Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 1
Was macht Gesellschaften glWas macht Gesellschaften glWas macht Gesellschaften glWas macht Gesellschaften glüüüücklich? cklich? cklich? cklich? Einblicke der interdisziplinären Glücksforschung
Universität Münster, Institut für Genossenschaftswesen, 7. IfG-Alumni Treffen am 27./28. März 2009 in Münster
Dr. Stefan [email protected]
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 2
Agenda
1. Einblicke aus der interdisziplinären Glücksforschung.
2. Die glückliche Variante des Kapitalismus.
3. Handlungsempfehlungen für eine glücklichere Gesellschaft.
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 3
Glück – Die Perspektive des Historikers
Entwicklung der Idee „Glück“ im Zeitablauf von:
Zufall bzw. von außen kommend (Herodot); (happiness = what happensto us)
Im Laufe der Aufklärung zu:
etwas, was wir selber beeinflussen können
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 4
Die Psychologen – Aktivitäten helfen
Etwa 2/3 der Lebenszu-friedenheit sind genetisch bedingt.
Sinnvolle, abwechs-lungsreiche Aktivitäten können Zufriedenheit erhöhen.
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 5
Kahnemann & Tversky: Prospect theory
Menschen machen systematische Fehler, weil
- sie oft schnell und automatisch entscheiden (Bsp. 1,10 EUR für Ball und Schläger)
- sie von Formulierungen (z. B. 90% gesund, 10% krank) und Umfeld („framing“) abhängen
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 6
Libertärer Paternalismus„Humans“ vs. „Econs“
Ergebnisse können durch kleine Eingriffe verbessert werden. Beispiel: Rentenversicherung in Schweden
„Besser“ nach Einschätzung des Individuums, wenn es sich ausführlich, bestens informiert, mit unbeschränkten kognitiven Fähigkeiten und vollständiger Selbstkontrolle entschieden hätte.
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 7
Neuroeconomics (Colin Camerer)
Einblicke der Hirnforschung für die Sozialwissenschaften verwenden:
- Direkte Messung von Gedanken und Gefühlen.
- Erkennen von Ver-arbeitungsmechanismen; vieles geht automatisch.
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 8
Schließlich: Die Ökonomen
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 9
Und der Unterhalter
Viele Einblicke aus Psychologie, Hirnforschung und Soziologie
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 10
Einblicke der Glücksforschung
Glück und Lebenszufriedenheit sind messbar und vergleichbar.
Glücksfördernde Faktoren und Aktivitäten identifizierbar: z.B. gute Ausbildung, Gesundheit, stabile soziale Beziehungen (Familie undFreunde) oder Engagement in Arbeit und Freizeit.
Präferenzen nicht konstant, sondern abhängig vom Umfeld.
Menschen unterliegen Illusionen: Mehr Einkommen macht nicht unbedingt glücklicher.
Arbeit zu haben ist weit mehr als monetäres Einkommen.
Menschen treffen Entscheidungen, die ihr Glück nicht fördern.
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 11
Eigene Arbeiten
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 12
Das Easterlin Pardox
Easterlin, Richard (1974): Does economic growth improve the human lot? Some empirical evidence.
- Adaption
- Vergleiche
- Umfragen auf fester Skala
=> Fokus auf Analyse eines Zeitpunktes, bzw. auf relative Entwicklung (Heady: set-points)
80
100
120
140
160
1980 1985 1990 1995 2000 2005
BIP pro Kopf
Lebenszufriedenheit
Das BIP steigt, aber...USA, Index 1980 = 100
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 13
Die Suche nach dem besseren BIP
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 14
Menschen sind unterschiedlich zufrieden
Befragungen der Menschen sind aussagefähig: „Ganz allgemein gesprochen, wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben auf einer Skala von 0 bis 10?“
Dänemark, die Schweiz und Schweden sind führend in Europa.
Deutschland knapp vor Frankreich und Italien.
5,0 6,0 7,0 8,0 9,0
DänemarkSchweizKanada
SchwedenAustralien
NiederlandeUSA
NorwegenIrland
FinnlandNeuseeland
UKBelgien
ÖsterreichSpanien
DeutschlandFrankreich
ItalienGriechenland
Portugal
2005
1995
Quellen: Eurobarometer & World Database of Happiness
Lebenszufriedenheit (Skala 0 - 10)
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 15
Bildung als zentraler Erfolgsfaktor
Besser ausgebildete Menschen sind zufriedener, produktiver, gesünder etc.
Zunehmende Bedeutung der Hochschulausbildung.
Hohe Dynamik in Irland, Belgien und Frankreich.
Stagnation in Deutschland.
0 10 20 30 40 50 60
Kanada
Japan
Neuseeland
Norwegen
Irland
Belgien
Frankreich
Dänemark
USA
Schweden
Spanien
Australien
Finnland
UK
Niederlande
Schweiz
Griechenland
Deutschland
Portugal
Österreich
Italien
25 bis 34-jährige
55 bis 64-jährige
Quelle: OECD Bildung auf einen Blick
Anteil der Menschen mit einem HochschulabschlussAnteil der Menschen mit einem HochschulabschlussAnteil der Menschen mit einem HochschulabschlussAnteil der Menschen mit einem Hochschulabschluss
im Jahr 2005 im Jahr 2005 im Jahr 2005 im Jahr 2005
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 16
Ältere sind unterschiedlich stark gefragt
0 10 20 30 40 50 60 70
Neuseeland
Schweden
Norwegen
Japan
Schweiz
USA
Irland
Australien
Kanada
UK
Portugal
Dänemark
Finnland
Spanien
Deutschland
Griechenl.
Niederlande
Österreich
Italien
Belgien
Frankreich
20072002
Quelle: OECD Employment Outlook
Anteil der Beschäftigten an allen Menschen imAlter zwischen 60 und 64 Jahren
Flexible Arbeitsmärkte und flexible Unternehmen erlauben hohe Beteiligung Älterer am Erwerbsleben.
Hohe Lebenszufriedenheit in Ländern mit hoher Beschäf-tigung.
Schweden und die Schweiz Vorbilder in Europa.
Verbesserung in Deutschland, aber noch ein weiter Weg.
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 17
Mehr Babys in den glücklichen Ländern
0,60 0,90 1,20 1,50 1,80 2,10
USANeuseelandFrankreich
IrlandNorwegenDänemarkFinnland
UKAustralienSchweden
BelgienNiederlande
KanadaSchweiz
ÖsterreichPortugalSpanien
DeutschlandGriechenland
Italien
2005
1995
Quellen: Eurostat und Weltbank
Employment Outlook
Geburtenrate Hohes Entwicklungsniveau und hohe Bildung bedeuten nicht notwendigerweise geringe Geburtenzahl.
Geburtenraten von 1,8 werden in vielen Ländern erreicht.
Deutschland knapp vor Griechenland und Italien.
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 18
Qualität des Staates sehr wichtig
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5
DänemarkSchweiz
NorwegenFinnlandKanada
SchwedenAustralienNeuseelandNiederlande
UKBelgien
USAÖsterreich
IrlandDeutschlandFrankreich
SpanienPortugal
GriechenlandItalien
Quellen: Weltbank
Effektivität des Staates auf Skala von -2,5 bis +2,5
Richtige, kluge, effektive staatliche Aktivität ist wichtig für Entwicklungsstand.
Dänemark und die Schweiz führend in Europa.
Deutschland knapp vor Frankreich und Spanien.
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 19
Die glückliche Variante des Kapitalismus
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
5,0 5,5 6,0 6,5 7,0 7,5 8,0 8,5
Effek
tivitä
t des
Sta
ates
Lebenszufriedenheit
Richtige Prioritäten des Staates - hohe Zufriedenheit der Menschen
Glückliche Variante
Weniger glückliche Variante
Unglückliche Variante
PT
IT
GR
ES
DE
FR
BEUSUK
SE
DK
AUNL
NO
AT IE
FI
NZ
CHCA
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 20
Aspekte des gesellschaftlichen Fortschritts
BeschäftigungEffektiver Staat
Engagement
Vernetzung
Toleranz
ZufriedenheitGeburtenrate
Freiheit
Einkommen
Korruptionsbekämpfung
Demokratie
Bildung
Kapitalmarktzugang
Innovation
VertrauenGesundheit
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 21
Was ist gesellschaftlicher Fortschritt?
Fortschritt = mehr KomplexitFortschritt = mehr KomplexitFortschritt = mehr KomplexitFortschritt = mehr KomplexitäääättttEvolutionäre Theorien, z. B. Nelson & Winter (1982), Witt (2003) – Ebene der Firma
Fortschritt = mehr FreiheitFortschritt = mehr FreiheitFortschritt = mehr FreiheitFortschritt = mehr Freiheitu. a. Hayek (1988) „Kulturelle Evolution“ – Ebene der Gesellschaft
Fortschritt = mehr VerwirklichungschanceFortschritt = mehr VerwirklichungschanceFortschritt = mehr VerwirklichungschanceFortschritt = mehr VerwirklichungschanceSen (u. a. 1999) – Ebene des Individuums
Fortschritt = mehr WahlmFortschritt = mehr WahlmFortschritt = mehr WahlmFortschritt = mehr WahlmööööglichkeitenglichkeitenglichkeitenglichkeitenInglehart & Welzel (2003, 2005)
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 22
Theorie der gesellschaftlichen Entwicklung
Quelle: Welzel, Inglehart & Klingemann (2003) S. 346 und Inglehart & Welzel (2005) S. 3, Zusammenstellung und Übersetzung vom Autor
WirtschaftlichWirtschaftlichWirtschaftlichWirtschaftlich
ProzessProzessProzessProzess
KulturellKulturellKulturellKulturell InstitutionellInstitutionellInstitutionellInstitutionell
WirtschaftlicheEntwicklung
KomponentenKomponentenKomponentenKomponenten Emanzipatorische Werte
IndividuelleRessourcen
Freiheitsrechte
Erweitert Prioritäten
ErweitertMöglichkeiten
Erweitert Rechte
Emanzipatorischer Wandel
Demokratisierung
WirkungWirkungWirkungWirkung
KausalitKausalitKausalitKausalitäääätttt Von Ressourcen zu Werten und dann zu Rechten
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 23
1.1.1.1. Mehr Verantwortung fMehr Verantwortung fMehr Verantwortung fMehr Verantwortung füüüür Str Str Str Stäääädte und Gemeinden.dte und Gemeinden.dte und Gemeinden.dte und Gemeinden. Loslassen, Freiraum geben, Subsidiarität leben. Ziele formulieren, beobachten, vergleichen.
2. Hochschulabsolventenquote von 40% anstreben.2. Hochschulabsolventenquote von 40% anstreben.2. Hochschulabsolventenquote von 40% anstreben.2. Hochschulabsolventenquote von 40% anstreben. Momentan 25%, anderswo sind es teilweise doppelt so viele.
3. Arbeitslosenquote auf 4% senken.3. Arbeitslosenquote auf 4% senken.3. Arbeitslosenquote auf 4% senken.3. Arbeitslosenquote auf 4% senken. Andere Länder zeigen, wie Vollbeschäftigung zu erreichen ist.
4. Mehr direkte Demokratie zulassen.4. Mehr direkte Demokratie zulassen.4. Mehr direkte Demokratie zulassen.4. Mehr direkte Demokratie zulassen. Bürger- und Volksbegehren (und Entscheide) über lokale und regionale Themen sollten noch leichter werden und häufiger angewendet werden.
5. Akzeptanz staatlicher Systeme st5. Akzeptanz staatlicher Systeme st5. Akzeptanz staatlicher Systeme st5. Akzeptanz staatlicher Systeme stäääärken.rken.rken.rken. Vertrauen in die deutschen Sozialversicherungssysteme leidet unter komplizierten Regeln und Ungleichbehandlung.
Was getan werden kann: (1) Bund & Länder
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 24
1. Befragen.1. Befragen.1. Befragen.1. Befragen. Nur was gemessen wird, kann auch gesteuert werden. Bsp: Würden Sie gerne wegziehen? Wie wohl fühlen Sie sich?
2. Fr2. Fr2. Fr2. Früüüühkindliche Erziehung sthkindliche Erziehung sthkindliche Erziehung sthkindliche Erziehung stäääärken.rken.rken.rken. Bildung nährt Bildung, Lebens-zufriedenheit, Engagement und vieles mehr.
3. Schulabbrecherquote minimieren.3. Schulabbrecherquote minimieren.3. Schulabbrecherquote minimieren.3. Schulabbrecherquote minimieren. Enge Zusammenarbeit staatlicher und privater Institutionen nötig.
4. Schulen zu Zentren des Engagements weiterentwickeln.4. Schulen zu Zentren des Engagements weiterentwickeln.4. Schulen zu Zentren des Engagements weiterentwickeln.4. Schulen zu Zentren des Engagements weiterentwickeln. Intensive Einbindung von Eltern, Vereinen und privaten Anbietern kann nochmehr Schulen zu Orten machen, an denen die ganze Woche über Bildung und Zusammenhalt gelebt werden.
5. Neue Erdenb5. Neue Erdenb5. Neue Erdenb5. Neue Erdenbüüüürger begleiten.rger begleiten.rger begleiten.rger begleiten. Die ersten Lebensjahre sind prägend für das Vertrauen, das Kinder in ihre Mitmenschen setzen. Vgl. Familienbetreuern wie in Skandinavien.
Was getan werden kann: (2) Gemeinden
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 25
1. Mitarbeiter weiterbilden bzw. Eigeninitiative f1. Mitarbeiter weiterbilden bzw. Eigeninitiative f1. Mitarbeiter weiterbilden bzw. Eigeninitiative f1. Mitarbeiter weiterbilden bzw. Eigeninitiative föööördern.rdern.rdern.rdern.Lebenslanges Lernen in Deutschland unterentwickelt.
2.2.2.2. Mehr Mehr Mehr Mehr äääältere Mitarbeiter beschltere Mitarbeiter beschltere Mitarbeiter beschltere Mitarbeiter beschääääftigen.ftigen.ftigen.ftigen. Flexible Entlohnungs- und Beschäftigungsstrukturen nötig.
3.3.3.3. Projektwirtschaft leben.Projektwirtschaft leben.Projektwirtschaft leben.Projektwirtschaft leben. Vertrauensvolle und -bildende Zusam-menarbeit über Team-, Disziplinen- und Firmengrenzen hinweg.
4.4.4.4. Offene, hierarchiefreie Kommunikationskultur pflegen.Offene, hierarchiefreie Kommunikationskultur pflegen.Offene, hierarchiefreie Kommunikationskultur pflegen.Offene, hierarchiefreie Kommunikationskultur pflegen. In hierarchisch strukturierten Organisationen können die Potenziale vieler Menschen nicht richtig genutzt werden.
5.5.5.5. VertrauensstVertrauensstVertrauensstVertrauensstäääärkende Personalpolitikrkende Personalpolitikrkende Personalpolitikrkende Personalpolitik. Moderne Organisationen stärken das Vertrauen der Mitarbeiter untereinander und zur Firma.
Was getan werden kann: (3) Unternehmen
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 26
Was getan werden kann: (4) Menschen
1. Mehr Verantwortung f1. Mehr Verantwortung f1. Mehr Verantwortung f1. Mehr Verantwortung füüüür das eigene Leben r das eigene Leben r das eigene Leben r das eigene Leben üüüübernehmenbernehmenbernehmenbernehmen, statt sie anderen oder einem größeren Kollektiv zuzuschreiben.
2. (2. (2. (2. (Weiter)bildenWeiter)bildenWeiter)bildenWeiter)bilden. . . . Jeder Mensch trägt selbst die Verantwortung für sein Humankapital und die Situation seiner Kinder.
3. Engagieren. 3. Engagieren. 3. Engagieren. 3. Engagieren. Demokratie funktioniert, wenn sich Menschen engagieren und Kontrolle über den politischen Prozess und die Eliten ausüben.
4. Soziales Umfeld pflegen. 4. Soziales Umfeld pflegen. 4. Soziales Umfeld pflegen. 4. Soziales Umfeld pflegen. Zufriedenheit und Vertrauen haben ihre Wurzeln im unmittelbaren Umfeld – in allen Gesellschaften.
5. Bis in h5. Bis in h5. Bis in h5. Bis in hööööheres Lebensalter arbeiten. heres Lebensalter arbeiten. heres Lebensalter arbeiten. heres Lebensalter arbeiten. Und das nicht notwendigerweise im 40 Jahre zuvor erlernten Beruf.
Dr. Stefan Bergheim • 27. März 2009 • Seite 27
Vielen Dank!Vielen Dank!Vielen Dank!Vielen Dank!
[email protected]@fortschrittszentrum.destefan.bergheim@[email protected]
www.fortschrittszentrum.dewww.fortschrittszentrum.dewww.fortschrittszentrum.dewww.fortschrittszentrum.de