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NR. 2 JUNI 2001 DAS DEZA-MAGAZIN FÜR ENTWICKLUNG UND ZUSAMMENARBEIT Un seul monde Un solo mondo Eine Welt Zentralamerika: Eine Region kämpft – einst gegen die Kriege, heute gegen Naturkatastrophen Bulgarien: Von Menschen mit Durchhaltewillen, erstarkter Demokratie, Korruption und den Nachwehen von Finanzkrisen Ist Freiwilligenarbeit in der Entwicklungs- zusammenarbeit noch zeitgemäss? Ein Streitgespräch

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Page 1: Eine Welt 2/2001 - Eidgenössisches Departement für ...Professor am Indian Institute of Technology (ITT) in New Delhi.Zusammen mit zwei Universitäten aus Holland und Portugal entwickelt

NR. 2JUNI 2001DAS DEZA-MAGAZINFÜR ENTWICKLUNG UND ZUSAMMENARBEIT

Un seul mondeUn solo mondoEine Welt

Zentralamerika: Eine Region kämpft – einst gegen die Kriege, heute gegen Naturkatastrophen

Bulgarien: Von Menschen mit Durchhaltewillen,erstarkter Demokratie, Korruption und denNachwehen von Finanzkrisen

Ist Freiwilligenarbeit in der Entwicklungs-zusammenarbeit noch zeitgemäss?Ein Streitgespräch

Page 2: Eine Welt 2/2001 - Eidgenössisches Departement für ...Professor am Indian Institute of Technology (ITT) in New Delhi.Zusammen mit zwei Universitäten aus Holland und Portugal entwickelt

InhaltEditorial 3Periskop 4Einblick DEZA 25Was eigentlich sind... Global Public Goods? 25Service 33Impressum 35

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), die Agentur der internationalen Zusammenarbeit im Eidgenössischen Departement fürauswärtige Angelegenheiten (EDA), ist Herausgeberin von «Eine Welt». DieZeitschrift ist aber keine offizielle Publikation im engeren Sinn; in ihr sollen auch andere Meinungen zu Wort kommen; deshalb geben nicht alle Beiträgeunbedingt den Standpunkt der DEZA und der Bundesbehörden wieder.

DEZA

HORIZONTE

FORUM

KULTUR

Eine Welt Nr.2 / Juni 20012

ZENTRALAMERIKAKriege und Katastrophen hemmen die Entwicklung Nach dem Ende jahrzehntelanger Bürgerkriege machen den Menschen in Mittelamerika Naturkatastrophen dasLeben schwer

6Vernetztes WasserNicaragua, Honduras, El Salvador und Guatemala gehendie Wasser- und Abwasserproblematik mit einem span-nenden und länderübergreifenden Projekt an

12Gestärkte Menschen stärken Demokratien Eine gestärkte Zivilgesellschaft wird zum Motor der nochjungen Demokratien Zentralamerikas

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BULGARIEN Von gebackenen Paprikaschoten und eingemachtemSauerkraut Ein Land geprägt von Durchhaltewillen, Korruption,erstarkter Demokratie und der steigenden Kluft zwischenArm und Reich

16Frühlingshaftes Scherzo Der Humorist Boris Dimovski über die etwas speziellenHintergründe der bulgarisch-schweizerischen Freundschaft

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DEZA-StandpunktKorruption – Herausforderung für Süden und Norden

21Silos für KubaÜber das ausgeweitete Engagement der DEZA in Fidel Castros Karibikstaat

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Vera für die FrauenIn Russland leiden Frauen und Kinder am meisten unter Menschenrechtsverletzungen

23Schützenhilfe für AmmanDie Schweiz ist eines der wichtigsten Geberländer für Jordanien, wo die meisten palästinensischen Flüchtlingeleben

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«Eine gute Seele, ein gutes Herz reichen nicht aus...»Drei Fachleute diskutieren über Grenzen, Sinn und Möglichkeiten der Freiwilligenarbeit in der Entwicklungs-zusammenarbeit

26Carte blancheDie Genfer Theaterdirektorin Anne Bisang über ein Theater, das die Welt verändert

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Zoom über die GrenzeEine Fotoausstellung zeigt in zehn eindrücklichen Repor-tagen Grenzen, Grenzgänger und Grenzerfahrungen

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DOSSIER

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Die Länder zwischen Guatemala und Panama kämp-fen! Waren es bis zu Beginn der neunziger Jahre dieBürgerkriege, welche Zentralamerika jahrzehntelangausgeblutet und die Menschen zermürbt hatten, blie-ben ihnen nur gerade ein paar Jahre Verschnauf- undAufbauzeit, bis die nächsten Katastrophen über sieherein brachen.

«Beben und Fluten fressen den mühsam erarbeite-ten, bescheidenen Wohlstand immer wieder weg.»Treffender und härter als von unserem Dossier-AutorRichard Bauer, der seit Jahren direkt aus der Regionberichtet, kann die Situation in Zentralamerika wohlkaum beschrieben werden. Und während er noch anseinem Artikel über Zentralamerika schrieb, bebtedie Erde in El Salvador schon wieder. Weil die DEZAum die Verwundbarkeit der Region weiss, sei diesdurch Naturkatastrophen oder politische Erdbeben,engagiert sie sich seit Jahren intensiv in Zentral-amerika. Eine erstarkte Zivilgesellschaft als Motor fürdie Demokratie und die Fähigkeit, sich untereinanderzu organisieren, steht dabei ganz vorne in ihrerPrioritätenliste. Lesen Sie dazu unser Zentralameri-ka-Dossier von Seite 6 bis 15.

Um eine stärkere Demokratie kämpft auch Bulga-rien. Das Balkan-Land schlägt sich zwar mit denNachwehen von Finanzkrisen, mit Korruption undder steigenden Kluft zwischen Arm und Reich he-

rum. Und trotzdem. «Die Bulgaren sind ein kräftigesVolk, wir haben so viel Schwieriges erlebt, dochergeben haben wir uns nicht – weil wir einen starkenWillen haben», sagt etwa Bäckermeister Georgi ausSofia im Bulgarien-Porträt (Seite 16). Und dass dieBulgaren neben einem ungebrochenen Willen übereinen ebenso deftigen wie feinen Humor verfügen,beweist der bulgarische Komiker Boris Dimovski mitseinem Beitrag auf Seite 20.

Und noch ein weiterer Blick «Über die Grenzen». Soheisst eine von der DEZA unterstützte Fotoausstel-lung, die in den nächsten Wochen und Monaten aufSchweizer Tournee geht und in zehn eindrücklichenReportagen Grenzen, Grenzgänger und Grenzerfah-rungen thematisiert. Einen ersten Vorgeschmack fin-den Sie ab Seite 30.

Harry SivecChef Medien und Kommunikation DEZA

Kampf gegen Katastrophen – Blicke über die Grenzen

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Editorial

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Unser Planet im Jahre 2001 (bf) 28737 Milliarden Dollar,soviel beträgt das weltweiteBruttosozialprodukt. Davonnehmen die entwickelten Länderden Löwenanteil ein, nämlich22 543 Milliarden Dollar.Die Aufteilung der weltweitenInvestitionen hebt den Unter-schieden zwischen Arm undReich noch mehr hervor, wer-den doch allein 75 Prozent dieser Investitionen zwischenEuropa und den USA getätigt.48 Prozent der 6 MilliardenMenschen auf der Erde lebenin Städten. In Europa leben 80Prozent in Städten.377 Millionen Menschen habenweltweit einen Internet Anschluss, davon 161,3Millionen in Nordamerika, 105,8Millionen in Europa und 4,2Millionen in Afrika.250 Millionen Kinder, die jün-ger sind als 14 Jahre, arbeiten aufder Erde.22 Millionen Flüchtlinge sindunter den Schutz des UNO-Hochkommissariats für Flücht-linge gestellt.2,5 Milliarden Menschen leidenweltweit an Krankheiten welchedurch schlechte Wasserversor-gung oder durch unsauberesWasser hervorgerufen sind.Die USA produzieren 70 Pro-zent der weltweiten, genmani-pulierten Kulturen,Argenti-nien 14 Prozent und Kanada 10Prozent.

Frau und Mann unter glei-chem Baum(jls) In Mali interessieren sichneuerdings Männer für dieGalambutter, ein Produkt, dasauf Einsammeln beruht und seitjeher Frauenarbeit war. DieFrauen lesen die Früchte diesesseltenen Baumes auf, verarbeitendie Kerne und verkaufen die daraus hergestellte Butter. DurchAufpfropfen entstanden nun verschiedene Arten von Galam-Bäumen und machten den

Baum noch interessanter. Lautdem Institut d’économie rurale(IER) in Bamako hat das Pfro-pfen, das lange als unmöglichgalt, in 50 Prozent der FälleErfolg. Die neuen Arten produ-zieren schon nach fünf JahrenFrüchte, während dies im Urzu-stand 15 bis 20 Jahre dauert.Deshalb wagen einige Bauernnun den Anbau dieser Bäume,denn sie sehen im Galam einzukunftsträchtiges Exportpro-dukt. So hat Dianguiné Keita vordrei Jahren zwei Hektaren damitbepflanzt: «Sobald ich damitGeld verdiene, werde ich überjene lachen, welche mich jetztverspotten und sagen, ich macheFrauenarbeit.»

Flucht nach vorne(bf) Bis anhin glichen die Be-gegnungen mit den Weissen fürPerus Matsiguenka-Indianer

meist einem Albtraum.Wo im-mer sie der Expansion im Wegestanden, wurden die Indianervertrieben, versklavt, umge-bracht. Sie flohen tiefer in denUrwald. Doch die Eroberer folg-ten ihnen auf dem Fuss. Nachden Kautschuksammlern kamenHolzfäller und Goldsucher. Erstnach und nach reifte bei denMatsiguenkas der Plan, nichtweiter zu fliehen, sondern dasVordringen der Weissen für eige-ne Zwecke zu nutzen. Jetzthaben sie ein eigenes Hotel, dieAlbergue de Matsiguenka, ge-baut. Zwölf auf Stelzen gebauteHütten mit steilen Dächern,damit weder Platzregen nochSumpf Schaden anrichten kön-nen. Es ist das erste Tourismus-projekt Perus, das vollkommenin den Händen der Indianerliegt. Mit den Einnahmen ausdem Hotel finanzieren die

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Indianer vorläufig die Schulbü-cher ihrer Kinder, obwohl esauch an Schuhen, Kleidern, Me-dikamenten,Werkzeugen undMotoren fehlt.

Zukunftsträchtiges Design(bf) Indien entdeckt für seineAlltagsprodukte das Öko-Design,das heisst Produkte aus wieder-verwerteten oder wiederverwert-baren Materialien. Bereits gibt’sRadios, Staubsauger, und jetzt istgar die Autoindustrie aufge-sprungen. «Wir arbeiten daran,dass die bekannte AutomarkeMaruti Zen zu 80 Prozent auswiederverwertbaren Materialienhergestellt wird», sagt GVSoumitri, Professor am IndianInstitute of Technology (ITT) inNew Delhi. Zusammen mit zweiUniversitäten aus Holland undPortugal entwickelt das ITTForschungsprogramme für Öko-Design in Europa und Asien.GV Soumitri ist vom Erfolg des

Programms überzeugt: «Öko-Design heisst nachhaltige Ent-wicklungen, es bedeutet aberauch bessere Produkte, wenigerAbfall, grössere Wirksamkeit,weniger Umweltverschmutzungund Rohmaterialverbrauch undnicht zuletzt erhöht es durchseine ökologische Grundhaltungdas Verkaufspotenzial.»

Besserer Knoblauchpreisdank Computer(bf) Gerade um einen Tag zufrüh verkaufte die BäuerinPadma Bai, 46, aus dem DorfTirla in der indischen ProvinzMadhya Pradesh, ihren Knob-lauch. Für das Kilogramm erhieltsie 17 Rupies.Als sie anderntagsan einem Computer des För-derungsprogramms Gyandoot(übersetzt: Botschaft des Wissens)sass, mit welchem die Provinz-verwaltung die ländliche Bevöl-kerung fördert, stellte sie zuihrem Erstaunen fest, dass der

Knoblauchpreis in den Nachbar-gemeinden ungleich höher aus-fiel. Seither checkt Padma Baivor dem Verkauf ihrer Produktejeweils die Preise auf demComputer. Bereits sind 600Dörfer über das Gyandoot-Intranet vernetzt und über einehalbe Million Menschen profi-tieren davon. Die Computer, aufdenen nicht nur Marktpreise ab-gerufen sondern auch Mails ver-

sendet oder die Verwaltung be-fragt werden, werden durcharbeitslose Jungendliche gewar-tet, welche wiederum durch dieService-Gebühren der Benutzerbezahlt werden.

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Kriege und Katastrophen

Tegucigalpa, Honduras

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Zentralamerika

Zentralamerika scheint Desaster an sich zu ziehen. Vom Reichdes Sisyphus ist die Rede. Sind es nicht Bürgerkriege oderWirtschaftskrisen, so stellen Hurrikane, Erdbeben oder Flut-wellen die meist arme Bevölkerung auf harte Bewährungs-proben. Beim Wiederaufbau und Vorbeugen sollen Fehler derVergangenheit vermieden werden. Von Richard Bauer*.

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Die Welt des 25jährigen Salvadorianers Luis Alon-so Bayre ist die Überlandstrasse. Um genau zu sein:ein Teilstück der vierspurigen Panamericana, derTraumstrasse der Welt, die hier Guatemala mitHonduras und Nicaragua verbindet.Täglich steuerter seinen Bus zwischen San Salvador und derProvinzstadt San Miguel hin und her.Als die Erdeam 13. Januar dieses Jahres bebte, war er eben da-bei, seine Passagiere an Bord zu bringen und abzu-fahren. Doch der gewaltige Erdstoss versetzte allein Panik, keiner wollte mehr reisen.So schnell habe er noch nie einen Bus leer bekom-men, erzählt der schmächtige Chauffeur. Selber ister froh, dass er nicht losgefahren ist. Seine Traum-strasse ist an mehreren Orten verschüttet, an einerStelle, bei San Vicente, liegt kirchturmhoch Erdeund Schutt auf dem Trassee. Auch Tage nach derKatastrophe haben die Bagger einen vollbesetztenAutobus noch nicht freigeschaufelt, der im falschenAugenblick die falsche Stelle passierte und vomErdrutsch zugeschüttet wurde. Keiner der Mitfah-rer dürfte überlebt haben.

Zerborstene Ziegel und gescheiterteMigrationDas Leben sei in seinem Land schon immer ge-fährlich gewesen, meint Luis Alonso. Früher habeman aufpassen müssen, dass man nicht zwischenGuerilleros und Soldaten geraten sei. Jetzt fahre er

meistens ohne Geld in der Tasche. Strassenräuberhaben seinen Bus bereits zweimal überfallen undgeplündert. Glück hatte er vor zwei Jahren beimWirbelsturm Mitch. Tagelang habe es geregnet,aber sein Haus habe standgehalten. Was Mitchnicht fertig brachte, das Erdbeben hat’s geschafft:Die aus Holzpfosten und Lehmziegeln erbauteHütte, wo er mit seinen Eltern inmitten von Kaf-feehainen und Vulkankegeln wohnt, sieht wie einPuppenhaus aus. Zwei Seitenwände sind einge-stürzt, zerborstene Dachziegel liegen herum.Drei Tage nach dem Beben bemüht sich der jungeMann um Hilfe für seinen Weiler ausserhalb vonSantiago de Maria im schwer gebeutelten Depar-tement Usulután. In der Nachbargemeinde hat dasSchweizerische Rote Kreuz begonnen, Decken,Schaumgummimatratzen, Plastikfolien und Well-blech zu verteilen. Er will erreichen, dass die Last-wagen auch in sein Dorf fahren. Eigentlich sei esein Zufall, dass er überhaupt hier sei und helfenkönne, sagt Luis Alonso. Erst vor einem Monatist er mutterseelenallein von einer abenteuerlichenFahrt an die mexikanisch-amerikanische Grenzezurückgekehrt. Vergeblich hat er versucht, bei ElPaso in die USA zu gelangen. Bei Landsleuten inLos Angeles wollte er Unterschlupf und Arbeit fin-den. Ob er es ein zweites Mal versuchen will?Natürlich, denn hier in El Salvador komme mandoch nie auf einen grünen Zweig.

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GefahrenzoneDas Aufeinandertreffenmehrerer tektonischerPlatten macht die Land-brücke zwischen Nord-und Südamerika für Erd-beben besonders anfällig.In den warmen Karibik-Gewässern nehmen jedesJahr Wirbelstürme Kursauf die Küsten. Über-schwemmungen wechselnmit Dürrezeiten ab. 1972zerstörte ein Erdbebendie nicaraguanischeHauptstadt Managua.1976 forderte ein Bebenin Guatemala 23000 Tote,1986 in El Salvador 1100.Der Hurrikan Mitch hinter-liess 1998 eine zerstörteRegion und mindestens10000 Opfer. Nach jederNaturkatastrophe sinktdas Bruttoinlandproduktder betroffenen Länderum zwei bis vier Prozent.

Estelí, Nicaragua

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Der tropische Wirbelsturm Mitch und das verhee-rende Erdbeben, das Anfangs Jahr vor allem El Sal-vador traf, haben Zentralamerika genau zu einemZeitpunkt heimgesucht, als man glaubte, mit derRegion gehe es endlich bergauf. Das Ende derBürgerkriege in Nicaragua (1990), El Salvador(1992) und Guatemala (1996) hatte nicht nur demjahrzehntelangen organisierten Blutvergiessen einEnde gesetzt, sondern auch die Grundlage für einneues Zusammenleben in den traditionell tief ge-spaltenen Gesellschaften geschaffen.

Stimmen für Ex-GuerillerosWer sich einst mit der Waffe in der Hand be-kämpfte, sitzt nun Seite an Seite im Parlament. DieAngst der Wähler schwindet, den ehemaligenGuerilleros, die eine unverfälschte Vertretung derInteressen der breiten Volksschichten versprechen,ihre Stimme an den Urnen zu geben. Ein weithinsichtbares Signal setzte zum Jahrtausendbeginn dieRückgabe des Panamakanals an die Panamaer. FürZentralamerika schloss sich ein Kapitel jahrzehn-telanger Fremdbestimmung durch die GrossmachtUSA.Von Guatemala bis Panama war in den 90er Jahreneine eigentliche Aufbruchstimmung zu spüren.Befriedung, Demokratisierung, marktwirtschaft-lich orientierte Wirtschaftsöffnung und tiefgrei-fende Staatsreformen prägten die Entwicklung.

Die unsinnig aufgeblähten Armeen, die für denideologischen Stellvertreterkrieg zwischen denGrossmächten hatten herhalten müssen, wurdenauf ein vernünftiges Mass reduziert, die Kriegs-veteranen beider Seiten – nicht zuletzt dank gross-zügiger internationaler Hilfe – ins zivile Leben ein-gegliedert.Ebenfalls mit finanzieller Unterstützung aus demAusland wurde mit dem Aufbau ziviler Polizei-korps begonnen. Mit einer neuen Mentalität ausge-rüstet, sollen die neuen Polizisten den Bürger tat-sächlich schützen und die Menschenrechte achten.Nicaragua erholte sich erstaunlich rasch von dersandinistischen Misswirtschaft der 80er Jahre. DieWirtschaft wuchs zwischen 1995 und 1998 jähr-lich um jeweils vier bis fünf Prozent. In El Sal-vador, wo der Befriedungsprozess dank UNO-Beihilfe wider Erwarten schmerzlos über die Büh-ne ging, spürte man einen enormen Nachhol-bedarf an Investitionen. Auch hier boomte dieWirtschaft in den Jahren nach dem Friedens-schluss.Guatemala allerdings ist noch weit davon entfernt,das anvisierte jährliche Wirtschaftswachstum vonsechs Prozent zu erreichen. In Honduras hat dieNiederlassung von Lohnveredelungsbetrieben dieExportwirtschaft stimuliert und die Abhängigkeitvon traditionellen Produkten wie Bananen undKaffee reduziert. Das Jahr nach Mitch brachte vor

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Katastrophenschutz«Katastrophen sindschicksalhaft. Aber dasAusmass, wie die Bevöl-kerung davon betroffenwird, hängt ab vom Zu-stand der Infrastruktureines Landes, von derGüterverteilung zwischenArm und Reich, aber auchwie die Institutionen desStaates organisiert sind.Im Falle von Zentral-amerika müssen regionaleStrategien gefunden wer-den, um das ganze Gebietgegenüber Naturkatas-trophen weniger verwund-bar zu machen. Notwen-dig ist auch ein besseresKrisenmanagement.»Ludger Volmer, Mitgliedder Grünen ParteiDeutschlands nach derBesichtigung der Erdbe-benschäden in El Salvador

Estelí, Nicaragua

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allem Honduras einen schweren Einbruch: DasBruttoinlandprodukt schrumpfte um schmerzvollevier Prozent. Nicaragua musste sich mit einemWachstum von 1,5 Prozent zufrieden geben.Wohl sind Demokratie und Marktwirtschaft inZentralamerika überall oberflächlich eingeführt,aber bei deren Vertiefung hapert es allenthalben.Ausser Costa Rica hat kein Staat eine basisdemo-kratische Vergangenheit. Die Bürger der zentral-

amerikanischen Republiken wissen nicht aus eige-ner Anschauung, was ein demokratisches Staats-wesen ist. Zu lange haben kleine Cliquen derOberschicht nach Gutdünken den Staat für ihreeigenen Interessen missbraucht, haben Diktatorenund Militärregierungen ihr Unwesen getrieben.Heute nehmen Armut und Kriminalität zu. Dieauf ein Mindestmass zurückgeschraubten Staats-ausgaben und die Auslandverschuldung erlaubenden Regierungen keine grossen Sprünge.

Die Katastrophenopfer sind die ArmenBeben und Fluten fressen den mühsam erarbeite-ten, bescheidenen Wohlstand immer wieder weg.Von den Katastrophen am meisten betroffen sinddabei die Armen. Das Beverly Hills von San PedroSula etwa, das vornehme Wohnquartier Bella Vista,erhöht an den Abhängen des Küstengebirges lie-gend, hat Mitch ohne Schaden überstanden. Über-flutet wurden dagegen die ungeplant wucherndenElendsquartiere entlang der Flüsse und die Hüttenin den landwirtschaftlich nicht nutzbaren Sumpf-gebieten. Dort würde kein vernünftiger Menschseine Heimstätte bauen, es sei denn, Unvorsichtig-keit oder mangelnder Baugrund trieben die Leutedazu. Schlammlawinen und Erdrutsche sinddurchwegs die Folge unverantwortlichen Abhol-zens und mangelnder Siedlungspolitik.Von Anfang an zeigten sich die Länder Zentral-

Haben Zentral- und Kommunalregierungen schonunter normalen Bedingungen mehr schlecht alsrecht funktioniert, so haben Hurrikan und Erd-beben deren Unfähigkeit zu planen, zu koordinie-ren und auszuführen, nur allzu deutlich offenbart.Der zähe Überlebenswille der geschädigten Be-völkerung, gepaart mit präzedenzloser ausländi-scher Solidarität, hat über alle bürokratischenHindernisse hinweg dazu beigetragen, sofort Not zu lindern. Selten haben weltweite Sammel-aktionen, vor allem in Spanien, Deutschland undden USA, aber auch im Rahmen der Glückskettein der Schweiz, ein derart grosses Echo gefunden,wie gerade im Fall Mitch. 35 Millionen Frankenspendeten die Schweizer spontan für die Not- undWiederaufbauhilfe. Die ersten Hilfssendungenstammten aus den USA, wo 600000 Honduranerleben, unter ihnen mindestens 80000 als illegaleEinwanderer.

Nachhaltig soll der Wiederaufbau seinAus der Schweiz sind in den letzten zwei Jahrenaus privaten Sammlungen und Steuergeldern 20Millionen Franken nach Zentralamerika geflossen.Der Wiederaufbau geht langsamer vor sich als essich Bevölkerung, Behörden und Hilfsorganisa-tionen wünschen. Aber saubere Planung brauchtihre Zeit, sagen Fachleute, wenn man Nachhaltig-keit und nicht Pflästerchenpolitik zum Ziel hat.

amerikas auf die Katastrophe von Mitch miserabelvorbereitet. Die Versäumnisse der Regierungen,rechtzeitig Hurrikan-Alarm zu geben, die anfäng-liche Tendenz, die Dimensionen des Desasters her-unterzuspielen, und die mangelhafte Vorbereitungder Behörden auf Katastropheneinsätze dürfte dieZahl der Opfer unnötig in die Höhe getrieben ha-ben. Später zeigte sich, dass die staatlichen Struk-turen von Entwicklungsländern wie Honduras,Nicaragua oder El Salvador den Herausforderun-gen des Wiederaufbaus nicht gewachsen sind.

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Die Schweiz inZentralamerikaZentralamerika ist eine derSchwerpunktregionen derschweizerischen Entwick-lungszusammenarbeit. Die DEZA legt dabei dasHauptgewicht auf Nicara-gua, Honduras und ElSalvador. Mit regionalenProjekten, welche auchdie übrigen Länder derRegion einschliessen, wirddie Zusammenarbeit zwi-schen den Ländern geför-dert. Die grosse Vertraut-heit mit der Region undden lokalen Institutionenhaben es der DEZAerlaubt, sowohl nach demWirbelsturm Mitch von1998 als auch nach demErdbeben in El Salvadorvom Januar dieses Jah-res, rasch humanitäreHilfe zu leisten. Die Ent-wicklungszusammenarbeithat nach beiden Katastro-phen ihre Anstrengungenin den bisherigen Schwer-punktbereichen verstärkt,um zum Wiederaufbau inder Region beizutragen.Letztes Jahr belief sich die gesamt Entwicklungs-zusammenarbeit vonDEZA und seco auf rund42 Millionen Franken, dievorab in Projekte derlandwirtschaftlichen Pro-duktion, von Trinkwasserund Siedlungshygiene,Unternehmensförderung,Guter Regierungsführungsowie Umwelt und Huma-nitärer Hilfe flossen.

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Zentralamerika

Handicaps gibt es viele: Keine verfügbaren Par-zellen für den Siedlungsaufbau, schwache Kapa-zität der Länder, Entwicklungsprogramme zu for-mulieren, bürokratische Ausschreibeverfahren fürBauten, langwierige Prozedere, um Genehmigun-gen der Umweltschutzbehörden einzuholen. Dernicaraguanische Präsident Alemán war der erste,der das Schlagwort von der «Transformation Zen-tralamerikas» in die Welt setzte. Mitch habe nichtnur Not gebracht, sondern eröffne den Länderneine unerhörte Chance, nicht nur das Zerstörtewieder aufzubauen, sondern frühere Mängel wiedas Fehlen von Raumplanung und Katastrophen-vorsorge systematisch auszumerzen.1999 trafen sich die Geberländer des Nordens mitden Regierungen der zentralamerikanischen

Länder in Stockholm. Gemeinsam wurden Priori-täten für den Wiederaufbau bestimmt und be-trächtliche Geldsummen zur Verfügung gestellt.Zentralamerika besser vor der Verwundbarkeitdurch Naturkatastrophen zu schützen war der ge-meinsame Nenner.Viele ausländische Geldgeber zeigen Berührungs-ängste gegenüber den Behörden. Diese sind fürihre Korruptionsanfälligkeit bekannt und von derHilfswelle hoffnungslos überrollt. Für die Kana-lisierung von Gütern und Geld sucht jedermannnach privaten Partnern oder von früherer Zu-sammenarbeit her bekannten verlässlichen Ge-meindeverwaltungen. Gerade in Nicaragua beste-hen seit der Zeit des Sandinismus Hunderte vonNichtregierungsorganisationen, die mit Solidari-tätsgruppen in anderen Ländern verknüpft sind.Ohne Zwischenschaltung des Zentralstaates sollendie von Not und Leid am meisten betroffenenMenschen direkt erreicht werden. Als wichtigerNebeneffekt wird damit die Zivilgesellschaft ge-stärkt. ■

* Richard Bauer ist Auslandkorrespondent der NeuenZürcher Zeitung/NZZ für Zentralamerika und dieKaribik mit Sitz in Mexiko

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Stimmzettel statt KugelnZentralamerikas Guerilla hatnach Entwaffnung und Ein-gliederung in die politischeSzene gute Wahlresultateerzielt. In Nicaragua hofftder Frente Sandinista deLiberación Nacional (FSLN)bei den Präsidentschafts-wahlen im November dieMacht im Land zurückzuer-obern. In El Salvador bautder Frente Farabundo Martíde Liberación Nacional(FMLN) seine Position alsAlternative zu den konser-vativen Kräften aus. In 80von 262 Gemeindebezir-ken, darunter der Haupt-stadt San Salvador, regiertder Frente. In Guatemalabesteht die Unidad Revolu-cionaria Nacional Guate-malteca (URNG) ihreBewährungsprobe. Dieehemalige Dachorganisa-tion verschiedener marxisti-scher Guerillagruppen hat1999 erstmals seit demFriedensschluss an Wahlenteilgenommen und einenAchtungserfolg erzielt.

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Eine Welt: Das regionale Wasser- und Ab-wassernetz für Zentralamerika (BRAS-CA)verbindet die vier ärmsten Länder derRegion.Weshalb hat sich diese Koordinationals unersetzbar erwiesen?Tony Brand: Diese Länder haben das amschlechtesten ausgebaute Wasser- und Abwasser-system ganz Zentralamerikas. Zahlreiche nationa-le, internationale, öffentliche und private Akteureversuchen, die Bedürfnisse der ärmsten Bevölke-rungsschichten zu erfüllen. Doch sie sind einge-schränkt, weil ein rechtlicher Rahmen fehlt, unddie aus dieser Situation entstandene institutionelleVermischung nicht optimal ist, um der Aufgabegerecht zu werden. 1992 zählte eine Mission, an

der mehrere Geldgeber beteiligt waren, 150 Insti-tutionen, Nichtregierungs-Organisationen (NRO)und im Wasserbereich aktive Programme. Zählenwir die Gemeinden mit, so kommen wir auf 1500bis 1800 verschiedene Einheiten in den vier Län-dern.

Das Netz wurde also 1992 geschaffen, umdieser Situation abzuhelfen.Wie funktioniertes?Das Netz stellt Geld, Ressourcen und Personal zurVerfügung. Es hat ein System zum Austausch vonInformationen,Technologien und Methoden auf-gebaut. Es beteiligt sich an den Debatten über dieWassergesetze und fördert darin den Einbezug derÄrmsten. Das ist eine weltweit einmalige Erfah-rung. Dadurch können die Finanzen optimal ein-gesetzt und bei den Bemühungen der Regierun-gen, Gemeinden, lokalen NROs und Zusammen-

arbeitsorganisationen Doppelspurigkeiten vermie-den werden. Während der beiden ersten Jahrewurde das Netz von der Weltbank verwaltet, wel-che die Verantwortung 1994 an die UNICEFabgab. Dem Exekutivausschuss gehören zur Zeitdie UNICEF, die DEZA, die amerikanische NROCARE und die für Trink- und Abwasserversor-gung zuständigen Staatsstellen der vier Länder an.

Wie koordinieren die verschiedenen Betei-ligten ihre Aktionen auf nationaler Ebene?In Honduras nahmen die DEZA, die UNICEF, dasGesundheitsministerium und die NRO Agua parael Pueblo im ganzen Land eine Evaluation derLatrinen vor. Daraus entstand ein nationales

Wasser- und Abwassernetz. Nach diesem Modellhat BRAS-CA dann Netze in den anderenLändern aufgebaut. Es ist ihr wichtig, dass dabeidie Staats- und Gemeindebehörden im Vorder-grund stehen. Diese vier Netze wachsen laufend,heute gehören ihnen bereits insgesamt 100 Mit-glieder an. Sie haben einen Einfluss auf die Mo-dernisierung des Sektors. Zur Zeit sind die Länderdaran, neue Gesetze auszuarbeiten, um ihre Insti-tutionen zu reformieren. Die nationalen Netzebeleben nicht nur die Diskussion, um einen Kon-sens zu erreichen, dank ihnen werden auch dieländlichen Bevölkerungsschichten nicht vergessen,welche in Bezug auf Wasser- und Abwasserdiensteunterversorgt sind.

Werden sie von den Regierungen ernst ge-nommen?In Honduras wollte man 1994/95 das chilenische

Kein Land Mittelamerikas verfügt über eine Organisation, diesich speziell um Wasser- und Abwasserprobleme kümmertund dafür auch verantwortlich ist. Dennoch sind in diesemBereich zahlreiche Akteure tätig. Ein von der UNICEF gelei-tetes Netz erleichtert ihre Koordination zwischen Nicaragua,Honduras, El Salvador und Guatemala. Sophie Delessert hatden Generalsekretär des Netzes, Tony Brand, getroffen.

Tony BrandDer Amerikaner Tony Brandlebt seit 19 Jahren in Zen-tralamerika, vor allem inHonduras und Guatemala.1984 gründete er Aguapara el Pueblo, eine hon-duranische NRO, die erwährend zehn Jahren leite-te. Von 1986 bis 1991arbeitete er als Korrespon-dent für die FernsehketteCNN und verschiedeneandere ausländische Me-dien. Als Experte leitete erdaraufhin verschiedeneProjekte im Sektor Wasser.Er war auch Entwicklungs-berater bei der Weltbankund bei internationalenNROs. 1992 half er mit,das honduranische Was-ser- und Abwassernetz zu gründen. Zwei Jahrespäter ernannten ihn dieGründungsorganisationenvon BRAS-CA zu ihremGeneralsekretär.

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oder das argentinische Modell übernehmen. Dasführte aber zu Problemen, weil diese Modelle aufdie Stadt zugeschnitten waren und damit dieArmen sowie die Land- und Bergregionen nichtberücksichtigt wurden. BRAS-CA und die natio-nalen Netze dagegen wurden zu Fürsprechern fürdie Armen. Langfristig besteht unser Ziel darin,dass jedes Land seinen Wassersektor nachhaltig undunabhängig organisiert, über das nationale Budgetfinanziert, und dass die internationale Gemein-schaft sich schrittweise zurück zieht. Deshalb be-steht unsere Priorität für die nächsten drei Jahredarin, die nationalen Netze autonomer werden zulassen.

Wie schätzen Sie die Zusammenarbeit zwi-schen der UNICEF und der DEZA ein?Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Orga-nisationen, welche sich gegenseitig respektierenund die gleichen Ziele anstreben, ist selbstver-ständlich. Ohne BRAS-CA hätten sie nie so engmit Mittelamerika zusammengearbeitet. Gemein-sam und in vier Ländern realisieren sie Aktivitätenin den Bereichen Hygieneerziehung, Ausbildungund Austausch im Wasser- und Abwasserbereich.Einem Netz schliesst man sich zum Geben wiezum Nehmen an. Die DEZA hat durch denAnschluss an das Konsortium die Möglichkeit, ihreAktivitäten auf Guatemala auszudehnen, wo siebisher nur beschränkt tätig war.

Wie kann BRAS-CA bei einer Katastrophewie dem Erdbeben vom 13. Januar in ElSalvador helfen?

BRAS-CA und die drei anderen nationalen Netzelieferten Spenden und trugen bei verschiedenenAspekten dieser Katastrophe zur Koordination bei.Ich bin seit dem Erdbeben persönlich in El Sal-vador, wo ich als Koordinator für die VereintenNationen und BRAS-CA im Wasserbereich arbei-te, und werde vermutlich noch sechs Monate blei-ben. Ich unterstütze das salvadorianische Netz, dasdie Schäden im gesamten Land evaluieren undeinen Plan für den Wiederaufbau der Wasser- undAbwassersysteme erstellen muss. ■

(Aus dem Französischen)

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Die GeldgeberDie DEZA ist einer derHauptgeldgeber vonBRAS-CA, das sie seitdessen Bestehen im Jahre1991 unterstützt. Ihre bis-herigen Beiträge beliefensich auf rund 2,5 MillionenFranken. Für die nächsteProjektphase 2001 bisEnde 2003, sieht dieDEZA eine Beteiligung inHöhe von 560 000 Fran-ken vor, was einem Dritteldes Budgets entspricht.Von den anderen Geld-gebern werden UNICEFund die amerikanischeUmweltschutzbehörde(EPA) je rund zehn Prozentübernehmen. Der Anteilvon CARE dürfte sich auf30 Prozent des Budgetsbelaufen. Für den Rest derFinanzierung kommen dievier betroffenen Länder auf.

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(dls) Im Oktober 1998 suchte der Hurrikan MitchNicaragua, Honduras, El Salvador und Guatemalaheim. Über 2,3 Millionen Menschen waren davonbetroffen. Die Katastrophe entpuppte sich imNachhinein als Katalysator, der die Zivilgesell-schaft stärkte. Der honduranische JournalistManuel Torres erinnert sich: «Es war die Bevöl-kerung, welche Honduras rettete. Die Regierungzeigte von Anfang an Schwäche. Eine Schwäche,die von den zehn Jahren Strukturanpassung herstammt: das neoliberale Modell hatte den Zweck,den Staat abzubauen, was ihn aber nicht effizientermachte. Deshalb hat der Staat die wirkliche Lei-tung der Hilfsoperationen sehr schnell an dieZivilgesellschaft abgegeben.»

Umfrage über die HilfeAuch in Nicaragua hat die Zivilgesellschaft in bei-spielhafter Weise auf die Katastrophe reagiert. Die

zivile Koordination für Notfälle und Wiederauf-bau (CCER) wurde kurz nachdem Mitch zuge-schlagen hatte geschaffen. Ihr gehören 349 Nicht-regierungs-Organisationen (NRO) an, sie verfolgtdrei Ziele: Die Koordinierung der Sofort- undWiederaufbauhilfe, das Sammeln von Informatio-nen über die Folgen der Katastrophe und dieBeeinflussung der öffentlichen Politik bei Repa-raturarbeiten und Wiederaufbau in Nicaragua.1999 und 2000 führte das NRO-Netz zwei Um-fragen bei 16200 Bürgerinnen und Bürgern durch,um herauszufinden, wie diese die Soforthilfe unddie Wiederaufbauprojekte wahrnahmen. «So konn-ten wir die wichtigsten Schwierigkeiten und Fort-schritte bei der Verteilung der Hilfe identifizieren.Ferner erlaubte es uns, die Modalitäten für denWiederaufbau besser zu definieren», erklärt CCER-Generalsekretärin Ana Quirós.Die Umfragen sollten auch helfen,Verwaltung und

In Zentralamerika ist die Demokratie erst zwanzig Jahre altund politischer Pluralismus noch nicht selbstverständlich.Aber die Lage verbessert sich laufend. Die Bevölkerung kannsich heute frei ausdrücken und organisieren. Sie dürfte zumMotor dieser zwar unvollständigen, aber stetig wachsendenDemokratien werden.

Gestärkte Menschen stärken Demokratien

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Zuteilung der für humanitäre Hilfe und Wieder-aufbau zur Verfügung gestellten Gelder transparen-ter zu machen. Seit einigen Jahren hat die Bevöl-kerung immer stärker das Gefühl, dass sie dieVerwendung der öffentlichen Finanzen überwa-chen muss. Diese Bewegung verstärkte sich mitden Befürchtungen, dass die Gelder der interna-tionalen Hilfe verschwendet oder veruntreut wer-den könnten.

Nahe bei den MenschenDie Umfragen der CCER zeigten auch, dass diebetroffene Bevölkerung die Arbeit der NROsschätzt, die Hilfe der Regierung hingegen als zubeschränkt anschaut. Für Ricardo Zambrana,Programmverantwortlicher bei CCER, ist dies eine der wichtigsten Erkenntnisse: «Einer derHauptvorteile der NROs ist es, dass sie nahe beiden Menschen sind. Sie kennen die Bedürfnisseder Basisgemeinschaften und sind vermutlich dieeinzigen, die landesweit reagieren können: beiHausbau, Trinkwasserversorgung usw. Die Rolle

der NROs ist demnach entscheidend, vor allem ineiner Zeit der Strukturanpassung,wo der Staat sichseiner sozialen Verpflichtung entledigt.»Die Beziehungen zwischen der Zivilgesellschaftund dem Staat sind von gegenseitigem Misstrauengeprägt. Da die Regierungen allein aber nichtfähig gewesen wären, den Wiederaufbau ihrer vonMitch heimgesuchten Länder durchzuführen, nah-men sie den Dialog mit der Zivilgesellschaft auf. InNicaragua ist aufgrund der verheerenden Folgender Katastrophe im August 1999 der NationaleRat für wirtschaftliche und soziale Planung(CONPES) geschaffen worden, eine konsultativeInstanz, deren Mitglieder NROs, Gewerkschaften,Arbeitgeberverbände, Universitäten und Basisge-meinschaften vertreten. «Der CONPES trägt dieForderungen an die sozioökonomische Politikzusammen, formuliert sie in angemessener Weiseund leitet sie an die Regierung weiter. Er verfolgt

die Umsetzung der Wirtschafts- und Sozialpolitikgenau. Und er schlägt Verbesserungen oder Kor-rekturen vor», erklärt CONPES-GeneralsekretärJosé Luis Velásquez.Zum ersten Mal in der Geschichte Nicaraguas

konnte sich die Zivilgesellschaft damit letztes Jahrzum nationalen Budget äussern. «Das Finanz-ministerium hat dann den CONPES darüberinformiert, was berücksichtigt wurde», stellt AnaQuirós fest, «das ist ein eindeutiger Fortschritt,denn nun fühlte sich die Regierung verpflichtet,Rechenschaft abzulegen.»

Forum in HondurasIm Oktober 2000 kam es in Honduras, dank derFinanzierung durch multilaterale und bilateraleZusammenarbeitsagenturen, zu denen auch dieDEZA gehört, zur Schaffung eines ähnlichenGremiums. Es handelt sich um das Forum zurStärkung der Demokratie, das den Dialog und den Konsens unter den sozialen, wirtschaftlichen undpolitischen Sektoren fördern will. Dieses Jahrorganisiert es Seminare für Medienleute, um dieÖffentlichkeit für die Entwicklungsproblematik zusensibilisieren sowie Debatten über Themen wieArmut und Menschenrechte zu führen. DieseVorarbeiten sollten zur Ausarbeitung konkreterPolitiken durch alle beteiligten Parteien führen.Für Efraín Díaz, den Gründer und Präsidenten deshonduranischen Zentrums für menschliche Ent-wicklung geht es dabei «um eine zuverlässigeInitiative und ein neues Instrument im Dienst derZivilgesellschaft, damit diese sich Gehör verschaf-fen und aktiv teilnehmen kann.» ■

(Aus dem Französischen)

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Eine Schlüsselrolle Letztes Jahr waren dieNROs für die Verteilungvon über der Hälfte desGeldes der SchweizerZusammenarbeit in Mittel-amerika verantwortlich. DieDEZA ist der Ansicht, dassdie Zivilgesellschaft bei derStärkung der demokrati-schen Werte, der nachhal-tigen Entwicklung und imKampf gegen die Armuteine wichtige Rolle spielt.Deshalb bevorzugt sie inihrer ZusammenarbeitPartner wie NROs, Ge-meinden, Basisvereinigun-gen und kleinere und mitt-lere Unternehmen desPrivatsektors.Im Jahr 2000 hat die DEZAin Nicaragua ein Programmzur Förderung der gutenVerwaltung der öffentlichenAngelegenheiten eingelei-tet, das den Zugang derArmen zur Justiz, zu denMenschenrechten und zumVerständnis in den Medienfördert. Damit lernen diearmen Bevölkerungs-schichten, sich zu organi-sieren und ihre Interessenzu verteidigen.

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Früher Morgen – Sofia erwacht.Vom naheliegen-den Vitoscha-Gebirge weht ein frischer Wind, ausder nahen Bäckerei in der Graf-Ignatiev-Strasseder Duft von warmem Brot. «Brot muss immer dasein!», sagt der alte Bäcker Georgi und mit fastreligiösem Ritual zieht er aus dem Backofen diefrisch gebackenen Brote. «Die Bulgaren mögenwarmes Brot vom Bäcker», weiss Meister Georgi.Der Betrieb, in dem sein Sohn früher gearbeitethatte, wurde geschlossen, weil er «unrentabel» warund Georgis Sohn wurde arbeitslos. Deshalb be-schlossen Vater und Sohn, ein «Familienbusiness»zu eröffnen. «Wir haben von Freunden Krediteaufgenommen. Es war schwer, aber wir glaubtenan den Erfolg. Jetzt geben wir sechs MenschenArbeit», sagt Meister Georgi stolz und verschenktein paar Blätterteigkuchen. Die kleinen Privat-unternehmer waren 1989 die ersten Schwalbender demokratischen Veränderungen in Bulgarien.Doch bald schon gaben in der bulgarischen«Marktwirtschaft» andere den Ton an.

Die Aufteilung des nationalen VermögensDie Wirtschaftsveränderungen in Bulgarien be-gannen im Zeichen der Aufteilung der früherstaatlichen Unternehmen im kleinen Kreis.Wäh-rend Leute wie Meister Georgi sich auf nichts alsihre eigenen Kräfte verliessen, begannen soge-nannt Rote Barone, ehemalige kommunistischePartei- und Staatsfunktionäre und hohe Offiziereder einstigen Staatssicherheit, mit dem Abzapfendes Kapitals im Lande.Ein bekannter Unternehmer erzählte in intimemKreis, wie man ihm vorschlug, «rotes Geld» in sei-ner Firma zu waschen. Innert kürzester Zeitwurde massenweise Geld ins Ausland gebracht –eine Kapitalflucht, die selbst unter postkommunis-tischen Staaten einmalig war. «Gewaschen» kameiniges Geld zurück und Banken schossen wiePilze aus dem Boden. Doch dieser scheinbareBoom dauerte nicht lange: 1996/97 kam es zueiner schweren Banken- und Finanzkrise. DieFolge war eine Hyperinflation von bis zu 600Prozent mit Preisschocks.In den darauf folgenden politischen Krisen ging esheftig zu und her. Das Parteihaus der bulgarischen

kommunistischen Partei ging in Flammen auf. DasMausoleum von Georgi Dimitroff, dem berühm-ten kommunistischen Führer, wurde zerstört.Achtmal wechselte bis 1997 die Regierung imKampf zwischen Shakespeares «Mounteken undKapuletten», zwischen Rot und Blau, zwischenden Sozialisten (Exkommunisten) und der Unionder demokratischen Kräfte (SDS).Der echte Umbruch kam erst 1997. Die Men-schen stürmten das Parlament. Die Massenmee-tings und Demonstrationen zwangen das erfolglo-se Rote Kabinett von Jan Widenow zum Rück-tritt. Die in der Folge vom Parlament gewählteRegierung des Demokraten Iwan Kostow ist dieerste, die ihr vierjähriges Mandat beenden kann – ohne vorgezogene Wahlen. Der Regierung Kos-tow gelang es, ein Programm umzusetzen, das zwarunpopulär war, jedoch wirtschaftliche Stabilitätbrachte. Der bulgarische Lew wurde an dieDeutsche Mark gebunden, was das Finanzsystemverstärkte. Viele unrentable Betriebe musstenschliessen, die Arbeitslosigkeit nahm stark zu, eineneue schwierige Erfahrung für die Bulgaren. Dievon vielen erhoffte Förderung kleiner und mittle-rer Unternehmen blieb aus.

«Jedes Büro hat seinen Preis»Kritisiert wurde die Regierung auch wegen derfehlenden Transparenz und der Korruption beiden Privatisierungen grosser Unternehmen. DenVizepremier nannte der Volksmund «Mister Zehn-prozent». Doch nicht nur ganz oben wird besto-chen. Das «Zentrum für Demokratieforschung»schätzt die Zahl der Bestechungsfälle auf 2300 proTag. «Ich zahle Schmiergeld in den Ministerien, imRathaus, beim Zoll. Jedes Büro hat seinen Preis»,sagt Hristo Pejtschev, der Elektronik importiert.Trotzdem, im Gefolge der politischen und ökono-mischen Stabilität nahmen die ausländischenInvestitionen endlich zu. Die Schweiz beispiels-weise hat bis 1999 mehr als 89 Millionen Dollarin Bulgarien investiert und nimmt damit den 11.Platz auf der Investorenliste ein. Der inzwischenfast völlig privatisierte Tourismus zeigte im ver-gangenen Jahr ein Wachstum von 13 Prozent. Derbulgarische Vizepremier Peter Jotew prognostizier-

Die jüngste Geschichte Bulgariens ist von erstarkter Demo-kratie, von Wirtschaftswachstum und Durchhaltewillen ge-prägt. Dennoch schlägt sich das Balkan-Land nach wie vormit den Nachwehen von Finanzkrisen, mit Korruption und derwachsenden Kluft zwischen Arm und Reich herum. Von TanjaHarisanowa*.

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Von gebackenen Paprikaschoten und eingemachtem Sauerkraut

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keine Arbeit haben; wo das durchschnittliche Mo-natsgehalt umgerechnet 210 Franken, die Renterund 60 Franken beträgt? Allein die Heizkostenfür eine Dreizimmerwohnung betragen rund 150Franken. «Ich heize nur ein Zimmer, um zu spa-ren», sagt die Rentnerin Maria Petrowa, «ohne dieHilfe der Kinder könnte ich nicht überleben.»Eines der Geheimnisse, wie man in Bulgarienüberlebt, ist die sogenannte «Einmachglas Wirt-schaft».Wer im Herbst durch Bulgarien fährt, denbegleitet der Duft von gebackenen Paprikascho-ten, von Sauerkraut und anderen eingemachtenKöstlichkeiten. Sowohl Bauern als auch Städtergleichen so das Familienbudget aus.Unübersehbar ist auch die wachsende Kluft zwi-schen Arm und Reich. Besonders augenfällig wirddies in den noblen Sofioter Quartieren von Bo-jana, Dragalevzi oder Simeonovo, wo neben den«Schlössern» der ex-kommunistischen Parteibossedie neuen superluxuriösen Wohnhäuser der Neu-reichen stehen. «Wer lebt gut in Bulgarien?», fragtman in einem Witz. Die ominöse Antwort: «Esläuft gerade ein Untersuchungsverfahren.»Heute gibt die Regierung einen ihrer grösstenFehler zu, nämlich dass sie kaum Chancen für dieEntwicklung von mittleren und kleinen Unter-nehmen geschaffen hatte und somit die Bildungeiner Mittelschicht verpasst wurde. BäckermeisterGeorgi bleibt trotz allem optimistisch. «Die Bul-garen sind ein kräftiges Volk», sagt er, «wir haben soviel Schwieriges erlebt, doch ergeben haben wiruns nicht – weil wir einen starken Willen haben.» ■

* Tanja Harisanowa hat in Sofia Germanistik undJournalistik studiert. Sie arbeitete als Wirtschaftsjourna-listin für das bulgarische Nationalradio. Zurzeit lebt siein Moskau, wo sie u.a. für bulgarische Zeitungen undZeitschriften arbeitet, sowie für die Deutsche Welle.

te am Weltwirtschaftsforum in Davos für die nächs-ten Jahre ein Wachstum des Bruttosozialproduktesvon durchschnittlich acht Prozent.«Es ist wunderbar, dass wir ohne Visa schon durchEuropa fahren dürfen, aber woher Geld dafür neh-men?», kommentieren die meisten Leute dieNachricht über die Abschaffung der Visabeschrän-kungen für Bulgaren.«Die unbestreitbar positiven politischen und wirt-schaftlichen Veränderungen der letzten vier Jahresind von vielen Bürgern kaum wahrgenommenworden», sagte Präsident Peter Stojanow in seinerNeujahrsansprache: «Die Bürger möchten dieErfolge auch in ihrem Portemonnaie spüren, dochfür die meisten war dies leider auch im letzten Jahrnicht der Fall.» Wegen der verspäteten Reformenist der Preis, den die Menschen zu bezahlen haben,in Bulgarien höher als in anderen postsozialisti-schen Ländern Zentral- und Südosteuropas.

Junge emigrieren«Zwei Jahre war ich arbeitslos. Mein Mann hatzwei verschiedene Stellen und trotzdem reicht unsdas Geld nicht. Die Kosten der Wohnung schlu-cken die Hälfte des Einkommens», sagt die Nach-barin von Meister Georgi, eine Frau mittlerenAlters, die einen kleinen Zeitungskiosk betreibt.Zdravka Gentschewa kann sich nicht erinnern,wann sie zum letzten Mal Kleider oder Büchergekauft hat: «Ich habe die Hoffnung verloren, dasses je wieder besser gehen könnte.» Auch vieleJunge sehen keine Perspektive. Doch sie habenkeine Geduld zu warten und emigrieren. Übereine halbe Million junger Bulgaren – die meistendavon mit höchsten beruflichen Qualifikationen –haben das Land verlassen.«Brain drain» (Abwanderung von Wissen) ist einhoch aktuelles Thema im heutigen Bulgarien.Werwill schon in einem Land leben, wo nach offiziel-len Angaben 16 Prozent, nach inoffiziellen Schät-zungen sogar mehr als ein Viertel der Menschen

Das Ding im AlltagDie bulgarische GajdaDer Dudelsack – auf bul-garisch «Gajda» – ist eintypisches bulgarischesVolksinstrument ausLammfilz. Ein ähnlichesInstrument haben nur dieSchottländer. Der spezi-fische Klang erschallt seituralten Zeiten auf Hoch-zeiten und Volksfesten. ImRhodopengebirge, derHeimat des mythologi-schen Sängers Orpheus,ist die Gajda grösser als in anderen Regionen und hat einen tieferen, dichtenKlang. Man nennt ihn«Kaba-Gajda». In beson-ders festlichen Momentensammeln sich bis 100Kaba-Gajda-Spieler. IhreMusik gehört zum Schöns-ten, was die bulgarischeVolksmusik zu bieten hat.

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(bf) Bulgarien ist eines jener Länder, mit welchendie Schweiz erst seit relativ kurzer Zeit, nämlichseit 1992 – nach dem Verschwinden des EisernenVorhangs – aktiv zusammenarbeitet. Das Koordi-nationsbüro in Sofia betreut dabei ein Budget vonjährlich rund sechs Millionen Franken, mit wel-chem Projekte in vier Tätigkeitsgebieten finanziertwerden.

Demokratisierungsprozess, Staatsbürgerschaft(Citoyenneté), Dezentralisierung:In der Gebirgsregion von Stara Planina inZentralbulgarien werden Effizienz und Selbstän-digkeit der regionalen und kommunalen Institu-tionen gefördert, indem lokale Akteure (Gemein-deverwaltungen, Unternehmen, Vereinigungenetc.) an einen Tisch gebracht, und Projekte zurVerbesserung des Öffentlichen Diensts aufgegleistwerden. Weitere Projekte zielen auf die Stärkungder bulgarischen Gewerkschaften in ihrer Rolle alsaktive Sozialpartner sowie die Restaurierung von

öffentlichen und historischen Gebäuden durchErwerbslose in Veliko Tarnovo.Biodiversität: Die Einführung und Weiterver-breitung von biologischen Produktionsmethodenfördert eine nachhaltige Landwirtschaft. Zudemwird eine verbesserte Nutzung von Waldressour-cen angestrebt. Eine gezielte Raumplanungschützt die biologische Vielfalt und wahrt dieStabilität der Ökosysteme.Sozialnetz: Im Vordergrund steht der Aufbaueiner obligatorischen Krankenversicherung miteinem Ausbildungsprogramm für das Kader.Gleichzeitig bestehen verschiedene Partnerschaf-ten zwischen diversen Schweizer und bulgarischenSpitälern sowie eine Unterstützung der Tuberku-lose-Bekämpfung.Unternehmensförderung: Weil die Anerken-nung von kleinen und mittleren Unternehmun-gen (KMU) in Bulgarien keine Tradition hat, wirdin ländlichen Gebieten die Entwicklung vonKMUs gefördert.

Zahlen und Fakten

StaatsformParlamentarische Republik

HauptstadtSofia

Fläche110993 km2

Bevölkerung8,2 Millionen Menschen,davon 86% Bulgaren 9% Türken 4% Romas 1% andere Minderheiten

SpracheBulgarisch

ReligionenChristen 87%Muslime 13%

WirtschaftssektorenIndustrie 28% Landwirtschaft 24%Dienstleistungen 22%Bau 6%weitere Bereiche der ma-teriellen Produktion 20%

WichtigsteProduktionszweige:Chemische Industrie 22% Nahrungs-, Tabak- undGetränkeindustrie 19%Maschinenbau 13%Metallurgie 6%

Rohstoffe: Eisen- und Bleizinkerz,Kupfer, Kohlen-, Uranium-und Goldminen

Die Schweiz und Bulgarien: Seit neun Jahren auf vier Achsen

Bulgarien

Aus der Geschichte

681 Die Ur-Bulgaren ziehen während der grossen Völkerwanderung aus der Region des Pamir-Gebirges in Asien auf den Balkan. Zusammen mit lokalen slawischen und thrakischen Stäm-men gründen sie den ersten bulgarischen Staat.An dessen Spitze steht der urbulgarische Khan Asparuch.

864 Knjaz Boris der Erste erklärt das Christentum zur offiziellen Religion.Aus politischen Gründen richtet man sich nach Konstantinopel (Byzanz) aus.

1018 Bulgarien wird von Byzanz erobert. Nach einem Aufstand im Jahr 1186 wird das Zweite bulgarische Königreich gegründet. Im 14. Jahr-hundert schwächen Kämpfe der Feudalherren den Staat und 1396 fällt Bulgarien unter türki-sche Herrschaft.

1878 Nach dem russischtürkischen Befreiungskrieg,wird der bulgarische Staat wieder aufgebaut.Das Land wird als eine parlamentarische Monarchie mit Sofia als Hauptstadt proklamiert.

1879 Prinz Alexander von Battenberg wird von der Nationalversammlung zum ersten Fürsten gewählt.

1912 Unter russischem Einfluss schliesst sich Bulga-rien im Frühjahr mit Serbien, Griechenland und Montenegro zum Balkanbund zusammen.Im 1. Balkankrieg (Okt. 1912 bis Mai 1913)

trägt Bulgarien die Hauptlast des Kampfes gegen die Türkei. Die Verteilung des eroberten Gebietes führt zu Streitigkeiten mit seinen Verbündeten und zum 2. Balkankrieg.

1915/ In den beiden Weltkriegen steht das Land 1941 auf der Seite Deutschlands und erleidet zweimal

eine nationale Katastrophe.Am 5. September 1944 nimmt die sowjetische Armee Bulgarien ein. Laut dem Abkommen von Jalta gehört es nach 1944 zur sowjetischen Einflusszone.

1946 Proklamation der Volksrepublik Bulgarien. Ein Jahr später erhält das Land eine republikanische Verfassung.

1948 Bulgarien muss mit der Sowjetunion einen Freundschafts- und Beistandspakt abschliessen und 1949 denjenigen mit Jugoslawien kündigen.

1950 Der Stalinist Tscherwenkow wird Minister-präsident und die diplomatischen Beziehungen zu den USA werden unterbrochen.

1989 Am 10. November nehmen die demokratischenVeränderungen ihren Anfang. 1990 wird Jelju Jelew der erste demokratisch gewählte Präsident.1991 erhält das Land eine neue Verfassung. Seit 1997 ist Peter Stojanow Präsident.

Sofia

Bulgarien

Rumänien

JugoslawienSchwarzesMeer

ÄgäischesMeer

Griechenland

Türkei

Mazedonien

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Wir Bulgarinnen und Bulgaren sind gut erzogenund haben keine Freude am Rinderwahnsinn.Wirsind keine Alkoholiker, aber wenn wir trinken,dann Wein und nicht Milch. Trinken wir nicht,dann ist es, weil wir keine Mezes (Aperohäppchen)haben, die mit Rakya (einem bulgarischen Schnaps)genossen werden, also weil wir arm sind.

Mit Gottes Segen sind wir schlank, ohne dass wirins Fitnesscenter gehen müssen. In unseren Stras-sen ist jedes zweite Mädchen eine Miss Univer-sum, aber das Universum selbst bleibt einmalig.Das ist eines der vielen Geheimnisse des Lebens.Dieses Geheimnis «Leben» folgt uns wie einSchatten, macht uns aber keine Angst. Ganz imGegenteil, das Geheimnis hat Angst vor uns, denBulgaren! Ein solches Geheimnis, mit so vielenUnbekannten, ist von einer Komplexität, wie siedem Universum noch nie zu Ohren gekommenist, und noch weniger unter die Augen.

Nein, wir haben nicht genug Kraft, um zu ver-zweifeln. Deshalb tragen wir den Kopf hoch. DerFeind lauert auf uns, und wir lauern auf ihn. DerTeufel Patriotismus macht uns hochmütig! Aberwarum nicht? Der König Kapital hilft nur denReichen, aber deshalb beleidigen wir ihn nicht,schliesslich sind wir zivilisiert.

Gott hat uns nicht vergessen: wir haben ihm dieVorstellung zu verdanken, dass die Schweiz soschön ist wie Bulgarien, er hat uns gezeigt, dassunsere Felsen so schön sind wie die Alpen und dieSchweizer Kuhglocken so schön wie jene mit dreiOktaven, welche die bulgarischen Kühe tragen...Unsere Hirten spielen nach einem synkopischenTakt, während jene im Land von Wilhelm Telleinem Zwei-, Drei- oder Viervierteltakt folgen.Wie langweilig! Aber wir bedauern sie nicht, denn

sie wissen noch nicht, was die Tschalga ist (ein vorKurzem aufgetauchter Musikstil, eine fürchterlichePop-Folk-Hybride), dieser G-Schlüssel der Lange-weile, diese Cholera, dieses AIDS der Musik.Aberwir, wir sind immun und deshalb schauen wirmit einem schadenfreudigen Blick auf unsereSchweizer Gäste, welche in unseren Zwei-, Drei-oder sogar Fünfsternlokalen mit den Stars desTschalga trinken.Auch die Schweizer sind für unsBulgaren etwas Unverständliches: Hat ihnen Gottdie Arbeit eingehämmert? Was anderes als eineheilige Erleuchtung – ora et labora – kann sieinspirieren und ihnen wie ein Schatten folgen?Während wir frivolen Vögel das «Vater Unser»zwitschern. Ganze Nächte lang zählen wir dasGeld der Reichen und danach fehlt uns die Zeit,den Schnee vor den Türen wegzuwischen. Aberder Frühling ist nah und bald krempeln wir vollerFreude unsere Ärmel auf...

Unser Optimismus und unsere Geduld sindunendlich. Ist die Welt nicht auch unendlich? ImUniversum hat es Platz für zahlreiche Konzepte,für schwarze Löcher und für weisser denn weissesGeld auf den Banken. Es ist keine Schande, wennman von der Schweiz etwas lernt – zum Beispieldie Aufzucht von Bernhardinern, damit sie unsgratis Cognac und Mezes bringen. Und wir wür-den ihnen im Gegenzug gut 20 jener Mischlingegeben, die auf unseren Strassen herum irren.

Es lebe die bulgarisch-schweizerische Freundschaft!Es lebe die Schweizer Sprache! ■

(Aus dem Französischen)

Boris Dimovski ist einsehr bekannter Humoristin Bulgarien. Seit Jahrenveröffentlicht er jedeWoche in der bulgarischenPresse zur grossen Freudeder Leser äusserst kri-tische Karikaturen miteinem bissigen und galli-gen Humor. Zu seinemArtikel in «Eine Welt» stelltsich Dimovski mit einerKarikatur von sich selbstund mit den Worten vor:«Ich wurde vor 75 Jahrenim Rhodopen-Gebirgegeboren, bin Illustrator,Karikaturist, Drehbuch-autor. Orpheus hat mirgeraten, zu zeichnen, und die Musik trotz allemzu lieben. Mein liebstesHobby ist die Geschichte...aber ich habe fünf Kinderund Enkel. Mein Sponsorist Gott.»

Frühlingshaftes Scherzo

Stimme aus... Bulgarien

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Das Thema «Korruption» bewegt – links undrechts – die Medien ebenso wie die Politik.Mindestens zehn Mal pro Jahr steht der Bundesratin dieser Frage dem Parlament gegenüber Redund Antwort. Die Anliegen reichen von der Sorgeum eine korrekte Verwendung schweizerischerHilfsgelder im Ausland, über die Rolle derSchweiz im Zusammenhang mit Fluchtgeldernaus Entwicklungsländern bis hin zur Frage, wieman das schweizerische Recht im Hinblick aufeine bessere, international koordinierte Korrup-tionsbekämpfung modernisieren müsste.

Vorbei sind die Zeiten, in welchen Korruption nur«bei den anderen» ein Thema war. Korruption istheute zu einer gemeinsamen Herausforderung desNordens und des Südens, des Ostens wie desWestens geworden.

In den neunziger Jahren haben die reichenIndustrieländer erkannt und akzeptiert, dass auchihnen eine Mitverantwortung zukommt für dasProblem. Unternehmen, die in Ländern mit insta-bilen wirtschaftlichen Verhältnissen als Exporteureoder Investoren tätig sind, sind besonders derVersuchung ausgesetzt, zum Mittel der Bestechungzu greifen, um zum Vertragsabschluss oder zu vor-teilhaften Geschäftsbedingungen zu kommen. Da-mit tragen sie selber direkt zu einer Verzerrung derMarktzugangs-Bedingungen und zur Verfälschungvon echtem Wettbewerb bei.

Darüber hinaus ist sich die internationale Staaten-welt mittlerweile auch bewusst, dass Finanzplätzeneine Schlüsselrolle im Bestechungsgeschäft grossenStils zukommt. Diese eignen sich dazu, Schmier-gelderfonds und Konten zu errichten, die dann fürBestechungspraktiken und andere illegale Zweckeverwendet werden. Finanzplätze werden zudemregelmässig zur Wäscherei von illegalen Geldernund daraus erworbenen Gewinnen missbraucht.

Wo steht die Entwicklungszusammenarbeit in die-sem ganzen Geflecht? Zum einen hat die DEZAfür eine möglichst korruptionsfreie Verwendungder ihr anvertrauten Mittel zu sorgen. Das tut sie(und gehört gemäss der OECD zur Gruppe derLänder, die das Problem am energischsten angeht).Zum anderen sind wir im täglichem Kontakt mitwirtschaftlich schwachen Partnerländern undinternationalen Organisationen. Wir sind aberauch regelmässig dem pauschalen Vorwurf ausge-setzt, die Schweiz sei ein Komplizenregime vonkorrupten Eliten in Entwicklungsländern. Obwohldie Schweiz in den letzten zehn Jahren im inter-nationalen Vergleich sehr viel getan hat, um denMissbrauch des Finanzplatzes Schweiz zu verhin-dern, blieben der internationalen Gemeinschaftgewisse Schwachstellen und die anhaltende An-ziehungskraft des Finanzplatzes für kriminelleMachenschaften nicht verborgen.

Offensichtlich hat die Schweiz in der Korrup-tionsthematik einen zwiespältigen internationalenRuf. Eine Aussenpolitik, die sich die Förderungvon Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und denMenschenrechten ausserhalb der Landesgrenzenzu eigen macht, stellt hohe Ansprüche an dieGlaubwürdigkeit der eigenen Politik. Ein kohä-renter Auftritt der verschiedenen Akteure derschweizerischen Aussenpolitik sowie die Respek-tierung internationaler rechtsstaatlicher Anliegenin der Schweiz selbst ist grundlegende Voraus-setzung, um derartige Anliegen überzeugend ver-treten zu können. Gerade in der Korruptions-problematik ist nicht nur die DEZA, sondern diegesamte Bundespolitik gefordert. ■

Walter FustDirektor der DEZA

Korruption – Herausforderung fürSüden und Norden

DEZA-Standpunkt

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(mr) Der Taxifahrer Felipe Fernandez aus Vignalesbringt es auf den Punkt: «Jetzt geht es mit Kubalangsam wieder aufwärts». Wer die Insel in derKaribik durchreist, erhält den gleichen Eindruck:Das von Fidel Castro 1990 eingeleitete Notstands-programm und der Entscheid, das Land demSegen der Touristendollars zu öffnen, bringt ersteVerbesserungen. Die harte wirtschaftliche Krise, indie Kuba nach dem Zerfall der Sowjetunion unddem Wegfall der wichtigsten Handelspartner gera-ten war, scheint sich langsam zu ebnen.Auch RuthHuber, Programmbeauftragte der DEZA-SektionLateinamerika, ist optimistisch: «In den letztenJahren ist in Kuba zudem ein wichtiger Wand-lungsprozess angelaufen, der zu – wenn auch nochkleinen – Öffnungen im wirtschaftlichen undpolitischen Bereich geführt hat.»

Verbesserte ErnährungssicherheitAus diesem Grund hat die DEZA beschlossen, dieschon bestehende Zusammenarbeit mit Kuba aus-zubauen. Seit September 2000 läuft eine dreijähri-ge Pilotphase für den Aufbau eines Entwick-lungsprogramms. Der neue Mann und Koordina-tor der DEZA in Havanna heisst Olivier Ber-thoud. Er hat sich vorerst im Gebäude desUNO-Entwicklungsprogramms (UNDP) einge-

richtet und wird nach dem Umbau der Botschaftin die Schweizer Residenz einziehen.Das erste Projekt, welches demnächst in den Re-gionen Holguin und Santa Clara startet, willKleinbauern und Bauernkooperativen helfen,Nachernteverluste bei Bohnen, Reis und Mais zuvermindern. Die lokalen Handwerker sollen ler-nen, hermetische Metallsilos für die Aufbewah-rung der Ernte zu bauen (siehe Bild links). Diesogenannte Post-cosecha-Technologie wurde inZentralamerika entwickelt und hat sich dort be-währt. Unter reger Beteiligung von 15 kubani-schen Fachleuten wurde bereits ein Planungs-seminar durchgeführt, welches bestätigte, dass eineverbesserte Lagerhaltung von den Bauern sehrerwünscht ist, da sie Möglichkeiten bietet, dieErnährungssicherheit zu verbessern sowie diePreise auf den Bauernmärkten zu stabilisieren.«Während der ersten Dreijahresphase», freut sichRuth Huber, «können laut Planungsseminar 14Instruktoren und 136 Handwerker ausgebildet und11500 Silos gebaut und verkauft werden.» ■

Die DEZA hat seit September letzen Jahres ihr Engagement inKuba ausgeweitet: Ein dreijähriges Pilotprogramm soll es er-möglichen, den kubanischen Kontext und seine Institutionenbesser kennenzulernen, damit weitere Schritte geplant wer-den können.

Die Ziele der Pilotphase des Kuba-Sonderpro-gramms• Kenntnisse über den

Kontext in Kuba erwer-ben, als Grundlage für den Entscheid über ein künftiges Sonderpro-gramm.

• Die Bevölkerung in zentra-len Problembereichen unterstützen, sowohl durch Aktionen der huma-nitären Hilfe als auch durch Projekte zur Förde-rung der wirtschaftlichen Entwicklung.

• Einen Beitrag leisten zur Stärkung der Zivilgesell-schaft und ihrer Institutio-nen.

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chologische Beratung geboten und ein Nottelefoneingerichtet werden. «Oft wissen die Frauen nicht,dass sie Rechte und Ansprüche haben, die sie ver-teidigen können», sagt Dorothea Kolde, stellvertre-tende Leiterin des DEZA-Koordinationsbüros inMoskau.Die meisten Frauen, die sich an die Beratungsstellewenden, sind Gewaltopfer. Häufig erzählen sie,dass sich ihre Männer betrinken, die Kinder ver-ängstigen und sie schlagen. Doch auch nach derScheidung stehen die Probleme nicht aus, denndas Paar ist aus finanziellen Gründen oft dazugezwungen, in derselben Wohnung weiter zu le-ben. Eine zweite Wohnung zu kaufen, liegt nichtdrin, und es existieren praktisch keine Miet-wohnungen. «Die Situation spitzt sich zu», erklärtDorothea Kolde, «wenn der Mann die neue Frauin die Wohnung mitbringt und alle auf engstemRaum zusammenleben müssen. Die betroffenenFrauen wenden sich dann oft für Rechtshilfe undpsychologische Beratung an die Frauenrechts-organisation.» ■

Unterstützung vonMenschenrechtsorga-nisationen in derRussischen FöderationDie DEZA unterstützt zur-zeit in der RussischenFöderation verschiedeneMenschenrechtsprojekte,zehn davon im Süden, inden Regionen Rostov undKrasnodar, 15 in Moskauund eines in Bashkorto-stan. Projektpartner istder Genfer Verein LibertyRoad. Die vierte Projekt-phase läuft in diesen Ta-gen aus. Die Abteilung fürZusammenarbeit mitOsteuropa und der GUS(AZO) der DEZA bleibtauch weiterhin, nach einermethodisch-operationellenNeuorientierung im BereichMenschenrechte in derRussischen Föderationaktiv.

(mr) Die Frauen- und MenschenrechtlerinAlexandra Pyatakova ist das, was man hierzulandeeine Power-Frau nennen würde. Die 51jährigeJuristin, Gemeinderätin, Duma-Kandidatin undzweifache Mutter ist denn auch die tragende Kraftder ersten Frauenorganisation der RegionRostov. Gegründet wurde der Verein «Vera,Nadezhda, Lyubov» (Glaube, Hoffnung, Liebe),dem die Frauenrechtlerin vorsteht, 1996 in dereinstigen Kosaken-Hauptstadt Novosherkassk imSüdwesten der sechstgrössten Region der Rus-sischen Föderation. Arbeit haben die 15 Frauen,die grösstenteils auf freiwilliger Basis im Vereintätig sind, zuhauf. Die Juristinnen von «Vera,Nadezhda, Lyubov» organisieren Konferenzenund Podien zu Menschenrechtsfragen, bieten denFrauen aus der Region Rechtshilfe und verfassenfür die lokale Presse juristische Artikel.

Frauen als GewaltopferMit dem Projekt «Gesellschaftliche und rechtlicheBeratung für Frauen in Not» wurde der Verein1998 erstmals finanziell von der DEZA unter-stützt. Den Frauen aus Novosherkassk sollte dankdiesem Projekt nebst der Rechtshilfe auch psy-

Auch nach der Ratifizierung der Europäischen Menschen-rechtskonvention sind in der Russischen Föderation Men-schenrechtsverletzungen verbreitet. Darunter leiden oft Frau-en und Kinder.

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(mr) Wenn Adrian Gnägi, der künftige DEZA-Koordinator in Amman, von seiner neuenHerausforderung erzählt, kommt Leben in seineAugen. In einigen Wochen ist es soweit: Das neueDEZA-Büro in Jordanien, dem Adrian Gnägi vor-steht, nimmt seine Arbeit auf. Ein neues Büro imMittleren Osten, aber kein eigentlich neues Enga-gement, denn die Schweiz engagiert sich schonseit Jahrzehnten in dieser Region, insbesondere inder Frage der palästinensischen Flüchtlinge.Bisher wurden die Tätigkeit vom Schweizer Ver-bindungsbüro in Westbank und Gaza aus koordi-niert. Doch seit einigen Jahren ist das Programmkontinuierlich gewachsen und braucht zusätzlicheKapazitäten, die nun von Amman aus gewährleis-tet werden.In den 90er Jahren ist die UNO-Organisation fürdie palästinensischen Flüchtlinge (UNRWA) zu-nehmend in eine Strukturkrise geraten und bekamumgehend Schützenhilfe aus der Schweiz.

DEZA als wichtige Mittlerin So übernahm in den letzten Jahren die Schweizeine Koordinationsrolle unter den UNRWA-

Gebern und Gastländern und hat sich dadurcheinen guten Ruf erarbeitet. «Der Schweiz wirdheute zugestanden, eine besondere Rolle als Mitt-lerin für das Erarbeiten von Lösungsansätzen ope-rationeller Probleme im Flüchtlingsbereich innezu haben», freut sich Adrian Gnägi. Nebst denbereits bestehenden Flüchtlingsprogrammen inJordanien, Libanon und Syrien wird sich dasDEZA-Büro in Amman auch mit einer neuenTätigkeit befassen: Eine neue Reflexionsplattformsoll den Austausch zwischen Gebern, Gastländernund Organisationen in Bezug auf die humanitärenProbleme der Flüchtlinge ermöglichen.Falls in nächster Zeit ein Friedensabkommenunterschrieben werden sollte, kommt eine grosseAufgabe auf die Humanitäre Hilfe und auch aufdas neue DEZA-Büro in Amman zu: Es könntedas grösste Rückführungs- und Integrationspro-gramm für Flüchtlinge seit dem zweiten Weltkriegwerden. ■

In Jordanien, dem Land mit dem grössten Anteil palästinensi-scher Flüchtlinge, eröffnet die DEZA diesen Sommer einneues Büro. Die Schweiz hat die palästinensischen Flücht-linge in den letzten 50 Jahren mit 150 Millionen Frankenunterstützt und ist eines der wichtigsten Geberländer.

GrosseFlüchtlingsgruppeDie palästinensischenFlüchtlinge sind weltweiteine der grössten Flücht-lingsgruppen. Als 1948 der Staat Israelentstand, flüchteten700000 Palästinenserin-nen und Palästinenser.1967 im Sechstagekrieg,als Israel Gaza undWestbank besetzte, flohennochmals mehrere hun-derttausend Menschen.Heute gibt es ungefähr 3,7 Millionen bei der UNOregistrierte und etwa 1,5Millionen nicht registriertepalästinensische Flücht-linge. Gut 42 Prozent die-ser Flüchtlinge leben inJordanien, die meisten vonihnen sind jordanischeStaatsbürger geworden.

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Ausweitung der Arbeitszeit-modelle(bf) Die Direktion hat einemPilotprojekt zugestimmt, mitwelchem alternative Arbeits-formen in der DEZA auspro-biert und auf ihre Umsetzbarkeitund Alltagstauglichkeit überprüftwerden. Dazu gehören insbeson-dere das Jobsharing (Aufteilungeiner Stelle auf zwei Personen),die auf einzelne Tage beschränk-te Telearbeit (die Mitarbeiterinoder der Mitarbeiter arbeitetzuhause und ist über elektro-nische Kommunikationsmittelmit der Zentrale verbunden), dieTeilzeitstelle für Führungsfunk-tion, die Führungsfunktion miteinem Anteil Telearbeit sowie diegeteilte Stellvertretung. Bis Ende2001 soll herausgefunden wer-den, unter welchen Voraussetz-ungen und Bedingungen diesealternativen Modelle definitiveingeführt werden können.

Indischer Preis(bf) Erfolg für die DEZA-Ab-teilung Natürliche Ressourcenund Umwelt. Seit 1994 finan-ziert sie ein Projekt über dieindische Nichtregierungs-Organisation TERI (Tara EnergyResearch Institute), welches dieindische Glasindustrie in derStadt Firozabad gleich auf meh-reren Ebenen revolutionierte.Das Projekt wurde nun mit demrenommierten indischen «Certi-ficate of Merit» für herausragen-de Leistungen im Industrie- undTechnologiebereich der Non-Profit-Organisation ConsultancyDevelopment Centre ausge-zeichnet. Die Anstrengungenzeigten gleich auf mehrerenEbenen Erfolg: Die Umstellungvon Kohle- auf Gasheizung beiden Schmelzöfen sowie die aus-getüftelte Wärmerückgewinnungbewirkte einen Energiegewinnvon rund 50 Prozent. Nicht nur

wurde damit die Umweltbelas-tung erheblich gesenkt, auchverbesserten sich wegen desgeringeren Staubentwicklung dieArbeitsbedingungen erheblich.Die Schmelzöfen wurden mitverschiedensten internationalenFachspezialisten des Ofenbausvöllig neu und effizienter konzi-piert und schliesslich wurden diebesten Lösungen bereichs- undindustrieübergreifend gesuchtund offensichtlich auch gefun-den.

Spontaner Entscheid(vuc) Unerwartete Hilfe für einePakistani von einem ge- undberührten Schweizer Fernseh-zuschauer. Jamila lebt in einemheruntergekommenen Quartierin Karachi, wo sie für die Be-wohner Aufklärung im Gesund-heitsbereich betreibt.Mit einem ihr gewährten Dar-lehen kaufte sie sich eine Tief-

kühltruhe, in der sie Nahrungs-mittel, Medikamente und Spri-tzen gegen Bezahlung aufbe-wahrt und so ihr Einkommenverdient. 1998 wurde ihreGeschichte in Pakistan verfilmt.«Super Jamila», so heisst derzehnminütige Kurzfilm, wurdevon der DEZA und Azimut, deraudiovisuellen Abteilung desUNO-Entwicklungsprogramms(UNDP) in Genf, koproduziert.Anlässlich des internationalenTags der Frau vom vergangenen8. März wurde der Film 900Fernsehstationen angeboten undunter anderem auch vom Wel-schen Fernsehen TSR zur Tages-schau-Zeit gesendet. Die Bildertaten ihre Wirkung: Ein Zu-schauer kontaktierte die TSRund anerbot sich, Jamilas Dar-lehen zurück zu bezahlen.

Einblick DEZA

Was eigentlich sind...Global Public Goods?

(bf) Der Begriff der Global Public Goods wurde auf internatio-naler Ebene zum ersten Mal beim Weltwährungsgipfel in Pragvon vergangenem Jahr diskutiert. Dort wurden die ÖffentlichenGüter der einzelnen Staaten – welche seit langem Teil derWirtschaftswissenschaften sind – grenzüberschreitend auf denBegriff «Globale Öffentliche Güter» ausgeweitet. Diese Güterzeichnen sich durch zwei Charakteristiken aus: Alle Menschenhaben ungehinderten Zugang dazu und können davon profitie-ren, und der Konsum eines Individuums dieser Güter schränktdenjenigen eines anderen Individuums nicht ein (ganz imGegensatz zu den beschränkt erhältlichen Gütern). Beispielevon Global Public Goods sind die Reduktion globaler Klima-erwärmung, Grundlagenforschung, Eindämmung der Verbrei-tung von Krankheiten (u.a. AIDS), Finanzmarktstabilität,Schliessung des Ozonlochs oder die Bekämpfung der Armut.Letzteres ist aber auch ein Beispiel dafür, weshalb keine offiziel-le Definition des Begriffs existiert. Offene Fragen bestehennämlich darüber, wer sie bezahlen soll, wie sie ausgewählt wer-den, wer dafür zuständig ist, wer welche Vorteile besitzt und wiesie gegenüber den national öffentlichen Gütern abgegrenztwerden.

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2001 ist das internationale Jahr der Freiwilligenarbeit. Auch imRahmen der Schweizerischen Entwicklungszusammenarbeitsind «Freiwillige» im Einsatz. Weshalb sie dies tun, und obEinsätze dieser Art noch zeitgemäss sind, diskutieren dieAnthropologin und «Freiwillige» Nathalie Fleury, Paul Stadlervon der Bethlehem Mission Immensee sowie François Drozvon der DEZA. Gesprächsführung: Gabriela Neuhaus.

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Eine Welt: Was unterscheidet die sogenannte«Freiwilligenarbeit» von anderen Einsätzen imRahmen der Entwicklungszusammenarbeit?

Nathalie Fleury: Ich möchte Freiwilligenarbeitmit «Engagement» gleichsetzen. Die Erfahrungen,die ich damit gemacht habe, waren in meinemLeben nicht unbedeutend. Dieses Engagement hatin der Schweiz begonnen, setzte sich währendmeiner Zeit in der Zentralafrikanischen Republikfort und geht auch jetzt, nach meiner Rückkehrweiter.

Paul Stadler: Freiwillige sind Menschen, die sichohne Absicht auf Karriere engagieren, ihre Talentemitbringen und einen kulturellen oder interreli-giösen Austausch suchen. Sie sind eher bereit alsandere, sich auf die andere Kultur einzulassen, des-halb nehmen sie auch ein Engagement für mindes-tens drei Jahre auf sich; sie lernen die Sprache, sindoffen für Kultur und Geschichte, um die gesuchteNähe zur Basis wirklich leben zu können.

Eine Welt: Die DEZA unterstützt die Organisa-tionen, welche Freiwillige in den Süden schicken– weshalb?

François Droz: Das sind fähige Leute, die in denSüden gehen, um dort ohne finanzielles oder be-rufliches Eigeninteresse die Zivilgesellschaft zustärken. Der andere Grund für die Unterstützungdes Programms durch die DEZA ist die Bedeu-tung der Erfahrungsberichte, welche diese Men-schen bei ihrer Rückkehr in die Schweiz mitbrin-gen und mit denen sie der Schweizer Bevölke-

rung eine andere Sicht der Dinge, eine andereRealität näher bringen. Für die DEZA ist insbe-sondere die Professionalität der Menschen wich-tig, die sich engagieren: die Situation vor Ort istmeist sehr komplex – eine gute Seele, ein gutesHerz reichen da nicht aus.

Nathalie Fleury: Ich möchte betonen, dass einEngagement als «Freiwillige» im Bereich Zusam-menarbeit nicht der Freiwilligenarbeit gleich-kommt. Die «Freiwilligen» verpflichten sich ineinem bestimmten Rahmen: eine NRO, welchesie entsendet, bietet Rekrutierungs- und Partner-schaftsbedingungen an. Es wird auch erwartet, dassder Partner im Süden mitmacht und diese Frei-willigen materiell unterstützt.

François Droz: Die DEZA erwartet von denOrganisationen, welche viele Freiwillige entsen-den, eine gewisse Struktur, eine klare Sicht derDinge und ein kohärentes Programm.

Nathalie Fleury: Ich selber hatte wirklich dasGefühl, dass ich einer Bewegung angehörte, diesich sowohl im Süden engagierte als auch in derSchweiz, nämlich über Sensibilisierungsarbeit undBewusstseinsbildung. Mit dieser Arbeit des Aus-tauschs können Brücken zwischen Gesellschaftengebaut werden, das ist der interessante Aspektdabei.

Paul Stadler: Für uns ist ganz wichtig, dass wirvon unseren Partnern im Süden eingeladen wer-den, dass sie zu uns kommen und sagen: wir brau-chen eure Mitarbeit.

UnitéIn der DachorganisationUnité sind 30 Institutionenzusammengeschlossen,welche Freiwillige fürEinsätze in der Entwick-lungszusammenarbeit aus-bilden und in entsprechen-den Programmen einset-zen. Ein Grossteil dieserOrganisationen hat religiö-se Wurzeln. Von der DEZAunterstützt werden aller-dings nur Einsätze, die kei-nen missionarischen Cha-rakter haben und sich amSchweizerischen entwick-lungspolitischen Leitbild«Hilfe für die Ärmsten»orientieren. Für freiwillige Einsätze wer-den Menschen gesucht,die während mindestenszweier Jahre zur Verfü-gung stehen sowie übereine solide professionelleGrundlage verfügen. IhrSalär erlaubt den Freiwilli-gen ein Auskommen vorOrt, zudem werden dieSozialversicherungen vonden jeweiligen Organisa-tionen übernommen.Die Anzahl «Freiwilliger»,die im Rahmen der Unitéim Feld arbeiten, bewegtsich zwischen 200 und400 Personen pro Jahr.Die DEZA unterstützt dieFreiwilligenarbeit imRahmen der Unité jährlichmit rund 9,2 MillionenFranken.Weitere Informationenunter: www.unite-ch.org

«Eine gute Seele, ein gutes Herz reichen nicht aus...»

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Freiwillige sind weltweitin der Entwicklungszu-sammenarbeit in den ver-schiedensten Bereichentätig: sei dies bei der Ver-teilung von Lebensmittelnnach einem Erdbeben inEl Salvador (links), in ei-ner Landmaschinenwerk-statt in Nicaragua undbeim Reisanbau inThailand und auf denPhilippinen (oben), oderin einer Kaffee-Koopera-tive in Mexiko und beimWasserzisternenbau inIndien (nächste Seite).

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Eine Welt: Basisarbeit von Schweizerinnen undSchweizern im Süden – ist dies nicht ein langsamüberholter Ansatz?

François Droz: Natürlich werden die Menschenim Süden immer fähiger. Aber trotz spürbarerVerbesserungen braucht es in abgelegenen Gebie-ten unter bestimmten Bedingungen nach wie vorqualifiziertes Personal. Es ist wichtig, die Elementeder Ablösung und der Ausbildung in die Zusam-menarbeit einzubauen, damit die betroffene Be-völkerung mit diesen neuen Kompetenzen ihreZukunft selbst in die Hand nehmen kann.

Nathalie Fleury: Eine der Stärken, welche dieFreiwilligen neben ihren beruflichen und persön-lichen Fähigkeiten mitbringen, ist vielleicht der

Blick von aussen auf die Kultur, mit der sie arbei-ten. Und nach ihrer Rückkehr in die Schweizwerden sie auch eine gewisse Distanz gegenüberihrer eigenen Gesellschaft haben, die ihnen einenweiteren, umfassenden Blick auf die Dinge gibt.

Eine Welt: Soviel diese Einzeleinsätze vonFreiwilligen für alle Direktbetroffenen bringenmögen, was ist ihre Funktion im Rahmen vonmodernen Entwicklungsprogrammen, welche jaauf Nachhaltigkeit angelegt sind?

François Droz: Unser wichtigstes Ziel ist es, dieBevölkerung im Süden zu unterstützen, und die-ser Prozess kann nur mittel- oder langfristig ge-schehen. Die Erfahrung, welche sich jemand indrei Jahren erwirbt, ist sicher wichtig und stark,

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aber das Engagement muss in einem Programmder betroffenen Organisation integriert sein: Ent-wicklung ist kurzfristig nicht möglich. Vonnötenist ein Programm, eine Langfristigkeit des Engage-ments.

Nathalie Fleury: Das ist wirklich ein wesentli-ches Element: das Engagement in einem Projektdarf nicht punktuell sein. Es gibt immer ein Vorherund ein Nachher.

Paul Stadler: Wir haben die Erfahrung gemacht,dass nach einer guten Zusammenarbeit in einemerfolgreichen Projekt der Wunsch entsteht, dass esweitergeht. Dann ist es eine grosse Entlastung, zuwissen, dass die Organisation jemanden sucht, derdas Angefangene weiterführt.

Eine Welt: Es wird aber immer schwieriger, neueFreiwillige zu finden, die Anzahl der Freiwilligenim Entwicklungseinsatz ist in den letzten Jahrenstets zurückgegangen.Weshalb?

François Droz: Für diesen Rückgang gibt esmehrere Gründe: die erforderlichen Fähigkeitenwerden immer wichtiger, und die hat man sich mit23 Jahren noch nicht erworben – eher mit 40, undda hat man im Allgemeinen Kinder oder steckt ineinem Karriereprozess. Deshalb wird es immerschwieriger, Leute zu finden, welche bereit sind,ihr Leben und das Leben ihrer Familie radikal zuändern.

Paul Stadler: Es interessieren sich immer nochsehr viele für ein derartiges Engagement, aberwenn sie sehen, was alles verlangt wird, schreckensie leider zurück. Zentral ist dabei vor allem derZeitfaktor: ein Mindesteinsatz von drei Jahren istheute für viele zu lang. Dazu kommt, dass dieRahmenbedingungen nicht attraktiv genug sind.

Nathalie Fleury: Die Frage der Rückkehr stelltsich oft bereits vor der Abreise. So schreckt dasProblem der beruflichen Wiedereingliederungeinige ab, zum Beispiel wenn sie Familie haben. Esist deshalb sehr wichtig, dieser Art von Engage-ment Anerkennung und Wert beizumessen, inschriftlicher Form im Lebenslauf, durch Weiter-führung der Sozialversicherungen, aber auch inden Köpfen der Leute.

François Droz: Auch die Organisationen müssenetwas unternehmen, um die Erfahrungen derFreiwilligen aufzuwerten und bekannt zu machen:Man müsste aufzeigen, dass Freiwillige Qualitätenund Erfahrungen haben, welche auf dem Arbeits-markt heute gefragt sind: Flexibilität, die Fähigkeitzuzuhören, Anpassungsfähigkeit in komplexen Si-tuationen, die Fähigkeit mit Menschen aus ver-schiedenen Kulturen umzugehen – dies sind allesKriterien,welche von Unternehmen sehr geschätztwerden.

Eine Welt: Das heisst, man sollte die Freiwilligen-arbeit im Entwicklungsbereich fördern?

Paul Stadler: Die Nachfrage im Süden nachFreiwilligen ist gross.Wir könnten viel mehr Leuteschicken, als wir zur Verfügung haben. Deshalbmüssen wir weiterhin versuchen, Leute zu moti-vieren. Denn es wäre schade, wenn man jetzt ganzabbauen würde. Man darf die Nachhaltigkeit unddie langfristige Wirkung, die ein solcher Personen-austausch haben kann, nicht unterschätzen. ■

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Mitten in der Stadt erwacht einBienenstock und fängt an zusummen. Der Bienenstock istein Theater. Es ist ein Treffpunktder Worte und Ideen, eineFabrik für Verbindungen, mitdem fröhlichen NamenComédie, und möchte mit allen,die dazu bereit sind, die Utopieteilen.

In Zeiten des Bildschirms findetdas lebendige Schauspiel wiederseine ganze Magie, seinen Sinnund seine Kraft.Auf der Bühneerforschen die Schauspieler –Zeugen unserer Beziehungenzur Welt – den Menschen undseine Misserfolge und wandelndie mysteriösen Gleichgewichteder menschlichen Beziehungen

in klare Signale um.Wir haltenunseren Atem an, wenn die Seil-tänzer, die «Athleten des Her-zens», uns den Atem der Weltnahe bringen. Und noch mehr,wenn sie uns Texte lebender Au-torinnen und Autoren vortragen.

Diese haben in den grossen In-stitutionen nicht immer ihrenPlatz gefunden. Hier lässt mansie zu Wort kommen, denn manerrät, dass ihre Worte uns näherstehen als jene der Klassiker. Inder Comédie nimmt man sieauf. Dank der Unterstützung der«Société Suisse des Auteurs»wohnen jeweils zwei oder dreiAutorinnen oder Autoren füreinige Monate hier. Sie hinter-fragen die Praktiken des Thea-

ters, bringen die Truppe dur-cheinander, indem sie Vorurteileaufspüren.

Das Theater macht als sinnbildli-cher Ort des aufgegriffenen undgesprochenen Wortes den Aus-druck und das Engagement zukostbaren Werten. Die Comédiede Genève erfindet mit demGeist eines Bürgertheaters Räu-me, um dieses Wort zu beher-bergen. Um Schauspiele,Debatten und Ausstellungenherum ertö-nen das Echo desEngagements und der Aufrufzum Widerstand.

Sclavus, eine Ausstellung, welchedie zeitgenössische Sklaverei inbestimmten diplomatischenMissionen anklagt, oder Terresminées, von «Handicap interna-tional» konzipiert, welche dieOpfer der Personenminen sicht-bar macht, sind Beispiele vonStellungnahmen, welche ihrenPlatz in diesem Theater haben.

Im März 2001 empfing dieComédie das Schauspiel Ruanda94 der belgischen Truppe LeGroupov. Sie hat in fünfjährigerbedingungsloser Arbeit versucht,das Undenkbare, den Genozidvon 1994, zu verstehen.Vonungeschminkter Darstellung biszur ausgeklügeltsten Theaterfik-tion greift das fünfstündigeSchauspiel unsere Vorurteile an,hinterfragt die Rolle der Medienbei der Darstellung dieser Tragö-die, konfrontiert uns mit unserereigenen entfesselten Menschheit.

In meiner Jugend, in den 70er-Jahren, enthüllte mir «Nuit etbrouillard» von Alain Resnais einunauslöschliches zeitgenössischesAntlitz der Welt. Ruanda 94 löstgenau den gleichen Schock aus,nicht aber Niedergeschlagenheit.Das Schauspiel gibt den Totenund Opfern ihre Würde undbehandelt das Publikum mitdem gleichen Respekt.

Ein Theater, das die Welt verändert...

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Die Regisseurin Anne Bisangist Direktorin der Comédie deGenève. Mit 38 Jahren ergriff dieengagierte Feministin im Juli 1999die Zügel dieser Institution, womitsie die jüngste Theaterleiterin derSchweiz wurde. Sie macht sichdaran, das Gesicht der Comédiezu verändern, ein offenes undpopuläres Theater daraus zumachen. Als Kind lebte AnneBisang in Yokohama (Japan),dann in Beirut. Erst mit elf Jahrenkam sie in ihre Geburtsstadt Genfzurück. Nach einer Ausbildung ander Schauspielschule reizte siezunächst der Beruf der Komö-diantin, doch wandte sie sichschnell der Regie zu. 1986 grün-dete sie die «Compagnie duRevoir», mit der sie ein DutzendAufführungen zeigte.

Eine solche Herausforderungöffnet der Kreativität desTheaters ein unendliches Feldund verleiht dieser archaischenKunst ewige Jugend.

Die Comédie de Genève siehtsich als Gefäss eines freien undzerbrechlichen Worts. Ein ge-schützter Raum, wo man abergerne Risiken eingeht undNonkonformismus zeigt, Frei-heit im Ton, Freude am Kontaktund an der Debatte in derKultur des Umfelds, welche diecalvinistischen Reflexe nochnicht los geworden ist... EinTheater halt, um die Welt zuverändern... ■

(Aus dem Französischen)

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Z o o müber die Grenze

«Tibet: Flucht ins Exil» (1995)von Manuel BauerDie Flucht eines Mädchens mitdem Vater über den Himalajazum Dalai Lama nach Dharam-sala in Indien.

«Südafrika-Mosambik:Illegalität und Ausschaffung»(2000) von Jodi BieberIm Zug mit ausgeschafftenIllegalen zurück in das vonschweren Überschwemmungen(Frühling 2000) heimgesuchte

Mosambik. Die Südafrikaneringewann mit dieser Arbeit denersten Preis bei der World PressPhoto 2001.

«Mexiko/USA: La Frontera»(2000) von Julian CardonaKonsequenzen des NAFTA-Booms an der mexikanisch-amerikanischen Grenze, woErste und Letzte Welt wie sonstnirgendwo aufeinander prallen.

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Grenzen können über Schicksale entscheiden. «Über dieGrenze», eine Fotoausstellung von Pro Helvetia und DEZA,zeigt in zehn eindrücklichen Reportagen Grenzen, Grenz-gänger und Grenzerfahrungen.

«San Francisco/Chinatown:‘This Land is our Land’»(2000) von Thomas KernChinesische Einwanderer in SanFrancisco.

«Zuhause in Kosovo» (1999-2000) von JoachimLadefogedExodus nach Albanien. Heim-kehr und Leben in der geteiltenStadt Kosova /Mitrovica.

«Transnistrien: Grenzland als Staat» (2000) von ValeryNistratovSelbsternannte Minirepublikinnerhalb Moldawiens und aufehemals ukrainischem bezie-hungsweise rumänischemGebiet.

«Schweiz: Asylland/Durch-gangsland» (1998-2000) von Meinrad Schade Vom Mailänder Bahnhof überdie Tessiner Grenze. Leben inSchweizer Auffangzentren undAusschaffung. Heimkehr inskriegsversehrte Kosovo undWiederaufbau.

(lit) Die Globalisierung hat die Welt zum Dorf gemacht, dieKommunikation im Cyberspace ist grenzenlos geworden.Gleichzeitig entstehen immer wieder neue Grenzen undHindernisse.Wer reich ist, kann viele davon einfach über-schreiten. Wer wenig mitbringt, dem wird der Zugangerschwert oder verweigert.Die vom Zürcher Fotografen Daniel Schwartz konzipier-te Fotoausstellung zeigt zehn solche Grenzen. EngagierteFotografinnen und Fotografen aus drei Kontinenten haben

Thomas Kern

Joachim Ladefoged Meinrad Schade

Valery Nistratov

Orte besucht und dokumentiert, wo verschiedene Weltenund Kulturen aufeinanderprallen.Die Flucht eines kleinen Mädchens über den Himalaja istda zu sehen. Oder der kleine Grenzhandel in Transnistrien.Die Ausschaffung von Illegalen von Südafrika nach Mo-sambik (diese Reportage erhielt den ersten Preis der WorldPress Photo). Aber auch Kosovari in Schweizer Auffang-zentren, Chinesen in San Francisco und Afrikaner beimFelsen von Gibraltar.

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«Palästina: Heimat alsGefängnis» (2000) vonRanda ShaathLeben innerhalb kartografischerKonfusion in Cisjordanien.Schikanen und Erniedrigung an den «sicheren Passagen»zwischen Gaza und Israel.

«Gibraltar: Schwelle derFestung Europa» (2000) vonRoger Wehrli Illegale westafrikanischeImmigration nach Norden.Touristendrang nach Süden.

«Zypern: Bürgerkrieg» (1964)von Don McCullinDie berühmte Reportage überden Bürgerkrieg von 1964. Mitbisher unveröffentlichten Fotos.

Ausstellungsorte und -daten• 2. Juni bis 19. August 2001:

Premiere im Photoforum PasquArt, Biel

• 15. September bis 14. Oktober 2001: Magazzini SFF, Chiasso

• 1. bis 30. November 2001: Kunstraum im Badischen Bahnhof (Neueröffnung Herbst 2001), Basel

• 4. Januar bis 28. Februar 2002: Centre valaisan de l’image et du son,Martigny (Durchführung noch offen).

• Ab April 2002 Ausstellungstournee im Ausland, in verschiedenen Ländern und Kontinenten.

Das Buch zur AusstellungRechtzeitig zur ersten Ausstellungerscheint im Rotpunktverlag Züricheine rund 180seitige, reich bebil-derte Publikation Deutsch /Italie-nisch und Englisch/Französisch(zwei Bände). «Über die Grenze»zeigt Bildbeiträge mit total 65 aus-gewählten Schwarzweiss–Abbil-dungen und einem einführendenText zu jeder der zehn Reporta-gen. Mit Essays von UrvashiButalia, Juan Goytisolo, PeterHaffner, Pedro Rosa Mendes, Paul Villoro.

Randa Shaath

Roger Wehrli Don McCullin

Randa Shaath

Die Qualität der gezeigten Bilder ist durchgehend hoch.Praktisch alle Reportagen wurden eigens für diese Ausstel-lung produziert. Der grosse Fotoreporter Don McCullinist für «Über die Grenze» in sein Archiv getaucht und zeigteinige bisher unveröffentlichte Aufnahmen aus dem Bürger-krieg in Zypern 1964.«Über die Grenze» startet auf einer spezifisch schweizeri-schen Grenze: dem Röstigraben in Biel. Und ist anschlies-send in Chiasso, Basel und anderen Städten des In- undAuslandes zu sehen. ■

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Kirgistan, 23. Mai(gn) Shoro heisst das National-getränk der Kirgisen, welches dieGebrüder Egemberdiev erfol-greich kommerzialisiert und aufden Markt gebracht haben. Sieschwärmen für die neuen Zei-ten, während der junge BauerErnis Dschamangulov kämpft,um als Kleinbauer im rauhenKlima der Marktwirtschaft zuüberleben. «Früher war nichtalles nur schlecht», behauptet derChefzüchter Victor Tscherkassovauf der letzten noch funktionie-renden Kolchose im Land, wäh-rend die junge Chirurgin undzentralasiatische Schönheits-königin Kanykey Kalmurzajevatrotz aller Schwierigkeitenmeint: «Es ist besser, im Sturmzu leben als im Sumpf.»Acht Menschen aus verschiede-nen Gesellschaftsschichten ge-währen im von der DEZAunterstützten Dokumentarfilm«Kirgistan, 23. Mai» Einblick inihren Alltag und in ihr faszinie-rendes Land, das während Jahr-zehnten weit hinter demEisernenVorhang verborgen war.«Kirgistan, 23. Mai», ein Doku-mentarfilm von Gabriela Neuhausund Angelo Scudeletti;Video 85’(Kurzversion 52’);Verleih/Verkauf:Offroad Reports GmbH,Tel. 031 376 11 76,e-mail: [email protected] 30-Minuten-Version, speziellgeeignet für Schulen, ist im Verleih/Verkauf von «Filme für eine Welt»,Tel. 031 398 20 88,[email protected]

Shanaz – Prinzessin im Exil(dg) Die 12jährige Shanaz lebtmit ihrer Mutter und denSchwestern in einem Flücht-lingslager in Afghanistan. Ihnensteht nur ein Raum zur Verfü-gung. Der einzige «Luxus» ist einHolzofen, die Mahlzeiten beste-hen meist aus Brot und Tee. DieKinder tragen mit ihren Arbeiten(zum Beispiel dem Abwasch beider öffentlichen Wasserstelle)

zum Überleben im Lager bei.Der Film gibt – aus Kindersicht– einen guten Einblick in denharten Flüchtlingsalltag.Trotz derschwierigen Lage bleibt Shanazoptimistisch: sie möchte einmalSchneiderin werden. Es gelingtdem Film, vor dem Hintergrundvon Krieg und Gewalt denMenschen ein Gesicht zu gebenund sie aus der Anonymität einesFlüchtlingslagers herauszuholen.Ihr Überlebenswille macht Mut.Geneviève Mersch, Belgien 1996.Deutsch und Französisch,VideoVHS, 15', Dokumentarfilm, geeig-net ab 10 Jahren;Fachstelle «Filme für eine Welt»,Tel. 031 398 20 88,[email protected],www.filmeeinewelt.ch

UnwiderstehlicheGeschichten(er) Er gehört zu den Pionierendes Ska und Reggae. Mit ihmzusammen spielten u.a. BobMarley, Jimmy Cliff, MontyAlexander oder Baaba Maal. Der68jährige jamaikanische Gitar-renvirtuose Ernest Ranglin istaber immer noch viel zu unbe-kannt – zu unrecht, wie auchseine CD «Modern Answers to

Old Problems» zeigt. RanglinsAntwort ist klar:Ya man – auchfür Jazzfreaks – mit unwidersteh-lichen Geschichten von einmalperlendem Single-Note-Spiel,dann wieder preziös skizziertenSaitentönen. Dazu kommen trei-bende Perkussionsrhythmen undBassläufe, jazzigverspielteSaxophonsolis und Wurlitzeror-gel-Klänge. Schliesslich setzt eineFrauenstimmen eindringlich-ge-schmeidige Akzente ins poly-rhythmische Pattern des dubbi-gen Afrojazz und -beat. Einge-spielt hat Ranglin sein Album inLondon im Kreis von Studio-musikern mit nigerianischenWurzeln. Mit dabei waren derehemalige Fela Kuti-DrummerTony Allen (eine Afrofunk-Legende) und die SängerinSylvia Tella («UK’s Queen ofReggae») – bei einem Titel auchder Star-Jazz-SaxophonistCourtney Pine.Ernest Ranglin, «Modern Answers to Old Problems» (Telarc/Musik-vertrieb)

Feurig und überschäumend(er) Sie haben Musik im Blut.Ihre Violinen und Klarinettenschluchzen und jubeln zugleich;ihre Stimmen schmachten vollerSchmerz und Hoffnung. DieRhythmen der orientalischenBechertrommel Darboukagaloppieren; der Bass swingt sin-tihaft;Akkordeonmelodienschrammen atemberaubend.Romas musizieren zusammenmit Ibro Lolov, einem der bestenund beliebtesten AkkordeonistenBulgariens, der als Musiker der

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dritten Generation einen legen-dären Ruf geniesst. Ihre Musikreflektiert die jahrhundertlangeoft leidvolle Odyssee eines Vol-kes von Nordindien über Persien in den Balkan, den die Zigeuner im 15. Jahrhundert erreichten.Sie ist voller Seele und Lebens-lust, vereint in feurigen undüberschäumenden Liebesliedern,wie sie an Hochzeiten erklingenund dort in die Beine fahren.Ibro Lolov, «Gypsy Music fromBulgaria»,Vol. 2 (ARC Music/Be-Bop)

Fantastischer Trip (er) Die Orgie von afro-ameri-kanischen musikalischen Formenund Rhythmen ist enorm undgrossartig. Sie wurzelt in einertragischen Geschichte vonKolonisation, Sklaverei, Revolu-tion und Exil.Eine Doppel-CD-Anthologiesamt reich illustriertem undinformativem Booklet doku-mentiert diese einzigartige«Musica negra»: 32 bekannteoder noch zu entdeckendeMusikgruppen aus 19 Ländernschlagen mit 33 mit reissendvi-brierenden Tracks während 141Minuten und 20 Sekunden eineBrücke von Afrika in die NeueWelt, vom Amazonas zumMississippi, von Jamaika nachPeru, von Curaçao nach Kuba,von Belize nach Surinam...Sie begeben sich damit auf einenfantastischen Trip durch Son,Salsa, Merengue, Reggae-Roots,Zouk, Calypso, Samba, Sangeo,Kaseko, Cumbia, Blues, Gospelund und und! Das Einloggen in diese Reiserespektive in die Mega-Compi-lation, die den Preis derDeutschen Schallplattenkritikerhielt und die europäischenWorld Music Charts monatelanganführte, macht definitiv süchtignach noch mehr «schwarzerMusik».«Musica Negra in the Americas»(Network Medien/COD Music)

Jahreskonferenz: Indien imBrennpunktIndien steht im Zentrum derdiesjährigen JahreskonferenzEntwicklungszusammenarbeitder Direktion für Entwicklungund Zusammenarbeit (DEZA)und des Staatssekretariats fürWirtschaft (seco).Indien ist ein Schwerpunktlandder DEZA. Engagiert seitBeginn der sechziger Jahre, setztdie DEZA gegenwärtig jährlichrund 30 Millionen Franken inEntwicklungs- und humanitärenProgramme ein. Hinzu kommenBeiträge des seco.Dies Jahreskonferenz Entwicklungs-zusammenarbeit findet am Nach-mittag und Abend des 24.Auguststatt und zwar im Kongresszentrumder Messe Basel.

Die UNO im Gespräch(cg/gnt) «Zur Zeit:» ist eine stetsaktuelle Lehrmittelreihe zurpolitischen Bildung für dieSekundarstufen I und II. Soebenist die neuste Ausgabe «Zur Zeit:UNO» erschienen. Sie bestehtwie üblich aus Schülerheft undKommentar für die Lehrperso-nen. Das Thema wird aus dreiBlickwinkeln angegangen: Imersten Teil werden die UNOsowie die Arbeit der verschiede-nen UNO-Organe undUnterorganisationen beschrie-ben. In einem zweiten Teil stehtdas Verhältnis der Schweiz zurUno im Vordergrund, und ineinem dritten Teil geht dasMagazin der Frage nach, wiesich Bürgerinnen und Bürgerihre Meinungen bilden, wiediese erforscht werden, und wiesich die politischen Stimmungs-bilder verändern.Wiederholtkommen auch Jugendliche darinzu Wort. Der begleitendeKommentar für Lehrpersonenenthält Tipps für die Verwendungdes Magazins im Unterricht,didaktische Hinweise undKopiervorlagen, und eine Listemit interessanten Links zum

Thema.«Zur Zeit: UNO»; BLMV;Schülerheft und Kommentar Fr.15.-, Zusatzhefte Fr. 4.- (mind. 10Ex.); Bestellungen: www.blmv.ch,BLMV, Güterstrasse 13, CH-3008Bern Tel. 031 380 52 52

Afropfingsten(gnt) Die 12.Afropfingsten imSulzerareal in Winterthur ver-sprechen eine noch nie dagewe-sene Dichte an musikalischenExklusivitäten und Höhepunk-ten. Bereits sind Auftritte folgen-der Stars bestätigt: Sam Mang-wana, Hugh Masekela,Africandound Awilo Longomba. DasFestival beginnt mit einem Tanz-theater im Theater am Stadtgar-ten am Montag 28. Mai und amDienstag.Am Mittwoch steigtim Salzhaus eine Galanacht zumThema «Gemeinsam für Afrika».Am 1. und 2. Juni findet dermittlerweile für sein farbigesLeben berühmte Markt statt. DieKonzerte gehen vom Donners-tag 31.Mai bis zum Abschluss-konzert am Pfingstmontag 4.Junimit Nigerias HoffnungsträgerLagbaja über die Bühne desBlock 37 im Sulzerareal. ImRahmenprogramm wie üblichdie beliebten Workshops undeine afrikanische Filmwoche imKino Loge. Die DEZA hat dasPatronat über dieses attraktiveFestival und zeigt in einer Aus-stellung das Leben von Frauen in Niger.Weitere Informationen in derTagespresse oder auf www.africa.ch.

Begegnungen in Zentral-afrika(gn) «Pygmäen, ein Versuch, demAnderen zu begegnen», heissteine Ausstellung, die eindrück-liche Einblicke in die Kultur derBayaka erlaubt. Die beidenAutoren Nathalie Fleury (Texte)und François Riat (Fotos) lebtenwährend über drei Jahren mitdiesem Pygmäenvolk in Zentral-afrika. In ihren Bildern und

Texten zeigen sie den Alltag imBusch, lassen den Zuschauererahnen, wie verschieden Kulturund Wahrnehmungen diesesVolkes von unserem Weltbildsind, mit was für Problemen diePygmäen heute zu kämpfenhaben. Die schwarzweiss Fotossind gleichermassen intim wieauch diskret, die Texte zeugenvon einer intensiven Auseinan-dersetzung, einem echtenKulturaustausch.Die Ausstelllung «Pygmäen, einVersuch, dem Anderen zu begegnen»ist vom 11. Mai bis zum 12.August im Musée Jurassien d’Art etd’Histoire in Delsberg zu sehen,vom 3. bis zum 31. Oktober imThéâtre du Crochetan in Monthey.Zur Ausstellung ist im Eigenverlagvon Nathalie Fleury und FrançoisRiat auch ein gleichnamiges reichbebildertes Buch herausgekommen(nur in französischer Sprache erhält-lich).

Weltkultur (gnt) Die DEZA unterstütztzusammen mit Pro Helvetia undteils durch den Südkulturfondsvon Kultur und Entwicklung seitbald zehn Jahren die Präsenz vonKunst und Kultur aus dem Sü-den in der Schweiz. Diese wirdbesonders in den Sommermona-ten mit den vielen Open-air-Anlässen augen- und ohrenfällig.So ermöglichen Bundesbeiträgedie dezentralen, kleinen – aber

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Service

«Schweiz global», das Magazin des Eid-genössischen Departements für auswärti-ge Angelegenheiten (EDA), stellt aktuelleThemen der schweizerischen Aussenpoli-tik vor. Es erscheint viermal jährlich inDeutsch, Französisch und Italienisch. Das Dossier von Nr. 3/2001 (erscheintAnfang Juli) fragt nach den Akteuren derschweizerischen Aussenpolitik: Wer nimmtim aussenpolitischen Geflecht welcheAufgaben wahr? Die letzte, im April publi-zierte Ausgabe befasst sich schwerpunkt-mässig mit dem Image der Schweiz. Gratisabonnemente können bestellt wer-den bei:«Schweiz global» c/o Schaer Thun AGIndustriestr. 12 3661 UetendorfE-Mail: [email protected]

Impressum«Eine Welt» erscheint viermal jährlich indeutscher, französischer und italienischerSprache.

HerausgeberinDirektion für Entwicklung und Zusammen-arbeit (DEZA) des EidgenössischenDepartementes für auswärtige Angelegen-heiten (EDA).

RedaktionskomiteeHarry Sivec (verantwortlich) Catherine Vuffray (vuc)Andreas Stuber (sbs) Sarah Grosjean (gjs)Sophie Delessert (dls) Joachim Ahrens (ahj)Antonella Simonetti (sia) Beat Felber (bf)

Redaktionelle MitarbeitBeat Felber (bf – Produktion) Gabriela Neuhaus (gn) Maria Roselli (mr)Jane-Lise Schneeberger (jls) Ernst Rieben (er)

GestaltungLaurent Cocchi, Lausanne

Lithografie City Comp SA, Morges

Druck Vogt-Schild / Habegger AG, Solothurn

WiedergabeDer Nachdruck von Artikeln ist, nachBewilligung durch die Redaktion, unterQuellenangabe gestattet. Belegexemplareerwünscht.

Abonnemente«Eine Welt» ist gratis erhältlich bei: DEZA, Sektion Medien und Kommunikation, 3003 Bern, Tel. 031 322 44 12Fax 031 324 13 48E-mail: [email protected]

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Der Umwelt zuliebe gedruckt auf chlorfreigebleichtem Papier

Gesamtauflage 48000

Umschlag Keystone/AP Jaime Puebla

Internet: www.deza.admin.ch

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feinen – Festivals der Weltkultu-ren in Sitten vom 31. Mai bis 2.Juni, Monde de Couleurs inPruntrut vom 15. bis 17. Juniund in Martigny vom 22. bis 24.Juni, das Solidaritätsfest inDelsberg am Samstag 30. Juni,in Château d’Oex vom 9. bis 12.August. Die DEZA präsen-tiert sich zudem an den grossenFestivals Caliente in Zürichsowie Paléo Nyon und betontdamit die kulturelle Vielfalt undden Reichtum der «armen»Länder.

VeranstalterdatenDie aktuellsten Veranstaltungs-daten mit Musik,Tanz,Theater,Lesungen und bildender Kunstaus Afrika, Lateinamerika undAsien in der Schweiz finden sichauf der Homepage www.coor-dinarte.ch! Die Veranstaltungenkönnen nach Datum, Ortschaftund neu auch nach Veranstalterngruppiert abgefragt werden.Unter «Projekte» finden sicheine grosse Zahl von Informa-tionen zu geplanten Tourneenund Festivals.

Mabulu erneut auf TourneeDie mosambikanische Marra-benta/Rap-Gruppe Mabulu(Dialog), welche im Herbst 2000in der Schweiz für Furoregesorgt hatte, kommt mitUnterstützung der DEZA erneutauf eine Europa-Tournee. Dabeidürfte ihr diesmal der internatio-nale Durchbruch auf Festival-bühnen gelingen. Hinzu kom-men Schul- und Klubkonzerte.

Konzertdaten in der Kulturpresseund auf www.coordinarte.ch.

Migration und Zusammen-arbeit(vuc) Ende der 80er-Jahre zeich-nete sich der direkte Bezug voninternationaler Zusammenarbeitund Migration erstmals ab.Während des Balkankriegs aberwurde sie sehr konkret und ak-tuell. Die Nummer 4 der «Ent-wicklungspolitischen Schriften»widmet sich diesem Thema. DieBroschüre mit dem Titel «Inter-nationale Zusammenarbeit undMigration» enthält acht Beiträgeexterner Spezialisten und derDEZA zu verschiedenenAspekten der Frage, sowie einemRundgespräch.«Internationale Zusammenarbeitund Migration» ist in Französisch,Deutsch, Italienisch und Englischerhältlich und kann gratis bezogenwerden bei: DEZA, Sektion Medienund Kommunikation, 3003 Bern,Tel. 031 322 44 12,e-mail: [email protected], odermit dem Talon in der beigefügtenPublikationsliste.

Algerisches Dampfbad(bf) Die in Algerien geboreneAssia Djebar ist die bedeutend-ste Autorin des Maghreb. DieSchriftstellerin, Historikerin und Filmemacherin arbeitet mitihrem Roman «Weit ist meinGefängnis» nicht nur die Ge-schichte ihres Landes sondernihre eigenen Wurzeln undGeschichte auf. Und dies imReich der Frauen, in der inti-

men Atmosphäre eines Dampf-bads, wo ein junges Mädchenunter den liebenswürdigen, aberauch neidischen Blicken derFrauen das Wort «Feind» hört.Assia Djebar schreibt über ihrewichtigsten Themen und Mo-tive: die Identität der Frau in der islamischen Gesellschaft, dieSuche nach anderen Traditionenin der arabischen Geschichteund das Hohelied weiblichenAufbegehrens.«Weit ist mein Gefängnis» vonAssia Djebar, Unionsverlag Zürich

Umweltbilanz(vuc) Die Broschüre «GlobaleUmwelt. Partnerschaften Nord-Süd» bilanziert das GlobaleUmweltprogramm der DEZA,und präsentiert gleichzeitig dieStandpunkte der schweizerischenund lokalen Partner zu denAuswirkungen des Programms.Das dank dem Kredit der 700-Jahrfeier der Eidgenossenschaftzustande gekommene Programmunterstützt in erster Linie dieEntwicklungsländer bei derUmsetzung der UNO-Konven-tionen im Bereich der globalenUmwelt.

Die Broschüre ist in Deutsch undFranzösisch erhältlich und kannunter [email protected] bestelltwerden, oder ist aufwww.deza.admin.ch abrufbar.

Die Schweiz und die UNO(vuc) Die UNO, ihre Geschich-te, ihre Funktion, die neuenHerausforderungen, die gemein-samen Ziele sowie die Frage zueinem eventuellen Beitritt derSchweiz: all diese Aspekte sind inder informativen Broschüre «DieSchweiz und die UNO» desEidgenössischen Departementsfür auswärtige Angelegenheiten(EDA) zusammengefasst.Die Broschüre existiert in Deutsch,Französisch und Italienisch undkann bestellt werden bei: BBLEDMZ/UNO, 3003 Bern(Bestellnr. 201.250 d),Tel. 031325 50 50, Fax 031 325 50 58oder www.admin.ch/edmz

Wetter und Migration(bf) Migration und Klima ist dasgrosse Thema, welches KennethJ. Hsü, international bekannterProfessor für Geologie an ver-schiedenen Universitäten (u.a. ander ETH Zürich), in seinemBuch «Klima macht Geschichte»beschreibt. Spannend und einfachlesbar geschrieben verbindet erdabei die klimatologischenVeränderungen der letzten 5000Jahre mit den grossen Migra-tionsströmen der Menschheits-geschichte. «Klima machtGeschichte» von Kenneth J.Hsü,Orell Füssli Verlag Zürich

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In der nächsten Nummer:

Frieden, Konflikte und Entwicklung – wichtigeZusammenhänge, konkrete Massnahmen und das Engagement der Schweiz

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