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30 Jahre Spektrum der Augenheilkunde Spektrum Augenheilkd (2017) 31:100–104 DOI 10.1007/s00717-017-0354-9 Einige Erinnerungen an meine Zeit an der Augenklinik Christian Skorpik Online publiziert: 21. Juli 2017 © Springer-Verlag GmbH Austria 2017 © Julia Otte Als 1987 das erste Heft spektrum der augenheilkunde erschien, war ich bereits das 8. Jahr an der ersten Uni- versitäts-Augenklinik tätig. Es war uns allen, insbeson- dere aber unserem damaligen Klinikvorstand, Univ.- Prof. Dr. Heinz Freyler, ein großes Anliegen, das Er- scheinen der Zeitschrift zu ermöglichen, und wir be- mühten uns daher auch, durch möglichst gehaltvolle Beiträge, die Qualität der neuen Fachzeitschrift zu do- kumentieren. Im Januar 1980 war ich als Assistenzarzt an die ers- te Universitäts-Augenklinik gekommen – damals unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Karl Hruby. Relativ bald durfte ich Prof. Hruby in seiner Privatordination assis- tieren und konnte dadurch einen guten Einblick in die Arbeitsabläufe in einer Ordination gewinnen. Das hat mir später in meiner beruflichen Tätigkeit sehr ge- holfen. Es war doch ein ganz anderes Arbeiten als in der Ambulanz der Augenklinik. Damals musste jeder Univ.-Prof. Dr. C. Skorpik () Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie, Medizinische Universität Wien, Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich [email protected] Patient in der Ambulanz möglichst komplett durch- untersucht werden, was meist sehr zeitaufwendig war. Das ist nicht mit den heutigen Ambulanzabläufen, die schnell und lösungsorientiert sein müssen, vergleich- bar. Der Lerneffekt war aber sehr groß. Ich hatte her- vorragende Lehrer und Vorbilder, insbesondere Hans Gnad und Susanne Binder möchte ich hervorheben. Als ich in der ersten Universitäts-Augenklinik be- gann, wurde die Kataraktoperation noch als ICCE (Intrakapsuläre Kataraktextraktion) durchgeführt, meist ohne Kunstlinsenimplantation. Immer häu- figer jedoch erfolgte die Implantation von Kunst- linsen. Dabei wurden an unserer Klinik vor allem 4-Schlingen-Linsen nach Binkhorst, aber auch kam- merwinkelgestützte Vorderkammerlinsen eingesetzt. 1984 veröffentlichte ich z.B. eine Serie von Vorder- kammerlinsenimplantationen mit der sogenannten „Shepard-Vorderkammerlinse“. Damals wurde bereits mit dem „Klöti-Stripper“ oder dem „Ocutome nach O’Malley“ gearbeitet, um vorgefallenen Vitreus zu entfernen. Diese Linse, wie auch andere Vorderkam- merlinsen, galten schon damals an unserer Klinik als Kompromissimplantat bei Kapselruptur, denn routi- nemäßig wurde damals bereits seit 1982 die ECCE (Extrakapsuläre Kataraktextraktion) mit Hinterkam- merlinsenimplantation (Simcoe C-loop Hinterkam- merlinsen mit 10° Schlaufenneigung) durchgeführt. Die Schlaufenneigung bewährte sich damals schon um Irisschädigungen sowie „pupillary capture“ bei Mydriasis zu verhindern. Es gab ja zu der Zeit noch keine Kapsulorhexis, sondern erst die „can-opener Kapselöffnungstechnik“. Dabei war der Linsensitz nicht immer eindeutig „in the bag“. Die ECCE-Ära hatte mit der Einführung des „Klöti-Strippers“ be- gonnen, den Hans Gnad aus seiner Zeit in Zürich mitbrachte und bei uns unter anderem zum Ab- saugen von Linsenkortexmaterial etablierte. Anfangs wurden kurzzeitig auch bei ECCE 4-Schlingen-Lin- 100 Einige Erinnerungen an meine Zeit an der Augenklinik K

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30 Jahre Spektrum der Augenheilkunde

Spektrum Augenheilkd (2017) 31:100–104DOI 10.1007/s00717-017-0354-9

Einige Erinnerungen anmeine Zeit an der Augenklinik

Christian Skorpik

Online publiziert: 21. Juli 2017© Springer-Verlag GmbH Austria 2017

© Ju

lia O

tte

Als 1987 das erste Heft spektrum der augenheilkundeerschien, war ich bereits das 8. Jahr an der ersten Uni-versitäts-Augenklinik tätig. Es war uns allen, insbeson-dere aber unserem damaligen Klinikvorstand, Univ.-Prof. Dr. Heinz Freyler, ein großes Anliegen, das Er-scheinen der Zeitschrift zu ermöglichen, und wir be-mühten uns daher auch, durch möglichst gehaltvolleBeiträge, die Qualität der neuen Fachzeitschrift zu do-kumentieren.

Im Januar 1980 war ich als Assistenzarzt an die ers-te Universitäts-Augenklinik gekommen – damals unterder Leitung vonUniv.-Prof. Dr. Karl Hruby. Relativ balddurfte ich Prof. Hruby in seiner Privatordination assis-tieren und konnte dadurch einen guten Einblick in dieArbeitsabläufe in einer Ordination gewinnen. Das hatmir später in meiner beruflichen Tätigkeit sehr ge-holfen. Es war doch ein ganz anderes Arbeiten als inder Ambulanz der Augenklinik. Damals musste jeder

Univ.-Prof. Dr. C. Skorpik (�)Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie,Medizinische Universität Wien, Währinger Gürtel18–20, 1090 Wien, Ö[email protected]

Patient in der Ambulanz möglichst komplett durch-untersucht werden, was meist sehr zeitaufwendig war.Das ist nicht mit den heutigen Ambulanzabläufen, dieschnell und lösungsorientiert sein müssen, vergleich-bar. Der Lerneffekt war aber sehr groß. Ich hatte her-vorragende Lehrer und Vorbilder, insbesondere HansGnad und Susanne Binder möchte ich hervorheben.

Als ich in der ersten Universitäts-Augenklinik be-gann, wurde die Kataraktoperation noch als ICCE(Intrakapsuläre Kataraktextraktion) durchgeführt,meist ohne Kunstlinsenimplantation. Immer häu-figer jedoch erfolgte die Implantation von Kunst-linsen. Dabei wurden an unserer Klinik vor allem4-Schlingen-Linsen nach Binkhorst, aber auch kam-merwinkelgestützte Vorderkammerlinsen eingesetzt.1984 veröffentlichte ich z. B. eine Serie von Vorder-kammerlinsenimplantationen mit der sogenannten„Shepard-Vorderkammerlinse“. Damals wurde bereitsmit dem „Klöti-Stripper“ oder dem „Ocutome nachO’Malley“ gearbeitet, um vorgefallenen Vitreus zuentfernen. Diese Linse, wie auch andere Vorderkam-merlinsen, galten schon damals an unserer Klinik alsKompromissimplantat bei Kapselruptur, denn routi-nemäßig wurde damals bereits seit 1982 die ECCE(Extrakapsuläre Kataraktextraktion) mit Hinterkam-merlinsenimplantation (Simcoe C-loop Hinterkam-merlinsen mit 10° Schlaufenneigung) durchgeführt.Die Schlaufenneigung bewährte sich damals schonum Irisschädigungen sowie „pupillary capture“ beiMydriasis zu verhindern. Es gab ja zu der Zeit nochkeine Kapsulorhexis, sondern erst die „can-openerKapselöffnungstechnik“. Dabei war der Linsensitznicht immer eindeutig „in the bag“. Die ECCE-Ärahatte mit der Einführung des „Klöti-Strippers“ be-gonnen, den Hans Gnad aus seiner Zeit in Zürichmitbrachte und bei uns unter anderem zum Ab-saugen von Linsenkortexmaterial etablierte. Anfangswurden kurzzeitig auch bei ECCE 4-Schlingen-Lin-

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sen nach Binkhorst implantiert. Dabei kam es jedochpostoperativ oft zu Dezentrierungen, obwohl die Kap-sel mit dem Vitreus-Stripper nachgeschnitten werdenkonnte. Die Ergebnisse mit der seit 1982 implantier-ten Hinterkammerlinse nach Simcoe waren eindeutigüberlegen, daher wurden diese „Three Piece Linsen“bevorzugt verwendet. 1984 wurde an unserer Klinikdie Phakoemulsifikation etabliert, und ich hatte dasgroße Glück, bei diesen Entwicklungen von Anfangan dabei sein zu dürfen. Durch diese neue Technikkonnten dank des kleinen Schnittes auch kombinier-te Operationstechniken, z. B. Kataraktoperation undIOL Implantation kombiniert mit Trabekulektomie,erfolgreich angewendet werden.

Parallel dazu wurde 1983 an unserer Klinik von Ru-pert Menapace und von mir die Glaukomambulanzgegründet, die ich bis 1986 leitete. In dieser Zeit wurdeauch die Argonlasertrabekuloplastik als wenig invasi-ver Eingriff eingeführt. 1985 wurde ich als Oberarztmit der Leitung einer Station betraut.

Die Kataraktchirurgie war von Anfang an ein The-ma, das mich intensiv beschäftigte. Das anfangs ver-wendete Linsenmaterial war PMMA (Polymethyl-methacrylat) mit Prolenebügeln. Es bestand jedochder Wunsch nach besserer Gewebeverträglichkeitund Linsenimplantation durch eine möglichst klei-ne Schnittöffnung, was durch die Verwendung derPhakoemulsifikation möglich wurde. Als Materialstand damals einerseits Hydrogel und andererseitsSilikon zur Verfügung. Rupert Menapace und ichtesteten intensiv beide Materialien. Von Vorteil wares, dass es sich dabei um flexible Materialien han-delte. Die Linsen konnten dadurch gefaltet durchkleinere Wundöffnungen implantiert werden. 1987und 1988 implantierten wir unter der Federführungvon Rupert Menapace eine Serie von Kunstlinsen ausHydrogelmaterial (IOGEL PC12 der Firma Alcon) alsKleinschnittchirurgie. 1986 erfolgten die ersten Sili-konlinsenimplantationen der Firma STAAR Surgicalin den Sulcus. Im August 1987, also gleichsam zumGründungszeitpunkt des spektrum der augenheilkun-de begann ich mit der Implantation von gefaltetenSilikonlinsen in den Kapselsack nach Phakoemulsifi-kation mit dem Gerät Cavitron 9000 der Firma CooperVision. Das Thema „Klinische und experimentelle Er-gebnisse nach Implantation von Hinterkammerlinsenaus Silikonmaterial“ wurde 1988 auch meine Habili-tationsschrift, die im spektrumder augenheilkunde alsSupplementum III veröffentlicht wurde. Im Dezem-ber 1991 begannen wir torische Hinterkammerlinsenaus Silikonmaterial der Firma STAAR Surgical mittelsKleinschnittchirurgie in den Kapselsack zu implantie-ren und beobachteten die Rotationsstabilität. Ermög-licht wurde die sichere Implantation der Kunstlinsenin den Kapselsack erst durch die Einführung der Kap-sulorhexis-Technik Mitte der 80er-Jahre. Anfang der90er-Jahre begannen wir unsere Operationstechnikauf großteils „No Stitch Chirurgie“ umzustellen undin weiterer Folge auch die Technik der „Clear Cornea

Incision“ anzuwenden. In diesem Zusammenhangerprobten wir dann erfolgreich die Operationen inTropfanästhesie mit Lidocain. Ebenfalls in den 90er-Jahren implantierten wir bereits multifokale Hinter-kammerlinsen und zwar anfangs die diffraktive Linse815LE der Firma 3M und später dann auch die Ar-raylinse der Firma AMO. Die Biometrie war in denersten Jahren der Kunstlinsenimplantation auch erstin den Kinderschuhen, und die ersten Linsenimplan-tationen erfolgten nach Schätzung der Refraktion. Wirbemühten uns sehr früh um möglichst exakte und re-produzierbare Daten für die Linsenstärkeberechnung.Hans Gnad, Panayote Paroussis und ich fuhren nachZürich und holten die von Christoph Huber 1981entwickelte Kunstlinsenberechnungsmethode mittelseines Hewlett-Packard®-Rechners nach Wien.

Die erste Universitäts-Augenklinik war damals ei-nes der führenden und innovativsten chirurgischenZentren in Europa und auch im deutschsprachigenRaum. Ermöglicht wurde das letztendlich durch un-ser Engagement und durch die großartige Unterstüt-zung unseres damaligen Klinikvorstandes Univ.-Prof.Dr. Heinz Freyler. Zur damaligen Zeit existierte an un-serer Klinik noch keine Trennung in vorderen und hin-teren Augenabschnitt. Als Chirurg war man für alleszuständig. Daraus ergaben sich viele interessante Ar-beitsbereiche und Querverbindungen.

Das erste Heft des spektrum der augenheilkundespiegelt diese Vielfalt wider. Es wurde über Biome-trie publiziert, aber auch über Ergebnisse von Vitrek-tomie bei Ruptur der Linsenkapsel bei Kataraktope-ration. Mein späterer chirurgischer Schwerpunkt, dieKeratoplastik, war auch damals bereits für mich einThema. Ich publizierte eine Arbeit über kombinierteKeratoplastik und Kunstlinsenimplantation, was seit1983 an unserer Klinik durchgeführt wird.

Während meiner ersten Jahre an der Klinik hat-te ich die glückliche Gelegenheit mit Susanne Bin-der gemeinsam experimentelle Projekte im Bereichdes hinteren Augenabschnittes durchführen zu dürfenund von ihr und Hans Gnad in die Vitrektomie einge-führt zu werden. Seit 1982 wurde mit Silikonölimplan-tation gearbeitet. Die damalige Technik wurde vonHans Gnad während eines Aufenthaltes bei Zivojnovicin Rotterdam erlernt und von unserer Arbeitsgruppean der ersten Universitäts-Augenklinik übernommen.Dadurch konnte ich sehr früh während meiner klini-schen Tätigkeit schon komplexe Ablatiochirurgie undTraumatologie erlernen.

Seit 1988 leitete ich die Hornhautambulanz, dieRefraktionsambulanz sowie die Kunstlinsenambu-lanz. Aus dieser Situation heraus ergab sich für michdie Möglichkeit, bereits 1992 mit einem Aesculap-Meditec Mel 60 Excimerlaser zu arbeiten und PRK(Photorefraktive Keratektomie) Behandlungen an derersten Universitäts-Augenklinik durchzuführen. DieLaserbehandlungen wurden später mit dem Excimer-laser Keratom der Firma Schwind fortgesetzt. Nun istein Laser der neuesten Generation im Einsatz. Die

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30 Jahre Spektrum der Augenheilkunde

Abb. 1 DS(A)EK

Abb. 2 DMEK

Abb. 3 DMEKSpaltlampenbildmit Transplantatfalten tempo-ral unten

LASIK-Behandlung erfolgte mit einem Mikrokeratomder Firma Gebauer. Die Tradition modernste Metho-den zur Behandlung von Fehlsichtigkeit und Horn-hautanomalien anzuwenden wird an der Universitäts-Augenklinik in Wien unter der Leitung von StefanPieh weitergeführt. Der Femtosekundenlaser der Fir-ma Ziemer ergänzt nun das Instrumentarium. ZurBehandlung hoher Fehlsichtigkeit wurde im Septem-ber 1993 die ICL® (Implantierbare Kontaktlinse) der

Firma STAAR Surgical an unserer Klinik im Rahmender Refraktionsambulanz eingeführt. Das Konzept er-schien mir vielversprechend und zukunftsträchtig. Ichkonnte damit gute bis sehr gute Ergebnisse erzielen.Die einzige relevante Einschränkung während derLangzeitbeobachtung war die Zunahme der Katarakt-entwicklung. Diese Anfangsschwierigkeiten scheinennun dauerhaft behoben zu sein und die ICL® ist inmodernisierter Form immer noch als „Visian ICL®“in breiter Verwendung.

Die Hornhaut blieb jedoch im Laufe der Jahremein Hauptarbeitsgebiet. Anfang 1992 begannenwir Keratoplastiken routinemäßig mit dem GTS (Ge-führtes Trepansystem) nach Krumeich durchzufüh-ren. Die Ergebnisse damit waren ausgezeichnet unddie Technik hat sich viele Jahre gut etabliert gehal-ten. Erst durch die neueren Entwicklungen mit demFemtosekundenlaser hat diese Technik ihren hohenStellenwert verloren. Angeregt durch die Mikrokera-tomerfahrungen bei LASIK und Publikationen vonBusin begann ich 2002 mit der Endokeratoplastikbei Hornhautendotheldystrophie, wobei die vorde-re Hornhauthälfte mittels eines partiellen Mikroke-ratomschnittes erhalten wird und nur der hintereHornhautanteil dann durch die „open sky“-Technikersetzt wird. Die vordere Hornhaut wird wieder zu-rückgeklappt und mit Nähten fixiert. Zur besserenAdaptation wird kurzzeitig Luft in der Vorderkam-mer belassen. Die Ergebnisse damit waren gut undfunktionell zufriedenstellend. Dank der guten Erfah-rungen mit dem dafür verwendeten ALTK (AutomatedLamellar Therapeutic Keratoplasty) Mikrokeratomsys-tem der Firma Moria war es nur ein kleiner Schritt2006 auf die DS(A)EK (Descemet’s Stripping [Auto-mated] Endothelial Keratoplasty)Technik umzustei-gen. Mit dieser nahezu nahtlosen Technik wurdendie Behandlungsergebnisse noch weiter verbessert.Es gab nur mehr kleine Einschnitte und die Archi-tektur der Hornhaut blieb weitgehend unbeeinflusst.Die Hornhaut wird nur etwas dicker, meist um 100 µbis 130 µ. Das operationstechnisch bedingte Menis-kusdesign des Transplantates macht insbesondere beidickeren Transplantaten die Zentrierung wichtig, daes bei Exzentrizität leicht zu optischen Aberrationenkommen kann. Die Methode hat sich bis heute inverschiedensten Modifikationen sehr bewährt und istfür viele Chirurgen noch heute die bevorzugte Tech-nik (Abb. 1). Der Schnitt kann nun auch mit einemFemtosekundenlaser durchgeführt werden, wodurchdünnere Transplantate mit exakt vorherbestimmba-rer Hornhautdicke und ohne Meniskusform mög-lich sind. Die Entwicklung ging jedoch wieder weiterund wir starteten 2012 mit der Descemet-Membran-Transplantation, der DMEK (Descemet MembraneEndothelial Keratoplasty). Diese Operationstechnikwird zurzeit von Gerald Schmidinger und von mir amAKH Wien durchgeführt und damit lassen sich dieErgebnisse in Bezug auf die DS(A)EK noch weiter ver-bessern (Abb. 2 und 3). Die DMEK ist nun an unserer

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30 Jahre Spektrum der Augenheilkunde

Abb. 4 Oculaid® Irissektorimplantateder FirmaOPHTECundIOL imKapselsackbei traumatischer Iridoplegie

Abb. 5 Artificial Iris®und IOL

Abb. 6 Artificial Iris®und IOL

Klinik die bevorzugte Operationstechnik bei Endo-thelversagen der Hornhaut und eine DS(A)EK wirdnur mehr extrem selten durchgeführt. Die Operationselbst ist wiederum um einiges anspruchsvoller als dieDS(A)EK und die Lernkurve auch entsprechend län-ger. Es gibt mittlerweile verschiedenste Modifikatio-nen der Technik. Einer der großen Vorteile gegenüberder perforierenden Keratoplastik ist die meist pro-blemlose Wiederholbarkeit der Operation (Austausch

Abb. 7 Artificial Iris®undHornhautnarbennachVerletzung

der Descemet-Membran und des Endothels) ohne dierestliche Hornhaut nachhaltig zu beeinträchtigen. Dieperforierenden und vorderen lamellären Keratoplasti-ken werden nun meist mit dem Femtosekundenlaserdurchgeführt. 2012 begannen wir bei der vorderenlamellären Keratoplastik (DALK, Deep Anterior La-mellar Keratoplasty) auch mit der sogenannten „ bigbubble“-Technik. Auch diese Operationstechnik hatsich sehr bewährt und wird an unserer Klinik derzeitbei entsprechender Indikation routinemäßig ange-wendet. So geht die Entwicklung erfreulicherweiseimmer weiter, und bei Keratokonus wird an unsererKlinik seit Jahren von Gerald Schmidinger und Mit-arbeitern „Corneal Cross Linking“ mit großem Erfolgdurchgeführt. Auch werden Ringsegmente eingesetzt,um die Hornhautkrümmung zu verbessern. Mit demExcimerlaser wird die Hornhautoberfläche nach Ke-ratoplastik bei Bedarf optimiert und reguläre sowieauch irreguläre Astigmatismen werden reduziert. Dasist im Rahmen der Refraktionsambulanz einer derArbeitsschwerpunkte von Stefan Pieh.

Traumatologie und rekonstruktive Chirurgie warenmir von Anfang an immer wichtig. Dabei müssen oftkomplexe Behandlungsstrategien angewendet wer-den. Bei Verletzungen oder Erkrankungen mit Iris-schädigung implantierten wir früher immer wiederSpannringe mit Irissegmenten, sulcusgenähte Kunst-linsen mit Iriszeichnung sowie Irissegmente in denKapselsack (Abb. 4). Im Gegensatz zu diesen starrenImplantaten mit nur wenigen Farbvarianten, wel-che eine große Wundöffnung benötigen, verwendenwir seit einigen Jahren die Artificial Iris® der FirmaHumanOptics AG, welche gefaltet über einen relativkleinen Schnitt implantiert werden kann und entwe-der in den Kapselsack gegeben, in den Sulcus gestecktoder genäht wird. Dieses großteils aus Silikonmaterialgefertigte Implantat kann auch zurecht geschnittenwerden und nur in Teilen implantiert werden. DieIrisfarbe wird individuell von der Firma produziertund an das Partnerauge angeglichen (Abb. 5, 6, 7und 8).

Als Folge der immer älter werdenden Bevölkerungkommt es öfter als früher zu Kunstlinsensubluxatio-

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Abb. 8 Artificial Iris®Teilimplantat undArtisan® IOL

nen oder Luxationen. Die Ursachen sind vielfältigund nicht nur Augen mit Pseudoexfoliationssyndromsind davon betroffen. Verschiedenste Lösungsansät-ze sind bei einer solchen Problemstellung möglichund in Erwägung zu ziehen: Refixation der Linse,Spannringfixation oder Kunstlinsentausch mit oderohne Vitrektomie. Diese Operationsindikation wird inZukunft noch beträchtlich zunehmen.

Erwartungsgemäß hat sich in den letzten 37 Jahren,seit ich an der Augenklinik bin, vieles weiterentwickeltund es ergeben sich immer wieder neue Fragestellun-gen und neue Therapiekonzepte. In den 30 Jahren,seit es das spektrum der augenheilkunde gibt, hat vie-les davon auch seinen Niederschlag in der Zeitschriftgefunden. In vielen Bereichen der Augenheilkunde ge-hen die Wurzeln für die derzeitigen Standards weitzurück und vieles war früher bereits ansatzweise vor-handen und möglich. Doch die Verbesserungen unddie Qualitätszunahme sind gewaltig. Insbesondere ha-ben bildgebende Verfahren wie OCT, computergesteu-erte Bildauswertung oder Gewebeanalysesysteme vielzur Weiterentwicklung beigetragen. In Zukunft wer-den auch viele weitere Entwicklungen wie Robotik,optimierte Netzhautimplantate etc. die Ophthalmo-logen herausfordern. Aber auch interdisziplinäre Zu-sammenarbeit wird einen immer höheren Stellenwerteinnehmen. Wie in anderen Disziplinen auch müssenimmer wieder neue, noch unbekannte Pfade angelegtund begangen werden. Man muss immer wieder ehr-geizig nach Neuem suchen, um Wissen und Könnenzu erweitern.

Interessenkonflikt C. Skorpik gibt an, dass kein Interessen-konflikt besteht.

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