Universität Augsburg - Proseminar: Soziologie der sozialen UngleichheitThema: Theodor Julius Geiger / Helmut Schelsky
Aufbau
● Vorstellung Theodor Geiger● Geigers Verhältnis zu Marx● Geigers Begriffe / Definitionen● Geigers Vorgehensweise● Zusammenhang Lage / Schicht● Geigers Schichtenmodell im Detail● Die Bedeutung Geigers● Vorstellung Helmut Schelsky und dessen Ansatz
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Theodor Julius Geiger
Zur Person:● Geboren 1891 in München● Studium Rechts- und Staatswissenschaften München und Würzburg● 1918 Promotion● 1929 Professor für Soziologie in Braunschweig● 1933 Emigration nach Dänemark● 1938 Professor für Soziologie in Aarhus● 1943 Flucht nach Schweden● 1945 Rückkehr nach Dänemark● gestorben 1952
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Geigers Verhältnis zu Marx
● Zunächst steht Geiger der Zweiklassentheorie sehr nahe, bestreitet die Dreiklassentheorie
● Durch Studie Anfang der 30er Jahre neue Einsichten, entwirft ein differenzierteres Bild der 5-Schicht-Gesellschaft.
● Kein einheitlicher Mittelstand, wegen unvergleichbarer Mentalitäten.Neu: Angestellte, Beamte und „Proletaroiden“
● Entfernung von Marx: seine Prognose (Verelendung) ist nicht eingetreten, v. A. wegen demokratischer Entwicklungen, techn. Fortschritt.
● Theorie nicht mehr gültig für die Realität des 20. Jhd.● Endgültige Abkehr von Marx, Annäherung der Schichten● Geht von „sozialer Mobilität“ und „Mobilitätsbarrieren“ aus (vgl.
Schelsky).
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Schicht
Schichtdeterminanten Soziallage Schichtmentalität
Begriffe: Schicht
Schicht● Urteilsfrei● Kennzeichnet entscheidend die Struktur einer Gesellschaft,
„bewegende Kräfte des sozialen Geschehens“● Gleiche oder ähnliche Lage der Mitglieder● Bewusste Vereinfachung
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Begriffe: Determinanten, Lage, Mentalität
Determinanten● Faktoren, die die Soziallage bestimmen
Lage● Wird bestimmt durch (dominante) Determinanten
Mentalität● Ergibt sich für das Individuum aus der Soziallage, beschreibt deren
psychische Auswirkungen.
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Begriffe: Klasse, Stand
Klasse● bleibt als Begriff in der marxschen Definition erhalten, wird in der
Position vom Begriff Schicht abgelöst
Stand oder Kaste● gelten als historische Sonderformen der Schicht mit speziellen
Determinanten, ebenso die Klasse
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Begriffe: Dominanz, Mehrdimensionalität, Fluktuation und Umschichtung
Mehrdimensionalität● Nur ein mehrdimensionales Schichtmodell kann die Gesellschaft
beschreiben (vgl. eindimensionales Klassenmodell von Marx)
Dominanz● Daher: Gesellschaft ist mehrfach geschichtet, es ergeben sich dabei
dominante und subdominante Schichtungen der Sozialstruktur.Dient der vorsätzlichen Vereinfachung, um ein fassbares Bild der Gesellschaft zu erhalten
Fluktuation● Bewegung von Individuen von Schicht zu Schicht
Umschichtung (quantitativ, qualitativ oder als Strukturwandel)● Beschreibt eine Veränderung des gesamten Schichtgefüges
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Begriffe: Dynamik
Dynamik● Zentrale These in Geigers Ansatz; Gesellschaft ist keine Ding,
sondern ein Prozess
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Geigers Vorgehensweise
Studien zur sozialen Schichtung und Umschichtung
● 1. Phase: Auseinandersetzung mit Begriffen, Thesen, Theorien zur Entwicklung der Sozialstruktur
● 2. Phase: Auseinandersetzung mit kontroversen Ansichten über die Entwicklung der Sozialstruktur erste umfangreiche empirische Untersuchung 1925 differenziertes Schichtungsmodell der dt. Gesellschaft
● 3. Phase: Analyse der sozialen Umschichtung mit Augenmerk auf die Überlegungen zur soz. Mobilität
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Geigers Vorgehensweise
Grundlegendes Prinzip Geigers Gesellschaftsanalyse
● Anpassung von Begriffen & Theorien an eine sich ständig wandelnde Realität
● Die begrifflichen & perspektivischen Grundlagen der Schichten Analyse blieb konstant
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Zusammenhang Lage / Schicht
Schicht ist allgemeiner Oberbegriff
Geiger ersetzt den allg. Oberbegriff der Klasse mit dem Konzept der sozialen Schichtung
Schichtung: Soziallage (Status) der Schichtangehörigen, die Schichtmentalität & die Schichtdeterminanten
● Soziallage (Status): der über das Individuum hinaus gehende, situative Aspekt der Schichtstruktur
Schichtbegriff: Lebensumstände mit denen unterschiedliche Lebenschancen verknüpft sind→ Soziallage (Status) erhält den vertikalen Aspekt der sozialen Ungleichheit
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Zusammenhang Lage / Schicht
● Mentalität: Prägung des Menschen durch seine soziale Lebenswelt Ausdruck der Mentalität ist der Lebensduktus
● Schichtmentalität: Bindeglied zur politischen Dimension● Keine deterministischen Deutung des Zusammenhangs von
Soziallage & Mentalität→ Verhältnis typischer Entsprechung
● Mentalität als psychische Antwort auf die Lage ● Schichtenanalyse erfordert neben dem Einsatz von empirischen
Methoden, auch hermeneutischer Verfahren● Schichtdeterminanten: Faktoren bestimmen die Soziallage und der
Mentalität wesentlich und variieren von Gesellschaft zu Gesellschaft
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Schichtenmodell im Detail
Besteht aus 3 Aspekten:
1. Soziallagen (Status)2. Schichtungsmentalität3. Schichtungsdeterminanten
● Schichtungsbegriff gliedert die Bevölkerung nach Lebensumständen mit denen unterschiedliche Lebenschancen gekoppelt sind
● Die Lebenssituation wirkt auf die Psyche der Schichtangehörigen → Klassenbewusstsein
● Der psychische Aspekt wird im Begriff der Mentalität eingegliedert. Mentalität wiederum Bindeglied zur pol. Dimension des Schichtbegriffes
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Schichtenmodell im Detail
● Schichtenanalyse nicht nur empirisch sondern auch hermeneutisch
● Entstehung von nicht nur vertikalen sondern auch horizontalen Schichtlinien (mehrere Schichten die nebeneinander einzugliedern sind, wegen Artverschiedenheit und nicht nur wegen dem Rang)
● Im Schichtenmodell können die gesellschaftlichen Schichten nicht klar voneinander getrennt da der Zusammenhang zwischen. Soziallagen und Mentalität nur typisch und nicht determiniert ist → fließende Übergänge und Überschneidungen.
● Mehrdimensionales Schichtgefüge ( „Gesellschaft als ein in mehreren aneinander grenzenden Richtungen gegliedertes Ganzes“ )
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Schichtenmodell im Detail
● Nahezu jede Gesellschaft in mehrfachen Richtungen geschichtet, einige haben untergeordnete Bedeutung, andere sind maßgebend für die Sozialstruktur
● Schichten sind dynamisch d.h. Dominanz verschiebt sich manchmal im Laufe der Zeit
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Die Bedeutung Theodor Geigers
● Analyse der Sozialstruktur präzise und realitätsnah, anders als andere Zeitgenossen
● Klassiker der Soziologie
● Geiger gelang es nicht das Schichtungsprinzip seiner Gesellschaft auszuarbeiten
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Helmut Schelsky
Zur Person:● Geboren 1912 in Chemnitz● bis 1931 Studium Philosophie, Germanistik,
Geschichte, Kunstgeschichte in Königsberg● bis 1935 Studium Philosophie in Leipzig● 1935 Promotion● 1943 außerordentl. Professur für Soziologie in Straßburg (nicht
angetreten)● Professur für Soziologie in Hamburg (1953), Münster (1965),
Bielefeld (1970)● 1978 Honorarprofessur Rechtssoziologie in Graz● gestorben 1984
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Helmut Schelsky
● Ist die Bundesrepublik eine Klassengesellschaft?● Bestätigt Marx These der Klassengesellschaft – bezogen auf das 19.
Jhd.● Klassen existieren auch im 20. Jhd. - als Relikt● Gegensätze zunehmen eingeebnet
durch soziale Ab- und Aufstiegsprozesse, neue Berufe, soziale Absicherung, Massenkonsum (Pflicht zum Konsum), Bürokratie
● Vereinheitlichung auch kulturell● Entscheidend ist nun die Position als Konsument, es entsteht eine
Freizeit- und Verbrauchsgesellschaft● An Stelle des Klassenkonfliks tritt die Verteilung des Wohlstandes,
auch hier entstehen Spannungen, aber anders begründet
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Helmut Schelsky
● Unterstellt hohe soziale Mobilität (vgl. Geiger)● Entwirft damit das Modell der „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“
Abbau der Schichtbedeutung (Entschichtung)● Multidimensionales Modell soll den Gegensatz von Arbeit und Kapital
überwinden● Einfluss Schelskys immer noch sehr weitreichend (Beck, Luhmann)● Angleichung hat teilweise tatsächlich stattgefunden ● Aber:
Berücksichtigt nicht die innere Differenzierung der „nivellierten Mittelschicht“Angleichung hat bei Weitem nicht im unterstellten Maß stattgefunden, vergleiche hierzu aktuelle Studie des DIW.
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Danke!
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.
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Quellen:
● Universität Graz, 50 Klassiker der Soziologie:http://www.kfunigraz.ac.at/sozwww/agsoe/lexikon/index.htm, 09.11.2007
● Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Nr. 45 / 2007, S. 665 ff.http://www.diw.de/documents/publikationen/73/74780/07-45-1.pdf, 09.11.2007
● Geißler, R. (1985): Die Schichtungssoziologie von Theodor Geiger. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie (37), S. 387 – 407
● Schroer, M. (2001): Klassengesellschaft. In: Kneer, G. Klassische Gesellschaftsbegriffe der Soziologie, München, S. 139 – 160
● Geiger, T. (1962): Theorie der sozialen Schichtung. In: Maus, H. (Hrsg.): Soziologische Texte, Bd. 7, S. 186 – 205
● Schelsky, H. (1965): Auf der Suche nach der Wirklichkeit. Düsseldorf-Köln, S. 331 – 336
● Geißler, R. (1995): Die Bedeutung Theodor Geigers für die Sozialstrukturanalyse der modernen Gesellschaft. In: Bachmann, S. (Hrsg.): Theodor Geiger. Berlin, S. 273 - 297