electronic meeting systems paradox : hindernisse für den einsatz funktionierender technik und...

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1 Sitzungen – ein Problem und Lo ¨sungen, die keiner nutzt? Elektronische Sitzungsunterstu ¨ tzungssys- teme (Electronic Meeting Systems, EMS) sind seit gut 15 Jahren ein elementarer Be- standteil der Forschung in der Wirt- schaftsinformatik in Europa und den USA. Die Kluft zwischen Forschungsinte- resse bzw. Publikationsha ¨ufigkeit und tat- sa ¨chlicher Verbreitung respektive Nutzung in der Organisationspraxis ist allerdings tief [KlKS00]. EMS scheinen als „ewige Talente“ der Wirtschaftsinformatik den Sprung in die erste Liga der Produktivita ¨ts- werkzeuge nicht zu schaffen. Dies ist eine erstaunliche Entwicklung im Hinblick auf die Tatsache, dass die meisten Manager ei- nen hohen Anteil ihrer Arbeitszeit in Sit- zungen verbringen und mit dieser Form synchroner Zusammenarbeit in Gruppen nicht zufrieden sind: „Committees are groups that keep minutes and waste hours“ [Frey95]. Beklagt wird zu lange Dauer [McKe95], schlechte Ergebnisqualita ¨t und aus der Praxis heraus ein chaotischer Ab- lauf [Rose00]. EMS versprechen Linderung oder gar die Lo ¨sung des Problems. So for- mulieren Nunamaker et al. den Anspruch: ... to make group meetings more produc- tive by applying information technology. EMS Technology is designed to directly impact and change the behaviour of groups to improve group effectiveness, efficiency and satisfaction“ [NDVV91, 41]. Die EMS-Forschung hat Informationssys- teme als technische Lo ¨ sung entwickelt und ihre Wirkung auf Gruppenarbeitsprozesse in einer Vielzahl von Laborexperimenten und Feldstudien untersucht. Daru ¨ ber hi- naus wurden einige Forschungsprototypen zu marktreifen Produkten weiterent- wickelt. Zwar ist die Ergebnislandschaft der EMS-Forschung heterogen geblieben [DeWV01], dennoch haben viele Studien gezeigt, dass EMS Sitzungen verbessern ko ¨nnen. Weshalb also sind EMS in der Or- ganisationspraxis heute nur sehr vereinzelt anzutreffen und welche Bedingungen mu ¨ s- sen geschaffen werden, um ihre Adoption zu erleichtern? Zur Erarbeitung einer Antwort auf diese Fragen stellt dieser Beitrag zuna ¨chst Er- gebnisse der EMS-Forschung vor. Die Analyse dieser Ergebnisse liefert die Basis fu ¨ r ein auf der Diffusionstheorie basieren- des Vorgehensmodell der Einfu ¨ hrung von EMS. Kernpunkt des Modells ist dabei die organisatorische Adoption von EMS. 2 Zur technikbasierten Verbesserung von Sitzungen durch Electronic Meeting Systems EMS sind Informationssysteme, die syn- chrone Zusammenarbeit in Sitzungen un- terstu ¨ tzen und verbessern sollen. Aus- gehend von der Annahme, dass Gruppen bestimmte Aufgaben besser erledigen ko ¨ n- nen als Einzelpersonen [Hall71], liegen die Ansatzpunkte der Entwicklung von EMS- Werkzeugen in & der Versta ¨ rkung von Prozessgewinnen der Gruppenarbeit (beispielsweise ver- WIRTSCHAFTSINFORMATIK 45 (2003) 4, S. 421 433 Die Autoren Arnd Klein Helmut Krcmar Dipl.-Oec. Arnd Klein, smart GmbH, Leibnizstraße 2, 71032 Bo ¨blingen, E-Mail: [email protected]; Prof. Dr. Helmut Krcmar, Technische Universita ¨t Mu ¨nchen, Lehrstuhl fu ¨r Wirtschaftsinformatik (I17), Boltzmannstraße 3, 85748 Garching, E-Mail: [email protected] Electronic Meeting Systems Paradox Hindernisse fu ¨r den Einsatz funktionierender Technik und Ansa ¨tze zu ihrer Ûberwindung WI – State-of-the-Art

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1 Sitzungen – ein Problemund Losungen, die keinernutzt?

Elektronische Sitzungsunterstutzungssys-teme (Electronic Meeting Systems, EMS)sind seit gut 15 Jahren ein elementarer Be-standteil der Forschung in der Wirt-schaftsinformatik in Europa und denUSA. Die Kluft zwischen Forschungsinte-resse bzw. Publikationshaufigkeit und tat-sachlicher Verbreitung respektive Nutzungin der Organisationspraxis ist allerdingstief [KlKS00]. EMS scheinen als „ewigeTalente“ der Wirtschaftsinformatik denSprung in die erste Liga der Produktivitats-werkzeuge nicht zu schaffen. Dies ist eineerstaunliche Entwicklung im Hinblick aufdie Tatsache, dass die meisten Manager ei-nen hohen Anteil ihrer Arbeitszeit in Sit-zungen verbringen – und mit dieser Formsynchroner Zusammenarbeit in Gruppennicht zufrieden sind: „Committees aregroups that keep minutes and waste hours“[Frey95]. Beklagt wird zu lange Dauer[McKe95], schlechte Ergebnisqualitat undaus der Praxis heraus ein chaotischer Ab-lauf [Rose00]. EMS versprechen Linderungoder gar die Losung des Problems. So for-mulieren Nunamaker et al. den Anspruch:„. . . to make group meetings more produc-tive by applying information technology.EMS Technology is designed to directlyimpact and change the behaviour of groupsto improve group effectiveness, efficiencyand satisfaction“ [NDVV91, 41].

Die EMS-Forschung hat Informationssys-teme als technische Losung entwickelt undihre Wirkung auf Gruppenarbeitsprozesse

in einer Vielzahl von Laborexperimentenund Feldstudien untersucht. Daruber hi-naus wurden einige Forschungsprototypenzu marktreifen Produkten weiterent-wickelt. Zwar ist die Ergebnislandschaftder EMS-Forschung heterogen geblieben[DeWV01], dennoch haben viele Studiengezeigt, dass EMS Sitzungen verbessernkonnen. Weshalb also sind EMS in der Or-ganisationspraxis heute nur sehr vereinzeltanzutreffen und welche Bedingungen mus-sen geschaffen werden, um ihre Adoptionzu erleichtern?

Zur Erarbeitung einer Antwort auf dieseFragen stellt dieser Beitrag zunachst Er-gebnisse der EMS-Forschung vor. DieAnalyse dieser Ergebnisse liefert die Basisfur ein auf der Diffusionstheorie basieren-des Vorgehensmodell der Einfuhrung vonEMS. Kernpunkt des Modells ist dabei dieorganisatorische Adoption von EMS.

2 Zur technikbasiertenVerbesserung vonSitzungen durch ElectronicMeeting Systems

EMS sind Informationssysteme, die syn-chrone Zusammenarbeit in Sitzungen un-terstutzen und verbessern sollen. Aus-gehend von der Annahme, dass Gruppenbestimmte Aufgaben besser erledigen kon-nen als Einzelpersonen [Hall71], liegen dieAnsatzpunkte der Entwicklung von EMS-Werkzeugen in

& der Verstarkung von Prozessgewinnender Gruppenarbeit (beispielsweise ver-

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 45 (2003) 4, S. 421–433

Die Autoren

Arnd KleinHelmut Krcmar

Dipl.-Oec. Arnd Klein,smart GmbH,Leibnizstraße 2,71032 Boblingen,E-Mail: [email protected];Prof. Dr. Helmut Krcmar,Technische Universitat Munchen,Lehrstuhl fur Wirtschaftsinformatik (I17),Boltzmannstraße 3,85748 Garching,E-Mail: [email protected]

Electronic Meeting SystemsParadoxHindernisse fur den Einsatzfunktionierender Technikund Ansatze zu ihrer �berwindung

WI – State-of-the-Art

besserte Informationsgenerierung und-verteilung, erhohte Motivation und ge-genseitiges Lernen der Teilnehmer) und

& der Vermeidung von Prozessverlustender Gruppenarbeit (beispielsweise un-gleiche Redezeitverteilung, Produk-tionsblockaden durch sequenzielle Ar-beit und negative Effekte durchHierarchien in Gruppen).

Zigurs und Buckland [ZiBu98] differenzie-ren EMS in Werkzeuge zur Unterstutzungder Kommunikation, der Informationsver-arbeitung sowie der Sitzungsprozesspla-nung und -durchsetzung.

Kommunikationsunterstutzung – Im Vor-dergrund steht die Moglichkeit, anonymund parallel Beitrage zu leisten. Daruberhinaus ist die Visualisierung von Aus-schnitten aus der Agenda oder des laufen-den Kommunikationsprozesses fur die ge-samte Gruppe durch Beamer oderProjektionswand gemeint. Arbeiten Men-schen lokal und synchron mit einem EMSzusammen, so konnen einzelne Beitrage ih-ren Urhebern nur dann zugeordnet wer-den, wenn diese beispielsweise mittels einerSignatur kenntlich gemacht werden. DurchBeitragsanonymitat kann sich die Bereit-schaft der Sitzungsteilnehmer erhohen,auch Meinungen zu außern, die von derMehrheitsmeinung der Gruppe oder derMeinung von Vorgesetzten abweichen[GrKr01]. Parallele Arbeit in Gruppen lasstsich durch nachfolgende Kriterien unter-scheiden. Zunachst nach dem Material –Sitzungsteilnehmer konnen alle am glei-chen oder an verschiedenen Materialien ar-beiten. Weiterhin kann man mit einemEMS mundlich und gleichzeitig schriftlichkommunizieren. Schließlich ist der schrift-liche Kanal selbst zur parallelen Arbeit ge-eignet: Teilnehmer sind in der Lage, ihreBeitrage gleichzeitig zu schreiben und ineinen Ideenpool einzubringen, ohne sich

gegenseitig in der Kommunikation zu sto-ren [JoKr01].

Informationsverarbeitung – Durch dieschriftliche Dokumentation der Beitrageermoglichen EMS die Sammlung, Ergan-zung, Verdichtung und Bewertung von In-formationen uber verschiedene Sitzungs-phasen hinweg. So lasst sich eineSammlung von Ideen uber elektronischesBrainstorming realisieren. Die Ergebnissedieser Sammlung konnen anschließenduber ein Kategorisierungswerkzeug ver-dichtet und in einem Abstimmungswerk-zeug bewertet werden. Neben der elekt-ronischen Dokumentation spielen teil-automatische Abstimmungsmodi bzw. dieelektronische Abbildung mathematischerEntscheidungsmodelle eine Rolle.

Prozessunterstutzung – Diese beinhaltetden Prozess bzw. die Folge von Aktivita-ten, die eine Gruppe auf ihrem Weg zumErgebnis leiten. EMS bieten Agenda-planungswerkzeuge an, die einzelne Akti-vitaten, deren Zeitbedarfe und Ergebnisseim Kontext der Gesamtsitzung visualisie-ren. Die Struktur selbst kann sich entwederauf habitualisierte soziale Praktiken derGruppe beziehen (wie beispielsweise einwochentliches Mitarbeitertreffen, das im-mer die gleichen Prozessschritte beinhaltenmag) oder sie wird durch einen Moderatorergebnisbezogen geplant.

3 Ergebnisseder EMS-Forschung

Seit etwa Mitte der 1980er Jahre beschaftigtsich die internationale IS-Community in-tensiv mit der Entwicklung von Werkzeu-gen zur Sitzungsunterstutzung und derenWirkung auf Gruppenarbeitsprozesse. DieEMS-Forschung hat sich dabei als eines

der zeitweise wichtigsten Publikationsthe-men herauskristallisiert. Unterscheidetman die Forschungsrichtungen nach demForschungsansatz, lassen sich zwei Haupt-stromungen [KrBK01] ermitteln. Die eineStromung stellt die Erprobung von EMSdurch Feldstudien in den Vordergrund.Das Anwendungsspektrum in Feldstudienreicht von elektronisch unterstutzten Zu-kunftskonferenzen [ScSc99], beruflicherWeiterbildung [Davi01] und Universitats-seminaren [Joha02], kontinuierlichen Ver-besserungsprozessen [Bare97] und Szena-rioanalysen [Brei97] bis hin zu Strategie-planungssitzungen [KrBK01]. Die andereStromung versucht, die Wirkung von EMSin Laborsituationen zu erforschen. Das La-borexperiment erweist sich dabei als domi-nante Untersuchungsform der EMS-For-schung [Perv98] und es wird zugleich vonder Verwendung eines Input-Prozess-Out-put-Untersuchungsmusters der Wirkungvon EMS auf Sitzungen gepragt [DeGe88;Lewe94].

Diese Tendenz zu Laborexperimenten inder EMS-Forschung mag damit zu tun ha-ben, dass unter kontrollierten Forschungs-umgebungen die Wirkung einzelner Werk-zeuge auf eine Outputvariable klarerherausgearbeitet werden kann – und in ei-ner positivistisch gepragten IS-Community[Wynn01] zu besseren Veroffentlichungs-aussichten fuhrt. Zweitens war wenigstensin der Fruhzeit der EMS-Forschung derAufbau entsprechender Computer undNetzwerke recht aufwandig und an spe-zielle Raume („Decision Rooms“) gebun-den, die insbesondere an Universitaten zufinden waren [KrBK01]. Zudem fand manin der Vergangenheit eine ganz entschei-dende Ressource fur Experimente an denUniversitaten: Studierende als Versuchs-personen. Auch aus forschungsokono-mischer Sicht begunstigt dies die Durch-fuhrung von Experimenten, weil es

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Tabelle 1 Kontingenzmodell der EMS-Forschung

Inputvariablen Prozessvariablen Outputvariablen

Gruppe (Mitglieder, Große, . . .) Grad der Strukturierung der Sitzung Zufriedenheit

Aufgabe (Typ, Komplexitat, . . .) Anonymitat Qualitat der Ergebnisse

Kontext (Kultur, Anreize, . . .) Fuhrung Zeitbedarf

EMS (Methoden, Werkzeuge, . . .) Partizipation Konsens

. . . Konflikt . . .

. . .

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weniger aufwandig ist, vorhandene Studen-tengruppen fur ein- bis zweistundige Ex-perimentalsitzungen zu rekrutieren als Zu-gang zu etablierten Arbeitsgruppen inOrganisationen zu erhalten.

Laborforschung hat allerdings einige gra-vierende Nachteile hinsichtlich internerund externer Validitat der Ergebnisse. In-trona und Whitley [InWh00] weisen aus ei-ner hermeneutischen Perspektive auf dasProblem des „Reflexive Involvement“ hin,das es fur die Forschung unmoglich macht,Handlungen zur Aufgabenerfullung undHandlungen, die auf das Experiment selbstgerichtet sind, zu unterscheiden: „. . . inother words, they do not only act out theconditions and constraints of the experi-mental design but also concern themselveswith what they conceive as successfulbehaviour with respect to the expectationsof the researchers“ [InWh00, 165].

Das generell akzeptierte Untersuchungs-muster der EMS-Forschung (sowohl im Be-reich der Experimentalforschung als auchin Feldstudien) wurde von Dennis et al.[DeGe88, 595] in einem Kontingenzmodellbeschrieben, das Input-, Prozess- und Out-putfaktoren unterscheidet. Dabei wirkendie Inputvariablen sowohl mittelbar (uberden Sitzungsprozess) als auch unmittelbarauf die Outputvariablen.

Entgegen dem fruhen Enthusiasmus derEMS-Forschung waren die Ergebnisse die-ses Untersuchungsmusters bis etwa 1993nicht so positiv wie erwartet [DeGa93, 66].Im Vergleich zu Sitzungen, die nicht mitelektronischen Werkzeugen unterstutztwurden, ergaben sich widerspruchliche Er-gebnisse. Mit Blick auf die Ergebnisqualitatkonstatieren beispielsweise Chidambaramund Jones [ChJo93] Verbesserungen durchEMS, wahrend Straus und McGrath Ver-schlechterungen feststellen [StMc94]. �hn-lich verhalt es sich mit der Anzahl der ge-nerierten Ideen: Gallupe et al. [GDCV92]vermelden fur Gruppen ab vier Mitgliederndeutliche Produktivitatsgewinne, wahrendwiederum Straus und McGrath [StMc94]Produktivitatsverluste bei der Ideengene-rierung feststellen.

1996 stellen Dennis et al. [DeHV96] eineMetaanalyse [HuSc90] zur Wirkung vonEMS unter Face-to-face-Bedingungen vor.Aus dieser Analyse geht hervor, dass EMSallgemein zu Verbesserung hinsichtlich derSitzungseffektivitat (gemessen durch dieFaktoren Entscheidungsqualitat und Ideen-

anzahl), allerdings auf Kosten der Effizienz(gemessen an der Sitzungsdauer) fuhren.Im Hinblick auf Teilnehmerzufriedenheitfinden Dennis et al. keine signifikanten Er-gebnisse. Genauer betrachtet ist allerdingsdie Gruppengroße ein moderierender Fak-tor hinsichtlich der Teilnehmerzufrieden-heit. In kleinen Gruppen sinkt die Grup-penzufriedenheit beim Einsatz von EMS,in großen steigt sie. Neben der Zufrieden-heit beeinflusst die Gruppengroße offenbarauch die Produktivitat. So berichten Gal-lupe und DeSanctis [GaDe88] und Gallupeet al. [GDCV92], dass die Produktivitat(gemessen als Gesamtanzahl von Ideen)beim Brainstorming mit zunehmenderGruppengroße zunimmt.

Weiterhin bestatigen Dennis et al. die 1987von DeSanctis und Gallupe geaußerte Ver-mutung, dass der ,Fit‘ zwischen gestellterAufgabe und eingesetzter Technologie einewesentliche Einflussgroße fur die Ergeb-nisse der Intervention darstellt. Unter demBegriff Task-Technology-Fit-Theorie wur-de diese Idee von Zigurs und Buckland[ZiBu98] weiterentwickelt. Fit wird defi-niert als „ideal profiles composed of an in-

ternally consistent set of task contingenciesand GSS (Group Support Systems) elementsthat affect group performance {. . .} ideal pro-files can be operationalized as viable align-ments of task and technology“ [ZiBu98,323]. Im Wesentlichen gehen sie davon aus,dass je nach Komplexitat der Aufgabenstel-lung die Kommunikations-, Informations-verarbeitungs- und Prozessunterstutzungvon EMS unterschiedlich konfiguriert wer-den mussen. Beispielsweise wird fur eineeinfache Aufgabe, die durch ein Ergeb-nisziel, ein Losungsschema, die Absenzkonflikttrachtiger Abhangigkeiten und Er-gebnisunsicherheiten gekennzeichnet ist,vorgeschlagen, ein kommunikationsunter-stutzendes GSS-Werkzeug zu nutzen. Da-mit konnen Gruppenmitglieder ihreLosungsideen kommunizieren – Prozess-unterstutzung und Informationsverarbei-tungsunterstutzung wirken bei einfachenAufgaben eher hemmend auf die Gruppen-leistung, weil sie den Interaktionsprozessmit zu viel Technikballast befrachten[ZiBu98].

1999 veroffentlichten Fjermestad und Hiltz[FjHi99] eine Analyse der Wirkungen von

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Kernpunkte fur das Management

In dem vorliegenden Beitrag wird das Paradox im Zusammenhang mit dem Einsatz von Sit-zungsunterstutzungssystemen (Electronic Meeting Systems, EMS) naher betrachtet: Wahrenddie Nutzenpotenziale in zahlreichen Untersuchungen nachgewiesen wurden, konnten sichEMS bisher im praktischen Einsatz nicht durchsetzen, und das trotz vieler drangender Sit-zungsprobleme. Die wesentlichen Erkenntnisse und Herausforderungen fur eine erfolgreicheEinfuhrung lassen sich wie folgt formulieren:

& Als wichtigste Erfolgsfaktoren fur die Einfuhrung von EMS lassen sich Managementunter-stutzung, Nutzung der Implementierungseigenschaften von EMS, die Eigenschaften dessozialen Zielsystems sowie der Einfuhrungsprozess selbst (Kopplung mit operativen Pro-zessen, Identifikation von Widerstanden, Kommunikation und Training) unterscheiden.

& Fur die erfolgreiche Einfuhrung von EMS lassen sich folgende Phasen definieren: Be-standsaufnahme, Analyse und Auswahl von Sitzungen und Gruppen, Feldtest von EMS-Werkzeugen, Operative Durchdringung mit EMS-Werkzeugen sowie die Ableitung vonBest-Practices in einer Organisation.

& Der Einfuhrungsprozess in einer Organisation ist langfristig anzulegen, um Technologie-aneignungsprozesse zu ermoglichen. Erst durch die Moglichkeit der Anwender, der Ein-satz der Werkzeuge einzuuben, entsteht Nutzen.

Stichworte: Electronic Meeting Systems (EMS), Group Support Systems (GSS), Diffusions-theorie, Innovation, Adoption von Technologie, Sitzungsunterstutzung, Organizing Vision,Informationssystemeinfuhrung, Vorgehensmodell

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GSS auf Ergebnisvariablen unter Laborbe-dingungen. Das wichtigste Resultat derStudie ist, dass sich im großten Teil derUntersuchung keine signifikanten Effekteim Vergleich der Outputgroßen bei elekt-ronisch unterstutzter vs. konventionellerSitzung messen ließen. Allerdings stellendie Autoren dann ein verandertes Bild fest,wenn man den Aufgabentyp bei der Ef-fektmessung mit berucksichtigt. So war dieWahrscheinlichkeit einer positiven Wir-kung bei Decision-Room-Szenarien, inner-halb derer Gruppen Ideen sammeln sollten,am hochsten. Weiterhin bestatigt sich, dassdie Effizienz von Sitzungen (gemessen ander Sitzungsdauer) im Durchschnitt ab-nimmt, wenngleich die Computerunter-stutzung bei großeren Gruppen positivereResultate zeigt als bei kleinen. Wenn EMSfur komplexere Problemstellungen einge-setzt werden, so sind die Ergebnisse eben-falls positiv [FjHi99a, 6].

Die bis 2001 letzte Metaanalyse zu EMSstammt von Dennis et al. [DeWV01]. Siekonnen darin nachweisen, dass Aneig-nungsunterstutzung [DePo94] und Task-Technology-Fit [ZiBu98] eine wesentlicheRolle fur den Erfolg (gemessen an denOutputfaktoren des Kontingenzmodells)auf Gruppenebene spielen. Passt also dieTechnologie zur Aufgabe und wird eineGruppe hinsichtlich ihrer Aneignungs-handlungen mit Schulung, Moderation undSoftwareeigenschaften unterstutzt, werdenEMS positive Wirkungen zeigen.

Offenbar kann damit die moderierendeWirkung von ,Aneignungsunterstutzung‘und ,Task-Technology-Fit‘ einige der wi-derspruchlichen Befunde der fruherenEMS-Forschung relativieren. Dies wurdeauch die Tendenz erklaren, dass in Feldstu-dien wesentlich positivere und homogenereErgebnisse dokumentiert sind. Diese wur-den zu einem großen Anteil von erfahre-nen und professionellen Moderatoren ausdem Umfeld der Universitaten in Tucson(Gruppe um Nunamaker), Minnesota(Gruppe um DeSanctis und Poole), Athens(Gruppe um Bostrom sowie spater Den-nis), Hohenheim (Gruppe um Krcmar so-wie spater Schwabe) und Delft (Gruppeum Sol sowie spater de Vreede) durch-gefuhrt.

Die EMS-Forschung der letzten zwei Jahr-zehnte ist also von starker Heterogenitatund zuletzt auch von Ratlosigkeit gekenn-zeichnet [BrNu98]. Wahrend die Feldfor-schung weiter positive Ergebnisse des Ein-

satzes vermeldet, bleiben die Ergebnisseder Laborforschung uneinheitlich. Gleich-zeitig verharrt die Verbreitung der Systemeauf einem niedrigen Niveau.

Insgesamt konnen folgende Ergebnisse ausLabor- und Feldforschung festgehaltenwerden:

1. Feldforschung in ,realen‘ Sitzungskon-texten erzeugt homogenere Ergebnisseals Laborforschung.

2. Die Ergebnisse der Laborforschungsind heterogen mit Bezug auf die Effek-te, die gemessen wurden [FjHi99].

3. Feldstudien haben bessere (im Sinne derOutputvariablen nach Dennis et al.[DeGe88]) Ergebnisse hervorgebrachtals Laborexperimente.

4. Die Abstimmung (Fit) zwischen Auf-gabe und EMS-Einsatz (Werkzeuge undProzess) ist fur den erfolgreichen Ein-satz von EMS von entscheidender Be-deutung [BeLi93; DeHV96; ZiBu98;ZBCW99; DeWV01].

5. Großere Gruppen profitieren starkervom EMS-Einsatz als kleinere Gruppen.Die Zufriedenheit mit den Ergebnissen,Effizienz und Effektivitat in computer-unterstutzten Sitzungen steigt mit derGruppengroße, sofern Aufgabe undWerkzeug zusammenpassen [BeLi93;DeHV96].

4 Aneignung vonEMS-Werkzeugen –Zum Widerspruchzwischen Laborforschungund Feldforschung

Ausgangspunkt dieses Beitrags ist, weshalbtechnisch funktionierende EMS nur in ge-ringem Maße in die Organisationspraxisdiffundiert sind, obwohl Feldstudien ge-zeigt haben, dass sich Sitzungsergebnissedurch den Einsatz von EMS verbessernkonnen. Diese Beobachtung weist daraufhin, dass offenbar nicht die positiven Ein-satzergebnisse im Feld fur die schwacheDiffusion verantwortlich sind, sonderndass die Betrachtung des Erfolges vonEMS um Adoptions- bzw. Diffusions-aspekte erweitert werden muss.

Aneignung und Task-Technology-Fit las-sen sich aber unter Laborbedingungen nursehr eingeschrankt untersuchen. Beziehtman Ergebnisse der Kleingruppenfor-

schung mit in die Argumentation ein, wirddieser Sachverhalt deutlicher: Laborstudiensind geeignet, Ansatzpunkte fur die Werk-zeugentwicklung zu identifizieren undPrototypen zu testen. Sie sind nicht geeig-net, reliable Ergebnisse hinsichtlich derWirkung von EMS zu erzeugen. Dieshangt damit zusammen, dass Gruppen-strukturen und Interaktionsmodi das Er-gebnis sozialer Prozesse sind, deren Bedin-gungen sich uber die Zeit verandern undSitzungsergebnisse beeinflussen. McGrathet al. (1993) argumentieren: „No matterhow methodological sound that body ofwork may have been, it has given us littleinformation about which, if any, of the ob-tained effects persist over time, which onesdiminish and which ones increase in theirimpact {. . .} moreover, we propose thatthey further depend on how experience(with task, technology, group and context)modifies that task-technology-group-con-text fit and, finally, on how changes (intask, technology, group and context) affectthat group-task-technology-context-experi-ence complex“ [MAGH93, 408–411].

Damit wird die Kritik an der statischen Be-trachtung der EMS-Wirkungen, wie sie imInput-Process-Output-Modell vorgezeich-net ist, auf zwei Argumente zugespitzt:

(1) Erfahrung – �ber den Verlauf mehre-rer Sitzungen hinweg werden Gruppen mitAufgabe, Technologie, Kontext und demZusammenspiel dieser Faktoren Erfahrun-gen sammeln, welche die Wirkung vonEMS auf Outputvariablen beeinflussen.Dies wird ihr Nutzungsverhalten veran-dern.

(2) Veranderung – Die Vorstellung, dassder Zusammenhang Gruppe – Aufgabe –Technologie – Kontext uber langere Zeitstabil sei, entspricht kaum der organisatori-schen Realitat. So werden uber die ZeitGruppenmitglieder ausscheiden und neuehinzukommen, Aufgaben werden erweitertoder der Zeitdruck fur die Aufgabenerledi-gung erhoht sich. Entsprechend andernsich die Ergebnisse des EMS-Einsatzes.

Aus dieser Betrachtung lassen sich dreiAnsatzpunkte im Hinblick auf die Aneig-nung von EMS-Werkzeugen ableiten.

Als ersten Ansatzpunkt haben DeSanctisund Poole mit der Adaptive StructurationTheory (AST) eine Theorie zum Zusam-menhang zwischen Technologie und sozia-lem Handeln vorgelegt. Demnach inkorpo-

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rieren EMS-Werkzeuge soziale Strukturen,die gleichzeitig Voraussetzung und Ergeb-nis sozialen Handelns in Gruppen sind. Soentwickelt sich die Nutzung uber die Zeitim Prozess sozialer Strukturierung (¼ An-eignung) und muss entsprechend den Ziel-setzungen, die mit der Einfuhrung vonEMS verbunden sind, unterstutzt werden.Soziale Strukturen lassen sich nachDeSanc-tis und Poole [DePo94] durch den „Geist“eines Systems und dessen strukturelle Ei-genschaften beschreiben. Dieser „Geist“reprasentiert Grundannahmen, Ziele undEinstellungen, die der Technologie (nichtnur den Werkzeugen) und ihrer Einfuh-rung zu Grunde liegen und die mit ihr ge-fordert werden sollen. Er verkorpert damitdie Erwartung der Entwickler bzw. desManagements an die Nutzung. StrukturelleEigenschaften werden durch die Eigen-schaften der Werkzeuge gekennzeichnet.Elektronisches Brainstorming beispielswei-se ermoglicht anonyme und parallele Bei-trage aller Sitzungsteilnehmer. Elektro-nische Abstimmungswerkzeuge sind daraufausgelegt, dass alle Sitzungsteilnehmer mitdem gleichen Gewicht und anonym Ideenbewerten konnen. Ein Agendaplanungs-werkzeug zielt auf die Durchsetzung einerAktivitatenplanung ab. Demnach befor-dern EMS einen rationalen, sachbezogenenProblemlosungsprozess [Seri94]. Die Vor-stellung ist, dass Individuen in Gruppenkooperieren, offen kommunizieren unddemokratische Entscheidungen fallen. Auf-gaben werden sequenziell abgearbeitet undsind Gegenstand eines sachbezogenen Dis-kurses. Ein neuer Ansatzpunkt fur die Sit-zungsforschung ist daher, zu hinterfragen,inwieweit die in EMS-Werkzeugen inkor-porierten sozialen Strukturen zu denen desorganisatorischen Zielsystems passen.

Der zweite Ansatzpunkt sind Funktioneneiner Sitzung selbst: Sitzungen in Organi-sationen haben zwar in aller Regel (auch)die Funktion, bestimmte Aufgabenstellun-gen in Gruppen zu losen, die mit den Zie-len einer Organisation verbunden sind. Al-lerdings lassen sich Sitzungen nicht auf dieProduktion von Losungen fur die Organi-sation reduzieren. McGrath [McGr91] un-terscheidet in der Time Interaction andPerformance (TIP) Theory drei Gruppen-funktionen. Die „Production Function“bezieht sich auf die Losung von Aufgaben.„Member Support“ zielt auf die Befriedi-gung individueller Bedurfnisse der Grup-penmitglieder und „Group Wellbeing“mochte die Aushandlung von Konventio-nen unterstutzen, welche die Funktion der

Gruppe als soziale Entitat sicherstellen[Schw89; McGr91]. Je nachdem, welchedieser Funktionen im Vordergrund der or-ganisatorischen Realitat steht, passen aufdie Problemlosungsfunktion ausgerichteteEMS-Werkzeuge besser oder schlechter.Diese Passung ist vor einer Anwendungvon EMS durch eine genaue Analyse dessozialen Zielsystems (Gruppe, Sitzung, Or-ganisation) zu prufen.

Der dritte Ansatzpunkt fur die Sitzungs-forschung und -praxis liegt im Verstandnisder Nutzung von Technik durch Gruppen.Folgt man der AST, so ist Technik bzw.sind die in Technik inkorporierten sozialenStrukturen gleichzeitig Voraussetzung undErgebnis sozialen Handelns. Beispielsweiseist die Nutzung des Werkzeugs „Elektro-nisches Brainstorming“ mit bestimmtenRegeln verbunden („alle Ideen sind er-laubt“ oder „keine negativen Kommentarezu anderen Ideen“ oder „Beitrage erfolgenanonym“). Diese Regeln sind zunachst Vo-raussetzung fur die Nutzung dieser Struk-tur, sie stecken die Rahmenbedingungender Interaktion ab. Innerhalb dieses Nut-zungs- oder Aneignungsprozesses lassensich Aneignungshandlungen (sog. Appro-priation Moves [DePo94, 135]) beobach-ten. Beispielsweise kann eine Struktur di-rekt angeeignet oder modifiziert werden(wenn der Gruppenleiter vorgibt, dass alleIdeen mit dem Namenskurzel verseheneinzugeben sind). Die Ergebnisse von An-eignungshandlungen beeinflussen also diein Technik inkorporierten Strukturen undwerden so wieder zu Ausgangsbedingun-gen zukunftiger Interaktionsepisoden mitEMS.

Setzt man die Argumentation der Klein-gruppenforschung und der AST mit denErgebnissen der EMS-Forschung in Bezie-hung, so lasst sich ableiten, dass die Feld-forschung deshalb erfolgreicher war undhomogenere Ergebnisse aufzeigt als die La-borforschung, weil dort EMS-Werkzeugein einen Nutzungskontext uber langereZeit eingefuhrt wurden. Nutzen ergibt sichalso nicht allein durch den Werkzeug-einsatz, sondern entsteht durch die Aneig-nung im Rahmen der Einfuhrung. Auf-grund dieser Erkenntnis wird im folgendenAbschnitt ein Einfuhrungsmodell fur EMSentwickelt, das die Spezifika der EMS-Nutzung (Aneignungsunterstutzung undTask-Technology-Fit) berucksichtigt.

5 Diffusionstheorie:Ein Ansatz fur diesozio-technisch motivierteEinbettung von EMSin Arbeitsprozesse undOrganisationen

5.1 Nutzung der Diffusions-theorie fur die Einfuhrungvon EMS

EMS lassen sich als Innovation fur eine Or-ganisation bzw. Gruppe beschreiben, diebislang keinen Nutzungskontakt mitWerkzeugen der elektronischen Sitzungs-unterstutzung hatte. Damit bietet die Dif-fusionstheorie einen Rahmen fur die Ablei-tung eines Einfuhrungsprozesses fur EMS.Das nachfolgende Modell zur Einfuhrungvon EMS orientiert sich an zwei Theorie-strangen. Zunachst liefert das Diffusions-modell von Rogers [Roge95, 371ff.] einProzessmuster fur die Einfuhrung von In-novationen auf einer empirischen Basis.Daruber hinaus stellt Rogers Erfolgsfak-toren vor, deren Auspragungen die Adop-tion einer Innovation beeinflussen. DasModell von Leonard-Barton [Leon88] fo-kussiert explizit auf Implementierungs-eigenschaften von Innovationen sowie dieKonsequenzen, die sich daraus fur die Ein-fuhrungsstrategie ergeben, und wird des-halb als zweite Theorielinie genutzt[Klei03]. Bild 1 stellt den Zusammenhangdieser Theoriebausteine dar.

Die Phasen der Innovationsubernahmenach Rogers werden durch das AgendaSetting eroffnet. In dieser Phase nehmenMitglieder einer Organisation ein Problemwahr und suchen nach einer Innovation,um dieses Problem zu losen. Die Phase desMatching umfasst die konzeptionelle Zu-sammenfuhrung eines Problems mit einerLosung, um zu prufen, inwieweit beide zu-sammenpassen. In der Phase des Redefin-ing werden �nderungen an der Innovationselbst sowie in der betreffenden Organisa-tion vorgenommen, um die Passung zwi-schen Problem und Losung tatsachlich her-zustellen. Clarifying findet statt, wenn eineInnovation von einer innovativen Keim-zelle (beispielsweise einer Gruppe, die Sit-zungen mit EMS unterstutzt) weiter ver-breitet wird. Damit setzt sich eine großereZahl von Organisationsmitgliedern mit derBedeutung der Innovation fur ihre Arbeits-prozesse auseinander. In der Phase desRoutinizing wird die Innovation in die

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operativen Ablaufe einer Organisation ein-gebettet und verliert ihren Sonderstatus –sie wird zum selbstverstandlichen Bestand-teil einer Organisation.

Der folgende Abschnitt legt die Erfolgsfak-toren der Einfuhrung fur EMS dar, wie siein den Modellen von Rogers und Leonard-Barton formuliert sind. Im darauf folgen-den Kapitel 5.2 werden die oben genanntenProzessphasen fur die Einfuhrung vonEMS spezifiziert und mit den Erfolgsfak-toren in ein einem Einfuhrungsmodell ver-bunden.

5.1.1 Managementunterstutzung

Die Unterstutzung des Managements beider Implementierung von Innovationen istvon entscheidender Bedeutung. Die Rolledes Managements besteht vor allem darin,Ressourcen fur die Nutzung von EMS be-reitzustellen und diese Ressourcen gegen-uber anderen Interessen zu schutzen. Kon-

kret wird diese Unterstutzung fur Reorga-nisationsmaßnahmen sowie die Schaffungder technischen und qualifikatorischen Vo-raussetzungen im Hinblick auf computer-unterstutzte Sitzungen benotigt. Allerdingsist die Unterstutzung des Managements beider Einfuhrung von EMS facettenreicherals die reine Bereitstellung von Ressourcenund die Ermoglichung von Reorganisa-tionsmaßnahmen. So kann das Manage-ment den Diskurs der Organizing Vision(siehe Abschnitt 5.1.4) positiv beeinflussen,indem der potenzielle Nutzen der Innova-tion von ihm selbst kommuniziert wird.Aus der Theorie Sozialen Lernens [Band77]lasst sich ableiten, dass die regelmaßigeNutzung eines EMS durch das Manage-ment es anderen Mitgliedern des sozialenSystems ermoglicht, von der Verhaltens-weise des Managements zu lernen. Zu-gleich wird verdeutlicht, dass es sich dabeinicht um eine exotische Spielerei handelt,sondern um eine von der Fuhrung er-wunschte Interaktionsunterstutzung. Wei-

terhin ist das Management Ansprechpart-ner fur die Identifikation hinreichend sta-biler Bereiche einer Organisation, die sichfur eine Einfuhrung von EMS eignen. Esist weder sinnvoll, eine Pilotgruppe in ei-nem Organisationsbereich auszuwahlen,der sich in der Umstrukturierung befindet,noch EMS in Konfliktherden einzufuhren.Zwar konnen EMS im Prozess der Kon-fliktlosung hilfreich sein, allerdings ist dieIntervention dann als Konfliktlosungs-intervention zu kennzeichnen. Schließlichhat das Management die Moglichkeit, dieNutzung durch sanften Druck oder forma-le Anordnungen in der betreffenden Orga-nisationseinheit zu befordern, wenn es vonder Sinnhaftigkeit der Innovation uber-zeugt ist.

5.1.2 Implementierungseigenschaften

Im Unterschied zu Rogers fokussiert Leo-nard-Barton [Leon88, 604] auf drei Eigen-schaften einer Innovation, die in direkterVerbindung mit ihrer Einfuhrung (Imple-mentierung) stehen: �bertragbarkeit, Im-plementierungskomplexitat und Teilbar-keit. Sie werden im Folgenden vorgestelltund fur EMS charakterisiert.

Die Innovationseigenschaft �bertragbar-keit wird durch zwei Faktoren beeinflusst,namlich erstens Vorbereitung im Sinne vontechnischer Durchfuhrbarkeit der Einfuh-rung und zweitens Kommunizierbarkeitim Sinne des Verbreitens der operativen(Know-how) und wissenschaftlichen(Know-why) Grundlagen. Die �bertrag-barkeit von EMS ist im Hinblick auf dietechnische Vorbereitung als hoch ein-zuschatzen. Die am Markt verfugbarenEMS, insbesondere die Software Group-Systems, werden in Forschung und Praxisseit gut 15 Jahren genutzt und wurden so-wohl unter technischen Gesichtspunkten(Netzwerk und Verarbeitungsanforderun-gen) als auch im Hinblick auf ihre Benut-zerfreundlichkeit auf ein stabiles Niveaugebracht. Die Kommunizierbarkeit der In-novation ist bei EMS dagegen schwieriger.Die Technik und ihre Funktionsprinzipiensind zwar relativ einfach zu beherrschen,allerdings sind die Wirkungen der Technikauf den Sitzungsprozess und das -ergebnisfur ungeubte Sitzungsleiter nicht ohne wei-teres absehbar [Hert03].

Die zweite Innovationseigenschaft, die sichaus Leonard-Bartons Modell fur die Ein-fuhrung von EMS nutzen lasst, ist die Im-plementierungskomplexitat.Diese Komple-

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xitat steigt mit der Anzahl von Personenund Organisationseinheiten, die von derorganisatorischen Adoptionsentscheidungbetroffen sind. Im Rahmen einer Verbrei-tungsstrategie ist diese Komplexitat furEMS steuerbar. Pilotgruppen lassen sichmit einer uberschaubaren Teilnehmerzahlaus einer Organisationseinheit rekrutieren.

Schließlich lasst sich Teilbarkeit durch Mo-dularisierung und Individualisierung kon-kretisieren. Modularisierung ist die Mog-lichkeit, eine Innovation so zu zerlegen,dass einzelne Teile eigenstandig genutztwerden konnen. So lassen sich auch EMS-Werkzeuge modular einsetzen. Beispiels-weise kann ein Tagesordnungswerkzeugzur Sitzungsplanung und Agendavisualisie-rung als einzelnes Modul eingesetzt wer-den. Allerdings steigt der Nutzen des Ein-satzes mit der Durchgangigkeit derWerkzeugverwendung, etwa auf Grundder Vermeidung von Doppelerfassungen.Demgegenuber ist die Individualisierbar-keit des Nutzens von EMS eingeschranktbzw. unterliegt starken Netzwerkeffekten.Es ist fur eine Gruppe nur dann sinnvoll,ein EMS einzusetzen, wenn alle Teilnehmerbereit sind, die Werkzeuge zu nutzen.Dann sind auch auf individueller EbeneNutzeffekte zu realisieren (wie beispiels-weise die Moglichkeit, Beitrage anonym zuaußern).

Nach Leonard-Barton determinieren dieAuspragungen der Implementierungs-eigenschaften die Wahl der Implementie-rungsstrategie. EMS lassen sich in diesemZusammenhang als Innovationen mit mitt-lerer bis niedriger �bertragbarkeit, skalier-barer Implementierungskomplexitat und jeModul geringer Teilbarkeit kennzeichnen.Leonard-Barton schlagt fur derartige Aus-gangssituationen vor, dass die Nutzer in-tensiv am Einfuhrungsprozess beteiligtwerden und ein Innovationspromotor ausdem Management gewonnen wird, um si-cherzustellen, dass alle Gruppenmitgliederbereit sind, mit EMS-Werkzeugen zu ar-beiten.

5.1.3 Soziales System

Die Organisation, aus der die Zielgruppenund Sitzungen fur die Einfuhrung vonEMS rekrutiert werden, wird unter demBegriff „soziales System“ gefasst. Voraus-setzung fur den Einfuhrungserfolg vonEMS ist eine Analyse der kulturellen Dis-position, des Sitzungshaushalts und der Ei-genschaften des Adoptierenden.

Kulturelle Disposition – Die kulturelle Dis-position eines sozialen Systems beeinflusstden Erfolg der EMS-Einfuhrung. Nurwenn innovatives Verhalten in einer Grup-pe oder einer Organisation toleriert odergefordert wird, kann eine Neuerung er-folgreich sein [Sche87, 288]. Davison undJordan [DaJo96] ubertragen Hofstedes[Hofs97] Kulturdimensionen auf dieAdoption von EMS. Hofstede hat im Rah-men umfangreicher empirischer Arbeitenmehrere Kulturdimensionen identifiziert,von denen drei fur die EMS-Einfuhrunganwendbar sind:

(1) Power Distance ist das Ausmaß vonMachtungleichgewichten innerhalb derHierarchie. Je starker ausgepragt Macht-ungleichgewichte sind, desto problemati-scher wird die Adoption eines EMS, da so-ziale Kontrolle in einer parallel und auf derBasis eines EMS anonym arbeitendenGruppe viel schwerer fallt als in einer vor-wiegend verbal kommunizierenden Grup-pe.

(2) Uncertainty Avoidance ist das Ausmaß,zu dem die Unsicherheit zukunftiger Um-weltzustande hingenommen wird. Je star-ker die Vermeidung von Unsicherheit dasHandeln pragt, desto eher entspricht diekulturelle Disposition dem rationalisti-schen Weltbild existierender EMS, insoweitdiese es darauf angelegen, die analytischeDurchdringung eines Problembereichs unddamit Planungssicherheit zu verbessern.

(3) Individualism wird gemessen als Ge-wichtungsverhaltnis individueller und kol-lektiver Ziele. Je starker individualistischeVerhaltensmuster in einem sozialen Systemverankert sind, desto schwieriger ist dieEinfuhrung von EMS. Diese dienen derKooperationsunterstutzung in Sitzungen –wenn kooperatives Arbeiten in einer Orga-nisation nicht von Bedeutung ist, ist dieChance einer erfolgreichen Einfuhrung oh-ne flankierende Maßnahmen der Organisa-tionsentwicklung gering.

Sitzungshaushalt – Der zentrale Ansatz-punkt von EMS sind die Sitzungen selbst –deshalb ist es fur den Einfuhrungsprozessnotwendig, eine Erhebung aller Sitzungenim Zielsystem vorzunehmen, um aus die-sem Sitzungshaushalt [Schw89] fur EMSErfolg versprechende Typen herauszufil-tern. Die Beschreibung und Analyse diesesSitzungshaushalts einer Organisation[Piet95] fuhrt zur Identifikation von Ein-satzkontexten fur EMS. Die Einfuhrung

von EMS ist dann sinnvoll, wenn die Ar-beit in den identifizierten Sitzungen vonder Zielgruppe als qualitativ oder emotio-nal unbefriedigend, ineffizient bzw. inef-fektiv eingeschatzt wird und die Zielgrup-pe eine �nderung dieser Situation furwunschenswert halt. Wichtig ist dann, dassdiese Einschatzung vom Management undvon den an Sitzungsprozessen beteiligtenIndividuen und Gruppen geteilt wird. DieErhebung des Sitzungshaushaltes und dieBestimmung von Einsatzkontexten stellenzum einen die gesamte Ausgangssituationund zum anderen die okonomische Legiti-mation fur die weitere Beschaftigung mitEMS dar.

Das Problem der Sitzungsforschung be-steht bis dato darin, dass sie hauptsachlichrational-okonomische Faktoren zur Beur-teilung der Sinnhaftigkeit elektronischerSitzungsintervention herangezogen hatund recht wenig auf den konkreten Sit-zungshaushalt eines sozialen Systems ein-geht. Deshalb sind fur die erfolgreiche Ein-fuhrung zusatzliche Informationenerforderlich. Deren Beschreibung kannsich an den „Event Components“ oderKriterien nach Schwartzman [Schw89] ori-entieren. Schwartzman definiert folgendeKriterien zur Beschreibung von Sitzungen:Sitzungsteilnehmer, Ziele und Ergebnisse,Sitzungszyklen und Muster, Sitzungsrah-men, Kanale und Codes, Interpretations-normen sowie Meeting-Talk. Vor allem dieletzten drei Kriterien erfassen die eher wei-chen Faktoren des Sitzungsgeschehens, in-dem sie die ublichen Redemuster (Codes),die ublichen Verstandnisse solcher Rede-muster und das Geschehen am Rande er-fassen.

& Fur die Erhebung dieser Kriterien emp-fiehlt sich neben der Analyse bestehen-der Sitzungsprotokolle, kodifizierter or-ganisatorischer Regeln, Standards undVorgehensweisen [Sche96] sowie derBefragung von Sitzungsteilnehmern ins-besondere die Beobachtung des Sit-zungsgeschehens in situ. Sitzungsbeob-achtungen werden in einem Beobach-tungsprotokoll festgehalten, das nebenden Auspragungen der genannten Kri-terien die temporale Struktur der Sit-zung enthalt. Die Beobachtung alsForm der Datenerhebung ermoglicht ei-nerseits eine reiche Beschreibung desSitzungshaushalts, insbesondere auchdie Beschreibung der Verhaltensmusterin Sitzungen, ist andererseits allerdingsschwierig realisierbar. Nicht jede Grup-

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pe lasst sich ohne weiteres zum Zweckeder Verbesserung ihrer Sitzungsprozes-se beobachten.

& Das Beobachtungsprotokoll ist dann imHinblick darauf zu untersuchen, inwie-weit ein Fit zwischen dem strukturellenPotenzial des EMS und der untersuchtenSitzungen herstellbar ist. Das strukturel-le Potenzial ergibt sich aus dem „Geist“eines Systems und dessen strukturellenEigenschaften. Der „Geist“ eines Sys-tems wird durch Gestaltungsmetaphernund Funktionalitaten vermittelt. Diestrukturellen Eigenschaften rekurrierenauf die in den Funktionalitaten inkorpo-rierten sozialen Strukturen wie demo-kratische Abstimmungsmechanismen,beitragsanonyme Ideengenerierung oderschriftliche Protokollierung von Sit-zungsaktivitaten. Damit lasst sich in ei-ner ersten Naherung eine Analyse derKompatibilitat zwischen strukturellemPotenzial eines EMS und Sitzung durch-fuhren. Der Nutzen einer Sitzungsana-lyse anhand von Event-Components be-steht darin, dass die rationalistischePerspektive des Task-Technology-Fit re-lativiert (nicht negiert) wird. Im Vorder-grund steht dabei nicht die von EMS-Ge-staltern a priori vermutete Superioritat(im Sinne von Effektivitat und Effi-zienz) demokratischer Abstimmungs-prozesse, sondern die gegebene Sit-zungssituation.

& Der dritte Schritt der Analyse bestehtdarin, die Einbettung einer Sitzung inSitzungszyklen und operative Prozessezu uberprufen. Die Einbettung einer Sit-zung in Sitzungszyklen ist eine wichtigeVoraussetzung fur die Aneignung vonSystemen. Wenn keine Moglichkeit be-steht, die Nutzung eines Systems zuuben, ist eine Adoption nicht wahr-scheinlich. Die sinnhafte Einbettung inoperative Prozesse setzt ihrerseits eineauch DV-technische Integration desEMS voraus.

Ergebnis dieser Heuristik sind Erfolg ver-sprechende Einsatzmoglichkeiten fur elekt-ronische Sitzungsunterstutzung. Es handeltsich um Sitzungen mit Verbesserungs-potenzial aus Sicht der Beteiligten, derenEigenschaften mit dem strukturellen Po-tenzial von EMS vereinbar sind und diedurch ihren Charakter als sich wieder-holende Interaktionsforen genugend Gele-genheit zur Aneignung haben. Eine loseEinbettung in operative Prozesse reduziertdie Integrationskomplexitat fur die Einfuh-renden zusatzlich.

Eigenschaften der Adoptierenden – Rogers[Roge95, 163] weist in seinem Adoptions-modell auf einige erfolgsrelevante Eigen-schaften eines Adoptierenden hin: indivi-duelle Innovativitat, soziookonomischeCharakteristika, Personlichkeitsvariablenund das Kommunikationsverhalten desAdoptierenden. Hinsichtlich der Kenntnis-se im Umgang mit dem Computer sindkeine besonderen Voraussetzungen bei derZielgruppe notwendig. Lediglich der siche-re Umgang mit Maus und Tastatur ist hilf-reich, wenngleich die Erfahrung gezeigthat, dass auch Menschen von einem EMSprofitieren konnen, die auf die Hilfe Drit-ter bei der Nutzung wahrend der Sitzungangewiesen waren.

Drucker [Druc99, 67–68] weist auf die Un-terscheidung zwischen ,Lesern‘ und ,Zu-horern‘ hin und konstatiert: „The firstthing to know is, whether you are a readeror a listener {...} Few listeners can be made,or can make themselves, into competentreaders – and vice versa {. . .} They will notperform or achieve.“ Die Nutzung vonEMS fuhrt zur teilweisen Verschriftlichungder Kommunikation in Sitzungen. Damitwerden Menschen, deren kognitive Dis-position zu schriftlicher Interaktion neigt,praferiert und umgekehrt, Menschen, dieihren Zugang zur Welt sprechend finden,tendenziell benachteiligt. Ein Sitzungs-moderator muss daher im Rahmen derEMS-Nutzung berucksichtigen, ob der Sit-zungsleiter eher schriftlicher oder mund-licher Interaktion zuneigt und ob das so-ziale System eine der beiden Dispositionenbei Macht- und Statusverhandlungen be-gunstigt.

Entsprechend muss bei der Sitzungs- undWerkzeugplanung die mundliche Interak-tion gefordert werden bzw. der schriftlicheKanal dosiert (beispielsweise durch einenProtokollanten) zum Einsatz gebracht wer-den.

5.1.4 Einfuhrungsprozess

Neben der Sicherstellung der Manage-mentunterstutzung, der Beachtung derHinweise aus den Implementierungseigen-schaften von EMS und der Analyse des so-zialen Systems lassen sich weitere Erfolgs-faktoren unterscheiden, die direkt mit demEinfuhrungsprozess von EMS verbundensind. Als allgemeine Faktoren sind zu-nachst die Kopplung der Systemnutzungmit operativen Prozessen sowie die Identi-fikation und das Management von Wider-

standen zu nennen. Weiterhin sind fur dieEinfuhrung von EMS ein spezifisches Trai-ning und Schulungen notwendig. Schließ-lich ist die Kommunikation der Losung in-nerhalb der Organisation von Bedeutung.

Kopplung mit operativen Prozessen –Wichtig bei der Gestaltung des Einfuh-rungsprozesses ist die Entwicklung der Sit-zungsunterstutzungsaktivitaten von Sit-zungen mit loser operativer Kopplung[McGr91, Weic76] hin zu Sitzungen mitenger operativer Kopplung. Es ist moglich,dass elektronische Sitzungsunterstutzungin Sitzungen mit loser Kopplung erfolg-reich ist. Die dauerhafte Nutzung aller-dings kann nur mit der Integration derWerkzeuge in operative Arbeitsprozessedes Tagesgeschafts gelingen. Nachfolgen-des Beispiel verdeutlicht dies: Ein in derEMS-Forschung haufig genutztes prakti-sches Anwendungs- und Forschungsfeldsind sog. Continuous Improvement Process(CIP) Sessions. Die Idee, dass Mitarbeiterin Sitzungen wahrend der Arbeitszeit uberVerbesserungsmoglichkeiten reflektieren,wurde in der Managementlehre zu Beginnder 90er Jahre popular und stellte aufGrund der Anforderungen (gleiche Partizi-pation aller, demokratische Abstimmungs-prozesse, paralleles Arbeiten) ein idealesFeld fur den Einsatz von EMS dar[Post92]. Gelingt es aber nicht, dieses Feldum weitere Anwendungen zu erweitern,wird der ,Betrieb‘ eines EMS den Kampfum knappe Ressourcen verlieren. Dies des-halb, weil eine Organisation ohne CIPuberleben kann – allerdings nicht ohne dieVerfolgung ihres primaren Geschafts-zwecks, welcher insbesondere in wirt-schaftlich schwierigen Lagen die einzigeLegitimation fur einen Ressourcenver-brauch darstellt.

Identifikation und Behandlung von Wider-standen – Da die Einfuhrung von EMSnicht nur auf Zustimmung stoßen wird,liegt ein weiterer zentraler Gestaltungs-bereich der Einfuhrung in der Identifika-tion und Behandlung von Widerstanden.Die Nutzung der Werkzeuge und ihre In-tegration in Arbeitsprozesse bringen �n-derungen der Informationsverteilung undder Moglichkeit, Macht zu erwerben, aus-zuuben und zu sichern, mit sich. Wider-stande konnen sich auch auf Grund vonWissensbarrieren ergeben, die sich auf dentechnischen Umgang und die Konsequen-zen der Nutzung von EMS beziehen. Des-halb ist es notwendig, Widerstande fruh-zeitig zu identifizieren. Fruhzeitig deshalb,

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weil es schwierig ist, ein einmal in einemsozialen System diskreditiertes EMS wie-der positiv zu belegen.

Trainings- und Schulungsmaßnahmen –Engel et al. [EKMK01] weisen darauf hin,dass Qualifizierungsmaßnahmen fur denErfolg einer Anwendung von ComputerSupported Cooperative Work (CSCW) vonbesonderer Bedeutung sind. Diese Maß-nahmen haben drei Funktionen. Erstenssollen Wissensbarrieren zur Nutzung uber-wunden und zweitens soll die Nutzungs-erwartung des Managements in der Trai-ningsphase kommuniziert und mit denErwartungen der Nutzer in Einklang ge-bracht werden. Drittens ist es notwendig,den potenziellen Nutzern �ngste zu neh-men. Zur Strukturierung von Schulungs-und Trainingsmaßnahmen werden dreiPhasen vorgeschlagen [Klei03]. Die erstePhase (Basisqualifikation) dient im Wesent-lichen der Vermittlung von grundlegendenFahigkeiten und Fertigkeiten zur Interpre-tation und Nutzung von EMS. Darunterlassen sich Maßnahmen einordnen, welcheauf den Umgang mit dem Rechner und derSoftware abzielen sowie die Einbindungeinfacher Werkzeuge in ein Sitzungsereig-nis vermitteln. Dabei hat sich heraus-gestellt, dass Schulungen insbesonderedann Erfolg versprechende Ergebnisse zei-tigen, wenn die Schulungsszenarien mog-lichst nahe am Arbeitsalltag der Zielgruppeausgerichtet werden [Sche02]. Die zweitePhase (Szenariobildung) umfasst insbeson-dere die Themenfelder Nutzungsszenarienund organisatorische Einbindung des EMS.Ziel ist es, die Nutzung der Technik an-hand konkreter, den Alltag der Zielgruppebetreffender Szenarien einzuuben und wei-terzuentwickeln. Die dritte Phase (Erfah-rungsaustausch) umfasst den Aufbau einermoderierten Erfahrungsdatenbank und dieInstitutionalisierung einer regelmaßigenAustauschplattform von EMS-Nutzernund -Moderatoren bzw. Sitzungsleitern.Insbesondere die ersten beiden Phasen soll-ten Trainingsmaßnahmen enthalten, die derGewohnung an Moderationstechniken die-nen, welche den Kooperationsprozess vonGruppen erleichtern.

Kommunikation einer Losung in der Orga-nisation – Rogers beschreibt Diffusion alsKommunikationsprozess: „. . . the processby which an innovation is communicatedthrough certain channels over time amongthe members of a social system“ [Roge95,5]. Kommunikation ist dann ein Interak-tionsprozess, innerhalb dessen Informatio-

nen mit dem Ziel ausgetauscht werden, eingemeinsames Verstandnis von einer Inno-vation – hier: die EMS-Einfuhrung – zuerlangen. Swanson und Ramiller [SwRa97]skizzieren die Bedeutung von OrganizingVisions im Zusammenhang mit der Adop-tion und Diffusion von Innovationen. Siebeziehen ihre �berlegungen nicht nur aufeine Organisation, sondern auf eine Grup-pe von Akteuren (Community), die an derEntwicklung, Verbreitung und Nutzungder Innovation beteiligt sind. „A focal com-munity idea for the application of informa-tion technology in organizations“ ist dem-nach eine Organizing Vision [SwRa97,460]. Sie lasst sich verstehen als ein auf dieZukunft gerichtetes Bild, das die Nutzungeiner bestimmten Technologie innerhalbvon Organisationen beinhaltet. Dieses Bildwird in einem kontinuierlichen, diskur-siven Strukturationsprozess innerhalb derCommunity gepragt und dient insbesonde-re drei Zwecken: Interpretation, Legitima-tion und Mobilisierung [SwRa97].

Interpretation – Sozio-technische Innova-tionen wie EMS sind fur die Zielgruppenicht einfach verstehbar. Die OrganizingVision reprasentiert die Bemuhungen derCommunity, ein gemeinsames Verstandnisder Innovation hinsichtlich ihrer Existenzsowie Wirkungsweise und Effekte zu errei-chen. Sie ist damit Ergebnis kollektiversinnstiftender Prozesse [vgl. Weic84] undvermittelt der Community (subjektiv) plau-sible Erklarungen des Zusammenspielszwischen Innovation und Lebens- bzw.Arbeitswelt.

Legitimation – Die Frage, warum eine In-novation durch eine Organisation uber-nommen werden soll, basiert i. d. R. aufokonomisch messbaren Verbesserungenwie beispielsweise hohere Qualitat oderkurzere Prozessdurchlaufzeiten. Zudem istvon Bedeutung, welche Personen oder In-stitutionen die Bedeutung einer Innovationbeurteilen oder diese selbst nutzen. DieOrganizing Vision integriert die einer In-novation zugeschriebenen Eigenschaftendiesbezuglich und bereitet so den Nahr-boden eines okonomisch und institutionelllegitimierten Diskurses, ob eine Organisa-tion die Innovation einfuhren sollte odernicht.

Mobilisierung – Unter dem Begriff Mobili-sierung fassen Swanson und Ramiller[SwRa97] die Aktivierung von Marktkraf-ten zur Produktion der Innovation zusam-men. Die impulsgebende Wirkung der Or-

ganizing Vision treibt Individuen an, sichmit einer Innovation auseinanderzusetzen,konkurrierende Konzepte zu evaluierenund Szenarien der Nutzung zu entwerfen.Im Rahmen einer solchen Mobilisierunggeht es zunachst um die Beseitigung vonWissensbarrieren bezuglich der EMS-Nut-zung. Wissensbarrieren konnen sich auf diefinanziellen, sozialen und organisatori-schen Wirkungen der EMS-Nutzung be-ziehen. Daran anschließend muss das An-liegen von EMS transparent und wider-spruchsfrei kommuniziert werden, indemsowohl die Absichten des Managements alsauch die in EMS inkorporierten sozialenStrukturen adressiert werden. Zwar rucktdie Akzentuierung der Evaluationskrite-rien Effektivitat und Effizienz aus einer ra-tionalen Sicht eine wichtige Perspektive inden Vordergrund, gleichermaßen muss ver-mittelt werden, dass und wie Macht-ausubung, soziale Kontrolle und hierar-chische Entscheidungen durch EMS eben-falls verandert werden. Wird dies versaumt,erschwert dies die Adoption und Diffu-sion, sofern Erwartungen in ersten Nut-zungserfahrungen enttauscht werden.

5.2 Ein Vorgehensmodellder EMS-Implementierung

5.2.1 Einfuhrung

Auf der Basis der bisherigen Ausfuhrungenbietet der organisatorische Adoptionspro-zess nach Rogers den Rahmen fur die zeit-liche Reihenfolge der Einfuhrungsaktivita-ten. Die vorgestellten Erfolgsfaktorenlassen sich als Checkliste fur die Imple-mentierer einsetzen, die uber alle Einfuh-rungsphasen beobachtet werden muss. Diebesondere Problemstellung bei der Einfuh-rung von EMS besteht neben der steten Be-achtung der Erfolgsfaktoren in der Verbin-dung von Team- und Organisationsebene.Diese Verbindung von Team- und Organi-sationsebene ist aufgrund der daraus resul-tierenden heterogenen Rollenanforderun-gen an den Implementierer schwierig. Aufder Ebene der Organisation ist ein Projekt-manager als Advokat der Veranderung ge-fragt, der Widerstande umgeht, formalePlanung beherrscht, persuasive Kommuni-kation versteht und betreibt sowie Verbun-dete gewinnen und Koalitionen eingehenkann [Schw00]. Dahingegen ist auf Ebenedes Teams ein Moderator gefragt, der inder Lage ist, die funktional unterschied-lichen Prozesse in Gruppen wahrzuneh-men, zu analysieren und zu vermitteln.

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Bild 2 stellt die Verbindung zwischen gene-rischem Adoptionsprozess, EMS-spezi-fischem Einfuhrungsmodell und den vor-hergehend skizzierten Erfolgsfaktoren dar.

Auf der linken Seite sind Roger’s Phasender Innovationsubernahme dargestellt. Siesind der in der Diffusionstheorie begrun-dete Ausgangspunkt fur das Vorgehens-modell. Diese Phasen verbleiben jedoch aufeiner generischen Ebene und werden immittleren Teil der Abbildung fur die Ein-fuhrung von EMS konkretisiert. Die Schat-tierung der InnovationsubernahmephasenRedefining, Clarifying, Routinizing (unddie korrespondierenden ProzessschritteFeldtest, operative Durchdringung undBest-Practices) ist ein Hinweis darauf, dasssie sich auf Ebene der Gruppe abspielen,wahrend die nicht schattierten Phasen undProzessschritte auf Ebene der Organisationablaufen. Im rechten Teil der Abbildungsind die Erfolgsfaktoren der EMS-Einfuh-rung dargestellt.

Der erste Prozessschritt des Vorgehens-modells ist die Bestandsaufnahme auf Or-ganisationsebene. Im Vordergrund stehenhier die Dokumentation des Sitzungshaus-halts der Organisation und die Identifika-tion von Problemen, die aus Sicht von Teil-nehmern in Sitzungen wahrgenommenwerden. Im zweiten Prozessschritt, derAnalyse und Auswahl, werden ebenfallsauf Organisationsebene die im erstenSchritt dokumentierten Sitzungen im Hin-

blick auf ihr Problemlosungspotenzial mitEMS untersucht und eine Gruppen-Sit-zungskombination fur einen Feldtest aus-gewahlt. Dieser Feldtest umfasst die Unter-stutzung mit EMS und die Dokumentationder Aneignungshandlungen durch die Ziel-gruppe. Zudem werden fur die Evaluationnotwendige Daten erhoben und ausgewer-tet.

Nach erfolgtem Feldtest entwickeln Ziel-gruppe und Implementierer im nachstenProzessschritt, Operative Durchdringung,weitere Unterstutzungsszenarien fur EMS,mit der Maßgabe einer engeren Kopplungan das Tagesgeschaft der Gruppe. Wenn ei-ne Gruppe die Nutzung von EMS-Werk-zeugen in ihr Repertoire an Standard-anwendungen aufgenommen hat, werdenaus den Erfahrungen der Gruppe Best-Practices im Hinblick auf die Nutzung derWerkzeuge fur Problemlosungsprozessegeneriert und dokumentiert. Nachdem eineGruppe EMS in ihr Werkzeug- und Pro-zessrepertoire fur die tagliche Arbeit uber-nommen hat, ist es die Aufgabe der Imple-mentierer, entsprechend der Bestandsauf-nahme auf Ebene der Organisation eineweitere Gruppe zur Implementierung aus-zuwahlen und den Einfuhrungsprozess so-lange fortzufuhren, bis sich eine selbst-erhaltende Nutzercommunity etabliert hat.

Die nachfolgenden Abschnitte konkretisie-ren die EMS-spezifischen Phasen des Ein-fuhrungsmodells.

5.2.2 Bestandsaufnahme(Agenda Setting)

Ausgangspunkt fur die Einfuhrung einesEMS sind Sitzungen, deren Teilnehmereine Gruppe bilden und die als Interak-tionsplattform innerhalb eines Problem-losungsprozesses dienen. Sitzungen wer-den deshalb als Ansatzpunkt gewahlt, weilsie uber die Zeit stabiler sind als Gruppen.Gruppen verandern sich, Sitzungsprozesseund Sitzungsformen sind relativ unabhan-gig von den Teilnehmern. Die Bestandsauf-nahme dient dazu, eine standardisierte Be-schreibung des Sitzungshaushaltes inner-halb einer Organisation zu erhalten.Neben der Dokumentation des Sitzungs-haushalts ist es notwendig, eine Einschat-zung kultureller Faktoren des sozialen Sys-tems zu gewinnen. Im Vordergrund dieserEinschatzung steht die Analyse der Koope-rationskultur. Fur die Analyse der Koope-rationskultur eignen sich die ParameterPower Distance, Uncertainty Avoidanceund Individualism. Je nach Ergebnis dieserEinschatzung sind Maßnahmen zu ergrei-fen, welche auf die Schaffung eines fur dieAdoption von EMS gunstigen Klimas ab-zielen.

Die �bernahme von Innovationen ge-schieht innerhalb eines Kommunikations-prozesses. Zunachst steht dabei im Vorder-grund, die Organizing Vision von EMS inder Organisation zu formen. Deshalb ist esnotwendig, schon zu Beginn des Imple-mentierungsprojektes Zielgruppen und In-halte fur die Kommunikation zu identifi-zieren, die außerhalb von Trainingsmaß-nahmen stattfinden soll. Weiterhin sindInformationen notwendig, welche die Re-duktion technischer, finanzieller und sozia-ler Unsicherheit adressieren. Es ist essen-ziell, zu Beginn des Projektes die Un-terstutzung durch das Managementsicherzustellen. Erstens, um entsprechendeRessourcen zur Implementierung zu erhal-ten, und zweitens, um das Management indie Kommunikationspolitik mit einzube-ziehen und Erwartungen fruhzeitig zukennen und ggf. korrigieren zu konnen.Weiterhin gilt es, Widerstande gegen dieNutzung von EMS auf Ebene der Organi-sation zu identifizieren, einzuschatzen undentsprechend zu reagieren. Besondere Be-deutung hat das Management der Rollen.So ist hinsichtlich der Rolle des Implemen-tierers eine klare Beschreibung sowie diepersonelle und organisatorische Zuord-nung notwendig, um fruhzeitig die richtigePerson fur die Koordination der Imple-

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Bild 2 EMS-Einfuhrungsprozess

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mentierungsaktivitaten identifizieren zukonnen. Diese Person ist Ansprechpartnerfur alle Fragen (aus dem Management undaus der Mitarbeiterschaft) zum ThemaEMS. Zusammenfassend lasst sich der Pro-zessschritt „Bestandsaufnahme“ durch fol-gende Aktivitaten kennzeichnen:

& Dokumentation des Sitzungshaushalts& Einschatzung der kulturelle Disposition

des Zielsystems& Planung der Kommunikationsstrategie& Sicherstellung der Managementunter-

stutzung& Rollendefinition und Rollenbesetzung.

5.2.3 Analyse und Auswahl(Matching)

Die Phase der Analyse und Auswahl zieltdarauf ab, eine Liste von Sitzungen bzw.Sitzungsfolgen aus der Bestandsaufnahmeherauszufiltern, die primares Ziel der Ein-fuhrungsaktivitaten werden. Fragen zu denFilterkriterien fur die Auswahl von Sitzun-gen sind beispielsweise:

& Welche Eigenschaften eines Adoptieren-den zeichnen Sitzungsleitung und Sit-zungsteilnehmer aus?

& Welche Aufgaben werden in einer Sit-zung oder Sitzungsfolge erledigt? Wel-che Werkzeuge passen auf welche Auf-gabe (Task-Technology-Fit)?

& Passt das strukturelle Potenzial des EMSzu den Eigenschaften der Gruppe?

Wahrend der Phase Analyse und Auswahlempfiehlt es sich, klare Evaluationskrite-rien fur die Implementierung herauszuar-beiten und mit dem Management zu ver-einbaren. Evaluationskriterien sind einer-seits ein wichtiges Instrument desErwartungsmanagements und richten an-dererseits die Arbeit der Implementiererauf ein mittelfristiges Ziel aus. Bei der Se-lektion der Sitzungen ist darauf zu achten,dass die potenziellen Nutzer in die Ent-scheidung, „ihre“ Sitzung zu unterstutzen,mit einbezogen werden. Wurde eine Erfolgversprechende Sitzung identifiziert, sindGesprache, Workshops und Testsitzungenvor Ort mit der Sitzungsleitung und denSitzungsteilnehmern durchzufuhren. Wenneine Gruppe die Nutzung von EMS ab-lehnt, ist eine erfolgreiche Adoption nichtwahrscheinlich. Dies erfordert die Identifi-kation von Widerstanden auf Ebene derGruppe. Diese Maßnahmen dienen da-ruber hinaus der Reduktion von tech-nischer und sozialer Unsicherheit. Weiter-hin ist in der Analysephase zu prufen, wel-

che Personen eine besonders zentrale Rollein der Kommunikation einer Organisationspielen oder ein weit gefachertes organisa-torisches Netzwerk vorweisen konnen.Diese Personen eignen sich als Promotorenfur EMS und konnen die Verbreitung derInnovation befordern.

5.2.4 Feldtest (Redefining)

Nachdem eine Sitzung bzw. Sitzungsfolgeausgewahlt wurde und die Gruppe sich furdie Nutzung von EMS-Werkzeugen ent-schieden hat, wird ein Feldtest durch-gefuhrt, welcher mit der ersten Phase derTrainingsaktivitaten beginnt. Neben derBedienung der Werkzeuge steht das Trai-ning von Moderationstechniken fur die Sit-zungsleitung und die Einubung von Inter-aktionsprozessen mit dem EMS imVordergrund. Der Feldtest bezieht sichnicht auf eine einzelne Sitzungsepisode,sondern umfasst die Nutzung von EMS-Werkzeugen uber einen langeren Zeithori-zont hinweg. Der Feldtest entspricht derPhase des Redefining aus dem Innovations-ubernahmemodell von Rogers. Hier findenorganisatorische und ggf. technische An-passungen statt, die eine Adoption erleich-tern. Tyre und Orlikowski [TyOr94] kon-statieren, dass innerhalb eines Zeitraumesvon drei bis sieben Monaten die uberwie-gende Mehrzahl von Adaptionshandlungendurch die Nutzer vorgenommen wird. Da-her sollte der Feldtest einen entsprechen-den Zeitraum umfassen. Nach Abschlussder Feldtestphase fur einen ausgewahltenSitzungstyp ist die Datenerhebung fur dieEvaluation durchzufuhren. Es ist zu pru-fen, ob die gesteckten Ziele erreicht wor-den sind und woraus Zielabweichungenggf. resultieren. Wenn eine Sitzung oderSitzungsfolge erfolgreich unterstutzt wur-de, kann sie fur die Kommunikationspoli-tik als Success Story dienen. Weiterhin lasstsich uber die Dokumentation der Aneig-nung fur die Implementierung der nachstenSitzung lernen.

5.2.5 Operative Durchdringung(Clarifying)

Der Prozessschritt der operativen Durch-dringung folgt auf den Feldtest mit demZiel, fur eine Gruppe, welche den Feldtesterfolgreich absolviert hat, Arbeitsszenariender Nutzung von EMS im Tagesgeschaftzu entwickeln. Bezuglich der Entwicklungvon Szenarien empfiehlt es sich, eine ge-naue Analyse des Arbeitssystems und der

Arbeitsprozesse einer Gruppe bzw. Orga-nisationseinheit durchzufuhren und Pro-zesse herauszufiltern, die aus Sicht derGruppenmitglieder besonders problema-tisch sind. Darauf aufbauend ist zu prufen,an welchen Stellen die Nutzung von EMSbesonderen Mehrwert schaffen kann – die-ser ist anhand einer fur die Nutzer versteh-baren Beschreibung zu kommunizieren.Neben der organisatorischen Anpassungsind ggf. technische �nderungen notwen-dig, welche auf die Integration von EMS-Werkzeugen in die operativen Systeme derbeteiligten Organisationseinheit(en) abzie-len.

5.2.6 Best-Practices (Routinizing)

Die operative Durchdringung des Tages-geschafts mit EMS-Werkzeugen schließtden Adoptionszyklus ab. Damit kann sichzwar das Nutzungsverhalten uber die Zeitverandern. So konnen einzelne Werkzeugezugunsten anderer abgelost werden, weilsie der Gruppe bequemer oder zielfuhren-der scheinen – allerdings wird die Nut-zung von EMS nicht mehr als Neuigkeit,sondern als selbstverstandliche Praxiswahrgenommen und es bedarf keiner spe-zifischen Intervention zur Nutzung mehr.Diese Phase der Innovationsubernahmewird begleitet durch die dritte Phase derTrainingsaktivitaten, namentlich die Ablei-tung von Best-Practices der Sitzungsgestal-tung und Problemlosung mit EMS. Befin-det sich die Implementierung von EMS ineiner fruhen Phase, wird die Ableitung vonBest-Practices gemeinsam vom Implemen-tierungsteam und der unterstutzten Sit-zungsgruppe vorgenommen. In spaterenPhasen empfiehlt es sich, Workshops anzu-bieten, deren Teilnehmer sich aus unter-schiedlichen Implementierungsgruppenzusammensetzen und deren Ziel es ist, Prob-lemlosungsprozesse und Einsatzszenarienmit EMS auszutauschen und zu dokumen-tieren. Auf diese Weise wird der Wissens-transfer zwischen Teilnehmergruppen er-leichtert. Die standardisierte elektronischeDokumentation der Ergebnisse erleichtertdas Finden und Wiederverwenden entspre-chender Schablonen. Best-Practices kon-nen sich dabei auf die Aneignung von EMSund auch auf Losungsmuster fur wieder-kehrende Probleme in einer Organisationbeziehen.

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6 Zusammenfassung undAusblick

Dieser Beitrag kompiliert den Stand derForschung zum Einsatz von EMS undstellt auf dieser Grundlage ein Einfuh-rungsmodell fur EMS vor. Ausgangspunktfur dieses Modell ist die Frage, warumEMS als technisch funktionierende Infor-mationssysteme in der Organisationspraxisnur vereinzelt eingesetzt werden, wiewohlsie die Losung einiger drangender Sit-zungsprobleme versprechen. Die Antworthierauf liegt in der Einbettung der Infor-mationssysteme in den Arbeitsalltag vonGruppen- und Sitzungsarbeit. Diese Ein-bettung ist ein komplexer Prozess derAneignung sozialer Strukturen, die inEMS verkorpert sind. Er lasst sich alsAdoptionsprozess formulieren, der nebenEMS-spezifischen Faktoren auch generi-sche Erfolgsfaktoren der Informationssys-temeinfuhrung integriert. Darin liegt diebesondere Herausforderung der EMS-Ein-fuhrung, denn alle Faktoren mussen glei-chermaßen kontrolliert werden. Zudemtreten nicht alle Erfolgsfaktoren gleicher-maßen in den Vordergrund. Vielmehr er-langen sie in Abhangigkeit von Kontextund Zeitpunkt der Betrachtung und der In-terpretation durch die Implementierer desEMS mehr oder weniger Bedeutung.

Fur die Forschung lasst sich das vorgestell-te Modell nutzen, um Action-Research-Projekte [Bask99] aufzubauen und in einenhandhabbaren Rahmen fur die Einfuhrungund den Test elektronischer Sitzungsunter-stutzungswerkzeuge zu integrieren. FurZwecke der Forschung mussen die Er-folgsfaktoren bzw. deren Bestandteile wei-ter operationalisiert und ihr Einfluss aufdie organisatorische Adoption gemessenwerden. Genauso lassen sich Existenz,Dauer und Aktivitaten einzelner Phasendes Vorgehensmodells durch weitere Stu-dien genauer uberprufen, spezifizieren undggf. fur andere technologische Innovatio-nen generalisieren. Fur die Sitzungspraxislasst sich das Modell als umfassendes Vor-gehensmodell nutzen, um den Einfuh-rungsprozess zu begleiten.

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Abstract

Electronic meeting systems paradox – Obstacles to deploy efficient techniques and howto overcome these

Although research has shown that electronic meeting systems (EMS) can improve meetingssubstantially, EMS are less prominent in organizations than the scientific community origin-ally envisioned. The authors discuss this paradox on the basis of an extensive literature re-view. They derive success factors for EMS implementation from IS research and develop animplementation model for EMS on the basis of diffusion theory.

Keywords: electronic meeting systems (EMS), group support systems (GSS), diffusion theo-ry, innovation, adaption, meeting support, organizing vision, implementation of informationsystems, process model

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