Thrombosen beim Neugeborenen Thrombosen beim Neugeborenen Ursachen und KlinikUrsachen und Klinik
Tobias Hübner, MD
www.tigc.org
2
Thrombosen bei FG/NG - EinleitungThrombosen bei FG/NG - Einleitung
Auftreten von Thrombosen V.a. in der Neugeborenenperiode
Pränataler Gefässverschluss selten zu beweisen, aber oft vermutet bei TG mit Verschluss grosser Gefässe
Differentialdiagnostik: Vasospasmus – Transient durch arterielle Konstriktion oft schwer von einer
frühen Thrombose zu unterscheiden– Diagnose retrospektiv nach Beweis der transienten Natur
sowie vollständiger Erhohlung innert Minuten bis Stunden
3
Thrombosen bei FG/NG – Einleitung IIThrombosen bei FG/NG – Einleitung II
Venen: Renal, portal, mesenterial, hepatisch, pulmonal, Vena Cava
inf./sup., cerebrale Sinus TG v.a .mit venösen Thrombosen der V. cava, Vv. renales,
Sinusvenenthrombose nach Hypotension
Arterien: Aorta, aortale Äste, Extremitätenarterien, cerebrale Arterien Aortenthrombose i.d.R. nach endothelialer Verletzung durch
Katheter Schlaganfall durch niedrigen Fluss und Ischämie v.a. im Bereich
der „Wasserscheide“ der A. cerebri media
4
Thrombosen bei FG/NG - EinleitungThrombosen bei FG/NG - Einleitung
Erhöhtes Risiko durch: Polyglobulie mit erhöhter Viskosität Kleine Gefässdurchmesser, v.a. im Verhältnis zum
Durchmesser des Katheters Niedrige Proteinspiegel – wichtig für Gerinnung und
Fibrinolyse Schwere der „vascular challenge“ während Wehen/Geburt Zugrundeliegende - zusätzliche - ernsthafte Erkrankung Mütterlichen DM, Hypoxie, Polycythämie, Infektion, DIC
5
Thrombosen bei FG/NG - EpidemiologieThrombosen bei FG/NG - Epidemiologie
Altersgipfel bei FG/NG, zweiter Gipfel ab Pubertät Inzidenz: 5/100'000 Lebendgeborene, abhängig von
der Intensität der Suche 5% aller kranken Neugeborenen 25% arteriell, 75% venös Neonatale venöse TE fast immer katheterassoziiert
und asymptomatisch Höhere Zahlen bei intensiver Überwachung bei
liegendem Katheter
6
Thrombosen bei FG/NG – Diagnostik IThrombosen bei FG/NG – Diagnostik I
(Familien-)Anamnese/Klinik Sonographie Doppler-/Duplex-Sonographie
– Sensitivität/Spezifität unklar, bei NVK oft unsicher
Eventuell Phlebo-/Angiographie– Kontrast Angiographie ist Goldstandard, aber bei kranken
NG oft schlecht durchführbar
MRT-Angiographie
7
Thrombosen bei FG/NG – Diagnostik IIThrombosen bei FG/NG – Diagnostik II
Minimaldiagnostik: Blutbild: Hb, Hk, Tc Gerinnungsstatus: Quick, PTT, Fibrinogen, D-Dimere
Erweiterte Diagnostik Evtl. zu einem späteren Zeitpunkt durchführen Genetische Untersuchungen falls möglich Einfluss auf Dauer der Re-okklusionsprophylaxe Altersabhängigkeit der Werte Kontrolle im Verlauf
8
Thrombosen bei FG/NG – Ursachen IThrombosen bei FG/NG – Ursachen I
Angeboren (selten alleinige Ursache) Selten: Inhibitorenmangel
– AT-Mangel, Protein C-/S-Mangel
Häufiger: Genetische Defekte– Faktor-V-Leiden-G1691A-Mutation, hetero-/homozygot– Prothrombin-G20210A-Mutation, hetero-/homozygot– Methyltetrahydrofolatreduktase-(MTHFR)-Polymorphismus,
homozygot– Lipoprotein-(a) Erhöhung (endgültiger Wert nach 1.
Lebensjahr)
9
Thrombosen bei FG/NG – Ursachen IIThrombosen bei FG/NG – Ursachen II
Zentraler Venenkatheter (Vena cava-Thrombose) Herzkatheter Peripartale Asphyxie Sepsis Polyglobulie Herzvitien Exsikkose Fetopathia diabetica Antiphospholipid-Antikörpersyndrom der Mutter
prothrombotischer Zustand
10
Thrombosen bei FG/NG – Pathogenese IThrombosen bei FG/NG – Pathogenese I
Vasospasmus und Thrombose durch:– Endothel-/Intimaläsion
Vasokonstriktion durch Thromboxan A2 sowie Aktivierung der Gerinnungskaskade
– Infusion hyperosmolarer Lösungen– Unterbrechung des Blutflusses
11
Thrombosen bei FG/NG – Pathogenese IIThrombosen bei FG/NG – Pathogenese II
Homöostase des NG unterscheidet sich quantitativ sowie qualitativ von der älterer Kinder und Erwachsener
Unterschiede in der Reaktion auf antithrombotische Substanzen:– 50% weniger Thrombinbildung im Plasma– Konzentration an AT sowie Protein C ist vermindert– Fibrinolytisches System zeigt altersabhängie Variationen
Thrombolyse verlängert– Plasminogen in Menge und Aktivität vermindert
(50% des Erwachsenen, mit 6 Mt. normal)
12
Thrombosen bei FG/NG – Pathogenese IIThrombosen bei FG/NG – Pathogenese II
Balance der Homöostase des NG verhindert bei gesunden Kind die Bildung von TE sowie Blutungen
beim Kranken oder Frühgeborenen gestört
Gefahr von TE und Blutungen
90% der venösen TE sind mit zentralvenösen
Kathetern assoziiert
13
Thrombosen bei FG/NG – Klinik IThrombosen bei FG/NG – Klinik I
Venöse Thrombose:
Schwellung, livide Verfärbung, evtl. Kollateralen Arterielle Thrombose:
Blässe, Pulslosigkeit, Blutdruck, O2-Sättigung
nicht ableitbar Zerebraler Verschluss:
z.B. zerebraler Krampfanfall
CAVE: Anhaltende Bakteriämie und Thrombopenie
14
Thrombosen bei FG/NG – Klinik IIThrombosen bei FG/NG – Klinik II
Nierenvenenthrombose v.a. bei normalgewichtigen oder LGA Termingeborenen oft tastbarer Tumor der Flanke innerhalb der ersten 48h vermehrt bei Müttern mit DM Hämaturie, Hypertension, Thrombozytopenie Meist eine Niere grösser, aber beide betroffen Behandlung mit guter Überlebensrate, aber oft
Parenchymverlust + Hypertension Bei fehlendem Risiko für Blutung:
Thrombolyse + Antikoagulation versuchen
15
Thrombosen bei FG/NG – Klinik IIIThrombosen bei FG/NG – Klinik III
Schlaganfall meist innerhalb der ersten 24h Diagnostik ggf. durch CT ergänzen
Thrombophilie genetische Disposition für Thrombosen präsentiert sich selten bereits bei NG, meist während der
Kindheit bei Kindern mit zwei bis drei Thrombophilie-Genen bei NG Abklärung bei ungewöhnlichen Thrombose,
20% mit Prädisposition
16
Thrombosen bei FG/NG – Klinik IVThrombosen bei FG/NG – Klinik IV
Katheterassoziierte Thrombose 90% der venösen Thrombosen sind katheterassoziiert Ziel ist möglichst kurzer Einsatz der Katheter Kontrovers ob TG mit Thrombose nach NVK eine Abklärung
bzgl. Thrombophilie bekommen sollten Thrombosen bei FG sind meist katheterassoziiert Pathogenese meist assoziiert mit Gefässverlegung,
Endothelschaden, niedrigem Blutfluss Inzidenz symptomatischer aortaler Thromben bei FG rückläufig
durch:– Bessere Betreuung– Kürze Liegedauer– Weniger sklerosierende oder hypertone Medikamente
17
Thrombosen bei FG/NG – Klinik VThrombosen bei FG/NG – Klinik V
Komplikationen Ischämische Verletzung des betroffenen Organs/Extremität Ausbreitung des Thrombus Infektion
www.strokezenter.org
18
Thrombosen bei FG/NG – Therapie IThrombosen bei FG/NG – Therapie I
Adäquate Infrastruktur nötig: Monitoring Thrombolyse möglich Labor/Blutbank Chirurgie
1. Supportive Care2. Antikoagulation mit UFH oder LMWH
– Marcoumar wegen des schwierigen Monitorings nur selten eingesetzt
– Blutungsrisiko gegenüber dem Risiko des Organverlustes abwägen
3. Chirurgie
19
Thrombosen bei FG/NG – Therapie IIThrombosen bei FG/NG – Therapie II
Bisher keine statistisch ausreichend gesicherten Therapien Therapieempfehlungen meist von Daten jugendlicher oder
erwachsener Patienten abgeleitet Vor Therapiebeginn IMMER Schädelsonographie Therapie der Wahl ist die Vollheparinisierung Rücksprache mit Hämostaseologen Bei arterielle Thrombosen
– gefässchirurgischen Eingriff diskutieren Chirurgie:
– nur im absoluten Notfall– Thrombektomie, Mikrochirurgie der Gefässe, venöse Dekompression
durch „leeches“, dekomprimierende Fasziotomie bei Kompartment-Syndrom
20
Thrombosen bei FG/NG – Therapie IIIThrombosen bei FG/NG – Therapie III
Physiologie NG hat erhöhte Heparin-Clearance durch:
– grösseres Verteilungsvolumen – beschleunigten Medikamenten-Metabolismus– T ½ von Vollheparin bei TG: 25 Min. vs. 70 Min. bei
Erwachsenen
höhere Dosen bei TG erforderlich, bei FG < 25 Wochen niedrigere Dosis wegen der eingeschränkten Clearance
21
Thrombosen bei FG/NG – Therapie IVThrombosen bei FG/NG – Therapie IV
Therapiekontrolle PTT kein guter Verlaufsparameter aufgrund der
physiologischen Verlängerung Therapiekontrolle durch Anti-Xa besser geeignet
LMWH mit bis doppelter Erwachsenendosis bei TG, bei FG reduziert, Vorteil der subkutanen Applikation
Ausbleibender Effekt von Heparin oder LMWH
Gabe von Antithrombin erwägen
22
Thrombosen bei FG/NG – Therapie VThrombosen bei FG/NG – Therapie V
Vasospasmus-Therapie Entfernung des Katheters falls möglich NAK-Vasospasmus: reflektorische Vasodilatation durch Wärmen der
Gegenseite Gewebeischämie kann auch nach Entfernung des Katheters
persistieren:– Persistierender Vasospasmus– Kleine Koagel in den Endarterien
Keine Anwendung von Antikoaglulation oder Thrombolyse Bei anhaltenden Symptomen Suche nach TE Topisches Nitroglycerin als Therapieversuch
– Umwandlung intrazellulär in NO– gute Absorption durch gesunde Haut– Erwachsenen Wirkeintritt nach 1 h, Wirkdauer 6h (für NG keine Daten)– NW: Hypotension
23
Thrombosen bei FG/NG – Therapie VIThrombosen bei FG/NG – Therapie VI
Grundtherapie und „Supportive Care“ Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt ausgleichen Anämie oder Thrombozytopenie korrigieren Sepsisbehandlung Katheter entfernen (evtl. zur Thrombolyse belassen)
24
Thrombosen bei FG/NG – Therapie VIIThrombosen bei FG/NG – Therapie VII
KI bzgl. Antikoagulation und thrombolytischer Therapieabsolut grössere chirurgische Eingriffe innerhalb von 10 Tagen Nachweis grösserer Blutung (intracranial, pulmonal,
gastrointestinal)
relativ Thrombozytopenie Hypofibrinogenämie (< 100 mg/dl) Schwere Gerinnungsstörung Hypertension
25
Thrombosen bei FG/NG – Therapie VIIIThrombosen bei FG/NG – Therapie VIII
Vorsichtsmassnahmen Keine arteriellen Punktionen, s.c. oder i.m.-
Injektionen, Blasenkatheter Kein Aspirin oder andere
Thrombozytenaggregationshemmer Schädelsono vor und im Verlauf der Behandlung
26
Thrombosen bei FG/NG – Therapie IXThrombosen bei FG/NG – Therapie IX
Orale Antikoagulation Marcoumar = Vitamin-K-Antagonist bei NG/Säuglingen schwer zu kontrollieren höhere Dosis nötig, längeres Überlappen mit Heparin längere Dauer bis zum Erreichen des Wirkspiegels häufigere INR-Kontrollen mehr Dosisanpassung und weniger INR-Werte im Zielbereich v.a. bei gestillen NG gefährlich wegen niedriger Vit-K-Spiegel Pharmakologie nach Auflösen ist unklar
27
Thrombosen bei FG/NG – Therapie XThrombosen bei FG/NG – Therapie X
UFH verstärkt Aktivität von AT Gerinnungsenzyme zu inaktivieren,
v.a. Thrombin Dosis zum Erreichen der therapeutischen aPTT ist bei NG und kleinen
Kindern grösser Unsicher:
– Optimale Ziel-aPTT – Therapiedauer, ca. 5-14 Tage, Monitoring des Thrombus wichtig
Komplikationen: – Blutung– Thrombozytopenie (HIT) – oft schwer von vorbestehender
Thrombozytopenie zu trennen– Osteoporose bei Langzeitanwendung
Antidot: Protamin, Dosis abhängig von Heparindosis der letzten 2h
28
Thrombosen bei FG/NG – Therapie XIThrombosen bei FG/NG – Therapie XI
LMWH aus UFH, Fraktionen von ca. 5'000 d verschiedene Präparate unterscheiden sich in Molekulargewicht
und anti-FIIa/anti-Fxa-Ratio, starke spezifische Aktivität (in-vitro) gegen FXa, weniger gegen
Thrombin Wirkmechanismus wie Heparin, Monitoring über anti-Fxa
29
Thrombosen bei FG/NG – Therapie XIIThrombosen bei FG/NG – Therapie XII
LMWH Vorteil s.c.-Applikation, hohen Bioverfügbarkeit, besser
vorhersehbare pharmakologische Eingenschaften, daher nach Erreichen des Zielbereiches weniger Monitoring nötig
(bei Erwachsenen) weniger HIT, Osteoporose und Blutungen Einsatz von Insuflon erfolgreich, jedoch Blutungen berichtet Vor LP oder invasiven Massnahmen zwei Gaben Pause + anti-
FXa-Messung Antidot: Protamin, whs. weniger wirksam als bei Heparin
30
Thrombosen bei FG/NG – Thrombolyse IThrombosen bei FG/NG – Thrombolyse I
Indikation:
ausgedehnte Thrombosen mit drohendem Organverlust Plasminogen --> Plasmin, das spaltet Fibrinogen und
Fibrin zu Fibrinspaltprodukten Wirksamkeit bei NG durch niedrigen
Plasminogenspiegel herabgesetzt, daher ggf. Plasminogen-Gabe zur Steigerung der Wirksamkeit
Streptokinase/Urokinase weitgehend durch rTPA ersetzt Kein Unterschied in der Wirksamkeit, aber keine
Studien zu Sicherheit und Wirksamkeit bei NG
31
Thrombosen bei FG/NG – Thrombolyse IIThrombosen bei FG/NG – Thrombolyse II
Streptokinase unspezifischer Plasminogenaktivator gereinigtes Protein aus C betahämolysierenden Streptokokken NW: Allergische/toxische Reaktionen Urokinase Kultur aus Nieren verstorbener Neugeborener Seit `99 in USA wegen Infektionsrisiko verboten, in UK weiter verbreitet rTPA (theoretische) Vorteile gegenüber Strepto- und Urokinase strenge Affinität zu Fibrin
--> fibrinolytische Aktivität auf den Thrombus beschränkt kurze Halbwertzeit
32
Thrombosen bei FG/NG – Thrombolyse IIIThrombosen bei FG/NG – Thrombolyse III
Monitoring der Thrombolysetherapie Bildgebung alle 4-12 Stunden, um Therapie nach
Lyse zu beenden Thrombinzeit, Fibrinogen, Plasminogen und D-Dimere
vor Beginn, nach 3-4h sowie 1-3x/d im Verlauf Fibrinolytische Antwort durch Abfall der
Fibrinogenkonzentration und Anstieg der Spaltprodukte gemessen
Fibrinogen sollte > 100 mg/dl bleiben, um Blutungen zu vermeiden
33
Thrombosen bei FG/NG – Thrombolyse IVThrombosen bei FG/NG – Thrombolyse IV
Komplikationen Blutung, auch bei rTPA
(bis 68% und 39% mit Transfusionsbedarf) Risiko der ICB in Neonatalperiode erhöht
(1:83 vs 2:468), bei FG noch mehr (11:86) Genaue Zahlen wegen Überlagerung mit Inzidenz
spontaner ICB bei FG unbekannt
34
Thrombosen bei FG/NG – PräventionThrombosen bei FG/NG – Prävention
Heparinzusatz zur Infusion bei zentralen Leitungen
längere Lebensdauer und Thromboseprophylaxe Unklare Datenlage bzgl. Zunahme von ICB bei
VLBW-FG Nur eine Studie PROTEKT zum Einsatz von NMWH
bei zentralen Leitungen - noch nicht abgeschlossen Kein Effekt bei Einsatz beschichteter Katheter
35
Thrombosen bei FG/NG – PrognoseThrombosen bei FG/NG – Prognose
Langzeitrisiko für erneute Thrombose ist in der Neonatalperiode nach Behandlung nur gering
Meist keine Reokklusionsprophylaxe bzw. Langzeitantikoagulation nötig
Ausnahme: NG mit ausgeprägter oder kombinierter Thrombophilie