Veränderung des emotionalen Erlebens im Französischunterricht
Unter Berücksichtigung des Geschlechts und kompositionellen
Geschlechtseffekten
Vortrag auf der 74. Tagung der Arbeitsgruppe für Empirische Pädagogische Forschung Friedrich-Schiller-Universität Jena. Christian Beermann (Hamburg), Hanna Cronjäger (Hamburg), Ulrike Nett (Konstanz)
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1. Theorie 1. Definition Lern- und Leistungsemotionen 2. Emotionen und schulisches Lernen 3. Lernemotionen und Geschlecht
2. Design 1. Fragestellung 2. Skalierung 3. Stichprobe
3. Methode 1. Mehrebenenanalyse 2. Piecewise Growth Modeling 3. Kodierung von Zeit
4. Ergebnisse 1. Entwicklung von Emotionen 2. Geschlecht und kompositionelle Geschlechtseffekte
5. Diskussion
Lern- und Leistungsemotionen sind Emotionen, die sich vorrangig auf Lern- und Leistungsaktivitäten und -ergebnisse beziehen, die anhand eines Gütemaßstabes von anderen Personen oder vom Schüler/Lernenden selbst bewertet werden.
(Pekrun, Frenzel, Götz & Perry, 2007)
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Definition
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• Emotionen werden domänenspezifisch unterschiedlich erlebt (Götz et al. 2006).
• Im Unterricht wird die ganze Bandbreite an Emotionen erlebt, dabei treten positive Emotionen ebenso häufig auf wie negative (Pekrun 2002).
• Explizite Erforschung des Französischunterrichts erstmals bei Hanna Cronjäger (2009).
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Diskussion
Emotionen und schulisches Lernen
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• Es existieren geschlechtsspezifische Unterschiede in Hinblick auf das Emotionserleben im Unterricht. (Götz 2004, Cronjäger 2009)
• Diese Unterschiede sind domänenspezifisch verschieden. (Götz 2004, Frenzel et. al. 2007)
• Auch die Zusammensetzung einer Lerngruppe in Hinblick auf die Geschlechterverteilung ist zu berücksichtigen. (Frenzel et. al. 2007)
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Diskussion
Ergebnisse anderer Studien
1. Verändert sich das Emotionserleben von Schülerinnen und Schülern im gymnasialen Französischunterricht im Verlauf der Sekundarstufe I?
2. Kann das Geschlecht oder die Geschlechterverteilung in der Lerngruppe als Prädiktor für die Ausprägung und Entwicklung von Emotionen im Französischunterricht angenommen werden?
13.09.2010 6 Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Diskussion
Fragestellungen
• Positive Emotionen nehmen mit der Zeit ab, während negative Emotionen mit der Zeit zunehmen.
• Jungen erleben mehr negative und weniger positive Emotionen als Mädchen.
• Je mehr Jungen in einer Lerngruppe, desto weniger positive und desto mehr negative Emotionen.
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Hypothesen
Befragung mittels eines standardisierten Fragebogens zu 6 Messzeitpunkten (MZP)
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Klasse 6 Klasse 7 Klasse 8 Klasse 9
1 2 4 3 5 6 MZP
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Diskussion
Design
• Freude, Angst, Ärger und Langeweile mit erprobten 4-Item Kurzskalen.
• 5-stufige Likertskala von „stimmt gar nicht“ bis „stimmt genau“
• Interne Konsistenzen:
o Freude: .83≤ α ≤ .87; αt1-t6= .92
o Angst: .46 ≤ α ≤ .83; αt1-t6= .80
o Ärger: .67 ≤ α ≤ .78; αt1-t6= .84
o Langeweile: .80 ≤ α ≤ .87; αt1-t6= .92
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Skalierung
• N = 548 Hamburger SchülerInnen
(39,2% Jungen; 60,8% Mädchen)
• Ausschluss von Klassenwiederholern, MuttersprachlerInnen
• 35 Klassen an 19 Hamburger Gymnasien. Durchschnittlichen Gruppengröße von 15, 66
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Stichprobe
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ICC Designeffekt
Freude .12 - .18 2,76 - 3,64
Angst .02 - .06 1,29 – 1,88
Ärger .06 - .13 1,88 – 2,91
Langeweile .06 - .13 1,88 – 2,91
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Diskussion
Mehrebenenanalyse
=> Mehrebenenanalyse ist notwenig.
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• Wachstumsparameter als latente Variablen.
Intercept = Ausgangspunkt; Slope = Steigung
• Wachstum t1-t4 linear. Konnte nach Erhebung von t5, t6 nicht bestätigt werden. (CFI: .73; TLI: .80; RMSEA: .13)
• Quadratischer Faktor erschwert die Interpretation, daher Piecewise Growth: Spezifikation von zwei linearen Slopes. (CFI: .95; TLI: .95; RMSEA: .06)
• Leistung als Kovariate, auf einzelne Messzeitpunkte.
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Diskussion
Piecewise Latent Growth Curves
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Zeit wurde so codiert, dass 1 = 1 Schuljahr Abstände zwischen den MZP berücksichtigt wurden.
Klasse 6 Klasse 7 Klasse 8 Klasse 9
1 2 4 3 5 6 MZP
0 0.25 0.75 0.5 3.25 3.75 MZP
Theorie – Design – Methode – Ergebnisse – Diskussion
Kodierung von Zeit
Entwicklung Freude
Fixed Effects Random Effects
β (SE) Individual- Klassenebene
Intercept 3.34*** (.07) .34*** (.05) .13*** (03)
Slope 1 -.82** (.06) .27* (.13) .05 (.04)
Slope 2 -.25*** (.03) .05*** (.01) .02** (.01)
Χ² / df / p : 95.28 / 33 / .00; CFI .96; TLI: .96; RMSEA: .06
Signifikanzniveau: ***p < .001; **p < .01; *p < .05
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Fixed Effects Random Effects
β (SE) Individual- Klassenebene
Intercept 1.53*** (.05) .17*** (.02) .04** (.01)
Slope 1 .60*** (.08) .25 (.13) .12 (.06)
Slope 2 .26** (.03) .08*** (.01) .02** (.01)
Χ² / df / p : 58.92 / 33 / .01; CFI .98; TLI: .97; RMSEA: .04
Signifikanzniveau: ***p < .001; **p < .01; *p < .05
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Entwicklung Langeweile
Fixed Effects Random Effects
b (SE) Individual- Klassenebene
Intercept 1.46*** (.03) .08*** (.02) .01* (.01)
Slope 1 -.06 (.05) .05 (.03) .03 (.02)
Slope 2 .03** (.01) .02*** (.01) .00 (.01)
Χ² / df / p : 53.59 / 33 / .01; CFI .97; TLI: .96; RMSEA: .03
Signifikanzniveau: ***p < .001; **p < .01; *p < .05
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Entwicklung - Angst
Fixed Effects Random Effects
b (SE) Individual- Klassenebene
Intercept 1.48*** (.04) .10*** (.03) .03** (.01)
Slope 1 .27*** (.07) .17* (.08) .03 (.03)
Slope 2 .15*** (.03) .04*** (.01) .01 (.01)
Χ² / df / p : 105.77 / 33 / .00; CFI .93; TLI: .91; RMSEA: .06
Signifikanzniveau: ***p < .001; **p < .01; *p < .05
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Entwicklung Ärger
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Nur
Geschlecht kodiert mit 0 = weiblich, 1 = männlich
Signifikanter Effekt auf Intercept von Freude
(-.18*** (.07))
Geschlecht
not1c not2c
-0,3
-0,2
-0,1
0
0,1
0,2
0,3
Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen
Mittelwerte Noten in Wachsumsprozess I und II zentriert am Klassenmittelwert
w
m
Gesamt
Mittle
re A
bw
eic
hu
ng
vo
n K
las
se
nm
itte
lwe
rt
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Geschlechterzusammensetzung
• Geschlechterzusammensetzung der Lerngruppe so kodiert, dass 1 Einheit = 10% mehr männliche Schüler
• Signifikante Effekte nur für Ausgangspunkt und Wachstumsprozess 2 bei Freude:
• Je mehr Jungen in einer Lerngruppe, desto weniger Freude zu Lernbeginn (-.12* (.05))
• Je mehr Jungen in einer Lerngruppe, desto schwacher fällt der Verlust von Freude im zweiten Wachstumsprozess aus (.06** (.02))
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• Freude nimmt im 1. Lernjahr stark ab, später verläuft dieser Trend langsamer.
• Langeweile nimmt im 1. Lernjahr stark zu, später verringert sich das Wachstum.
• Nach Kontrolle von Leistung bleibt ein Geschlechtseffekt auf den Ausgangswert von Freude. Jungen erleben weniger Freude im Französischunterricht als Mädchen
• Geschlechterzusammensetzung der LG hat einen Einfluss auf das emotionale Erleben von Freude.
Zusammenfassung
13.09.2010
Vielen Dank!
Für Ihre Aufmerksamkeit
Christian Beermann
Folien zum Download:
http://www.christian-beermann.de
13.09.2010
Literatur Cronjäger, H. (2009). Emotionen im schulischen Fremdsprachenunterricht: Bedingungen, Wirkungen und Veränderungen im ersten Lernjahr Französisch. Jena: (unveröffentlichte Dissertation). Flora, D. (2008). Specifying Piecewise Latent Trajectory Models for Longitudinal Data. Structural Equation Modeling: A Multidisciplinary Journal, 15(3), 513-533. Frenzel, A., Pekrun, R., & Goetz, T. (2007). Perceived learning environment and students' emotional experiences: A multilevel analysis of mathematics classrooms. Learning and Instruction, 17(2007), 478-493. Götz, T. (2004). Emotionales Erleben und selbstreguliertes Lernen bei Schülern im Fach Mathematik. München: Utz.