Landgericht Erfurt Az.: 2 HK 0 81/17
In dem Rechtsstreit
Abschrift
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
Eingegangen l
1 0. Aug. 2017 ROMBACH Rechtsanwä~te • Insolvenzverwalter
Rechtsanwalt Rolf Rombach, Magdeburger Straße 159, 99086 Erfurt als Insolvenzverwalter über das Vermögen d. Regionale Verkehrsgemeinschaft Gotha GmbH -Kläger-
Prozessbeyollmächtigte: Rechtsanwälte Rombach Rechtsanwälte lnsolvenzverwalter, Magdeburger Allee 159, 99086 Erfurt, Gz.: 67/17 OE06 I OE
gegen
Wolfgang Steinbrück Omnibusbetrieb und Reisebüro e. K., Kindleber Straße 190, 99867 Gotha - Beklagter -
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Prof. Martin Kupfrian, Espachstraße 3, 99094 Erfurt, Gz.: 204/17
wegen Herausgabe
hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Erfurt durch
Vorsitzenden Richter am Landgericht Scherf
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2017
für Recht erkannt:
2 HK 0 81/17 -Seite 2 -
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger alle im Eigentum der Regionale Verkehrsge
meinschaft Gotha GmbH stehenden Komponenten des rechnergestützten Betriebsleitsy
stems im Landkreis Gotha (nachfolgend RBL), darunter
V Fzgnr. u
S I 100
SI 104
SI 109
SI 110
SI 112
SI 113
S I 114
SI 115
SI 116
SI 117
SI 121
SI 122
S I 123
SI 124
lit :t!'h
SI 129
SI 130
SI 131
SI 132
fit' ;t.~ SI 134
SI 135
SI 141
SI 142
SI 143
SI 144
SI 91
S I 92
SI 93
Bordrechner/Kasse EFAD 19 Zoii-Rack zur Aufnahme von Komponenten (evendpc mit Zahltisch, Anbauwinkel, Grundplatte, Kabelbaum und Adaptern), Haltstellen- lnnenanzeigen, Funkgerät, Niederfrequenz-Interface MRI, GPS-Empfänger inkl. Antennen und Verkabelung, Entwerter mit Halter und Schutzpolster, Außenanzeigen (Zielanzeigen), Schwanenhals-Mikrofon Sprech- und Durchsagetaster, Audioumschaltmodul, Ampelsteuerung 01 Karten mit IMSI-Freischaltung durch init im System
und zwar aus folgenden Fahrzeugen mit amtlichen Kennzeichen wie folgt:
RBL- Kennzeichen Baujahr Z Hersteller Typ Bauart Schadstoff· TOren fAnniger Anzeigl!r Entwertet Entwerter Polster Kassemit Cash NZ F -Nr. u b klass e (Anzahl ~ußen Innen (Anzah~ -Halter Grundplatte s Antenne
g g ) (Anzahl) (AnzahQ NI.: m. Kab.
•• n n g g ( ( M 0 0
nl n J I • J hr a ) h
r
203 GTH-OM103 2007 Mercedes-Benz Citaro 0 530 SLN Euro 4 2 3 1 2 2 2 20112 1 1
204 GTH-OM 104 2007 Mercedes-Benz Citaro 0 530 SLN Euro 4 2 3 1 2 2 2 20867 1 1
2091GTH-OM 109 2008 Mtrcedes-Benz Citaro 0 530 SLN Euro -4 2 3 1 2 2 2 20173 1 ' a 1
210 GTH-OM 110 2008 Meteedes-Benz Cltaro 0530 SLN Euro • 2 3 1 2 2 2 20198 1 1
212 GTH-OM 112 2005 Neo~an N4521/EEV/3T GLN Euto 4 3 4 2 3 3 3 20188 1 1
213 GTJ-i.OM 113 2005 Neo~lan N4521/EEV/3T GLN Euro4 3 4 2 3 3 3 20204 1 1
214 GTH-OM 11 4 2005 Neoplan N4521/EEV/3T GLN Euro 4 3 3 1 3 3 3 20187 1 1
21.5 GTH-OM 115 2005 NeoPlan N4521/EEV/3T GLN Ellro 4 3 4 2 3 3 3 20152 1 'a 1
216,GTH-OM 116 2009 s~tra S 416 UL SL Euro -4 2 3 1 1 20190 1
217 GTH-OM 117 2009 s~tra S 41 6 UL SL Euro -4 2 3 1
221 GTH-OM 121 2010 Sen S 415 UL SL Euro 4 2 3 1 1 1 1 20129 1
222 GTH-OM 122 2010 Merc~du-Benz Cltaro 0 530 l 15mN Euro 4 2 3 1 3 3 3 20865 1. 1
223 GTH-OM 123 2010 Mercedes-Benz Citaro 0 530 L 15mN Euro 4 2 3 1 3 3 3 20214 1 1
224 GTH-OM 124 2006 A21 SLN Euro4 2 3 1 2 2 20170 1 1
--~ IG~Gi ;;_[~ -~ -~·lF*~mw. .·.,.~ ,~.,.
" -
'"' "' 229 GTH-OM 129 2009 T~dom SLN Euro -4 2 3 1 3 3 3 20209 1. 1
230 GTH-OM 130 201 2 T edom SLN Euro 4 2 3 1 2 2 2 20180 1 1
231 GTH-OM 131 2012 T cdom S LN Euro 4 2 2 1 2 2 2 20159 1 1
232 GTH-OM 132 2012 Sol>a 415UL SL Euro4 2 3 1 1 1 1 20110 . 1
~!~ ~ ~1 :~ L~"Al-~~4~~: - - - : -- - " .. .. -234 GTH-OM 134 2012 Mucedes-B~nz Cttaro 0 530 L 15mN Euro 4 3 3 1 3 3 3 20207 1
235 GTH-OM 135 2013 M~reedes-B~nz Citaro 0 530 G GLN Euro 5 3 3 2 3 3 3 20151 1
241 GTH-OM 141 2015 # Volvo C 60C5 Ddeck-Niedert'lur 00 Euro S 2 3 2 2 2 2 20165 1 •• 1
242 GTH-OM 142 2015 # Volvo C 60C5 Ddeck-Niede111ur DD Euro 5 2 3 2 2 2 2 20862 1 1
243 GTH-OM 143 2014 Vot...o 8900 LE LE Euro 5 2 3 1 2 2 2 20872 1 1
244 GTH-OM 144 2014 Volvo 8900 LE LE Euro 5 2 3 1 2 2 2 20197 1 1
291 GTH-WS 291 2003 Mercedes-B~nz 0 550 SL Euro3 2 3 1 1 1 1 20178 1 1
292 GTH-WS 292 2003 Neoclan N 442013 00 Euro 4 2 3 1 2 2 1 20213 1 1
293 GTH-WS293 2003 Neoplan N -4426/3 00 Euro 4 2 3 2 2 2 1 20202 1 1
wobei deren konkreter Einbau sowie Anzahl, verbaute Komponenten und Fahrzeug detailliert und vollumfänglich aus der als Anlage K ~ beigefügten Tabelle zu entnehmen sind, an den Kläger herauszugeben bzw. die Wegnahme durch Personal der Regionale Verkehrsgemeinschaft Gotha GmbH zu dulden.
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2. Die Zwischenfeststellungs-Widerklage wird abgewiesen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 90.000,00 EUR vorläufig vollstreck
bar.
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Herausgabe eines Betriebsleistsystems in Anspruch.
Der Kläger wurde mit- rechtskräftigem - Beschluss des Amtsgerichts Erfurt vom 24.04.2017
zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Regionale Verkehrsgemeinschaft Gotha GmbH
(im Folgenden: Schuldnerin) bestellt (Anlagen K1, K 17).
Die Schuldnerin erbringt im Landkreis Gotha öffentliche Personbeförderungsleistungen. Den Be
klagten, der eine Busunternehmen betreibt, beauftragte sie als Nachunternehmer, namens und
für Rechnung der Schuldnerin über Leistungsverträge vom 10.03.2003 bzw. 27.04.2010 Perso
nenbeförderungsleistungen im Stadtverkehr und teilweise im Regionalverkehr zu erbringen (Lei
stungsvertrag Regionalverkehr, Anlage K3; Leistungsvertrag Stadtverkehr, Anlage K4 ).
Im Jahr 2007 schaffte die Schuldnerin ein einheitliches rechnergestütztes Betriebsleitsystem
(RBL) an und stattete alle Busse der beauftragten Nachunternehmer mit diesem System aus.
Das System umfasst in den Bussen den Kassen und- Fahrscheinautomat, die elektronischen
Haltestellen- und Zielanzeigen, den Bordrechner, das Funkgerät, das System für Fahrgastdurch
sagen sowie ein GPS-System. Es dient neben dem automatisierten Fahrscheinverkauf im Bus
insbesondere dazu, die ordnungsgemäße Befahrung der Linien entsprechend dem genehmig
ten Linienfahrplan zu dokumentieren und dem Fahrer aktuelle Verkehrsinformationen sowie eine
dadurch bedingte geänderte Linienführung anzuzeigen. Hierfür ist das System in den einzelnen
Bussen durch eine Mobilfunkschnittstelle mit dem zentralen Verkehrsleitrechner der Schuldnerin
verbunden.
Mit Einführung des rechnergestützten Betriebsleitsystems schloss die Schuldnerin mit allen
Nachunternehmern, auch mit dem Beklagten, eine Vereinbarung betreffend die Gegenstände
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des Betriebsleitsystems, die die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Parteien regelt (Anlage
K5).
ln der Vereinbarung heißt es unter anderem:
2. Fahrzeugausrüstung
(1) Die RVG (Schuldnerin) rüstet die Fahrzeuge des Busunternehmers mit Komponenten des
RBL aus. Hierzu zählen Bordrechner/Kasse EFAD, Haltestellen-lnnenanzeige, 19"-Rack zur Auf
nahme von Komponenten, Funkgerät, Niederfrequenz-Interface MRI, GPS-Empfänger inklusive
Antennen und Verkabelung.
Gegebenenfalls werden- sofern nicht vorhanden- Entwerter, Außenanzeigen (Zielanzeigen),
Schwanenhals-Mikrofon, Sprech- und Durchsagetaster installiert.
Vorhandene Durchsage-Verstärkeranlagen (ELA) werden mit in das System eingebunden.
( ... )
3. Eigentum, Finanzierung
(1) Die in die Fahrzeuge eingebauten bzw. in sonstiger Weise (z.B. bei Zwischenlagerung oder
Ersatzvorhaltung für operative Zwecke) im Besitz des Busunternehmers befindliche Komponen
ten bleiben Eigentum der RVG. Der Busunternehmer sichert der RVG den jederzeitigen uneinge
schränkten Zugang zu allen eingebauten oder in sonstiger Weise in seinem Besitz befindlichen
Komponenten zu. Ferner sichert er der RVG die jederzeitige uneingeschränkte Verfügungsge
walt über die eingebauten oder in sonstiger Weise in seinem Besitz befindlichen Komponenten
zu und wird diese auf Verlangen sofort herausgeben.
(2) Dem Busunternehmer ist bekannt, dass die RVG die RBL-Komponenten, den Einbau oder al
le mit der Investitionen in Zusammenhang stehenden Aufwendungen (im Folgenden Investitio
nen) ganz oder teilweise aus Fördermitteln und Bankkrediten finanziert und die getätigten Investi
tionen zur Sicherung an die die Finanzierung gewährenden öffentlichen Stellen bzw. Kreditgeber
abtritt.
Die RVG übergibt die mit der jeweiligen Finanzierung verbunden Vertragsbedingungen bzw. För
derbedingungen an den Busunternehmer. Der Busunternehmer sichert in dem hierin bestimm-
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ten Umfang die durch die RVG zugesagten Rechte den die Finanzierung gewährenden öffentli
chen Stellen bzw. Kreditgebern gleichermaßen und vollumfänglich zu.
Im Zuge dieser Vereinbarung wurden die Komponenten an den Beklagten ausgeliefert und in des
sen Fahrzeugen verbaut (Tabelle mit Auflistung Bus, Typ, Kennzeichen, Anzahl der Komponen
ten, Registernummern der Kassen etc., Anlage KB).
Die Schuldnerin verlangte im November 2016 vom Beklagten die Herausgabe der Komponen
ten. Dies lehnte er ab, weil er zur Erfüllung der Leistungsverträge das RBL-System weiter benöti
ge (Anlagen K9, K 1 0). Eine im Eilverfahren beantragte Herausgabe der Komponenten scheiter
te (Urteil des Landgerichts vom 27.01.2017, Anlage K 11; Urteil des Thüringer Oberlandesge
richts vom 18.05.2017, Anlage K 12).
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 24.04.2017 erklärte der Kläger gegenüber dem Be
klagten mit Schreiben vom 26.04.2017, dass er die zukünftige Erfüllung der Leistungsverträge
(Stadtverkehr und Regionalverkehr) ablehne und forderte ihn auf, den Linienbetrieb einzustellen.
Der Kläger hat für den Zeitraum vom 20.05.2017 bis 30.11.2017 die Leistungen für die Linien
neu vergeben. Mit Schreiben vom 22.05.2017 forderte er von dem Beklagten die Herausgabe
der streitgegenständlichen Komponenten, was der Beklagte ablehnte. (Anlagen K 13, K 14).
Der Kläger ist der Auffassung, der Herausgabeanspruch ergebe sich sowohl aus der gesondert
zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung als auch aus § 985 BGB. Da er die Erfüllung
der Leistungsverträge abgelehnt habe, bliebe es bei dem Rechtszustand bei Eröffnung, die bei
derseitigen Leistungspflichten blieben suspendiert. ln der Folge habe der Beklagte weder ein
rechtlich durchsetzbaren Anspruch, die Linien im Auftrage der Schuldnerin befahren zu dürfen
noch einen Anspruch darauf, hierfür eine Zahlung als Masseverbindlichkeit aus der Insolvenzmas
se zu beanspruchen. Unabhängig von der Einordnung der Leistungsverträge gemäß § 103 lnsO
seien diese bzw. der Vertrag über das Betriebsleitsystem gemäß §§ 115, 116 lnsO kraft Geset
zes erloschen.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt der Beklagte,
festzustellen, dass der Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Erfurt vom 24.04.2017 in dem ln
solvenzverfahren über das Vermögen der Regionale Verkehrsgemeinschaft Gotha GmbH, Akten
zeichen 177 IN 118/17, unwirksam ist.
Der Beklagte behauptet, der angebliche Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit ha
be nicht vorgelegen. Erhebliche Vermögenswerte seien bewusst verschwiegen worden. Mithilfe
des Klägers sei eine rechtsmissbräuchliche, vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung des Be
klagten nicht nur geplant, sondern auch umgesetzt worden.
Der Beklagte ist der Auffassung, die Ablehnung der Erfüllung führe nicht zum Erlöschen der ge
genseitigen Ansprüche. Zu einer Umgestaltung des Vertragsverhältnisses komme es erst durch
Ausübung eines weiteren Gestaltungsrechtes. Darüber hinaus sei der Kläger auch nicht auf das
Betriebsleitsystem angewiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien ge
wechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
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Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe des Betriebsleitsystems
in geltend gemachten Umfang, §§ 604, 985 BGB, 34, 103, 114ft lnsO.
Der Kläger ist aktivlegitimiert, nachdem über das Vermögen der Schuldnerin mit Beschluss vom
24.04.2017 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Entgegen der Auffassung des Beklagten
ist der Eröffnungsbeschluss nicht unwirksam bzw. nichtig.
Der rechtskräftige Eröffnungsbeschluss beansprucht als hoheitlicher Akt, der in dem dafür vorge
sehenen Verfahren erlassen ist, Geltung gegenüber jedermann, sofern ihm nicht ausnahmswei
se ein Fehler anhaftet, der zur Nichtigkeit führt (BGHZ 138, 40, 44 ). Wegen der für das Insolvenz
verfahren grundlegenden Bedeutung des die Eröffnung anordnenden Beschlusses ist er schon
aus Gründen der Rechtssicherheit nur außerordentlich selten als nichtig zu behandeln, haupt
sächlich dann, wenn dem Akt infolge des festgestellten Fehlers bereits äußerlich ein für eine rich
terliche Entscheidung wesentliches Merkmal fehlt (BGH aaO.). Dies folgt auch aus dem Grund
satz, dass gerichtliche Anordnungen erst dann schlechthin unwirksam sind, wenn ihnen ein offen
kundiger schwerer Fehler anhaftet (BGHZ 114, 315, 326). So ist der Eröffnungsbeschluss dann
als nichtig angesehen worden, wenn die Unterschrift des Richters als für jede gerichtliche Ent
scheidung schlechthin konstitutive Akt versäumt worden war (BGHZ 137, 49).
Ein dem letztgenannten Fehler gleichzusetzender Mangel liegt nicht vor, wird auch nicht geltend
gemacht. Hingegen kann im Prozesswege nicht geltend gemacht werden, der Insolvenzverwal
ter sei wegen Rechtswidrigkeit der Eröffnung oder wegen eines rechtlichen Mangels seiner Er
nennung nicht befugt, Rechte aus diesem Amt wahrzunehmen. Durch die vorliegend unbestritte
ne Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses werden in der Regel Mängel geheilt wie der gerichtli
chen Zuständigkeit (BGHZ 138, 40f), des Eröffnungsantrags oder der Insolvenzfähigkeit des
Schuldners (BGHZ 113, 216), der gerichtlichen Verfahrensweise einschließlich der Nichtgewäh
rung des rechtlichen Gehörs, des Fehlans eines Eröffnungsgrundes wie auch inhaltliche Mängel
des Beschlusses selbst (Münchener Kommentar-Schmahi/Busch, lnsO, 3. Auflage, § 34 Rn.
116 mit weiteren Nachweisen). Die von der Beklagten geltend gemachten Einwendungen gegen
die Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses betreffen allesamt Mängel, die nach der Rechtspre
chung geheilt werden und die rechtliche Wirkungslosigkeit des Eröffnungsbeschlusses (Nichtig
keit) nicht begründen.
Es kann unterstellt werden, dass mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen
der Schuldnerin die Leistungsverträge für den Regionalverkehr und den Stadtverkehr der Rege-
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lung des§ 103 lnsO unterfallen. Davon unberührt bleibt die Überlassung des in den Bussen in
stallierten Betriebsleitsystems, dessen Herausgabe unabhängig von den im Gegenseitigkeitsver
hältnis stehenden Hauptleistungspflichten aus den Leistungsverträgen besteht.
§ 103 Abs. 1, Abs. 2 lnsO bestimmt, dass bei einem gegenseitigen Vertrag, der zurzeit der Eröff
nung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig
erfüllt ist, der Insolvenzverwalter die Erfüllung ablehnen kann. ln diesem Fall kann der andere
Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. ln der
Rechtsprechung ist zwischenzeitlich anerkannt, dass die Erfüllungsablehnung als solche für
den Bestand und Inhalt des Vertrages oder der Verträge ohne entscheidende Bedeutung ist.
Denn die Erfüllungsablehnung stellt grundsätzlich keine gestaltende rechtsgeschäftliche Erklä
rung dar. Die Erfüllungsablehnung kommt vielmehr nur die Bedeutung zu, dass der Insolvenzver
walter einseitig nicht mehr auf Erfüllung bestehen kann. Im Übrigen soll es bei den mit der Eröff
nung des Insolvenzverfahrens verbundenen Folgen bleiben, insbesondere bei der Möglichkeit
des Vertragspartners, Forderungen wegen teilweiser Erfüllung oder Forderungen wegen der
Nichterfüllung geltend zu machen. Solche Ansprüche sind dann zur Tabelle anzumelden.
Für die (unentgeltliche) Überlassung des Betriebsleitsystems sind jedoch nicht die Leistungsver
träge maßgeblich, sondern die hierfür gesondert geschlossene Vereinbarung (Anlage K 15). Da
bei handelt es sich nicht um eine Hauptleistungspflicht der Leistungsverträge, auch steht der
Überlassung des Betriebsleitsystems eine entsprechende Gegenleistungspflicht des Beklagten
nicht gegenüber. Die Regelungen in § 103 lnsO kommen demnach nicht zum Zuge.
Die Überlassung des Betriebleitsystems fällt als Leihe unter die Vorschriften der§§ 115, 116
lnsO. Bei der Leihe handelt es sich um einen (unvollkommen) zweiseitig verpflichtenden Vertrag
ohne Gegenseitigkeitpflicht (Palandt-Weidenkaff, BGB, 75. Auflage, Einführung vor§ 598 Rn. 1 ).
Durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt der Leihvertrag, weil die Leihe des Betriebsleit
systems Vermögensgegenstände betrifft, die sich auf das zu Insolvenzmasse gehörende Vermö
gen beziehen, § 115 lnsO. ln diesem Fall ist der Beklagte gemäߧ 604 Abs. 1 BGB zur Heraus
gabe des Betriebsleitsystems verpflichtet.
Darüber hinaus ist der Beklagte dem Kläger auch zur Herausgabe des Betriebsleitsystems ge
mäß § 985 BGB verpflichtet. Unstreitig ist der Kläger nach den vertraglichen Vereinbarungen Ei
gentümer der dem Beklagten überlassenen Komponenten des Betriebsleitsystem. Der Beklagte
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kann sich nicht auf ein Recht zum Besitz gemäߧ 986 BGB berufen. Das Leihverhältnis ist
durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens erloschen, damit auch ein etwaiges Recht zum Be
sitz. Im Ergebnis wird dies auch so vom Thüringer Oberlandesgericht in seiner Entscheidung
vom 11.05.2017, Aktenzeichen 1 U 128/17 (Anlage K 12) vertreten, wenn auch die Erwägungen
zu§ 103 lnsO nicht zutreffen dürften.
Herauszugeben sind die im Klageantrag genannten Komponenten des Betriebsleitsystems, die
unstreitig in den Bussen des Beklagten aufgrund der getroffenen Vereinbarung verbaut worden
sind.
Die Widerklage ist unbegründet.
Der Eröffnungsbeschluss vom 24.04.2017 ist weder unwirksam noch nichtig. Wie bereits ausge
führt, könnte allenfalls Nichtigkeit des Eröffnungsbeschlusses berücksichtigt werden. Davon ist
jedoch nicht auszugehen. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die oben genannten Aus
führungen, unter welchen Voraussetzungen von der Nichtigkeit eines Eröffnungsbeschlusses
auszugehen ist und welche Mängel im Übrigen geheilt werden, Bezug genommen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf§§ 91, 709 ZPO.
gez.
Scherf Vorsitzender Richter am Landgericht
Verkündet am 13.07.2017
Reif, JOSin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
~ß._ a "6<- t \3-.~ lli ~ ~ \:> . A :S 1. 111-•. !}. ,,{!~- RegionaloVeri<oh,.gemeinschaft AN LAG E
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Stand: OB/2016