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EMV EMV - (k)eine Herausforderung für Mittelspannungs-Schaltanlagen Die Anforderungen an elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) steigen. Komplexe Anlagen und sensible Prozesse in der Ener- gieversorgung oder industriellen Fertigung können bei Störungen für den Betreiber ein hohes Gefährdungspotential bergen. Die Anzahl elektronischer Geräte für Schutz, Steuerung, Übewachung und Kommunikation im Sekundärsystem einer Schaltanlage nimmt zu - auch das sich entwickelnde »smart grid« ist ein Grund dafür. Elektronische Geräte müssen zuver- lässig in einer Schaltanlage arbeiten kön- nen. Um die Voraussetzungen dazu zu schaffen, gewinnen EMV-Maßnahmen an Bedeutung. Die Verfasser beschreiben eini- ge Grundlagen und zeigen Ausführungsbei- spiele. ElektromagnetischesKlima In einem intakten elektromagne- tischen Klima vertragen sich alle Betriebsmittel untereinander (in- nere EMV) und mit der Umgebung (äußere EMV). Nach außen wirken elektromagnetische Felder auf an- dere Einrichtungen in der Umge- bung, und umgekehrt wirken von dort Felder zurück. Die gleiche Wechselwirkung mit der Umge- bung gilt auch für alle angeschlos- senen Kabel und Leitungen. Um ungewollte Wechselwirkungen zu begrenzen, muss Störaussendung begrenzt und eine bestimmte Stör- festigkeit erreicht werden. Mittel- spannungs-Schaltanlagen (MS-Schalt- anlagen) bieten gute Voraussetzun- gen dafür. Mit Sorgfalt und einigen grundsätzliche Maßnahmen läßt Dipl.-lng. Ansgar Müller, VDE, ist im Siemens-Sektor Energy Distribution in Erlangen verantwortlich für das Gebiet Normung und Technik Mittelspannung. Dipl.-lng.(FH) Oliver Nöldner ist im Siemens-Sektor Energy Distribution in Erlangen als Produkt-Manager verantwortlich für die Mittelspannungs-Schaltanlage NXPLUS C. Dipl.-lng.(FH) Andreas Werner ist im Siemens-Sektor Energy Distribution in Frankfurt (Main) verantwortlich für das Gebiet Produktivität in der Produktbetreuung Mittelspannungs-schalt- anlagen. sich die vom EMV-Gesetz geforder- te EMV-gerechte Konstruktion und Herstellung [I]realisieren. Hochspannungsteil Der Hochspannungsteil einer MS-Schaltanlage ist hinsichtlich EMV nahezu passiv; die Strombahn erzeugt selbst keine betriebsmäßi- gen Störungen, sie leitet aber aus dem Netz kommende elektroma- gnetische Störungen durch. Zwar könnten Teilentladung (TE) oder Korona Hochfrequenzstörungen verursachen, aber im Mittelspan- nungsbereich ist die Funkstörspan- nung (das einfacher zu messende Äquivalent für die Störstrahlung) vernachlässigbar klein und erfor- dert deshalb keinen Nachweis von Emissionsgrenzwerten (5 6.9.1.1, DIN EN 62271-1). Das von Hoch- spannungsleitern ausgehende sta- tionäre elektrische und magneti- sche Feld kann für Elektronik in der Anlage belastend sein. Nach außen jedoch wird das elektrische Feld durch die geerdete Kapselung ab- gefangen, und auch das äußere Ma- gnetfeld nimmt bei Drehstrom- anordnungen sehr schnell ab. Schaltvorgänge zählen nicht Störaussendung durch Schaltvor- gänge braucht nicht betrachtet zu werden, da sie nur selten und sto- chastisch auftritt. Die Dauer sol- cher sogenannten Knackstörungen liegt im Bereich von Millisekunden und wird wegen der geringen Häu- figkeit, Pegel und Folgen als Teil des üblichen elektromagnetischen Um- feldes von MS-Schaltanlagen ange- sehen. Deshalb ist in Bezug auf Schaltvorgänge kein EMV Nach- weis erforderlich. Begründet ist dies durch die Festlegungen in DIN EN 55014-1 (CISPR 14-1) [21, die Anforderungen an Geräte im - be- züglich Störungen empfindlicheren - Haushaltsbereich festlegt. Ab- schnitt 4.2.3.1 betrachtet explizit einzelne Schaltvorgänge und sagt, da13 dafür keine Funkstörgrenzwer- te einzuhalten sind. Sekundärsystem Das Sekundärsystem beherbergt Störquellen und empfindliche Geräte in enger Nachbarschaft. Dort können stationäre Störstrahler (Schaltnetzteile, Konverter, Prozes- soren) und Kurzzeitstörer (Schütze, Schaltrelais, Magnetspulen, Moto- ren) auf potentiell störempfind- liche Elektronikgeräte treffen. In der Vielfalt der spezifisch zuge- schnittenen Sekundärsysteme von Schaltanlagen lauern weitere Er- schwernisse, wie eine hohe Packungs- dichte der Geräte oder die Nähe zum Hochspannungsleiter. Auch die Tatsache, dass in Schaltanlagen häufig Elektronikgeräte zum Ein- satz kommen, die nicht unbedingt für eine Hochspannungsumgebung entwickelt wurden, macht die EMV nicht einfach. EMV-gerechte Konstruktion Der Aufbau einer Schaltanlage trägt wesentlich zur elektromagne- tischen Verträglichkeit bei. Tafel 1 nennt Maßnahmen, die zum einen die Ausbreitungvon Störungen ver- hindern - oder zumindest die Wir- kung von Störungen begrenzen, zum anderen die Voraussetzungen für angemessene Störfestigkeit schaffen. Metallgekapselte Schalt- anlagen bieten generell günstige Voraussetzungen für die Schaffung von elektromagnetischer Verträg- lichkeit: die Produktnormen [3, 41, verlangen aus Gründen des Perso- nenschutzes durchgängigen Poten- tialausgleich und wirksame Erdung - diese Anforderungen decken sich mit den Erfordernissen für die EMV; Gut leitend verbundene Metall- teile der Anlagenkapselung und der inneren Schottung schaffen ein ein- heitliches Bezugspotential für alle eingebauten elektronischen Be- triebsmittel und reduzieren damit die Auswirkungenvon eingekoppel- ten Störungen. Die Gesamtheit der miteinander verbundenen, passi- ven Metallteile - das sind alle leit- fähigen Teile, die nur im Fehlerfall eine Spannung annehmen könnten np Jg.50 (201 I), Heft 3

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EMV

EMV - (k)eine Herausforderung für Mittelspannungs-Schaltanlagen

Die Anforderungen an elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) steigen. Komplexe Anlagen und sensible Prozesse in der Ener- gieversorgung oder industriellen Fertigung können bei Störungen für den Betreiber ein hohes Gefährdungspotential bergen. Die Anzahl elektronischer Geräte für Schutz, Steuerung, Übewachung und Kommunikation im Sekundärsystem einer Schaltanlage nimmt zu - auch das sich entwickelnde »smart grid« ist ein Grund dafür. Elektronische Geräte müssen zuver- lässig in einer Schaltanlage arbeiten kön- nen. Um die Voraussetzungen dazu zu schaffen, gewinnen EMV-Maßnahmen an Bedeutung. Die Verfasser beschreiben eini- ge Grundlagen und zeigen Ausführungsbei- spiele.

Elektromagnetisches Klima

In einem intakten elektromagne- tischen Klima vertragen sich alle Betriebsmittel untereinander (in- nere EMV) und mit der Umgebung (äußere EMV). Nach außen wirken elektromagnetische Felder auf an- dere Einrichtungen in der Umge- bung, und umgekehrt wirken von dort Felder zurück. Die gleiche Wechselwirkung mit der Umge- bung gilt auch für alle angeschlos- senen Kabel und Leitungen. Um ungewollte Wechselwirkungen zu begrenzen, muss Störaussendung begrenzt und eine bestimmte Stör- festigkeit erreicht werden. Mittel- spannungs-Schaltanlagen (MS-Schalt- anlagen) bieten gute Voraussetzun- gen dafür. Mit Sorgfalt und einigen grundsätzliche Maßnahmen läßt

Dipl.-lng. Ansgar Müller, VDE, ist im Siemens-Sektor Energy Distribution in Erlangen verantwortlich für das Gebiet Normung und Technik Mittelspannung. Dipl.-lng.(FH) Oliver Nöldner ist im Siemens-Sektor Energy Distribution in Erlangen als Produkt-Manager verantwortlich für die Mittelspannungs-Schaltanlage NXPLUS C. Dipl.-lng.(FH) Andreas Werner ist im Siemens-Sektor Energy Distribution in Frankfurt (Main) verantwortlich für das Gebiet Produktivität in der Produktbetreuung Mittelspannungs-schalt- anlagen.

sich die vom EMV-Gesetz geforder- te EMV-gerechte Konstruktion und Herstellung [I] realisieren.

Hochspannungsteil

Der Hochspannungsteil einer MS-Schaltanlage ist hinsichtlich EMV nahezu passiv; die Strombahn erzeugt selbst keine betriebsmäßi- gen Störungen, sie leitet aber aus dem Netz kommende elektroma- gnetische Störungen durch. Zwar könnten Teilentladung (TE) oder Korona Hochfrequenzstörungen verursachen, aber im Mittelspan- nungsbereich ist die Funkstörspan- nung (das einfacher zu messende Äquivalent für die Störstrahlung) vernachlässigbar klein und erfor- dert deshalb keinen Nachweis von Emissionsgrenzwerten (5 6.9.1.1, DIN EN 62271-1). Das von Hoch- spannungsleitern ausgehende sta- tionäre elektrische und magneti- sche Feld kann für Elektronik in der Anlage belastend sein. Nach außen jedoch wird das elektrische Feld durch die geerdete Kapselung ab- gefangen, und auch das äußere Ma- gnetfeld nimmt bei Drehstrom- anordnungen sehr schnell ab.

Schaltvorgänge zählen nicht

Störaussendung durch Schaltvor- gänge braucht nicht betrachtet zu werden, da sie nur selten und sto- chastisch auftritt. Die Dauer sol- cher sogenannten Knackstörungen liegt im Bereich von Millisekunden und wird wegen der geringen Häu- figkeit, Pegel und Folgen als Teil des üblichen elektromagnetischen Um- feldes von MS-Schaltanlagen ange- sehen. Deshalb ist in Bezug auf Schaltvorgänge kein EMV Nach- weis erforderlich. Begründet ist dies durch die Festlegungen in DIN EN 55014-1 (CISPR 14-1) [21, die Anforderungen an Geräte im - be- züglich Störungen empfindlicheren - Haushaltsbereich festlegt. Ab- schnitt 4.2.3.1 betrachtet explizit einzelne Schaltvorgänge und sagt, da13 dafür keine Funkstörgrenzwer- te einzuhalten sind.

Sekundärsystem

Das Sekundärsystem beherbergt Störquellen und empfindliche Geräte in enger Nachbarschaft. Dort können stationäre Störstrahler (Schaltnetzteile, Konverter, Prozes- soren) und Kurzzeitstörer (Schütze, Schaltrelais, Magnetspulen, Moto- ren) auf potentiell störempfind- liche Elektronikgeräte treffen. In der Vielfalt der spezifisch zuge- schnittenen Sekundärsysteme von Schaltanlagen lauern weitere Er- schwernisse, wie eine hohe Packungs- dichte der Geräte oder die Nähe zum Hochspannungsleiter. Auch die Tatsache, dass in Schaltanlagen häufig Elektronikgeräte zum Ein- satz kommen, die nicht unbedingt für eine Hochspannungsumgebung entwickelt wurden, macht die EMV nicht einfach.

EMV-gerechte Konstruktion

Der Aufbau einer Schaltanlage trägt wesentlich zur elektromagne- tischen Verträglichkeit bei. Tafel 1 nennt Maßnahmen, die zum einen die Ausbreitung von Störungen ver- hindern - oder zumindest die Wir- kung von Störungen begrenzen, zum anderen die Voraussetzungen für angemessene Störfestigkeit schaffen. Metallgekapselte Schalt- anlagen bieten generell günstige Voraussetzungen für die Schaffung von elektromagnetischer Verträg- lichkeit: die Produktnormen [3, 41, verlangen aus Gründen des Perso- nenschutzes durchgängigen Poten- tialausgleich und wirksame Erdung - diese Anforderungen decken sich mit den Erfordernissen für die EMV;

Gut leitend verbundene Metall- teile der Anlagenkapselung und der inneren Schottung schaffen ein ein- heitliches Bezugspotential für alle eingebauten elektronischen Be- triebsmittel und reduzieren damit die Auswirkungen von eingekoppel- ten Störungen. Die Gesamtheit der miteinander verbundenen, passi- ven Metallteile - das sind alle leit- fähigen Teile, die nur im Fehlerfall eine Spannung annehmen könnten

np Jg.50 (201 I ) , Heft 3

EMV

-wird als Masse bezeichnet. Da die Masse auch im Fehlerfall keine ge- fährliche Berührungsspannung an- nehmen darf, muss sie über Schutz- leiter mit Erde verbunden sein; bei einer Schaltanlage ist das die Ver- bindung des Gerüsts bzw. der me- tallischen Kapselung mit dem Er- dungssystem der Station.

Leitungsverlegung

Abgesehen von kurzen Längen an den Anschlüssen von Messwand- lern, Auslösespulen, Hilfskontakten usw. ist der Hochspannungskreis immer von den Leitungen des Se- kundärsystems getrennt. Innerhalb

des Sekundärsystems lassen sich unerwünschte Kopplung zwischen parallel verlegten Signal- oder Da- tenleitungen und Stromversor- gungsleitungen durch geschickte Leitungsführung vermeiden (Tafel 2).

Elektronische Geräte

In der Regel entsprechen die meisten, im Sekundärsystem ein- gesetzten Geräte den EMV-Anfor- derungen ihrer einschlägigen Pro- duktnorm. Das reicht unter Um- ständen in einer Hochspannungs- umgebung nicht aus. Tafel 3 listet empfohlene Prüfanforderungen auf.

Elektronik, die an einen Hochspan- nungsleiter angekoppelt ist kann härter mit Störgrößen beaufschlagt werden und sollte deshalb mit höherer Prüfschärfe getestet sein. Eine Vorlage für die Auswahl von Anforderungen liefert die Norm für Schutzrelais [51. Je nach Anwen- dung und den zu erwartenden elektromagnetischen Phänomenen sind entsprechende Schärfegrade auszuwählen. Kriterien dafür sind beispielsweise die Art der vorhandenen Anschlüsse (»Ports«), z. B. Ein- und Ausgänge für analoge oder binäre Signale, Leistungs- oder Stromversor- gungsanschltisse;

- .... ... ".-..- m.... W..

Schaltfeldgerüst ' alle Metallteile (Gerüst, Module, Einschübe, Schottwände, Shutter usw.) großflächig un impedanzarm miteinander verbinden, dabei Verbindungsstellen von isolierenden Fett-, Lack- und Schutzschichten freihalten oder geeignete Verbindungselemente benutzen ' Kontakt- und Verbindungsstellen vor Korrosion schützen ' bewegbare Teile (Türen, Klappen) durch flexible Leitungen oder Massebänder in den Potentialausgleich einbeziehen ' alle Hochspannungsgeräte und die Schaltfelder selbst mit ausreichenden Erdverbindur gen ausrüsten

Hochspannungsteil Schaltgeräte nach Netzanforderungen und Schaltaufgaben auswählen I

lsolationskoordination sicherstellen, ggf. Überspannungsschutz einsetzen Energiekabelschirme an definierten Punkten mit gut leitender Verbindung zu Erde auflr

gen Niederspannungsteil ' Potentialausgleich innerhalb des NS-Kastens und zum Gerüst des Schaltfelds herstellet. (Sekundärsystem) ' Einteilung des NS-Kastens in Zonen, z.B. in reservierte Bereiche für Klemmen und Ein-

baugeräte ' Gruppierung von Einbaugeräten (störempfindliche und unempfindliche) ' induktive Verbraucher mit Schutzbeschaltungen (Freilaufdiode, Varistor) ausrüsten, z. B. bei Schütz, Relais, Motor, Magnet

Masse und Erdverbindungen der Einbaugeräte niederimpedant ausführen ' für von außen kommende, geschirmte Leitungen Schirmauflageschiene vorsehen

Schrankbeleuchtung bevorzugt mit Glühlampen oder LED ausführen

Verdrahtung 1 z. B. durch geerdete metallische Trennwände (Rohr, Metallschlauch) oder mittels Trenn- wänden aus lsoliermaterial (z. B. Rohre)

Meßwandler-Sekundärkreise vom Primärkreis durch geerdete metallische Schirmung trennen (Trennwand, Rohr, Metallschlauch)

Signal- und Datenleitung in Blechkanälen verlegen oder eng an Blechen entlang führe Leitungen gruppieren oder bündeln: Signal- IDatenleitungen von Stromversorgungslei-

tungen trennen geschirmte Leitungen: Schirme koaxial kontaktiert auflegen; Herstelleranweisung zur

ein- oder beidseitigen Schirmauflage beachten ' Vermeidung von räumlichen Schleifen, bevorzugt sternförmig verdrahten ' Überlängen von Leitungen begrenzen, definierte Behandlung von Reserve-Adern oder Reserveleitungen

Tafel I : Beispiele für EMV-Maßnahmen in Mittelspannungs-Schaltanlagen

np ~g .50 (201 I ) , Heft 3

EMV

Gruppe TYP nilw~liuuiig !

A Leitungen ' Cleichspannung Z 6U V'

P

'Wechselspannung I 25 V I

-

geschirmte Leitungen ,..aloge Signale (z. B. Sensoren) Datenübertragung (Busleitungen) i - - I

Koaxialleitungen Spannungsprüfsysteme P ' Monitor, Display I P

Leitungen B - ' (bis Gleichspannung max. 400 V) > 60 V

I ' Wechselspannung > 25 V

Tafel 2: Leitungen im Sekundärsystem einer Schaltanlage

*Art und Länge der anzuschließen- den Kabel; Einbausituation, z. B. zusätzliche Kapselung, Ab- schirmung; vorgesehene elektrische und räumliche Umgebung. Für Geräte und Komponenten

ohne Kopplung zum Hochspan- nungskreis genügen die Störfestig- keitsanforderungen des sogenann- ten Industriestandards, ergänzt um die schaltanlagentypischen Stör- phänomene.

EMV-gerecht hergestellte NXPLUS C

An einer gasisolierten Schaltan- lage NXPLUS C soll gezeigt werden, wie der im EMV-Gesetz geforderte Nachweis für eine Konstruktion und Herstellung nach grundlegen- den EMV-Schutzanforderungen aussehen kann. Beim Gerüst der Schaltanlage ist durch konstruktive Maßnahmen sichergestellt, dass al- le Bauteile dauerhaft niederimpe- dant (gut leitfähig, induktivitäts- arm) verbunden bleiben. Pulverbe-

schichtete Bleche werden durch spezielle Schraubverbindungen mit dem Gerüst verbunden. Die Ober- flächenbeschichtung (Verzinkung, Pulverlackierung) schützt die Ble- che so, dass die Verbindungsstellen auch über die gesamte Lebensdau- er erhalten bleiben. Dieses Lang- zeitverhalten wurde im Rahmen ei- nes Klimatests nachgewiesen.

Die NS-Kastentür, als bewegba- res Teil, wird über flexible Leitung oder Masseband in den Potential- ausgleich einbezogen (Bild 1). Die gesamte Schaltanlage wird von ei- ner Erdsammelleitung, mit mehr- fach flächiger Verbindung zum Schaltfeldgerüst durchzogen. Die Anschlusspunkte der Schaltanlage für die Stationserdung sind defi- niert und gekennzeichnet.

Im Primärteil sind gekennzeich- nete Anschlusspunkte für die Ka- belschirme sowie deren definierte Verbindung zur Erdsammelleitung gefordert. Bei der Schaltanlage NXPLUS C können Kabelschirme entweder am Kabeltrageisen aufge- legt oder direkt auf die Erdsammel- leitung verschraubt werden. Soilen die Schirme nicht unmittelbar auf Erde gelegt werden (z. B. bei Kabel- umbauwandler zur empfindlichen

Bild 1: Beispiel für EMV-gerechten Potentialausgleich und Erdung

np ~ g . 5 0 (201 I ) , Heft 3

EMV

EMV Elektronische Geräte und Komponenten des Sekundärsystems

mit Kopplung* zum Hochspannungsleiter ohne Kopplung zum Hochspannungsleitc Störaussendung TEXJEN 60255-26 IEC/EN 61 000-6-4

Tabellen 1 und 2 Tabellen 1 bis 3

IEC-CISPR 11 Gruppe 1, Klasse A - -P

P

Störfestinkeit IECIEN 60255-26 IEC/EN 61 000-6-2 - ~abellen 3 bis 7 ~abellen 1 bis 4

IEC/EN 61000-4-12 i 00 kHz, Tabelle 1, Pegel 3

IEC/EN 61000-4-1 8 100 kHz und 1 MHz,

- I ._ Tafel 33s Empfohlene EMV-Anfor#@rungen für elektronische Geräte im Sekunddrsystem

Erdschiußerfassung), steht als Qp- tion eine isolierte Kupferschieae unmittelbar am Kabeltrageisen zur Verfhgmg.

Irn Sekundäfteil ist auf eine gute Trennung der Verdrahtung der Hilfs- und Steuerstromkreise vom Hauptstromlwreis zu achten. Diese

Trennung ist durch den Anlagen- behiiiter (Edelstahl) bm. durch die abgesteuerte Silikonisolierung [Sam- melschiene, Kabel-T-Stecker) au- verläasig gegeben. Zusätzliche wer- den die Sekundärleitungen der Messwandler durch einen metalli- schen Kanal geführt. Auch van

außen kommende Leitungen müs- sen von der Hauptstrombahn ge- trennt verlegt werden. Die NXPLUS C bietet hierfür einen metallischen Kanal.

Der Niederspannungskasten ent- hält reservierte Bereiche für Klem- men (Bild 2). Dort befindet sich

1 r F- . . ~ + & ~ ~ ~ l l -- - V..,." , 1 A

Reservierte Bereiche für Reservierte Bereiche für Ein- Einbau der Klemmen nach bau der Sekundärgeräte (auf Vorgabe Geräteträger und NS-Tür)

Bild 2: Strukturierter Aufbau des Niederspannungsteils

np Jg.50 (201 I), Heft 3

auch ein zentraler Erdungspunkt, auf den aile PE-Klemmen und son- stigen Erdverbindungen aufgelegt sind. Die Erdung der Messwandler- Sekundärkreise findet auf einem separaten Klemmblock statt. Der zentrale Erdungspunkt ist durch flächige Verschraubungen über die Gerüststruktur mit der Erdsammel- leitung des Schaltfeldes verbunden.

Weiterhin sind im NS-Kasten Be- reiche für den Einbau der Sekun- därgeräte (z. B. Schutzgerät, Zähler) auf dem Geräteträger und der NS- Tür reserviert. Standardmäßig vor- gesehene Reserveleitungen im Ka- belbaum zur NS-Tür werden mit ei- nem qualifizierten Leitungsab- schluss (d. h. Flachstecker und Iso- lierhülse) versehen. Bei eventuell vorhandenen Uberlängen der Lei- tungen findet eine mäanderförmi- ge Fixierung auf geerdetem Blech statt. Motorantriebe und Verriege- lungsmagnete werden ab einer Spannung von 60 V DC grundsätz- lich mit Varistoren als Schutzbe- schaltung ausgestattet.

Im Rahmen der Projektierung ei- ner Schaltanlage wird dem Projek- tierenden gezeigt, welche Nieder- spannungsgeräte mit einem CE- Kennzeichen erhältlich sind. So kann schon während der Projektie- rung darauf geachtet werden, nur Geräte mit CE-Kennzeichen einzu- setzen, die auch die grundlegenden EMVAnforderungen erfüllen.

Ausblick

Zur Schaffung eines guten elek- tromagnetischen Klimas in MS- Schaltanlagen werden einige Maß- nahmen gezeigt, die die Anlagen- konstruktion, die Auswahi elektro- nischer Geräte und deren Einbau betreffen. In der metallgekapselten Anlagenbauweise sind durchgängi- ger Potentialausgleich und Erdung sowie wirksame Trennung von Hochspannung und Sekundärsys- tem relativ einfach zu realisieren. Elektronische Geräte sollten Min- destanforderungen an Störaussen- dung und Störfestigkeit erfüllen, und ihr Einbau und die Verdrah- tung folgt Regeln, die auch sonst im Elektroanlagenbau gelten. Die in einer Schaltanlage angewendeten Maßnahmen sollten dokumentiert sein, um die EMV-gerechte Kon- struktion und Herstellung am Ende

auch nachweisen zu können. So ist EMV in Mittelspannungsschaltan- lagen keine große Herausforde- rung, sondern eine Frage der Kon- struktion im Detail und der Qua- lität der Herstellung.

Schrifttum

[l] Müller, A.: Anforderungen der EMV-Richtlinie an Hochspan- nungs-Schaltanlagen; ew - Elek- trizitätswirtschaft, Heft 912008, VWEWVerlag, Frankfurt (Main)

[2] DIN EN 55014-1: 2010-02 (VDE 0875-14-1) Elektromagnetische Verträglichkeit - Anforderungen an Haushaltgeräte, Elektrowerk- zeuge und ähnliche Elektrogerä- te - Teil 1: Störaussendung, VDE Verlag, Berlin

[3] DIN EN 62271-1: 2009-08 (VDE 0671-1) Hochspannungs-Schalt- geräte und -Schaltanlagen - Teil 1 : Gemeinsame Bestimmungen; VDEVerlag, Berlin

[4] DIN EN 62271-200: 2004-10 (VDE 0671-200) Hochspan- nungs-Schaltgeräte und -Schalt- anlagen - Teil 200: Metallgekap- selte Wechselstrom-Schaltan- lagen für Bemessungsspannun- gen über 1 kV bis einschließlich 52 kV, VDEVerlag, Berlin

[5] DIN EN 60255-26: 2010-04 (VDE 0435-320) Messrelais und Schutzeinrichtungen - Teil 26: Anforderungen an die elektro- magnetische Verträglichkeit, VDEVerlag GmbH, Berlin

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