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Bibliotheksforum Bayern 08 (2014)
Forum Bibliotheksgeschichte
Abb. 1: Cover des Ausstellungskatalogs (links)
Abb. 2: Auf dem Fackelzug mitge-führter Wagen mit Büchern, die auf dem Hauptmarkt in Nürnberg am 10. Mai 1933 verbrannt wurden (8-Uhr-Blatt, 11.5.1933, S. 6)
„Unsere Stadtbibliothek hat schon gründlich ausgemistet …“
Vom Umgang mit verbotener und regimekonformer Literatur an den städtischen Bibliotheken Nürnbergs
zwischen 1933 und 1945
Von Christine Sauer
Z ur Bücherverbrennung am 10. Mai
1933 auf dem Hauptmarkt in Nürnberg existieren über die Presseberichte hi-naus so gut wie keine Zeitzeugenbe-richte. Der 80. Jahrestag bot Anlass, die Rolle der städtischen Bibliotheken als Zulieferer von auf dem Scheiter-haufen verbrannten Büchern sowie bei der Umsetzung der Bücherverbote und der Propagierung NS-konformer Literatur vertieft zu untersuchen. Mit einer Ausstellung, die 2013 im neu er-öffneten Ausstellungskabinett gezeigt wurde, hielt die Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg Rückblick auf die eigene Geschichte in der Zeit zwischen 1933 und 1945. Gleichzei-tig konnte die seit längerem unterbro-chene Reihe der Ausstellungskataloge in neuer Gestaltung wieder aufgegrif-fen werden.1
Weil die Akten der städtischen Bib-liotheken in Nürnberg durch Kriegsein-wirkung vollständig verloren sind, muss die Bibliotheksgeschichte im „Dritten Reich“ anhand von Zeitungsartikeln, jährlichen Verwaltungsberichten und Akzessionsbüchern rekonstruiert wer-den; als historische Dokumente eben-so wichtig sind die Bücher mit den Spuren, die die Ereignisse im genannten Zeitraum hinterlassen haben. Die Geschicke der alten, 1370 erstmals bezeugten Stadtbibliothek und der im späten 19. Jahrhundert aus der Volksbildungsbewegung her-vorgegangenen Volksbücherei sind während des „Dritten Reichs“ eng miteinander verknüpft: 1921 wurde die Volksbücherei der städtischen Verwal-tung übergeben und bis 1946 von Friedrich Bock (1886-1964) geleitet, der gleichzeitig Direktor der Stadtbibliothek war.
Unmittelbar nach der Machtergreifung im März 1933 sind für Nürnberg mehrere miteinander nicht abgestimmte, sich in der Ausrichtung aber deckende Aktivitäten zu fassen, die die Auslö-schung von unerwünschter Kunst und Literatur
Bildungscampus
Stadtbibliothek
Christine Sauer (Hrsg.)
» Für den deutschen – wider den undeutschen Geist «Von verbotener und regimekonformer Literatur im ‚Dritten Reich‘
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Ebenso wie in vielen anderen Hochschulstädten loderten in Nürnberg am 10. Mai 1933 die Flammen eines Scheiterhaufens. Auf dem Haupt-markt verbrannten im Feuer auch Bücher, die aus der städtischen Volksbücherei entfernt worden waren. Der gegen Juden und Andersdenkende gerichtete nationalsozialistische Terrorakt markierte den Anfang einer ‚gleichgeschalteten‘ Literaturpro duktion und eines eingeschränkten Zugangs zu ‚unerwünschter‘ oder ‚schädlicher‘ Literatur. Schon seit dem 5. April 1933 wurden die städtischen Büchersammlungen in Nürnberg ‚gereinigt‘, verbotene Bücher aus den Regalen der Volks bücherei und der Amtsbibliothek entfernt beziehungsweise in der Stadtbibliothek separiert und von der Ausleihe ausgeschlossen. Gleichzeitig begann die politisch geförderte Anschaffung von regimekonformer Literatur.
Der Ausstellungskatalog beleuchtet ausgehend von Machtergreifung und Bücherverbrennung in Nürnberg erstmals ein dunkles Kapitel in der Geschichte der städtischen Büchersammlungen. In die Betrachtungen ein bezogen werden Aspekte der regimekonformen Literaturproduktion und ihrer Rezeption. Die Aufsätze bieten gebündelt Einführungen in drei Ausstellungen, die in Nürnberg aus Anlass des 80. Jahrestags der Bücher verbrennung gezeigt werden.
19,80 €ISBN 978-3-9808474-7-6
BCN Materialien – Ausstellungskatalog der Stadtbibliothek 106
Martina Christmeier Dominik Radlmaier
Christine Sauer Alexander Schmidt
Hans-Christian TäubrichMelanie Wager
Der vorliegende Band vereinigt Beiträge zu drei Ausstellungen von Nürnberger Kultur-einrich tungen im Rahmen des Programms „Verpfl icht ende Vergangenheit: Bücher-verbrennung 1933“:
Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg:„Für den deutschen – wider den undeutschen Geist“. Von verbotener und regimekonformer Literatur im ‚Dritten Reich‘
Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände:WortGewalt. Vom rechten Lesestoff.Bücher aus der Sammlung des Dokumentations-zentrums
Stadtarchiv Nürnberg:Marsch in die Barbarei: Der 9. März 1933 in Nürnberg
_BCN_Katalog_deutsch-Umschlag-D2.indd 1 18.04.13 12:04
zum Ziel hatten. Für eine in einem Schreiben des Deutschen Studentenbundes vom 8. April 1933 angekündigte und in zwölf Thesen am 12. Ap-ril zusammengefasste reichsweite Gesamtaktion „Wider den undeutschen Geist“ konstituierte sich ein örtlicher Aktionsausschuss, der am 8. Mai zu einer stadtweiten Büchersammlung aus öffentli-chen und privaten Bibliotheken aufforderte.2
Höhepunkt sollte die Hinrichtung des Ungeistes am 10. Mai bilden: In einem nächtlichen Fackel-zug wurden die wie Kapitalverbrecher auf einem Wagen ausgestellten Bücher zum Hauptmarkt (damals Adolf-Hitler-Platz) geleitet und dort nach mehreren Reden und begleitet von Feuerrufen den Flammen übergeben (Abb. 2). Die gewaltige Kund-gebung, gerichtet Wider Schmutz und Schund bzw. Für den deutschen – wider den undeutschen Geist konzentrierte sich auf Literatur von Autoren und Autorinnen, die als jüdisch, bolschewistisch,
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Forum Bibliotheksgeschichte
pazifistisch, pornographisch, kommunistisch oder sozialistisch diffamiert wurden. In denselben Zei-tungsartikeln wurden die städtischen Bibliotheken konkret als Unterstützer der Aktion und Zulieferer von Büchern für den Scheiterhaufen genannt: Un-sere Stadtbibliothek hat schon gründlich ausge-mistet und wird viel zur Bereicherung des Stapels beitragen.3
Tatsächlich waren die städtischen Bibliotheken bereits seit dem 5. April 1933 mit der Durchsicht ihrer Bestände beschäftigt. Angeordnet hatte dies der gerade erst im März 1933 an die Macht ge-kommene, nationalsozialistische Bürgermeister Willy Liebel (1897-1945). Das Rüstzeug lieferte die ortsgruppe des von Alfred Rosenberg 1927 gegründeten „Kampfbunds für deutsche Kultur“, indem der lokale Leiter, der Schriftsteller Hans Hagemeyer (geb. 1899), eine erste Liste von Na-men unerwünschter Autoren zusammenstellte, darunter der Schriftsteller Frank Wedekind, der Antikriegsautor Erich Maria Remarque oder der Sexualforscher Magnus Hirschfeld. Darüber be-richtete unter der überschrift Aus den städtischen Büchereien entfernt der Fränkische Kurier vom 5. April 1933: Der Kampfbund für deutsche Kultur, Landesleitung Nordbayern-Franken, hat eine An-zahl von Autoren zusammengestellt, deren Werke, ebenso wie die sexualwissenschaftlichen Veröf-
fentlichungen einiger Verlagsanstalten, nicht mehr verbreitet werden sollen. Die in Frage kommenden Werke … werden auf Anordnung des 1. Bürger-meisters aus sämtlichen Büchersammlungen ent-fernt.4
Hans Hagemeyer, der nicht namentlich genann-te Landesleiter des „Kampfbundes“, wurde kurz darauf auch einer der Leiter des Aktionsausschus-ses zur Vorbereitung der Bücherverbrennung. Auf diese Weise erhielt er Zugang zu den im April 1933 von dem Berliner Volksbibliothekar Wolfgang Herrmann (1904-1945) zusammengestellten so-genannten „Schwarzen Listen“ mit Autoren und Werken, die aus öffentlichen und privaten Bü-chersammlungen entfernt und an die Vertreter der studentischen Aktion für die Bücherverbrennung ausgeliefert werden sollten. Diese Listen wurden sofort an die städtischen Bibliotheken weiterge-reicht. Am 8. Mai war man dort anhand dieser Ver-zeichnisse mit der Auslese der politischen Schrif-ten beschäftigt.5
Im Verwaltungsbericht vom März 1934 konnte dann der erfolgreiche Vollzug vermeldet werden: Stadtbibliothek und Volksbücherei wurden … von
Abb. 3: Der Kunstband wurde 1933 aus der Volksbücherei ausgeschieden,
in die Bestände der Stadtbibliothek überführt und mit einem roten Kreis markiert. (Stadtbibliothek Nürnberg,
Var. 1813.8°(42))
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jüdisch-marxistischem Schrifttum gereinigt.6 Bei der „Säuberung“ der Volksbücherei unter dem da-maligen Leiter Hans Hugelmann (1903-1984) sind die Bücher verbotener Autoren aus den Regalen entfernt worden; fast 40% des rund 40.000 Bände zählenden Gesamtbestands wurden damals als zerlesen, veraltet oder verboten unzugänglich ge-macht. Was vom Ausgeschiedenen erhaltenswert erschien, wurde – wie auch in anderen Städten – für eine spätere Wiederverwendung eingelagert oder zur Bücherverbrennung abgegeben. Letzte-res ist durch den genannten Verwaltungsbericht verbürgt: Die ausgeschiedenen Bücher kamen zur Bücherverbrennung auf den Adolf-Hitler-Platz.
Ein roter Kreis als Kennzeichen
Als nachträgliche, der Reinwaschung dienende Legende mit einem Körnchen Wahrheit ist die Aussage zu werten, es seien nur alte verdreckte Scharteken, als unhygienisch aus der Volksbüche-rei längst ausgeschieden, verbrannt worden.7 Eini-ge wenige Bände mit Romanen Franz Werfels und Werken zur expressionistischen Malerei gelangten als überführungen am 13. oktober 1933 in die Stadtbibliothek (Abb. 3). Für die Ausscheidung von unerwünschter Kunstliteratur existierte eine ei-gene „Schwarze Liste“; in Nürnberg bestand aber sicherlich auch ein Zusammenhang mit der am 9. April 1933 von Willy Liebel befohlenen „Reinigung“ der städtischen Kunstsammlungen und der Ent-fernung sogenannter „entarteter Kunst“.
Mit dem 5. April 1933 begann auch die Durch-sicht der in den Magazinen der Stadtbibliothek auf-gestellten Bestände. Wie auch in anderen wissen-schaftlichen Bibliotheken wurden die Bände jedoch nicht ausgeschieden, sondern blieben physisch in den Regalen stehen. Sie erhielten eine besondere Markierung, die die Nutzung einschränkte: Bücher mit diesem Zeichen wurden nur mit Erlaubnis des Direktors und unter Vorlage eines Nachweises für die Notwendigkeit der Einsicht im Rahmen von wis-senschaftlichen Forschungen vorgelegt.
Für die Kennzeichnung der verbotenen Bücher benutzte man in der Stadtbibliothek einen roten Farbstift, mit dem ein Kreis neben die Signatur-angaben auf Vorderspiegel und Titelblatt gesetzt wurde. Die vielen, heute noch in den Sammlungen erhaltenen Bände mit den nach 1945 nicht wieder getilgten Kreisen in Rot belegen, wie gründlich und umfassend der Bestand durchgearbeitet wurde. Einen Kringel erhielten nicht nur die 1933 aus der Volksbücherei übernommenen Kunstbände (Abb. 3); dieselbe Markierung weisen durchweg die in der einschlägigen Signaturengruppe Varia aufge-stellten Bände zur abstrakten, kubistischen oder expressionistischen Kunst sowie zu Sozialismus, Marxismus und Kommunismus oder zur Gewerk-schaftsbewegung auf. Es traf die bekannten Au-toren wie Karl Marx, Friedrich Engels, Ferdinand Lassalle oder Karl und Luise Kautsky genauso wie eher unbekannte Verfasser mit einschlägigen Titel-formulierungen (Abb. 4).
Abb. 4: Auch die von Luise Kautsky herausgegebenen Briefe der Rosa Luxemburg wurden mit einem roten Kreis für die Benut-zung gesperrt. (Stadtbibliothek Nürnberg, Var. 2634.8°)
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Forum Bibliotheksgeschichte
Ebenso akribisch durchkämmte man die Grup-pe Philologica und sperrte Werke der Schönen Li-teratur von verfemten Schriftstellern. Nur spärlich finden sich dagegen Werke mit einem roten Kreis in den Sachgruppen Geschichte, Mathematik, Medizin, Recht oder Theologie. Anhand der für die Ausstellung gesichteten Bestandssegmente kann geschlussfolgert werden, dass die Stadtbibliothek die Vorgaben zu den verbotenen Büchern gemäß der „Schwarzen Listen“ und später der „Listen des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ ak-ribisch umsetzte – und das, obwohl Friedrich Bock nie in die NSDAP eintrat und er 1933 sogar als Marxist denunziert wurde.
Kehrseite dieser Säuberungsaktionen ist der geforderte und geförderte Ausbau der Literatur-bestände zur nationalsozialistischen Bewegung, mit der die Umwandlung gerade der populären Volksbüchereien in „Kampfbüchereien“ vervoll-ständigt werden sollte. In der Volksbücherei Nürnberg waren von Hitlers „Mein Kampf“ über 30 stets ausgeliehene Exemplare vorhanden. Darüber hinaus stellten die Bibliothekare Bücher-listen zu nationalsozialistisch besetzten Themen zusammen. So bilanzierte man bereits 1934 im Verwaltungsbericht: Die Büchereien wurden durch besonders umfangreiche Anschaffungen der nationalen und nationalsozialistischen Neu-erscheinungen im Rahmen des national aufbau-enden Schrifttums verstärkt. … Für die nationale Gesinnungsbildung der Jugend stellte die Volks-bücherei ein neues Sonderverzeichnis her.8
BildungscampusStadtbibliothek
➜Ausstellungs-kabinett
» Für den deutschen – wider den undeutschen Geist «Von verbotener und regimekonformer Literatur im ‚Dritten Reich‘
Von verbotener und regimekonformer
Literatur im ‚Dritten Reich‘
VERSCHOBENES
KRÄFTEVERHÄLTNIS
IN NÜRNBERG
In Nürnberg war das Kräfteverhältnis der beteiligten
Partner derart verschoben, dass der studentischen Aktion
das vordergründig Studentische abhandenkam. Die reichs-
weite Bezeichnung Aktion wider den undeutschen Geist
wurde größtenteils durch die propagandistisch wirksamere
Parole „Gegen Schmutz und Schund“ ersetzt. Schon diese
eigenmächtige Abwandlung bringt zum Ausdruck, was
in Nürnberg anders lief. Mit der Leitung des örtlichen
Aktionsausschusses wider den undeutschen Geist wurden
zwei hochrangige Parteifunktionäre beauftragt: Dr. Hans
Hagemeyer, Landesleiter des Kampfbundes für deutsche
Kultur (KfdK) in Nordbayern-Franken, für den literarischen
Teil und Karl Holz, seit 1932 Mitglied des Landtags,
für den propagandistischen Teil. Beide saßen auch im
Nürnberger Stadtrat.
Aufruf zur Abgabe
von Büchern im
Zuge der Vorberei-
tungen zur Bücher
verbrennung (Nürn-
berger Zeitung,
8.5.1933, S. 4)
ERSTE PHASE:
DER SCHRITT IN DIE
ÖFFENTLICHKEIT
Die Einzelstudentenschaften, so vermutlich auch die
Nürnberger, erfuhren aus dem auf den 8. April 1933
datierten Rundschreiben No 2 des Hauptamtes für Presse
und Propaganda der Deutschen Studentenschaft in Berlin
wohl erstmals von den geplanten Bücherverbrennungen.
Dieses Schreiben enthielt aber bereits Vorgaben für die
Besetzung der geplanten ‚Kampfausschüsse‘. In Nürnberg
wurden berufen: zwei Studenten, ein Professor, ein Studi-
enrat und der bereits benannte Hans Hagemeyer – nicht
(irgend-)ein KfdK-Mitglied wie gefordert. Veröffentlichun-
gen von Artikeln und Aufsätzen, der zwölf Thesen via
Plakatanschlag sowie Vorträge und Rundfunksendungen
waren Inhalt der ersten Phase, die sich über den gesamten
Zeitraum erstreckte.
Bekanntmachung
zum Ablauf der
Bücherverbrennung
und Beispiele für
Bücher, die im
Scheiter haufen
verbrannt werden
sollen (8-Uhr-Blatt,
8.5.1933, S. 6)
„AUS DEN STÄDTISCHEN
BÜCHEREIEN ENTFERNT“
Am 5. April 1933 befahl Oberbürgermeister Willy Liebel
die ‚Entfernung‘ ausgewählter Bücher aus den städtischen
Büchersammlungen. Nur knapp vier Wochen nach der
lokalen Machtergreifung wollte er damit seine zielstrebige
Umsetzung nationalsozialistischer Ziele beweisen. Der
‚Säuberung’ lag zunächst eine Liste von Autoren zugrunde,
die die Ortsgruppe des Kampfbundes für deutsche Kultur
unter der Leitung Hans Hagemeyers zusammengestellt
hatte. Seit Anfang Mai 1933 benutzten die Bibliothekare
die von ihrem Kollegen Wolfgang Herrmann (1904-1945)
in Berlin angefertigten Schwarzen Listen, die auch den
Organisatoren der Aktion wider den undeutschen Geist
vorlagen. Danach waren die erstmals 1936 von der Reichs-
schrifttumskammer promulgierten Listen des schädlichen
und unerwünschten Schrifttums verpfl ichtend.
Notiz über die ‚Reinigung‘
der städtischen Bücher-
sammlungen (Fränkischer
Kurier, 5.4.1933, S. 9)
„Die Verbrennungs-
kommission“ am
10. Mai 1933 bei der
Bücherverbrennung
in Nürnberg. (8-Uhr-
Blatt, 11.5.1933, S. 6)
Eine der wenigen
Aufnahmen von der Bücher-
verbrennung in Nürnberg
(Nürnberger Zeitung,
11.5.1933, S. 6)
Bücher in der Stadt-bibliothek Nürnberg, die nach 1933 verboten und mit dem roten Kreis markiert wurden
ZWEITE PHASE:
DIE SAMMELAKTION
Parallel zu dieser ersten Phase sollte ab dem 26. April
eine reichsweite Sammelaktion starten – eine umfassende
Aufstellung der auszusortierenden Literatur lag jedoch
noch nicht vor. Mit dem Rundschreiben No 3 vom 27. April
gelangte die erste Schwarze Liste an die Einzelstudenten-
schaften. Das eigentliche Ziel der Sammelaktionen waren
– anders als bei einer studentischen Initiative zu vermuten –
nicht die Universitätsbibliotheken, sondern private
Leihbüchereien und Buchhandlungen. Stadtbibliothek
und Volksbücherei wurden nicht von den Studenten
‚gereinigt‘, stellten den Studenten aber Bücher zur
Verfügung. Im Rundschreiben No 4
vom 9. Mai an die Einzelstudenten-
schaften wurden „als Grundlage
für die symbolische Handlung im
Verbrennungsakt“ die neun ‚Feuer-
sprüche’ übermittelt.
Propagandafoto zur
Aktion wider den
undeutschen Geist:
Zwei Studenten
sichten Bücher und
Archivmaterial aus
dem geplünderten
Institut für Sexual-
forschung von
Magnus Hirschfeld
(8-Uhr-Blatt,
9.5.1933, S. 2)
Die neun Feuersprüche
(Fränkischer Kurier,
12.5.1933, S. 5)
Das Hauptamt für Presse und Propaganda der Deutschen
Studentenschaft (DSt) steuerte von Berlin aus eine
vierwöchige Vorbereitungskampagne mit dem Titel
Aktion wider den undeutschen Geist. Deren Ziel war die
Ausmerzung von als ‚undeutsch‘ defi nierten jüdischen,
marxistischen, sozialistischen oder pazifi stischen Schriften.
Diese Aktion startete am 13. April mit einem reichsweiten
Plakataushang und erreichte mit den studentischen
Bücherverbrennungen an 30 Hochschulorten in der
Zeit vom 8. Mai bis zum 23. Juni 1933 – an 19 davon
gleichzeitig am 10. Mai 1933 –
ihren Höhepunkt. Die Deutsche
Studentenschaft war Initiator und
Organisator, nicht aber alleiniger
Träger der Aktion; breite
Unterstützung erfuhr sie durch
öffentliche Verwaltungen sowie
NS-Organisationen.
„Ein Wagen mit zum
Flammentod verdammten
Schriften“ am 10. Mai
1933 (8-Uhr-Blatt,
11.5.1933, S. 6)
DIE BÜCHERVERBRENNUNG:
HÖHEPUNKT EINER
REICHSWEITEN INITIATIVE
DER DEUTSCHEN
STUDENTENSCHAFT
Am Tag des Ereignisses erfolgte ein letzter Aufruf in
der Presse. Gemeinsam mit 18 weiteren Hochschulstädten
lief Phase drei, der eigentliche Verbrennungsakt,
als Höhepunkt der Aktion wider den undeutschen Geist,
in Nürnberg ganz nach Plan am 10. Mai 1933 ab. „Die
am Propagandamarsch teilnehmenden Verbände […]
marschierten […] durch die von dichten Menschenmauern
umsäumten Hauptstraßen Wöhrds, durch die Sulzbacher
Straße, am Maxtorgraben entlang, über den Egidienberg
durch die Theresienstraße zum Adolf-Hitler-Platz [Haupt-
markt], wo bereits eine unübersehbare Menschenmenge
wartete. […] Als der lange Zug auf dem weiten Platz
angelangt war, fl ammte der mächtige Berg von Zeit schrif-
ten und Büchern auf.“
Hier wird über die
Bücherverbrennung
als „Abendkund-
gebung“ mit einer
Aufnahme berichtet
(Nürnberger Zeitung,
11.5.1933, S. 6)
Als „mächtige Kund-
gebung“ erfährt die
Bücherverbrennung
in diesem Artikel
eine fotografi sche
Dokumentation in
mehreren Abbildun-
gen (8-Uhr-Blatt,
11.5.1933, S. 4)
DRITTE PHASE:
DIE BÜCHERVERBRENNUNG
DIE REDNER AUF DEM
ADOLF-HITLER-PLATZ
In Nürnberg eröffnete Hagemeyer „den Reigen einiger
kurzer Ansprachen“. Erst an dritter Stelle, nach dem
Vertreter der Nationalsozialistischen Betriebszellen-
organisation (NSBO), Friedrich Gebert, sprach Hans
Adolf Wirsing als studentischer Vertreter und übergab
„die Werke eines Karl Marx und seiner Anhänger dem
Scheiter haufen“. Der Führer der Hitlerjugend (HJ), Rudolf
Gugel, warf „die Schriften eines Löwenstein und Remarque“
ins Feuer, „der die Jugend seelisch vergiften wolle“.
Aktionsausschussmitglied Karl Holz beschloss den Redenteil
mit den Worten: „Nie wäre das
deutsche Volk so tief gesunken,
wenn nicht jüdischer Geist auf dem
Wege über das Buch und das
Schrifttum den deutschen Geist
hätte zersetzen können.“
1 Dr. Hans Hagemeyer, Leiter des Aktionsausschusses für den literarischen
Teil und Hauptredner bei der Bücherverbrennung (Fränkische Tageszeitung,
3.8.1933, S. 3) 2 Rudolf Gugel, HJ-Führer und vorletzter Redner am Scheiter-
haufen (8-Uhr-Blatt, 11.5.1933, S. 4) 3 Karl Holz, Leiter des Aktionsaus-
schusses für den propagandistischen Teil, letzter und lokal prominentester
Redner in Nürnberg (Stadtarchiv Nürnberg C 21/VII Nr. 187)
1
2
3
VERSCHOBENES VERSCHOBENES
KRÄFTEVERHÄLTNIS
ERSTE PHASE: ERSTE PHASE:
DER SCHRITT IN DIE
ÖFFENTLICHKEIT DIE BÜCHERVERBRENNUNG:
» Für den deutschen – wider
den undeutschen Geist «
_STB_Wand_deutsch-e16.indd 1 18.04.14 15:38
Um 1936 existierten separate Bücherlisten zu Nationalsozialismus, Grenz- und Auslands-deutschtum, Rassen- mit Vererbungslehre oder über Unsere Wehrmacht. Weitere Verzeichnisse sollten folgen. Seit 1938 verlegte sich Hans Hu-gelmann offensichtlich bewusst auf die Pflege der Fachbuchsammlung, die von jeher im Vergleich zur Schönen Literatur niedrigere Nutzungszahlen aufwies und die nicht im Zentrum nationalsozialis-tischer Propaganda stand.
Bibliotheken als „Kampfbüchereien“
Auch für die wissenschaftliche Stadtbibliothek ist der Versuch belegt, sie den Interessen des Re-gimes dienstbar zu machen. So heißt es 1934 im Verwaltungsbericht: Die Stadtbibliothek schuf als Gegenstück zu ihrem Weltkriegskatalog ein wissenschaftlich systematisches Sonderverzeich-nis über den Nationalsozialismus und verwandte vorbereitende Bewegungen.9 1938 ist dieses Ver-zeichnis neu gestaltet worden.10 Als Ergänzung zur 1915 angelegten Weltkriegssammlung wurden die von der Stadtbibliothek Nürnberg angeschaff-ten Werke über den Ersten Weltkrieg seit 1928 in einem eigenen Bandkatalog systematisch er-schlossen. Dieses Verzeichnis diente nun als Vor-bild für eine Dokumentation der von der Stadtbi-bliothek gesammelten NS-Literatur. Im Gegensatz
DiE AUtoriNDr. Christine Sauer ist Leiterin der Histo-risch-Wissenschaft-lichen Stadtbiblio-thek, einer Abteilung der Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg.
Stellwand mit Hintergrundin-
formationen zur Bücherverbrennung in Nürnberg, gezeigt
in der Ausstellung der Stadtbibliothek
im Bildungscam-pus Nürnberg 2013
(www.weinberg-brothers.de)
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Bibliotheksforum Bayern 08 (2014)
Forum Bibliotheksgeschichte
BildungscampusStadtbibliothek
➜Ausstellungs-kabinett
» Für den deutschen – wider den undeutschen Geist «Von verbotener und regimekonformer Literatur im ‚Dritten Reich‘
Von verbotener und regimekonformer
Literatur im ‚Dritten Reich‘
VERSCHOBENES
KRÄFTEVERHÄLTNIS
IN NÜRNBERG
In Nürnberg war das Kräfteverhältnis der beteiligten
Partner derart verschoben, dass der studentischen Aktion
das vordergründig Studentische abhandenkam. Die reichs-
weite Bezeichnung Aktion wider den undeutschen Geist
wurde größtenteils durch die propagandistisch wirksamere
Parole „Gegen Schmutz und Schund“ ersetzt. Schon diese
eigenmächtige Abwandlung bringt zum Ausdruck, was
in Nürnberg anders lief. Mit der Leitung des örtlichen
Aktionsausschusses wider den undeutschen Geist wurden
zwei hochrangige Parteifunktionäre beauftragt: Dr. Hans
Hagemeyer, Landesleiter des Kampfbundes für deutsche
Kultur (KfdK) in Nordbayern-Franken, für den literarischen
Teil und Karl Holz, seit 1932 Mitglied des Landtags,
für den propagandistischen Teil. Beide saßen auch im
Nürnberger Stadtrat.
Aufruf zur Abgabe
von Büchern im
Zuge der Vorberei-
tungen zur Bücher
verbrennung (Nürn-
berger Zeitung,
8.5.1933, S. 4)
ERSTE PHASE:
DER SCHRITT IN DIE
ÖFFENTLICHKEIT
Die Einzelstudentenschaften, so vermutlich auch die
Nürnberger, erfuhren aus dem auf den 8. April 1933
datierten Rundschreiben No 2 des Hauptamtes für Presse
und Propaganda der Deutschen Studentenschaft in Berlin
wohl erstmals von den geplanten Bücherverbrennungen.
Dieses Schreiben enthielt aber bereits Vorgaben für die
Besetzung der geplanten ‚Kampfausschüsse‘. In Nürnberg
wurden berufen: zwei Studenten, ein Professor, ein Studi-
enrat und der bereits benannte Hans Hagemeyer – nicht
(irgend-)ein KfdK-Mitglied wie gefordert. Veröffentlichun-
gen von Artikeln und Aufsätzen, der zwölf Thesen via
Plakatanschlag sowie Vorträge und Rundfunksendungen
waren Inhalt der ersten Phase, die sich über den gesamten
Zeitraum erstreckte.
Bekanntmachung
zum Ablauf der
Bücherverbrennung
und Beispiele für
Bücher, die im
Scheiter haufen
verbrannt werden
sollen (8-Uhr-Blatt,
8.5.1933, S. 6)
„AUS DEN STÄDTISCHEN
BÜCHEREIEN ENTFERNT“
Am 5. April 1933 befahl Oberbürgermeister Willy Liebel
die ‚Entfernung‘ ausgewählter Bücher aus den städtischen
Büchersammlungen. Nur knapp vier Wochen nach der
lokalen Machtergreifung wollte er damit seine zielstrebige
Umsetzung nationalsozialistischer Ziele beweisen. Der
‚Säuberung’ lag zunächst eine Liste von Autoren zugrunde,
die die Ortsgruppe des Kampfbundes für deutsche Kultur
unter der Leitung Hans Hagemeyers zusammengestellt
hatte. Seit Anfang Mai 1933 benutzten die Bibliothekare
die von ihrem Kollegen Wolfgang Herrmann (1904-1945)
in Berlin angefertigten Schwarzen Listen, die auch den
Organisatoren der Aktion wider den undeutschen Geist
vorlagen. Danach waren die erstmals 1936 von der Reichs-
schrifttumskammer promulgierten Listen des schädlichen
und unerwünschten Schrifttums verpfl ichtend.
Notiz über die ‚Reinigung‘
der städtischen Bücher-
sammlungen (Fränkischer
Kurier, 5.4.1933, S. 9)
„Die Verbrennungs-
kommission“ am
10. Mai 1933 bei der
Bücherverbrennung
in Nürnberg. (8-Uhr-
Blatt, 11.5.1933, S. 6)
Eine der wenigen
Aufnahmen von der Bücher-
verbrennung in Nürnberg
(Nürnberger Zeitung,
11.5.1933, S. 6)
Bücher in der Stadt-bibliothek Nürnberg, die nach 1933 verboten und mit dem roten Kreis markiert wurden
ZWEITE PHASE:
DIE SAMMELAKTION
Parallel zu dieser ersten Phase sollte ab dem 26. April
eine reichsweite Sammelaktion starten – eine umfassende
Aufstellung der auszusortierenden Literatur lag jedoch
noch nicht vor. Mit dem Rundschreiben No 3 vom 27. April
gelangte die erste Schwarze Liste an die Einzelstudenten-
schaften. Das eigentliche Ziel der Sammelaktionen waren
– anders als bei einer studentischen Initiative zu vermuten –
nicht die Universitätsbibliotheken, sondern private
Leihbüchereien und Buchhandlungen. Stadtbibliothek
und Volksbücherei wurden nicht von den Studenten
‚gereinigt‘, stellten den Studenten aber Bücher zur
Verfügung. Im Rundschreiben No 4
vom 9. Mai an die Einzelstudenten-
schaften wurden „als Grundlage
für die symbolische Handlung im
Verbrennungsakt“ die neun ‚Feuer-
sprüche’ übermittelt.
Propagandafoto zur
Aktion wider den
undeutschen Geist:
Zwei Studenten
sichten Bücher und
Archivmaterial aus
dem geplünderten
Institut für Sexual-
forschung von
Magnus Hirschfeld
(8-Uhr-Blatt,
9.5.1933, S. 2)
Die neun Feuersprüche
(Fränkischer Kurier,
12.5.1933, S. 5)
Das Hauptamt für Presse und Propaganda der Deutschen
Studentenschaft (DSt) steuerte von Berlin aus eine
vierwöchige Vorbereitungskampagne mit dem Titel
Aktion wider den undeutschen Geist. Deren Ziel war die
Ausmerzung von als ‚undeutsch‘ defi nierten jüdischen,
marxistischen, sozialistischen oder pazifi stischen Schriften.
Diese Aktion startete am 13. April mit einem reichsweiten
Plakataushang und erreichte mit den studentischen
Bücherverbrennungen an 30 Hochschulorten in der
Zeit vom 8. Mai bis zum 23. Juni 1933 – an 19 davon
gleichzeitig am 10. Mai 1933 –
ihren Höhepunkt. Die Deutsche
Studentenschaft war Initiator und
Organisator, nicht aber alleiniger
Träger der Aktion; breite
Unterstützung erfuhr sie durch
öffentliche Verwaltungen sowie
NS-Organisationen.
„Ein Wagen mit zum
Flammentod verdammten
Schriften“ am 10. Mai
1933 (8-Uhr-Blatt,
11.5.1933, S. 6)
DIE BÜCHERVERBRENNUNG:
HÖHEPUNKT EINER
REICHSWEITEN INITIATIVE
DER DEUTSCHEN
STUDENTENSCHAFT
Am Tag des Ereignisses erfolgte ein letzter Aufruf in
der Presse. Gemeinsam mit 18 weiteren Hochschulstädten
lief Phase drei, der eigentliche Verbrennungsakt,
als Höhepunkt der Aktion wider den undeutschen Geist,
in Nürnberg ganz nach Plan am 10. Mai 1933 ab. „Die
am Propagandamarsch teilnehmenden Verbände […]
marschierten […] durch die von dichten Menschenmauern
umsäumten Hauptstraßen Wöhrds, durch die Sulzbacher
Straße, am Maxtorgraben entlang, über den Egidienberg
durch die Theresienstraße zum Adolf-Hitler-Platz [Haupt-
markt], wo bereits eine unübersehbare Menschenmenge
wartete. […] Als der lange Zug auf dem weiten Platz
angelangt war, fl ammte der mächtige Berg von Zeit schrif-
ten und Büchern auf.“
Hier wird über die
Bücherverbrennung
als „Abendkund-
gebung“ mit einer
Aufnahme berichtet
(Nürnberger Zeitung,
11.5.1933, S. 6)
Als „mächtige Kund-
gebung“ erfährt die
Bücherverbrennung
in diesem Artikel
eine fotografi sche
Dokumentation in
mehreren Abbildun-
gen (8-Uhr-Blatt,
11.5.1933, S. 4)
DRITTE PHASE:
DIE BÜCHERVERBRENNUNG
DIE REDNER AUF DEM
ADOLF-HITLER-PLATZ
In Nürnberg eröffnete Hagemeyer „den Reigen einiger
kurzer Ansprachen“. Erst an dritter Stelle, nach dem
Vertreter der Nationalsozialistischen Betriebszellen-
organisation (NSBO), Friedrich Gebert, sprach Hans
Adolf Wirsing als studentischer Vertreter und übergab
„die Werke eines Karl Marx und seiner Anhänger dem
Scheiter haufen“. Der Führer der Hitlerjugend (HJ), Rudolf
Gugel, warf „die Schriften eines Löwenstein und Remarque“
ins Feuer, „der die Jugend seelisch vergiften wolle“.
Aktionsausschussmitglied Karl Holz beschloss den Redenteil
mit den Worten: „Nie wäre das
deutsche Volk so tief gesunken,
wenn nicht jüdischer Geist auf dem
Wege über das Buch und das
Schrifttum den deutschen Geist
hätte zersetzen können.“
1 Dr. Hans Hagemeyer, Leiter des Aktionsausschusses für den literarischen
Teil und Hauptredner bei der Bücherverbrennung (Fränkische Tageszeitung,
3.8.1933, S. 3) 2 Rudolf Gugel, HJ-Führer und vorletzter Redner am Scheiter-
haufen (8-Uhr-Blatt, 11.5.1933, S. 4) 3 Karl Holz, Leiter des Aktionsaus-
schusses für den propagandistischen Teil, letzter und lokal prominentester
Redner in Nürnberg (Stadtarchiv Nürnberg C 21/VII Nr. 187)
1
2
3
VERSCHOBENES VERSCHOBENES
KRÄFTEVERHÄLTNIS
ERSTE PHASE: ERSTE PHASE:
DER SCHRITT IN DIE
ÖFFENTLICHKEIT DIE BÜCHERVERBRENNUNG:
» Für den deutschen – wider
den undeutschen Geist «
_STB_Wand_deutsch-e16.indd 1 18.04.14 15:38
zum Katalog Erster Weltkrieg ist der Nachfolger aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs nicht erhalten geblieben.11
Den Bedürfnissen der Zeit folgend, bemühte sich Friedrich Bock darüber hinaus um die Bereit-haltung von Unterhaltungsliteratur, deren Anschaf-fung an sich nicht zu den Aufgaben einer wissen-schaftlichen Bibliothek zählt. Für über 6.000, seit etwa 1940 mit dem Herkunftsvermerk NSDAP Bücherspende eingearbeitete Geschenke nutz-te er wohl seine Tätigkeit als Gutachter der aus der Bevölkerung für die Wehrmachtsbüchereien überlassenen Spenden: Von den über 43 Millionen Buchgeschenken, zu denen Alfred Rosenberg 1939 aufgerufen hatte, ging nur knapp die Hälfte an die Front; an dem als ungeeignet ausgeschie-denen Rest durfte sich die Stadtbibliothek offen-sichtlich bedienen. ob dabei auch extensiv Raub-gut übernommen wurde, muss an anderer Stelle untersucht werden.
rolle der Bibliothekare
In Nürnberg, der Stadt der Reichsparteitage, zähl-te die „Säuberung“ von Bibliotheken und Museen zu den ersten Amtshandlungen des nationalsozi-alistischen Bürgermeisters Willy Liebel. Für die in einem solchen Umfeld tätigen Bibliothekare waren die Mitarbeit oder die Suche nach Nischen, die z. B. in der Pflege einer Fachbuchsammlung ge-funden werden konnten, zwei Möglichkeiten, um beruflich weiter wirken zu können.
FUSSNotEN1 Zum Folgenden mit allen Belegen s. christine Sauer (Hrsg.): „Für den
deutschen – wider den undeutschen Geist“. Von verbotener und
regimekonformer Literatur im ‚Dritten Rreich‘. Eine Dokumentation von
Veranstaltungen zum 80. Jahrestag der Bücherverbrennung in Nürnberg
(BcN-Materialien – Ausstellungskatalog der Stadtbibliothek 106), Nürn-
berg 2013.
2 Melanie Wager: „Heute Abend lodern die Flammen auf dem Adolf-Hitler-
Platz!“. Zur nationalsozialistischen Bücherverbrennung in Nürnberg, in:
Sauer (wie Anm. 1), S. 16-37.
3 8-Uhr-Blatt, 8.5.1933, S. 6 und 11.5.1933, S. 4; Nürnberger Zeitung,
11.5.1933, S. 6.
4 Fränkischer Kurier, 5.4.1933, S. 9.
5 8-Uhr-Blatt, 8.5.1933, S. 6.
6 Bericht über die Arbeit der Stadtverwaltung Nürnberg … März 1933-März
1934, Nürnberg 1934, S. 68.
7 Gustav Wieszner: Friedrich Bock, in: Norica. Beiträge zur Nürnberger
Geschichte. Bibliotheksdirektor a. D. Dr. Friedrich Bock zu seinem 75.
Geburtstag die Stadt Nürnberg (Veröffentlichungen der Stadtbibliothek
Nürnberg 4), Nürnberg 1961, S. 7-8.
8 Bericht (wie Anm. 6), S. 69.
9 Bericht (wie Anm. 6), S. 69.
10 Rechenschaftsbericht der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg 1937/38,
Nürnberg 1938, XII, S. 21f.
11 christine Sauer: Die verlorene Weltkriegssammlung der Stadtbibliothek
Nürnberg, in: Kriegssammlungen 1914-1918, hrsg. von Julia Freifrau
Hiller von Gaertringen (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie,
Sonderbände 114), Frankfurt am Main 2014, S. 335-348.
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