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Untersuchungen zur Massivumformung gegossener
Eisen-Aluminium-Legierungen
Bernd-Arno Behrens, Ingo Lüken, Adis Huskic*
Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen, Leibniz Universität Hannover
*Korrespondenzautor:
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Adis Huskic Abteilung Massivumformung
Tel: 0511-762 2428, Fax: 0511-762 3007 [email protected]
Die Nachfrage nach hochfesten, gewichtsarmen Sicherheitsbauteilen aus ökologisch
unbedenklichen Konstruktionswerkstoffen nimmt immer mehr zu. Schmiedeteile aus
Aluminiumlegierungen weisen im Gegensatz zu Kunststoffteilen eine sehr gute
Recyclingfähigkeit auf. Der Einsatz von Legierungen aus Stahl und Aluminium bietet
gegenüber konventionellen Stahllegierungen das Potential, eine bis zu 40 prozentige
Gewichtsersparnis bei gleich bleibenden Festigkeitseigenschaften wie Schmiede-
stähle zu erzielen.
Schlüsselwörter: Massivumformung, Eisen-Aluminium-Legierungen, mechanische
Eigenschaften
Einleitung
Durch die gestiegene Motivation natürliche Ressourcen zu bewahren, wächst das
Bestreben neue Leichtbaukonstruktionen zu entwickeln und umzusetzen. Ins-
besondere die Reduzierung der bewegten Massen im Hinblick auf Energie-
einsparung und Emissionsminderung steht dabei im Vordergrund [1]. Steigende
Anforderungen an die Bauteile sind die Folge. Zur Erfüllung der erhöhten Ansprüche
werden ständig verbesserte hochlegierte Stähle sowie alternative Leichtbau-
werkstoffe entwickelt und eingesetzt. Für sicherheitsrelevante Bauteile müssen dabei
Poren- und Lunkerfreiheit gewährleistet sein. Zur Herstellung solcher Bauteile sind
zurzeit ausschließlich Verfahren der Massivumformung geeignet. Insbesondere das
Schmieden hat sich bei metallischen Werkstoffen zur Produktion hochfester und
fehlerfreier Bauteile bewährt [2].
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Eisen-Aluminium-Legierungen (Fe-Al-Legierungen) wurden bereits 1934 von Skyes
und Bamphylde nach ihrem Verformungsverhalten in die zwei Gruppen „duktil“ und
„spröde“ eingeteilt [3]. Die duktilen Legierungen weisen einen Al-Gehalt von ca. 0 bis
5 Gew.-% auf, sind kalt umformbar und weisen vergleichbare mechanische
Eigenschaften wie reines Eisen auf. Warm umformbar sind die spröden Legierungen,
die mit einem Al-Gehalt von ca. 5 bis 16 Gew.-% klassifiziert werden.
Aktuell werden Fe-Al-Legierungen hauptsächlich als Tiefziehwerkstoffe eingesetzt
[1]. Aufgrund der Dichteverhältnisse bei dieser Art von Legierungen im Vergleich zu
Stahl ergibt sich ein großes Potential in Bezug auf Gewichtseinsparungen, z. B. bei
Karosserien im Fahrzeugbau und als innovativer Leichtbauwerkstoff [4, 5]. Die
Materialkosten für Fe-Al-Legierungen sind geringer als für hochlegierte Stähle, so
dass in der Großserienfertigung eine Kostenersparnis zu erwarten ist [6]. Aus
ökonomischer und ökologischer Sicht ist die sehr gute Recyclingfähigkeit von
Aluminium und Eisen vorteilhaft [7]. Durch die höhere spezifische Festigkeit der
Fe-Al-Legierungen gegenüber üblichen Tiefziehstählen können Bauteile mit
verminderten Querschnittsabmessungen bei gleicher Gestaltfestigkeit hergestellt
werden. Infolgedessen wäre eine Gewichtsreduzierung einer Fahrzeugkarosserie
von 25 bis 28% denkbar [8].
Weiterhin eignen sich diese Legierungen aufgrund ihrer hohen spezifischen
Festigkeit, der guten Korrosionsbeständigkeit und ihres hohen Schmelzpunktes
sowohl als Hochtemperaturwerkstoffe als auch für die Anwendung in der Luft- und
Raumfahrtindustrie [9]. Ein Einsatz als Werkstoff von thermisch, mechanisch oder
chemisch stark beanspruchten Komponenten wie in Gas- bzw. Dampfkraftwerken ist
wirtschaftlich realisierbar [10]. Für die petrochemische Industrie sind Fe-Al-
Legierungen aufgrund ihrer guten Korrosionsbeständigkeit in sulfidreichen Um-
gebungen interessant [11].
In der Gitterstruktur der Fe-Al-Legierungen stellen sich temperatur- und legierungs-
bedingt unterschiedliche Ordnungszustände ein. Abhängig vom Al-Gehalt bilden sich
drei verschiedene Kristallstrukturen, deren Ordnungsphasen kubisch raumzentrierte
(krz) Gitter aufweisen [9]. In Abbildung 1 ist vom Phasendiagramm nach [12] die
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Seite des Systems Fe-Al mit bis zu 50 At.-%-Aluminium dargestellt. Die A2-Struktur
weist ein ungeordnetes Kristallgitter auf, während die B2-Struktur und die D03-
Struktur geordnete Gitter bilden.
Abbildung 1: Ausschnitt aus dem Fe-Al-Phasendiagramm nach [12]
Im Bereich des Systems Fe-Al mit dem größten Fe-Anteil befindet sich ein aus-
gedehntes α-Mischkristall-Gebiet. Hier liegt eine statistische Verteilung der Atome
auf den Positionen des krz-Gitters (A2-Struktur) vor [13]. Bei dem trikritschen Punkt
findet ein so genannter Phasenübergang 2. Ordnung statt. Dabei richten sich die
nächsten Nachbaratome im Kristallgitter neu aus, so dass aus der ungeordneten
A2-Struktur die geordnete B2-Struktur wird. Die intermetallische Phase Fe3Al liegt in
der D03-Struktur vor. Diese Phase besitzt eine kubisch komplexe Einheitszelle mit
12 Fe- und 4 Al-Atomen und weist eine geringere Duktilität als die beiden anderen
Phasen auf [8]. Sie erstreckt sich von 22,5 At.-% bis 36 At.-% Al und tritt bis maximal
552 °C auf.
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Mechanische Eigenschaften von Fe-Al-Legierungen
Der größte Vorteil von Fe-Al-Legierungen gegenüber technischen Stahllegierungen
ist die gute spezifische Festigkeit. Die Dichte ρ sowie die relative Dichtereduzierung
von Fe-Al-Legierungen in Abhängigkeit von der Konzentration an Aluminium ist der
Abbildung 2 zu entnehmen, dabei ist ρ0 die Dichte von reinem Eisen.
rela
tive D
ichte
redu
zie
rung
(-
/[%
]
00
Dic
hte
[g/c
m]
3
0 1 2 3 4 5 6 7 8 96,9
7,0
7,1
7,2
7,3
7,4
7,5
7,6
7,7
7,8
7,9 0
2
4
6
8
10
12
Aluminiumkonzentration C [Masse-%]Al
Abbildung 2: Dichte und relative Dichtereduzierung ferritischer Fe-Al-Mischkristalle
in Abhängigkeit des Al-Gehalts [1]
Für die Erhöhung der Festigkeitseigenschaften und der Korrosionsbeständigkeit ist
ein hoher Al-Gehalt in Fe-Al-Legierungen einzustellen [14]. Anhand von Abbildung 3
wird verdeutlicht, dass mit zunehmendem Al-Anteil der absolute E-Modul in
polykristallinem Fe-Al abnimmt, während der dichtebezogene Modul E/ρ in
polykristallinem Fe-Al im Vergleich zu konventionellen Tiefziehstählen zunimmt [1].
Durch die abnehmende Verformbarkeit von Fe-Al-Legierungen bei steigendem
Al-Gehalt ergibt sich eine Einschränkung in der umformtechnischen Anwendbarkeit
dieser Legierungen. Durch die dadurch auftretende zunehmende Sprödigkeit wird für
Tiefziehbleche ein maximaler Al-Gehalt von 6,5 At.-% verwendet [8].
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0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
220
Tiefziehstahl Fe-5Al Fe-7Al Al
E-M
od
ul [G
Pa]
0
5
10
15
20
25
30
35
sp
ezif
isch
er
E-M
od
ul E
/ρ [
GP
a c
m³/
g]
E-Modul spezifischer E-Modul
Abbildung 3: E-Modul und spezifischer E-Modul von Fe-Al-Legierungen im
Vergleich mit Tiefziehstahl und Aluminium nach [15]
Die Festigkeitswerte verlaufen mit steigendem Al-Gehalt linear [13]. Die Dehngrenze
Rp0,2 bei Erhöhung des Al-Gehalts ist in Abbildung 4 dargestellt. Des Weiteren ist die
Dehngrenze bei Fe-Al-Legierungen abhängig von der Verformungsgeschwindigkeit.
Bei höherer Umformgeschwindigkeit liegt die Dehngrenze über der bei geringerer
Umformgeschwindigkeit. Dies lässt bei der Erforschung der mechanischen
Eigenschaften von Fe-Al-Legierungen in der Massivumformung Potential erkennen.
= 10 s-4 -1
= 10 s-2 -1
R (10 s )= 37,0 MPa + 23,0*At.-% Alp0,2
-4 -1
Al-Konzentration [At.-%]
R [M
Pa
]p0,2
R (10 s )= 90,5 MPa + 21,0*At.-% Alp0,2
-2 -1
Abbildung 4: Rp0,2 Dehngrenze von Fe-Al-Legierungen bei Raumtemperatur [13]
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In Abbildung 5 sind die Verläufe der Gleichmaßdehnung und der Bruchdehnung für
Raumtemperatur dargestellt. Diese werden im Bereich von 4 bis 15 At.-% Al mit
steigendem Al-Anteil geringer. Bei bis zu 17 At.-% Al werden Werte bis 20% Bruch-
dehnung festgestellt. Ab 17 At.-% Al tritt eine signifikante Verringerung der Bruch-
dehnung auf. Die Bruchdehnung der Legierung mit einem Al-Gehalt von 18 At.-%
liegt bei 10%.
Abbildung 5: Kennwerte von Fe-Al-Legierungen in Abhängigkeit des Al-Anteiles [13]
Die Legierungen von 14 bis 18 At.-% erreichen nur noch geringe Dehnungen und
brechen ohne einzuschnüren. Bruch- und Gleichmaßdehnungen fallen bei den Al-
Gehalten zusammen [13]. Der Verlauf der Bruchdehnungswerte laut Abbildung 5
weist mit steigender Aluminiumkonzentration auf eine grundsätzliche Veränderung
des Verformungsverhaltens der Werkstoffe ab ca. 14 At.-% Aluminiumgehalt hin. Das
gleiche Verhalten zeigen die Spröde-Duktil-Übergangstemperaturen (Brittle to Ductile
Transition Temperature) (BDTT), die in Abbildung 6 dargestellt sind. Es wird
ersichtlich, dass die Verformungsfähigkeit sinkt. Die Ordnungseinstellung in der
Gitterstruktur hat dabei jedoch nach [16] keinen messbaren Einfluss auf das
mechanische Verhalten von Fe-Al-Legierungen. Zudem wirkt sich der Ordnungs-
zustand auch nicht auf die Lage der BDTT aus.
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0-100 -60 -20 0 20 60 100 140 180 220
20
40
60
80
100
120
Temperatur [°C]
Ke
rbschla
gzä
hig
ke
it [J/c
m²]
Abbildung 6: Kerbschlagzähigkeit-Temperatur-Kurven [16]
Die entstehenden Versetzungsstrukturen von langsam und schnell abgekühlten
Fe-Al-Legierungen spiegeln das unterschiedliche Verhalten wieder. Beim Ab-
schrecken entstehen Leerstellen, welche die Versetzungsbewegungen blockieren,
was eine größere Sprödigkeit und eine Festigkeitssteigerung zur Folge hat [17].
Durch die Rekristallisation, die durch langsames Abkühlen ermöglicht wird, kann bei
ofenabgekühlten Fe-Al-Legierungen generell eine geringere Sprödbruchneigung als
bei abgeschreckten Legierungen nachgewiesen werden (Abbildung 7) [13].
In Abbildung 8 sind die Spröde-Duktil-Übergangstemperaturen im Kerbschlagbiege-
versuch für steigende Al-Konzentrationen von langsam abgekühlten und
abgeschreckten Legierungen im Gusszustand gegenübergestellt. Es wird ersichtlich,
dass mit zunehmendem Al-Gehalt der Bereich der BDTT bei langsam abgekühlten
sowie bei abgeschreckten Legierungen von -50°C bei 4 At.-% Al bis 140°C bei
18 At.-% Al zunimmt. Der Verlauf ist bis etwa 8 At.-% Al in etwa stetig linear für beide
Abkühlungsarten. Ab etwa 13 At.-% Al verläuft der Anstieg deutlich steiler [13], was
wiederum eine auffallende Änderung des Werkstoffverhaltens vermuten lässt.
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Sprö
de-D
uktil-
Überg
angste
mpera
tur
[°C
]
Abschrecktemperatur [°C]
BDTTmin
Abbildung 7: Spröde-Duktil-Übergangstemperatur im Kerbschlagbiegeversuch von
Fe-16At.-% Al (40 ppm C) [13]
-100
-80
-60
-40
-20
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
Al-Konzentration [At.-%]
Sprö
de-D
uktil-Ü
berg
angste
mpera
tur
[°C
]
Abbildung 8: Spröde-Duktil-Übergangstemperaturen im Kerbschlagbiege-
versuch [13]
Für industrielle Anwendungen sind derzeit Legierungen mit einem Al-Gehalt bis zu
6,5 At.-% als Blechwerkstoffe im Einsatz, da die eingeschränkte Verformbarkeit von
Fe-Al-Legierungen bei höherem Al-Gehalt stark reduziert wird. Interessant für weiter-
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führende Untersuchungen ist ein deutlich höherer Al-Gehalt in den Legierungen zur
Steigerung der gewünschten mechanischen Eigenschaften. Weiterhin von Interesse
ist der hohe spezifische E-Modul für gute Festigkeitseigenschaften, die geringe
Dichte zur Gewichtseinsparung sowie die verbesserte Korrosionsbeständigkeit im
Bereich der Massivumformung.
Aufgrund der genannten Vorteile von Fe-Al als Leichtbauwerkstoff sowie der auf-
tretenden Änderung des Verformungsverhaltens im System Fe-Al ab einem Al-Anteil
von 13 At.-% besteht ein großes Interesse, die Legierung Fe-Al als neuartigen
Schmiedewerkstoff zu qualifizieren. Primär besteht die Motivation darin, das
Verformungsverhalten dieser Legierungen zu untersuchen. In diesem Rahmen ist es
wichtig zu erforschen, inwieweit der günstige Faserverlauf im Gefüge die
mechanischen Eigenschaften von Fe-Al-Legierungen verbessert.
Erhöhung mechanischer Eigenschaften durch die Warmmassivumformung
Am Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM) wurden Fe-Al-
Legierungen mit einem Anteil von 8 At.-% Al untersucht, um erste Erkenntnisse über
einen Einfluss von Umformvorgängen auf das Gefüge und die mechanischen
Eigenschaften zu erzielen. In Abbildung 9 ist das Gussgefüge dieser Legierung
dargestellt. Im Vergleich zu technisch relevanten Stahllegierungen ist das Gefüge
sehr grobkörnig. Einzelne Körner sind in der Bruchfläche makroskopisch sichtbar.
Abbildung 9: Gussgefüge einer Fe-Al-Legierung mit 8 At.-% Al
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Die genannte Fe-Al-Legierung wurde geschmiedet und untersucht. Dafür wurden
zylindrische Proben bei 1100°C unter einem Hammer mit mehreren Schlägen
umgeformt. In Abbildung 10 sind die Zugfestigkeit Rm und die 0,2 %-Dehngrenze
Rp0,2 einer Fe-Al-Legierung mit 8 At.-% Al vor und nach dem Schmieden dargestellt,
welche durch Zugversuche ermittelt wurden. Sowohl die Zugfestigkeit als auch die
Dehngrenze weisen nach dem Umformvorgang über 25% höhere Werte auf.
398
497
442
564
0
100
200
300
400
500
600
Gusszustand Schmiedezustand
Rp0,2
Rm
Abbildung 10: Zugfestigkeit Rm und 0,2 %-Dehngrenze Rp0,2
Zusätzlich wurden Fließkurven von Fe-Al-Legierungen im Vergleich zum
Schmiedestahl C45 aufgenommen. Eine Gegenüberstellung erfolgt in Abbildung 11.
Bei einer höheren Umformgeschwindigkeit ist das Fließverhalten von C45 und der
Fe-Al-Legierung mit 8 At.-% Al höher als bei geringerer Umformgeschwindigkeit.
Grundsätzlich ist am Fließverhalten der Fe-Al-Legierung mit 8 At.-% Al erkennbar,
dass die Fließspannungen bei gleicher Temperatur niedriger sind als für den
Schmiedestahl. Im Vergleich zu Abbildung 3 wird ersichtlich, dass der E-Modul von
Fe-Al-Legierungen gegenüber Eisen um etwa 20% abnimmt und der spezifische
E-Modul gleich bleibt, während die Fließspannungen von Fe-Al-Legierungen gegen-
über Eisen um etwa 40% abnehmen. Bei einer entsprechend auf die jeweilige
Legierung bezogenen Parameterwahl können Fe-Al-Legierungen ein besseres
Umformverhalten als konventionelle Schmiedestähle aufweisen.
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Fließspannung kf [N/mm2]
0
100
200
300
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1
Umformgrad
Werkstoff: C45
T=900°C
Fließspannung kf [N/mm2]
0
100
200
300
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1
Umformgrad
Werkstoff: FeAl
T=900°C
Fließspannung kf [N/mm
2]
0
100
200
300
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1
Umformgrad
Werkstoff: C45
T=1000°C
Fließspannung kf [N/mm2]
0
100
200
300
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1
Umformgrad
Werkstoff: FeAl
T=1000°C
Abbildung 11: Gegenüberstellung der Fließkurven des Stahls C45 und einer
Fe-Al-Legierung mit 8 At.-% Aluminiumanteil
Ausblick
In weiteren Untersuchungen werden die Eisen-Aluminium-Legierungen Fe9Al,
Fe28Al und Fe38Al (alle in At.-%) hinsichtlich ihrer Umformbarkeit untersucht.
Zunächst werden anhand von Fließkurvenaufnahmen Formgebungsgrenzen
identifiziert und anschließend auf das Voll-Vorwärts-Fließpressen übertragen. Beim
Voll-Vorwärts-Fließpressen werden die umformtechnischen Prozessparameter
Umformgeschwindigkeit, -grad und -temperatur kombinatorisch variiert. Darüber
hinaus erfolgen mechanische Untersuchungen des Gusszustandes sowie der
fließgepressten Bauteile, um geeignete Kenngrößen zu identifizieren. Des Weiteren
soll die Gefügeevolution der unterschiedlichen FeAl-Legierungen numerisch
abgebildet werden.
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Danksagung
Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die finanzielle
Unterstützung innerhalb des folgenden Projektes: „Untersuchungen mechanischer
Eigenschaften massivumgeformter Eisen-Aluminium-Legierungen“ (Be 1691/103-1).
Literatur:
[1] Frommeyer, G.; Brüx, U.: „Hochfeste Leichtbaustähle auf der Basis von Eisen-Aluminium“, Kolloquiumsband des Dritten Industriekolloquiums, S. 51-58, 2002
[2] Behrens, B.-A.: „Handbuch Umformtechnik, Grundlagen, Technologien, Maschinen“, Springer Verlag Berlin, 2006
[3] Sykes, C.; Bampflyde, J. W.: „The Physical Properties of Iron-Aluminium Alloys”, The Journal of the Iron And Steel Institute, London, 1934
[4] Frommeyer, G.; Brüx, U.: „Hochleistungswerkstoffe für Fahrzeugbau und Energietechnik”, Ingenieur-Werkstoffe Leichtbau, Konstruktion, Mai 2001
[5] Engl, Bernhard; Kruse, Jochen: „Entwicklung neuer dichtereduzierter Leichtstähle für den Automobil-Leichtbau“, Tagung, Thyssen Krupp Stahl AG, Dortmund, 1999
[6] Denkena, B.; Friemuth, T.; Ben Amor, R.; Boehnke, D.: „Eisen-Aluminium-Werkstoffe in der Zerspanung – Charakteristika beim Außenlängsdrehen einer FeAl-Legierung mit 10m%Al“, Stahl - Formen - Fügen - Fertigen, Heft 2, 2003
[7] Eumann, Markus: „Phasengleichgewichte und mechanisches Verhalten im ternären Legierungssystem Fe-Al-Mo“, Dissertation, Technische Hochschule Aachen, 2002
[8] Brüx, U.; Frommeyer, G.: „Tiefziehfähige Eisen-Aluminium-Leichtbaustähle”, Fachaufsatz Leichtbau-Stahl, Konstruktion, April 2002
[9] Eggersmann, Martin: „Diffusion in intermetallischen Phasen des Systems Fe-Al“, Dissertation, Fachbereich Physik der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, 1998
[10] Sauthoff, Gerhard: „Entwicklung neuartiger Eisen-Chrom- und Eisen-Aluminium-Legierungen für Anwendungen bei hohen Temperaturen“, Tätigkeitsbericht, Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH, Düsseldorf, 2004
[11] Specht, Petra: „Verformung und Bruchverhalten stöchiometrischer FeAl- und NiAl-Einkristalle“, Dissertation, Fakultät für Bergbau, Hüttenwesen und Geowissenschaften der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, 1996
[12] Kubaschewski, Ortrud; Kubaschewski, Oswald: „Iron – binary phase diagrams, Iron-Aluminium, Fe-Al”, Springer Verlag, Berlin, 1982
[13] Herrmann, Jutta: „Untersuchungen zur Struktur und zum mechanischen Verhalten von Fe-reichen Fe-Al-Legierungen“, Fortschrittberichte VDI, Reihe 5, VDI Verlag Düsseldorf, 2000
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[14] Skrotzki, Prof. Dr. W.: „Texturentwicklung in verformten und rekristallisierten Fe-Al Legierungen“, Schlussbericht zum Forschungsbericht, Institut für Strukturphysik der Technischen Universität Dresden, 2003
[15] Schneider, André: „Strukturen und mechanische Eigenschaften von Eisen-Aluminium-Legierungen“, Tätigkeitsbericht, Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH, Düsseldorf, 2003
[16] Drewes, E.-J.: „Höherfester Leichtbauwerkstoff auf der Basis von Eisen-Aluminium-Legierungen“, Abschlussbericht Forschungsvorhaben, Universität Erlangen-Nürnberg, 30.06.1999
[17] Köhler, Bernd: „Untersuchungen zur Wanderung und Charakterisierung thermischer Defekte in geordneten FeAl-Legierungen mit der Positronenannihilation“, Dissertation, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät Georg-August-Universität, Cuvillier Verlag, Göttingen, 1999
Autoren:
Prof. Dr.-Ing. Bernd-Arno Behrens studierte Maschinenbau an der Universität
Hannover und promovierte am Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen
(IFUM) in Hannover. Nach einer leitenden Tätigkeit bei der Salzgitter AG wurde er im
Oktober 2003 als Leiter des IFUM an die Leibniz Universität Hannover berufen.
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Adis Huskic studierte Wirtschaftingenieurwesen mit der
technischen Fachrichtung Maschinenbau an der Universität Kassel. Seit Ende 2010
ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Massivumformung am IFUM.
Dipl.-Ing. Ingo Lüken studierte Maschinenbau an der Leibniz Universität Hannover.
Seit Anfang 2011 ist er Leiter der Abteilung Massivumformung am IFUM.