emotion und psychotherapie

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Redaktion J. Eckert, Hamburg C. Reimer, Gießen B. Strauß, Jena Psychotherapeut 2007 · 52:249–254 DOI 10.1007/s00278-007-0555-9 Online publiziert: 6. Juni 2007 © Springer Medizin Verlag 2007 Rainer Krause · Jörg Merten Klinische Psychologie und Psychotherapie, FR Psychologie, Universität des Saarlandes, Saarbrücken Emotion und Psychotherapie Übersicht Die Emotionen haben für das Ver- ständnis der Entstehung, Aufrecht- erhaltung und der Behandlung see- lischer Störungen große Bedeutung, weil jede seelische Störung auch eine solche der Emotionalität ist. Manche tragen dies im Namen, wie z. B. die „Angststörungen“, bei anderen Stö- rungen tritt das „Emotionale“ als De- finitionsmerkmal weniger in den Vor- dergrund, ist aber gleichwohl vorhan- den. So soll beispielsweise die histri- onische Persönlichkeitsstörung unter anderem durch einen übertriebenen Ausdruck von Gefühlen gekennzeich- net sein. In beiden Fällen ist ein Ex- zess des Fühlens oder des Ausdrucks von Emotionen konstitutiv für die Störung. Die emotional-instabile Per- sönlichkeitsstörung definiert sich als eine Affektregulationsstörung, die sich unter anderem in Impulsivi- tät und unsteten Intentionen nieder- schlägt. Für Zwangsstörungen ist ei- ne Untersteuerung des Ausdrucks charakteristisch. Die Gedanken blei- ben im Bewusstsein erhalten, wer- den aber von den zugehörigen Affek- ten isoliert. Die affektiven Störungen sind eigentlich Stimmungsstörungen, Störungen der Intentionalität, der af- fektiven Besetzung und des Willens – Vorgänge, die den Emotionen vor- und nachgeordnet sind. Ohne affek- tive Besetzung kann es keine Emoti- onen geben. Die Besetzung hat etwas mit der Freude am Handeln zu tun, umgekehrt ist die Anhedonie viel- leicht das Zentrum depressiven Ge- schehens und könnte Folge der feh- lenden Funktionslust bei erlernter Hilflosigkeit sein. Das zentrale Pro- blem aller symptomatischen Ord- nungsversuche liegt darin, dass sie auf keine empirisch und klinisch be- gründete Systematik der Emotiona- lität zurückgreifen können. Eine sol- che soll auf der Grundlage der Bemü- hungen unserer Forschungsgruppe er- stellt werden und als Ordnungskrite- rium für die behandlungstechnischen Überlegungen dienen (Krause 2007). Eine ausführlichere Darstellung der Systematik der Emotionsregulierung findet man bei Krause 2007. Das emotionale Geschehen als nichtlinearer, dynamischer Prozess Das emotionale System setzt sich aus we- nigstens sechs weitgehend separat funkti- onierenden Modulen zusammen, die auch neuroanatomisch verschiedene Substrate aufzuweisen haben: 1. motorisch expressives Modul, 2. physiologisches Modul, 3. willkürmotorisches Modul, 4. Modul der Situationswahrnehmung, 5. Modul der Wahrnehmung der Kör- perprozesse und 6. Modul für die Semantik der Affekte. Motorisch expressives Modul. Das mo- torisch expressive Modul mobilisiert in der Körperperipherie (beispielsweise dem Gesicht oder der Stimme) einen begrenz- ten Satz kulturinvarianter bedeutungstra- gender Zeichen. Die Zeichen symbolisie- ren Angst, Wut, Ekel, Trauer, Verachtung auf der anhedonischen und Freude, Neu- gier/Interesse auf der hedonischen Seite. Die Zeichen und die Fähigkeit sie „lesen“ zu können, sind in der Phylogenese paral- lel zu biologischen Bewertungsprozessen hinsichtlich der Bedeutsamkeit von Um- weltereignissen entstanden. Die in die- ser Koevolution enthaltene Semantik ist empirisch wie folgt untermauert: Die At- tribuierungen durch Außenstehende, in welchem affektiven Bewertungsprozess der Ausdrucksproduzent ist, übersteigt kulturunabhängig bei weitem jede zufäl- lige Zuordnung. Die Schlussfolgerung, dass der Zeichenträger sich tatsächlich so fühlt, ist nicht möglich. Sie ist manchmal falsch, wenngleich es eine nahe liegende erste Heuristik ist. Physiologisches Modul. Das physiolo- gische Modul reflektiert die emotionale Reaktion hinsichtlich der Intensität der Erregung. Dies geschieht vorwiegend durch die Aktivierung des autonomen Nervensystems. Es handelt sich um physi- ologische Bereitstellungs- und Sicherstel- lungsreaktionen (beispielsweise eine Blu- tumverteilung von der Peripherie weg, hin zu den lebenswichtigen Organen). Andere Handlungen werden im Sinne einer raschen Mobilisierung von Angriffs-, Flucht-, Aus- scheidungs- oder Fortpflanzungsreaktionen vorbereitet. Willkürmotorisches Modul. Das willkür- motorisches Modul bahnt das Verhalten in der Körpermuskulatur an. Da es sich hierbei um rudimentäre Intentionsbewe- gungen handelt, kann man die Vollform der Intention an ihnen erkennen. Das motorisch expressive, das physiolo- gische und das willkürmotorische Mo- dul sind Teile der Körperlichkeit. Die fol- genden drei Module kann man als im wei- testen Sinne kognitiv-perzeptive Vorgän- ge verstehen. 249 Psychotherapeut 4 · 2007 |  

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Page 1: Emotion und Psychotherapie

RedaktionJ. Eckert, Hamburg C. Reimer, Gießen B. Strauß, Jena

Psychotherapeut 2007 · 52:249–254DOI 10.1007/s00278-007-0555-9Online publiziert: 6. Juni 2007© Springer Medizin Verlag 2007

Rainer Krause · Jörg MertenKlinische Psychologie und Psychotherapie, FR Psychologie, Universität des Saarlandes, Saarbrücken

Emotion und Psychotherapie

Übersicht

Die Emotionen haben für das Ver-ständnis der Entstehung, Aufrecht-erhaltung und der Behandlung see-lischer Störungen große Bedeutung, weil jede seelische Störung auch eine solche der Emotionalität ist. Manche tragen dies im Namen, wie z. B. die „Angststörungen“, bei anderen Stö-rungen tritt das „Emotionale“ als De-finitionsmerkmal weniger in den Vor-dergrund, ist aber gleichwohl vorhan-den. So soll beispielsweise die histri-onische Persönlichkeitsstörung unter anderem durch einen übertriebenen Ausdruck von Gefühlen gekennzeich-net sein. In beiden Fällen ist ein Ex-zess des Fühlens oder des Ausdrucks von Emotionen konstitutiv für die Störung. Die emotional-instabile Per-sönlichkeitsstörung definiert sich als eine Affektregulationsstörung, die sich unter anderem in Impulsivi-tät und unsteten Intentionen nieder-schlägt. Für Zwangsstörungen ist ei-ne Untersteuerung des Ausdrucks charakteristisch. Die Gedanken blei-ben im Bewusstsein erhalten, wer-den aber von den zugehörigen Affek-ten isoliert. Die affektiven Störungen sind eigentlich Stimmungsstörungen, Störungen der Intentionalität, der af-fektiven Besetzung und des Willens – Vorgänge, die den Emotionen vor- und nachgeordnet sind. Ohne affek-tive Besetzung kann es keine Emoti-onen geben. Die Besetzung hat etwas mit der Freude am Handeln zu tun, umgekehrt ist die Anhedonie viel-leicht das Zentrum depressiven Ge-schehens und könnte Folge der feh-lenden Funktionslust bei erlernter Hilflosigkeit sein. Das zentrale Pro-

blem aller symptomatischen Ord-nungsversuche liegt darin, dass sie auf keine empirisch und klinisch be-gründete Systematik der Emotiona-lität zurückgreifen können. Eine sol-che soll auf der Grundlage der Bemü-hungen unserer Forschungsgruppe er-stellt werden und als Ordnungskrite-rium für die behandlungstechnischen Überlegungen dienen (Krause 2007). Eine ausführlichere Darstellung der Systematik der Emotionsregulierung findet man bei Krause 2007.

Das emotionale Geschehen als nichtlinearer, dynamischer Prozess

Das emotionale System setzt sich aus we-nigstens sechs weitgehend separat funkti-onierenden Modulen zusammen, die auch neuroanatomisch verschiedene Substrate aufzuweisen haben:1. motorisch expressives Modul,2. physiologisches Modul,3. willkürmotorisches Modul,4. Modul der Situationswahrnehmung,5. Modul der Wahrnehmung der Kör-

perprozesse und6. Modul für die Semantik der Affekte.

Motorisch expressives Modul. Das mo-torisch expressive Modul mobilisiert in der Körperperipherie (beispielsweise dem Gesicht oder der Stimme) einen begrenz-ten Satz kulturinvarianter bedeutungstra-gender Zeichen. Die Zeichen symbolisie-ren Angst, Wut, Ekel, Trauer, Verachtung auf der anhedonischen und Freude, Neu-gier/Interesse auf der hedonischen Seite. Die Zeichen und die Fähigkeit sie „lesen“ zu können, sind in der Phylogenese paral-

lel zu biologischen Bewertungsprozessen hinsichtlich der Bedeutsamkeit von Um-weltereignissen entstanden. Die in die-ser Koevolution enthaltene Semantik ist empirisch wie folgt untermauert: Die At-tribuierungen durch Außenstehende, in welchem affektiven Bewertungsprozess der Ausdrucksproduzent ist, übersteigt kulturunabhängig bei weitem jede zufäl-lige Zuordnung. Die Schlussfolgerung, dass der Zeichenträger sich tatsächlich so fühlt, ist nicht möglich. Sie ist manchmal falsch, wenngleich es eine nahe liegende erste Heuristik ist.

Physiologisches Modul. Das physiolo-gische Modul reflektiert die emotionale Reaktion hinsichtlich der Intensität der Erregung. Dies geschieht vorwiegend durch die Aktivierung des autonomen Nervensystems. Es handelt sich um physi-ologische Bereitstellungs- und Sicherstel-lungsreaktionen (beispielsweise eine Blu-tumverteilung von der Peripherie weg, hin zu den lebenswichtigen Organen). Andere Handlungen werden im Sinne einer raschen Mobilisierung von Angriffs-, Flucht-, Aus-scheidungs- oder Fortpflanzungsreaktionen vorbereitet.

Willkürmotorisches Modul. Das willkür-motorisches Modul bahnt das Verhalten in der Körpermuskulatur an. Da es sich hierbei um rudimentäre Intentionsbewe-gungen handelt, kann man die Vollform der Intention an ihnen erkennen.Das motorisch expressive, das physiolo-gische und das willkürmotorische Mo-dul sind Teile der Körperlichkeit. Die fol-genden drei Module kann man als im wei-testen Sinne kognitiv-perzeptive Vorgän-ge verstehen.

249Psychotherapeut 4 · 2007  | 

Page 2: Emotion und Psychotherapie

Modul der Situationswahrnehmung. Hier wird der affektive Prozess als Epi-sode mit dem Erlebenden als Subjekt, einem mit ihm verbundenen Objekt und einer spezifischen Interaktion zwischen beiden abgebildet. Die verschiedenen Affekte, wie beispielsweise Wut, Trau-er, Angst und Scham können durch eine spezifische situative kognitive Bedeutung der Beziehung zwischen Subjekt und Ob-jekt beschrieben werden (Frijda 1996). Di-ese Wahrnehmungsprozesse schließen ei-ne begrenzte Anzahl häufig wiederkeh-render universell anzutreffender Bewer-tungsprozesse ein. Parallel zu diesen ha-ben sich die im ersten Modul erwähnten motorisch expressiven Zeichen entwi-ckelt. Sie erlauben Rückschlüsse auf die Intentionalität des Zeichengebers bzw. seine Bewertungsreaktion die Objektwelt betreffend.

In der motivational-kognitiven Emoti-onstheorie von Lazarus Lazarus 1991 ent-sprechen diesen protokognitiven Struk-turen die primären Bewertungen („pri-mary appraisals“). Zwischen das Zeichen und die phylogenetisch entstandene In-tention können sich alle möglichen kogni-tiven und sozialen Regulierungsvorgänge (Höflichkeit, Gelassenheit, Täuschung als drei von vielen möglichen Gefühlsregeln) schieben. Diese Gefühlsregeln sind Teil ei-ner Kultur, einer Familie bzw. einer Per-son und können sehr verschieden sein. Sie sind nicht a priori behandlungsbedürftig. Psychotherapeuten müssen sie allerdings zumindest kennen (Hochschild 2002).

Modul der Wahrnehmung der Körper- prozesse. Durch dieses Modul werden die körperlichen Prozesse als Wahrneh-mung registriert. Dieser Vorgang wird In-terozeption genannt.

Modul für die Semantik der Affekte. Hier wird eines der anderen Module sprach-lich benannt und so der betreffende emo-tionale Prozess charakterisiert. Zusätz-

lich hat die jeweils bevorzugte Sprechwei-se hinsichtlich der Prozessierung von ko-gnitiv-affektiven Vorgängen unterschied-liches Gewicht. So hat die Verwendung metaphorischen Sprechens eine besonde-re Bedeutung für die Integration von Den-ken und Affekt in der Psychotherapie.

Die Zusammenhänge zwischen diesen verschiedenen Modulen sind vor allem während sozialer Austauschprozesse sehr wechselnd. Bei sprachlich kommuni-zierenden Gesunden stammen ein Drittel der Varianz der emotionalen Reaktionen vom Partner, ein Drittel aus dem Innen-bereich des Affektproduzenten und ein Drittel aus der sozialen Situationsdefini-tion (Krause 1981).

Unter dem Eindruck der hohen Flexi-bilität der Zusammenhänge der beteilig-ten Systeme und der Unmöglichkeit, über Personen hinweg bei Gesunden zu gene-ralisieren, sind die Forscher dazu überge-gangen, das emotionale System als parallel organisiert zu betrachten, d. h., dass unter normalen Bedingungen kein sehr groß-er Zusammenhang zwischen den unter-schiedlichen Subsystemen besteht und die Zusammenhänge sehr stark situations- so-wie partnerspezifisch sind Scherer 2000. Nur unter bestimmten, als „ernst“ zu de-finierenden Randbedingungen kommen die Prozesse der verschiedenen Modu-le in Phase. Ausdruck, Physiologie und Fantasie werden innerhalb einer Per-son gleich getaktet. Dann geraten inne-re Welt, Wahrnehmung des anderen, in-tentionale und Zeichenmotorik sowie die zentrale und periphere Physiologie unter eine einheitliche Regie. Theoretisch wur-den solche Prozesse als nichtlineare, dy-namische Systeme der Selbstorganisation konzeptualisiert. Die im Ernstfall mobili-sierte Form der Emotion wird als Attrak-tor beschrieben. Manche Personen gera-ten schnell in den stets gleichen Attrak-tor. Meist kann man diesen Attraktor seh-en, riechen oder auf anderen Kanälen füh-len und für die Indikations- und Behand-

lungsplanung sowie die Stundenführung benutzen (Merten 2001).

Strukturelle Affekte

Affekte wie Stolz, Scham, Schuld, aber auch Eifersucht und Neid beruhen auf Vergleichsakten, die wenigstens eine an-satzweise überdauernde Teilung von Re-präsentationen in Selbst und Nichtselbst, Ideal- und Ist-Zustand voraussetzen. Sol-che überdauernde Repräsentationen kann man als Strukturen bezeichnen und die da-mit verbundenen Affekte als strukturelle Affekte. Sie haben oft selbstreflexive Qua-litäten. Ein strukturell abgetrennter Teil des Selbst bewertet ein erlebendes Ich in affektiver Weise. Das bedeutet aber nicht, dass die Ausbildung dieser Affekte kei-ne genetische Grundlage habe. Alle Men-schen – mit welcher Erfahrung auch im-mer – müssen wenigstens Äquivalente zu solchen Strukturen aufbauen, auch wenn sie sehr defizient erscheinen mögen. Die Ausdrucksäquivalente von strukturellen Affekten stammen gänzlich aus dem Um-feld der Intentionsbewegungen. Von da-her sind sie auch interkulturell versteh-bar, wenn man die Intentionshandlung versteht. So ist die körperliche Haltung des „Erhabenen“ als Antischamreaktion zu verstehen. Kopf und Kinn oben, auf-rechte Position, keine Blickvermeidung, frontale Körperpositionierung gegenüber der anderen, die Stimme benutzt das ge-samte Frequenzspektrum, vor allem die tiefen Fundamentalfrequenzen. Es gibt keine sehr wechselnde Prosodie. Die Po-sition der Scham kann man als das Ge-genteil beschreiben, mit der Intention das Körperselbst dem Blick des anderen zu entziehen.

Die Bewertungsprozesse der struktu-rellen Affekte wurden von verschiedenen Autoren (Beck 1967) wie folgt beschrie-ben.

Wird ein Ereignis mit der eigenen Per-son in eine intentionale Verbindung ge-bracht und dasselbe in Bezug auf seinen Erfolg/Misserfolg bzw. seine moralische Güte beurteilt, ergeben sich die emotio-nalen Reaktionen der . Tab. 1.

Ist der Bewertungsgegenstand eine einzelne Handlung und dieselbe wird als erfolgreich bewertet, generiert die Person

Tab. 1  Attribuierungsmöglichkeiten im Umfeld von selbstrelevanten Emotionen

  Attribuierung als Erfolg/gut Attribuierung als Misserfolg/schlecht

Einzelne HandlungFremde Person

StolzFreude

SchuldÄrger

Ganze PersonFremde Person

ErhabenheitBewunderung

SchamVerachtung

250 |  Psychotherapeut 4 · 2007

Übersicht

Page 3: Emotion und Psychotherapie

Stolz. In der gleichen, aber erfolglosen Konstellation wird Schuld entwickelt. Im Fall der Bewertung der ganzen Person als Gegenstand kann man Gefühle von Erha-benheit einerseits und Scham andererseits finden. Wenn eine andere Person als Ver-ursacher gesehen wird, führt dies zu Pri-märaffekten, von denen in der . Tab. 1 Freude, Ärger, Bewunderung und Verach-tung in den entsprechenden Quadranten aufgeführt sind. Diese Bewertungen sind kognitive Prozesse und müssen mit der Bewertung durch andere Personen nicht übereinstimmen. Von daher werden ge-neralisierte Fehlattribuierungen mit Stö-rungen der Stimmung in Verbindung ge-bracht. Depressive hätten demnach ei-ne Neigung, zu oft sich selbst und dann die ganze Person negativ zu attribuieren. Diese Regel beinhaltet eine Art negativen Größenwahn. Die konstante Fehlattribu-ierung der ganzen eigenen Person als Er-folg kann man als (wahnhafte) Hybris be-zeichnen. Ob diese Attribuierungen mit den Störungsbildern Depression und Ma-nie so eng verbunden sind, wie dies man-che Autoren behaupten, ist strittig. Eine der Bewertungen, die das Selbst beson-ders affizieren, ist der Umgang mit den Primäremotionen. Personen, die stets in Angst sind und diese nicht überwinden können, sind per definitionem dazu ver-dammt, keinen Stolz und keine Erhaben-heit zu entwickeln.

Die selbstreflexiven Emotionen wer-den in der Ontogenese weniger um Leis-tungen und kognitive Prozesse aufgebaut als um den Umgang mit den Kernbezie-hungsthemen, die sich als Emotion nie-derschlagen. Mut als Voraussetzung für Stolz erfordert die Überwindung von Angst. Erhabenheit als Fähigkeit sich von den Affekten nicht affizieren zu lassen, erfordert das Erleben und die Überwin-dung derselben. In diesem Bereich findet man große Kulturunterschiede in Bezug auf die Definition der Tugenden und des Edlen, dessen was sich gehört, den guten Ton. Erziehung, Höflichkeit, Respekt, Dis-ziplin sind ohne Techniken des Umgangs mit den Emotionen nicht denkbar.

Lazarus (1991) folgend, kann man ein emotionsfokussiertes Coping, wie die Hemmung, und ein realitätsorientiertes Coping, unterscheiden. Seine Vorstel-lung ist die, dass die rein emotionsspezi-

fischen Coping-Verfahren auf Dauer Ab-wehrcharakter haben und diejenigen Co-ping-Mechanismen, die die Realität der Kernbeziehungsthemen erfolgreich ver-ändern, wachstums- und gesundheits-fördernd seien. Das ist sicher nur teilwei-se richtig. In unserer Kultur, die auf Akti-vität, Leistung und gute Gefühle angelegt ist, wird die positive Bedeutung von Pas-sivität, Akzeptanz und Demut im Allge-meinen unterschätzt. Diese Haltung bür-det Patienten noch die Schuld auf, dass sie nicht froh sind.

Krankheitsspezifische Verschaltungen der emotionalen Module im sozialen Feld und deren Behandlungsmöglichkeiten

Als spezifische Form von Vulnerabili-tät führt das Fehlen des Ausdrucks unter hohen Stressbedingungen, die die phy-siologischen Systeme aktivieren, zu ge-sundheitlichen Risiken (Traue 1998). Je schwerer die seelische Störung, desto aus-geprägter ist die generalisierte Reduktion des Ausdrucks. Nachgewiesen ist dies für die Schizophrenien, schwere Psychoso-matosen, für Teile des depressiven Form-kreises (Krause 2006) und für Schwerst-traumatisierte. Bei vernachlässigten Klein-kindern tritt dieses Symptom als Maras-mus auf (Spitz 1974). Tatsächlich findet man bei Depressiven und Schwersttrau-matisierten im Zusammenhang mit psy-chotherapeutischen Behandlungen einen Anstieg der Häufigkeit und Variabilität des Ausdrucksverhaltens. Dies trifft nicht bei Patienten des schizophrenen Form-kreises zu. Der Anstieg des Ausdrucks kann allerdings von einem Anstieg des Leidens und der Symptome begleitet sein (Krause u. Kirsch 2006). Eine nahe liegen-de Erklärung ist, dass mit der Aktivierung des Ausdruckssystems ein Zugang auf das prozedurale emotionale Gedächtnis erfol-gen kann, der vorher durch Abwehrvor-gänge vor allem aus dem Umfeld von Am-nesien, unmöglich war. Die nun auftau-chenden Inhalte sind aber unerträglich. Von daher ist eine generalisierte Förde-rung des Ausdrucks keine vernünftige Indikation. Sie muss zumindest mit der Überlegung verbunden werden, ob es für den Patienten wünschenswert und not-wendig ist sich zu erinnern.

Zusammenfassung · Abstract

Psychotherapeut 2007 · 52:249–254DOI 10.1007/s00278-007-0555-9© Springer Medizin Verlag 2007

Rainer Krause · Jörg Merten

Emotion und Psychotherapie

ZusammenfassungAusgehend von der Tatsache, dass alle psy-chischen Störungen auch Emotionsstörun-gen sind, werden aus der Forschung über die modulare Struktur des Emotionsystems ei-ne Systematik von kranheitsspezifischen Ver-schaltungen derselben in sozialen Bezie-hungen erstellt und für die einzelnen klinisch empirisch bestätigten Konstellationen Kon-traindikationen sowie Behandlungsmöglich-keiten diskutiert. Regulationsstörungen wer-den von defizitären Zustandsbildern unter-schieden und ein grundlegender Mechanis-mus der Affektinduktion, der die Störung in-teraktiv aufrechterhält und in die nächste Ge-neration tradiert, wird beschrieben. Die Au-toren kommen zu der Schlussfolgerung, dass Behandlungstechniken, die einen einheit-lichen Algorithmus für den Umgang mit dem Emotionssystem von verschiedenen Erkran-kungsgruppen vorschlagen, sich damit abfin-den müssen, dass die Indikation enger ist.

SchlüsselwörterEmotionsmodule · Affektaustausch · Struktu-relle Affekte · Unter- und Übersteuerung · Un-bewusste Beziehungsgestaltung

Emotion and psychotherapy

AbstractConsidering the fact that all psychic distur-bances are emotional disturbances as well, we develop based on our research on the modular structure of the emotional system a systematisation of the disturbance-specif-ic concatenation of these modules within the patient’s social relationships. Subsequently, we discuss treatment possibilities and con-traindications for each clinical empirically val-idated constellation. We describe a funda-mental mechanism of affect induction keep-ing the disturbances alive and transporting them to the next generation. We conclude in stating that treatment recommendations fo-cusing on a standard algorithm of handling the emotions system fail because there is no general indication for such enterprises.

KeywordsModules of emotions · Affect contagion · Structural affects · Undermodulation and overmodulation · Unconscious relationship regulation

251Psychotherapeut 4 · 2007  | 

Page 4: Emotion und Psychotherapie

Bei manchen Angsterkrankungen und somatoformen Störungen erfährt die In-terozeption eine systematische Verände-rung. Bei Angststörungen können physi-ologische affektive Phänomene aus dem Umfeld der Wut, aber auch der sexua-lisierten Liebesgefühle, als Zeichen für den unmittelbar bevorstehenden Tod fehl wahrgenommen werden (Margraf 1989; Milrod et al. 1997).

Behandlungstechnisch scheint eine si-tuationsspezifische Analyse des Auftre-tens der fehlerhaften Interozeption, ver-bunden mit einer Deutung der unbewuss-ten Bedeutung dieser Situation, langfristig am günstigsten.

Eine weitere krankheitsspezifische Verkoppelung besteht darin, dass das willkürmotorische Modul mit einer un-bewussten episodenhaften affektiven Si-tuationswahrnehmung derart verkoppelt ist, dass Teile dieser Situation in den af-fektiven Ausdrucks- und Intentionsbewe-gungen wie Schreien, Schlagen, Beißen, Umarmen/-klammern und kopulations-ähnlichen Akten motorisch mobilisiert werden. Diese Art des Zusammenhangs deckt die klassische Konversionsreaktion ab. Sie ist im Umfeld von traumatischen Störungen recht häufig. Aus heutiger Sicht könnte man ergänzen, dass durch die Mo-bilisierung des motorischen affektiven Ge-dächtnisanteils eine ansonsten unbewuss-te affektive Episode aktiviert wird. Dieser prozedurale implizite Gedächtnisanteil ist aber nicht reflexiv zugänglich und wird auch nach Abklingen der affektiven moto-rischen Reaktion nicht erinnert. Von da-her betrachtet, hat die Deutung der Hand-lungen im nichtregressiven Zustand we-nig kurativen Wert, weil sie in den regres-siven Zuständen nicht verwertet werden kann. Die Behandlungstechnik sollte auf die Integration der verschiedenen Per-sönlichkeitsanteile fokussieren. Im All-gemeinen haben dieselben allerdings un-terschiedliche Leitaffekte. Es ist möglich, den Patienten die hintergründige Struktur für das Auftreten dieser unterschiedlichen Leitaffekte zu vermitteln, sodass sie den si-tuationsspezifischen und selbstverursach-ten Anteil antizipieren und damit teilwei-se steuern können.

Wenn zeichentragende Affekte unver-schlüsselt im motorisch expressiven Mo-dul ohne bewusste Situationswahrneh-

mung auftreten, wie bei Stottern und Tics, kann man wegen der mangelnden Ver-schlüsselung nicht von Konversion spre-chen. Es werden 85% der Gesichtsausdrü-cke während Stotteranfällen als Affekte wahrgenommen, wenn die Beobachter den Kontext des Geschehens nicht ken-nen Krause 1981. Wegen der engen An-bindung an den Sprachproduktionspro-zess, und weil das symbolisierende Aus-drucksmodul betroffen ist, handelt es sich primär um Kommunikationsstörungen, in denen die kognitive Mitteilungsintention von der motorisch expressiven nicht ge-tragen wird. Statt einer parallel prozessier-ten Einbettung in die Prosodie und in das affektive Ausdrucksgeschehen wirken die beiden Systeme gegeneinander. Entwe-der wird ein reiner expressiver Affekt oh-ne kognitiven Inhalt oder nur „reine Spra-che“ ohne affektive Modulation generiert (Kollbrunner 2004). Geeignete Behand-lungsformen setzen dementsprechend an Prosodie und Gestik des Affektes an und nicht am kognitiven Teil des Sprechaktes. Dies gilt vor allem für das Kinderstottern, bei dem Techniken des Psychodramas gu-te Erfolge versprechen.

Wenn es zu einer Mobilisierung des affektiven physiologischen Moduls oh-ne gleichzeitige Mobilisierung aller ande-ren Module kommt, spricht man von Af-fektäquivalenten. Wegen der nichtzugäng-lichen Situationswahrnehmungen so-wie der blockierten Intentions- und Aus-drucksbewegungen kommt es zu einer Reizung des vegetativen Nervensystems und dann zu funktionellen Störungen (Alexander 1977).

„Emotionen“ bzw. Affekte werden auf diesem Weg zu Körperbeschwerden und dann zu Krankheitszeichen meist im Un-feld von Somatisierungsstörungen. Die Deutung der Affektäquivalente als Af-fekte wird von den Patienten, auch wenn sie richtig ist, nicht verstanden und ge-schätzt. Sie interpretieren solche Inter-ventionen als fehlendes Ernstnehmen und mangelnde Empathie. Da es sich oft um Affektäquivalente im Gewand von Schmerzen handelt, empfiehlt sich ein wertschätzendes Eingehen auf den situa-tiven und lebensgeschichtlichen Kontext ihrer Entstehung.

In der Affektersetzung wird ein Af-fekt durch die Mobilisierung eines ande-

ren in der Entwicklung gehemmt. Auf der Verhaltensebene bildet sich Affekterset-zung als Maskierung ab (Ekman u. Frie-sen 1969), die in mikroanalytischen Auf-lösungen sichtbar gemacht werden kön-nen. Durch einen Wechsel der Aufmerk-samkeit ist der entsprechende innere Kon-flikt der Selbstwahrnehmung zugänglich, d. h. solche Prozesse sind noch am ehesten für Selbsterfahrungen, meist unter Anlei-tung, zugänglich. Allerdings ist die nar-zisstische Kränkung, die mit solchen Hin-weisen verbunden ist, oft nicht eben klein, sodass der Zuwachs an Wissen leicht in ei-nen Kontext einer erneuten Beschämung eingebettet werden kann. Man sollte also keine als Selbsterfahrung gedachten Kon-frontationstechniken verwenden, wenn man kein klinisch relevantes Modell über das kognitiv affektive Prozessieren der Pa-tienten hat.

Eine Unterform der Affektersetzung ist die Affektumkehr, die eine Logik der Af-fekte voraussetzt. Beschrieben sind solche Phänomene für die Ersetzung von Angst und Horror durch Lachen, Bindungsaf-fekte durch Ekel (Buchheim u. Benecke 2008). Wenn sie unwillkürlich und nicht-steuerbar auftreten, sind sie indikativ für eher schwere Störungen wie Borderline-Störungen und Psychosen. Solche Phä-nomene hängen mit den prekären psy-chischen Grenzen strukturschwacher Per-sonen zusammen, die unter dem Einfluss eigener oder fremder Affekte besonders leicht zusammenbrechen. Behandlungs-technisch heißt dies, dass diese Grenzen gestärkt werden müssen, ehe man dem Patienten ein Mitempfinden der Affekte zumuten kann. Die Realisierung empa-thisch affektiven Verhaltens wird von die-sen Patienten im Allgemeinen zu Beginn als intrusiv erlebt und führt zu einer Ag-gravierung der Grenzenschwäche.

Die unbemerkte Übernahme der kör-perlichen Module einer Person durch eine andere Person hat man früher Affektan-steckung, die dem so genannten idiomoto-rischem Prinzip folgt, genannt. Sie ist zu-mindest in Teilen Grundlage der empa-thischen Reaktion. Als Empathieabwehr kann die Verhinderung der Affektanste-ckung zu Ausfällen des Fremdverstehens und im psychotherapeutischen Kontext zu einer Gegenübertragungsabwehr des Therapeuten führen. Unter dem Einfluss

252 |  Psychotherapeut 4 · 2007

Übersicht

Page 5: Emotion und Psychotherapie

der Forschungen zu den Spiegelneuronen bahnt sich die Erkenntnis an, dass die Af-fektübernahme den Regelfall darstellt, der durch aktive Kulturtechniken gehemmt werden muss (Gazzola et al. 2007).

Behandlungstechnische Überlegungen

Es wurde versucht klarzustellen, dass ei-ne einheitliche Behandlungsstrategie, die für alle krankheitsspezifischen Verschal-tungen gültig ist, nicht existieren kann. Was in einem Fall günstig ist, schadet im anderen. Von daher sind alle Techniken, die eine einheitliche therapeutisch güns-tige kognitiv-affektive Beziehungsgestal-tung für kurativ halten, an der fehlenden Indikation für manche Störungsbilder gescheitert (Bundesanzeiger 2005). Das kann man für die Realisierung der soge-nannten Basisvariablen der klientenzent-rierten Behandlungstechniken ebenso gel-tend machen, wie für die einheitliche Fo-kussierung auf steigende Formen des af-fektiven Erlebens im Sinne der „experien-cing scale“. Es ist Teil der Expertise erfah-rener Therapeuten, dass sie ihre kogni-tiv affektive Beziehungsgestaltung jeweils störungsspezifisch, und d. h. in unserem Umfeld nach Maßgabe der Verschaltung der affektiven Module im Patienten und in der therapeutischen Beziehung gestal-ten. Dann und nur dann können sich die anderen therapeutischen Wirkfaktoren optimal entfalten. Das heißt, dass der Pa-tient es, bei allem Widerstand, dem The-rapeuten vertrauensvoll erlauben kann, seine Behandlungstechnik an ihm zu er-proben.

Richtig ist leider, dass dieser Art von Beziehungsgestaltung in der Schulung von Psychotherapeuten – welcher Rich-tung auch immer – bei weitem zu wenig Beachtung geschenkt wird.

Störungsübergreifend kann man al-lerdings feststellen, dass sich gesunde Er-wachsene in normalen Alltagssituation an den mikroaffektiven Stil von psychisch kranken Personen anpassen, ohne etwas über die Erkrankung zu wissen (Krause 1981; Merten 2001). Diesen Vorgang kann man als konstitutiv für die Aufrechterhal-tung und die Tradierung der seelischen Störungen und für ihre Behandlung be-trachten. Die durch hochgradig repeti-

tive seelische Erfahrungen geprägten Per-sonen versuchen unbewusst auszuloten, ob die gegenwärtigen Handlungspart-ner sich ebenso verhalten, wie die schä-digenden historischen. Die Schwellen für das Bestehen dieses Tests sind so hoch angelegt, das sie von einem nichtprofes-sionell Geschulten nicht bestanden wer-den können. Auch professionelle Per-sonen können nur im Rahmen des thera-peutischen Settings handeln. Deshalb ist Abstinenz in allen Therapieverfahren ein Gütemerkmal.

Der kleinste gemeinsame Nenner er-folgreicher Therapieprozesse liegt darin, dass gut ausgebildete Psychotherapeuten in der Lage sind, diesem unbewussten af-fektiven Anpassungsprozess entgegenzu-steuern und neben vielem anderen auf ei-ner Mikroverhaltensebene eine Art unbe-wusstes instrumentelles Lernen in Gang zu setzen. Das ist die eigentliche korrek-tive emotionale Erfahrung. Im intersub-jektiven Feld könnte man das als die Über-nahme einer Haltungs- oder Containing-Funktion beschreiben, die die destrukti-ven mikroaffektiven Prozesse in neutrale bzw. sogar positive verwandeln, indem sie an eine kognitive mentale Struktur gebun-den werden.

Fazit für die Praxis

Eine sehr viel engere Verbindung der Grundlagenforschung über die Emoti-onen mit der Praxis wäre wünschens-wert. Für die Praxis könnte man die Indi-kationsfrage hinsichtlich der bestmög-lichen Beziehungsgestaltung von der Symptomatik lösen und auf die pati-ententypischen Formen des Leitaffektes und der unbewussten gleichwohl objek-tivierbaren affektiven Mikrowelt abstel-len. Sicher könnte man als theoretisches Zwischenstück einerseits Bindungstypen und andererseits zentrale Beziehungs-konflikte beispielsweise im Sinne der operationalen psychodynamischen Dia-gnostik oder der repetitiven Muster und deren Analyse, wie sie von Caspar betrie-ben wird, heranziehen. Für die Forschung bietet die klinische Praxis einen Rahmen für relevante Designs, die eigentlich nur dyadisch sein können. Die Schulung in al-len Ausbildungsinstituten muss sich sehr viel mehr auf die Wahrnehmung (Selbst- 

und Fremdbeobachtung) solcher unbe-wusster Mikroprozesse einstellen. Davon ausgehend kann man eine verbesserte Systematik der Verbindung des Innenle-bens der Therapeuten mit seinem Verhal-ten und dessen Auswirkung auf den Pati-enten erarbeiten.

KorrespondenzadresseProf. Dr. Rainer KrauseKlinische Psychologie und Psychotherapie, FR Psychologie, Geb. A 1 3, Universität des SaarlandesPostfach 15115066041 Saarbrü[email protected]

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Neues Therapiekonzept bei Ma-gersuchtDie weltweit größte Multicenter-Stu-die ANTOP (Anorexia Nervosa Treat-ment of OutPatients) zur Behandlung der Magersucht startet jetzt am Uni-versitätsklinikum Tübingen und an weiteren acht universitären Zentren in Deutschland.Nach aktuellen Untersuchungen zeigt fast

jedes dritte Mädchen zwischen 11 und 17

Jahren Zeichen einer Essstörung. Anorexia

nervosa zählt zu den psychogenen Essstö-

rungen und stellt ihre gefährlichste Form dar.

Aufgrund der Mangel- und Fehlernährung

ist sie mit der höchsten Todesrate aller psy-

chisch bedingten Erkrankungen verbunden

und geht gehäuft mit ernsten körperlichen

Komplikationen einher. Bislang werden Pati-

enten mit ausgeprägtem Untergewicht üb-

licherweise nach Richtlinienpsychotherapie

behandelt. Langzeituntersuchungen haben

aber gezeigt, dass Patienten mit Anorexia

nervosa häufig Rückfälle erleiden und spezi-

fische Psychotherapieverfahren günstigere

Erkrankungsverläufe und Therapieergebnisse

erwarten lassen.

Ziel dieser großangelegten ambulanten

Psychotherapiestudie ANTOP ist es, die Wirk-

samkeit der beiden spezifischen Psychothe-

rapieverfahren, kognitive Verhaltenstherapie

(KVT) und fokale psychodynamische Psycho-

therapie (FPT) im Vergleich zur bisher üb-

lichen Standardbehandlung im Sinne eines

„Treatment as usual“ zu untersuchen. Als Be-

urteilungsgrundlage dient hierbei vorrangig

die Veränderung des Gewichts während des

Behandlungsverlaufs.

Für die Durchführung von KVT und FPT

wurden gemeinsam mit internationalen Ess-

störungsexperten spezifische Behandlungs-

manuale entwickelt. Die beiden spezifischen

Interventionen umfassen 40 ambulante

Einzelsitzungen über einen Zeitraum von 10

Monaten, die Patientinnen am Zentrum kos-

tenfrei wahrnehmen.

An der Studie teilnehmen können Anorexie-

Patientinnen ab 18 Jahren mit einem BMI im

Bereich zwischen 15 und 18,5 kg/m². Eine

Studienteilnahme ist nicht möglich bei aktu-

ellem Missbrauch psychotroper Substanzen,

regelmäßiger Einnahme von Neuroleptika,

schweren psychiatrischen Erkrankungen

und akuter Suizidalität. Als weitere Aus-

schlusskriterien gelten primär somatische

Erkrankungen als Ursache des Untergewichts,

schwerwiegende medizinische Komplika-

tionen und Schwangerschaft. Auch eine

bereits laufende Psychotherapie schließt

die Teilnahme an der ANTOP-Studie aus.

Insgesamt 237 Patienten sollen an der Studie

teilnehmen.

Interessenten, die an der Studie teilnehmen

möchten, wenden sich bitte an die Psycho-

somatik des Uniklinikums Tübingen, Tel.

07071/29-8 67 19, Fax 07071/29-43 88 oder

per E-Mail [email protected].

de.

Quelle: Universitätsklinikum Tübingen

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