Universität Freiburg
Departement Geowissenschaften
Forschungsbereich Geographie
Bachelorarbeit
Landschaftsqualität – die Bedeutung der landwirtschaftlichen Produktion für die Eigenart einer Landschaft und deren Wahrnehmung im Agglomerationsgebiet
Beispiel Agglomeration Luzern
September 2011
eingereicht bei
Dr. Olivier Ejderyan
eingereicht von
Veronika Trachsel
Route de l’Aurore 16
1700 Fribourg
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
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Summary Hintergrund dieser Arbeit ist die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems (WDZ), ein Bestand-
teil der Agrarpolitik 2014-2017. In der WDZ ist unter anderem vorgesehen, Landwirten Beiträge für
Landschaftsqualität auszuzahlen. Landschaftsqualität ist regionsspezifisch anders definierbar und
lässt sich unter vielen Gesichtspunkten beurteilen. Sie bezieht sich auf die Eigenart einer Landschaft,
wie sie sich über die Zeit im Raum manifestiert hat. In dieser Arbeit wird die Wahrnehmung der
landwirtschaftlich geprägten Landschaft durch die Bevölkerung einer Agglomeration untersucht: Was
zeichnet die heutige Kulturlandschaft im Agglomerationsgebiet von Luzern aus und wie wird sie durch
die Bevölkerung der Siedlungsränder wahrgenommen und landschaftsästhetisch beurteilt? Als Unter-
suchungsort dient die Agglomeration Luzern.
Als erster Schritt wurde das Untersuchungsgebiet in Hinsicht auf Strukturveränderungen in der
Landwirtschaft statistisch beschrieben und anhand von Erkundungstouren ist die landschaftliche
Eigenart erfasst worden. Im zweiten Teil haben Siedlungsbewohner der Agglomeration Landschafts-
fotos gemacht, welche dann anhand von Indikatoren der Landschaftsästhetik verglichen und disku-
tiert wurden.
Dabei hat sich herausgestellt, dass unter Landschaft mehrheitlich die Kulturlandschaft verstanden
wird und viele Landschaftsfunktionen für den Bewohner von Bedeutung sind. Eine ästhetisch schöne
Landschaft ist eine, in welcher alle Elemente lesbar sind und harmonisch zusammenwirken und wo
Vielfalt das Bild für den Betrachter interessant macht. Regionale Eigenheiten der Kulturlandschaft
spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Grosse, baumlose Grünflächen gelten als nicht schön, auch
wenn sie regionaltypisch sind. Durch eine gute Fernsicht wird die Monotonie kompensiert und topo-
grafische Merkmale, z.B. typische Berge, oder Tiergeräusche sind für die Identifikation von Bedeu-
tung. Daher gilt es für die Landwirtschaft, die Kulturflächen zu erhalten, die vielfältige Bodennutzung
zu pflegen und grossflächige Spezialisierung zu vermeiden.
Schlüsselwörter: Landschaft, Landwirtschaft, Landschaftsqualität, Agglomeration, Ästhetik
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
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A. Inhaltsverzeichnis
Summary ................................................................................................................................................. 2
A. Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................................ 3
B. Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................................... 5
C. Tabellenverzeichnis ......................................................................................................................... 7
D. Abkürzungen .................................................................................................................................... 8
1. Einleitung ......................................................................................................................................... 9
1.1 Ausgangslage ................................................................................................................................. 9
1.2 Fragestellung ................................................................................................................................. 9
1.3 Theoretischer Hintergrund – Konzepte und Begriffe .................................................................. 10
1.3.1 Landschaft ............................................................................................................................ 10
1.3.2 Kulturlandschaft ................................................................................................................... 14
1.3.3 Landschaftsqualität und landschaftliche Eigenart ............................................................... 14
1.3.4 Landschaftsästhetik und deren Beurteilung ........................................................................ 15
1.3.5 Agglomeration Luzern .......................................................................................................... 15
2. Methodik ....................................................................................................................................... 17
2.1 Aufzeigen der Entwicklung der landwirtschaftlichen Strukturen und Erfassen der
landschaftlichen Eigenart im Agglomerationsgebiet ........................................................................ 17
2.1.1 Statistische Daten ................................................................................................................. 17
2.1.2 Erkundungstouren ................................................................................................................ 17
2.2 Erfassen des Landschaftsverständnisses durch Beurteilung von Fotos mithilfe von
Landschaftsästhetik-Indikatoren ....................................................................................................... 18
3. Ergebnisse ...................................................................................................................................... 20
3.1 Landwirtschaftliche Strukturen und landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet von
Luzern ................................................................................................................................................ 20
3.1.1 Kantonale Entwicklung im Agrarbereich seit 1950 .............................................................. 20
3.1.2 Entwicklung der Agglomeration Luzern seit 1950 ................................................................ 22
3.1.3 Landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet ............................................................. 24
3.2 Erfassen des Landschaftsverständnisses von Leuten aus der Agglomeration ............................ 35
3.2.1 Das Verständnis und die Bedeutung von Landschaft ........................................................... 35
3.2.2 Rolle der Landschaft im Alltagsverhalten und Bezug zur Landwirtschaft ............................ 36
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3.2.3 Landschaftsbild Präferenzurteile .......................................................................................... 36
3.2.4 Eigenart sowie natur- und kulturgeschichtliche Identität einer Landschaft / Authentizität 38
3.2.5 Mysteriosität und Faszination .............................................................................................. 41
3.2.6 Lesbarkeit / Orientierung ..................................................................................................... 42
3.2.7 Heimatgefühl und Identität .................................................................................................. 43
3.2.8 Bewertung von Gefahren für die Landschaft ....................................................................... 44
3.2.9 Ideen zur Landschaftsgestaltung .......................................................................................... 46
4. Diskussion ...................................................................................................................................... 48
4.1 Landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet .................................................................... 48
4.1.1 Rolle des Strukturwandels für die landschaftliche Eigenart................................................. 49
4.2 Bedeutung von Landschaft und Rolle im Alltagsverhalten ......................................................... 50
4.3 Wahrnehmung der landschaftlichen Eigenart im Untersuchungsgebiet .................................... 50
4.3.1 Die Echtheit einer Landschaft .............................................................................................. 50
4.3.2 Regionale Merkmale vs. Präferenzurteile und Identifikation/Heimatgefühl ....................... 50
4.3.3 Mysteriosität und Faszination .............................................................................................. 51
4.4 Entwicklung der Landschaft – Beurteilung von Gefahren ........................................................... 52
4.5 Landwirtschaft und Landschaftsgestaltung ................................................................................. 52
5. Bedeutung der Ergebnisse für die Agglomeration Luzern ............................................................. 54
6. Bibliographie .................................................................................................................................. 58
6.1 Literatur ....................................................................................................................................... 58
6.2 Interviews und informelle Gespräche ......................................................................................... 59
6.3 Abbildungen ................................................................................................................................ 60
6.4 Tabellen ....................................................................................................................................... 60
7. Anhang ........................................................................................................................................... 62
7.1 Interview-Leitfaden ..................................................................................................................... 62
7.2 Codierungsbeispiel ...................................................................................................................... 63
7.3 weitere Tabellen .......................................................................................................................... 65
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B. Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Landschaftsverständnis auf Grund von 4 Polen und 6 Dimensionen ....................................... 13
Abb. 2: Übersichtskarte Agglomeration Luzern .................................................................................... 16
Abb. 3: Landwirtschaftsbetrieb (Altmatt, Adligenswil) am Siedlungsrand mit Blick auf den See und in
die Berge................................................................................................................................................ 26
Abb. 4: Kirschbäume am Siedlungsrand in Meggen .............................................................................. 26
Abb. 5: Am Siedlungsrand von Adligenswil mit dem Lauf des Stubebachs........................................... 26
Abb. 6: Landschaft im unebenen Gebiet auf über 600 m.ü.M. in Adligenswil ..................................... 26
Abb. 7: Maisfeld auf der Ebene von Talacheri in der Höhe auf 598 m.ü.M. in Adligenswil .................. 27
Abb. 8: Gerstenfeld in Adligenswil – ein eher seltener Anblick, mit Blick auf Udligenswil ................... 27
Abb. 9: Blick an den Rooterberg - Bäume und kleinere Flächen am Hang, offene Flächen auf dem
Talboden ................................................................................................................................................ 28
Abb. 10: der Radweg ermöglicht einen guten Blick an die Hänge ........................................................ 28
Abb. 11: Obstbäume prägen die Hänge - Blick vom Radweg aus in der Nähe eines Betriebes ............ 28
Abb. 12: eine gemähte Grasfläche trennt Siedlungen voneinander ab ................................................ 29
Abb. 13: eine Mutterkuhherde weidet unterhalb von Gisikon ............................................................. 29
Abb. 14: grossflächige Landwirtschaft dominiert die Ebene, ein Radweg führt durch das Gebiet ...... 29
Abb. 15: die Ron und der Wald als Abwechslung zu den Industriekomplexen mit Blick auf den Pilatus
............................................................................................................................................................... 29
Abb. 16: Aussicht von Honau auf die Landwirtschaftsflächen .............................................................. 29
Abb. 17: Blick vom Leisibach in Richtung Rooterberg ........................................................................... 29
Abb. 18 und Abb. 19: alte und neuere landwirtschaftliche Gebäude in Waltwil .................................. 30
Abb. 20: Weide im Unterdorf in Emmen ............................................................................................... 31
Abb. 21: gemähtes Feld und Landwirtschaftsbetrieb in unmittelbarer Nähe der Flugpiste................. 31
Abb. 22: bewirtschaftete Flächen in Emmen, von der Flugplatzebene entfernt mit Blick in Richtung
Luzern .................................................................................................................................................... 31
Abb. 23: Weide- und Grasland bei Neu Adlige mit Blick auf den Siedlungsrand von Rothenburg ....... 31
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Abb. 24 und Abb. 26: landwirtschaftliche Bauten, leer stehend oder genutzt, prägen den
Strassenrand in Rothenburg .................................................................................................................. 32
Abb. 25: Sicht auf die vielfältige Nutzung des Littauerbodes ............................................................... 32
Abb. 27: Einfahrt zu einem Betrieb: rechts der Gartenzaun, links ein typisches Haus ......................... 33
Abb. 28: Obstgarten, der an einen Stall angrenzt ................................................................................. 33
Abb. 29: Wanderweg mit guter Fernsicht auf die Rigi, links im Bild der überbaute Sonneberg .......... 33
Abb. 30: offene Flächen und von Wald bestockte Hügel ...................................................................... 33
Abb. 31: Landwirtschaft in der Ebene und an der Sonnebergseite....................................................... 34
Abb. 32: Die LN im Chupferhammer mitten in Kriens ........................................................................... 34
Abb. 33: ein Landwirtschaftsbetrieb mitten im Siedlungsgebiet von Horw ......................................... 34
Abb. 34: Landwirtschaft dominiert die oberen Hangpartien, wo die Siedlungsausläufer nicht mehr
hinreichen .............................................................................................................................................. 34
Abb. 35: Rebstöcke des Weinguts Rosenau auf der Horwer Halbinsel ................................................. 35
Abb. 36: Landwirtschaftsbetrieb mit Milchkühen auf der Horwer Halbinsel ....................................... 35
Abb. 37: Charakterisierendes Foto für die Stadt Luzern, das das Thema Urbanität vs. Landwirtschaft
darstellt ................................................................................................................................................. 37
Abb. 38: der Littauerbode mit Blick in Richtung Malters ...................................................................... 37
Abb. 39: Horw am See, Blick Richtung Pilatus ....................................................................................... 38
Abb. 40: Sicht auf die Stadt Luzern vom Dietschiberg aus .................................................................... 38
Abb. 41: Sicht vom Sonneberg auf den Udelboden .............................................................................. 38
Abb. 42: Blick vom Dietschiberg aus in Richtung Rontal ....................................................................... 39
Abb. 43: Radweg am Fusse des Pilatus mit Blick Richtung Kriens Zentrum und Sonneberg ................ 39
Abb. 44: Weg zwischen zwei Waldstücken am Rande des Cholbewaldes ............................................ 40
Abb. 45: gemähte LN mit Blick auf die Rigi ........................................................................................... 41
Abb. 46: Der Wald bei Sonnenuntergang auf dem Dietschiberg .......................................................... 42
Abb. 47: Bild vom Littauerberg in Richtung Luzern ............................................................................... 43
Abb. 48: Landwirtschaftsbetrieb in Hügellage ...................................................................................... 43
Abb. 49: Blick vom Bahndamm zwischen Buchrain und Root in Richtung Hinterleisibach .................. 45
Abb. 50: Radweg zwischen Kriens und Horw, Blick Richtung Horw ...................................................... 46
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C. Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Zusammenstellung der Landschaftsästhetik-Indikatoren und Erläuterungen .......................... 15
Tab. 2: Entwicklung der Betriebsstruktur im Kanton Luzern, ausgewählte Jahre (ohne Arbeitskräfte)20
Tab. 3: Feldobstbäume nach Arten seit 1951 im Kanton Luzern, ausgewählte Jahre .......................... 22
Tab. 4: Zusammenstellung der Entwicklung der Betriebsstruktur in der Agglomeration Luzern ......... 22
Tab. 5: Übersicht über die LN im Agglomerationsgebiet im Jahr 2003 ................................................. 23
Tab. 6: Zusammenstellung Nutztiere im Agglomerationsgebiet ........................................................... 23
Tab. 7: Bevölkerungsentwicklung Agglomeration, ausgewählte Jahre ................................................. 24
Tab. 8: Übersicht über die östlichen Agglomerationsgemeinden ......................................................... 26
Tab. 9: Übersicht über die Rontalgemeinden ....................................................................................... 27
Tab. 10: Übersicht über die nördlichen Agglomerationsgemeinden .................................................... 30
Tab. 11: Übersicht Gemeinden Horw und Kriens .................................................................................. 32
Tab. 12: Entwicklung der Tierhalter-Anzahl und des Nutztierbestandes im Kanton Luzern,
ausgewählte Jahre ................................................................................................................................. 65
Tab. 13: Bevölkerungsentwicklung der Agglomeration in absoluten Zahlen, ausgewählte Jahre ........ 66
Tab. 14: Obstanlagen Agglomeration im Jahr 2003 .............................................................................. 66
Tab. 15: Verteilung der Betriebsgrössen in den Agglomerationsgemeinden im Jahr 2003 .................. 66
Tab. 16: prozentualer Anteil der einzelnen Nutzflächenarten an der gesamten LN im
Agglomerationsgebiet im Jahr 2003...................................................................................................... 67
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D. Abkürzungen
a Are = 100 Quadratmeter
ARE Bundesamt für Raumentwicklung
BAFU Bundesamt für Umwelt
BFS Bundesamt für Statistik
BLW Bundesamt für Landwirtschaft
BUWAL Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft
ha Hektare = 100 Aren
LN Landwirtschaftliche Nutzfläche
LUSTAT Statistik Luzern
WDZ Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems
WSL Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft
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1. Einleitung
1.1 Ausgangslage
Im Rahmen der Agrarpolitik 2014-2017, welche die Entwicklung im Agrarbereich massgebend steu-
ert, werden die Direktzahlungen an die Landwirtschaft neu ausgerichtet. Nebst der Nahrungsmittel-
Produktion besagt der Artikel 104 der Bundesverfassung, dass die Landwirtschaft „einen wesentli-
chen Beitrag [leisten soll] zur (…) Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und zur Pflege der
Kulturlandschaft“ (SE 2011). Mit der WDZ wird der gemeinwirtschaftliche Aspekt der Landwirtschaft
ins Zentrum gerückt, wobei der Bund Landwirten Landschaftsqualitätsbeiträge zur „Erhaltung, Förde-
rung und Weiterentwicklung vielfältiger Kulturlandschaften mit ihren spezifischen regionalen Eigen-
heiten“ (BLW 2010, S. 25) auszahlen will.
Für das Aussehen einer Landschaft spielt nicht nur die Topographie eine zentrale Rolle, sondern auch
der menschliche Einfluss in seinen unterschiedlichsten Formen (Roth et al. 2010). Dabei hat die
landwirtschaftliche Produktion einen massgebenden gestalterischen Einfluss auf die Schweizer Land-
schaft, da ein Grossteil der Gesamtfläche des Landes Landwirtschaftliche Nutzfläche (LN)1 ist (BFS
2001). Da sie verschiedenartig beeinflussbar sind, sind laut dem Leitbild Landschaft 2020 des Bun-
desamts für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) „vielfältige und attraktive Landschaften (…) kei-
ne Selbstverständlichkeit“ (2003, S. 2).
Landschaftsqualität bezieht sich auf die landschaftliche Eigenart, ein Nebeneinander von Natur und
Kultur, welches die Landschaft einer Region einzigartig macht (Stalder 2010). Durch den Menschen
und dessen Bezug zu seiner Umgebung wird Landschaft zu einem mit kulturellem Erbe gefüllter
Raum, der sich langsam aber fortwährend verändert und somit „das räumIiche Gedächtnis der Ge-
sellschaft [ist] und für ihre Identität“ (BUWAL 2003, S. 12) und ihr Wohlbefinden grosse Bedeutung
hat. Für die Definition von Landschaftsqualitätszielen und die darauf aufbauenden Massnahmen,
welche durch die Beiträge abgeglichen werden sollen, gilt es also, die regionalen Eigenheiten zu er-
fassen um somit der Bedeutung von Landschaft gerecht zu werden.
1.2 Fragestellung
Unter der Voraussetzung, dass regionaltypische Bewirtschaftungsformen ein zentrales Element der
landschaftlichen Eigenart sind, ist das Ziel dieser Arbeit das Erfassen der landschaftlichen Eigenart in
einer ausgewählten Region. Als Untersuchungsgebiet dienen die LN der Agglomeration Luzern. Dabei
soll erfasst werden, inwiefern die Landwirtschaft bei der qualitativ hochwertigen Gestaltung von
Siedlungsrändern mitwirken kann. Luzern eignet sich für eine solche Arbeit, da auf Grund der Dyna-
1 Die landwirtschaftliche Nutzfläche umfasst Wies- und Ackerland, Obst-, Reb- und Gartenbau sowie alpwirt-
schaftliche Nutzflächen (BFS 2001)
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
10
mik im Agglomerationsgebiet die Entwicklung einer langfristigen Siedlungs- und Landschaftsqualität
zentral ist. Deshalb soll die erfasste Eigenart mit der Wahrnehmung und Beurteilung von (Kultur-
)Landschaft von Menschen aus der Agglomeration verglichen werden. Von diesen Menschen – die
gewissermassen die passiven Nutzer der landwirtschaftlich geprägten Landschaft sind - sagt Stalder,
dass sie „Erwartungen an die Landschaft [stellen], [die] einer idealisierten Landschaftsvorstellung
entsprechen“, und sie „mit dem Bild der ursprünglichen (Natur)Landschaft“ (2005, S. 45) assoziieren.
Ob sich diese Annahme bestätigt, wird sich in der Beurteilung der Qualität einer Landschaft auf
Grund von Indikatoren der Landschaftsästhetik zeigen, da diese zentral für die Beziehung vom Men-
schen zu seiner Umgebung sind (Roth et al. 2010).
Die leitende Frage für diese Arbeit lautet daher:
Was zeichnet die heutige Kulturlandschaft im Agglomerationsgebiet von Luzern aus und wie wird sie
durch die Bevölkerung der Siedlungsränder wahrgenommen und landschaftsästhetisch beurteilt?
Primäres Ziel der Arbeit ist, durch den Beschrieb und die Beurteilung der Landschaft Anhaltspunkte
zu gewinnen, um Landschaftsqualitätsziele für die Region zu definieren, auf welche die Landwirt-
schaft Einfluss nehmen kann. Weiter leistet sie einen Beitrag dazu, die Landschaft bewusst wahrzu-
nehmen, da die Leute, die sich am Experiment beteiligen, sich in ihrer Umgebung bewegen werden
und über das Beobachtete nachdenken müssen – etwas, was der Mensch im Alltag selten tut.
Der einleitende Teil wird mit der Erklärung der wichtigsten Begriffe und deren Verwendung in der
Arbeit abgeschlossen. Danach wird die Aufteilung der Arbeitsetappen und die dazugehörende Me-
thodik erklärt. Die Resultate werden im 3. Teil ausführlich dargestellt und anschliessend diskutiert.
Zuletzt wird zusammenfassend gesagt, was diese Resultate für die Agglomeration Luzern bedeuten.
1.3 Theoretischer Hintergrund – Konzepte und Begriffe
1.3.1 Landschaft
Es gibt verschiedenste Landschaftsdefinitionen. John Wylie beschreibt in seinem Buch „Landscape“
(2007) die Entwicklung des Landschaftsbegriffs im angelsächsischen Raum in den letzten 30 Jahren.
Er geht davon aus, dass Landschaft Spannungen unterworfen ist, die sich in Unterschieden in der
Auffassung des Landschaftsbegriffs widerspiegeln. Nachfolgend wird ein kleiner Überblick mit aus-
gewählten Ideen präsentiert.
Die erste von Wylie beschriebene Phase der Landschaftsforschung wurde von Carl Sauer, W.G. Hos-
kins und J.B. Jackson geprägt. Für alle drei ist Landschaft “a straightforward materiality and there-
ness, it is a palpable reality of objects and patterns that the eye can see” (Wylie 2007, S. 43). In die-
sem Sinne ist sie immer etwas Externes, unabhängig vom Menschen Existierendes und Beobachtba-
res. Nach Sauer wird dieses bereits Vorhandene durch die ansässige Kultur verändert, woraus eine
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
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Kulturlandschaft resultiert: “culture is the agent, the natural area is the medium, the cultural lands-
cape the result“ (Wylie 2007, S. 20). Im Unterschied zu Sauer und Hoskins sieht Jackson Menschen
klar als alltägliche Teilnehmer in der Welt. Seine Landschaft ist eine „that people inhabit and work in
and (…) produce through routine practice in an everyday sense“ (Wylie 2007, S. 43).
In der nachfolgenden, neuen Kulturgeographie (späte 80er, frühe 90er Jahre) wurde Landschaft
meist visuell definiert und man interessierte sich nicht dafür, was man darin sieht, sondern wie sie
interpretiert werden kann, resp. wie Natur-Kultur-Beziehungen visualisiert werden können. Denis
Cosgrove verwendet einen humanistischen Ansatz und sieht Landschaft, da sie durch ein Subjekt aus
der Distanz visuell erfassbar ist, „as a way of seeing“ (Wylie 2007, S. 58). Landschaft wird dabei als
eine Repräsentation, ein visuelles Bild kultureller Bedeutungen, verstanden. Sie kann daher auch ein
Schleier sein, durch den im „landscape way of seeing“ die darunterliegende Realität verborgen
bleibt2. Weiter wurde versucht, Landschaft als Text zu verstehen. Wie in einer intertextuellen Kreati-
on sind dabei die in der Landschaft versteckten kulturellen Codes und Bedeutungen ausfindig zu ma-
chen (Wylie 2007).
Mitchell kritisiert die neue Kulturgeographie: “cultural forms constitute an ideological realm” (Wylie
2007, S. 101) und sollen deshalb nicht zur Erklärung von Phänomenen gebraucht werden, da sie rein
als Idee existieren. Er fragt danach, was Landschaft als Instrument kultureller Macht tut und wie sie
als kulturelle Praktik funktioniert. Für ihn befindet sich Landschaft, ein in Raum und Zeit dynamisches
Medium, in einem fortwährenden Entstehungsprozess und ist „a contentious, compromised product
of society, shaped by power, coercion and collective resistance“ (Wylie 2007, S. 106), das sich im
Alltäglichen findet. Zudem begann man in den 90er Jahren, sich mit Konzeptionen von Diskurs, Macht
und Subjektivität in Bezug zu Landschaft zu beschäftigen. Ein Diskurs dient als Verständnis-Rahmen
und „will establish some behaviours and identities as normal, approved and even natural, while mak-
ing others appear unusual, marginal or unnatural“ (Wylie 2007, S. 111). Daher wurde angenommen,
dass Landschaft durch einen Landschaftsdiskurs entsteht und nicht bereits als ein externes Original
mit essentiellen Qualitäten existiert.
Zunehmend ersetzt die Diskussion von Landschaftspraktiken die Erforschung von Landschaftsreprä-
sentation: „Landscape moves from a particular type of knowing (a way of seeing), to a specific mode
of being (a seeing-with)” (Wylie 2007, S. 152). Mit phänomenologischen Ansätzen wollten Forscher
das Mensch-Erde-Verhältnis authentisch und auf holistische Weise darstellen. Die Landschaft wird
dabei als eine Verknüpfung von materiellen Kräften verstanden, nicht als ein fernes Objekt. Phäno-
menologie beschreibt alltäglich gelebte Erfahrungen und ist die kritische Antwort auf Ansätze, bei
welchen eine gegebene, träge Realität durch ein Subjekt aus der Distanz beobachtet wird. Für Mer-
2 Nach Bermingham entsprechen gemalte Landschaftsbilder beispielsweise dem Ausdruck einer sozialen Klasse
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
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leau-Ponty ist der menschliche Körper zur Wissensgewinnung notwendig, da er als Voraussetzung
gilt, mit Objekten eine Beziehung einzugehen: „Merleau-Ponty offers an original conception of em-
bodied vision as an enlacement or intertwining of self and landscape” (Wylie 2007, S. 152). Auch für
Tim Ingold ist die angenommene Unauflöslichkeit von Verbindungen zwischen Personen und Land-
schaft fundamental: der Mensch ist „immersed from the start, like other creatures, in an active, prac-
tical and perceptual engagement with constituents of the dwelling world“ (Wylie 2007, S. 158), stellt
er fest.
An der Phänomenologie wurde kritisiert, dass sie stark subjektbezogen und deshalb nicht objektiv ist,
da unbeachtet bleibt, wie die Individualität durch soziale, historische und weitere Kontexte beein-
flusst wird. Daher entstanden neue Strömungen, die für die Beschreibung von Leben erweiterte Kon-
texte einbezogen. Richard Schein deutet auf die Dynamik innerhalb von Landschaften hin: "land-
scapes are (…) continually under scrutiny, at once manipulable and manipulated, always subject to
change, and everywhere implicated in the ongoing formulation of social life” (Wylie 2007, S. 190).
Um der zunehmenden Beschleunigung des Lebens in der Welt in der Forschung gerecht zu werden,
muss der Raum und Landschaft in einem neuen Licht beurteilt werden. Die Welt wird als etwas Kom-
plexeres wahrgenommen. Denkt man den Raum relational, ist er das Produkt von „practices, trajec-
tories [and] interrelatedness“ (Wylie 2007, S. 199). In der Actor-Network-Theory (ANT) von Bruno
Latour ist die Trennung von Natur und Kultur unzulässig, da auch nicht-humane Entitäten Einfluss
(auf Menschen) haben können. Netzwerke sind die Hauptakteure und jedes Objekt ist ein Resultat
von Netzwerk-Beziehungen. Die Relationen dazwischen existieren fundamental und gestalten die
Räume.
Wylie selbst stellt fest, dass man, um die Entwicklungen und die Dynamik in der heutigen Welt nach-
vollziehen zu können, verschiedene Ansätze weiterentwickeln und miteinander kombinieren muss. Er
sagt zusammenfassend: “landscape is that with which we see: Landscape is not just a way of seeing, a
projection of cultural meaning. Nor (…) is landscape simply something seen, a mute, external field.
(…) Landscape might best be described in terms of the entwined materialities and sensibilities with
which we act and sense. (Wylie 2007, S. 215).
Unter diesem Hintergrund wird verständlich, dass Landschaft nicht einfach zu erfassen ist und die
Verflechtung unterschiedlicher Beziehungen auch in dieser Arbeit nicht unterschätzt werden darf.
Daher wird eine integrative Betrachtungsweise benötigt, die „die Natur- und Kulturbedingtheit der
Landschaft gleichermaßen“ (Meier et al. 2010, S. 214) berücksichtigt. Der Mensch soll als Gestalter
der Landschaft wahrgenommen werden. Weiter soll die Zeitlichkeit in der Definition erkennbar sein,
da sich Landschaft über einen langen Zeitraum kontinuierlich verändert. Die Landschafts-Definition
des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) erfüllt diese Bedingungen. Gleichzeitig stellt sie für die Thema-
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tik einen Rahmen dar, der in ähnlichen Kontexten bereits verwendet wurde. Die wichtigsten Punkte
der Definition lauten:
• „Landschaften bilden räumlich die gelebte und erlebte Umwelt des Menschen, welche ihm
als Individuum sowie der Gesellschaft die Erfüllung physischer und psychischer Bedürfnisse
ermöglicht“
• „Sie sind Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen, vielfältiger Erholungs- und Identifi-
kationsraum sowie räumlicher Ausdruck des kulturellen Erbes“
• „Landschaften sind dynamische Wirkungsgefüge und entwickeln sich aufgrund natürlicher
Faktoren (…) im Zusammenspiel mit der menschlichen Nutzung und Gestaltung“ (Stremlow
2008, S. 5)
In dieser Definition gilt auch die bebaute Umwelt klar als Teil der Landschaft. Weiter sind darin die
vielfältigen Ansprüche an eine Landschaft erkennbar, welche sich durch verschiedene Landschafts-
funktionen unterscheiden lassen: „Unterstützungs-, Produktions-, Regulations- und kulturelle Funkti-
on“ (Wissen 2011, S. 2). Welche Funktion vorherrscht, hängt von der individuellen Beurteilung ab.
Besonders für die den Siedlungsrand bewohnenden Leute dient die landwirtschaftlich geprägte Land-
schaft der Naherholung und ist daher eher Konsumgut, für die Landwirtschaft überwiegt die Produk-
tionsfunktion. Je nach Sichtweise ist Landschaft also unterschiedlich erfassbar. Das BAFU stellt dar,
wie Landschaften auf Grund von 4 Polen und 6 Landschaftsdimensionen zu verstehen sind:
Abb. 1: Landschaftsverständnis auf Grund von 4 Polen und 6 Dimensionen
In dieser Darstellung werden alle Dimensionen erfasst, die die Wahrnehmung beeinflussen. Darauf
nicht ersichtlich, aber jeder Dimension zu Grunde liegend, ist der zeitliche Aspekt. Die Schnittmenge
der verschiedenen Dimensionen macht eine Landschaft schlussendlich aus. Bei der subjektiven Be-
wertung von Landschaft in dieser Arbeit werden die ästhetische und die identifikatorische Dimension
wichtig sein, die körperliche und sinnliche spielt bei der Wahrnehmung ebenfalls mit. Bei der ästheti-
schen Dimension stehen auf die „schöne“ Landschaft bezogene Werte und Erwartungen im Fokus,
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
14
die identifikatorische thematisiert Zugehörigkeit und die damit verbundenen Gefühle (Stremlov
2008).
1.3.2 Kulturlandschaft
Carl Sauer zu Folge ist jede Landschaft eine Kulturlandschaft, da sie durch eine (menschliche) Lebens-
art geprägt wird. Traditionellerweise wird jedoch hauptsächlich die landwirtschaftlich geprägte Land-
schaft als Kulturlandschaft verstanden, da „der Terminus ‚Kulturlandschaft’ als Prädikatsbegriff auf
solche Räume bezogen [wurde], in denen traditionelle Nutzungsstrukturen überwiegen“ (Gailing und
Röhring 2008, S. 5). Diese Art von Verständnis von Kulturlandschaft ist problematisch, da neue, resp.
intensivierte, Agrarlandschaften aus der Definition herausfallen würden. In dieser Arbeit wird der
Begriff ‚Kulturlandschaft’ im Sinne von LN verstanden, die „der Produktion von Nahrungsmitteln, der
Erholung und der räumlichen Identifikation“ (BUWAL 2003, S. 4) dient. Auch der Bund verfolgt auf
Grund dieses Verständnisses auf der Ebene der Förderung der Kulturlandschaft zwei Ziele: die Land-
schaftsvielfalt zu fördern und Flächen offenzuhalten, und vor allem die LN zu sichern (BLW 2010).
1.3.3 Landschaftsqualität und landschaftliche Eigenart
Landschaftsqualität wird oft mit „landschaftlicher Eigenart“ und „Authentizität“ einer Landschaft
verknüpft. Die landschaftliche Eigenart entsteht durch eine Kombination aus physischen und wahr-
genommenen Aspekten3 und ist regionstypisch (Stalder 2010). Die Landschaftsqualitätsbeiträge sol-
len eingesetzt werden, damit eine Landschaft ihre Besonderheiten und somit ihre landschaftliche
Eigenart bewahrt, da sie dadurch für den Bewohner identitätsstiftend wird. Die „Banalisierung der
Landschaft“ (ebd., S. 16), die Vorstellung, dass überall alles möglich ist, bedeutet Authentizitätsver-
lust und soll vermieden werden. Aus diesem Grund ergeben sich für jedes Gebiet eigene Qualitätszie-
le.
Um die landschaftliche Eigenart zu erfassen müssen natur- und kulturräumliche Aspekte identifiziert
und deren Zusammenwirken beobachtet werden (Stalder 2010). Das Besondere eines Raumes ba-
siert nicht auf den einzelnen Objekten oder Gebäuden, „sondern in ihrer je eigenen Form der Anord-
nung in Bezug zur Topografie“ (Fotografisches Archiv 2008, S. 19). Ob etwas authentisch wirkt, hängt
zudem vom Auge des Betrachters ab. Für die Wahrnehmung einer Landschaft und deren Eigenart
sind Wörter wie Identität, Heimat, Geborgenheit, Erlebnis, Ästhetik u.a. von Bedeutung (Stalder
2010).
3 Die wahrgenommenen Aspekte beinhalten emotionale, sinnliche und kulturelle Konnotationen und gesell-
schaftliche Werte
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
15
1.3.4 Landschaftsästhetik und deren Beurteilung
Im Rahmen des Projekts „Landschaftsmonitoring Schweiz“ hat die Eidg. Forschungsanstalt für Wald,
Schnee und Landschaft (WSL) 35 Indikatoren geprüft, die in verschiedene Themenbereiche gegliedert
sind und anhand derer die Entwicklung der Schweizer Landschaft aufgezeigt werden soll (WSL 2006).
Einer dieser Themenbereiche ist die Landschaftsästhetik. Ästhetik bezieht sich auf die Wahrnehmung
der ‚schönen‘ Landschaft. Da „Landschaftsästhetik als Form der Wahrnehmung und Bewertung von
Landschaft (…) ein sehr umfassendes Konstrukt“ (ebd., S. 15) ist, wurde folgender Indikatorenkatalog
erarbeitet (Tab. 1):
Indikator Erläuterung
Landschaftsbild: Präfe-renzurteile
Dieser Indikator dient zur eigentlichen ästhetischen Beurteilung der Land-
schaft
Eigenart sowie natur- und kulturgeschichtliche Identität einer Landschaft; Authentizität
Authentizität als Teilaspekt von der Eigenart drückt sich durch die „Echtheit“
einer Landschaft aus. Ob eine Landschaft als „echt“ erlebt wird, hängt davon
ab, wie die Landschaftselemente ins landschaftliche Gesamtbild passen und
wie angemessen deren Form und Funktion ist
Vielfalt; Kohärenz
Kohärenz dient als qualitative Ergänzung zur Vielzahl der Elemente. Sie soll
beschreiben, wie sich die unterschiedlichen Elemente in einer Landschaft zu
einem grossen Ganzen zusammenfügen
Mysteriosität
Lesbarkeit Beschreibt die Möglichkeit, sich in einer Landschaft zurechtzufinden. Das Er-
fassen und Verstehen einer Landschaft stehen im Zentrum
Faszination Tab. 1: Zusammenstellung der Landschaftsästhetik-Indikatoren und Erläuterungen
Anhand dieses Katalogs erfolgt die Bewertung von Landschaft in dieser Arbeit. Diese Bewertung ist
subjektiv und hängt mit lebenssituations – und personenbezogenen Faktoren, sowie ökonomischen
und ökologischen Interessen der Einzelperson zusammen (WSL 2006).
1.3.5 Agglomeration Luzern
Dem BFS zufolge ist eine Agglomeration ein zusammenhängendes Gebiet „mehrerer Gemeinden mit
insgesamt mindestens 20'000 Einwohnern“ (Schuler et al. 2005, S. 149). Weiter zeichnet sich eine
Agglomeration durch eine Kernzone aus, die aus der Kerngemeinde und weiteren funktional dazuge-
hörenden Gemeinden besteht. In diesen Gemeinden müssen min. 2000 Arbeitsplätze vorhanden sein
und min. 85 % der Erwerbstätigen in der Gemeinde selbst arbeiten (ebd.). Für weitere, nicht zur
Kernzone gehörende Gemeinden, müssen drei der folgenden fünf Kriterien, definiert durch Schwel-
lenwerte, erfüllt sein:
1. „baulicher Zusammenhang mit Kernstadt
2. hohe kombinierte Bevölkerungs- und Arbeitsplatzdichte
3. überdurchschnittliche Bevölkerungsentwicklung
4. tiefer Landwirtschaftsanteil
5. starke Pendlerverflechtung mit der Kernzone der Agglomeration“ (ebd., S. 78)
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
16
Basierend auf dieser Definition besteht die Agglomeration Luzern aus den Gemeinden Emmen, Rot-
henburg, Adligenswil, Buchrain, Dierikon, Ebikon, Gisikon, Honau, Horw, Kriens, Littau, Luzern, Meg-
gen, Root und Udligenswil (LUSTAT 2011)4.
4 Weiter werden Küssnacht am Rigi und Hergiswil (NW) zur Agglomeration Luzern gezählt (Schuler et al. 2005).
Auf Grund der Einteilung der Datenerhebungsgebiete und der Datenlage werden diese beiden Gemeinden in
der Arbeit jedoch nicht berücksichtigt.
Abb. 2: Übersichtskarte Agglomeration Luzern
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
17
2. Methodik
Durch die verschiedenen angesprochenen Bereiche ergibt sich folgende Aufteilung der Arbeit:
1. Aufzeigen der Entwicklung der landwirtschaftlichen Strukturen und Erfassen der landschaftli-
chen Eigenart im Agglomerationsgebiet von Luzern
2. Erfassen des Landschaftsverständnisses von Leuten aus der Agglomeration durch die Beurtei-
lung von Fotos mithilfe von Landschaftsästhetik-Indikatoren
2.1 Aufzeigen der Entwicklung der landwirtschaftlichen Strukturen und Er-
fassen der landschaftlichen Eigenart im Agglomerationsgebiet
In diesem Teil soll das Untersuchungsgebiet in Bezug auf die Entwicklung in der Landwirtschaft näher
beschrieben und durch die Ergebnisse eigener Beobachtungen in unterschiedliche Landschaftsgebie-
te unterteilt werden.
2.1.1 Statistische Daten
Im ersten Schritt steht die Auswertung von statistischen Daten bezüglich der Entwicklung der Be-
triebs – und Agrarstrukturen für den Zeitraum ab 1950 bis heute im Zentrum. Damit soll die Entwick-
lung im Agrarbereich in der Untersuchungsregion und deren Auswirkungen auf das Landschaftsbild
nachvollzogen werden. Weiter lässt sich ein erstes Bild über die Landschaftselemente gewinnen,
welche das Gebiet geprägt haben und/oder prägen.
2.1.2 Erkundungstouren
Eigene Begehungen des Gebiets sind unerlässlich. Diese erfolgen zu Fuss oder mit dem Fahrrad. Es
geht darum, das Gebiet in seiner Gesamtheit selber zu erleben und Besonderheiten zu protokollieren
und fotografisch festzuhalten, um die Eigenart bildlich zugänglich zu machen5. Für das Protokollieren
wird mit der Karte von Luzern (Massstab 1:25'000) gearbeitet. Die Begehungsrouten werden zufällig
gewählt und liegen in gut erreichbarer Distanz vom Siedlungsrand. Gewisse, auf der Karte als Land-
wirtschaftsbetriebe identifizierbare Gebäude werden angepeilt und in Bezug auf ihre Strukturen be-
gutachtet. Teil dieser Erkundungstouren sind auch informelle Gespräche, bei denen Menschen, die
sich gerade im Gebiet befinden, nach Veränderungen in der Land(wirt)schaft gefragt werden.
5 Fotos sind auch für die weiteren Arbeitsetappen zentral und stellen einen wichtigen Teil des Datenmaterials
dar.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
18
2.2 Erfassen des Landschaftsverständnisses durch Beurteilung von Fotos
mithilfe von Landschaftsästhetik-Indikatoren
Um jemandem Zugang zu einer unbekannten Landschaft zu verschaffen eignet sich die zweidimensi-
onale Abbildung des Raumes auf einer Fotografie besser als eine wörtliche Beschreibung. Die Foto-
grafie ermöglicht „eine Darstellung jener Aspekte, welche für die sinnliche Wahrnehmung und damit
für die Atmosphäre von Räumen bedeutsam sind“ (Fotografisches Archiv 2008, S. 11). Fotos können
auch eine vergangene Wirklichkeit abbilden, die heute nicht mehr zugänglich ist6. Dadurch können
sie, wie Gillian Rose in ihrem Buch über „Visual Methodologies“ sagt, “achieve something that meth-
ods relying only on speech and writing cannot” (2007, S. 238).
Aus diesen Gründen werden im Agglomerationsgebiet wohnhafte Personen aufgefordert, Landschaft
zu fotografieren7. Die Landschaftswahrnehmung wird somit durch ein partizipatives Experiment er-
fasst. Die gemachten Fotos werden in einem weiteren Schritt diskutiert. Gillian Rose nennt die Arbeit
mit Fotos als Datenmaterial für ein darauf basierendes Interview „Photo Elicitation“ (ebd.). Das Inter-
view erlaubt “interviewees to reflect on things [e.g. aspects of their lives] they do not usually think
about” (ebd., S. 242-243). Damit soll ersichtlich werden, wie die Menschen ihre Umwelt wahrneh-
men und was sie darüber denken.
Rose unterscheidet mehrere Arbeitsschritte, an welchen sich folgende Arbeitsabfolge orientiert
(ebd.):
1) in einem Gespräch wird der fotografierenden Person die Thematik erklärt, resp. was für Fragen mit
den Fotos beantwortet werden sollen
→ die Fotos sollen Aufschluss darüber geben, was in der landwirtschaftlich geprägten Umgebung im
Agglomerationsgebiet von Luzern als ästhetisch schön und identitätsstiftend angesehen wird
2) der/die Fotografierende bekommt eine Kamera „and some guidance about what sort of photo-
graphs to take and how many” (ebd., S. 241)
→ fotografiert werden soll die Landschaft, die der Person gefällt, wo sie sich zu Hause fühlt und sich
gerne aufhält. Im Fokus steht die landwirtschaftlich geprägte Landschaft. Die Fotos sollen das unmit-
telbar Erfassbare abbilden. Gemacht werden sechs Fotos im Hoch- oder Querformat.
3) Jede Fotografie wird lokalisiert und mit Stichworten oder einigen Sätzen dokumentiert. Dies ist
wichtig, um eine Idee der Gedanken und Gefühle, als das Foto gemacht wurde, zu erhalten
6 Worte können dies nur bedingt, da sich ihre Bedeutungen im Laufe der Zeit verändern. Deshalb wäre es eine
spezielle Herausforderung, von altem Geschriebenem auf Sichtbares zu schliessen und sich dies vorzustellen.
Bei einer Fotografie entfällt dieser Interpretationsprozess. 7 An die teilnehmenden Personen werden keine anderen Bedingungen ausser der Ansässigkeit im Gebiet ge-
stellt. Das Alter wie auch das Geschlecht und die berufliche Tätigkeit spielen keine Rolle.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
19
4) Das auf den Fotos basierende Interview stellt den wichtigsten Schritt in Rose’s Arbeitsabfolge dar,
denn “it is only through interviewing that the information carried by a photo can be accessed by the
researcher” (2007, S. 240). Das Interview beinhaltet erstens die Beschreibung der Fotos, damit ver-
ständlich wird, warum sie gemacht wurden. Im zweiten Schritt wird auf die Landschaftsästhetik-
Indikatoren und auf Landschaftsveränderungen Bezug genommen. Vom WSL wurden für jeden Indi-
kator Fragen vorgeschlagen, die für dessen Erfassung zentral sind (2006). Die Interviewfragen orien-
tieren sich daran (siehe Anhang 7.1). Die Landschaftsveränderungen betreffend hat Philipp Stalder in
seiner Masterarbeit auf verschiedene Gefahren für die Landschaft hingewiesen, von welchen die
Interviewpartner hauptsächlich folgende beurteilten:
• „Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung
• Ausdehnung der Städte, Bau- und Industriegebiete
• Zunehmende Zerschneidung durch Strassen mit Hartbelägen und Bahntrassen“ (Stalder
2005, S. 38)
5) die Interviews werden mit einer Digitalkamera aufgezeichnet (Tonaufnahme), transkribiert und
anhand eigens gegebenen Codes ausgewertet (siehe Anhang 7.2)
6) Die transkribierten Dokumente beziehen sich immer auf die dazugehörenden Fotos. Mit Hilfe der
Codes können die einzelnen Interviews wie auch die Fotos miteinander verglichen werden. Die Codes
sind Schlagwörter, die sich am Interviewleitfaden orientieren, oder Bildnummern. Sie geben Auf-
schluss darüber, wie häufig und ausführlich ein Foto oder ein Thema diskutiert wurde. Die Fotos
werden nach Bildtyp, Besprechungs-Häufigkeit oder nach den Codes, die bei ihrer Besprechung ge-
nannt wurden, grob in Gruppen eingeteilt. Damit wird ersichtlich, welche Fotos für welches Thema
(z.B. Landschaftspräferenz oder Mysteriosität) charakteristisch sind und ob zwischen den Interviews
in dieser Hinsicht Übereinstimmungen bestehen. Weiter lässt sich durch die Codes beim Interview-
vergleich schnell erkennen, ob gewisse Wörter, resp. Landschaftselemente, in einem ähnlichen Zu-
sammenhang thematisiert wurden oder nicht. Die Erkenntnisse werden im Resultate-Teil dargestellt,
dessen Reihenfolge sich am Interviewleitfaden orientiert.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
20
3. Ergebnisse
3.1 Landwirtschaftliche Strukturen und landschaftliche Eigenart im Agglo-
merationsgebiet von Luzern
Für den Überblick über die Strukturveränderungen im Untersuchungsgebiet werden zu Beginn zum
Vergleich die Daten auf Kantonsebene vorgestellt. Erste regionsspezifische Unterschiede, die für die
Eigenart der Landschaft von Bedeutung sind, sollen so ersichtlich werden. Ferner werden die Resulta-
te der Begehungen und spezifischere Zahlen aus den Agglomerationsgemeinden präsentiert.
3.1.1 Kantonale Entwicklung im Agrarbereich seit 1950
Gesamtschweizerisch sind zwischen 1985 und 1996 fast ein Viertel aller Landwirtschaftsbetriebe
eingegangen und die Betriebsgrössen der weiter bestehenden nahmen zu: „vorab an den Vorzugsla-
gen im Mittelland hat der Trend zur Rationalisierung und Intensivierung die Agrarlandschaft in den
letzten Jahrzehnten stark umgestaltet“ (2001, S. 18), stellt das Bundesamt für Statistik (BFS) fest. Der
Kanton Luzern bestätigt dieses Bild (Tab. 2).
Landwirtschaftsbetriebe Betriebe mit einer Nutzfläche von ... ha Mittlere Nutzfläche in ha
Jahr
Total davon Haupt- 0 - <5 5 - <10 10 - <20 20+ Pro Betrieb Pro Haupt-
erwerbs- erwerbs-
betriebe betrieb
1955 9'864 8'605 2'894 3'039 3'931 8.4 ...
1965 9'255 7'741 2'400 2'782 2'979 1'094 9.2 ...
1975 8'418 6'763 2'042 2'133 3'033 1'210 10.1 11.8
1985 7'826 6'201 1'772 1'541 3'022 1'491 11.2 13.2
1996 6'171 5'063 867 1'452 2'886 966 13.0 ...
2003 5'523 4'346 631 1'196 2'575 1'121 14.2 16.2
2009 5'146 3'795 575 1'027 2'299 1'245 15.1 17.5
Tab. 2: Entwicklung der Betriebsstruktur im Kanton Luzern, ausgewählte Jahre (ohne Arbeitskräfte)
Innerhalb von 55 Jahren hat sich die Anzahl der Landwirtschaftsbetriebe um die Hälfte verringert,
während die mittlere Nutzfläche pro Betrieb zunahm. Vor allem Kleinbetriebe verschwanden. So sind
beispielsweise 1996 von 1772 Betrieben mit weniger als 5 ha im Jahr 1985 nur noch 867 übrig8. Hinzu
kommt eine starke Abnahme der Beschäftigtenzahl: arbeiteten 1955 noch 40'394 Leute im ersten
Sektor, davon 76 % Vollzeitbeschäftigte, sind es 2009 nur noch 14'384, wovon lediglich 42 % vollzeit-
beschäftigt sind (Tab. 2). Diese Abnahme widerspiegelt sich in der Zunahme des Anteils an Nebener-
werbsbetrieben an der Gesamtbetriebsanzahl und bedeutet, dass weniger Leute vollends in der
Landwirtschaft tätig sind.
8Durch eine neue Erhebungsmethode sind die Zahlen nur beschränkt vergleichbar: bis 1990 wurden die Grös-
senklassen nach Kulturfläche (LN, Wald und Sömmerungsweiden) eingeteilt, ab 1996 wird aber nur noch die LN
beachtet. Dies erklärt die starke Abnahme an Grossbetrieben (+20 ha), da Wald und Sömmerungsweiden nicht
mehr mitgezählt werden.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
21
Betrachtet man die Entwicklung der Tierhalter und des Nutztierbestandes im Kanton lässt sich eine
Parallele zur Entwicklung der Betriebsanzahl und der Flächengrösse ziehen: innerhalb von über 50
Jahren hat sich die Anzahl der Halter bei sämtlichen Tierarten ausser den Schafen deutlich verringert,
wogegen der Bestand fast überall wuchs (siehe Anhang 7.3 Tab. 13)9. Als Extrembeispiel gelten die
Hühner und Schweine: gehörten 1956 jedem Halter im Durchschnitt 36 Hühner, sind es 2009 703
Tiere, bei den Schweinen vervielfachte sich der Bestand um das Achtfache auf 190 Tiere pro Halter.
„Die Öffnung der regionalen Märkte führte zur Spezialisierung und Vergrösserung der Betriebe“
(LUSTAT 2011, S. 168), wird als Grund für diese Entwicklung angeführt. Ein Landwirt hält jetzt nicht
mehr verschiedenste Tierarten, sondern konzentriert sich auf eine oder zwei. Beim Rindvieh wuchs
die Zahl gehaltener Tiere weniger stark an (Tab. 13). Als Grund dafür wird die fehlende Fläche ge-
nannt (LUSTAT 2011). Die LN nahmen auf Kosten der markanten Siedlungsausdehnung ab, doch mit
einem Anteil von 53.5 % an der Gesamtfläche des Kantons, wovon 46 % in die Kategorie von Wies-
und Ackerland und Heimweiden gehören, prägen sie aber weiterhin das Landschaftsbild (ebd.).
Strukturveränderungen lassen sich auch an Hand der Entwicklung des Obstbaumbestandes verfolgen.
Laut Arealstatistik nahmen die LN besonders beim Obst-, Reb- und Gartenbau ab (LUSTAT 2011). Vor
allem mit der Abnahme von „Hochstammobstbaumgärten verschwindet zunehmend ein wichtiges
Element der Kulturlandschaft“ (BFS 2005, S. 46). Diese Bäume werden häufig in Bezug auf Biodiversi-
tät erwähnt und sind für die Landschaft als gestalterisches Element von Bedeutung. Veränderungen
lassen sich beim Baumbestand gut erkennen (Tab. 3). Der nahm innerhalb von 50 Jahren fast um das
Vierfache ab. Als Grund dafür wird angebracht, dass Selbstversorgung oder der Betriebszweig „Obst“
nicht mehr rentabel ist. „Zudem sind Obstgärten traditionell nahe an den Siedlungen angelegt (…)
und fallen daher oftmals der Siedlungserweiterung zum Opfer“ (ARE, BAFU 2007, S. 12). Der prozen-
tuale Anteil an Niederstammobstbäumen10 nahm um das Sechsfache zu und machte 1991 12 % aller
Bäume aus. Die Mengenverhältnisse der Baumsorten zueinander blieben in etwa gleich: Äpfel, Birnen
und Kirschen herrschen vor.
9 Allein der Pferdebestand nahm ab. Dies mag ein Hinweis darauf sein, dass das Pferd definitiv vom Nutz- zum
Freizeittier wurde und die Mechanisierung menschliche wie auch tierische Arbeitskräfte ersetzt hat. 10
„Feldobstbäume mit einer maximalen Stammhöhe von 1 Meter“ (LUSTAT 2011, S. 162)
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
22
Baumbe-stand
davon nach Sorten
Total11 Nieder-stamm
Jahr
Äpfel Birnen Kirschen Pflaumen Apriko-sen
Pfirsi-che
Quit-ten
Nüsse Edelkasta-nien und
Zwetsch-gen
1951 1'165'641 22'929 517'428 321'384 147'292 141'239 1'094 2'055 7'233 27'916 ...
1991 401'544 48'878 158'789 105'697 69'476 52'825 394 427 1'814 12'122 ...
2001 300'682 … 107'148 80'335 54'857 42'323 482 392 1'711 12'603 831
Tab. 3: Feldobstbäume nach Arten seit 1951 im Kanton Luzern, ausgewählte Jahre Im Kanton lässt sich also besagte Intensivierung im Agrarbereich feststellen, da es weniger, dafür
grössere Betriebe mit mehr Tieren und grösseren Nutzflächen gibt. Die Annahme, dass eine Speziali-
sierung erfolgt, bestätigt sich in der Abnahme der Arbeitskräfte, der Aufgabe von Obstkulturen zur
Selbstversorgung, resp. der Zunahme an intensiven Niederstammkulturen, sowie der Reduktion des
Tierbestandes auf wenige Arten, was sich in der starken Zunahme der Tieranzahl pro Halter zeigt.
3.1.2 Entwicklung der Agglomeration Luzern seit 1950
Im Jahr 2009 befinden sich rund 7.8 % aller Betriebe im Kanton im Agglomerationsgebiet (402 Be-
triebe, Tab. 4)12. Rund 29 % davon sind Nebenerwerbsbetriebe.
Zahl der Landwirtschaftsbetriebe Grössenverhältnisse: Zahl der Betriebe mit einer Kulturfläche von … ha
Jahr Total von hauptberuflichen Landwirten 0-1 1.01 - 5 5.01 - 10 10.01 - 20 20.01 - 50 über 50
LN pro
Betrieb in a
1955 1058 876 134 199 323 402 861
1965 873 716 103 150 250 272 105 3 999
1985 671 482 108 88 110 212 141 7 1231
2000 447 345 23 59 73 163 129 -
2003 425 337 22 48 72 166 117 -
2009 402 287 1459 Tab. 4: Zusammenstellung der Entwicklung der Betriebsstruktur in der Agglomeration Luzern
13
Die Zahlen zeigen eine ähnliche Entwicklung wie im Kanton (Vgl. Tab. 2). Die Betriebsanzahl nahm in
55 Jahren um mehr als die Hälfte ab, während die durchschnittliche Nutzfläche pro Betrieb in ähnli-
chem Ausmass zunahm. Waren 1955 62 % Betriebe kleiner als 10 ha, sind es 2003 nur noch 33 %. 28
% sind grösser als 20 ha und liegen somit über dem schweizerischen Durchschnitt (BFS 2011).
11 Seit 2001 ohne Nieder- und Halbstämmer und ohne Obstbäume in Privatbesitz
12 Als Ausgangslage für die Tabellen dienen alle heutigen Agglomerationsgemeinden. Es wurde nicht darauf
Rücksicht genommen, ab wann Gemeinde zur Agglomeration gezählt wurde. 13
Die Betriebsgrössen wurden im Verlaufe der Zeit unterschiedlich aufgeschlüsselt. 1955 existierten nur vier
Grössenklassen (10 ha + war die grösste), seit dem Jahr 2000 gibt es sieben Klassen. Für die Zusammenstellung
wurden im den Jahren 2000 und 2003 die Klassen 1-3 und 3-5 ha zusammengefasst, ebenso wie die Klassen 20-
30 ha und > 30 ha.
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23
Nach Arealstatistik 2006/07 beträgt die Gesamtfläche des Agglomerationsgebiets 15 389 ha, wovon
fast 30 % Siedlungsfläche und 40 % LN ist (LUSTAT 2011). Der hohe Anteil an Siedlungsfläche ist der
grösste Unterschied zwischen Agglomeration und Kanton (durchschnittlich 9.6 % Siedlungsfläche).
Die Tabelle der Flächen-Nutzungsarten lässt erkennen, dass im Gebiet Grünland dominiert und
Ackerbau sekundär ist (Tab. 5). Dies entspricht der besagten Ost-West-Linie (Hochdorf-Sursee-Zell),
die nach LUSTAT den Kanton in zwei Nutzungstypen teilt: „Nördlich dieser Linie wird relativ viel
Acker-, Obst- und Gemüsebau betrieben. Südlich davon herrscht intensive Gras- und Viehwirtschaft
vor“ (2011, S. 166). Das Agglomerationsgebiet befindet sich südlich dieser Linie.
gesamte LN 2003 in Aren 647000
davon sind … %:
offenes Ackerland14
7.6
Grünland15
90.1
Dauerkulturen16
1.1
übrige LN 1.2 Tab. 5: Übersicht über die LN im Agglomerationsgebiet im Jahr 2003
Da sich das Agglomerationsgebiet durch Viehwirtschaft auszeichnet, gestalten landwirtschaftliche
Nutztiere die Landschaft mit. Dies gilt vor allem für Tiere, die auf Weiden sichtbar sind und die LN
direkt verändern, indem sie z.B. grasen. Eine Tierart oder Rasse kann sogar als regionale Eigenheit
gelten: dem Kanton Luzern nachgesagt, er sei ein typischer Braunviehzucht-Kanton, in welchem nur
selten andere Rassen vorkommen. Tatsächlich gab es im Jahr 1956 kaum Fleckvieh im Agglomerati-
onsgebiet. Nur 2 % des Rindviehs gehörte einer Fleckvieh-Rasse an. Bis im Jahr 1988 wuchs der Anteil
aber auf 34 %, 2003 wurden die einzelnen Rassen nicht mehr getrennt aufgeführt.
Rindvieh Rassen Schweine
Jahr Rindviehbesitzer Gesamtbestand Kühe Braunvieh Fleckvieh Besitzer Gesamtbestand
1956 906 15293 10740 14945 278 752 16391
1988 461 15347 8430 10986 3711 238 30727
2003 345 12254 6589 … … 124 21870
Tab. 6: Zusammenstellung Nutztiere im Agglomerationsgebiet
Die Anzahl der Rindviehhalter hat sich in der Agglomeration im Vergleich mit dem Kanton von 1956
bis 2003 deutlicher verringert: Während 2003 nur noch rund 38 % aller Besitzer von 1956 Vieh be-
sass, waren es im ganzen Kanton im Jahr 2009 immerhin noch 48 % (Vgl. Anhang Tab. 12). Ähnliches
gilt bei den Schweinebesitzern: hielten 2009 im ganzen Kanton noch 25 % der Halter von 1956
Schweine, sind es in der Agglomeration im Jahr 2003 bereits nur noch 17 %, die im Durchschnitt 176
Schweine besassen.
14 Als offenes Ackerland gelten sämtliche Ackerflächen (z.B. für Getreide, Hackfrüchte, Mais, einjährige Gemü-
se- oder Beerenkulturen etc.) abzüglich der Kunstwiesen (Statistik Schweiz 2011) 15
Sämtliche Grünflächen, Wiesen (auch Kunstwiesen) und Weiden (ebd.) 16
Obst, Reben; mehrjährige Beeren, Gemüse und Gewürz- und Medizinalpflanzen; Hopfen; Baumschulen (auch
Christbäume und Ziersträucher) (ebd.)
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24
Auch diese Tabellen bestätigen den Wandel, der laut Roth et al. „zu einer Verarmung der Kulturland-
schaft [führt]: Kleine Betriebe mit vielfältigen Nutzungen weichen zunehmend grösseren Betrieben
mit weniger Nutzungen“ (2010, S.51). Im Agglomerationsgebiet sind die Strukturveränderungen im
Vergleich mit dem Kanton markanter. Die Intensivierung zeigt sich in der Zunahme der Nutztiere pro
Halter, aber auch im Wachstum der LN pro Betrieb oder in der Abnahme des Baumbestandes.
Die Entwicklung der Landwirtschaft im Agglomerationsgebiet muss in Zusammenhang mit der Sied-
lungsausdehnung, resp. der Bevölkerungsentwicklung, betrachtet werden, da auch die Ausdehnung
der Siedlungsflächen das Landschaftsbild verändert und mit den LN konkurriert.
Jahr Bevölkerung absolut
1950 104‘219 durchschnittliche Bev. Zunahme in Personen pro Jahr von 1950 -1980 1‘898
1980 161‘173 durchschnittliche Bev. Zunahme in Personen pro Jahr von 1980-2009 994
2009 190‘009
Tab. 7: Bevölkerungsentwicklung Agglomeration, ausgewählte Jahre
Im Jahr 2009 wohnen insgesamt 190‘009 Personen im Agglomerationsgebiet. Der Grossteil entfällt
auf die Stadt Luzern (seit 2010 mit Littau fusioniert), Emmen, Kriens, Ebikon und Horw. Es sind auch
diese Gemeinden, die in der Wachstumsphase von 1950-1980 das grösste absolute Wachstum zu
verzeichnen hatten (siehe Anhang Tab. 13). Den grössten Bevölkerungszuwachs insgesamt gab es in
Adligenswil, wo 2009 mehr als 7 Mal so viele Leute lebten wie anno 1950. Weiter folgt Gisikon mit
fast 6 Mal mehr Einwohnern als 1950 und Buchrain, wo sich die Bevölkerung innerhalb von 60 Jahren
verfünffacht hat (Tab. 13).
3.1.3 Landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet
Die Agglomerationsgemeinden lassen sich morphologisch und auf Grund der Verkehrsachsen in grös-
sere Gebiete zusammenschliessen:
• die östlichen Agglomerationsgemeinden Adligenswill, Udligenswil und Meggen: südlich
trennt sie der Vierwaldstättersee und die Kantonsgrenze von der Umgebung ab, im Norden
werden die Gemeinden durch den Dietschi-, den Dotte- und den Rooterberg vom Rontal ge-
trennt
• das Rontal mit Ebikon, Buchrain, Dierikon, Root, Gisikon und Honau: das Rontal lässt sich
durch die nach Norden ausgerichteten Hänge (Dotte- und Rooterberg) und die parallel dazu
fliessende Reuss von der Umgebung abtrennen
• die nördlichen Gemeinden Emmen, Rothenburg und Littau: die Reuss liegt zwischen dem
Rontal und Emmen, Littau wird durch den Sonneberg von Kriens getrennt
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
25
• die Gemeinden Kriens und Horw: sie liegen am Fusse des Pilatus zwischen dem Sonneberg
und dem Vierwaldstättersee
Anhand dieser Zusammenfassung wird die landschaftliche Eigenart der einzelnen Gebiete durch die
eigenen Beobachtungen beschrieben und mit Zahlen ergänzt. Diesem Beschrieb werden einige all-
gemeine, während der Erkundungstouren gemachte, Beobachtungen vorangestellt.
3.1.3.1 Allgemeine Beobachtungen
Die LN ähneln sich in ihrer Nutzung in allen Gemeinden, unterscheiden sich aber in der Grösse auf
Grund ihrer (Hang-)Lage. Die Flächen in der Ebene sind bedeutend grösser und baumloser als die
Hänge. Es gibt hauptsächlich Grünflächen, die geweidet oder gemäht werden. Kornfelder fanden sich
nur vereinzelt, wobei die am häufigsten gesichtete Frucht Mais ist.
Bei den meisten Betrieben finden sich Obstbäume. Entweder hat es alte Hochstammbäume am
Strassenrand oder auf einer grossen (Weide-)Fläche unregelmässig verteilt. Oder dichtere
Obstanlagen befinden sich in Haus- oder Stallnähe. Die Produkte werden vielerorts per Direktverkauf
abgesetzt. Nicht alle gesichteten Betriebe hielten Tiere17. An manchen Orten trug das Vieh (v.a. das
Jungvieh) Glocken.
Auf Grund der gesichteten Bauten kann man auf die Entwicklung in Gebiet schliessen. Im Dorfkern
vieler Gemeinden hat es nach wie vor alte Häuser, wogegen der Siedlungsrand durch grosse, moder-
ne Neubauten geprägt wird. Weiter widerspiegelt sich die Grösse und Art eines Landwirtschaftsbe-
triebs in dessen Bauten und den landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen.
Je nach Gebiet besteht ein unterschiedlich stark ausgebautes Wander- oder Radwegnetz. Auch wenn
kleinere Wege nicht als Wander- oder Radweg markiert sind, ist der Durchgang für Motorfahrzeuge
häufig verboten. In Adligenswil wurde beobachtet, dass geteerte Kleinstrassen in Siedlungsnähe auch
für Radfahrer und Pferde verboten waren, da sie hauptsächlich als landwirtschaftliche Zufahrtsstras-
sen zu den angrenzenden Betrieben dienen.
Wie die unterschiedlichen Elemente in den einzelnen Gebieten auftreten, zeigt sich nun im detaillier-
teren Beschrieb.
3.1.3.2 die östlichen Agglomerationsgemeinden: Adligenswill, Udligenswil und Meggen
Die Seenähe lässt die Landschaft vor allem in Meggen offen erscheinen, da der Blick darüber hinweg
in die Berge schweifen kann (Vgl. Abb. 3). Durch die Ausrichtung nach Süden und die ausgleichende
Wirkung des Sees ist das Klima mild, was den Anbau von Reben ermöglicht (GM 2011).
17 An gewissen Orten weideten nur ein paar Rinder. Pferde, Ziegen oder Schafe fanden sich vereinzelt. Auch die
Schweinehaltung war relativ unauffällig.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
26
Abb. 3: Landwirtschaftsbetrieb (Altmatt, Adligenswil) am Siedlungsrand mit Blick auf den See und in die Berge
Abb. 4: Kirschbäume am Siedlungsrand in Meggen
Gemeinde Einwohner 2009 Fläche (km2),
ohne Seen
LN (%) Landwirtschaftliche Zone
Meggen 6512 7.27 43.6 Vorwiegend Talzone
Adligenswil 5475 6.99 50.8 Hügelzone
Udligenswil 2167 6.25 65 Hügelzone Tab. 8: Übersicht über die östlichen Agglomerationsgemeinden
Im Gegensatz zum steuergünstigen Meggen ist der Anteil an LN in Adligens- und Udligenswil höher
und liegt in der Hügelzone (Tab. 8). Über die Landwirte in Meggen sagt die Gemeinde-Homepage:
„Sie betreiben hauptsächlich Milchwirtschaft, Viehhaltung und Obstbau“ (GM 2011). Dies stimmt
auch für die beiden anderen Gemeinden. Doch in Meggen fallen die vielen Kirschbäume auf (Abb. 4).
Im Jahr 2003 wurden dort 65 Aren Steinobst gezählt. Dem gegenüber stehen 19 Aren Äpfel und Bir-
nen (siehe Anhang Tab. 14). In der Agglomeration dominieren, gesamthaft betrachtet, Apfel-
Obstanlagen (Tab. 14). In Seenähe sind die Nutzflächen eher klein. Enthalten sie keine Unebenheiten,
sind sie grösser und die Landschaft wirkt offener, aber auch ein wenig monoton, da kaum Bäume
sichtbar sind (Abb. 5). Im Gegensatz dazu zeichnet sich die LN in Abbildung 6 durch Obstbäume aus.
Abb. 5: Am Siedlungsrand von Adligenswil mit dem Lauf des Stubebachs
Abb. 6: Landschaft im unebenen Gebiet auf über 600 m.ü.M. in Adligenswil
Im Jahr 2003 gehören von den 73 Landwirtschaftsbetrieben in den drei Gemeinden die Hälfte zur
Grössenklasse von 10-20 ha (siehe Anhang Tab. 15). In der Gemeinde mit dem höchsten Anteil an LN,
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
27
Udligenswil, sind noch 31 % der Betriebe kleiner als 10 ha. Die grössten Betriebe finden sich 2003 in
Adligenswil, wo fast die Hälfte der 22 Betriebe mehr als 20 ha bewirtschaften.
Neben den Grünflächen18 beschränken sich die angebauten Kulturen im Gebiet auf Mais (Abb. 7). Nur
vereinzelt wurden Kornfelder gesichtet (Abb. 8). Getreide wurde 2003 weder in Meggen noch in Ud-
ligenswil angebaut und auch Hackfrüchte19 fehlten im ganzen Gebiet, bis auf wenige Aren Kartoffeln
in Meggen und Udligenswil (Statistik Schweiz 2011).
Abb. 7: Maisfeld auf der Ebene von Talacheri in der Höhe auf 598 m.ü.M. in Adligenswil
Abb. 8: Gerstenfeld in Adligenswil – ein eher seltener Anblick, mit Blick auf Udligenswil
Geht es um die Positionierung im Standortwettbewerb, hallt die Vergangenheit der Gemeinden als
kleine Bauerndörfer nach. Über Udligenswil wird gesagt, dass es trotz der rasanten Entwicklung seit
den 60er Jahren gelungen ist, „die ländliche Identität (…) bis heute zu bewahren“ (GU 2011). Im Ver-
gleich mit Meggen und Adligenswil spricht der hohe Anteil an LN (65 %), die tiefe Bevölkerungszahl
(siehe Tab. 8) und die kleineren Betriebsgrössen für die Bewahrung dieser ländlichen Identität.
3.1.3.3 das Rontal mit Ebikon, Buchrain, Dierikon, Root, Gisikon und Honau
Auf Grund ihrer Nutzung sind die besiedelten oder landwirtschaftlich geprägten Nord-Hänge, die
Rontalebene sowie der Südhang von Buchrain voneinander abzugrenzen und zu unterscheiden.
Gemeinde Einwohner 2009 Fläche (km2),
ohne Seen
LN (%) Landwirtschaftl. Zone
Ebikon 11 850 9.69 36.1 Ebene Talzone,
Siedlungen teils Hügelzone
Buchrain 5710 4.79 43 Talzone
Dierikon 1442 2.28 56.7 Talzone (Siedlungen),
LW in der Hügelzone
Root 4363 8.64 48.5 Talzone (Siedlungen),
LW in der Hügelzone und Bergzone 1
Gisikon 1055 1.10 47.3 Tal- und Hügelzone
Honau 345 1.25 65.6 Tal- und Hügelzone Tab. 9: Übersicht über die Rontalgemeinden
18 Im Durchschnitt der drei Gemeinden sind ca. 95 % der Gesamt-LN Grünflächen (siehe Anhang Tab. 16)
19 Kartoffeln, Zucker- und Futterrüben
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
28
Ebikon, die grösste und mit Abstand einwohnerstärkste Gemeinde im Gebiet zeichnet sich durch
einen geringen Anteil an LN aus. Frappant ist der Vergleich mit Root, wo auf einer minim kleineren
Fläche weniger als halb so viele Menschen leben. Dennoch wird gesagt, dass Root „im strengen Sinne
keine ländliche Idylle mehr“ (GR 2011) bietet. Bei den Begehungen erschienen Root und Honau aber
weniger hektisch als der Komplex Ebikon-Dierikon-Buchrain.
Den Hauptanteil an LN bilden die Nord-Hänge (Dotte- und Rooterberg) von Dierikon bis Honau, die
durch die Landwirtschaft dominiert werden. Die Mehrheit der Landwirtschaftsbetriebe bewirtschaf-
tet mehr als 10 ha (Vgl. Anhang Tab. 15). In Ebikon sind die Betriebe vergleichsweise grösser: 2003
hatten dort 4 Landwirte mehr als 30 ha Land (ebd.). Die 65.6 % LN im 345 Seelen-Dorf Honau werden
von 5 Landwirten bewirtschaftet, für die kleinere Fläche des dicht besiedelten Gisikon sind es 7, de-
ren vier nur 5-10 ha besitzen (ebd.). Wie auch schon in den östlichen Agglomerationsgemeinden ist
praktisch jeder Landwirt Halter von Tieren der Rindergattung. Rund die Hälfte hält auch Geflügel
und/oder Schweine (Statistik Schweiz 2011).
Zwischen dem Siedlungsgebiet in den unteren und dem Wald in den obersten Hangpartien liegt Wei-
de- und Grasland. Die Felder sind im Gegensatz zur Ebene klein (Abb. 9). Durch unregelmässige
Mähstriemen und lückenhafte (Obst-)Baumreihen erscheint das Gebiet ungeordnet. Daher ist es im
Vergleich mit dem Talboden abwechslungsreicher, obwohl in den Gemeinden mit viel Fläche in der
Talzone auch unterschiedliche Ackerflächen vorkommen (siehe Anhang Tab. 16)20.
Abb. 9: Blick an den Rooterberg - Bäume und kleinere Flächen am Hang, offene Flächen auf dem Talboden
Abb. 10: der Radweg ermöglicht einen guten Blick an die Hänge
Abb. 11: Obstbäume prägen die Hänge - Blick vom Radweg aus in der Nähe eines Betriebes
Durch die LN werden Siedlungen voneinander abgetrennt. Ebikon, Buchrain und Dierikon sind aber
praktisch verschmolzen und die Hanglagen werden als „vorzügliche Wohnlagen“ (GE 2011) angeprie-
sen. Bei den anderen Gemeinden sind die Gemeindegrenzen klarer ersichtlich. Die Abtrennung von
Siedlungsflächen erfolgt auf unterschiedliche Weise:
20 Für die Unterschiede in der Bewirtschaftung und die Feldergrösse stehen die landw. Zonengrenzen sinnbild-
lich da: In der Hügel- und Bergzone wird die Bewirtschaftung durch die starke Hangneigung erschwert, was sich
in einem grösseren Arbeitsaufwand niederschlägt. Abbildungen 9 und 10 präsentieren ähnliche Ansichten und
geben Aufschluss über den Kontrast zwischen Ebene und Hang.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
29
Abb. 12: eine gemähte Grasfläche trennt Siedlungen voneinander ab
Abb. 13: eine Mutterkuhherde weidet unterhalb von Gisikon
Die Ebene des Rontals wird durch die Industrie dominiert und zeichnet sich ansonsten durch gross-
flächige Landwirtschaft aus. Ackerflächen sind in diesem Gebiet zahlreicher als in den östlichen Ag-
glomerationsgemeinden (Abb. 14 und Abb. 156)21 und es wird Getreide angebaut (Statistik Schweiz
2011). Bei den Begehungen wie auch in den Zahlen von 2003 wird ersichtlich, dass hier Hackfrüchte
fehlen und auf den übrigen offenen Ackerflächen hauptsächlich Mais angebaut wird (ebd.).
Abb. 14: grossflächige Landwirtschaft dominiert die Ebene, ein Radweg führt durch das Gebiet
Abb. 15: die Ron und der Wald als Abwechslung zu den Industriekomplexen mit Blick auf den Pilatus
Abb. 16: Aussicht von Honau auf die Landwirtschaftsflächen
Als einzige der im Rontal liegenden Gemeinden liegt Buchrain auf der nach Süden ausgerichteten
Talseite, was eine gute Sicht auf die Nachbargemeinden ermöglicht (Abb. 17). Die sonnenexponierte
Lage eignet sich für grosse Obstanlagen (Tafel-
obst und Beeren), die in diesem Gebiet (inkl.
Hundsrügge und Sädel) öfter anzutreffen sind als
anderswo (Tab. 16). Im Gegensatz zu den östli-
chen Gemeinden, wo Steinobst dominierte, sind
hier Apfelkulturen dominant (Tab. 14).
Abb. 17: Blick vom Leisibach in Richtung Rooterberg
21 Als Vergleich dazu siehe GKL (2011), Markierung „Fruchtfolgeflächen“ und Tab. 16 im Anhang
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
30
Als Kontrast zu den Industrieüberbauungen (Abb. 14) fliesst die Ron durch das Tal (Abb. 15) und
Wanderwege durchziehen den angrenzenden Hasliwald sowie die Nord-Hänge. Weiter sind Radwege
markiert22. Obwohl es so scheint, als befände man sich in einem Tal-Schlauch, wird das Rontal durch
„die verkehrstechnisch einzigartige, zentrale Lage“ (GG 2011), der Reuss als Naturraum und dem
Blick in die Berge, besonders auf den Pilatus, der „den Eindruck der Weite“ (GR 2011) erzeugt, als
reizvoller Wohnstandort angepriesen.
3.1.3.4 die nördlichen Gemeinden: Emmen, Rothenburg und Littau
Gemeinde Einwohner 2009 Fläche (km2), ohne
Seen
LN (%) Landwirtschaftl. Zone
Emmen 27 833 20.34 42.2 Talzone (ausser Littau: Teil
Sonneberg Hügelzone und
Bergzone 1) Rothenburg 7121 15.52 65.7
Littau (seit 2010
Fusion mit Luzern)
76 702 29.07 28
Tab. 10: Übersicht über die nördlichen Agglomerationsgemeinden
Im Jahr 2003 wurde die LN in Emmen von 47 Landwirten bewirtschaftet. Die Betriebe sind dort im
Durchschnitt grösser als in Rothenburg und Littau und den vorher beschriebenen Gebieten: 2003
bewirtschafteten 9 Betriebe mehr als 30 ha, in Rothenburg waren es von 68 Betrieben nur 5. In bei-
den Gemeinden sind insgesamt 80 % der Betriebe grösser als 10 ha 23(Tab. 15).
Abb. 18 und Abb. 19: alte und neuere landwirtschaftliche Gebäude in Waltwil
Die Grösse der Betriebe widerspiegelt sich auch in den landwirtschaftlichen Gebäuden. In Waltwil am
Rande des Flugplatzes Emmen stehen alte Gebäude, z.B. der Spycher in Abbildung 18, neben neuen,
grösseren (Stall-)Gebäuden (Abb. 19).
22 Der separat im Grünen angelegte Radweg wird von Familien aber auch Einzelpersonen gut genutzt und ist, da
asphaltiert, auch als Inline-Strecke markiert. 23
In Littau (ohne Luzern) waren es von 43 Betrieben nur gerade 67 %. Ein Drittel der 9 Betriebe in Luzern sind
Kleinstbetriebe von 0-1 ha und ein Landwirt bewirtschaftet über 30 ha. Nur ein minimer Anteil der LN in der
Tabelle bei Littau gehört also zu Luzern.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
31
Abb. 20: Weide im Unterdorf in Emmen
Abb. 21: gemähtes Feld und Landwirtschaftsbetrieb in unmittelbarer Nähe der Flugpiste
Allgemein betrachtet sind die Felder in diesem Gebiet grösser, da es hauptsächlich in der Talzone
liegt. Auf den an die Flugplatz-Ebene angrenzenden Flächen weiden Milchkühe und Obstbäume zie-
ren teilweise das Land (Abb. 20). Wie im Rontal dominierten im Jahr 2003, vor allem in Emmen, Ap-
fel-Obstanlagen (siehe Anhang Tab. 14). Ansonsten scheint sich die Nutzung der LN an den Militär-
flugplatz anzupassen: Um die Flugpiste herum wird alles grossflächig gemäht (Abb. 21), die Felder
sind baumlos und erscheinen monoton, wogegen etwas entfernt Ackerbau mit Mais oder Getreide
betrieben wird (Abb. 22). Auch Hackfrüchte werden im gesamten Gebiet von Rothenburg, Littau und
Emmen angebaut: Kartoffeln und Futterrüben fanden sich 2003 sonst praktisch nirgends, wie auch
Gemüsekulturen, die in diesem Gebiet vermehrt vorkamen als in anderen Agglomerationsgemeinden
(Statistik Schweiz 2011).
Abb. 22: bewirtschaftete Flächen in Emmen, von der Flugplatzebene entfernt mit Blick in Richtung Luzern
Abb. 23: Weide- und Grasland bei Neu Adlige mit Blick auf den Siedlungsrand von Rothenburg
Im weniger flachen Gebiet gegen Rothenburg wirkt die Landschaft abwechslungsreicher als auf der
Flugplatz-Ebene. Die Eisenbahnlinie oder Strassen trennen die Siedlungsbauten vom Umland mit den
Landwirtschaftsbetrieben ab (Abb. 23). Der hohe Anteil an LN (über 65 %) an der Gesamtfläche
spricht für den ländlichen Charakter von Rothenburg, das sich aber „innert weniger Jahrzehnte … von
einer stark landwirtschaftlich geprägten Gemeinde zu einem sehr attraktiven Luzerner Vorort entwi-
ckelt“ (GRB 2011) hat. Diese Entwicklung zeigt sich in der verstärkten Bevölkerungszunahme in der
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
32
Wachstumsphase von 1980-2009 (siehe Anhang Tab.13). Durch die Siedlungsausdehnung finden sich
im Siedlungsgebiet Relikte aus Tagen als weniger Landwirtschaftsflächen überbaut waren und mehr
Betriebe existierten (Abb. 24).
Abb. 24 und Abb. 25: landwirtschaftliche Bauten, leer stehend oder genutzt, prägen den Strassenrand in Rothenburg
Ähnlich abwechslungsreich wie Rothenburg ist Littau (Abb. 25). Die Gemeinde zeichnet sich durch
den Littauerbode aus, der eng mit Emmen verknüpft ist, während das Dorf auf einer Anhöhe liegt.
Die Landwirtschaft ist vielseitig: es gibt neben Weide- und Grasland auch Acker- und Gemüseanbau,
die Flächen sind gross und offen.
3.1.3.4 die Gemeinden Kriens und Horw
Gemeinde Einwohner 2009 Fläche (km2),
ohne Seen
LN (%) Landwirtschaftl. Zone
Kriens 26 202 27.34 28.4 Talzone im Kernsiedlungsbereich, Hügelzone
(Obernau), Bergzone 1 (Teil Sonneberg und
Krienseregg), Bergzone 2 (Krienseregg)
Horw 13 182 12.82 29.3 Talzone, gemischt mit Hügelzone (Horwer
Halbinsel), Bergzone 1 (Krienseregg) Tab. 11: Übersicht Gemeinden Horw und Kriens
In Bezug auf die Bevölkerungsdichte und den Anteil an LN verhalten sich die beiden Gemeinden ähn-
lich: Kriens ist etwas mehr als doppelt so gross wie Horw, hat aber auch fast doppelt so viele Einwoh-
ner. Weiter zeichnet sie der sehr tiefe Anteil an LN und die enge Verflechtung mit Luzern aus.
Im Vergleich mit den Zahlen der anderen Agglomerationsgemeinden aus dem Jahr 2003 fällt auf,
dass in Horw und Kriens überdurchschnittlich viele Landwirtschaftsbetriebe Nebenerwerbsbetriebe
sind: In Horw sind es von 37 Betrieben 32 %, in Kriens von 60 Betrieben sogar 40 % (Statistik Schweiz
2011). Dies lässt sich durch die Betriebsgrössen begründen: In Kriens bewirtschaften 10 Betriebe mit
1-3 ha zu wenig, um davon leben zu können. Rund die Hälfte aller Betriebe beider Gemeinden ist
dennoch grösser als 10 ha (Tab. 15).
Am Siedlungsrand von Obernau finden sich Betriebe mit Milchwirtschaft. Unmittelbar in der Nähe
der Gebäude gibt es meistens einen Garten und Obstbäume (Abb. 27 und 28).
Abb. 26: Sicht auf die vielfältige Nutzung des Littauerbodes
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
33
Abb. 27: Einfahrt zu einem Betrieb: rechts der Gartenzaun, links ein typisches Haus
Abb. 28: Obstgarten, der an einen Stall angrenzt
Abb. 29: Wanderweg mit guter Fernsicht auf die Rigi, links im Bild der überbaute Sonneberg
Abb. 30: offene Flächen und von Wald bestockte Hügel
Bei den neuen Überbauungen von Obernau in Richtung Kriens werden die Wanderwege dem Bach
entlang rege von Joggern und Hundehaltern genutzt (Abb. 29). Die daran angrenzende LN ist leicht
geneigt und wird gemäht, die steileren Partien des Nord-Hangs sind bewaldet (Abb. 30).
Die Sonnebergseite von Kriens ist in Stadtnähe bis auf ca. 600 m.ü.M. überbaut. Weiter vom Stadt-
zentrum entfernt dominiert die Landwirtschaft (Abb. 31). Als Insel im städtischen Zentrum kann der
Chupferhammer gesehen werden: LN mitten im Siedlungsraum mit guter Fernsicht (Abb. 32). Mais-
felder wie in Abbildung 32 und 33 kommen aber selten vor, Grünflächen (95 % der LN) dominieren
(siehe Anhang Tab. 16). Daher erinnert die Gegend an die östlichen Agglomerationsgemeinden, ob-
wohl sich Kriens dadurch unterscheidet, dass es leicht zwischen den Hügeln eingekesselt und daher
weniger offen ist.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
34
Abb. 31: Landwirtschaft in der Ebene und an der Sonnebergseite
Abb. 32: Die LN im Chupferhammer mitten in Kriens
In den flachen Teilen Horws sind auf Grund der Baudichte Grünflächen rar. Vereinzelt gibt es Betrie-
be, die alleine zwischen Siedlungen stehen (Abb. 33), doch meist grenzen die LN daran an wie in Abb.
34. Im Gebiet von Kriens nach Horw sind, ähnlich wie im Rontal, asphaltierte Radwege gut markiert.
Abb. 33: ein Landwirtschaftsbetrieb mitten im Siedlungsgebiet von Horw
Abb. 34: Landwirtschaft dominiert die oberen Hangpartien, wo die Siedlungsausläufer nicht mehr hinreichen
Charakteristisch für Horw ist der Seeanstoss, durch welchen, vergleichbar mit Meggen, die Land-
schaft offen wirkt. Durch die Ausrichtung nach Süden eignet sich die Horwer Halbinsel in der Höhe
für den Rebbau (Abb. 35). In Horw wurden 2003 sogar noch mehr Reben angebaut als in Meggen
(Statistik Schweiz 2011). Über die ganze Höhe der Horwer Halbinsel verteilt hat es Milchproduzenten.
Neben Kühen fallen andere Tiere kaum auf, obwohl den Zahlen von 2003 zu Folge Ziegen oder Schafe
hier häufiger vorkommen als in den übrigen Gebieten (ebd.). Obstbäume umgeben die Gebäude oder
säumen die Strassen, die als Wander- und Radwege ausgeschildert und für den Normalverkehr unzu-
gänglich sind (Abb. 36).
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
35
Abb. 35: Rebstöcke des Weinguts Rosenau auf der Horwer Halbinsel
Abb. 36: Landwirtschaftsbetrieb mit Milchkühen auf der Horwer Halbinsel
Diese Beschreibung des Agglomerationsgebiets dient als Überblick. Zu einem späteren Zeitpunkt wird
diskutiert werden, ob und inwiefern die gebietsspezifischen Unterschiede von den Interviewpartnern
thematisiert wurden.
3.2 Erfassen des Landschaftsverständnisses von Leuten aus der Agglomera-
tion
Ziel dieser Arbeitsetappe ist, das Landschaftsverständnis von Menschen aus der Agglomeration Lu-
zern zu erfassen. Dies passiert mittels Landschaftsfotos, die von den Beteiligten selbst gemacht wur-
den und die im Anschluss unter Einbezug von Landschaftsästhetik-Indikatoren besprochen worden
sind. Am Experiment haben sich vier Frauen und ein Mann zwischen 23 und 60 Jahren beteiligt. Zwei
Personen sind in Luzern wohnhaft und je eine in Littau, Horw und Buchrain. Dabei sind 33 Fotos ent-
standen. Einzelne Personen erachteten die Aufgabe als anspruchsvoll, da sie sich auf ungewohnte
Weise mit Alltäglichem auseinandersetzen mussten. Bei den Interviews wurden nicht nur die Fotos
diskutiert, sondern zuerst allgemeine Fragen zu Landschaft gestellt, um mehr über die Bedeutung
von Landschaft für eine Einzelperson zu erfahren. Im Anschluss daran wurden die Fotos in Bezug auf
die Landschaftsästhetik-Indikatoren besprochen und am Ende potentielle Gefahren für die Land-
schaft thematisiert.
3.2.1 Das Verständnis und die Bedeutung von Landschaft
Gesamthaft betrachtet ist das Landschaftsverständnis breit und es wurden in den Interviews alle
Forderungen genannt, welche an eine Landschaft gestellt werden können. Obwohl die Landschaft
primär Bedeutung als Erholungs- und Identifikationsraum hat, wurde die Produktionsfunktion nicht
ausgeblendet: „wir ernähren uns ja auch von der Natur“ (Interview VT, 26. Juli 2011). Da es um die
Wahrnehmung von Landschaft geht, ist es sinnvoll zu erfragen, „was für Gefühle und Wertungen er
[der Mensch] mit ihr [Landschaft] in Verbindung setzt“ (Meier et al. 2010, S. 215). Als Antwort kam,
dass eine Landschaft die Stimmung hebt und man sich mit ihr identifiziert, wenn sie gefällt: „Wenn
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
36
eine Landschaft schön ist, ist es gut für das Gemüt“ (Interview CF, 11. Juli 2011). Daher wird sie auch
mit einer Kraftquelle gleichgesetzt (Interview HB, 18. Juli 2011). Als zu einer Landschaft gehörend
wurden Grünflächen, Bäume, Ruhe, Fernsicht, Berge und Tiere genannt24. Nur eine Interviewperson
schloss Industrie und Wohnraum bewusst mit ein: Landschaft ist, „wo ich mich bewege, inklusive
wohnen und arbeiten“ (Interview FA, 16. Juli 2011). Eine schöne Landschaft ist für diese Person eine,
in welcher eine angenehme Mischung zwischen den verschiedenen Nutzungsarten existiert (ebd.) -
eine Auffassung, die nicht alle Befragten teilten: Landschaft wurde oft auf ‚Natur‘ (Wald, Kulturland
oder andere Grünflächen) reduziert (Interview CB, 19. Juli 2011).
3.2.2 Rolle der Landschaft im Alltagsverhalten und Bezug zur Landwirtschaft
Landschaftliche Eigenheiten spielen bei der Wohnungssuche eine Rolle und sind für die Naherholung
von Bedeutung (Interview FA, 16. Juli 2011). Draussen bewegen sich viele Leute bei unterschiedli-
chen Aktivitäten. Für den Arbeitsweg mit dem Velo wählt die Interviewperson aus Horw bewusst den
längeren Radweg, wenn sie dazu Zeit hat. Dieser führt nicht an der Hauptstrasse entlang, ist sicherer
und bietet einen schöneren Ausblick, was den Erholungsfaktor steigert (Interview CB, 19. Juli 2011).
Auf einer Erkundungstour wurde angemerkt, dass Leute durch ihre gute Beziehung zur Landwirt-
schaft nach draussen gezogen werden und sie weiterpflegen, auch wenn sie in einer Blocksiedlung
leben und den Strukturwandel kritisieren (Gespräch Pensionärin, 20. Juni 2011). Andere suchen ein-
fach einen Ausgleich zum Berufsalltag25 und sind sich den Strukturveränderungen in der Landwirt-
schaft weniger bewusst. Alle Befragten akzeptieren die Bedürfnisse der Landwirte, auch wenn sie
negativ bewertete Erscheinungen wie Gestanks-Emissionen, Fliegen oder laute Maschinen erwähnen
(Interview FA, 16. Juli 2011).
3.2.3 Landschaftsbild Präferenzurteile
Mit diesem Indikator soll herausgefunden werden, welche Landschaft im Vergleich mit einer anderen
ästhetisch besser gefällt und warum. Der Begriff Landschaftspräferenz deutet auf Vorlieben hin und
„drückt ferner implizit aus, dass es sich bei der integralen Beurteilung der Landschaft um subjektive
Wahrnehmung und Deutung durch den Menschen handelt“ (WSL 2010, S. 35)26.
Als speziell schöne Landschaftsbilder wurden solche betrachtet, die auch als typisch für die Region
eingestuft wurden (Abb. 37). Diese Bilder wurden während dem Interview vermehrt thematisiert.
24 Die Interviewpartner wurden aufgefordert, 5 Eigenschaften oder Elemente zu nennen, die ihnen spontan zu
„Landschaft“ einfielen. 25
z.B. ein Walker, der sich in der Mittagspause bewegt oder Spaziergänger, die mit ihren Hunden draussen sind
(Gespräch Walker, 14. Juni 2011) 26
Bei den Fotos wurde deshalb eine Zusammenfassung der Beurteilung durch den Fotografen/die Fotografin
neben das Bild gesetzt.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
37
Abb. 37: Charakterisierendes Foto für die Stadt Luzern, das das Thema Urbanität vs. Landwirtschaft darstellt
Obwohl andere Bilder auch diskutiert und die Interviewpersonen selber darauf verwiesen haben,
liegen die Präferenzen dort, wo topographische Merkmale die Landschaft von anderen Landschaften
unterscheidbar machen. Weiter wurden Landschaftsbilder vorgezogen, die den Blick in die Ferne
zulassen und Weite ausstrahlen. Ein Bild muss aber mehrere Elemente enthalten, um als schön be-
zeichnet zu werden. Daher ist Vielfalt „ein Schlüsselmerkmal einer Landschaft, die die Menschen
anspricht“ (BAFU 2006, S. 7). Würden Bäume, die eine Abstufung darstellen und perspektivisches
Sehen zulassen, fehlen, würde die Landschaft als langweilig eingestuft werden (Vgl. Abb. 42) (Inter-
view CF, 11. Juli 2011).
Abb. 38: der Littauerbode mit Blick in Richtung Malters
Die grünflächige Landschaft in der Agglomerationsumgebung kann aber nicht das „Ursprüngliche,
wirklich in der Natur draussen sein“ ersetzen, da man zu viele „von Menschenhand gestaltete Sa-
chen“ (Interview CB, 19. Juli 2011) wahrnimmt. Viel eher ist sie ein Kompromiss, der der Natur, am
ehesten sichtbar in Abbildung 39, nicht entsprechen kann.
„Diese ruhige Idylle“ mitten in der Stadt ist eine Auflocke-
rung. Die auf der Weide grasenden Hochlandrinder und die
Bäume als Farbtupfer wurden als ein Merkmal für die Stadt
Luzern bezeichnet und erscheinen wertvoller als normale
Stadtparks. Dieses Foto lässt sich aber kontrovers diskutie-
ren, da die LN als Störfaktor im urbanen Raum beurteilt
werden könnte (muhende Rinder, Misthaufen). Bei der
Betrachtung des Bildes ist „aber (…) nicht sicher, was ge-
nau stört, ob die Stadt drum herum oder das Grün in der
Mitte.“ Das Foto ist nicht einfach zu erschliessen, hat einen
Anspruch an den Betrachter, was es interessant macht.
(Interview CF, 11. Juli 2011)
Die Vielfalt zeichnet dieses Foto aus. Im
abgebildeten Gebiet gibt es unterschiedliche
landwirtschaftliche Nutzungen: Acker- und
Weideland, aber auch Gemüse. Zudem
haben die Gebäudefassaden hier einen
Charakter, sie sind nicht monoton grau-
weiss. „Das Bild selber gefällt mir besser,
weil man keine Monokultur sieht. Man sieht
vom Einfamilienhaus, Industrie, bis Wohn-
raum alles.“ (Interview FA, 16. Juli 2011)
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
38
Abb. 39: Horw am See, Blick Richtung Pilatus
3.2.4 Eigenart sowie natur- und kulturgeschichtliche Identität einer Landschaft / Authen-
tizität
Mithilfe dieses Indikators wird beschrieben, wie sich natürliche und künstliche Elemente in der Land-
schaft zu einem „echt“ wirkenden Gesamtbild zusammenfügen (WSL 2006). Dabei werden regional-
typische Elemente, sofern sie als solche interpretiert wurden, ersichtlich.
Der unverwechselbare Charakter der Landschaft im Gebiet um Luzern entsteht durch „die Bergketten
im Hintergrund - Pilatus und Ausläufer - oder auch den See“ (Interview CF, 11. Juli 2011).
Abb. 40: Sicht auf die Stadt Luzern vom Dietschiberg aus
Trotz der Hügel erscheint die Landschaft im Gebiet relativ offen (Interview HB, 18. Juli 2011). „Was es
ausmacht ist der Übergang zwischen Flachland, voralpinem Gebiet und Pilatus“ (Interview FA, 16. Juli
2011). Für dieses Gebiet sei es typisch, dass die Gemeinden, von bewaldeten Hügeln umgeben, ins
Tal eingebettet sind (Abb. 41).
Doch nicht nur die Topographie, auch die Bausubstanz
Dieses Foto ist entstanden, weil die Stadt schön in die
Natur eingebettet wirkt. Das Bild repräsentiert das
Luzerner Motto "die Stadt, der See, die Berge." Die
Panoramatafel gehört trotz unvorteilhafter eckiger
Form dazu, da sie Signalwirkung hat: „Hey, mach mal
stopp, hier lohnt es sich hinzusehen.“ Die Strasse wurde
bewusst abgeschnitten. Das Bild repräsentiert die ge-
samte Region und bildet eine Einheit, wodurch es echt wirkt. (Interview CF, 11. Juli 2011)
Diese Landschaft wird als sehr schön befun-
den. Sie erscheint lebendig und wild: Sträu-
cher, Bäume und der Pilatus mit seinen
Vorläufern, die dem Bild weitere Ebenen
hinzufügen. „Eine so natürliche Schilf- und
Sumpfzone am See gibt es sonst nicht in der
Nähe. Viele Uferzonen sind privat oder
‚gepützelte‘ Rasenflächen“, weshalb diese
Zone als besonders wertvoll befunden wird.
Der Zaun ist nicht störend, da er aus Holz ist
und sich somit in das Gesamtbild einfügt.
(Interview CB, 19. Juli 2011)
Das Bild zeigt eine regionstypische Kombination von Grünflächen
und Bauten. Man sieht „die gute Flächennutzung für Wohnraum.“
Das Foto ist authentisch, da es das bebaute Gebiet und sein Um-
land - beides Teile der Landschaft - zeigt. Eine schöne Landschaft
entsteht, wenn verschiede Nutzungen sinnvoll miteinander ver-
knüpft sind. Im Bild ersichtlich sind Wohnkomplexe, aber auch LN
und Landwirtschaftsbetriebe und der daran angrenzende Rotsee
als Naherholungsgebiet. (Interview FA, 16. Juli 2011)
Abb. 41: Sicht vom Sonneberg auf den Udelboden
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
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lässt sich von der in anderen Gebieten unterscheiden. Die „Luzerner Häuser mit den Zwischendä-
chern“ (Interview VT, 26. Juli 2011) sind, im Gegensatz zu den überall ähnlich aussehenden Stallbau-
ten, typisch für das gesamte Gebiet.
Ob und wann ein Element in das landschaftliche Gesamtbild passt, hängt vom Auge des Betrachters
ab. Allgemein als nicht schön und unecht wurden asphaltierte Strassen oder stehende Fahrzeuge
betrachtet, die beim Fotografieren bewusst abgeschnitten wurden (Interview CF, 11. Juli 2011). Na-
turbelassene Strassen ohne Markierungen und Schilder wurden dagegen als Elemente bezeichnet,
die ins landschaftliche Gesamtbild passen (Abb. 42).
Abb. 42: Blick vom Dietschiberg aus in Richtung Rontal
Auch Elemente wie Zäune, Strassenlaternen oder Warntafeln wurden als störend empfunden, wenn
deren Funktion vor Ort nicht erschlossen werden konnte. So wurde ein Zaun in welchem sich keine
Tiere befanden als Störfaktor angesehen. „Authentisch wirkt ein Zaun eigentlich dann, wenn du auch
Tiere darin siehst“ (Interview CF, 11. Juli 2011)27.
Abb. 43: Radweg am Fusse des Pilatus mit Blick Richtung Kriens Zentrum und Sonneberg
Wanderwegweiser, Abfallkörbe und Robidogs erscheinen weniger störend, da sich ihre Zweckmäs-
sigkeit nicht abstreiten lässt (Interview VT, 26. Juli 2011). Ähnlich wie die Panoramatafel in Abbildung
27 Ein weiteres Beispiel ist die Strassenbeleuchtung in Abb. 43: da angenommen wurde, dass sich in der Nacht
nicht viele Leute auf dem Weg befinden, erscheint sie unnötig und wird als störend empfunden (Interview CB,
19. Juli 2011).
Erscheinen LN monoton, entscheiden andere Elemente
darüber, ob eine Landschaft authentisch wirkt oder
nicht. Eine Landschaft mit einer Naturstrasse ohne
Strassenmarkierung ist „mehr Natur“ und wird daher
als echter beurteilt als eine mit breiter Asphaltstrasse.
Auf Grund der Fernsicht gilt dieses Foto schöner als
eines mit ähnlich grossen Flächen. Ohne die Bäume
wäre es jedoch langweilig. Das Foto könnte auch in
einem anderen Landesteil der Schweiz entstanden sein
und ist daher nicht speziell. Was den Aufnahmepunkt
aber auszeichnet ist seine Stadtnähe: „Cool, dass du (…)
so schnell draussen bist. Nur 5 Minuten laufen und
dann so eine Aussicht.“ (Interview CF, 11. Juli 2011)
Dieser Geh- und Radweg verbindet ein Einfamilien-
haus-Quartier mit einer Industriezone. Dazwischen
liegt ein unbebauter Fleck Land. „Die Landschaft emp-
finde ich ein wenig langweilig“, doch die Aussicht auf
den Pilatus (nicht im Bild), die Ruhe und das Plätschern
des Bachs kompensieren dafür. Die offene Fläche hat
einen auflockernden Effekt, wenn man aus dem Sied-
lungsgürtel austritt. Doch die Monotonie überschattet
diesen positiven Aspekt. Weiter erscheinen der Baum
unpassend, die Wegränder zu sauber und die Beleuch-
tungslaternen störend. Dieses Bild ist für die Ebene
aber typisch. (Interview CB, 19. Juli 2011)
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
40
40 wurden „landschaftsfreundliche“ Informationstafeln beurteilt. Diese weisen darauf hin, was man
alles sehen könnte und ermöglichen damit, etwas von einem anderen Blickwinkel her zu betrachten
(Interview HB, 18. Juli 2011).
Einzelne Landschaftselemente wurden vermehrt und auf unterschiedliche Weise thematisiert. Hier
die wichtigsten Erkenntnisse:
Wald, Obstgärten und Einzelbäume
• Alte Bäume verkörpern Standhaftigkeit und „strahlen dadurch Sicherheit aus“ (Interview CF, 11.
Juli 2011)
• Ein Baum ist als Horizontmerkmal wichtig (Interview FA, 16. Juli 2011) (Vgl. Abb. 42)
• Verdeckt Wald die Sicht auf eine weitere Landschaftsebene, z.B. Berge, wird er negativ beurteilt.
Hat es zu wenig Bäume und man kann leicht erschliessen, was dahinter liegt, fehlt der Reiz zur
Landschaftsbetrachtung (Interview CF, 11. Juli 2011)
• Wald kann beruhigend, aber auch unheimlich sein (siehe Mysteriosität) (ebd.)
• Hochstämmer und Hecken werden als wertvolle Lebensräume für unterschiedliche Lebewesen
bezeichnet
Abb. 44: Weg zwischen zwei Waldstücken am Rande des Cholbewaldes
Landwirtschaftsflächen / Grünflächen allgemein
• Dass im Gebiet Viehhaltung vorherrscht, wurde wahrgenommen. Schon ein Maisfeld gilt als Ab-
wechslung zwischen den Grünflächen oder dem Golfplatz, der „auch nur grün“ (Interview CF, 11.
Juli 2011) ist. Farbnuancen durch vielfältige Bewirtschaftung fehlen im Raum Gütsch und Diet-
schiberg (ebd.), wogegen im Rontal Getreide gesichtet und die farbliche Abwechslung geschätzt
wird (Interview VT, 26. Juli 2011)
• unterschiedliche Grüntöne werden geschätzt. Im Gegensatz zum „Düngergrün“ einer grossen
Grasfläche wurde das Grün einer Weide wegen seinen Unregelmäßigkeiten schöner befunden
(Interview HB, 18. Juli 2011)
Die den Weg säumenden Hochstammbäume
sind besonders schön. „Ich bin damit aufge-
wachsen, auf die kann man auch klettern.“ Im
Frühsommer blühen die Wiese sowie die un-
terschiedlichen Obstbäume und Bienen fliegen
umher. „Es ist einfach richtig idyllisch. Es sieht
aus wie ein gemaltes Bild.“ Der Zaun fällt kaum
auf und stört daher nicht. (Interview VT, 26.
Juli 2011)
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
41
Tiere
• Wurden zwar selten fotografiert, aber auch als Landschaftselemente wahrgenommen. Sie lassen
die Landschaft lebendiger erscheinen: wenn es Tiere hat, „ist mehr Natur darin, mehr Dreck“ (In-
terview CB, 19. Juli 2011)
• Die Nähe von Tieren, besonders wenn sie durch Glocken ihre Präsenz markieren, wurde ge-
schätzt: „das finde ich (…) recht cool. Nebst dem Vorbeifahren des Zuges hört man auch Kuhglo-
cken, wenn man in der Badi ist“ (Interview CF, 11. Juli 2011). „Schafglocken sind so schön, so ‚ah,
die Schafe sind wieder da...‘" (Interview HB, 18. Juli 2011). Zudem besuchen Leute mit ihren Kin-
dern die Tiere (Interview VT, 26. Juli 2011)
Telefonmasten und Hochspannungsleitungen
• Die Präsenz von Starkstromleitungen gilt meist als störend. Nur eine Person stellt ihre Funktion -
die Stromversorgung - über das Aussehen und akzeptiert sie (Interview FA, 16. Juli 2011)
• Telefonmasten stören wenig, da sie aus Holz sind und somit in das Landschaftsbild passen (Inter-
view HB, 18. Juli 2011)
Praktisch bei jedem Landschaftselement lässt sich darüber streiten, ob und wann es authentisch ist
oder nicht. Das einzelne Element lässt sich nicht ohne die Umgebung beurteilen. Das Beispiel des
Baumes in Abbildung 43 zeigt, dass unter gewissen Umständen sogar „natürliche“ Elemente unpas-
send sein können. Die Meinungen betreffs der regionaltypischen Elemente stimmen aber weitge-
hend überein.
3.2.5 Mysteriosität und Faszination
Im Gegensatz zu vorhin spielen bei diesen Indikatoren nicht die Landschaftselemente selbst, sondern
eher Geräusche, die Tageszeit und die Witterung die Hauptrolle. So kann ein Wald beängstigend wir-
ken, wenn es dunkel ist: „wenn man etwas sieht, nimmt man es viel zu stark mit den Augen wahr.
„Wenn sie [die Landwirte] mähen, ist es auch ein
Wetterzeichen“, dass das Wetter noch sicher
zwei Tage schön bleibt. Zudem sind die Heurei-
hen schön, da sie dem Bild eine Struktur geben.
Der Geruch von Heu wird positiv bewertet. Eher
störend sind die Telefonleitungen, wobei sie hier
nicht zu auffallend sind, da es sich nicht um
grosse Fernleitungen handelt. (Interview HB, 18.
Juli 2011)
Abb. 45: gemähte LN mit Blick auf die Rigi
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
42
Man hört die Vögel zwitschern oder die Bäume rauschen. Aber wenn es dunkel ist und man es nur
noch hört, dann wirkt das anders“ (Interview CF, 11. Juli 2011). Wald bei Nacht gilt jeher als unheim-
lich, denn „als Kind haben sie einem so Räubergeschichten erzählt“ (Interview VT, 26. Juli 2011). Ge-
räusche sind wichtig, verändern die Landschaftswahrnehmung und zeigen dem Menschen auf, wie
klein er innerhalb der Natur ist (Interview FA, 16. Juli 2011). Dies kann einerseits bedrohlich wirken,
andererseits als mit der Natur verbindend, resp. „heimelig“ angesehen werden.
Auch die Tageszeit bewirkt Unterschiede. Schon bei Dämmerung hat ein Wald oder ein Seeufer ein
anderes Gesicht – Baumformen bei Sonnenuntergang erscheinen schön und faszinierend, aber auch
geheimnisvoll (Abb. 46).
Abb. 46: Der Wald bei Sonnenuntergang auf dem Dietschiberg
Ein wirkungsvoller Witterungsfaktor, der eine Landschaft myste-
riös erscheinen lässt, ist Nebel. Er verursacht, dass „man nicht
alles sieht, was eigentlich da wäre“ (Interview FA, 16. Juli 2011).
Das ist faszinierend, da es die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zieht (Interview VT, 26. Juli
2011). Die Jahreszeiten können durch die verschiedenen Lichtverhältnisse Landschaft ganz unter-
schiedlich aussehen lassen (Interview HB, 18. Juli 2011)28. Kleine Dinge wie Veränderungen des Him-
mels oder Tiere, die man beobachtet, können faszinierend sein29 (Interview VT, 26. Juli 2011). Und
sogar Menschengemachtes, z.B. eine Hochspannungsleitung, kann bei einem gewissen Lichteinfall
durchaus eindrücklich und nicht hässlich wirken (Interview HB, 18. Juli 2011). Von einer Landschaft zu
sagen, wann genau sie mysteriös und/oder faszinierend ist, ist also kaum möglich, da z.B. Nebel oder
Gewitter bei einem Menschen sehr unterschiedliche Reaktionen und Gefühle hervorrufen können.
3.2.6 Lesbarkeit / Orientierung
Zur Orientierung dienen Berge, Bäume, Seen, Strassen und markante Liegenschaften (Abb. 47)30.
Orientierungshilfen geben Sicherheit. Fehlt die Orientierung, „kannst du dich nicht mehr auf die
Schönheit konzentrieren“ (Interview CF, 11. Juli 2011): findet man sich nicht zurecht, muss man sich
28 Sie können auch beeinflussen, ob ein Element als störend empfunden wird oder nicht: ein weisses Haus mit-
ten im Grünen ist im Winter bei Schnee weniger auffällig (Interview CB, 19. Juli 2011) 29
Dadurch kann eine grosse Grünfläche durchaus ihren Reiz haben. In Obernau erläuterte jemand, dass darauf
einmal jährlich eine Schafherde vorbeizieht. Die grosse Tieranzahl beeindruckt die Anwohner. (Gespräch Pas-
santin, 21. Juni 2011) 30
Im Untersuchungsgebiet sind das der Pilatus, der Sonneberg, die Reuss oder der Rotsee. Innerhalb der Stadt
sind Merkmale wie das KKL oder die Swisslife-Arena von Bedeutung
Grosse, alte Bäume „mit einer voluminösen Baumkrone“ und Wald wer-
den als Kraft ausstrahlend angesehen. Durch ihre Bodenständigkeit wirken
Bäume beruhigend. Wird es langsam dunkel, zeichnet sich die Silhouette
des Waldes ab und wirkt dadurch speziell schön, also faszinierend. (Inter-
view CF, 11. Juli 2011)
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
43
Fragen betreffs der Orientierung stellen, was eine entspannte Landschaftswahrnehmung verunmög-
licht. Unwissenheit kann aber auch Neugier auslösen, beispielsweise bei LN: „Ich möchte schon wis-
sen, was der Bauer angesät hat“ (Interview FA, 21. Juli 2011). Diese Neugier kann aber nur bestehen,
wenn die Orientierung vorhanden ist.
Abb. 47: Bild vom Littauerberg in Richtung Luzern
3.2.7 Heimatgefühl und Identität
Die Identität einer Person resultiert aus Wahrnehmungsprozessen und Erfahrungen. Sie kann „nicht
direkt Räumen oder Gegenständen innewohnen“ (Meier et al. 2010, S. 216), da im Kopf verarbeitete
Erfahrungen „als Interpretationsbasis für das Selbstverständnis“ (ebd.) dienen. Die räumliche Umwelt
ist aber dennoch für die Identitätsbildung relevant, da ein Mensch sie erfahren und eine emotionale
Beziehung dazu entwickeln kann, die sich in der Wahrnehmung äussert (ebd.).
Abb. 48: Landwirtschaftsbetrieb in Hügellage
Identitätsstiftende Landschaften sind vor allem solche, die bereits als typisch für die Gegend einge-
stuft wurden. Natürliche Elemente wie ein Bach, ein Waldrand (Interview FA, 16. Juli 2011), Berge
und Seen (Interview CB, 19. Juli 2011) sind verstärkt thematisiert worden. Eine Landschaft kann auch
ein Heimatgefühl vermitteln, weil sie bekannte Elemente des früheren Zuhauses in ähnlicher Weise
kombiniert und daher daran erinnert (Interview CF, 11. Juli 2011). In dieser Hinsicht bestätigt sich die
Feststellung „ohne Erinnerung gibt es keine Identität“ (BAFU 2006, S. 14). Heimat ist somit etwas,
dass der Person von der Erfahrung her bereits vertraut ist (ebd.). Ist die Person in einem ländlichen
Gebiet aufgewachsen, vermittelt ihr eine landwirtschaftlich geprägte Landschaft am ehesten ein
Heimatgefühl (Interview VT, 26. Juli 2011).
Dieses Foto wurde als besonders urtümlich und
daher als „heimelig“ empfunden, da es Vergleichba-
res nicht mehr überall gibt. Die Weide erscheint
durch die Miniterrassen bergig und das Haus ist für
die Region typisch. Weiter ist der Betrieb von Ein-
zelbäumen umgeben. Schade ist, dass die Kühe
keine Glocken mehr tragen, denn Geräusche lassen
die Präsenz von Tieren erfahren, ohne dass man sie
sieht. (Interview HB, 18. Juli 2011)
Für dieses Foto ist die Weitsicht charakteristisch. Anhand
der Berge kann man sich orientieren. Die verschiedenen
Grüntöne (Gras, Mais, Bäume, Wald) werden geschätzt. Die
Hecke gibt dem Bild eine gewisse Struktur. Der Littauerberg
ist ein Gebiet, wo es noch Landwirtschaftsbetriebe hat, die
zukunftsfähig sind. Die geteerte Strasse und der Pfosten
werden als störend empfunden. Der dünne Grasstreifen
dagegen als Bereicherung, da man darin seltene Blumen
findet. (Interview HB, 18. Juli 2011)
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
44
Beruhigend scheint zu sein, wenn „man sieht, dass man nicht alleine ist“ (Interview CF, 11. Juli 2011).
Die Präsenz von anderen Menschen gibt eine gewisse Sicherheit. Nicht nur Menschen, auch Tiere
können eine solche Funktion einnehmen. Kuhglocken und Vogelzwitschern erscheinen deshalb hei-
melig und lassen den Menschen die Landschaft lebendiger wahrnehmen, da sie darauf hinweisen,
„dass noch andere Lebewesen da sind, nicht nur wir Menschen“ (Interview VT, 26. Juli 2011).
3.2.8 Bewertung von Gefahren für die Landschaft
Die Gefahren für die Landschaft wurden angesprochen, um die Interviewten über Zukunftsaussichten
nachdenken zu lassen. Die Thematisierung von Gefahren hilft zudem zu verdeutlichen, „was die
Menschen mit und in der Landschaft machen“ (Meier et al. 2010, S. 215).
3.2.8.1 Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung
Der Intensivierung wird mit Bedenken begegnet und die Veränderungen in der Kulturlandschaft fal-
len auf. Es ist befremdend, wenn es keine Bäume mehr hat und die Felder nur noch rechteckig sind
(Interview CF, 11. Juli 2011). Grosse Flächen erscheinen sehr berechnend und werden daher als nicht
schön beurteilt (ebd.). Obwohl Hochstämmer schöner wären (Interview FA, 16. Juli 2011), trifft man
Tafelobstkulturen häufiger an. Diese „wirken gezüchtet und sind monoton und langweilig zum Durch-
laufen“ (Interview CB, 19. Juli 2011).
Bei der Arbeit mit schweren Maschinen wird hinterfragt, ob es der Bodenqualität schadet (Interview
HB, 18. Juli 2011) und angedeutet, dass für grössere Maschinen die Strassen ausgebaut werden müs-
sen (Interview FA, 16. Juli 2011). Mit dem Ausbau von Strassen und dem Verschwinden von Natur-
strassen wurde ein Punkt angesprochen, der darauf zurückzuführen ist, dass „die zunehmende Me-
chanisierung (…), geänderte Betriebsabläufe, Betriebsvergrösserungen, Produktivitätssteigerung und
weniger Arbeitskräfte (…) tendenziell zu einer Zunahme der landwirtschaftlichen Fahrten [führen]“
(ARE, BAFU 2007, S. 25).
Die Intensivierung zeigt sich auch in der Gestaltung von landwirtschaftlichen Bauten und der Umge-
bung eines Betriebes. Anstatt grosser Silos und „überdimensionalen Scheunen“ (Interview HB, 18. Juli
2011) wäre aber ein regionaltypisches Bauernhaus schöner. Zudem verschwinden in Betriebsnähe
Einzelbäume, z.B. Linden, zunehmend, wodurch die Vielfalt abnimmt (ebd.). Die Veränderungen
werden als Zeichen einer Kultur gedeutet, in welcher die Auffassung, schnell viel Gewinn zu erzielen,
dominiert (Interview CB, 19. Juli 2011). Daher ist die Vielseitigkeit nicht mehr rentabel und der Land-
wirt spezialisiert sich beispielsweise auf Milchwirtschaft oder Obstanbau (Interview VT, 26. Juli 2011).
Landwirte scheinen, durch die Existenzfrage bedrängt, zu solchen Veränderungen gezwungen und die
Flächenoptimierung zur Produktivitätssteigerung ist die logische Folge des Verlusts von LN auf Grund
der Siedlungsausdehnung (Interview CB, 19. Juli 2011).
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
45
Abb. 49: Blick vom Bahndamm zwischen Buchrain und Root in Richtung Hinterleisibach
3.2.8.2 Siedlungsausdehnung und Strassenbau
In der Stadt Luzern wohnhafte Personen machen sich tendenziell weniger Gedanken zur Siedlungs-
ausdehnung als Leute, die auf den Erkundungstouren am Siedlungsrand angesprochen wurden. Nach
Veränderungen gefragt, haben sie die Siedlungsausdehnung meist zu Beginn erwähnt und den Ver-
lust von Kulturland bedauert. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: einige sind stark mit der Land-
wirtschaft verbunden und beklagen, dass der Zugang zu offenen Räumen ohne Fahrrad erschwert ist
(Gespräch Pensionärin, 20. Juni 2011), andere bemängeln fehlende Grünflächen im Siedlungsgebiet
selbst (Gespräch Spaziergänger, 20. Juni 2011)31. Doch für die Landwirtschaft ist es unpraktisch, wenn
einzelne, im Siedlungsgebiet verteilte Flächen bewirtschaftet werden müssen (Interview VT, 26. Juli
2011). Um die Bodennutzung zu optimieren, sollte der Bau von mehrstöckigen Gebäuden angestrebt
werden (Interview FA, 16. Juli 2011), obwohl der Wunsch nach einem Eigenheim nachvollziehbar ist
(Interview VT, 26. Juli 2011).
Allgemein bemerkt wird der starke Ausbau von bestehenden Strassen auf Grund der Verkehrszu-
nahme. „Naturstrassen werden vermehrt asphaltiert, schöner und breiter gemacht“ (Interview CB,
19. Juli 2011). Kritisiert werden die Dimensionen gewisser Strassen, da mit einem grossen Trottoir
oder einem separaten Radweg zu viel Fläche verloren geht (ebd.). Als noch stärkere Zerschneidung
31 Als Grund für den Kulturlandverlust wurde genannt, dass Landwirte den Betrieb stilllegen und das Land zur
Einzonung verkaufen (Gespräch Pensionär, 20. Juni 2011). Weiter werde durch veränderte Wohnstrukturen
mehr Platz beansprucht: die alte Generation bleibt nicht mehr auf dem Hof wohnen und die junge sucht sich
eine eigene Bleibe, falls sie sich von der Landwirtschaft abwendet (Gespräch Pensionärin, 20. Juni 2011)
Diese Landschaft wird als schön beurteilt, da sie abwechslungs-
reich ist. Damit scheint das Foto dem angenommenen Struk-
turwandel, durch den alles monoton wird, zu widersprechen.
Auf die Grasfläche folgen ein Getreide- und ein Maisfeld. Dahin-
ter die Pappeln, welche die Ron säumen und eine Tafelobstkul-
tur. Am Hang hat es Weideland und eine Weihnachtsbaumplan-
tage, die von einem Landwirt betrieben wird, der auch Hirsche
zur Fleischproduktion hält. „Zwischen Industriegebiet, Bahn,
Strasse und Wohnquartier sind vielfältige Landwirtschaftsfor-
men möglich und bieten Abwechslung für Wanderer und
Markt-Produkte.“ (Interview VT, 26. Juli 2011)
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
46
der Landschaft wird ein Bahntrassee angesehen, weil dies im Vergleich zu einer Strasse endgültiger
erscheint (Interview FA, 16. Juli 2011).
Abb. 50: Radweg zwischen Kriens und Horw, Blick Richtung Horw
3.2.9 Ideen zur Landschaftsgestaltung
Zum Abschluss wurden die Interviewten nach Ideen zur Landschaftsgestaltung gefragt. Klare Erwar-
tungen hatte niemand, da es schwierig ist, sich vorzustellen, was welchen Einfluss haben wird. Als
Grund dafür wird genannt, dass es „wenige Leute [gibt], die wirklich bewusst in die Natur gehen“
(Interview CF, 11. Juli 2011). Es wurde auch nicht erwähnt, dass Elemente, z.B. Bäume, die als Berei-
cherung angesehen wurden, erhalten bleiben sollten. Aber es wurde gesagt, dass man die irreversib-
len Folgen von Verbauungen vermehrt ins Bewusstsein rufen sollte (Interview CB, 19. Juli 2011). Da-
mit wird der Schutz von Kulturland vor Überbauungen thematisiert. Das Irreversibilitäts-Bewusstsein
oder die Fähigkeit, Zusammenhänge in der Landschaft zu sehen, fehlt den Leuten (Interview HB, 18.
Juli 2011). Daher sei man unfähig, so zu handeln, damit die Ressource ‚Land‘ erhalten bleibt (ebd.).
Eine Möglichkeit wäre, den Kindern aus den Siedlungsräumen die Kulturlandschaft mit all ihren Ele-
menten näher zu bringen. Aber leider halten viele Landwirte neben Kühen kaum mehr Ziegen oder
Schafe, die die Kinder auf der Weide besuchen könnten (Interview VT, 26. Juli 2011). Die Hirsche und
die Weihnachtsbaumplantage im Rontal sind darum eine willkommene Abwechslung und stehen im
übertragenen Sinn auch für Landwirte, die „Fantasie haben und ausprobieren“ (ebd.), um existenzfä-
hig zu bleiben32.
Konkrete Vorschläge gibt es einzig betreffs der Gestaltung von als störend interpretierten künstlichen
Gegenständen. Damit Schilder und Tafeln weniger auffallen, könnten natürliche Materialien zu deren
Herstellung verwendet werden (Interview HB, 18. Juli 2011). Grosse Silos oder Jauchegruben und
auch unordentlich aufgetürmte Siloballen erscheinen störend (Interview FA, 16. Juli 2011). All diese
Dinge könnte ein Landwirt farblich weniger auffallend gestalten oder mit Grünwuchs kaschieren
32 Eine Passantin in Obernau erläutert, dass die auf Grund der Einstellung der Milchproduktion erstellte Baum-
schule auch Abwechslung ins Gebiet bringt (Gespräch Passantin, 20. Juni 2011).
„Ein typisches Bild, das man im bereits dicht bebau-
ten Gebiet Horw-Kriens immer wieder antrifft“ und
ein Beispiel für den schnellen Wandel ist. Noch vor
wenigen Monaten sah das Bachbett anders aus und
die Strasse rechts wie auch das weisse Gebäude
existierte nicht. Dieses wird als störend empfunden,
da es wie ein Klotz in der Landschaft aussieht. Rechts
am Hang findet sich die ursprüngliche Landschaft
„mit Wiesen, Obstbäumen und vereinzelten freiste-
henden Häusern.“ Links des Radwegs lässt sich ein
Maisfeld erkennen. Dieser Radweg ist die schönere
Alternative zum Radweg an der Hauptstrasse. (Inter-
view CB, 19. Juli 2011)
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
47
(ebd.). Künstliche Objekte könnten aber auch bereichernd sein: einer Interviewperson fehlte in der
gesamten Region der Landschaftskünstler, der mit bewusst von Menschenhand gestalteten Skulptu-
ren das Landschaftsbild mitgestaltet (Interview FA, 16. Juli 2011).
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
48
4. Diskussion
Die Leitfrage für diese Arbeit besteht eigentlich aus zwei Teilfragen:
1. Was zeichnet die heutige Kulturlandschaft im Agglomerationsgebiet von Luzern aus?
2. Wie wird sie durch die Bevölkerung der Siedlungsränder wahrgenommen und landschaftsäs-
thetisch beurteilt?
In diesem Teil wird zusammenfassend die landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet darge-
stellt, wie sie mithilfe der Statistik und der Begehungen erfasst wurde. Danach wird auf die Wahr-
nehmung der Landschaft in Bezug auf die Landschaftsästhetik-Indikatoren eingegangen. Mit der Dis-
kussion von Gefahren für die Landschaft und Ideen zur Landschaftsgestaltung werden zuletzt Zu-
kunftsaussichten thematisiert.
4.1 Landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet
Die Landwirtschaftsbetriebe im Agglomerationsgebiet sind im Vergleich mit dem Kantonsdurch-
schnitt grösser und der Anteil an Nebenerwerbsbetrieben ist höher. Anhand der Auswertung der
statistischen Daten und der Erkundungstouren wird ersichtlich, dass die Gemeinden verschieden
stark landwirtschaftlich geprägt sind. Kein untersuchtes Teilgebiet der Agglomeration erscheint bei
Betrachtung der Gemeindedaten einheitlich, obwohl das Gebiet an sich oft klar von den anderen
unterscheidbar ist.
Grundsätzlich muss vermerkt werden, dass die landwirtschaftliche Zone und die Ausrichtung der LN
in eine bestimmte Himmelsrichtung von Bedeutung für die Art der landwirtschaftlichen Produktion
sind. Die gemeindespezifischen kulturlandschaftlichen Unterschiede lassen sich darauf zurückführen
und anhand der unterschiedlich hohen Anteile an Grünflächen an der gesamten LN lassen sich die
einzelnen Teilgebiete unterscheiden. Die LN in der Talzone lassen sich einfacher mit Maschinen be-
wirtschaften, weshalb man dort Ackerbau, an den Hängen aber nur Gras- und Weideland findet. Im
gesamten Agglomerationsgebiet ist Ackerbau sekundär, Gras- und Viehwirtschaft herrschen vor.
Im Gebiet von Emmen, Rothenburg und Littau findet sich die grösste Vielfalt im Ackerbau. Das Gebiet
liegt in der Talzone, die Landschaft ist offen und es besteht eine gute Fernsicht. Littau fällt leicht aus
dem Rahmen, da die Landwirtschaftsbetriebe dort kleiner sind. Gesamthaft betrachtet sind die Be-
triebe in diesem Gebiet grösser als in den übrigen Gebieten33. Die ländlichste Gemeinde im Gebiet ist
Rothenburg, da dort erst in den letzten 30 Jahren eine verstärkte Bevölkerungszunahme stattfand
(Tab. 13).
33 Kleinere, leer stehende landwirtschaftliche Bauten deuten auf frühere Grössenverhältnisse hin.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
49
Auch im Rontal finden sich Ackerflächen. Diese sind jedoch auf die Gemeinden mit LN in der Ebene
beschränkt. Gisikon hat kaum LN in der Ebene und zeichnet sich deswegen durch kleine Landwirt-
schaftsbetriebe am Hang aus. Die Gemeinde verdeutlicht, dass die höheren Hanglagen durch klein-
flächige Landwirtschaft und Hochstammobstbäume geprägt werden, wogegen der Talboden intensi-
ver bewirtschaftet wird. Den grössten Anteil an Ackerflächen an der Gesamt-LN der Gemeinde hat
Buchrain. Buchrain fällt im Rontal weiter durch die nach Süden ausgerichtete Lage und die zahlrei-
chen Intensiv-Obstkulturen auf, die es kaum in einer anderen Gemeinde im Gebiet gibt.
Im östlichen Agglomerationsteil ist Udligenswil durch seinen noch besonders ländlichen Charakter
auffällig, wogegen Adligenswil das grösste Bevölkerungswachstum in der Agglomeration überhaupt
zu verzeichnen hatte und daher eher städtisch ist. Die Südlage der Hänge ist allen drei östlichen Ge-
meinden gemein, wobei Meggen zudem vom Seeanstoss profitieren kann. Finden sich in den beiden
anderen Gemeinden hauptsächlich Grünflächen und Äpfel- und Birnenobstanlagen, dominiert in Me-
ggen Steinobst und das Gebiet eignet sich für Rebbau. Auch die Horwer Halbinsel zeichnet sich durch
Reben aus. Das Gebiet von Horw und Kriens ist im flachen Teil stark überbaut und nur noch am Ran-
de, wo Weide- und Grasland dominiert, landwirtschaftlich genutzt. Die Betriebe sind, mit auffallend
hohem Anteil an Nebenerwerbsbetrieben, bedeutend kleiner als in den anderen Gebieten.
4.1.1 Rolle des Strukturwandels für die landschaftliche Eigenart
Die regionalen wie auch kantonalen Statistiken zeigen, dass die Landwirtschaft eine zunehmende
Rationalisierung und Intensivierung erfuhr: Mechanisierung, grössere Betriebe und Nutzflächen,
mehr Tiere pro Tierhalter und eine Abnahme der Beschäftigtenzahl gilt es zu vermerken. Die Vergrös-
serung der Betriebe geht mit Spezialisierung einher. Auf Grund des Arbeitsaufwandes kann ein
Landwirt nicht verschiedenste Tierarten zugleich halten. Deshalb konzentriert er sich auf wenige, hält
dafür aber grössere Bestände. Diese Veränderungen sind in der Landschaft durch eine fehlende Tier-
vielfalt und im Kontrast von alten zu neu erstellten Landwirtschafts-Gebäuden sichtbar. Auch (Hoch-
stamm-)Obstgärten fallen der Rationalisierung zum Opfer, da der Betriebszweig Obst zu Selbstver-
sorgungszwecken nicht mehr rentabel ist. Der hohe Anteil an Niederstammbäumen in gewissen Ge-
bieten widerspiegelt andererseits die Spezialisierung in Richtung Intensiv-Obstbau.
Durch die Bevölkerungszunahme wird mehr Fläche für Siedlungen beansprucht, was Druck auf die LN
ausübt, aber auch die Intensivierung rechtfertigt, da auf weniger LN für mehr Menschen produziert
werden muss. Besonders gut ersichtlich ist der Strukturwandel bei den Kulturflächen in der Rontal-
Ebene und den nördlichen Agglomerationsgemeinden, wo die Betriebe grösser sind. Dort ist es auf
Grund der offenen Flächen einfacher, Felder zu vereinheitlichen und die Betriebsabläufe zu optimie-
ren, wogegen in Hanglagen ältere Strukturen erhalten bleiben und kleinere Felder mit Bäumen do-
minieren.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
50
4.2 Bedeutung von Landschaft und Rolle im Alltagsverhalten
Als Landschaft wurde von den Interviewten hauptsächlich die ‚natürliche‘ Landschaft betrachtet,
Siedlungs- und Industrieräume wurden nur von einer Interviewperson bewusst in das Landschafts-
verständnis eingeschlossen. Die verschiedenen Funktionen der (Kultur-)Landschaft wurden genannt,
die Erholungsfunktion stand aber im Zentrum. Landschaft dient als Kraftquelle, weshalb sich viele
Menschen zur Erholung draussen bewegen. Der Entspannungsfaktor steigt, je schöner die Landschaft
ist. Die Landschaftselemente, welche am ehesten eine positive Reaktion auslösen sind natürlicher
Art, z.B. Bäume, Berge oder Tiere.
4.3 Wahrnehmung der landschaftlichen Eigenart im Untersuchungsgebiet
4.3.1 Die Echtheit einer Landschaft
Für die landschaftliche Eigenart im Agglomerationsgebiet verantwortlich sind den Interviews zufolge
die Topografie34 sowie die Bausubstanz der Bauernhäuser und – in der Stadt Luzern - markante Ge-
bäude mit überregionaler Bekanntheit. Einzelne Landschaftselemente können, abhängig von ihrer
Anordnung mit anderen Elementen, unecht wirken. Grundsätzlich wird eine Landschaft als authen-
tisch angesehen, wenn das landschaftliche Gesamtbild harmonisch und die Funktion aller Elemente
innerhalb dieses Bildes verständlich ist. Ist die Form eines künstlichen Landschaftselements nicht zu
auffällig und die Funktion nachvollziehbar, wird es als Teil des Landschaftsbildes akzeptiert. Eine Aus-
nahme sind Hochspannungsleitungen, die durch ihre Dimension meist als störend galten. Dasselbe
gilt für breite Strassen, die bewusst nicht fotografiert wurden, da sie nicht „echt“ sind wie Natur-
strassen. Die Landwirtschaft betreffend gelten teilweise markante Silos, Jauchegruben und ungeord-
nete Siloballen als hässlich, auch wenn ihre Funktion erkannt wird.
4.3.2 Regionale Merkmale vs. Präferenzurteile und Identifikation/Heimatgefühl
Erinnerungen und Erfahrungen spielen eine wichtige Rolle für die Landschaftswahrnehmung und die
Identifikation und beeinflussen, wie die Interviewten auf Veränderungen in der Kulturlandschaft rea-
gieren. Den Veränderungen wird kritisch begegnet, wenn für die Person etwas besonders Vertrautes,
Identitätsstiftendes verloren geht und sie sich zur veränderten, fremden Umwelt neu positionieren
muss (Vgl. BAFU 2006). Daher stehen Leute mit Bezug zur Landwirtschaft der Siedlungsausdehnung
und dem Strukturwandel verstärkt kritisch gegenüber, da der Verlust von Kulturland und die Intensi-
vierung in der Landwirtschaft die Umgebung umgestaltet, die ihnen ein Heimatgefühl gab35. Für im
Agglomerationsgebiet wohnhafte Menschen ohne direkten Bezug zur Landwirtschaft sind ortsspezifi-
34 Übergang zwischen See, Flachland, voralpinem Gebiet und Berggebiet
35 Diese „Zivilisationskritik“ liess sich besonders in den Interviews mit der älteren Generation feststellen. Für sie
ist es schwieriger, sich in der veränderten Umgebung neu zu orientieren, da in ihren Erinnerungen ein durch
Erfahrungen geformtes Bild besteht, das für sie der idealtypischen Heimat entspricht.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
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sche Merkmale, die über das Gebiet hinaus bekannt sind, eher von Bedeutung für die Identitätsbil-
dung und ein Heimatgefühl. Landschaftsfotos sind als schön, regionstypisch und identitätsstiftend
eingestuft worden, wenn man Merkmale mit überregionaler Bedeutung erkennen kann, beispiels-
weise den Pilatus. Die unterschiedlichen Elemente müssen ein harmonisches Landschaftsbild abge-
ben, das eine gewisse Struktur hat, oder, falls wenige Elemente vorhanden sind, die Fernsicht ein-
schliesst.
Die regionaltypische Kulturlandschaft und gebietsspezifische Unterschiede, wie sie mit der Statistik
und den Beobachtungen beschrieben wurden, wurden von den Interviewpartnern nicht stark er-
kannt. Aber die Dominanz von Grünflächen im Agglomerationsgebiet im Vergleich mit anderen Ge-
genden der Schweiz wurde erwähnt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Dominanz den ästheti-
schen Präferenzen entspricht, obwohl sie regionaltypisch und daher identitätsstiftend sein sollte.
Vielfalt ist bei der Präferenz ein wichtiger Faktor, weshalb die Grünflächen eher als monoton be-
trachtet werden36, was durch die Abwesenheit von Tieren noch verstärkt wird. Tiere sind für das
Heimatgefühl wichtig und werden mit einer traditionellen Vorstellung von Heimat assoziiert, fiel
doch in Verbindung mit Glocken an Tierhälsen oft das Wort „heimelig.“ Durch sie erscheint die Land-
schaft lebendiger und gibt somit dem Menschen das Gefühl, nicht allein zu sein.
Vielfältige Ackerbaulandschaften wie in den nördlichen Agglomerationsgemeinden würden also eher
der Landschaftspräferenz entsprechen als die Gras- und Weideflächen an den Hängen im Rontal.
Doch für einige Leute liegt die Landschaftspräferenz dort, wo der menschliche Einfluss kaum erkannt
werden kann. Die intensivierte Kulturlandschaft in der Talebene kann diese Natürlichkeit nicht bie-
ten, da die Felder unnatürlich gross und eckig sind und Einzelbäume auf Weiden grossflächigen Ta-
felobstkulturen weichen. Sie gilt daher nur als Alternative, die der Siedlungslandschaft vorgezogen
wird37. Weideflächen an Hängen mit unregelmässigen Hochstammbaumreihen werden eher als ur-
sprünglich angesehen und mit einem Heimatgefühl verbunden.
4.3.3 Mysteriosität und Faszination
Bei diesen Indikatoren beeinflussen Witterung, Geräusche sowie Tages- und Jahreszeit die Land-
schaftswahrnehmung. Die fotografierte Landschaft wurde von den Interviewpartnern ohne diese
Einflüsse nicht als mysteriös oder faszinierend betrachtet, da sie alltäglich und vertraut ist. Wird sie
für einen Moment durch Nebel, die Dämmerung, oder einen speziellen Lichteinfall auf ungewohnte
36 Ein Getreide- oder Maisfeld widerspiegelt die Nutzungsvielfalt der LN und wurde im Rontal fotografiert und
als schön bewertet, da es Abwechslung bringt. 37
In dieser Alternativ-Landschaft werden künstliche Elemente aus natürlichen Materialien bevorzugt z.B. Tele-
fonmasten oder Zäune aus Holz oder naturbelassene Strassen.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
52
Weise verändert, kann sie faszinierend oder auch mysteriös sein38. Die Faszination unterscheidet sich
von der Mysteriosität insofern, dass sie nicht von einem Gefühl von Unbehagen begleitet wird. Für
eine ängstliche Person ist ein Wald in der Nacht eher mysteriös, während er für eine, die sich im
Dunkeln wohlfühlt, faszinierend ist.
4.4 Entwicklung der Landschaft – Beurteilung von Gefahren
Die Auswirkungen des Strukturwandels auf die LN sowie die Umgebung eines Landwirtschaftsbetrie-
bes wurden von den Interviewpartnern meist negativ beurteilt. Dies war besonders bei Personen mit
direktem Bezug zur Landwirtschaft der Fall, da diese den Wandel wahrgenommen haben. Leuten
ohne direkten Bezug zur Landwirtschaft fielen zwar intensivierte Flächen als unnatürlich auf, sie führ-
ten diese Veränderungen aber nicht direkt auf veränderte Rahmenbedingungen für die Landwirte
zurück. Es wurde aber gesagt, dass mit der Spezialisierung und dem Kulturlandverlust der Bezug und
viel Wissen über die mögliche Vielseitigkeit von (Kultur-)Landschaft verloren geht und man sie nur
einseitig wahrnimmt, wodurch sich deren Wert für einen Menschen minimiert.
Schöne Landschaftsfotos waren für die Interviewten solche, in welchen sich eine Vielfalt an Nutzun-
gen auf kleinem Raum erkennen lässt oder wo der menschliche Einfluss kaum sichtbar ist. Als qualita-
tiv schlecht wurden grosse, baumlose und eckige Flächen befunden. Durch die Abnahme an Einzel-
bäumen in Betriebsnähe und den Ausbau an landwirtschaftlichen Bauten geht die Authentizität eines
regionstypischen Landwirtschaftsbetriebs verloren. Beim Bau grosser Scheunen tauchen neue Ele-
mente wie z.B. Silos auf, die durch fehlende Bäume noch mehr auffallen. Solche Elemente sind un-
gewohnt und werden als unpassend empfunden, da sie nicht regionaltypisch sind und somit kein
Gefühl von Zugehörigkeit auslösen.
Unterschiedlich diskutiert wurden der Strassenbau und die Siedlungsausdehnung. Manchen Leuten
fehlen auflockernde Kulturflächen innerhalb des Siedlungsgebiets, weshalb sie die Siedlungsausdeh-
nung nach aussen befürworten. Andere sagen dagegen, dass solche Einzelflächen nur mühsam zu
bewirtschaften sind und deshalb aufgegeben werden sollten. Hinzu kommt die Zunahme von land-
wirtschaftlichen Fahrten, die ebenfalls bemerkt wurde und wiederum einen Strassenausbau zur Folge
hat.
4.5 Landwirtschaft und Landschaftsgestaltung
Konkrete Ideen zur Landschaftsgestaltung wurden, ausser zur Gestaltung störender künstlicher Ob-
jekte, keine genannt. Dies deutet darauf hin, dass der menschliche Einfluss bei der Gestaltung der
(nicht intensivierten) Kulturlandschaft nicht stark wahrgenommen wird. Andererseits wurde von
38 Ungewöhnliches, z.B. die einmal pro Jahr vorbeiziehende Schafherde, kann auch faszinierend sein, da es
nicht alltäglich und oft nur von kurzer Dauer ist.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
53
denselben Personen darauf hingewiesen, dass sich die Bevölkerung der Kulturbedingtheit der Land-
schaft zu wenig stark bewusst ist, was sich im fehlenden Bewusstsein der Irreversibilität von Verbau-
ungen widerspiegelt. Für die Interviewpartner scheinen Erfahrungen, die man als Kind gemacht hat,
besonders prägend zu sein. Deshalb sollten Kinder mit der Kulturlandschaft in ihrer gesamten Vielfalt
(Tiere, verschiedene Nutzungsmöglichkeiten) in Berührung gebracht werden, damit sie lernen,
Mensch-Umwelt-Zusammenhänge zu erkennen.
Die Landwirtschaft betreffend probieren gewisse Landwirte, durch den Existenzdruck angetrieben,
bisher Unbekanntes aus. Neue Ideen, z.B. die Weihnachtsbaumplantage, verändern die Landschaft
und entsprechen meist nicht der landschaftlichen Eigenart im Gebiet. Entstehen solche Veränderun-
gen aber nicht zu grossflächig, haben sie eine Chance, als Bereicherung geschätzt und positiver als
eine Betriebsaufgabe oder vergrösserte Betriebsstrukturen aufgenommen zu werden.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
54
5. Bedeutung der Ergebnisse für die Agglomeration Luzern
Geht man davon aus, dass der Landschaftswandel langsam stattfindet, sind vor allem für die junge
Bevölkerung Veränderungen kaum bemerkbar und werden selten thematisiert. „Dies mag erklären,
warum trotz einer hohen Wertschätzung der Landschaft durch die Bevölkerung weiterhin intakte
Landschaften unter Druck geraten“ (2005, S. 39), meint Stalder. Dennoch lassen sich durch die Fotos
und die Interviews einige Punkte erkennen, die die Landschaft qualitativ aufwerten würden und auf
welche die Landwirtschaft Einfluss nehmen kann.
Am Siedlungsrand der Agglomeration wird der starke Siedlungsbau, resp. der Kulturlandverlust, kriti-
siert. Er bedeutet einen Qualitätsverlust, da die Sicht auf die Kulturlandschaft verloren geht und die
vertraute Umgebung, zu der sich ein Bewohner zugehörig fühlte, schnell verändert wird. Die Verän-
derung verursacht, dass sich der Bewohner zuerst an die neue Umgebung gewöhnen muss, damit ein
Gefühl von Wohlbefinden und Heimat entstehen kann. Weiter ist das Naherholungs-Bedürfnis nicht
unbeachtet zu lassen. Grünflächen mit Fernsicht als Auflockerung sind für das Wohlbefinden wichtig.
Dabei sollten die Flächen zu Fuss erreichbar und zugänglich sein. Mit diesen beiden Bemerkungen
werden die Erholungsfunktion und die identifikatorische Dimension von Landschaft angesprochen.
• Die Kulturlandschaft in Siedlungsnähe gilt es zu schützen und sie soll für Fussgänger in er-
reichbarer Distanz liegen
Die Veränderungen in der Kulturlandschaft und der Strukturwandel in der Landwirtschaft bestätigen
die Aussage, dass die Landschaft eine „Zivilisationslandschaft“, also ein „Abbild unserer Wirtschafts-
und Lebensform“ (BAFU 2006, S. 17) ist. Das, was Sauer die Kulturlandschaft nennt, wird durch eine
kulturelle Gruppe geschaffen. Da den Interviewpartnern zu Folge der Agglomerationsbevölkerung oft
das Bewusstsein von Konsequenzen des Kulturlandverlusts zu fehlen scheint, wird vorgeschlagen,
den Kontakt von Leuten, speziell Kindern, zu ihrer nahen Umgebung und das Erkennen von Mensch-
Umwelt Zusammenhängen zu stärken. Damit wird auch die Produktions-, resp. Ernährungsfunktion
von Landschaft und deren Wahrnehmung ins Zentrum gerückt.
• Auf die Kulturbedingtheit von Landschaft und die Irreversibilität von Kulturlandverlust ist
hinweisen, um die Kulturlandschaft zu erhalten und die Wichtigkeit der Ernährungsfunktion
den Menschen näher zu bringen → Ideen wie „Schule auf dem Bauernhof“ unterstützen
Der Strukturwandel in der Landwirtschaft wird negativ beurteilt, weil…
• die Flächen gleicher Kulturart grösser werden und das Landschaftsbild monoton wird
• durch grössere Maschinen die Platzansprüche zunehmen und Gebäude und Strassen ausge-
baut werden müssen, was die Schönheit des Landschaftsbildes negativ beeinflusst
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
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• die Bewirtschaftung von kleinen Flächen innerhalb von Siedlungen mit grossen Maschinen
auf Grund der engen Platzverhältnisse nicht rentabel ist und diese Felder aufgegeben werden
• die Spezialisierung dazu führt, dass ein Betrieb in einem ausgewählten Bereich die Produkti-
on intensiviert, wodurch die Vielfalt auf einem Einzelbetrieb abnimmt
• die neuen landwirtschaftlichen Bauten und die Betriebsumgebung nicht mehr der regionalen
Eigenart entsprechen, sondern austauschbar wirken und durch die Grösse neuer Elemente
sogar als im Landschaftsbild störend empfunden werden
Dagegen gilt es…
• kleine Einzelflächen innerhalb von Siedlungen zu erhalten, da sie eine kompakte Siedlungs-
struktur auflockern → Flächen, die ein Grossbauer in der Ebene aufgeben würde, da sie nicht
rentabel sind, könnten von einem Landwirten bewirtschaftet werden, der in Hügellagen
kleinflächige Landwirtschaft betreibt. Dieser könnte somit LN dazugewinnen und hätte eher
passende Maschinen zur Bodenbearbeitung, oder könnte Tiere darauf halten
• den Strassenausbau zu vermeiden, damit naturbelassene Feldwege zur Naherholung erhalten
bleiben
• die Vielfalt in der Umgebung eines Landwirtschaftsbetriebs zu erhalten
Als positiver Aspekt des Strukturwandels wird gesehen, dass einzelne Landwirte Nischen suchen und
neue Produktideen entwickeln, die für die Region an sich aber untypisch sind. Im Falle der Weih-
nachtsbaumplantage konnte sich ein lokaler Absatzmarkt entwickeln. Da die Idee auf einen Landwirt
beschränkt und nicht zu grossflächig ausgeführt wurde, wird sie geschätzt.
• Innovative Kleinprojekte von Einzellandwirten sind zu unterstützen, besonders wenn für die
umgebende Bevölkerung ein Mehrwert entsteht und sie auch als Produktabnehmer infrage
kommt
Schon beim vorher Beschriebenen hallt im Hintergrund das Thema Vielfalt nach. Vielfalt ist auf unter-
schiedlichen Ebenen diskutierbar. Beim einzelnen Landwirtschaftsbetrieb geht die Vielfalt durch die
Spezialisierung verloren und auf Gemeinde- oder Gebietsebene wird das Landschaftsbild auf Grund
der Intensivierung grosser, gleichartiger Flächen monoton. Auf Gemeinde- oder Gebietsebene kann
Vielfalt erreicht werden, indem unterschiedlich spezialisierte Betriebe nebeneinander existieren. Für
eine vielfältige Kulturlandschaft ist auch die Tierhaltung relevant, da unterschiedliche Tierarten für
Abwechslung sorgen.
• Vielfalt soll auf Betriebsebene und innerhalb von Gemeinden und Gebieten existieren und
kann mit unterschiedlichen Nutzungsarten und Tieren erreicht werden
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
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Tiere haben auch gestalterischen Einfluss auf die Landschaft, z.B. indem sie grasen. Befinden sie sich
in einer Weide erscheint durch sie die Landschaft lebendiger und man kann an ihnen beobachten,
wie sie ihre Umgebung verändern, was faszinierend sein kann. Glocken an Tieren beruhigen und ent-
sprechen der eher romantischen Vorstellung von Heimat und intakter Landschaft und vermitteln ein
Gefühl von Zugehörigkeit. Der Menschen realisiert dabei, dass er nicht alleine ist und wirkt. Dadurch
wird die Bedeutung von Landschaft als Lebensraum für alle Lebewesen und das Gefühl vom „in-der-
Welt-sein“ thematisiert.
• die Freilaufhaltung verschiedenster Tierarten ist zu fördern, damit sie von der Bevölkerung
wahrgenommen werden können
Spricht man von Vielfalt, scheint es fast so, als wären die gebietsspezifischen Eigenheiten, die von der
Topografie und den unterschiedlichen landwirtschaftlichen Nutzungen ausgehen, unbedeutend. Von
den Interviewpartnern wurde beispielsweise nicht erwähnt, dass in den nördlichen Agglomerations-
gemeinden eine stärkere Intensivierung stattfand als anderswo oder dass sich Meggen und Horw
durch den Rebbau auszeichnen. Die Dominanz von Gras- und Viehwirtschaft wurde aber erkannt und
als monoton angesehen, wenn keine Verbindung unterschiedlicher Grüntöne (Gras, Bäume, Wald)
besteht. Damit eine Landschaft ästhetisch schöner wirkt, muss sie eine gewisse Struktur haben und
harmonisch sein - eine Kombination zwischen natürlicher Wildnis und menschlichem Strukturschaf-
fen. Zudem vermittelt die Fernsicht auf topografische Merkmale oder Gebäude mit überregionaler
Bekanntheit ein Heimatgefühl.
• Landschaftsgestaltung muss eine Struktur schaffen und Landschaftselemente zu einem har-
monischen Gesamtbild verbinden, der menschliche Einfluss darf dabei aber nicht künstlich
wirken und als solcher sichtbar sein
• Abwechslungsreiche Grüntöne und Bäume werten das Landschaftsbild auf, dürfen aber nicht
so dominant sein, dass sie keine Fernsicht zulassen
Die Präsenz von künstlichen Elementen wird besonders kritisiert, wenn deren Funktion vor Ort nicht
nachvollzogen werden kann (Beispiel Strassenlaterne, Zaun). Dabei muss vermehrt die Frage gestellt
werden, wann ein Element wirklich nötig ist. Informationstafeln, die über in der Landschaft Be-
obachtbares informieren, werden positiver aufgenommen als herkömmliche Strassenschilder.
• Die Anzahl künstlicher Elemente gilt es in Grenzen zu halten und sie sind unauffällig und mit
natürlichen Materialien zu gestalten. Wie ein Element gestaltet wird, hängt von dessen Funk-
tion ab: z.B. Wanderwegweiser müssen auffällig sein, daher ist ihre Anzahl gering zu halten.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
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Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass für die Identifikation und ein Heimatgefühl die nahe
Landwirtschaftsbetriebs-Umgebung und die landwirtschaftlichen Bauten, sowie topografische
Merkmale, die überregionale Bekanntheit haben, eher relevant sind als die landschaftliche Eigenart
der Kulturlandschaft im Agglomerationsgebiet. Deshalb ist die Fernsicht auf solche Merkmale und die
Betriebsumgebung mit einem regionstypischen Wohnhaus und einer abwechslungsreichen Baumviel-
falt zu erhalten. Mit Bäumen oder anderem Grünwuchs können zudem störende Elemente kaschiert
werden.
Für eine bestmögliche Naherholung und das Wohlbefinden spielt die Nutzungsvielfalt der LN und die
dadurch entstehende Abwechslung eine Rolle. Da grosse Felder gleicher Nutzungsart (z.B. Grasfläche
oder Niederstamm-Obstkulturen) als langweilig betrachtet werden, ist im durch Gras- und Viehwirt-
schaft dominierten Agglomerationsgebiet von Luzern ein abwechslungsreiches Landschaftsbild anzu-
streben, da dieses als qualitativ schöner beurteilt wurde. Dies kann erreicht werden, ohne die land-
schaftliche Eigenart zu zerstören, da bereits unterschiedliche Grüntöne oder verschiedene Tierarten
für Abwechslung sorgen. Sucht ein Landwirt eine Nische zur Existenzsicherung und entwickelt neue
Ideen, sollten diese eher kleine Flächen beanspruchen, damit sie von der Bevölkerung geschätzt wer-
den. Von Seiten der Agrarpolitik sollten also Anreize geschaffen werden, nicht spezialisierte, sondern
vielfältige Betriebsstrukturen zu erhalten, da diese grundsätzlich als natürlich angesehen wurden und
ein schönes Landschaftsbild ausmachen.
Abschliessend muss vermerkt werden, dass für diese Arbeit nur wenige Personen befragt wurden
und die Resultate nicht für die gesamte Agglomerationsbevölkerung sprechen, da sie auf individuell
geschossenen Fotos und deren Diskussion basieren. Die Fotos und Interviews haben aber aufgezeigt,
wie unterschiedlich gleiche Landschafts-Elemente von Einzelpersonen wahrgenommen werden kön-
nen und dass sie immer in Zusammenhang mit weiteren Elementen im Landschaftsbild diskutiert
werden müssen. Den Interviews ist gemein, dass viele Elemente in ähnlichen Themenrahmen er-
wähnt wurden und dass bei jeder Interviewperson die persönlichen Lebenserfahrungen und Erinne-
rungen bei der Beurteilung der Landschaftsfotos eine wichtige Rolle gespielt haben. In diesem Sinne
stellt diese Bachelorarbeit keinen exakten Beschrieb der landschaftsästhetisch positiv bewerteten
Eigenheiten des Agglomerationsgebiets von Luzern dar, sondern vielmehr eine Sammlung von indivi-
duellen Vorstellungen, die weiter untersucht werden können.
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
58
6. Bibliographie
6.1 Literatur
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6.2 Interviews und informelle Gespräche
CB (2011): Interview, durchgeführt von der Autorin. Luzern, 19. Juli 2011
CF (2011): Interview, durchgeführt von der Autorin. Luzern, 11. Juli 2011
FA (2011): Interview, durchgeführt von der Autorin. Littau, 16. Juli 2011
HB (2011): Interview, durchgeführt von der Autorin. Luzern, 18. Juli 2011
Passantin (2011): Informelles Gespräch der Autorin mit einer Passantin. Obernau, 21. Juni 2011
Pensionär (2011): Informelles Gespräch der Autorin mit einem Pensionär. Ebikon, 20. Juni 2011
Pensionärin (2011): Informelles Gespräch der Autorin mit einer Pensionärin. Kriens, 20. Juni 2011
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Spaziergänger (2011): Informelles Gespräch der Autorin mit einem Spaziergänger. Dierikon, 20. Juni
2011
VT (2011): Interview, durchgeführt von der Autorin. Buchrain, 26. Juli 2011
Walker (2011): Informelles Gespräch der Autorin mit einem Walker. Root, 14. Juni 2011
6.3 Abbildungen
Abb. 1: Stremlow 2008, S. 4
Abb. 2: Geoinformation und Vermessung Kanton Luzern (2011) – Grundbuchplan (Amtl. Vermes-
sung). Luzern: RAWI.
Abb. 3-36: Veronika Trachsel
Abb. 37, 40, 42 und 46: Interviewpartner CF
Abb. 38 und 41: Interviewpartner FA
Abb. 39, 43 und 50: Interviewpartner CB
Abb. 44 und 49: Interviewpartner VT
Abb. 45, 47 und 48: Interviewpartner HB
6.4 Tabellen
Tab. 1: Selbst erstellte Tabelle nach WSL (2006), S. 15-17
Tab. 2: ausgewählte Daten aus: „Landschaftsbetriebe seit 1939 Kanton Luzern.“ Datenquelle: BFS -
Eidg. Landwirtschaftszählung, Landw. Betriebsstrukturerhebung
Tab. 3: ausgewählte Daten aus: „Feldobstbäume nach Arten seit 1951 Kanton Luzern.“ Datenquelle:
BFS – Schweizerische Obstbaumzählung
Tab. 4: Zusammenstellung aus: Eidg. Statistisches Amt (1960): Eidgenössische Betriebszählung 1955
Band 7 – Landwirtschaftsbetriebe nach Kantonen, Gemeinden und Grössenklassen. Bern: Statistische
Quellwerke der Schweiz, 345 S.; Eidg. Statistisches Amt (1967): Eidgenössische Betriebszählung Sep-
tember 1965 – Landwirtschaft Hauptergebnisse nach Kantonen, Bezirken und Gemeinden. Bern: Sta-
tistische Quellwerke der Schweiz, 121 S.; BFS (1986): Eidgenössische Betriebszählung 1985 – Land-
wirtschaftsbetriebe nach Gemeinden. Bern: BFS, 151 S.; Zahlen für die Jahre 2000 und 2003: Statistik
Schweiz (2011); Zahlen 2009 aus LUSTAT 2011, S. 165
Tab. 5: selbst erstellte Tabelle nach den absoluten Zahlen zu den LN im Agglomerationsgebiet für das
Jahr 2003 aus: Statistik Schweiz (2011)
Tab. 6: Zusammenstellung aus: Eidg. Statistisches Amt (1960): Nutztierbestand der Schweiz 1956.
Bern: Statistische Quellenwerke der Schweiz, 205 S.; BFS (1989): Eidgenössische Viehzählung 1988 –
Resultate nach Gemeinden. Bern: BFS, 151 S.; Zahlen zu Nutztieren, Nutztierhalter, Kühe und Rind-
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
61
vieh-Gesamtbestand 2003 aus: Statistik Schweiz (2011): Interaktive Datenbank des Primärsektors.
Internetseite (konsultiert im Sommer 2011):
http://www.agr.bfs.admin.ch/ReportFolders/reportFolders.aspx
Tab. 7: Zusammenstellung aus: BFS (2011): „Eidgenössische Volkszählung 2000. Bevölkerungsent-
wicklung der Gemeinden 1850-2000.“ Neuchâtel: BFS, Excel-Tabelle., und für das Jahr 2009 LUSTAT
(2011)
Tab. 8-11: Zusammenstellung aus den Gemeindeprofilen aus LUSTAT (2011) und GKL (2011) für die
Landwirtschaftlichen Zonengrenzen
Tab. 12: ausgewählte Jahre aus: „Tierhalter und Nutztiere seit 1946 Kanton Luzern.“ Datenquelle: BFS
- Eidg. Viehzählung, Landw. Betriebsstrukturerhebung
Tab. 13: absolute Zahlen für die einzelnen Gemeinden: BFS (2011): „Eidgenössische Volkszählung
2000. Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden 1850-2000.“ Neuchâtel: BFS, Excel-Tabelle.
Tab. 14: Zahlen zu den Obstanlagen in den Agglomerationsgemeinden von: Statistik Schweiz (2011)
Tab. 15: Zahlen aus: Statistik Schweiz (2011)
Tab. 16: selbst erstellte Tabelle mit den absoluten Zahlen aus: Statistik Schweiz (2011)
Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
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7. Anhang
7.1 Interview-Leitfaden
Über den Interviewpartner
• Beruf
• Ungefähres Alter
• wie lange im Gebiet wohnhaft / woher ins Gebiet gezogen und wann?
• Hobbies
Allgemeine Fragen 1) Nennen Sie 5 Eigenschaften oder Elemente, die Ihnen spontan zu Landschaft einfallen (was
gehört zu einer Landschaft, was löst eine positive Reaktion aus?)
2) Was bedeutet Ihnen Landschaft? Inwiefern äussert sich diese Bedeutung in Ihrem Alltagsver-
halten? (Freizeit, Arbeit, Wohnort)
3) Was für einen Bezug haben Sie zur Landwirtschaft?
Diskussion der Fotos in Bezug auf die Indikatoren für Landschaftsästhetik Jedes einzelne Bild (Bezugnahme auf die Bildkommentare, die beim Fotografieren gemacht wurden):
1) Was gefällt Ihnen an diesem Bild und wieso gefällt es?
2) Gibt es etwas Störendes? Wenn ja, was und warum?
Vergleich der Bilder (Wie ordnen Sie das einzelne Bild im Vergleich zu den anderen ein? Ich erläute-
re jeweils kurz die Bedeutung des Indikators. Die Fragen orientieren sich an den vorgeschlagenen
Fragen des WSL zur Operationalisierung des Indikators)
Landschaftsbild/Präferenzurteile:
1) Wie sehr gefällt Ihnen die Landschaft in diesem Bild in Bezug auf die anderen Bilder?
2) Weshalb gefällt sie Ihnen besser/schlechter?
Eigenart sowie natur- und kulturgeschichtliche Identität einer Landschaft / Authentizität
1) Auf welchen Fotos hat es für die Region typische Merkmale? Welche Elemente geben der
Landschaft den unverwechselbaren Charakter? (Art des Merkmals: Baum, Gebäude, Hügel,
Fläche, Tier…)
2) Wie gut fügen sich neue Elemente, wie z.B. eine Panoramatafel, in die Landschaft ein? (stö-
rend oder nicht, wenn ja, warum. Nur in einem spezifischen Bild störend oder auch anders-wo?)
3) Auf welchem Foto findet sich das einheitlichste Gesamtbild? (Warum, Unterschiede zu den
anderen Bildern. Repräsentativität für die gesamte Region, ja/nein?)
4) Inwiefern wirkt das Landschaftsbild „echt“? (Anzahl Fremdkörper, Gesamtbild)
5) Inwiefern und wann „passt“ ein Landschaftselement ins landschaftliche Gesamtbild und wirkt
„echt“? (z.B. Wanderwegweiser. Inwiefern Abhängigkeit von Material, Form und Funktion
des Elementes?)
Mysteriosität
1) Inwiefern wirkt die auf den Bildern dargestellte Landschaft geheimnisvoll? 2) Warum wirkt sie nicht geheimnisvoll? (zu wenig visuelle Reize, keine Überforderung?)
3) In welcher Weise und wo gibt es Dinge in der abgebildeten Landschaft zu entdecken, die
nicht auf den ersten Blick zu erschliessen sind? (auch ausserhalb des Bildrandes)
4) Was für Faktoren haben Einfluss darauf, ob etwas mysteriös wirkt oder nicht? (Geräusche,
Tageszeit, Jahreszeit, Witterung)
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Lesbarkeit
1) Wie gut kann man sich in der abgebildeten Landschaft zurechtfinden? (Orientierungshilfen,
Bedeutung der Orientierungshilfen, damit verbundene Gefühle) 2) Auf welchen Fotos kann man die Landschaft schnell erfassen und verstehen, auf welchen
nicht? (weshalb? Einfluss der einzelnen Landschaftselemente; Vermutungen, was in der
Landschaft passiert)
Faszination
1) Wie viele und welche Dinge auf den Fotos ziehen die Aufmerksamkeit auf sich? (Art der Din-
ge, positive/negative Aufmerksamkeit, was macht Eindruck, weshalb?)
Allg. Frage: Was für eine Landschaft vermittelt Ihnen am ehesten ein Heimatgefühl und warum? (ver-
gleichbar mit den Fotos oder nicht? Ja/nein, weshalb)
Inwiefern erkennen und wie bewerten Sie folgende „Gefahren“ für die Landschaft?
• Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung: Vergrösserung und Vereinheitlichung
der Nutzflächen (Zunahme von landw. Fahrten, Maschinen, Felder, Tiere, Einstellung der landw. Nut-
zung)
• Ausdehnung der Städte, Bau- und Industriegebiete (Bautätigkeit)
• Zunehmende Zerschneidung durch Strassen mit Hartbelägen und Bahntrassen (zunehmendes Verkehrsaufkommen, Strassenart)
Was haben Sie für Anliegen betreffs der Gestaltung von Landschaft? (Präferenzen, Notwendigkeiten,
was nicht passieren sollte; Lösungen, um „Störendes“ zu gestalten etc.)
Haben Sie noch etwas mitzuteilen, was vergessen ging?
7.2 Codierungsbeispiel
Nachfolgend sind Ausschnitte von drei Interviews dargestellt39. Alle fünf Interviews wurden codiert,
für ähnliche Themen sind die gleichen Codes verwendet worden. Durch Anklicken der Kommentare
wurde die zu einem Code gehörende Textstelle ersichtlich. Auf Grund der geringen Anzahl Interviews
ist auf den Gebrauch einer spezifischen Software verzichtet worden.
39 Hinweis: Die Ausschnitte wurden in einem Dokument zusammengestellt, deshalb die lückenlose Kommentar-
reihenfolge
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Bachelorarbeit Landschaftsqualität Veronika Trachsel
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7.3 weitere Tabellen
Pferde Rindvieh Schweine Schafe Ziegen Hühner
Jahr Halter Bestand Halter Bestand Halter Bestand Halter Bestand Halter Bestand Halter Bestand
1956 4'426 7'430 8'971 130'145 8'966 141'111 539 2'609 1'038 2'569 11'283 401'879
1966 3'127 4'462 8'358 151'990 8'129 232'217 600 4'423 684 1'856 8'626 399'063
1978 1'423 2'249 7'062 182'203 6'073 401'287 966 10'803 744 2'437 5'052 433'774
1988 1'100 2'290 6'223 168'337 4'850 441'406 1'050 12'423 719 2'309 3'794 525'490
1998 777 2'483 5'318 144'951 3'448 367'033 982 15'238 448 2'608 1'985 634'041
2009 691 3'251 4'345 150'343 2'210 420'781 798 18'093 596 4'635 1'339 941'623
Tab. 12: Entwicklung der Tierhalter-Anzahl und des Nutztierbestandes im Kanton Luzern, ausgewählte Jahre
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1950 1980 2009
durchschnittliche Bev. Zunahme in
Personen pro Jahr von 1950 -
1980
durchschnittliche Bev. Zunahme in
Personen pro Jahr von 1980-
2009
Bev. Zunah-me in % 1950-
2009
Emmen 11065 22392 27883 378 189 252
Rothenburg 2171 4202 7121 68 101 328
Adligenswil 712 2100 5475 46 116 769
Buchrain 1127 2855 5710 58 98 507
Dierikon 359 742 1442 13 24 402
Ebikon 3007 8679 11850 189 109 394
Gisikon 185 370 1055 6 24 570
Honau 120 92 345 -1 9 288
Horw 4621 11629 13182 234 54 285
Kriens 9821 21097 26202 376 176 267
Littau 5644 14996
76702
312
-54 116 Luzern 60526 63278 92
Meggen 2165 4897 6512 91 56 301
Root 2095 2618 4363 17 60 208
Udligenswil 601 1226 2167 21 32 361
Tab. 13: Bevölkerungsentwicklung der Agglomeration in absoluten Zahlen, ausgewählte Jahre
Einheit der Flächen in Aren
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Sum
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Obstanlagen (Äpfel) 258 22 0 1438 32 310 0 0 0 0 0 55 4 5 56 2180
Obstanlagen (Birnen) 55 13 0 396 0 25 0 0 0 0 0 8 15 0 62 574
Obstanlagen (Steinobst) 20 2 0 100 10 83 0 0 0 0 0 16 65 14 88 398
Summe 333 37 0 1934 42 418 0 0 0 0 0 79 84 19 206 3152
Tab. 14: Obstanlagen Agglomeration im Jahr 2003
Betriebsgrössen 2003 in ha
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Sum
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Betriebe 0 - 1 ha 4 3 2 2 0 4 0 0 0 0 0 3 1 1 2 22
Betriebe 1 - 3 ha 0 3 0 0 0 2 0 0 1 10 1 0 1 3 0 21
Betriebe 3 - 5 ha 2 2 1 0 1 1 1 0 5 8 3 0 2 1 0 27
Betriebe 5 - 10 ha 3 6 2 2 1 2 4 1 12 10 10 2 1 9 7 72
Betriebe 10 - 20 ha 14 31 7 1 3 8 2 3 18 18 21 2 12 9 17 166
Betriebe 20 - 30 ha 15 18 8 3 4 4 0 1 1 11 5 1 4 7 2 84
Betriebe > 30 ha 9 5 2 2 2 4 0 0 0 3 3 1 1 0 1 33
Betriebszahl insgesamt 47 68 22 10 11 25 7 5 37 60 43 9 22 30 29 425
Tab. 15: Verteilung der Betriebsgrössen in den Agglomerationsgemeinden im Jahr 2003
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wil
gesamte LN 2003 in Aren 96869 114745 39091 19502 23811 38414 7122 7301 39908 78068 63109 11213 33618 38197 36032
davon sind … %:
offenes Ackerland 12.2 13.1 4.7 17.9 3.1 13.4 4.6 14.8 1.7 0.2 7.8 3.6 1.6 7.4 0.8
Grünland 86.6 85.5 92.6 70.2 96.0 81.4 95.2 83.8 93.3 98.4 91.5 93.9 95.2 90.7 98.0
Dauerkulturen 0.5 0.9 0.2 10.3 0.2 2.9 0.0 0.3 1.1 1.2 0.1 1.0 1.9 0.1 0.6
übrige LN 0.7 0.6 2.5 1.6 0.7 2.3 0.1 1.1 3.9 0.2 0.5 1.5 1.3 1.9 0.6
Tab. 16: prozentualer Anteil der einzelnen Nutzflächenarten an der gesamten LN im Agglomerationsgebiet im Jahr 2003