einfÜhrungsvorlesung in das fach allgemeinmedizin · sn + sp. 61 getestet werden 10.000 probanden...
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1
Dr. Stefan Sachtleben
Pirmasens
Facharzt für Allgemeinmedizin
Hausarzt
www.uks.eu/amuh - hier finden Sie die Vorlesung als Download
Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes, Lehrbereich Allgemeinmedizin
EINFÜHRUNGSVORLESUNG
in das Fach
ALLGEMEINMEDIZIN
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In dieser Vorlesung hören Sie:
• Berufsaussichten in der Hausarztmedizin
• Unterschiede der Allgemeinmedizin zur
spezialärztlichen Medizin
• Wesentliche Charakteristika
hausärztlichen Denkens und Handelns
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Berufsaussichten
• WEITERBILDUNGSVERBÜNDE -, die finanziell gefördert werden, auch im ambulanten Teil!
In den Krankenhäusern gezielt danach fragen! Bei Unklarheiten wenden Sie sich bitte an den hausärztlichen
Vorstand der Ärztekammer, den Hausärzteverband oder im Idealfall an das zuständige Institut für
Allgemeinmedizin.) .
Z.B: 18 Mo Innere, 6-12 Mo Chirurgie, 6 Monate Wahlfach, 2 Jahre Hausarztpraxis.
• Förderung: - Famulaturen 500,-/Mo in RLP (auf Antrag + nach Eingang)
ein Pflichtmonat seit 7/12, zusätzlich Pflicht-Blockpraktikum 2 Wo ohne Förderung
- Weiterbildungsassistenten 3500,-/Mo in RLP (auf Antrag + nach Eingang)
• Regresse werden weniger scharf gefahren, aber das Thema ist noch immer auf der Agenda.
• All-abendliche Bereitschaft, Wochenenddienste werden von Bereitschaftsdienstzentralen
übernommen.
• Position der Allgemeinmedizin an den Universitäten, in der ärztlichen Selbstverwaltung ( v a der
KBV), aber auch in der Politik zumindest unklar. Jedoch sehr hoffnungsfroh stimmende Signale des Umdenkens in
jüngster Zeit.
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Berufsaussichten
Es findet ein tiefgreifender Wandel in der Leistungserbringung statt:
• Einzelpraxen werden weniger.
Hausärztliche Versorgungszentren entstehen, die nicht mehr zwingend die
Selbstständigkeit zur Voraussetzung der hausärztlichen Arbeit haben. Derzeit 1/5 der
Praxen.
• Versorgungsassisstentinnen(VERAH = Versorgungsassisstentinnen in der Hausarztpraxis),
„nursing practionners“
werden Teile der Versorgung übernehmen.
(Beispiel: Großbritannien, Niederlande)
• Völlig neue Berufsaussichten als Ambulanzmediziner
12
Allgemeinmedizin ist nicht nur ein Fach –
es ist eine bestimmte von der stationären Medizin
VERSCHIEDENE Art Medizin zu treiben.
Die Unterschiede zur stationären Medizin bestehen in der:
PATIENTENPOPULATION
13
1000
Menschen
800 haben
Symptome
230 niedergelassener
Arzt/Hausarzt
8 Krankenhaus
<1 Universitätsklinik
Wo werden Menschen medizinisch versorgt?
Nach Green LA et al. (2001) N Eng J Med 344: 2021-5 (alle Altersgruppen / Monat)
Das Verhältnis
allgemeinärztliche Betreuung
zu
spezialärztliche Betreuung
ist etwa:
20:1
14
Die Patientenpopulation in der Allgemeinmedizin ist von
von der stationären Population stark verschieden.
Nur ca. 1% aller Menschen mit gesundheitlichen Problemen
kommen in ein Krankenhaus, nur ca 0,1 % in eine
Universität. Der Rest, ca. 20 %, wird im ambulanten
System behandelt – d.h., nicht nur, aber vor allem von
Hausärzten.
Ältere + alte Menschen kommen am häufigsten und in
Zukunft noch häufiger in die Hausarztpraxis.
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Allgemeinmedizin ist nicht nur ein Fach –
es ist eine bestimmte von der stationären Medizin
VERSCHIEDENE Art Medizin zu treiben.
Die Unterschiede zur stationären Medizin bestehen in der:
PATIENTENPOPULATION
16
Berufsaussichten
• Kaum ein anderer ärztlicher Beruf ist medizinisch so breit und vielfältig
angelegt.
• Kaum ein Beruf gibt eine so intime Kenntnis der gesellschaftlichen
Verhältnisse.
• Es ist der einzige Beruf im Gesundheitswesen, von welchem aus ALLE
Teile des Gesundheitswesen gesehen werden und in ihrer Funktionalität
beurteilt werden können.
• Sie lernen Menschen in ihrer ganzen überwältigenden Verschiedenheit
kennen
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1000
Menschen
800 haben
Symptome
230 niedergelassener
Arzt/Hausarzt
8 Krankenhaus
<1 Universitätsklinik
Wo werden Menschen medizinisch versorgt?
Nach Green LA et al. (2001) N Eng J Med 344: 2021-5 (alle Altersgruppen / Monat)
Das Verhältnis
allgemeinärztliche Betreuung
zu
spezialärztliche Betreuung
ist etwa:
20:1
18
Wie unterscheiden sich diese
allgemeinmedizinischen Patientinnen
und Patienten von stationären
Patienten???
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Die Unterschiede zur stationären Medizin bestehen in der:
PATIENTENPOPULATIONund daraus folgend:
• UNAUSGELESENES PATIENTENGUT
• NIEDRIG-AUSPRÄGUNG
• MULTIMORBIDITÄT
• LEBENSLANGE PATIENT-ARZT-BEZIEHUNG
• THERAPIE-AUTONOMIE-KONFLIKT
• NIEDRIG-PRÄVALENZ
• KLINISCHES DENKEN
24
• Viele Patienten, unselektiert, unausgelesen
mit vielen verschiedenen Beschwerden
= große Breite des Faches:
• AM ist das einzige Fach i d Medizin, dass Einblick in ALLE
Disziplinen verlangt.
UNAUSGELESENES
PATIENTENGUT
Aus dem Heidelberger CONTENT-Projekt (www.content-info.org) : 100.000 Patienten in 3 Jahren
GERIATRIE ist ein wesentlicher Bestandteil der Allgemeinmedizin
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Breite des Faches
Prozentanteil der 20 häufigsten Diagnosen an der Menge aller Diagnosen (Häussler, 1960)
Allgemeinmedizin 53 %
Innere Medizin 70 %
Chirurgie 75 %
Urologie 82 %
Pädiatrie 83 %
Gynäkologie 97 %
HNO 98 %
Augen 99 %
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Die Unterschiede zur stationären Medizin bestehen in der:
PATIENTENPOPULATIONund daraus folgend:
• UNAUSGELESENES PATIENTENGUT
• NIEDRIG-AUSPRÄGUNG
• MULTIMORBIDITÄT
• LEBENSLANGE PATIENT-ARZT-BEZIEHUNG
• THERAPIE-AUTONOMIE-KONFLIKT
• NIEDRIG-PRÄVALENZ
• KLINISCHES DENKEN
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• Patienten mit weniger ausgeprägten
Krankheiten als Patienten in Krankenhäusern
und
daher oft nur relativer Behandlungsindikation -
Niedrigausprägung
NIEDRIG-AUSPRÄGUNG
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.Krankheits Ausprägung
Anzahl Patienten
hausärztlicher Bereich
stationärer Bereich
log.Skala1 2 3 4
gesund
moribund
Klinische oder Krankheits-Prävalenz
Diagnostische oder Befund-Prävalenz
NIEDRIGAUSPRÄGUNG
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In der Allgemeinmedizin sind die Krankheiten
weniger stark ausgeprägt, wie im Krankenhaus.
Man sieht sehr viele leichtere Verläufe von
bekannten Krankheiten, die nie
krankenhauspflichtig werden.
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Die Unterschiede zur stationären Medizin bestehen in der:
PATIENTENPOPULATIONund daraus folgend:
• UNAUSGELESENES PATIENTENGUT
• NIEDRIG-AUSPRÄGUNG
• MULTIMORBIDITÄT
• LEBENSLANGE PATIENT-ARZT-BEZIEHUNG
• THERAPIE-AUTONOMIE-KONFLIKT
• NIEDRIG-PRÄVALENZ
• KLINISCHES DENKEN
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Nur die Allgemeinmedizin weiß, dass zum Beispiel die Patienten mit der Hüftfraktur, auch
noch mäßig eingestellte Diabetikerin, augenkrank, einsam, depressiv und leichtgradig
dement ist, darüber hinaus inkontinent und außerdem seit Jahren beim Heilpraktiker
sich Spritzen für den „Aufbau“ geben läßt.
Nur der Hausarzt kennt ihre soziale Situation, ihre 85 Jahre lange Anamnese und ihren
Willen zum Leben oder Tod und zwar als persönliches Erleben!!! (Nicht angelesen
oder berichtet = ERLEBTE ANAMNESE)
Multimorbidität
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Multimorbidität bedeutet nicht nur viele Krankheiten zu
haben (Polymorbidität) sondern völlige neue über die
Symptome der einzelnen Krankheiten hinausgehende
körperliche, seelische und soziale Probleme zu haben,
deren Verständnis eine lange Kenntnis der Anamnese und
des Menschen erfordert – nur die Allgemeinmedizin hat
diese Kenntnis. ERLEBTE ANAMNESE
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Die Unterschiede zur stationären Medizin bestehen in der:
PATIENTENPOPULATIONund daraus folgend:
• UNAUSGELESENES PATIENTENGUT
• NIEDRIG-AUSPRÄGUNG
• MULTIMORBIDITÄT
• LEBENSLANGE PATIENT-ARZT-BEZIEHUNG
• THERAPIE-AUTONOMIE-KONFLIKT
• NIEDRIG-PRÄVALENZ
• KLINISCHES DENKEN
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Die Unterschiede zur stationären Medizin bestehen in der:
PATIENTENPOPULATIONund daraus folgend:
• UNAUSGELESENES PATIENTENGUT
• NIEDRIG-AUSPRÄGUNG
• MULTIMORBIDITÄT
• LEBENSLANGE PATIENT-ARZT-BEZIEHUNG
• THERAPIE-AUTONOMIE-KONFLIKT
• NIEDRIG-PRÄVALENZ
• KLINISCHES DENKEN
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Therapie-Autonomie-Konflikt
• „Herr Doktor, blaue Tabletten helfen mir nicht“
• Mein Blutdruck braucht keine Therapie
• Können wir nicht noch warten mit der
Krankenhauseinweisung.
• So viele Tabletten nehme ich nicht
• Meine Nichte hat aber gesagt, ihre Tabletten sind
gefährlich.
• Usw.
41
Der Therapie-Autonomie-Konflikt ist die
Auseinandersetzung des objektiven, rationalen,
wissenschaftlichen, „richtigen“ Denkens +
Handelns des Arztes
mit den subjektiven, „eigensinnigen“ Wünschen +
Vorstellungen unserer Patienten. Das Ergebnis
ist partnerschaftliches Miteinander - die
partizipative Entscheidungsfindung, das
SHARED-DECISION-MAKING.
42
Nicht Compliance, sondern
Konkordanz –
gegenseitige Übereinstimmung!
(= Arzt gibt nach – Patient gibt nach)
Das Ergebnis entfernt sich notwendigerweise von der
„reinen Lehre“.
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Kommunikationsfähigkeit
ist hausärztliche Kernkompetenz –
gerne anderen zuhören, bereit sein zu verstehen, sich
einzufühlen, sich um verständliche Worte bemühen.
Respekt vor und Bewunderung für
die ungeheure Vielfältigkeit + Verschiedenheit
menschlichen Lebens.
AKTIVES ZUHÖREN oder
MOTIVATIONAL INTERVIEWING
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Die Unterschiede zur stationären Medizin bestehen in der:
PATIENTENPOPULATIONund daraus folgend:
• UNAUSGELESENES PATIENTENGUT
• NIEDRIG-AUSPRÄGUNG
• MULTIMORBIDITÄT
• LEBENSLANGE PATIENT-ARZT-BEZIEHUNG
• THERAPIE-AUTONOMIE-KONFLIKT
• NIEDRIG-PRÄVALENZ
• KLINISCHES DENKEN
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• Viele Patienten kommen, aber nur selten ist
jemand ernsthaft krank (niedrige Prävalenz) –
Niedrigprävalenz
• Niedrigprävalenz hat weitreichende Folgen
für die (Haus-) ärztliche Arbeit
ALLGEMEINMEDIZIN
46
NIEDRIGPRÄVALENZ
• Die Prävalenz aller Krankheiten nähert sich in der Hausarztpraxis der Bevölkerungs-
prävalenz. Diagnosen, die in den Krankenhäusern häufig sind, sind in den Praxen
selten = Niedrigprävalenz.
• Niedrigprävalenz hat Konsequenzen auf die Wertigkeit und Zuverlässigkeit der
diagnostischen Methoden. Diese Konsequenzen werden zu wenig beachtet.
Tatsächlich hängt der POSTIVE VORHERSAGEWERT einer Diagnostik
von der Prävalenz der Erkrankung ab! Das bedeutet, dass:
• Diagnostische Methoden, die unter klinischen Bedingungen eine hinreichende
Aussagekraft ( = hoher positiver Vorhersagewert) haben, genau diese Aussagekraft
in der Hausarztpraxis VERLIEREN!
• Sensitivität und Spezifität hängen nicht nur von der
Technik des Tests, sondern auch wesentlich vom
Untersucher und der Untersuchungssituation ab.
• Daher können diese beide Werte nicht absolut
festgelegt werden.
• Bei den hier gezeigten Beispielen kommt es auf den
Effekt der PRÄVALENZ an!
48
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EKG unter stationären Bedingungen der Hochprävalenz:
Sensitivität 70 %
Spezifität 90 %
Prävalenz der KHK auf einer kardiologischen Station sei 50%
tatsächlich
POSITIV
tatsächlich
NEGATIV
Prävalenz 50 % 50 %
EKG positiv 35 % 5 %
EKG negativ 15 % 45 %
Positiver Vorhersagewert [35/(35+5)]: 88 % (9 von 10 positiven EKGs richtig positiv)
Negativer Vorhersagewert[45/(15+45)]: 75% (7-8 von 10 negativen EKG richtig negativ)
50
EKG unter Hausarztbedingungen der Niedrigprävalenz:
Sensitivität 70 %
Spezifität 90 %
Prävalenz der KHK in Praxis: ca. 1% (35 – 69 jährige)
tatsächlich
POSITIV
tatsächlich
NEGATIV
Prävalenz 1 % 99 %
EKG positiv 0,7 % 9,9 %
EKG negativ 0,3 % 89,1 %
Positiver Vorhersagewert: 6,5 % (1 von 15 EKGs richtig positiv)
Negativer Vorhersagewert: 99,7% !!!!
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0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Universität ambulanter Kardiologe Hausarzt
Positive Vorhersagewerte des EKG‘s bei verschiedenen Prävalenzen für KHK in der Untersuchungspopulation
Prävalenz (%)
Pos.VW (%)
52
0
10
20
30
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50
60
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100
Universität ambulanter Kardiologe Hausarzt
Negative Vorhersagewerte des EKG‘s bei verschiedenen Prävalenzen für KHK in der Untersuchungspopulation
Prävalenz (%)
Neg. VW (%)
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Unter
Niedrigprävalenzbedingungen:
• Sind Gesunde besser zu erkennen als Kranke!!
Das heißt: ein Test ist sicherer, wenn er KEINE
Krankheit anzeigt.
• Er ist unsicher bis nicht bewertbar, wenn er eine
krankhafte Veränderung anzeigt!!!
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Beispiele:
- Test auf okkultes Blut im Stuhl:
Gujak basierte Tests: Sensitivität: 6%-83%
immunolog. Tests: Sensitivität: 6%-62%
Spezifität für beide: 98%!!
- D-Dimer-Test:Sensitivität 60%
Spezifität >90%
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EKG unter stationären Bedingungen der Hochprävalenz:
Sensitivität 70 %
Spezifität 90 %
Prävalenz der KHK auf einer kardiologischen Station sei 50%
tatsächlich
POSITIV
tatsächlich
NEGATIV
Prävalenz 50 % 50 %
EKG positiv 35 % 5 %
EKG negativ 15 % 45 %
Relation Falsch-Positiver zu Richtig-Positiver: 0,14
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EKG unter Hausarztbedingungen der Niedrigprävalenz:
Sensitivität 70 %
Spezifität 90 %
Prävalenz der KHK in Praxis: ca. 1% (35 – 69 jährige)
tatsächlich
POSITIV
tatsächlich
NEGATIV
Prävalenz 1 % 99 %
EKG positiv 0,7 % 9,9 %
EKG negativ 0,3 % 89,1 %
Relation Falsch-Positiver-zu-Richtig-Positiver: 14
57
0
2
4
6
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10
12
14
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Universität ambulanter Kardiologe Hausarzt
Falsch positive EKGs im Verhältnis zu den richtig positiven EKGs abhängig von der Prävalenz der KHK
in der Untersuchungspopulation
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Im Niedrigprävalenzbereich (= in der Hausarztpraxis !!!)
produziert unkritisch angewandte Diagnostik
HOHE Zahlen von FALSCH POSITIVEN!!!
Diese Anzahl der fälschlicherweise als krank bezeichneten Menschen kann
das 10-200-Fache der tatsächlich Kranken betragen!
59
Je höher der Anteil an potentiell GESUNDEN!!! in meiner
Untersuchungspopulation ist (= je geringer die Prävalenz), desto
schwieriger wird die Bewertung einer technischen Untersuchung
60
HIV-Krankheit
Prävalenz: 1:10.000
Sensitivität des HIV-Testes: 99,99%
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein positiver HIV-Test tatsächlich positiv ist?
A. 100 %
B. 99,99 %
C. 50 %
D. 0,01%
E. 0,001 %
Sn + Sp
61
Getestet werden 10.000 Probanden
10000 Probanden
1 richtig Positiver
9999 sind richtig negativ
Testsicherheit 99,99 %
1 falsch Positiver
Testsicherheit: 1:1
= 50%
62
Krebsvorsorgeuntersuchungen:
Sensitivität 85%
(liegt insgesamt eher niedriger; jedoch für einige
Tests, z.B. Koloskopie in entsprechenden Zentren auch höher)
Spezifität 90 %
Prävalenz sei 0,1% ( = 1:1000)
tatsächlich
POSITIV
tatsächlich
NEGATIV
Prävalenz 0,1 % 99,9 %
Vorsorge positiv 0,085 % 9,9 %
Vorsorge negativ 0,015% 90 %
Positiver Vorhersagewert: 0,85 %
Relation Falsch-Positiver-zu-Richtig-Positiver: 116
63
Cochrane 2006 + 2013:
2000 Frauen müssen 10 Jahre lang mammographiert werden um 1 zu retten.
Jedoch werden bei 10 gesunden Frauen Krebs diagnostiziert und sie werden behandelt.
200 müssen sich der Abklärung eines Verdachtes unterziehen.
Cochrane-Autor Gotsche rät von der Mammographie-Vorsorge ab.
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Akkumulieren von Untersuchungen.
Testan-
zahl 1 2 4 6 10
Fehler-
wahr-
schlk't5% 10% 19% 26% 40%
Spezifität sei 95%
65
0
10
20
30
40
50
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70
80
90
100
Universität ambulanter Kardiologe Hausarzt
Positive Vorhersagewerte des EKG bei verschiedenen Prävalenzen in der Untersuchungspopulation
Prävalenz (%)
Pos.VW (%)
66
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
-0,1
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
1,1
se99sp99.9
se50sp99.9
se99sp98
se80sp98
se50sp98
se80sp90
se80sp80
se95sp60
se95sp50
PP
V
PrävalenzSchneider et al., ZaeFQ 2006
67
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
sen99spez99
sen99spez98
sen95spez60
sen95spez50
sen80spez98
sen50spez98
sen50spez99
sen30spez99
NP
V
PrävalenzSchneider et al., ZaeFQ 2006
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Niedrigprävalenz führt zu einer erheblichen Änderung der
Wertigkeit medizinischer Diagnostik.
Es entstehen je nach Test um den Faktor 5 bis 15 bis 200
mehr falsch positive Testergebnisse als richtig positive.
Wer viele Gesunde sieht
(= Primärversorgung=Allgemeinmedizin),
der sollte mit Diagnostik und Diagnose äußerst
zurückhaltend sein!
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Die Unterschiede zur stationären Medizin bestehen in der:
PATIENTENPOPULATIONund daraus folgend:
• UNAUSGELESENES PATIENTENGUT
• NIEDRIG-AUSPRÄGUNG
• MULTIMORBIDITÄT
• LEBENSLANGE PATIENT-ARZT-BEZIEHUNG
• THERAPIE-AUTONOMIE-KONFLIKT
• NIEDRIG-PRÄVALENZ
• KLINISCHES DENKEN
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KLINISCHES DENKEN
Die Allgemeinmedizin hat ein reiches
Instrumentarium entwickelt um im Arbeitsalltag
mit sehr hohen Patientenkontaktzahlen die
DIAGNOSTISCHE UNSICHERHEIT
in den Griff zu bekommen
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Die allgemeinmedizinische Diagnostik ist KLINISCH orientiert.
Klinisch bedeutet: im Vordergrund steht nicht die Technik,
sondern das, was man
ERFRAGEN, FÜHLEN, HÖREN, SEHEN, RIECHEN, SCHMECKEN,
aus der Akte oder Literatur ERLESEN und sich DENKEN kann!
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• Abwendbar gefährlicher Verlauf
rechtzeitig erkennen
• Klinisches Denken:
Fragen, tasten, hören, sehen, riechen, nachlesen(!) und nachdenken!
• Abwartendes Offenlassen
Wiedervorstellung oder Hausbesuch
• Symptomatisch Therapieren
„Therapie vor Diagnose“
• Technische Untersuchungen spielen eine nachgeordnete Rolle
• Kommunikation + Bemühen(!) um Konkordanz prägen den Alltag und
sind allgemeinmedizinische Kernkompetenz – ohne geht es nicht!
Allgemeine Medizin –
Prinzipien um mit Unsicherheit professionell
umzugehen
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Klinisches Denken, lange Kenntnis des
Patienten und typische Umgangsweisen mit dem
Problem der Niedrigprävalenz kennzeichnen die
hausärztliche Arbeit! Der Hausarzt und die
Hausärztin sind die Spezialisten für
medizinische Entscheidungen in großen
unausgelesenen Populationen, im sogenannten
Niedrigprävalenzbereich
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Die Unterschiede zur stationären Medizin bestehen in der:
PATIENTENPOPULATIONund daraus folgend:
• UNAUSGELESENES PATIENTENGUT
• NIEDRIG-AUSPRÄGUNG
• MULTIMORBIDITÄT
• LEBENSLANGE PATIENT-ARZT-BEZIEHUNG
• NIEDRIG-PRÄVALENZ
• KLINISCHES DENKEN
• THERAPIE-AUTONOMIE-KONFLIKT
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Allgemeinmedizin ist nicht nur ein Fach –
es ist eine bestimmte von der stationären Medizin sehr
VERSCHIEDENE Art Medizin zu treiben.