elektrorad 04/13 besuch bei simplon – Österreichs anker bei den premium e-bikes

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48 ELEKTRORAD 4|2013 REPORTAGE | SIMPLON Österreichs Andreas Hämmerle präsentiert das neue Elektroflaggschiff SilkCarbon am Bodenseequai in Hard bei Bregenz. Dank Spitzenqualität und Individualisierung kann SIMPLONs Co-Geschäftsführer dem immer härteren Wettbewerb gelassen entgegen sehen.

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Reportage, Peter Hummel, veröffentl. BVA u.a. Schweizer Medien

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Österreichs anker bei

Andreas Hämmerle präsentiert das neue Elektroflaggschiff SilkCarbon am Bodenseequai in Hard bei Bregenz. Dank Spitzenqualität und Individualisierung kann SIMPLONs Co-Geschäftsführer dem immer härteren Wettbewerb gelassen entgegen sehen.

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Hard hat eine der schönsten Quaian-lagen am Bodensee. Zudem liegt die touristisch noch etwas unterschätzte

Marktgemeinde auch nur einen Katzensprung oder besser Brückenschlag von der Schweiz entfernt, auf der anderen Seite des Rheins. Für die Entstehung der Marke SIMPLON ist das kein Zufall, sondern von entscheidender Bedeutung: Die Schweiz stand sowohl für den Namen als auch die Qualität Pate (siehe Ka-sten nächste Seite).

Der hohe Qualitätsanspruch ist denn bis heu-te einer der Erfolgsgaranten von SIMPLON. Dahinter stehen zwei Prinzipien: Zum einen werden nur beste Markenkomponenten aus-

Österreichs anker bei Mit einer geschickten Balance zwischen Tradi-tionsbewusstsein und In-novationsfreudigkeit hat SIMPLON eine führende Position bei Renn- und Trekkingrädern erlangt. Nun will die Vorarlberger Marke mit der zweiten Generation von E-Bikes auch im Elektrogeschäft vorne mitreden: Individu-eller, leichter und leiser lautet die Devise.

TexT und FoTos: PeTer Hummel

Besuch bei SIMPLON

Premium-E-Bikes

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gewählt – auch solche, die unsichtbar sind wie Felgenbänder oder Schmierstoffe. Und fast nicht sichtbare Makel wie Tränen im Lack führen bei SIMPLON unweiger-lich zum Ausschuss. Zum anderen wird beim Zusammenbau höchste Sorgfalt an den Tag gelegt: Jeder Monteur hat seinen Einzelplatz, Fließband und Akkord sind Fremdworte. Was hier zählt, ist nicht die Zeit, sondern die Genauigkeit, um nicht zu sagen Akribie. In einem dicken Hand-buch ist jeder Arbeitsgang genau festge-halten – etwa das richtige Drehmoment für jede Schraube. Der Slogan „Hand-made with pride“ ist nicht einfach eine leere Marketingphrase, sondern oberste Firmenphilosophie.

Eine weitere Stärke ist die bedarfsbe-stimmte Produktion, „SIMPLON Indivi-dual System“ genannt: Jedes Fahrrad wird spezifisch nach Kundenwunsch aufge-baut. Diese À-la-carte-Fertigung erfordert natürlich eine hohe Verfügbarkeit der Komponenten. Wozu es wiederum zwei Voraussetzungen braucht: Eine enorme Erfahrung in der Materialdisposition (zwei Mitarbeiter sind alleine damit beschäftigt) und eine komfortable finanzielle Basis.

Bei SIMPLON sieht man deshalb auch kaum fertige Räder herumstehen. Diese werden nämlich noch am Tag der Fer-tigstellung an den Handel ausgeliefert. Stattdessen sieht man hohe Gestelle mit ein paar Tausend Rahmen – buchstäblich das Kapital der Firma. Dank Just-in-Ti-me-Produktion kann die Custom-Marke einen weiteren Trumpf ausspielen: un-schlagbar kurze Lieferfristen. Die aller-meisten Bestellungen werden innerhalb einer halben Woche ausgeliefert – da kann kaum ein anderer „industrieller“ Hersteller mithalten!

rennrad-sPiTzenPosiTion dank CarbonSIMPLON hat einen jahrelangen her-vorragenden Ruf im hochwertigen Trek-king- und Rennradbereich; er gründet auf zwei Faktoren: Einmal setzten Kurt und Heinz Hämmerle, die beiden Söhne des Firmengründers, dank ihrer eigenen Erfahrung als Radrennfahrer schon Ende der Siebzigerjahre aufs Rennrad und be-gründeten das starke Engagement im Rennsport, das 2012 in der erstmaligen Teilnahme am Giro d‘Italia gipfelte. Zum anderen glaubte die nächste Hämmerle-

Der Showroom wird mit Modellen gefüllt, die einen Designpreis gewonnen haben sowie eigens zum 50. Jubiläum kreiert wurden (Modell Serum im Vordergrund).

SIMPloNIn den späten 50er-Jahren wurmte es den Harder Fahrradhändler Josef Hämmerle zusehends, dass die heimischen Räder nicht mit den „rostfreien Qualitätsvelos“ aus der benachbarten Schweiz mit-halten konnten. Deshalb begann er 1961 mit Schweizer Kompo-nenten Fahrräder auf „Schweizer Niveau“ zu montieren. Natürlich konnte dafür nicht etwa der nahe Hausberg Pfänder als Mar-kengeber herhalten – es musste natürlich ein bekannter Name aus den Schweizer Alpen sein: SIMPLON – wie Simplonpass.

Nach den gefragten Sporträdern war Ende der Siebzigerjahre die Zeit reif für Rennräder, die ge-rade eine Boomphase erlebten. Nachdem Gerhard Zadrobilek 1981 gleich die Österreich-Rundfahrt auf SIMPLON gewann, war die Marke mit einem Schlag landesweit bekannt. Ende der Achtziger kümmerte sich dann bereits ein Vertreter der dritten Generation, Andreas Hämmer-le, um die Entwicklung einer Mountain bike-Palette. 1993 lancierte SIMPLON mit dem Dy-namic als eine der ersten Marken die neue Kategorie Crossbike.

In den letzten Jahren wurden die Carbonmodelle so perfektioniert, dass etwa der Trekker SilkCarbon oder der Renner Serum mehrere Auszeichnungen einheimsten, etwa beim „Eurobike Award“ oder „iF Design Award“.

Heute fertigt und vertreibt SIM-PLON mit rund 60 Mitarbeitern jährlich 12.000 – 14.000 Fahrrä-der. Rund die Hälfte entfallen auf Alltagsräder, wovon wiederum bereits ein Viertel Elektroräder sind.

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Bei SIMPLON sieht man kaum fertige Räder, dafür umso mehr Rahmen – sie sind das Kapital der Marke (li.).Eine Spezialität in der Herstellung ist die Laufradfertigung im eigenen Haus (re.).

Marketingleiter Jan Biedermann (l.) und Verkaufsleiter Kai Schultz finden direkt vor den Werkstoren ein ideales Revier, um die neuesten Elektropferde zu testen.

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Generation, Andreas und Christian, dank des Rennsports schon früh – vor über 20 Jahren – an Carbon als Rahmenmaterial der Zukunft. Neben Rennern lancierten sie mit dem SilkCarbon eines der ersten Carbon trekkingräder – heute machen die Carbonrahmen schon deutlich über die Hälfte aller verkauften Fahrräder bei SIM-PLON aus – wohl ebenfalls ein einzigar-tiger Wert für einen Vollsortimentanbieter.

elekTroräder: niCHT PFliCHT, sondern kürBei diesem Erfolg im High-End-Segment könnte man sich fragen, ob es SIMPLON überhaupt „nötig“ hat, auch noch im Elektro markt mitzumischen?

Für Co-Geschäftsführer Andreas Häm-merle keine Frage: „Erstens können wir es uns als Firma, die mit an der Spitze der Bike-Innovation steht, doch nicht leisten,

dem Radnabenantrieb von Ortlinghaus/Go SwissDrive wurde ein von Anfang an gut funktionierendes System verwendet. Weil SIMPLON aber wie bei den norma-len Fahrrädern eine individuelle Konfigu-ration gewährleisten wollte, um etwa in flachen Regionen andere Unterstützungs-parameter zu programmieren, wurde ein einfacheres System gesucht als Go Swiss-Drive, bei dem Motor und Akku verschie-dene Schnittstellen hatten.

In Frage kam weiterhin nur ein Radna-benantrieb, wie Verkaufsleiter Kai Schultz erklärt: „Erstens, um die volle Kompatibi-

lität mit den bestehenden normalen Rah-men und damit mit dem ‚SIMPLON In-dividual System‘ sicherzustellen, zweitens weil der typische SIMPLON-Kunde eben eher eine normale Fahrradoptik als einen ‚integrierten E-Bike-Look‘ wünscht, und drittens, weil das die leichtere Lösung ist als ein Mittelmotor.“

neuer anTrieb erlaubT leiCHTere bikesDie Wahl fiel auf das neue System Neo-drives, für das SIMPLON Lancierungs-partner ist. Dahinter steckt die erfahrene Firma Alber in Albstadt auf der Schwä-bischen Alb. Sie stellt seit über 25 Jahren hochwertige und langlebige Antriebs-konzepte in der Medizintechnik her und kann einen hervorragenden Service bieten. Akku und Motor lassen sich mit einer Schnittstelle konfigurieren, dem MMI-Display, das als „Master slave“ dient. Weil Neodrives nicht nur leichter als Getriebesysteme ist, sondern auch leichter als der Vorgängerantrieb, kann

Custom-Montage bei SIMPLON – hier schon das neue Modell Alulite. Dank Akkumontage am Unterrohr wird eine ausgewogene Gewichtsverteilung erzielt.

„Wir konnten es uns dochnicht leisten, einen solch

wichtigen Zug zu verpassen.“Andreas Hämmerle, Co-Geschäftsführer

einen solch wichtigen Zug zu verpassen. Zum anderen haben wir eine sehr treue Kundschaft, die schon, zwei, drei, vier SIMPLON-Räder besitzt und von uns auch ein E-Bike erwartet – das sie sonst anderswo kaufen würde.“ Er sieht drei wichtige Zielgruppen für Elektroräder: Bislang Alltagsradler und Senioren, nun aber auch verstärkt eine Lifestyle-Klientel.

Trotz dieser Überzeugung stieg SIMPLON relativ spät ins Elektroradgeschäft ein, vor drei Jahren erst. Das hatte aber den Vor-teil, dass eine Reihe von Kinderkrank-heiten übersprungen werden konnten. Mit

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SIMPLON beim Flaggschiff SilkCarbon ein Gewicht realisieren, das in seiner Klasse unerreicht sein dürfte: 18,6 Kilo-gramm – fast ein Fliegengewicht in der Welt der Elektroräder.

Solche Premium-Elektroräder haben na-türlich auch ihren entsprechenden Preis; die fünf Modelle Alulite, Kagu, Spotlight (alle Alltag), SilkCarbon (Cross) und Dilly (MTB) rangieren zwischen 2.900,–und 3.900,– Euro. Bei SIMPLON hat der Kunde aber die Gewissheit, dass er nicht durch Online-Schnäppchenangebote übervorteilt wird: Dank des „Individual Systems“ sind die Räder vom Bodensee im Internet gar nicht zu finden. SIM-PLON setzt konsequent und ausschließ-lich auf den Fachhandel. Und von dieser Loyalität profitiert auch wieder der Kun-de, in dem er beim SIMPLON-Händler einen kompetenten und guten Service erwarten darf.

So entsteht ein SIMPLON-Rad – von ersten Ideen am Flipchart bis zum CAD-Entwurf (Computer-aided design).

Auf dem hauseigenen Prüfstand werden neue Elektroradmodelle getestet.

der Neodrives- antrieb

Der Neodrives-Motor wird im Hinterrad verbaut. Er ist geräuschlos und setzt sanft mit seiner Unterstützung ein. Außerdem ermöglicht er eine zweistufige Rekuperation.

Der Akku kann als Träger- oder Rahmenakku verbaut werden. Letzterer sorgt in Kombination mit dem Heckmotor für eine ausgewogene Gewichtsvertei-lung. Der Rahmenakku hat eine Kapazität von 522 Wattstunden. Eine intelligente Lade,- und Ent-ladesteuerung und der Einsatz von hochwertigen Zellen führt zu einer maximalen Lebenszeit.

Das MMI (Mensch-Maschine-Interface) dient als intelligente Steuereinheit des Gesamtsys-tems. Neben gewohnten Funk-tionen eines Fahrradcomputers zeigt es nützliche Informationen wie die Restreichweite des Akkus oder den aktuellen Verbrauch.