch 150 t Muldenkipper mit Abraum beschickt
wird und diesen förderbandgerecht zerkleinert, einen Absetzer | Bilder
7 und 8 | sowie eine Bandanlage, die den Abraum vom Brecher zum
Absetzer transportiert. Alle Anlagenkomponenten sind versetzbar (semi-
mobil), um dem Fortschritt des Abbaus folgen und damit die Wege
für den kostenintensiven diskontinuierlichen Transport des Abraumes
zum Brecher durch Muldenkipper möglichst kurz halten zu können.
Für den Brecher und den Absetzer kommt dabei eine ebenfalls im
Rahmen dieses Auftrages von ThyssenKrupp Fördertechnik gelie-
ferte Transportraupe mit einer Tragfähigkeit von 1.250 t zum Einsatz
| Bild 9 |. Mit dieser Raupe ist es möglich, die genannten Komponen-
ten weitgehend komplett, d.h. ohne zeitaufwendige Montagearbeiten
vor bzw. nach dem Transport, umzusetzen.
Leichtbau im Schwermaschinenbau | 73
Bild 5 |Technische Daten des angeforderten Schiffsbeladers
Schiffsgröße 20.000 – 164.000 dwt*
Fahrweg 201,0 m
Vorschub Schiffsbelader 29,5 m
Masse Schiffsbelader (ohne Bandschleifenwagen) 520 t
max. Durchsatz 8.000 t/h
Materialdichte 2,0 – 3,0 t/m
3
Gurtbreite 1.500 mm
Geschwindigkeit 5,4 m/s
*deadweight tons
Bild 6 |Anlieferung des fertig montierten neuen Schiffsbeladers
Schiffsbelader “Finucane Island”
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
74 | Leichtbau im Schwermaschinenbau
Aus den oben genannten Bedingungen und zusätzlichen Kunden-
wünschen ergaben sich eine Reihe von Restriktionen für die konstruk-
tive Ausführung des Absetzers sowie insbesondere die Forderung
nach einem möglichst geringen Gesamtgewicht. Deshalb wurde das
Konstruktionsprinzip eines horizontal und vertikal weiträumig durch
Seile abgespannten Auslegers gewählt.
Der durchlaufende Versteifungsträger, der das Abwurfband stützt,
stellt im Wesentlichen eine Rohrfachwerkkonstruktion dar | Bild 10 |.
Es kamen dabei Rundrohre mit Durchmessern von 133 bis 244,5 mm
und Wanddicken von 5 bis 16 mm zum Einsatz. Die einzelnen Schüsse
sind unter Verwendung von Kopfplattenverbindungen miteinander ver-
schraubt. Auch der hintere Mast ist ein Rohrfachwerk, im Gegensatz
zum vorderen Mast, der aus einem einzelnen Rohr mit einem Durch-
messer von 711 mm besteht. Die übrigen Bestandteile des Trag-
werkes (Pontons, Unterbau, Ballastausleger, Zug- und Druckmast)
wurden als konventionelle Blechkonstruktionen ausgeführt.
Die vertikalen Seile (Durchmesser 50 bis 68 mm) stützen im Zu-
sammenwirken mit dem Versteifungsträger und beiden Masten in
erster Linie die Belastung des Auslegers aus Eigengewicht und Förder-
gut. Die Aufgabe des horizontalen Seilsystems (Seildurchmesser 40
bis 68 mm) besteht darin, Querlasten und -momente – insbesondere
aus dem Windeinfluss resultierend – abzutragen. Um sicherzustellen,
dass es unter keinen Umständen zu einer vollständigen Entlastung
eines oder mehrerer Seile und damit zu unerwünschten Lastumla-
gerungen kommt, muss eine kontrollierte Vorspannung aufgebracht
werden. Diese wiederum führt zusammen mit den vertikalen Belas-
tungen und der Vorspannung des Fördergurtes zu einer immensen
Druckbeanspruchung für den Versteifungsträger. Um dessen Stabilität
zu gewährleisten, wurden die Gurtstäbe des Abwurfauslegers aus
hochfestem Stahl (EStE 690) gefertigt.
Bild 7 |Semimobiler Absetzer im Einsatz
Bild 9 |Umsetzen des Absetzers mittels Transportraupe
Allgemeines
Durchsatz 6.250 m
3
/h
Materialdichte 1,8 t/m
3
Auslegerlänge 127 m
Aufnahmeband
Länge 20 m
Gurtbreite 1.600 mm
Geschwindigkeit 4,83 m/s
Höhe der Abwurftrommel über Planum
maximal + 31,5 m
minimal - 19,0 m
Dienstgewicht 1.160 t
davon Ballast 280 t
Abwurfband
Länge 150 m
Gurtbreite 1.400 mm
Geschwindigkeit 8,64 m/s
Bild 8 |Technische Daten des Absetzers
Absetzer “Freeport”
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Aus dem Obigen wird deutlich, dass einer korrekten Einstellung
des Vorspannzustandes und dessen Aufrechterhaltung eine entschei-
dende Bedeutung für die Sicherheit des Tragwerkes zukommt. Zu
diesem Zweck wurden spezielle Seilköpfe | Bild 11 | verwendet, an
denen hydraulische Pressen eingesetzt werden können. Mit deren
Hilfe ist es möglich, die kraftübertragende Kontaktfläche im Seilkopf
temporär zu entlasten, durch Ablesen der Drücke die Seilkräfte zu
messen und mit Hilfe von Distanzstücken die effektive Seillänge und
damit die Vorspannkraft zu verändern. Dennoch ist die Einstellung der
Vorspannung keine triviale Aufgabe, denn infolge der statischen Unbe-
stimmtheit des Systems werden durch Veränderung lediglich einer
Seilkraft auch alle anderen beeinflusst.
Im Stahlbau der Tagebaugeräte werden Rohrfachwerke nur selten
eingesetzt. Der Grund liegt darin, dass aufgrund stark und häufig
wechselnder Belastungen meist Betriebsfestigkeitskriterien für die
Bemessung der Tragwerke maßgebend werden. Hohlprofilkonstruk-
tionen sind dabei fertigungsbedingt im Nachteil. Unter solchen Um-
ständen kommen auch die Vorzüge hochfester Stähle gegenüber her-
kömmlichen Baustählen nicht zur Geltung. Dass der Einsatz von Hohl-
profilen und hochfesten Stählen im vorliegenden Fall dennoch zu
einer wirtschaftlichen Lösung führte, ist der Tatsache zu verdanken,
dass die dynamischen Lasten hier vergleichsweise gering sind.
Fazit
Leichtbau im Schwermaschinenbau ist kein Paradoxon. Wie die vor-
gestellten Beispiele aus der Tagebau- und Umschlagtechnik beweisen,
sind die Leichtbauweisen im Schwermaschinenbau nicht nur möglich,
sondern oft auch notwendig, weil damit wirtschaftliche Vorteile erzielt
werden können.
Durch den größeren Aufwand im Engineering sowie höhere Material-
und Fertigungskosten ist der Leichtbau spezifisch teurer. Deshalb
wird er dort verwirklicht, wo er zur wettbewerbsfähigsten Lösung führt.
Leichtbau im Schwermaschinenbau | 75
Bild 10 |Abwurfausleger des Absetzers in Rohrfachwerkkonstruktion Bild 11 |
Seilkopf mit eingesetzten hydraulischen Pressen
76 |
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Titanaluminid – eine neue Werkstoffklasse für den
Leichtbau in Flugtriebwerken und Hochleistungsmotoren
DIPL.-ING. PETER JANSCHEK Leiter Technologie-Entwicklung | ThyssenKrupp Turbinenkomponenten GmbH, Remscheid
|Hochdruckverdichterschaufeln im Flugtriebwerk
Titanaluminid – eine neue Werkstoffklasse für den Leichtbau in Flugtriebwerken und Hochleistungsmotoren | 77
Einleitung
Die Entwicklungsprogramme für Antriebe in der Verkehrstechnik zielen
auf eine ständige Steigerung von Leistung und Effizienz ab. Mittel
dazu sind z.B. die Erhöhung des Wirkungsgrades von Verbrennungs-
maschinen durch Anheben der Arbeitstemperatur und die Verringerung
der bewegten Massen. Beiden Forderungen wird ein neuer Werkstoff
gerecht, der hohe Warmfestigkeit mit guten Festigkeitseigenschaften
bei niedrigem spezifischen Gewicht vereint: die zur Klasse der inter-
metallischen Verbindungen gehörende Legierung Titanaluminid. Diese
guten Eigenschaften werden jedoch mit einem Nachteil erkauft: Das
Verhalten dieses Werkstoffes entspricht eher dem von Keramik als von
Metall. Deshalb ist die Formgebung sehr schwierig und lässt sich nur
mit einem speziellen Verfahren bewerkstelligen. Bei ThyssenKrupp
Turbinenkomponenten in Remscheid ist in den vergangenen sechs
Jahren unter Förderung durch das Bundesministerium für Bildung
und Forschung das Isothermschmieden von Titanaluminid entwickelt
worden. Als erste Bauteile wurden Laufschaufeln für den Hochdruck-
verdichter eines Flugtriebwerkes hergestellt. Auch in der Automo-
biltechnik im Rennsport finden bereits Ventile aus Titanaluminid
Verwendung.
Eigenschaften von Titanaluminid
Intermetallische Phasen zeichnen sich aufgrund ihrer starken Atom-
bindung durch hohe Festigkeiten aus, die auch bei hohen Temperaturen
gegeben sind. Speziell bei Titanaluminid werden diese guten mecha-
nischen Eigenschaften bei geringer Dichte erzielt. Beispielhaft seien
die wichtigsten Eigenschaften genannt:
relativ hoher Schmelzpunkt von ca. 1.460 °C,
geringe Dichte von 3,9 bis 4,2 g/cm
3
,
hoher E-Modul von 170 GPa bei 600 °C,
Streckgrenze von 420 MPa bei 600 °C und
gute Korrosionsbeständigkeit.
Der Vorteil von Titanaluminiden gegenüber konventionellen Werkstoffen
wird deutlich, wenn man die auf die Dichte bezogenen spezifischen
Eigenschaften betrachtet. So würde sich theoretisch ein Draht aus
Titanaluminid, der an einem Ende aufgehängt ist, bei 600 °C erst bei
einer Gesamtlänge von 25 km infolge seines Eigengewichtes um 0,2 %
dehnen. Eine Nickellegierung mit gleicher Warmfestigkeit hätte diese
Dehnung unter gleichen Bedingungen schon nach 12 km Gesamt-
länge erreicht.
Einsatz im Hochdruckverdichter von Flugtriebwerken
In Hochdruckverdichtern von Flugtriebwerken werden heute üblicher-
weise Laufschaufeln aus Nickellegierungen eingesetzt | siehe Titelbild
Bericht |. Das Temperaturniveau ist jedoch noch nicht derart hoch, dass
die Warmfestigkeit dieser Werkstoffe voll ausgenutzt wird. Hier könnten
eigentlich herkömmliche Titanlegierungen verwendet werden. Durch das
Anstreifen der Schaufeln an das Gehäuse würde sich jedoch das Titan
entzünden. Da Titanaluminid nicht brennbar ist, können die Nickel-
schaufeln durch Titanaluminid substituiert und damit die Hälfte des
Schaufelgewichtes eingespart werden. Weil die Fliehkraft sich quadra-
tisch mit dem Gewicht erhöht, sind die Kräfte, die die Schaufeln auf
die Turbinenscheiben ausüben, um den Faktor 4 geringer als bei
Verwendung herkömmlicher Schaufeln. Damit können diese Scheiben
entsprechend schwächer dimensioniert werden, wodurch eine weitere,
noch größere Gewichtseinsparung ermöglicht wird. Durch die Verringe-
rung der rotierenden Massen wird wiederum das dynamische Verhalten
des gesamten Triebwerkes günstig beeinflusst. Der Einsatz von Titan-
aluminid-Laufschaufeln wird ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg
zur weiteren Effizienzsteigerung von Flugtriebwerken sein.
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 1 | Fertigungsstadien einer Verdichterschaufel
78 | Titanaluminid – eine neue Werkstoffklasse für den Leichtbau in Flugtriebwerken und Hochleistungsmotoren
Einsatz in Formel-1-Rennmotoren
Bei Rennmotoren mit einer Drehzahl von ca. 18.000 U/min ist die Ver-
ringerung der bewegten Massen ein wichtiges Kriterium zur Leistungs-
steigerung. Im Vergleich zu den bisher eingesetzten Ventilen aus Nickel-
basislegierungen wird auch hier durch den Einsatz von Titanaluminid
die Halbierung der Masse bei gleicher Warmfestigkeit genutzt. Ein
weiterer Vorteil der intermetallischen Verbindungen gegenüber einer
Titanlegierung ist deren gute Korrosionsbeständigkeit. In Formel-1-
Rennsportmotoren werden daher zunehmend Ein- und Auslassventile
aus Titanaluminid eingesetzt. ThyssenKrupp Turbinenkomponenten
stellt heute schon serienmäßig geschmiedete Titanaluminid-Ventile her.
Eine weitere interessante Möglichkeit zur Leistungssteigerung ist
die Verringerung der bewegten Massen im Kurbeltrieb. Die in Serien-
motoren üblichen Stahlpleuel werden durch Leichtmetalle ersetzt. Die
heute in Formel-1-Motoren eingesetzten Pleuel aus Titanlegierungen
sind jedoch problematisch hinsichtlich ihrer Kriecheigenschaften.
Die Konstrukteure beabsichtigen, sich hier die bessere Kriechfestig-
keit und die höhere Steifigkeit der Titanaluminide zunutze zu machen.
ThyssenKrupp Turbinenkomponenten betreibt derzeit Entwicklungen
in dieser Richtung.
Umformung durch Isothermschmieden
Aufgrund seiner Eigenschaften als intermetallische Verbindung ist
Titanaluminid bei Raumtemperatur verhältnismäßig spröde. Auch bei
hohen Temperaturen muss ein Umformwiderstand überwunden werden,
der mit dem von Nickelbasislegierungen vergleichbar ist. Eine Beson-
derheit ist, dass die Fließspannung stärker als bei anderen Metallen
mit höherer Umformgeschwindigkeit ansteigt. Verbunden damit ist
ein Abfallen des Umformvermögens bei höherer Umformgeschwindig-
keit, d.h. die Rissgefahr nimmt zu. Die Summe dieser Eigenschaften
hat dazu geführt, dass sich Titanaluminid-Legierungen bis vor kurzem
nur durch Gießen in die gewünschte Form bringen ließen. Allerdings
ist das Gussgefüge nicht für den Einsatz in stark dynamisch bean-
spruchten Bauteilen, wie z.B. Turbinenschaufeln, geeignet. Durch
geeignete thermomechanische Behandlung kann das Mikrogefüge
zu der gewünschten feinkörnigen Struktur rekristallisieren. Notwendig
dafür ist die Umformung des Werkstoffes, z.B. durch Schmieden. Erst
durch die Entwicklung eines Verfahrens, mit dem bei konstanter hoher
Temperatur die Werkzeuge mit äußerst geringen Geschwindigkeiten
bewegt werden können, ist es gelungen, Bauteile aus Titanaluminid
durch Schmieden herzustellen. Bei dem so genannten Isotherm-
schmieden haben sowohl das Werkzeug als auch das Schmiede-
stück die gleiche Temperatur, damit während der langen Umformzeiten
die Schmiedestücktemperatur in dem notwendigen engen Fenster
gehalten werden kann. | Bild 1 | zeigt die Fertigungsstadien einer
Verdichterschaufel unter Anwendung des Isothermschmiedens. Aus-
gehend von einem Rundstab, der aus dem gegossenen Titanalu-
minidblock durch Strangpressen hergestellt wurde, wird zunächst
das Fußvolumen isotherm angestaucht. Im Schaufelgesenk wird an-
schließend die Schaufel in zwei Stufen geschmiedet. | Bild 2 | zeigt die
Schaufelvorform im Isothermgesenk vor dem Schmieden. Die fertige
Schaufel nach dem Schmiedevorgang ist in | Bild 3 | zu sehen. In
beiden Fällen betragen sowohl Gesenk- wie auch Schmiedestück-
temperatur 1.150 °C. Zur Vermeidung von Rissen muss die Geschwin-
digkeit des Pressenstößels derart niedrig gewählt werden, dass der
Umformprozess zwischen den Stadien | Bilder 2 und 3 | in einem
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 2 | Isothermgesenk mit Schaufelvorform Bild 3 | Isothermgesenk mit geschmiedeter Schaufel
Zeitraum von ca. 5 Minuten durchgeführt wird. Die Gesenke sind aus
der Molybdänlegierung MHC gefertigt, da lediglich dieser Werkstoff
eine hinreichende Warmfestigkeit unter den genannten Bedingungen
aufweist. Zum Schutz der Werkzeuge vor Sauerstoff muss der gesamte
Prozess in einer Schutzgasatmosphäre durchgeführt werden. Die bei
ThyssenKrupp Turbinenkomponenten in Remscheid installierten Iso-
thermpressen mit Presskräften von 4 bzw. 50 MN verfügen beide über
entsprechende Einrichtungen, bei denen der gesamte Pressenraum
einschließlich Erwärmungsofen unter Stickstoff gehalten wird.
An das Schmieden der Schaufeln schließen sich die Wärmebehand-
lung und das Entfernen des Grates an. Wegen der trotz des nunmehr
feinen Gefüges immer noch geringen Duktilität ist das herkömmliche
Abgraten durch ein Schneidewerkzeug nicht möglich. Das überschüs-
sige Material wird daher durch Wasserstrahlschneiden abgetrennt. Durch
elektrochemisches Bearbeiten (ECM – Electro Chemical Machining)
wird die Endkontur des Schaufelblattes hergestellt, während der Schau-
felfuß durch Fräsen und Schleifen seine Endform erhält. | Bild 4 | zeigt
einbaufertige Schaufeln für den Kunden Rolls Royce, die in einem
Versuchsträger zur Vorserienerprobung eingesetzt werden.
Ausblick
Mit dem Isothermschmieden ist ein Verfahren entwickelt worden, das
die Herstellung hoch beanspruchter Bauteile aus Titanaluminid ermög-
licht. Nach Bewährung in Versuchstriebwerken wird dieser Werkstoff
in kurzer Zeit Einzug in Flugtriebwerke für die zivile Luftfahrt halten.
Das Potenzial zur Verringerung der bewegten Massen ist derart groß,
dass zukünftige Entwicklungen den Einsatz von Titanaluminid voraus-
setzen. Im Pkw-Motor könnte die Verwendung von Titanaluminid den
Kurbeltrieb revolutionieren.
Als Hürde erweist sich jedoch heute noch der hohe Preis dieser
Teile durch den aufwendigen Herstellprozess. Wegen der immer noch
zu geringen Warmfestigkeit der heute einsetzbaren Molybdänwerk-
stoffe können die für das Präzisionsschmieden verlangten engen
Maßtoleranzen nicht eingehalten werden. Deshalb ist bisher nur das
Schmieden von Teilen mit Aufmaß möglich, was aufwendige Nach-
bearbeitungen zur Folge hat. Durch den Einsatz neuer höchstwarm-
fester Gesenkwerkstoffe mit besserer Formstabilität, wie Graphit oder
Keramik, wird in Zukunft Präzisionsschmieden auch in dieser Werk-
stoffklasse möglich sein.
Die Erzeugung von schmiedbarem Vormaterial findet heute durch
Strangpressen der Gussblöcke statt. Für die isotherme Prozessführung
ist hierzu eine umständliche und teure Kapseltechnik notwendig. Durch
Fortschritte in der Feingusstechnik für Titanaluminid könnten schmied-
bare gegossene Vorformen zum Isothermschmieden eingesetzt wer-
den, die nicht nur das Strangpressen ersetzen könnten, sondern auch
Vorformoperationen, die ebenfalls isothermes Schmieden erfordern. An
beiden Entwicklungsfeldern wird intensiv bei ThyssenKrupp Turbinen-
komponenten gearbeitet.
Titanaluminid – eine neue Werkstoffklasse für den Leichtbau in Flugtriebwerken und Hochleistungsmotoren | 79
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Bild 4 | Einbaufertige Titanaluminid-Verdichterschaufeln für den Kunden Rolls Royce
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
80 |
PETER DIEKMANN Öffentlichkeitsarbeit | ThyssenKrupp Services AG, Düsseldorf
MICHAEL HORLÄNDER Produktmanagement Kunststoffe | ThyssenKrupp Schulte GmbH, Düsseldorf
|Dachkonstruktion eines Busbahnhofes aus transparenten Polycarbonat-Massivplatten
Transparente Sicherheit: Dach-, Wand- und
Maschinenschutzverglasungen aus Polycarbonat
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Einleitung
Polycarbonat (PC) ist ein Thermoplast und zählt zu der Gruppe der
technischen Kunststoffe. Zu seinen besonderen Eigenschaften zählen der
hohe Temperaturbereich für den Dauergebrauch von -40 bis +115 °C,
seine glasartige Transparenz und die Tatsache, dass Polycarbonat der
schlagzäheste Kunststoff ist, der weder bricht noch splittert.
Polycarbonat wurde erstmalig im Mai 1953 von H. Schell bei Bayer
hergestellt. Das Verfahren wurde rasch in einer Versuchsanlage ge-
testet und schon 1958 in industriellem Maßstab umgesetzt. Unab-
hängig von Schell entdeckte D.W. Fox zeitgleich bei General Electric
per Zufall das Polycarbonat als zähe Masse in einer Vorratsflasche.
Auch hier führten weitergehende Versuchsreihen bald zur industriellen
Produktion. Heute findet der Kunststoff Verwendung in den verschie-
densten Bereichen, beispielsweise bei der Herstellung von CDs, beim
Einbau von Flugzeugfenstern oder als schusssichere Verglasung für
gepanzerte Fahrzeuge.
ThyssenKrupp Schulte zusammen mit Thyssen Röhm Kunststoffe
gehören europaweit zu den führenden Distributeuren und Dienstleistern
hinsichtlich Kunststoff-Halbzeugen. Polycarbonat wird von ThyssenKrupp
Schulte aufgrund seiner Eigenschaften zum Bau von Dach- und Wand-
verglasungen angeboten. Weitere Schwerpunkte liegen aber auch bei
der Maschinen-, Apparate- und Anlagenverglasung, wo Polycarbonat
als Schutzverglasung Einsatz findet.
Vorteile für neue Bauweisen
Die steigenden gestalterischen Anforderungen von Architekten sowie
der wachsende Kostendruck bei den Verarbeitern erfordern die stän-
dige Entwicklung neuer Produkte. Gefragt sind innovative Lösungen,
die den baurechtlichen Vorschriften entsprechen, der Witterung dauer-
haft trotzen, architektonischen Kriterien gerecht werden und sich leicht,
schnell und kostengünstig verarbeiten lassen. Insbesondere bei Gewer-
behallen oder im Sport- und Freizeitanlagenbau werden lichtdurch-
flutete Räume gefordert. Filigrane und transparente Spielfeld- und
Tribünendächer müssen neben ihrem Eigengewicht auch Wind-, Sog-,
und Schneelasten aufnehmen, bei allen Wettern aber möglichst wenig
verschmutzen und optimalen Schutz bieten. Polycarbonat bietet in
diesem Zusammenhang eine echte Alternative zu herkömmlichen
Werkstoffen | Bild 1 |.
Transparente Polycarbonat-Platten, ob Massiv oder Hohlkammer,
bieten ein natürliches Licht, sind sehr leicht und UV-beständig. Dies
sind wichtige Qualitäten für die Verwendung als Lichtband im Dach-
und Wandbereich von Gewerbehallen. Gerade für Überdachungen
eignen sich so genannte Hohlkammerplatten, deren Kammerstruktur
besonders gute Isolierungseigenschaften besitzt | Bild 2 |. So kann
eine Menge Energie gespart werden. Polycarbonat-Hohlkammerplatten
finden u.a. auch Verwendung für Carports, Pergolen, Balkonüber-
dachungen und Wintergärten. Hohlkammerplatten sind sehr biegesteif
und eignen sich deshalb besonders für großflächige Verglasungen.
Sie wiegen dabei nur einen Bruchteil einer vergleichbaren Glaskonstruk-
tion. Da Polycarbonat weder bricht noch splittert, besteht auch im
Extremfall nicht die Gefahr herabfallender Bruchstücke. Dies ist für
Gewerbehallen genauso von Vorteil wie z.B. für Gewächshäuser. Man
denke dabei an alte Industriehallen und deren Oberlichter mit Drahtglas-
füllungen. Jede dieser Glasscheiben ist mindestens einmal gesprungen,
Transparente Sicherheit: Dach-, Wand- und Maschinenschutzverglasungen aus Polycarbonat | 81
Bild 1 |Witterungsschutz als Stadionwandverglasung aus Polycarbonat-Paneelen
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
82 | Transparente Sicherheit: Dach-, Wand- und Maschinenschutzverglasungen aus Polycarbonat
bei Regen bilden sich daher unter den Dachfenstern unzählige Wasser-
pfützen. Mit Polycarbonat gehört dies der Vergangenheit an. Zusätzlich
ist die Wärmeisolierung von Hohlkammerplatten um ein Vielfaches
besser als die von konventionellem Drahtglas | Bild 3 |.
In Ergänzung dazu sind Massivplatten mit attraktiv strukturierter
Oberfläche verfügbar. Hier stehen zusätzlich die sichtschützenden
Eigenschaften bei der Verwendung als Geländerfüllung für Balkone,
Treppen oder Trennwände im Vordergrund. Außerdem lassen sich Hohl-
kammer- wie auch Massivplatten kalt einbiegen, um daraus z.B. optisch
attraktive tonnenförmige Lichtstraßen für den Dachbereich, für Ein-
gangsüberdachungen oder Überdachungen von Bahnhaltestellen
| Bild 4 | herzustellen. ThyssenKrupp Schulte bietet der meist mittel-
ständischen Handwerkerschaft hierbei verschiedene Verlegeprofil-
systeme aus Aluminium an, die entsprechend der Aufgabenstellung
auch eine so genannte thermische Trennung bewirken. Das bedeutet,
dass an der Außenseite der Verlegeprofile keine Metallverbindung zum
unteren Profil besteht und dadurch ein Temperaturaustausch zwischen
beheizten Räumen und der kalten Außenluft deutlich reduziert wird.
Die außerordentliche Bruchsicherheit macht das Material für spezielle
Schutzsysteme interessant: Polycarbonat ist nach DIN EN 12415 als
Material für Sicherheitsverglasungen in Werkzeugmaschinen geprüft
worden | Bild 5 |. Für Außenanwendungen auch im Brandschutz hat
sich der Kunststoff bewährt und ist gemäß Brandklassifizierung bei
Dicken von 1-4 mm für den Innenbereich schwer entflammbar nach
DIN 4102 B1 und bei Dicken über 4 mm normal entflammbar nach
DIN 4102 B2 .
Eigenschaften von Polycarbonat und der verschiedenen Derivate
ThyssenKrupp Schulte bietet zahlreiche Varianten von Polycarbonat an:
„Standard“-Polycarbonat:
ist ein äußerst zäher Kunststoff mit einem breiten thermischen
Einsatzbereich und sehr guten optischen Eigenschaften. Dank guter
Kalt- und Warmverformbarkeit ist er problemlos zu bearbeiten und
wird aufgrund seiner Eigenschaften gerne für transparente Schutz-
verkleidungen im industriellen Umfeld eingesetzt.
UV-geschütztes Polycarbonat (PC-UVP):
ist ein besonders für den Außeneinsatz ausgerüsteter Kunststoff,
der in seinem sonstigen Eigenschaftsprofil mit dem unmodifizierten
Standardprodukt identisch ist. Dieses Material hat eine lange
Lebensdauer bei hoher und dauerhafter Transparenz. PC-UVP
findet überall dort Anwendung, wo eine hohe Schlagzähigkeit
und Festigkeit bei andauernder Bewitterung und Sonneneinstrah-
lung gefordert wird.
Polycarbonat abriebfest:
wird mit einer ein- oder zweiseitigen Beschichtung für extreme
Anforderungen an Abriebfestigkeit und Chemikalienbeständigkeit
versehen. Das Plattenmaterial ist mit einer dünnen, spannungs-
frei aufgebrachten, äußerst widerstandsfähigen und hochtrans-
parenten Schutzschicht veredelt. Platten aus PC abriebfest eignen
sich gut als plane Sicherheitsverglasung im industriellen Umfeld,
wo erhöhte Belastungen auftreten, z.B. durch Metallspäne, Bohröle,
Kühlflüssigkeiten oder Reinigungsmittel.
Bild 2 |Kalt eingebogene Polycarbonat-Hohlkammerplatten
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Antistatisches Polycarbonat (PC-AS):
ist mit einer Antistatik-Beschichtung versehenes Plattenmaterial,
das Schutz vor elektrostatischer Aufladung bietet und somit die
Anziehung von Staub und Schmutz verhindert. PC-AS bietet außer-
dem ideale Bedingungen für Reinräume, wie z.B. bei der Elektronik-
und Halbleiterfertigung. Blitzartige elektrostatische Entladungen
(ESD – Electro Static Discharge) können bei der Fertigung von
Elektronikbauteilen und Halbleitern schwere Schäden verursachen
oder die Funktion von Mess- und Regeleinrichtungen stören. Diese
Effekte sind in Reinräumen unerwünscht.
Polycarbonat-Verbunde:
sind eine spezielle Gruppe von Materialkombinationen, z.B. ein
Glas/PC-Verbund, der das geringe spezifische Gewicht, die hohe
mechanische Widerstandsfähigkeit des Kunststoffes und die makel-
lose Oberfläche und die Unbrennbarkeit des Glases vereint. Denk-
bar sind Anwendungen im Schiffsinnenausbau, Ladenbau und
im Fahrzeugbau.
PC/PC-Verbunde:
bestehen aus mehreren Lagen von Polycarbonatplatten, welche
jeweils mit einer hoch transparenten, sehr zähen Zwischenlage
verbunden sind. Je nach Verbundaufbau können durchbruch-
hemmende (Angriff mit einer Axt) bis durchschusshemmende
(großkalibrige Faustfeuerwaffen, Maschinenpistolen bzw. Hand-
granaten) Verbunde hergestellt werden. Anwendungen werden
wegen des geringen Gewichtes auch im Fahrzeugbau, in gefähr-
deten Ladenbereichen bzw. im Vitrinenbau für Museen etc. ge-
sehen. Die Verbunde sind im Gegensatz zu Sicherheitsglas mit
einer handelsüblichen Säge zuzuschneiden und sondern bei einem
Zerstörungsversuch keine Splitter ab.
weitere Ausführungen:
z.B. mit Beschichtungen gegen den Niederschlag von Wasserkon-
densat oder mit der Eigenschaft, Wärmestrahlung einer bestimmten
Wellenlänge zu reflektieren.
Dienstleistung im Vordergrund
Basis für die schnelle Verfügbarkeit aller Kunststoff-Materialien bei
ThyssenKrupp Schulte und Thyssen Röhm Kunststoffe ist ein ausge-
feiltes Lager- und Logistiksystem. Dadurch können die bestellten
Materialien just-in-time überall dort angeliefert werden, wo die Kunden
es wünschen. Jeder Kunde erhält außerdem sein Material nicht nur
zum Wunschtermin, sondern auch genau in den Abmessungen, die
er benötigt: als individuell vorgefertigtes Einzelteil oder als Serienferti-
Transparente Sicherheit: Dach-, Wand- und Maschinenschutzverglasungen aus Polycarbonat | 83
Bild 3 |Wärmeisolierende, transparente Polycarbonat-
Platten eines Hallenfensters
Bild 4 |Bahnhaltestelle mit kalt eingebogenen transparenten Polycarbonat-Massivplatten
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
84 | Transparente Sicherheit: Dach-, Wand- und Maschinenschutzverglasungen aus Polycarbonat
gung. Die klassischen Zuschnitte von Platten werden von ThyssenKrupp
Schulte mit Hilfe computergestützter Optimierungsprogramme durch-
geführt, damit möglichst wenig Verschnitt entsteht. Darüber hinaus
sind aber auch zahlreiche ergänzende Bearbeitungen im Angebot, die
von externen Spezialbetrieben zugeliefert werden.
Der Dienstleistungsaspekt steht bei ThyssenKrupp Schulte generell
im Vordergrund. Aufgrund der vielfältigen Materialausprägungen als
Massivplatte und Hohlkammerplatte mit verschiedenen Kammer-
strukturen in diversen Dicken, Farben, Formaten und Beschichtungen
ergibt sich ein verkaufsaktives Sortiment von mehr als 600 Produkten.
Fast alle Bedarfsfälle lassen sich ohne zeitlichen Verzug aus dem
Lagersortiment von ThyssenKrupp Schulte bedienen. Über computer-
gesteuerte Sägeanlagen wird das vom Kunden gewünschte Endformat
exakt zugeschnitten und ein ausgeklügeltes Logistiksystem bringt die
Ware auf dem schnellsten Weg zum Kunden. Die neue Fahrzeugge-
neration ist GPS(Global Positioning System)-gesteuert und verfügt über
spezielle Einrichtungen zur variablen Ladungssicherung von Kunst-
stoffplatten. Dadurch kann die Ware mit einem minimalen Verpackungs-
aufwand sicher beim Kunden angeliefert werden.
Auch bei der maschinellen Bearbeitung vor Ort stehen ThyssenKrupp
Schulte und Thyssen Röhm Kunststoffe beratend zur Seite. Das
Thermoplast lässt sich bohren, sägen, fräsen, biegen oder thermo-
formen und ist grundsätzlich ein unkompliziertes Material, das mit
den meisten Maschinen, die sich auch für Holz und Metall eignen,
bearbeitet werden kann. Beim Zuschnitt sollten aber unbedingt nur
gut geschärfte Werkzeuge eingesetzt werden, um optimale Schnitt-
kanten zu gewährleisten. Zum Sägen mit hohen Schnittgeschwindig-
keiten und vielschneidigem Fräsen sollte Druckluftkühlung verwendet
werden, kein Wasser oder Kühl-Emulsionen. Lasereinsatz zum Schnei-
den wird aufgrund optischer Rückstände an der Schnittkante nicht
empfohlen. Beim Bohren werden Bohrer mit zwei Spannuten und
einem Spitzenwinkel von 90 bis 120 ° empfohlen. Bei tiefen Bohrungen
hilft häufiges Lüften des Bohrers. Zum Formen sind warm- und kalt-
biegen, ebenso wie warm und kalt abkanten möglich. Das warme
Abkanten sollte bei einer Temperatur von 145 bis max. 160 °C er-
folgen. Beim Thermoformen muss Polycarbonat grundsätzlich vorge-
trocknet werden. Ab einer Plattenstärke von 3 mm ist beidseitige
Erwärmung notwendig.
Bei der Montage ist zu beachten, dass zur Befestigung von Poly-
carbonat-Platten Aluminiumnieten mit großen Nietköpfen oder Edel-
stahlschrauben (keine Senkkopfschrauben) verwendet werden soll-
ten. Falls die Konstruktion mehrfach montiert und demontiert wird,
empfiehlt sich der Einsatz von Metallgewinden. Die Schraublöcher
sollten ausreichend groß dimensioniert sein (1,5 x Schraubendurch-
Bild 5 |Maschinenschutzverglasung aus abgekanteten, transparenten Polycarbonat-Massivplatten
messer), damit sich die Platten bei Temperaturschwankungen aus-
dehnen können. Der Abstand der Befestigungslöcher vom Platten-
rand sollte mindestens das 1,5-fache des Lochdurchmessers betragen.
Idealerweise werden die von ThyssenKrupp Schulte angebotenen
Aluminiumprofilsysteme zur sicheren Verlegung von Kunststoffplatten
verwendet.
Fazit
Polycarbonat ist aus dem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken.
Die Architekten im Hochbau und die Konstrukteure im Maschinenbau
schätzen die unschlagbaren Vorteile von Polycarbonat gleichermaßen.
Das gegenüber Glas ca. 50 % geringere Gewicht bei 250-fach höherer
Schlagzähigkeit, die hohe Transparenz und brillante Optik sind an sich
bereits entscheidende Vorteile. Hinzu kommt, dass dieser Werkstoff
praktisch unzerbrechlich ist und nicht splittert. Das Plattenmaterial
lässt sich kalt einbiegen und sogar kalt abkanten. Polycarbonat ist
physiologisch unbedenklich und kann somit z.B. in der Lebensmittel-
fertigung oder in medizinischen Bereichen verwendet werden. In
einem großen Temperaturbereich von -40 bis +115 °C verändert
Polycarbonat seine Leistungswerte nicht. Damit ist es selbst in Tief-
kühlhäusern wie im Dampfbereich von Kraftwerken ideal einsetzbar.
Zahlreiche zur Verfügung stehende Beschichtungen erweitern die
Anwendungsmöglichkeiten von Polycarbonat. So kann die Bestän-
digkeit gegen Chemikalien, wie Lösungsmittel, Säuren und Laugen,
aber auch gegen Abrasion und UV-Strahlung deutlich verbessert
werden.
Polycarbonat ist erst ca. 50 Jahre jung und sieht heute mehr denn
je einer wirtschaftlich interessanten Zukunft entgegen.
Bild 6 |Gewölbte Dachverglasungskombination aus Polycarbonat-Hohlkammer- und Massivplatten
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Transparente Sicherheit: Dach-, Wand- und Maschinenschutzverglasungen aus Polycarbonat | 85
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
86 | Inhalt Band 6 | 2004
Ausgabe Juli | 2004
Seite
NSB® NewSteelBody – Karosserieleichtbau mit Stahl | 08
DR.-ING. HENRIK ADAM | ThyssenKrupp Stahl
DIPL.-ING. BERNHARD OSBURG | ThyssenKrupp Stahl
DR.-ING. LOTHAR PATBERG | ThyssenKrupp Stahl
DR.-ING. AXEL GRÜNEKLEE | ThyssenKrupp Stahl
DIPL.-ING. THOMAS FLÖTH | ThyssenKrupp Stahl
DIPL.-ING. MARTIN HINZ | ThyssenKrupp Stahl
Abgasrückführung aus NIROSTA® für Dieselfahrzeuge | 14
DR. RER. NAT. PANICOS PAPAIACOVOU | ThyssenKrupp Nirosta
Direktglühen – eine neue Straße im Fertigungsverfahren von ferritischem, rostfreiem Stahl 430 | 18
ING. LAURA ALLEVA | Centro Sviluppo Materiali
ING. ANTONIO BUFALINI | ThyssenKrupp Acciai Speciali Terni
ING. GUSTAVO BRASCUGLI | ThyssenKrupp Acciai Speciali Terni
ING. ROCCO SIANO | ThyssenKrupp Acciai Speciali Terni
Wassertanks aus rostfreiem Edelstahl | 24
GERHARD STICKER | ThyssenKrupp Mexinox
JORGE ABASCAL | ThyssenKrupp Mexinox
Presta DeltaValveControl – mechanisch kontinuierlich variable Ventilsteuerung | 28
DR.-ING. HELMUT SCHÖN | ThyssenKrupp Presta
Einführung der HSC-Technologie für den Werkzeugbau | 34
DIPL.-ING. DIETER KOESLING | ThyssenKrupp Gerlach
Das CPC-Verfahren für Leichtmetall-Fahrwerksteile | 40
DR.-ING. LARS WÜRKER | ThyssenKrupp Fahrzeugguss, Kloth-Senking Metallgießerei
DR.-ING. THOMAS ZEUNER | ThyssenKrupp Fahrzeugguss, Kloth-Senking Metallgießerei
Hängekabelloser Aufzug: Berührungsfreie Informations- und Energieübertragung | 46
DIPL.-ING. GERHARD THUMM | ThyssenKrupp Aufzüge
DIPL.-ING. (FH) MARKUS JETTER | ThyssenKrupp Aufzugswerke
Innovative Entwicklung eines horizontalen Bearbeitungszentrums – BLUESTAR 5 | 52
DIPL.-ING. (FH) HORST SCHMAUDER | Hüller Hille
DIPL.-ING. (FH) JOACHIM KRISCHKE | Hüller Hille
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
Inhalt Band 6 | 2004 | 87
Seite
Uhde-Zweidruckverfahren für große Ammoniakanlagen | 56
DR.-ING. DENNIS LIPPMANN | Uhde
JOHN LARSEN, P.E. | Uhde Corporation of America
Entwicklung eines multifunktionalen Spannsystems | 62
DIPL.-ING. BERND STAKEMEIER | Rothe Erde
DIPL.-ING. KLAUS HENKE | Rothe Erde
Tandemmischen – ein neues Konzept revolutioniert ein traditionelles Verfahren | 68
PROF. DR.-ING. ANDREAS LIMPER | ThyssenKrupp Elastomertechnik
DR.-ING. HARALD KEUTER | ThyssenKrupp Elastomertechnik
ThyssenKrupp techforum Dezember | 2004
88 | Inhalt Band 6 | 2004
Ausgabe Dezember | 2004
Seite
Stahlleichtbau bei Fahrzeugtüren | 10
DIPL.-ING. ERIK HILFRICH | ThyssenKrupp Stahl
DR.-ING. LOTHAR PATBERG | ThyssenKrupp Stahl
Eine neue Herstellungsmethode und Anwendungspotenziale für Magnesiumblech | 14
DR.-ING. BERNHARD ENGL | MgF Magnesium Flachprodukte
Leichtbauwerkstoffe und Fertigungstechnologien bei der Entwicklung von Pkw-Achskomponenten | 22
DIPL.-ING. KLAUS RUNTE | ThyssenKrupp Umformtechnik
Gewichtsreduzierung durch hochbeanspruchte Rohrstabilisatoren | 28
DR. RER. NAT. LUTZ MANKE | ThyssenKrupp Federn
DIPL.-ING. HANS DZIEMBALLA | ThyssenKrupp Federn
Leichtbau-Stoßdämpfer aus Aluminium | 34
DIPL.-ING. RALF KUSCHE | ThyssenKrupp Bilstein
Produkt- und Prozess-Engineering im Fokus des Leichtbaus | 38
DIPL.-ING. ULRICH HOCHER | ThyssenKrupp Drauz
DIPL.-ING. MICHAEL HAGE | ThyssenKrupp Drauz
DIPL.-ING. (FH) THOMAS KELLER | ThyssenKrupp Drauz
Verbundplattenbauweise für Leichtbau-Fahrzeugkonstruktionen | 44
BRUCE N. GREVE (MENG) | ThyssenKrupp Budd Technology and Innovation Center
Leichtbauweise im Motorenbau am Beispiel der Nockenwelle | 50
DR. TECHN. PETER MEUSBURGER | ThyssenKrupp Presta
Leichtbau im Bereich der Lenkwellen – Rohr-in-Rohr-Lösungen | 56
DR. SC. TECHN. CHRISTOPH KLUKOWSKI | ThyssenKrupp Presta
DIPL.-ING. RONY MEIER | ThyssenKrupp Presta
DIPL.-ING. (FH) JOSEF BOERSMA | ThyssenKrupp Presta
DIPL.-ING. CARSTEN MANNECK | ThyssenKrupp Presta
Einsatz von textilverstärkten Kunststoffen in Leichtbaufahrkörben | 60
DIPL.-ING. (FH) GERHARD THUMM | ThyssenKrupp Aufzüge
Gewichts- und kostenoptimierter Motoradapter für das COMMONALITY-Aggregatemontagesystem | 64
DIPL.-ING. KARL-HEINZ GERTJEGERDES | Johann A. Krause Maschinenfabrik
DIPL.-ING. (FH) CHRISTIAN PUNDT | Johann A. Krause Maschinenfabrik
DIPL.-ING. (FH) MICHAEL SCHMIDT | Johann A. Krause Maschinenfabrik
ThyssenKrupp techforum Juli | 2004
Seite
Leichtbau im Schwermaschinenbau | 70
DR.-ING. JÖRG HARTLEB | ThyssenKrupp Fördertechnik
DIPL.-ING. CHRISTIAN PLISCHKE | ThyssenKrupp Fördertechnik
DR.-ING. FRANK SCHNEIDER | ThyssenKrupp Fördertechnik
PETER WAGNER (BENG) | ThyssenKrupp Engineering (Australia) Pty. Ltd.
Titanaluminid – eine neue Werkstoffklasse für den Leichtbau in Flugtriebwerken und Hochleistungsmotoren | 76
DIPL.-ING. PETER JANSCHEK | ThyssenKrupp Turbinenkomponenten
Transparente Sicherheit: Dach-, Wand- und Maschinenschutzverglasungen aus Polycarbonat | 80
PETER DIEKMANN | ThyssenKrupp Services
MICHAEL HORLÄNDER | ThyssenKrupp Schulte
Inhalt Band 6 | 2004 | 89
ThyssenKrupp techforum Juli | 2004