energiewende und bürger-...
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EnErgiEwEndE und bürgEr-bEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur- projEktEn Am bEispiEl dEr
„thüringEr strombrückE“Kerstin Schnelle, Matthias Voigt
StudieerstelltimAuftragvon:
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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inhAlt1 Einleitung...............................................................................................................................32 Methodenteil..........................................................................................................................53 GenesederProzesse.................................................................................................................9
3.1 VerfahrenzurEU-Entscheidung1364............................................................................................10
3.2 GesetzgebungsverfahrenzumEnLAGaufBundesebene....................................................................10
3.3 RaumordnungsverfahrenaufLandesebene....................................................................................11
3.4 PlanfeststellungsverfahrenaufLandesebene.................................................................................12
3.5 dena-NetzstudieIundII............................................................................................................12
3.6 AktivitätenderBürgerinitiativenundderKommunen......................................................................14
3.7 AktivitätenimThüringerLandtag.................................................................................................15
3.8 WesentlicheAkteure..................................................................................................................15
3.9 ChronologischerAblauf..............................................................................................................16
4 DeliberativeBeteiligungsverfahren–effizienterWegzurBeteiligung?...........................................215 DeliberativeQualitätdes380-kV-Netzausbauvorhabens...............................................................24
5.1 DeliberativeQualitätderProzesse................................................................................................24
5.1.1 AktivierungzurBeteiligung........................................................................................................24
5.1.2 MeinungsbildungdurchInformationenunddiskursivenAustauschvonArgumenten.............................26
5.1.3 EinflussnahmeaufdieEntscheidungenindenProzessen..................................................................30
5.2 EinflüsseaufdieAkzeptanz........................................................................................................31
5.3 ZusammenfassungderStärkenundSchwächenderProzesse.............................................................33
6 AlternativeVorgehensweisen/Handlungsempfehlungen...............................................................389 Quellenverzeichnis...................................................................................................................49
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EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
StudieerstelltimAuftragvonGermanwatche.V.,DAKTe.V.,Heinrich-Böll-StiftungThüringen
AutorEn
KerstinSchnelle,MatthiasVoigt
1 EinlEitung
DervomMenschenbeförderteKlimawandelgehörtaktuell
zudengrößtenpolitischenHerausforderungenaufnati-
onalerundinternationalerEbene.Dasbestehendefossile
EnergiesystemgiltalseineHauptursachefürdiesebedroh-
licheEntwicklungundistdamitunvereinbarmitdemBe-
streben,dieinternationalenundnationalenKlimaschutz-
ZielezuerreichenunddieErderwärmungzustoppen.
EineEnergiewendehinzueinerzu100Prozenterneuerba-
renEnergieversorgungisteinerderSchlüsselzumErrei-
chendieserZiele.DieFragelautetheutenichtmehr,ob
dieEnergiewendeeingeleitetwerdensoll,sondernwieund
mitwelcherGeschwindigkeitsieumgesetztwerdenkann.
DiezunehmendeSubstitutionkonventionellfossil-thermisch
erzeugtenStromsdurchStromausErneuerbarenEnergien
(EE)erforderteinenverstärktenStromtransportüberweite
Strecken.Diesliegtandenklimatischenundgeografischen
GegebenheiteninDeutschlandundanderFörderpraxisfür
EE–derStromwirdzugroßenTeilennichtdorterzeugt,wo
erverbrauchtwird.VerstärktwirddieseSituationdurchdieim
VergleichzurkonventionellenEnergieerzeugungvielgrößere
DezentralitätderStromerzeugungausErneuerbarenEnergien.
DiegroßeSchwankungdererzeugtenMengenerneuer-
barenStromsisteindrittesFaktum,daseinenverstärk-
tenStromtransportnotwendigmacht.Unterschiedliche
SchwankungenderjeweilserzeugtenStrommengever-
schiedenerRegionensindauszugleichenoderüberschüs-
sigerStromistzuSpeichernzutransportierenundaus
dieseninZeitenderMindererzeugungwiederzurückzum
Verbrauchsort.LautderBundesnetzagenturistdieses
vermehrteTransportaufkommendurchdasaktuellver-
fügbareStromnetznichtzubewältigen,esbedürfeeines
massivenUm-undAusbaus,wasaucheineVielzahlneuer
TrasseninFormvonFreileitungen,Erd-oderSeeverkabe-
lungbedeutenkann.
AktuelleErfahrungenvonNetzbetreibernzeigen,dassdie
öffentlicheAkzeptanzfürNetzneubau-Vorhabeninden
betroffenenRegioneneinerelevanteGrößeist,dieden
AufwanddesProjektes,diePlanungs-undInvestitionssi-
cherheitunddieGeschwindigkeitdesProjektfortschritts
sehrstarkbeeinflusst.
Eskannnichtgrundsätzlichdavonausgegangenwerden,
dassderNetzneubaudereinzigeWegist.Teilweisegibt
estechnischmachbareundmitBlickaufdieZielsetzung
bessereAlternativen.UnteranderemdurchdenProtest
vonBürgerInnenrückendieseAlternativenindasBlick-
feldvonNetzbetreibernundBehördenundihreRealisier-
barkeitwirdzumTeilerstdeshalbernsthaftgeprüft.
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Andererseitsgibtesu.a.durchdenderzeitbetriebenen
AusbaudererneuerbarenStromerzeugunganStandorten
fernabderVerbrauchszentren,durchErfordernisseder
NetzstabilitätunddurchdieUmsetzungeineseuropäi-
schenBinnenmarktesSachzwänge,dieeinenNetzneubau
unumgänglichmachen.DochauchgegendieseVorhaben
gibtesWiderstandinderBevölkerung.
DieserProtestkanneinerseitszurUmsetzungvonbesser
akzeptiertenAlternativenzumFreileitungsneubaufüh-
ren.AndererseitswerdenVorhabenverzögert,zudenen
esunterdenaktuellgeltendenRahmenbedingungenund
politischensowiewirtschaftlichenZielsetzungenkeine
Alternativegibt.InbeidenFällenvergehtsehrvielZeit,da
sichdasEngagementderBürgerInnennichtnahtlosindie
formellenPlanungs-undGenehmigungsverfahreneinfügt.
DiesenWiderspruchaufzulösenistAufgabevonPolitik,
GesellschaftundWirtschaft.Ansatzpunktefindensich
inderArtundWeisederBeteiligungs-undEntschei-
dungsprozesseundinKompensationsmodellen,dieeinen
regionalenAusgleichfürdurchdenNetzausbauerfahrene
Nachteileliefernkönnen.
VordiesemHintergrundsolldievorliegendeStudie:
•dieBeteiligungs-undEntscheidungsprozessezur„Thü-
ringerStrombrücke“beschreibenundhinsichtlichihrer
EignungfürdenAkzeptanzaufbauanalysieren,
•alternativeBeteiligungs-undEntscheidungsprozesse,
diemitgrößererWahrscheinlichkeitzuAkzeptanzbei
denBetroffenenführen,identifizierenundbeschreiben,
•SchlussfolgerungenfürnotwendigeElementeinno-
vativerakzeptanzbildenderBeteiligungs-undEnt-
scheidungsprozesseziehenunddaraufaufbauend
HandlungsempfehlungenfürdiePolitikgeben–mit
demZiel,dieöffentlicheAkzeptanzfürInfrastruktur-
Projektezuerhöhen.
NeuegesetzlicheRegelungen:
WährendderBearbeitungdieserStudiesindaufbun-
despolitischerEbeneeineReihevongesetzlichenÄnde-
rungenbeschlossenworden,diedieBeteiligungs-und
EntscheidungsprozessebeiInfrastrukturmaßnahmen
imEnergiebereichbetreffen.DieLösungsansätzeund
Handlungsempfehlungen,diedieseStudiegibt,sind
ausschließlichausderAnalysedertatsächlichenBe-
teiligungs-undEntscheidungsprozessezur„Thüringer
Strombrücke“abgeleitet.
EinigeEmpfehlungenwurdenbereitsvonderaktuellen
Gesetzgebungnachvollzogen.Trotzdemistesange-
bracht,dieAuswirkungenderneuenRegelungeninder
PraxisvordemHintergrundderamBeispielder„Thü-
ringerStrombrücke“identifiziertenProblemstellungen
kritischzuüberprüfen.
ZudenneuenrelevantengesetzlichenRegelungengehören:
•ImEnergiewirtschaftsgesetz(EnWG):
- DieEntwicklungeinesgemeinsamennationalen
NetzentwicklungsplanesdurchdieÜbertragungsnetz-
betreiber,welcherderRegulierungsbehördejährlich
vorzulegenist(EnWG§12b)
- DerNetzentwicklungsplanbasiertaufeinemgemein-
samenSzenario-RahmenmitangemessenenAnnah-
menüberErzeugung,VersorgungundVerbrauchvon
Strom,derjährlichdurchdieÜbertragungsnetzbe-
treiberzuerarbeitenist(EnWG§12a)
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- DieRegulierungsbehördeprüftdenNetzentwick-
lungsplan,veranlasstdieUmweltverträglichkeits-
prüfungundbeteiligtu.a.dieÖffentlichkeit.Sie
bestätigtdiegegebenenfallsgeänderteVersiondes
Netzentwicklungsplans(EnWG§12c)
- DerNetzentwicklungsplanbildetdieGrundlagedes
Bundesbedarfsplanes,dervomGesetzgeberzuver-
abschiedenist,wodurchdieenergiewirtschaftliche
NotwendigkeitfestgestelltwirdunddieVorhabenals
prioritäreingestuftwerden(EnWG§12e).
•ImNetzausbaubeschleunigungsgesetzÜbertragungsnetz
(NABEG):
- FürimBundesbedarfsplanfestgelegteländer-oder
grenzüberschreitendeHöchstspannungsleitungen
werdendurchdieBundesnetzagenturimRahmen
derBundesfachplanungTrassenkorridorefestgelegt
(NABEG§4)
- PrüfungderRaumverträglichkeitdieserTrassenkorri-
dorenachRaumordnungsrechtdurchdieBundesnetz-
agenturundPrüfungetwaigerTrassenalternativen;
DurchführungderBundesfachplanungauchohne
AntragdesVorhabensträgers(NABEG§5)
- ÖffentlicheAntragskonferenzimRahmenderBun-
desfachplanung;UnterrichtungderÖffentlichkeit
durchdieBundesnetzagenturimInternetundinden
örtlichenTageszeitungen,dieimvoraussichtlichen
Trassengebietverbreitetsind;voraussichtlichbetrof-
fenenLänderkönnenVorschlägefürTrassenmachen
(NABEG§7)
- BeteiligungderÖffentlichkeit(Einwendungenund
Erörterungstermine)(NABEG§9,10)
- EntscheidungenderBundesfachplanungsindfürdie
Planfeststellungsverfahrenverbindlich(NABEG§15).
2 mEthodEntEil
AusgangspunktfürdieUntersuchungdes380-kV-Netz-
ausbauvorhabensinThüringenistdieThese,dassPla-
nungs-undGenehmigungsverfahreninVerbindungmit
BeteiligungsprozessenvonhoherdeliberativerQualität
zubesserakzeptiertenEntscheidungenführen.
ZieldervorliegendenUntersuchungistdaherdieBe-
wertungderbisherigenkonkretenProzesserundum
das380-kV-NetzausbauvorhabeninThüringenunddie
AbleitungvonHandlungsempfehlungenfüreineoptima-
lereGestaltungderjeweiligenProzesse.Dazugehören
dierelevanteGesetzgebung,diePlanungs-undGenehmi-
gungsverfahrensowiedieBeteiligungderunterschied-
lichenInteressengruppen.AlsErgebnisderBewertung
sollenStärkenundSchwächendieserProzessemitBlick
aufdiedeliberativeQualitätundaufdieAkzeptanzfür
das380-kV-Netzausbauvorhabenbeschriebenwerden.
DiegenanntenZielewurdenzusammenmitdenAuftraggeberndurchfolgendeuntersuchungsleitendeFragestellungenkonkretisiert:
1.WieistderaktuelleStanddes380-kV-Netzausbauvor-
habens?WelcheEntwicklungengabesseitderersten
Planungsidee(GeneseundStatusQuo)?
2.Weristaufpolitischer,unternehmerischerundzivil-
gesellschaftlicherEbeneandenProzessenumdas
Vorhabenbeteiligtbzw.beteiligtgewesen(Akteure)?
3.WelchedeliberativeQualitätbesaßendieProzessezur
Planung,GenehmigungundBeteiligungimRahmen
des380-kV-Netzausbauvorhabens?
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4.WiewurdedieAkzeptanzfürdas380-kV-Netzausbau-
vorhabendurchdieProzessederPlanung,Genehmi-
gungundBeteiligungbeeinflusst(Akzeptanz)?
5.WelcheStärkenundSchwächenmitBlickaufdie
AkzeptanzweisendieProzessezurPlanung,Genehmi-
gungundBeteiligungumdasVorhabenauf(Stärken
undSchwächen)?
6.WiekönneninformelledeliberativeBeteiligungspro-
zesseunddemokratischlegitimierteformelleVerfah-
renzurMeinungsbildungundEntscheidungverbunden
werden(formellvs.informell)?
7.WelcheAnregungenfüralternativeAkzeptanzbildungs-
prozesselassensichderwissenschaftlichenForschung
zurdeliberativenBeteiligungunddenpraktischen
Beteiligungsprozessen(bestpractice)entnehmen?Wie
laufendieBeteiligungsprozesseimRahmenvonNetz-
ausbauprojektenbeispielsweiseindenNiederlandenab?
DieStudiewurdealsexplorativeUntersuchungangelegt,
dazudengenanntenFragenbisherwenigeErkenntnisse
vorliegenundeinersterÜberblickgegebenwerdensoll-
te,ausdemherausthesenhafteHandlungsempfehlungen
füreineoptimierteGestaltungderProzessezurPlanung,
GenehmigungundBeteiligungfürNetzausbauvorhaben
abgeleitetwerdenkönnen.
DiezurBeantwortungderFragestellungenerforderliche
DatenerhebungstütztsichzumeinenaufdieAnalyse
verschiedenerTextdokumenteundzumanderenauf
leitfadengestützteInterviewsmitAkteureninnerhalbder
untersuchtenProzesse.
ImEinzelnenwurdenfolgendeMethodenbeiderErarbeitungdernotwendigenErgebnisseangewandt.
Ergebnis Methode
•KlärungdesBegriffesder„deliberativenQualität“
•IdentifikationdeliberativerElementeinnerhalbvon
Beteiligungsprozessen
•AnalysewissenschaftlicherPublikationenausderFor-
schungzumdeliberativenAnsatzundzurBeteiligung
•BeschreibungderGeneseunddesStatusQuodes
380-kV-Netzausbauvorhabens
•AnalysevonPrint-undOnlinemedien
•AnalysederDokumentationdesThüringerLandtags
•leitfadengestützteInterviewsmitVertreterInnenvon
ThüringerBürgerinitiativen,desNetzbetreibers,der
ThüringerLandespolitik,derverfahrensführenden
Behörde,derKommunen
•IdentifikationwichtigerAkteure •AnalysevonPrint-undOnlinemedien
•GesprächemitimEnergiebereichengagiertenPersonen
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Ergebnis Methode
•BeschreibungalternativerpraktischerBeteiligungspro-
zesse(bestpractice)
•InternetrecherchezumkonkretenVorgehenderTen-
neTTSOGmbH–deutschesTochterunternehmendes
niederländischenNetzbetreibersTenneTB.V.
•InterviewmitVertreterInnenderTenneTTSOGmbH
•InterviewmiteinerVertreterinderERMGmbH–Kom-
munikationsagenturderTenneTTSOGmbH
•InterviewmiteinemVertreterderFirmaentera–Her-
stellerderdurchdieTenneTTSOGmbHeingesetzten
Online-Plattform„Beteiligung.Online“
•AnalysevonTextdokumentenzumniederländischen
energytransitionapproach
•LeitfadengestütztesInterviewmiteinerVertreterin
desniederländischenWirtschaftsministeriums
•InterviewmiteinemVertreterderniederländischen
NichtregierungsorganisationenNatuurenMilieu
•BeschreibungderStärkenundSchwächenderProzesse
imRahmendes380-kV-NetzausbauvorhabensmitBlick
aufAkzeptanzunddeliberativeQualitätderBeteiligung
•AnalysederDokumentationdesThüringerLandtags
inkl.desProtokollszurAnhörungimAusschussvom
18.05.2010
•leitfadengestützteInterviewsmiteinerTeilnehmerin
einesErörterungstermins,mitVertreterInnenThü-
ringerBürgerinitiativen,desNetzbetreibers50Hertz,
derThüringerLandespolitik,derverfahrensführenden
BehördeundderKommunen
ÜbersichtderInterviewpartner:
Organisation Name Funktion
BürgerinitiativeSchalkau Dr.MargitHeinz VorsitzendederBürgerinitiativeSchalkau
Interessengemeinschaft„Achtung
Hochspannung“
PeerSchulze SprecherderInteressengemeinschaft
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Organisation Name Funktion
Bürgerin ChristineWill TeilnehmerineinesErörterungsterminsim
RahmendesPlanfeststellungsverfahrens
BundfürUmweltundNaturschutz
Deutschlande.V.(BUND)Landesver-
bandThüringen
Dr.BurkhardVogel Landesgeschäftsführer
ThüringerLandtag,FraktionBÜND-
NIS90/DIEGRÜNEN
DirkAdams SprecherfürWirtschaft,Tourismusund
EnergiesowieInneresundKommunales
ThüringerLandtag,SPD-Fraktion FrankWeber SprecherfürUmweltundEnergie
ThüringerLandtag,FDP-Fraktion HeinzUntermann Stellv.VorsitzenderdesAusschussesfür
Bau,VerkehrundLandesentwicklung
ThüringerLandtag,CDU-Fraktion HenryWorm SprecherfürGleichstellungundEner-
giepolitik
ThüringerLandtag,FraktionDIE
LINKE;StadtGroßbreitenbach
PetraEnders SprecherinfürDemografie,Landes-und
Regionalentwicklung;Bürgermeisterin
ThüringerMinisteriumfürWirtschaft,
ArbeitundTechnologie
Dr.MartinGude AbteilungsleiterEnergiepolitik,Tech-
nologie-undForschungsförderung
50HertzTransmissionGmbH(ehem.
VattenfallEuropeTransmission)
WolfgangNeldner TechnischerGeschäftsführer(bis
31.03.2011)
ThüringerLandesverwaltungsamt DieterGerhardt LeiterdesReferatesRaumordnungsfra-
gen,Infrastruktur,Wirtschaft,Umwelt
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Organisation Name Funktion
ThüringerLandesverwaltungsamt JohannesDonges Stellv.LeiterdesReferatesPlanfest-
stellungsverfahrenfürVerkehrsbau-
maßnahmen
TenneTTSOGmbH JoëlleBouillon Pressesprecherin
TenneTTSOGmbH MartinGroll ReferentPublicAffairs
TenneTTSOGmbH ChristianHübner ReferentPublicAffairs
ERMGmbH Dr.KerstinWinkler-Hartenstein Projektmanagerin
Entera TilmannSchulze-Wolf Gesellschafter
MinistryofEconomicAffairsNetherlands HannekeBrouwer ProgrammeManager
NatuurenMilieu TonSledsens ReferentKlima-undEnergiepolitik
FürdievorliegendeStudiewerdenProzessealsformelldefiniert,wennihrAblaufklardurchGesetzeoderVerordnun-
gengeregeltist.AlleanderenProzesse,alsojene,dieaußerhalbdergesetzlichenbzw.regulativenVorgabeninitiiert
wurden,werdenalsinformellbezeichnet.
3 gEnEsE dEr prozEssE
Das380-kV-Netzausbauvorhaben„ThüringerStrombrücke“
istTeilderHalle-Schweinfurt-Südwest-Kuppelleitung,die
wiederuminderEU-Entscheidung13641alsProjektvon
europäischemInteressedefiniertunddurchdasEnergielei-
tungsausbaugesetz(EnLAG)2aufbundesdeutscherEbene
zurInfrastrukturmaßnahmevonhoherPrioritäterklärt
wurde.AufdemGebietThüringenswirddas380-kV-Netz-
ausbauvorhabenindreiBauabschnitteunterteilt:
1.BauabschnittvonLauchstädt(Sachsen-Anhalt)nach
Vieselbach,
1EntscheidungNr.1364/2006/EGdesEuropäischenParlamentsunddesRatesvom6.September2006zurFestlegungvonLeitlinienfürdietranseuropäischenEnergienetzeundzurAufhebungderEntscheidung96/391/EGundderEntscheidungNr.1229/2003/EG.http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:262:0001:0023:DE:PDF(Zugriff:15.07.11)2http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Service/gesetze,did=300658.html(Zugriff:11.07.11)
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2.BauabschnittvonVieselbachnachAltenfeldund
3.BauabschnittvonAltenfeldnachRedwitz(Bayern).
ZurErlangungdererforderlichenBaugenehmigungen
mussfürjedenderdreiBauabschnittejeweilseinRaum-
ordnungsverfahren(ROV)undeinPlanfeststellungsver-
fahren(PFV)durchgeführtwerden.
DieformellenVerfahrenderGesetzgebungaufEU-und
BundesebenesowiedieformellenPlanungs-undGeneh-
migungsverfahrenaufEbenedesBundeslandeswurden
insbesondereabdemzweitenBauabschnittvoneiner
VielzahlinformellerAktivitätenbegleitet.DasKapitel
beschreibtdieformellenVerfahrenundinformellenPro-
zesse(Kapitel3.1bis3.7)undgibteinenÜberblicküber
diewichtigstenAkteure(Kapitel3.8)unddenchronolo-
gischenAblauf(Kapitel3.9).
3.1 vErfAhrEn zur Eu-EntschEidung 1364
DasStandardverfahren,mitdemdieEUihreEntschei-
dungentrifft,istdasMitentscheidungsverfahren.Dabei
müssendasdirektgewählteEuropäischeParlamentund
derRat,dersichausdenStaats-undRegierungschefs
der27EU-Länderzusammensetzt,dieRechtsvorschrif-
tenderEUgemeinsamverabschieden.DieKommission
hatdieAufgabe,dieRechtsvorschriftenauszuarbeiten
undumzusetzen.DieEU-Rechtsvorschriftenwerdenin
PrimärrechtundSekundärrechtunterteilt.DieVerträge
(Primärrecht)bildendieGrundlagebzw.denRahmenfür
diegesamteTätigkeitderEU.DasSekundärrecht,zudem
Verordnungen,RichtlinienundEntscheidungengehö-
ren,leitetsichvondenindenVerträgenniedergelegten
GrundsätzenundZielsetzungenab.3
EineEU-EntscheidungistfürdenAdressatenkreis,den
siebetrifft(z.B.einEU-LandodereineinzelnesUnter-
nehmen),verbindlichundunmittelbaranwendbar.4Damit
istauchdieEU-EntscheidungNr.13645fürDeutschland
verbindlich.Siewurdeam06.09.2006verabschiedetund
enthältLeitlinienfürdietranseuropäischenEnergienet-
ze.IndiesenLeitlinienistderAusbauderVerbindungs-
leitungvonHallenachSchweinfurtaufgeführt,wodurch
dasProjektalsVorhabenvoneuropäischemInteresse
definiertist.Deutschlandistdamitverpflichtet,dieses
380-kV-Netzausbauvorhabenzügigzurealisieren.
3.2 gEsEtzgEbungsvErfAhrEn zum EnlAg Auf bun-
dEsEbEnE
DieGesetzgebungistinderBundesrepublikDeutschland
AufgabederParlamente–derDeutscheBundestagist
somitdaswichtigsteOrganderLegislative.DadieLänder
imföderalenStaatssystemeinenwesentlichenAnteilan
derStaatsgewalthaben,istderBundesratauchamGe-
setzgebungsverfahrenbeteiligt.ErbekommtalleGesetze
zurAbstimmungvorgelegtundkanninbestimmtenFäl-
len–abhängigvonderArtdesGesetzes–einenEntwurf
auchscheiternlassen.6
Am07.05.2009hatderDeutscheBundestagdasvonder
BundesregierungeingebrachteGesetzzumAusbauder
Energieleitungen(EnLAG)mitdenStimmenvonCDU/
CSU,FDPundSPDgegendieStimmenderFraktionen
BÜNDNIS90/DIEGRÜNENundDIELINKEbeschlossen.
VerkündetwurdedasGesetzam21.08.2009.7
DasEnLAGlegtineinemBedarfsplandiejenigenHöchst-
spannungsnetz-Ausbauvorhaben(380kVundmehr)fest,
diederAnpassung,EntwicklungunddemAusbauder
ÜbertragungsnetzezurEinbindungvonElektrizitätaus
erneuerbarenEnergiequellen,zurInteroperabilitätder
ElektrizitätsnetzeinnerhalbderEuropäischenUnion,zum
AnschlussneuerKraftwerkeoderzurVermeidungstruk-
turellerEngpässeimÜbertragungsnetzdienen.Fürdiese
3http://europa.eu/about-eu/basic-information/decision-making/index_de.htm(Stand:03.07.11)4http://europa.eu/about-eu/basic-information/decision-making/legal-acts/index_de.htm(Stand:03.07.11)5EntscheidungNr.1364/2006/EGdesEuropäischenParlamentsunddesRatesvom6.September2006zurFestlegungvonLeitlinienfürdietranseuropäischenEnergienetzeundzurAufhebungderEntscheidung96/391/EGundderEntscheidungNr.1229/2003/EG6http://www.bundestag.de/bundestag/aufgaben/gesetzgebung/index.html(Stand:03.07.11)7ZudenNeuregelungenimNABEGundEnWGsieheAnmerkungeninderEinleitung
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VorhabenbestehteinvordringlicherBedarf.8DerBedarfs-
planenthältnurVorhaben,dieausderdena-NetzstudieI
alsnotwendighervorgegangenoderaufgrundderEU-
Entscheidung1364umzusetzensind.9Die380-kV-Leitung
durchThüringenistBestandteildesBedarfsplanes.
DesWeiterenstelltdasEnLAGfürdieVorhabenimBe-
darfsplandieenergiewirtschaftlicheNotwendigkeitfür
diePlanfeststellungsverfahrenunddiePlangenehmigung
verbindlichfest.10EineVerweigerungderPlangeneh-
migungaufgrundfehlenderNotwendigkeitdes380-kV-
Netzausbauvorhabensistdamitnichtmöglich,esergibt
sicheinZwangzurUmsetzungdiesesVorhabens.
SowohlfürdieEU-Entscheidung1364alsauchfürdas
EnLAGstütztsichdieRechtfertigungderNotwendigkeit
des380-kV-NetzausbauvorhabensdurchThüringenmaß-
geblichaufdieAngabenderNetzbetreiber,wiesieauch
indiedena-Netzstudieneingeflossensind.
3.3 rAumordnungsvErfAhrEn Auf lAndEsEbEnE
PlanungenundMaßnahmenmiterheblichenüberörtli-
chenAuswirkungenmüsseninderRegeleingestuftes
PlanungsverfahrenbishinzurGenehmigungdurchlaufen,
bevorsierealisiertwerdenkönnen.EineersteStufein
diesemPlanungs-undGenehmigungsverfahrenistdas
Raumordnungsverfahren(ROV).11
DasROVdientderÜberprüfungvonraumbedeutsamen
VorhabenhinsichtlichihrerÜbereinstimmungmitdenEr-
fordernissenderRaumordnungsowiederAbstimmungmit
sonstigenPlanungenundMaßnahmen.DieErfordernisse
derRaumordnungergebensichinsbesondereausLandes-
entwicklungs-undRegionalplänen.DasROVwirdineinem
relativfrühenPlanungsstadiumdurchgeführt,umKon-
flikterechtzeitigzuerkennenundggf.aufeinebessere
Vorhabens-oderStandortalternativehinzuwirken.12
DieÜberprüfungderRaumverträglichkeitvonHöchst-
spannungsleitungen,diebundeslandübergreifendoder
grenzüberschreitendsind,erfolgtnachdenaktuellenRe-
gelungenimNetzausbaubeschleunigungsgesetzÜbertra-
gungsnetze(NABEG)imRahmenderBundesfachplanung
durchdieBundesnetzagentur.DasVerfahrengliedertsich
dabeianalogdemVerfahrenaufLandesebenean.
NebenderverfahrensführendenBehördeunddemAn-
tragsteller(inderRegelderjenige,derdasBauvorhaben
durchführenwill–Vorhabensträger)sindamROVdie
TrägeröffentlicherBelange(TÖB)beteiligt.Zuihnen
gehöreneineReiheweitererÄmter,derenZuständig-
keitsbereichedurchdieBaumaßnahmevoraussichtlich
berührtwerdensowiedieKommunen,dievoraussichtlich
durchdiegeplanteMaßnahmebetroffenseinwerden.
DarüberhinauswerdenjenachweiterenAuswirkungen
derMaßnahmeUmweltverbändeundandereInteressen-
vertretungenbeteiligt.
VorderoffiziellenEröffnungdesROVwirdeineAntrags-
konferenzdurchgeführt,anderdieTÖB,dieKommunen
undderVorhabensträgerteilnehmen.Zielistes,bereits
vordemROVersteBereichezuidentifizieren,indenen
esausraumordnerischerSichtKomplikationengeben
könnte.DieseBereichesinddurchStudienvomVor-
habensträgernäherzuuntersuchen.Eineumfassende
UmweltverträglichkeitsstudiewirdinnerhalbderROV
standardmäßigangefertigt.
DieseUntersuchungenlegtderVorhabensträgerzusam-
menmitdenAntragsdokumentenderverfahrensfüh-
rendenBehördevor.DieseeröffnetdanndasROVund
fordertdieTÖBundVerbändezurStellungnahmeauf.
DieAntragsunterlagenwerdenindenKommunenzur
öffentlichenEinsichtnahmeausgelegtundeskanneine
öffentlicheAnhörungdurchgeführtwerden.
8GesetzzumAusbauvonEnergieleitungen§1(1)9Kuhbier;WuppertalInstitut;WMConsult(Hrsg.):FachlicheBewertungdesUmsetzungsbedarfsderErneuerbare-Energien-RichtliniederEU.UntersuchungimAuftragdesBundesministeriumsfürUmwelt,Natur-schutzundReaktorsicherheit.2010.S.25210GesetzzumAusbauvonEnergieleitungen§1(2)11http://www.ml.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=1558&article_id=4666&_psmand=7(Stand:03.07.11)12http://gl.berlin-brandenburg.de/vollzug/rov/index.html(Stand:03.07.11)
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
12
DieStellungnahmenundErkenntnisseausderAnhörung
fließenindieAbwägungundindielandesplanerische
BeurteilungderverfahrensführendenBehördeein.Sie
enthältinderRegelMaßgaben,unterderenBeachtung
dasVorhabenalsraumverträglicheingeschätztwerden
kann.GegendieselandesplanerischeBegutachtungkön-
nenkeineRechtsmitteleingelegtwerden.
DernächsteSchrittistdasPlanfeststellungsverfahren
(PFV),zudemderVorhabensträgerdetailliertePlanungs-
unterlagenunterBerücksichtigungderMaßgabenaus
demROVerarbeitenmuss.
3.4 plAnfEststEllungsvErfAhrEn Auf lAndEsEbEnE
DasPFVistdasGenehmigungsverfahrenfürgrößere
Infrastrukturvorhaben,dieeineVielzahlöffentlicher
undprivaterInteressenberühren.ImVerfahrenundin
derabschließendenEntscheidung–demPlanfeststel-
lungsbeschluss–findeteineumfassendeAbwägungaller
ArgumenteundBelangestatt.ZieldesVerfahrensistes,
zueinerallseitiggerechtenAbwägungderPlanungen
zukommen.Wichtigdabeiist,dassdiePlanfeststel-
lungsbehördedieplanerischenErwägungendesVorha-
bensträgersnichtdurchabweichendeeigenePlanungs-
überlegungenersetzendarf.Sieistkein„Ersatzplaner“,
sondernkontrolliertnur,obdievomVorhabensträger
vorgesehenePlanungrechtmäßigist.
EinbesonderesMerkmalderPlanfeststellungistdieso
genannte„Konzentrationswirkung“.Dasbedeutet,dass
derPlanfeststellungsbeschlussalleanderen,anundfür
sichnotwendigenGenehmigungenersetzt.Eswirdalso
nureineeinzigeGenehmigungerteilt.Dieswiederum
erfordertdieBeteiligungzahlreicherTÖB(Fachbehörden,
Gemeinden,Verbändeusw.),derenAufgabenbereichebe-
rührtsindunddieihrenSachverstandundihreForderun-
genaufdiesemWeginsVerfahreneinbringenkönnen.13
DerVorhabensträgerreichtdieAntragsunterlagenzu-
sammenmitdendetailliertenPlanungenbeiderverfah-
rensführendenBehördeein,diedasPFVoffizielleröffnet.
DiePlanungsunterlagenwerdendenTÖBundbeteiligten
VerbändenmitderBitteumStellungnahmezugestellt.
ParalleldazuwerdendieUnterlagenindenbetroffenen
KommunenzuröffentlichenEinsichtnahmefürvierWo-
chenausgelegt.Jede/rbetroffeneBürgerInkanneigene
EinwändegegendasVorhabengeltendmachen.
DieStellungnahmenundEinwändewerdenvonder
verfahrensführendenBehördegesammeltunddem
VorhabensträgermitderAufforderungübermittelt,in
ausreichendemMaßeundinfürdenLaienverständlicher
Sprachedaraufzuantworten.DieseAntwortenwerden
wiederumvonderverfahrensführendenBehördegesam-
melt.DurchdieseStellungnahmenundEinwändeerhält
derVorhabensträgersehrkonkreteHinweise,inwelcher
ArterseinePlanungenoptimierensollte,umKonfliktezu
vermeidenbzw.abzumildern.
DieverfahrensführendeBehördekannimAnschluss
daranErörterungsterminedurchführen,indenenalle
VerbändeundbetroffenenBürgerInnennochmalsihre
Stellungnahmenbzw.Einwändevorbringenkönnen,um
vomVorhabensträgerAntwortendaraufzuerhalten.
SollteesdanachzukeinenwesentlichenPlanänderun-
genmehrkommen,wirddasPFVmitdemPlanfeststel-
lungsbeschlussbeendet.DerVorhabensträgererhältbei
positivemBeschlussBaurecht.GegendiesenPlanfeststel-
lungsbeschlusskönnenRechtsmitteleingelegtwerden.
3.5 dEnA-nEtzstudiE i und ii
DieStudie„EnergiewirtschaftlichePlanungfürdieNetz-
integrationvonWindenergieinDeutschlandanLandund
OffshorebiszumJahr2020“(dena-NetzstudieI)wurde
imFebruar2005vorgestellt.SieistnichtimRahmen
13http://www.bezreg-detmold.nrw.de/200_Aufgaben/010_Planung_und_Verkehr/Planfeststellung___Plangenehmigung/Info_zu_Planfeststellungsverfahren/index.php(Zugriff:03.07.11)
13
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
derformellenVerfahrenentstanden,hataberfürdiese
wesentlicheGrundlagengeliefert.
DievonderDeutschenEnergie-AgenturGmbH(dena)in
AuftraggegebeneStudieuntersuchtedieAuswirkungen
derfluktuierendenWindenergieeinspeisungundanderer
erneuerbarerEnergienaufdasHöchstspannungsübertra-
gungsnetz.ZentralesZielderStudiewardieEntwicklung
vonStrategienfürdieIntegrationregenerativerEnergie-
trägerindieStromversorgung.14
Finanziertwurdediedena-NetzstudieIanteiligvon
VerbändenundUnternehmenderWindkraftbranche,der
Netzbetreiber,derAnlagenherstellerundderkonventi-
onellenKraftwerksbranchesowiedemBundesministe-
riumfürWirtschaftundArbeit.15Diesewarenübereine
studienbegleitendeProjektsteuerungsgruppeundeinen
FachbeiratindieErarbeitungderStudieeingebunden.
AlleEntscheidungenwurdenimKonsensgetroffen.Zwei
SachverständigehabendieErgebnissederStudiebeglei-
tendgeprüftunddieErkenntnisseingutachterlichen
Stellungnahmenformuliert.16
ImWesentlichenkommtdiedena-NetzstudieIzufolgen-
denErgebnissen:
•„Rund400kmdesvorhandenen380-kV-Verbundnetzes
müssenverstärkt,rund850kmneugebautwerden.
•NetzverstärkungundNetzausbauanLandbis2007:
DreibestehendeNetztrassenabschnitteinThüringen
undinFrankenmüssenaufeinerGesamtlängevon269
kmverstärktwerden.ZweiTrassenabschnittemitder
Längevoninsgesamt5kmmüssenneugebautwerden.
•NetzausbauanLandbis2010:Zusätzlichzudenoben
genanntenMaßnahmenmüssenweitere455kmneue
380-kV-Doppelleitungengebautwerden.Weiterhin
müssen97kmbestehendeTrassenverstärktwerden.
•NetzausbauanLandbis2015:Zusätzlichzudeno.g.
Maßnahmenmüssenweitere390kmneue380-kV-
Doppelleitungengebautwerden,uminsbesondereden
WindstromausderNordseetransportierenzukönnen.
26kmbestehendeTrassensindzuverstärken.“17
Wieschondiedena-NetzstudieIwurdeauchdiedena-
NetzstudieIIvoneinerProjektsteuerungsgruppe
bestehendausBundeswirtschafts-undBundesum-
weltministerium,UnternehmenundVerbändenderWind-
energiebranche,Übertragungsnetzbetreibern,Indust-
rieunternehmenundVerbändenderEnergiewirtschaft
getragenundfinanziert.ImNovember2010nahmensie
dieErgebnisseeinstimmigan.DieErstellungderStudie
wurdewissenschaftlichbegleitet.
Zielderdena-NetzstudieIIwarzuuntersuchen,wiedas
StromsysteminDeutschlandbiszumZeitraum2020/25
ausgebautundoptimiertwerdenmuss,umdenneuen
HerausforderungendurchdieIntegrationErneuerbarer
Energiengerechtzuwerdenundgleichzeitigeinesichere
undwirtschaftlicheStromversorgungzugewährleisten.18
Diedena-NetzstudieIIhatverschiedeneVariantenzur
WeiterentwicklungdesStromnetzesinDeutschland
geprüft.Untersuchtwurdendabeidieheuteverfügbaren
undinEntwicklungbefindlichenNetztechnologien,unter
BerücksichtigungvonStandard380-kV-Drehstromfreilei-
tungenüberHochtemperaturleiterseileundHochspan-
nungsgleichstromübertragungbiszuErdkabeln.Darüber
hinauswurdenweiteresystemrelevanteMaßnahmenin
Betrachtgezogen,wiedieErhöhungderLeitungskapa-
zitätendurchTemperaturmonitoring,dieSteuerungder
StromnachfrageundderEinsatzvonStromspeichern.19
14http://m.bmwi.de/BMWimobile/Navigation/Themen/energie,did=354064.html(Stand:19.06.11)15http://www.buerger-fuer-technik.de/body_studie__dena.html(Stand:03.07.11)16dena:ZusammenfassungderwesentlichenErgebnissederStudie„EnergiewirtschaftlichePlanungfürdieNetzintegrationvonWindenergieinDeutschlandanLandundOffshorebiszumJahr2020“(dena-Netzstudie),200517http://m.bmwi.de/BMWimobile/Navigation/Themen/energie,did=354064.html(Zugriff:19.06.11)18http://m.bmwi.de/BMWimobile/Navigation/Themen/energie,did=354044.html(Zugriff:15.03.12)19http://www.dena.de/themen/thema-esd/projekte/projekt/dena-netzstudie-ii/(Zugriff:19.06.11)
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
14
WesentlicheErgebnissederdenaIIStudiesind:20
•3.600kmNeubauvonHöchstspannungstrassen,wenn
als380-kV-Freileitungausgeführt–Kosteninkl.An-
schlussderOffshore-Windparks:9,7Mrd.Euro€
•3.500kmNeubauvonHöchstspannungstrassen,wenn
zusätzlichFreileitungsmonitoringeingesetztwird;
baulicheAnpassungvon3.100kmbestehenderFreilei-
tungen–Kosten:9,8Mrd.Euro€€
•1.700kmNeubauvonHöchstspannungstrassen,wenn
mitHochtemperaturseilenausgeführt;Umrüstungvon
5.700kmbestehenderTrassen–Kosten:17Mrd.Euro€
•3.400kmNeubauvonHöchstspannungstrassen,wenn
womöglichErdverkabelungeingesetztwird–Kosten:
22-29Mrd.Euro€€
DieMethode,mitderdieseErgebnisseberechnetwurden,
wurdeu.a.durchWissenschaftlerderTUBerlinkritisiert,
dieimAuftragdesWWFDeutschlanddiedenaNetzstu-
dieIIanalysierten.21FolgendePunktesindinderKritik
wesentlich:
•DieAnnahmeeinerleichtverzögertenUmsetzungder
Ausbauprojekteausderdena-I-Studieisthinfällig(von
460kmnotwendigenwurdenlediglich80kmrealisiert)
•LängerfristigeZielewiedieDekarbonisierungdesElekt-
rizitätssektorswurdennichtberücksichtigt
•ProzessderEnergiewegeplanungweistInformationsa-
symmetriezwischenÜbertragungsnetzbetreibernund
Aufsichtsbehördenauf–Netzbetreiberverfügenüber
dieeigentlichenDatenundführendieModellrechnun-
gendurch,dieswirdderVerantwortungdesStaatesfür
dieGestaltungderInfrastrukturnichtgerecht.
3.6 AktivitätEn dEr bürgErinitiAtivEn und dEr
kommunEn
EinenwesentlichenTeilderinformellenProzessebilden
dieAktivitätenderBürgerInnen,Bürgerinitiativenund
betroffenenKommunen.
NochvordemoffiziellenStartdesROVzumzweitenBau-
abschnittbegannderVorhabensträgerVattenfallEurope
Transmission(heute50Hertz)damit,Veranstaltungen
indenbetroffenenKommunendurchzuführen,umdie
BürgerInnenüberdasbevorstehende380-kV-Netzaus-
bauvorhabenzuinformieren.
AngeregtdurchdieseInformationenunddurchdieimZuge
desROVausgelegtenAntragsunterlagenbildetesicheine
VielzahlvonBürgerinitiativengegendasVorhabensowohl
inThüringenalsauchinBayern.EinTeildieserInitiativen
hatsichländerübergreifendzurInteressengemeinschaft
„AchtungHochspannung“22zusammengeschlossen.
DieBürgerinitiativenunddiebetroffenenKommunen
führtenzahlreicheInformations-undDiskussionsveran-
staltungendurch,umeinebreiteBevölkerungsschicht
zusensibilisierenundteilweisezumProtestgegendas
380-kV-Netzausbauvorhabenzumotivieren.
InderFolgekameszuvielenöffentlichenAktionender
Bürgerinitiativen,indenensieihrenProtestbekundeten
undweitereBürgerInnenfürdasThemasensibilisieren
konnten.DieAktionenunddieArgumentefandennach
undnacheinbreitesMedienecho,wasbisüberdieGren-
zenThüringenshinausreichte.Zusätzlichversuchtendie
Bürgerinitiativen,miteinerVielzahlunterschiedlicher
politischerAkteureineinenDialogzutreten,umauf
diemitdem380-kV-Netzausbauvorhabenverbundenen
Problemeaufmerksamzumachen.EntsprechendeSchrei-
bengingenanBürgermeisterInnenandererKommunen,
20http://www.dena.de/fileadmin/user_upload/Projekte/Erneuerbare/Dokumente/Presseinformation_zur_dena-Netzstudie_II_vom_23.11.2010.pdf(Zugriff:15.03.2012)21Hirschhausen;Wand;Beestermöller:Bewertungderdena-NetzstudieIIunddeseuropäischenInfrastrukturprogramms.201022http://www.achtung-hochspannung.de(Zugriff:15.07.11)
15
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
anThüringerLandtagsabgeordnete,andieThüringer
Landesregierung,andasBundesumweltministerium,an
dasBundeswirtschaftsministerium,andenBundespräsi-
dentenundandieverfahrensführendeBehördesowiean
VertreterInnendesNetzbetreibers.
InZusammenarbeitmitvielenbetroffenenKommunen
konntendieBürgerinitiativeneinFachgutachtenzum
380-kV-NetzausbauvorhabeninAuftraggebenundfinan-
zieren.DieseswurdevonHr.Prof.JarassundHr.Prof.
Obermair23erstellt.
3.7 AktivitätEn im thüringEr lAndtAg
AuchdieParteienimThüringerLandtaghabensich
seit2006kontinuierlichmitdemNetzausbauvorhaben
beschäftigt.DasiekeineformellenEinflussmöglichkeiten
aufdiePlanungs-undGenehmigungsverfahrenhaben,
sindauchihreAktivitätenTeilderinformellenProzesse.
DiemeistenAnfragenundAnträgewurdenvonderPartei
DIELINKEsowievonderSPDeingebrachtundsetzten
sichmitderNotwendigkeitderTrasseauseinander,
schlugendiePrüfungvonOptimierungsmöglichkeiten
vor,hinterfragtendenTrassenverlauf,diskutiertendie
energiewirtschaftlicheNotwendigkeitoderforderten
Ausgleichsmaßnahmen.
EinErgebnisderpolitischenAuseinandersetzungwar,
dassderThüringerLandtagdieLandesregierungbe-
auftragte,einGutachtenzurenergiewirtschaftlichen
Notwendigkeit24des380-kV-Netzausbauvorhabenssowie
zutechnischenMöglichkeitenderNetzoptimierungin
Auftragzugeben.MitdenErgebnissenderStudiewurde
versucht,EinflussaufdasGesetzgebungsverfahrendes
BundesfüreinGesetzzurBeschleunigungdesAusbaus
derHöchstspannungsnetzezunehmen.Gefolgtwurde
diesesBestrebenvoneinerForderungandieThüringer
Landesregierung,allejuristischenHandlungsmöglichkei-
tenzurVerhinderungdes380-kV-Netzausbauvorhabens
durchdenThüringerWaldauszuschöpfensowiebeim
BundesverfassungsgerichteinenAntragaufNormenkont-
rollegegendasGesetzzumAusbauvonEnergieleitungen
(EnLAG)anzustreben.
AuchdieformellenPlanungs-undGenehmigungsverfah-
renzumNetzausbauvorhabenselbstwarenvonInteresse.
Sowurdenu.a.dieKriterien,diedemRaumordnungsver-
fahrenzugrundeliegen,inpolitischenDebatten,Anfra-
genundineinerAnhörungerörtert.Hinterfragtwurden
weiterhindieBemühungenderThüringerLandesregie-
rung,sicheinMitspracherechtbeiderEntscheidungzum
Trassenverlaufzusichern.EinaußerordentlichesErgebnis
warderBeschlussunddieDurchführungeineröffentli-
chenAnhörungimAusschussfürWirtschaft,Arbeitund
Technologiezum380-kV-Netzausbauvorhaben.
3.8 wEsEntlichE AktEurE
Diefürdas380-kV-Netzausbauvorhabenrelevanten
ProzesseverlaufenwieobenbeschriebenaufderEU-,der
Bundes-undderLandesebene.ZudenAkteuren,diein
diesenProzesseneinemaßgeblicheRollespielen,gehö-
renfolgendeInstitutionenbzw.Personengruppen:
•DasEuropäischeParlamentundderRatderEuropä-
ischenUnion,diedieEU-Entscheidung1364verab-
schiedethaben,
•AbgeordnetedesBundestages,dieu.a.dasEnLAG
beschlossenhaben,
•VertreterInnendesBundesministeriumsfürUmwelt,
NaturschutzundReaktorsicherheitunddesBundes-
ministeriumsfürWirtschaftundTechnologie(vormals
WirtschaftundArbeit)alsMitgliederderProjektsteu-
23Jarras,L.,Obermayer,G.:Notwendigkeitdergeplanten380kV-VerbindungRaumHalle-RaumSchweinfurt.Wiesbaden200824Säcker,F.J.,Belmans,R.:DierechtlicheBeurteilungder380kV-HöchstspannungsleitungvonLauchstädtnachRedwitz.Berlin2008
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
16
erungsgruppefürdiedena-NetzstudienIundIIsowie
alsAdressatenvonDialoganfragenseitensThüringer
BürgerinitiativenundalsAdressatenderAnfragendes
ThüringerLandesverwaltungsamteszurNotwendigkeit
des380-kV-Netzausbauvorhabens,
•VertreterInnenderThüringerLandesregierungimRah-
menderAusarbeitungderEU-Entscheidung1364und
desEnLAG,
•AbgeordnetedesThüringerLandtags,
•VertreterInnendesThüringerLandesverwaltungsamtes
alsfürdieformellenVerfahrenzuständigeBehörde,
•BürgermeisterInnenderbetroffenenKommunen,
•VertreterInnenderBürgerinitiativen,
•VertreterInnendesNetzbetreibers50HertzTransmis-
sionGmbH(vormalsVattenfallEuropeTransmission
GmbH)alsVorhabensträger,
•TrägeröffentlicherBelange(TÖB)alsBeteiligteanden
formellenVerfahreninklusivederUmweltverbände.
3.9 chronologischEr AblAuf
DiefolgendeÜbersichtstelltdiechronologischeAbfolgewesentlicherEreignisseindenformellenundinformellen
Prozessenzum380-kV-NetzausbauvorhabeninThüringengegenüber.GeradebeideninformellenProzessenkann
dieDarstellungnurexemplarischerfolgen,daeskeineumfassendeDokumentationallerAktivitätengibt.Dieersten
Bürgerinitiativenhabensich2006gegründetundeinTeildieserhatsichimJahr2007zurInteressengemeinschaft
„AchtungHochspannung“zusammengeschlossen.Informations-undDiskussionsveranstaltungengabesinunregel-
mäßigenAbständenpraktischwährenddergesamtenLaufzeitderProzesse.OftwardaranauchderVorhabensträger
beteiligt.
Datum FormelleVerfahren InformelleProzesse
17.08.2004 AntragskonferenzROVzum1.Bauabschnitt25
Februar2005 dena-Netzstudie(I)
22.04.2005 EröffnungROVzum1.Bauabschnitt26
17.08.2005 AntragskonferenzROVzum2.Bauabschnitt27
30.12.2005 AbschlussROVzum1.Bauabschnitt28
25PräsentationdesTLVwA„Südwest-KuppelleitungHalle–Schweinfurt.StandderVerfahren“vom24.04.200826ebd.27ebd.28ebd.29ebd.
17
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
Datum FormelleVerfahren InformelleProzesse
23.05.2006 AntragskonferenzROVzum3.Bauabschnitt29
24.05.2006 EröffnungROVzum2.Bauabschnitt30
Juni2006 KleineAnfragendurchFrauPetraEnders(DIELIN-
KE)imThüringerLandtagzurPositionderLandes-
regierungzum380-kV-Netzausbauvorhabenund
ihrenEinflussmöglichkeitenaufdiePlanungs-und
Genehmigungsverfahren
06.09.2006 EU-Entscheidung1364
Oktober
2006
KleineAnfragedurchHerrEgonPrimas(CDU)im
ThüringerLandtagzualternativenNetzoptimie-
rungstechnologien
November
2006
MündlicheAnfragedurchFrauSabineDoht(SPD)
imThüringerLandtagzuMöglichkeitenfürErdver-
kabelung
Januar2007 DebatteimThüringerLandtagzum380-kV-Netzaus-
bauvorhaben
Januar2007 ExpertInnengesprächzum380-kV-Netzausbauvor-
habeninThüringen,veranstaltetvonderBundes-
tagsfraktionBündnis90/DieGrünen;Teilnehmende:
Wissenschaftler,VattenfallEuropeTransmission,
BundesverbandWindenergie,LandratIlmkreis,
EnergiepolitischerSprecherBündnis90/DieGrünen
12.02.2007 ZusätzlicheAntragskonferenzROVzum3.
BauabschnittzwecksAufnahmevonTrassenal-
ternativen31
30PräsentationdesTLVwA„Südwest-KuppelleitungHalle–Schweinfurt.StandderVerfahren“vom24.04.200831http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tlvwa2/350/rov_380kv/lp_beurteilung.pdf,S.10(Stand:09.06.11)
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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Datum FormelleVerfahren InformelleProzesse
21.02.2007 AntragderCDU-FraktionimThüringerLandtagzurFest-
stellungderenergiewirtschaftlichenundversorgungssei-
tigenNotwendigkeitdes380-kV-Netzausbauvorhabens
AntwortderLandesregierungvom02.03.2007:
VorhabensträgerbegründetdieNotwendigkeitmit
derAufnahmepflicht(EEG)fürWindstrom,daneben
AnbindungdesPumpspeicherwerkesGoldisthal,wei-
terhinVerbindlichkeitderEU-Entscheidung1364;die
Landesregierungweistdaraufhin,dassdieabschlie-
ßendeenergiewirtschaftlichePrüfungimPFVerfolgt32
02.03.2007 KleineAnfragedurchFrauDagmarBecker(SPD)imThüri-
ngerLandtagzurPrüfungderNotwendigkeitdes380-kV-
NetzausbauvorhabensimROVundzuTrassenalternativen
09.03.2007 EröffnungdesPFVfürden1.Bauabschnitt33
30.03.2007 AbschlussdesROVfürden2.Bauabschnitt34
April2007 PodiumsdiskussionnachAbschlussdesROV2.
Bauabschnitt,moderiertvonFrauIrisGleicke,
parlamentarischeGeschäftsführerinderSPD-Bun-
destagsfraktion;Teilnehmende:VattenfallEurope
Transmission,kommunaleBürgermeisterInnen,
StaatssekretärBundesumweltministerium
April2007 OffenerBriefeinigerBürgerinitiativenanHorst
KöhlerundandereBundespolitiker
Mai2007 AntragderFraktionDIELINKEimThüringerLandtag,
dieStudiederBürgerinitiativenundKommunenzur
Notwendigkeitdes380-kV-Netzausbauvorhabens
finanziellzuunterstützen–abgelehntmitder
Begründung,dassdannauchForderungenanderer
amVerfahrenbeteiligterAkteurenachfinanzieller
Unterstützungstattgegebenwerdenmüsste
32AufgrundderFestschreibungderenergiewirtschaftlichenNotwendigkeitimEnLAGwurdekeineÜberprüfungderNotwendigkeitimPFVdurchgeführt33PräsentationdesTLVwA„Südwest-KuppelleitungHalle–Schweinfurt.StandderVerfahren“vom24.04.200834ebd.
19
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
Datum FormelleVerfahren InformelleProzesse
21.09.2007 DebatteimThüringerLandtag,u.a.zurÜberprü-
fungderNotwendigkeitdes380-kV-Netzausbauvor-
habensundzurfinanziellenUnterstützungdesvon
KommunenundBürgerinitiativen(BI)inAuftrag
gegebenenGutachtens(Jarass-Gutachten)
21.10.2007 Prof.LorenzJarass,Prof.GustavObermair(Verfas-
ser):WissenschaftlichesGutachtenzurNotwendig-
keitdergeplanten380-kV-VerbindungRaumHalle
-RaumSchweinfurt
November
2007
AntragderSPD-FraktionundderFraktionDIELINKE
imThüringerLandtagzurÜberprüfungderNot-
wendigkeitdes380-kV-Netzausbauvorhabensals
ReaktionaufdieErgebnissedesJarass-Gutachtens
undBerücksichtigungderErgebnisseimPFVbzw.
ROV–abgelehnt
November
2007
AlternativantragderCDU-FraktionimThüringer
LandtagzurErstellungeinesunabhängigenGutach-
tenszum380-kV-Netzausbauvorhabens–Beschluss
zurErstellungeinesunabhängigenGutachtens
20.12.2007 AbschlussdesPFVfürden1.Bauabschnitt35
22.01.2008 Prof.LorenzJarass,Prof.GustavObermair(Verfas-
ser):AktualisierteswissenschaftlichesGutachten
zurNotwendigkeitdergeplanten380-kV-Verbin-
dungRaumHalle-RaumSchweinfurt
02.07.2008 AlternativantragderSPD-FraktionimThüringer
LandtagmitdemAuftragandieLandesregierung,
dieErgebnissedesJarass-Gutachtensunddes
Säcker-GutachtensindasGesetzgebungsverfahren
zumEnLAGeinzubringen–abgelehnt
35PräsentationdesTLVwA„Südwest-KuppelleitungHalle–Schweinfurt.StandderVerfahren“vom24.04.2008
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
20
Datum FormelleVerfahren InformelleProzesse
03.09.2008 AntragderFraktionDIELINKEimThüringerLand-
tagzurInitiierungeinesThüringerModellprojektes:
„NetzoptimierungvorNetzausbau“undzurAbleh-
nungdesEnLAGdurchdieThüringerLandesregie-
rung–abgelehnt
Oktober
2008
Prof.FranzJürgenSäcker,Prof.RonnieBelmans:
DierechtlicheBeurteilungder380-kV-Höchstspan-
nungsleitungvonLauchstädtnachRedwitz.Und:
DieelektrotechnischenGrundlagenfürdiePlanung
der380-kV-Höchstspannungsleitung(imAuftrag
derThüringerLandesregierung)
18.12.2008 Inbetriebnahmedes1.Freileitungsabschnitts
Halle-Erfurt36
Februar2009 EröffnungdesPFVfürden2.Bauabschnitt37
25.02.2009 AntragderSPD-FraktionimThüringerLandtagmit
demAuftragandieLandesregierung,dieErdverka-
belungimThüringerWaldimEnLAGzuverankern
undweitereErdverkabelungeninThüringenzu
erwirken–abgelehnt
21.08.2009 BeschlussdesEnLAG
26.11.2009 AntragderFraktionDIELINKEimThüringerLand-
tagmitdemAuftragandieLandesregierung,alle
juristischenMittelauszuschöpfen,umdas380-kV-
Netzausbauvorhabenzuverhindern–abgelehnt
20.01.2010 EröffnungdesROVfürden3.Bauabschnitt38
18.05.2010 ÖffentlicheAnhörungzum380-kV-Netzausbauvor-
habenimThüringerLandtag,AusschussfürWirt-
schaft,ArbeitundTechnologie
3650Hertz:InfomappeThüringerStrombrücke.Januar201037http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tlvwa2/350/rov_380kv/lp_beurteilung.pdf,S.10(Stand:09.06.11)38a.a.O.,S.11.
21
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
Datum FormelleVerfahren InformelleProzesse
03.11.2010 AntragderFraktionDIELINKEimThüringerLand-
tagmitdemAuftragandieLandesregierung,den
Neubauder380-kV-Leitungzuverhindernund
stattdessenaufdenEinsatzvonHochtemperatur-
seilenhinzuwirken–abgelehnt
30.03.2011 AbschlussdesROVfürden3.Bauabschnitt39
30.03.2011 KleineAnfragedurchHerrFrankWeber(SPD)und
FrauEleonoreMühlbauer(SPD)imThüringerLand-
tagzuAusgleichs-undErsatzmaßnahmeninden
Kommunen
Tabelle1:ChronologischeAbfolgederformellenundinformellenProzessebisMärz2011
4 dElibErAtivE bEtEiligungsvErfAhrEn – EffiziEntEr
wEg zur bEtEiligung?
ObbeiStuttgart21oderbeimBauder380-kV-Trasse
durchThüringen–vieleBürgerInnenwollenzunehmend
anEntscheidungsprozessenaktivbeteiligtwerden,um
sicherzustellen,dassihrePositionindieEntscheidungs-
findungeinfließt.NebendenSachfragen,umdiees
dabeigeht,wirdgeradeauchdieLegitimitäteinesver-
selbstständigtenadministrativenApparatesundpoliti-
scherProzesseinZweifelgezogen,diedurchindividuelle
MachtundEinflussbestimmtsind.HäufigistderProtest
gegenGroßprojekteaucheinProtestgegendieArt,wie
Beschlüssezustandekommen.DieBetroffenenbeurtei-
lendieEntscheidungselbstwieauchdenProzessder
Entscheidungsfindung,alsoauchdasMaßihrerTeilhabe
anderEntscheidungsfindungsowiedasAusmaß,indem
Argumenteausgetauschtwerden,diezählen.
InaktuellenForschungsarbeitenwerdenu.a.folgende
BeweggründefürBürgerbeteiligunggenannt40:
•DieRisikenundderNutzenvoninfrastrukturellen
GroßprojektenfürdieBevölkerungsindungleichver-
teilt.OftmalsträgtdieBevölkerungvorOrtdasRisiko,
währendderNutzenfernabvomStandortliegt.Dies
wirdvondennichtdirektvomProjektprofitierenden
GruppenalsUngleichbehandlungwahrgenommen.
•HäufiggibtesunterFachleutenunterschiedlicheBe-
wertungendesProjektes.AufdieserGrundlagewerden
informierteWertentscheidungenunentbehrlich.
•WeiterhinsehenausderPerspektivevonBetroffenen
Risikenoftandersundexistenzielleraus,alsausder
objektivierendenPerspektivevonWissenschaftlern.
AuchfallenverschiedeneRisiken,dieausSichtder
Betroffenenrelevantsind,durchdasSuchrastervon
Wissenschaftlern.
39http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tlvwa2/350/rov_380kv/deckblatt.pdf(Stand:09.06.11)40Renn,O.:Bürgerbeteiligung–AktuellerForschungsstandundFolgerungenfürdiepraktischeUmsetzung.Stuttgart2011
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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•ZudemwollenimmermehrBürgerInnenberatenaber
nichtentmündigtwerden.Siefühlensichdurchprofes-
sionelleExpertenurteileundinstitutionelleEingriffe
paternalistischeingeengt.SiewollenEinflussnehmen
aufdas,wasinihrerKommunepassiertundwehren
sichgegenProzesse,diealsBevormundungwahrge-
nommenwerden.
DemokratieforschersuchenseitJahrennachModellen,
wieBürgerInnenstärkerbeteiligt,Misstrauenverrin-
gertundAkzeptanzvonVeränderungsprojektenerhöht
werdenkönnen.EinemöglicheLösungsindBürgerbetei-
ligungsverfahren,indenenPersonen,diequaAmtoder
MandatkeinenAnspruchaufMitwirkungankollektiven
Entscheidungenhaben,dieMöglichkeiterhalten,di-
rektenoderindirektenEinflussaufdieEntscheidungzu
nehmen.NachNewigundStirlinggibtesfünfGründe,die
beikomplexenPlanungsentscheidungenfüreinestärkere
EinbindungderBürgerInnenindieEntscheidungsfindung
sprechen41:
•DurchEinbezugvonörtlichbetroffenenBevölkerungs-
teilenkanndieWissensbasiserweitertwerden,was
gelegentlichauchzueinerKorrekturdesExpertenwis-
sensführenkann.
•DurchdieBürgerbeteiligungkönnendenjeweiligen
EntscheidungsträgernwichtigeInformationenüberdie
VerteilungderPräferenzenundWertederbetroffenen
Bevölkerungsteilevermitteltwerden.
•DesWeiterenkannBeteiligungalsInstrumentzueinem
fairenAushandelnvonKompromissendienen.
•DurchBürgerbeteiligungkönnenzudemverschiedene
Argumenteeingebrachtundausgetauschtwerden,die
dieBasisfürkollektivbegründeteEntscheidungensind.
•DarüberhinausdientBürgerbeteiligungalseinElement
derGestaltungdereigenenLebenswelt.
„DeliberativeVerfahren“habensichunterverschiede-
nenBürgerbeteiligungsverfahrenalsbesonderserfolg-
versprechenderwiesen.HabermashatGrundlegendes
geleistet,umeinsolchesidealisiertesVerfahrenskonzept
anempirischenUntersuchungenzuprüfenundweiterzu
entwickeln,welchemitgutemGrund„diePolitikinerster
LiniealseineArenavonMachtprozessenbegreifenund
unterGesichtspunkteninteressengeleiteterstrategischer
AuseinandersetzungenodersystemischerSteuerungsleis-
tungenanalysieren.“42ErstelltdasKonzeptderdelibera-
tivenDemokratienichtetwaalsIdealderganzanderen
Wirklichkeitgegenüber,sondernzeigt,dassdieOpera-
tionsweiseeinesrechtsstaatlichverfasstendemokrati-
schenStaatesnichtangemessenempirischbeschrieben
werdenkann,ohnedieGeltungsdimensiondesRechtes
sowiedielegitimierendeKraftderdemokratischenHer-
ausbildungdiesesRechteszuberücksichtigen.
DasaufHabermaszurückgehendeKonzeptbeschreibt
einenProzessderdemokratischenKonsensfindung,die
z.B.inGruppendiskussionenerreichtwerdenkann.
Grundlagehierfürist,dassdieProblematikunterEinbe-
ziehungallerBetroffenenergebnisoffendiskutiertwird.
Zielistalsonicht,einenKompromiss43füreinzulösendes
Problem,d.h.füreinewahrheitsfähigeFragestellungzu
finden,sondernmöglichsteinenKonsens,derdurchdie
DiskussionenverschiedensterArgumenteherbeigeführt
undimAnschlussimbestenFallvonallenBeteiligten
vertretenwird.UmdiesesResultatzuermöglichen,müs-
sendieDiskutierendenformalgleichgestelltsein,mit
gleichenRede-undStimmrechten.
DemdeliberativenDemokratiemodellnachJoshuaCohen
liegenfolgendePrinzipienzugrunde44:
41Zit.nachRenn,O.:Bürgerbeteiligung–AktuellerForschungsstandundFolgerungenfürdiepraktischeUmsetzung.Stuttgart201142Habermas,J.,DeliberativePolitik-einVerfahrensbegriffderDemokratie,inders.,FaktizitätundGeltung,1994,S.349-398,S.34943Kompromissewerdenlediglichdannausgehandelt,wennwiderstreitendeInteressenauszugleichensindundeskeineklareWahr-Falsch-EntscheidungfürdieFragestellunggibt.44Ehrensperger,E.:JoshuaCohen–DeliberationandDemocraticLegitimacy.2007,S.2,http://commonweb.unifr.ch/artsdean/pub/gestens/f/as/files/4610/9723_085803.pdf(Zugriff:11.06.2011)
23
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
1.„IdealeDeliberationistfrei,freivonderAutorität
einerübergeordnetenNorm.
2.IdealeDeliberationistvernünftig,keineandereKraft
außerdiedesbesserenArgumentsbekommtRecht.
ArgumenteverfolgendasZiel,dieanderenMitglieder
vomVorschlagzuüberzeugen.
3.JederTeilnehmerhatdengleichenEinflussinjeder
StufedesdeliberativenProzesses.Jederkannsomit
neueAnliegenundAnsichtenhervorbringenundjeder
StimmekommtdasgleicheGewichtzu.Persönliche
MachtundRessourcenhabenkeinenEinflussaufdie
MitbestimmungsrechteimdeliberativenProzess.
4.IdealeDeliberationzieltaufeinenrationalenKonsens
ab,d.h.eswerdenArgumentegefunden,diealle
TeilnehmerderDeliberationüberzeugen.Gibteskei-
neneinstimmigenKonsens,wirddieDeliberationper
AbstimmungnachMehrheitsprinzipabgeschlossen.“
EntscheidendfürdasdeliberativeDemokratiemodellist
dasdiskursiveNiveaudesProzesses,indemJa-/Nein-
StellungnahmenalleindurchdenzwanglosenZwangdes
besserenArgumentesmotiviertsind.
DurchdeliberativeBeteiligungkann–soentsprechende
Forschungsergebnisse–dieQualitätundLegitimitätvon
EntscheidungenunddamitderenAkzeptanzverbessert
werden.45DieBereitschaftallerBeteiligten„ihreeigenen
Interessenzurückzustellen,wenndiesdemGemeinwohl
bzw.dempolitischenGemeinwesendient“46,werde
erhöht.Diesbedeutetjedochnicht,dassdieBeteiligten
ihreMeinunggarnichterstkundtun.GeradedasOffen-
legenallerrelevantenInformationenunddieStützung
unterschiedlicherMeinungendurchbestmöglicheArgu-
mentesindwichtigfürdasdiskursiveNiveau.
ImRahmendervorliegendenStudiesehendieVerfasser
dieBetrachtungfolgenderDimensionendeliberativer
Qualitätalsbesondersbedeutsaman:
1.SensibilitätfürdasThemaundWunschnachBeteili-
gungindemBürgerInnendieKonsequenzengesell-
schaftlicherProblemlagenfürdieprivateLebenssi-
tuationerkennen,besitzensieselbsteineerhöhte
AufmerksamkeitfürdieseThematikundkönnenauch
andereMenschensensibilisieren.DerWunschnach
BeteiligungistdabeiGrundvoraussetzungfüreineso
einsetzendeAktivierung.DieseAktivierungmussdabei
nichtunbedingtvoneinerPersonoderInstitution
ausgehen,denkbarwäreauch,dasseinebestimmte
InformationodereinErlebnisdenWunschnachBe-
teiligungauslösenunddamiteinbestimmtesHandeln
inGangsetzen.EsistdieAufgabeformalerProzesse,
eineDurchlässigkeitgegenüberdiesenImpulsenaus
informellenProzessenzugewährleisten.
2.MöglichkeitenundFormenderMeinungsbildungauf
derGrundlagevonklarenundfürjedenverständlichen
Informationen,zudenensowohl„Gegenwissen“zu
demöffentlichgenutztenExpertenwissenalsauch
abweichendeInterpretationengehören.Diesermög-
lichtdenAustauschderbestmöglichenArgumente,
setztjedochvoraus,dassdieBeteiligtendieMotivati-
onaufbringen,denSachverhaltzuerschließenundzu
verstehen.
3.DieMöglichkeit,eigeneStandpunkteundMeinungen
indieEntscheidungsfindung„einzuspeisen“.Dasbe-
deuteteineVerzahnungderinformellenundformellen
BeteiligungsmöglichkeitenineinerWeise,dassdie
eigeneStimme(derentsprechendenPersonoderGrup-
pe)gehörtwird,dasspersönlicheBetroffenheitund
moralischeBedenkenvomadministrativenKomplex
odervonExpertennichteinfachwegdefiniertwerden.
45Zit.nachRitzi,C.,Schaal,G.S.:WieBürgerbeteiligungbessergelingt.In:vhwFWS2/März-April201146Ritzi,C.,Schaal,G.S.:WieBürgerbeteiligungbessergelingt.S.2,In:vhwFWS2
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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4.BerücksichtigungdereingebrachtenMeinungsowie
ÄnderungdesVerfahrensergebnissesdurchdieLernbe-
reitschaftallerBeteiligten(Mitentscheidung).Akteure
derZivilgesellschaftkönnendurchihreArgumenteEin-
fluss,abernichtMachtgewinnen.Dasheißt,dassihre
AnstößedenFilterderinstitutionalisiertenVerfahren
demokratischerMeinungs-undWillensbildungpassie-
renmüssen.IhrEinflussmusssichaufdieBeratungen
demokratischverfassterInstitutionenauswirkenund
informellenBeschlüsseneineautorisierteGestaltan-
nehmen,umpolitischeMachtzuerzeugen.Zentralist
einVerfahren,welcheseserlaubt,dassgute,diskursiv
geprüfteArgumenteimSinneeinergemeinsamen
LernbereitschaftEinflussimRahmendesformellen
Entscheidungsverfahrenserhalten.
5.EigenverantwortlichesHandelnimKontextvon
Gemeinwohlentscheidungenunddemokratischer
Gesetzesverfahren.EigenverantwortlichesHandeln,
imdiskursivenVerfahrenargumentativgeprüft,steht
vorderAufgabediesoweiterentwickeltenStandpunk-
teundPositionenindenoffiziellenrechtstaatlichen
Prozesszuschleusen,ohnediesenzuersetzen.
5 dElibErAtivE QuAlität dEs 380-kv-nEtzAusbAu-
vorhAbEns
ImfolgendenKapitelwirdzumeinendiedeliberative
QualitätderProzesseanhandderKriterien:Aktivierung,
MeinungsbildungdurchInformationunddiskursivenAus-
tauschvonArgumentenundMöglichkeitenderEinfluss-
nahmeaufdieEntscheidungbeschrieben.Zumanderen
wirdderEinflussderProzesseaufdieAkzeptanzbewertet.
DieinBetrachtkommendenProzessewerdengetrennt
nachformellenundinformellenProzessenbewertet.
5.1 dElibErAtivE QuAlität dEr prozEssE
5.1.1 AktiviErung zur bEtEiligung
DieAktivierungdereinzelnenAkteurezurBeteiligunganden
ProzessenimRahmendes380-kV-Netzausbauvorhabenser-
folgtinnerhalbderformellenVerfahrenaufBasisgesetzlicher
Regelungen,diegenaubestimmen,welcherAkteurinwelcher
FormindieVerfahreneinzubindenist.Fürdieinformellen
ProzessebestehenkeinefestenRegelungen,sodassdieAkti-
vierungeinzelnerAkteurezurBeteiligungganzvomAgieren
derInitiatorInnendieserinformellenProzesseabhängt.
5.1.1.1 AktiviErung innErhAlb dEr formEllEn vEr-
fAhrEn
AktivierungindenGesetzgebungsprozessenaufEU-undBundes-Ebene
BeiderAusarbeitungundVerabschiedungvonEU-Ent-
scheidungenwerdendeutscheEU-ParlamentarierInnen,
der/diedeutscheEU-Kommissar/-in,diedeutscheBun-
desregierungdurchdieFachministerimRatderEuropäi-
schenUnionsowiediekonsultiertenVertreterInnenvon
IndustrieundZivilgesellschaftaktiviertundeinbezogen.
ImRahmenderAusarbeitungundVerabschiedungder
EU-Entscheidung1364erfolgtenachKenntnisstandder
AutorenkeineAktivierungvonpotenziellbetroffenen
BürgerInnen,regionaltätigenNichtregierungsorgani-
sationenoderInteressengruppeninThüringen.Inden
geführtenInterviewsundsonstigenverfügbarenQuellen
gabeskeineHinweisedarauf,dassThüringerVertreterIn-
nenderZivilgesellschaftoderandereTeilederThüringer
Öffentlichkeitbzw.derLandtagvonderEU-Kommission
einbezogenwurden.
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EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
AktivierunginRaumordnungsverfahren(ROV)undPlanfeststellungsverfahren(PFV)
DiegesetzlichenBestimmungenzumROVundzumPFV
regelnsehrklar,dassderVorhabensträgeraufdieverfah-
rensführendeBehördezugehtunddamitdieVorbereitung
desVerfahrensinitiiert.AbdiesemZeitpunktübernimmt
dieverfahrensführendeBehördedieAktivierungaller
TrägeröffentlicherBelange(TÖB)undInteressengruppen.
WerzurBeteiligungeingeladenwird,bestimmtdiesezum
einenaufgrundgesetzlicherRegelungenundzumanderen
mitHilfeseiner/ihrerErfahrungenausvorangegangenen
Planungs-undGenehmigungsverfahren.
DieInformationderÖffentlichkeitkannaufmehrerenWe-
gengeschehen:DurchdieBürgermeisterInnenderbetrof-
fenenKommunen,durchdieBekanntgabederVerfahrens-
EröffnungsowiederAnhörungs-bzw.Erörterungstermine
indenAmtsblätternunddurchdieAuslagederPlanungs-
unterlagenindenKommunen.InsbesondereimRahmen
desPFVwirdexplizitzurStellungnahmeaufgefordert.
ObdieBürgermeisterInnenihreGemeindeninformieren,
liegtausschließlichinderenErmessen.ObdieInformati-
onundAktivierungderBürgerInnendurchdieoffiziellen
Veröffentlichungenerreichtwird,hängtdavonab,obdie
BürgerInnendieAmtsblätterlesenoderdielokalebzw.
regionalePresseüberdieseVerfahrenberichtet.
5.1.1.2 AktiviErung innErhAlb dEr informEllEn
prozEssE
DieInterviewsmitVertreterInnenderBürgerinitiativen
machtendeutlich,dassdieInformationenindenAmts-
blätternnurvonsehrwenigenBürgerInnengelesen
undentsprechendeVeröffentlichungeninderPressezu
diesemZeitpunktnichtwahrgenommenwurden.Eine
breiteAktivierungzurBeteiligungerfolgtedahernicht
überdieInformationsmedienderformellenVerfahren.
VielmehrwurdedieAktivierungeinerbreitenÖffent-
lichkeithauptsächlichdurchdasprivateEngagement
sensibilisierterBürgerInnenerreicht.Dieseengagierten
sichtrotzbeschränkterzeitlicherundfinanziellersowie
organisatorischerRessourcen(diemeistenAktivenhaben
keineErfahrungenmitdirekterBeteiligungund/oderEin-
flussnahmeaufPlanungsprozesse).
DieVattenfallEuropeTransmissionGmbHführtesehrfrüh
imVerfahrenInformationsveranstaltungendurch,jedoch
wurdedasAuftretenvonvielenderpotenziellbetroffe-
nenBürgerInnenalskompromisslosundnichtakzeptabel
wahrgenommen.DiesführtezuVorbehaltenundWider-
ständen,waswiederumeinenweiterenTeilderMenschen
zurBeteiligungaktivierte.
MitderGründungvonInitiativenundInteressenge-
meinschaftenprofessionalisiertendieBürgerInnenihre
Informations-undAktivierungsarbeitschrittweiseund
verteiltendenAufwandaufvieleAktive.Dadurchkonn-
teninkurzerZeitsehrvieleMenschenzurBeteiligung
aktiviertwerden.
AbeinergewissenGrößederAktivitätenderBürgerinitiati-
venberichtetenauchdieMedienüberdiese,waswiederum
zueinerweiterenSensibilisierungundEinbeziehungauch
nichtdirektbetroffenerMenscheninThüringenführte.
ParallelzudenBürgerinitiativenundzumindestteilweise
vondiesenangestoßen,setztensichimThüringerLandtag
einzelneAbgeordnetefürdasThemaein.InVerbindung
mitdenöffentlichkeitswirksamenAktionenderBürgerin-
itiativenundderMedienberichterstattungbewirktedies
ausführlicheDebattenundeineAnhörungimLandtag.
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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5.1.2 mEinungsbildung durch informAtionEn und
diskursivEn AustAusch von ArgumEntEn
EinewirkungsvolleBeteiligungerfordertlautEinschät-
zungderBürgerinitiativeneinehinreichendeKenntnisder
wesentlichenFaktenundZusammenhängerundumdas
380-kV-Netzausbauvorhaben.Nursolässtsichdereigene
Standpunktentwickeln,derdanndurchgutinformierteAr-
gumenteinDiskussionen,AnhörungenoderForderungen
vertretenwerdenkann.DieBeschaffungundVerarbeitung
einerumfassendenMengeanInformationenzum380-kV-
NetzausbauvorhabenbildendafürdieGrundlage.
AuchindenformellenVerfahrenROVundPFVwerden
umfassendeFaktenzumkonkretenNetzausbauvorhaben
zusammengetragen.Diesedienenallerdingsnichtin
ersterLiniederInformationderBürgerInnen,sondern
werdenaufÜbereinstimmungmitlandesplanerischenund
gesetzlichenVorgabengeprüft.
DassundwiesichderUmgangmitInformationensowie
dieBedeutungdesdiskursivenAustauschesvonArgu-
mentenindenformellenVerfahrenundinformellenPro-
zessenunterscheidet,wirdnachfolgendnähererläutert.
5.1.2.1 informAtion in dEn formEllEn vErfAhrEn
InformationenimRaumordnungsverfahren(ROV)
IndenformellenVerfahrenhatdieverfahrensführen-
deBehördedasgesetzlichverankerteRecht,vonallen
BeteiligtendienotwendigenInformationeneinzufordern.
SiewirdmitdenrelevantenInformationenversorgtund
sammeltdiesezentral,ohnedafürselbsteinengroßen
Beschaffungsaufwandbetreibenzumüssen(Informa-
tionskonzentration).DieamROVBeteiligtenwiederum
habeneineigenesInteressedaran,dieBehördemit
ausreichendInformationenzuversorgen.
DerVorhabensträgerhateineklareMotivationdieerfor-
derlichenInformationenbereitzustellen,dadasvonihm
angeregteVerfahrennursobearbeitetundpositivbeschie-
denwerdenkann.DieTrägeröffentlicherBelange(TÖB)
sinduntergeordneteVerwaltungseinheiten,diederAuffor-
derungderverfahrensführendenBehördezurInformations-
bereitstellungFolgeleisten.DieMotivationderKommunen
undandererInteressenvertretungenwiederUmweltverbän-
despeistsichausderHoffnung,dasVerfahrenmiteigenen
Stellungnahmenzubeeinflussen,umdenSchutzderihnen
wichtigenGüterwiez.B.GesundheitderEinwohner,Natur,
gewerblicheFlächenetc.sicherzustellen.
DieAntrags-undPlanungsunterlagendesVorhabens-
trägerssinddiewesentlichenInformationsträgerund
werdenallenBeteiligtenundderÖffentlichkeitdurchdie
verfahrensführendeBehördezurVerfügunggestellt.
DieeingehendenStellungnahmenkannderVorhabens-
trägerzurOptimierungseinerPlanungenheranziehen.Er
istdazujedochnichtverpflichtet.
DenMitarbeiterInnenderTÖBsowiedesVorhabensträgers
kannaufgrundderSpezialisierungvonBerufswegenviel
SachverstandzurBeurteilungderindasVerfahrenein-
gebrachtenInformationenunterstelltwerden.Zusätzlich
kannsichderVorhabensträgerfehlendenSachverstand
aufgrundausreichenderfinanziellerRessourceneinkaufen.
DieKostenderVerfahrenkönnenspäteraufdieNetznut-
zungsentgelteumgelegtwerden.WederbeimVorhaben-
strägernochbeiderverfahrensführendenBehörde,den
beteiligtenTÖB,KommunenundInteressenverbändengibt
essomitwesentlicheRessourcenrestriktionen.
InformationenimPlanfeststellungsverfahren(PFV)
ÄhnlichwieimROVkonzentriertdieverfahrensführendeBe-
hördeauchimPFVdiealsnotwendigerachtetenInformatio-
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EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
nen.AuchsiehatdasRecht,vomVorhabensträgerrelevante
InformationeningewünschtemUmfangundinallgemein-
verständlicherFormeinzufordern.DieStellungnahmender
TÖBundInteressenvertretungensowiedieEinwändeder
BürgerInnenerhältsieausdenbereitsgeschildertenGrün-
den,ohneselbstBeschaffungsaufwandzubetreiben.
DieverfahrensführendeBehördehatjedochkeineMöglich-
keit,dieAngabendesVorhabensträgers,diedenPlanun-
genzugrundeliegen,mittelsunabhängigerDatenzuüber-
prüfenundistdaheraufdieRichtigkeitundVollständigkeit
derInformationendesVorhabensträgersangewiesen.
DieÖffentlichkeiterhältbiszudenErörterungsterminen
lediglichdiePlanungsunterlagenalsInformationsgrund-
lage.ErstindenErörterungsterminenerfahrendieAn-
wesendendieArgumentedesVorhabensträgersaufihre
Stellungnahmenbzw.Einwände.Allerdingsfindendie
ErörterungstermineerstspätimVerfahrenstatt.
DerVorhabensträgerkanndieStellungnahmenundEin-
wändezurOptimierungseinerPlanungenheranziehen,
eineentsprechendeVerpflichtungbestehtjedochnicht.
5.1.2.2 informAtion in dEn informEllEn prozEssEn
IndeninformellenProzessensinddieQualitätderInfor-
mationen,derenBeschaffungundVerarbeitungdurch
folgendeMerkmalegekennzeichnet:
•esbestehteineInformationsholschuldfürdiesich
Beteiligenden,
•dieInformationensindrelativzudenvorhandenenKennt-
nissensehrumfangreichundteilweisesehrkomplex,
•ExpertenwissenistvongroßerBedeutung,
•zuBeginnderBeteiligunggibtesaufgrundfehlender
VernetzungkeineArbeitsteilungzwischendensichBe-
teiligendenhinsichtlichderInformationsbeschaffung
und -verarbeitung,
•diedurchdieformellenVerfahrenbereitgestelltenInforma-
tionenstammenimWesentlichenvomVorhabensträger,
•zeitlicheundfinanzielleRessourcen,etwafürGegenex-
pertisen,sindbeschränkt.
DieGesamtheitdieserBedingungenerschwertesden
Beteiligten,sichinnerhalbderinformellenProzesse
umfassendundschnellzuinformieren.
Informationsholschuld
DenBürgerInnenwerdendierelevantenInformationen
nichtdirektzugestellt.DiePlanungsunterlagenwerdenin
denKommunenausgelegt,dieBürgerInnenmüssenselbst
aktivwerden,dieseeinzusehen.DieArgumentedesVor-
habensträgersalsReaktionaufeigeneEinwändeerfahren
dieBürgerInnennur,wennsieeinerseitsandenInforma-
tionsveranstaltungenteilnehmen,diesieteilweiseselbst
organisierenoderandererseitszudenAnhörungs-bzw.
Erörterungsterminengehen,dievonderverfahrensfüh-
rendenBehördedurchgeführtwerden.Alledarüberhinaus
notwendigenInformationenwiez.B.dieKenntnisder
EU-Entscheidung1364,desEnLAGundderjeweiligenwirt-
schaftlichenundtechnischenZusammenhängesindnicht
fürdieÖffentlichkeitaufbereitet.DieBürgerInnenmüssen
siedurcheigeneRecherchenauffindenundteilweisefür
einebessereVerständlichkeitaufarbeiten.
UmfangreicheundkomplexeInformationen
Diefürdas380-kV-Netzausbauvorhabenrelevanten
Informationensindsehrvielfältig,teilweisespezifisch
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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sowiekomplex.GeradedieandenProzessenbeteiligten
BürgerInnen,Kommunal-undLandespolitikerbefassen
sichgrößtenteilsalsLaienmiteinerVielzahlvonThe-
menbereichenwiez.B.:
•denSzenarienzurzukünftigenGestaltungderEnergie-
versorgunginDeutschland(mitundohneBerücksichti-
gungderEuropäischenIntegration),
•denUnternehmensinformationendesVorhabensträgers
50HertzTransmissionGmbH,
•denwirtschaftlichenAspektendesStromnetzausbaus,
•denTechnologievariantenfürStromübertragungwie
Freileitung,Erdverkabelung,Hochtemperaturseile,
Temperaturmonitoring,
•denmöglichengesundheitlichenBeeinträchtigungen
durchelektro-magnetischeFelderbzw.Strahlungen,
•dengesetzlichenGrundlagenfürdasNetzausbauvor-
habenwieEU-Entscheidungen,EnLAG,Eneuerbare-
Energien-Gesetz(EEG)undEnWG,
•denPlanungs-undGenehmigungsverfahrenwieROV
undPFV,
•demVorgehenandererNetzbetreiberbeimStromnetzausbau,
•demTier-,Pflanzen-undLandschaftsschutz,
•derStromnetzstabilitätunddemStromnetzmanagement.
Expertenwissen
VordiesemHintergrundhabendieMeinungenvonFach-
experteneinenhohenStellenwert.DieBürgerinitiativen
undbetroffenenKommunenhabendaher2007ausMan-
gelanverwertbarenInformationeneineeigeneStudie
zurÜberprüfungderNotwendigkeitder380-kV-Leitungin
Auftraggegebenundfinanziert.
ArbeitsteilungbeiderInformationsbearbeitung
DieBürgerInnenwarengeradezuBeginnderProzesse
wenigbisgarnichtorganisiert.Dahergabesauchkeine
wirksameArbeitsteilungzurBeschaffungundVerarbei-
tungvonInformationenundjederbzw.jedeEinzelne
begannsichindiekompletteThematikeinzuarbeiten.Im
VerlaufederProzesseinThüringenwurdenBürgerinitiati-
venundeineInteressengemeinschaftgegründet,wo-
durchdieInformationsarbeitprofessionellerorganisiert
undeffizienterdurchgeführtwerdenkonnte.
VorhabensträgeralsHauptinformationsquelle
DievondenformellenVerfahrenbereitgestellten
InformationensinddiePlanungsunterlagendesVor-
habensträgerssowiedessenAntwortenaufEinwände
undStellungnahmenimRahmenderAnhörungs-oder
Erörterungstermine.HinzukommendieDiskussions-und
Informationsveranstaltungen,indenenderVorhabens-
trägerRedeundAntwortsteht.
VielederBetroffenensowieVertreterderverfahrensfüh-
rendenBehördesindderAnsicht,dassindenVerfahren
zur380-kV-LeitunginThüringenderVorhabensträger
eineungenügendeInformationspolitikbetriebenhabe,
dieÖffentlichkeitteilweisefehlinformiertwurde,ihr
heikleInformationenvorenthaltenodernuraufDruck
derverfahrensführendenBehördebzw.durchkritische
NachfragenderExpertenaufSeitenderBürgerinitiativen
kommuniziertwurden.DieseIntransparenzführtezu
einemmassivenVertrauensverlustbeidenBürgerInnen
gegenüberdemVorhabensträger.
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EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
DieInterviewsmitVertreterInnenderBürgerinitiativen
undderverfahrensführendenBehördeliefernBelegefür
dieAnnahme,dassesfürdieMeinungsbildungunzu-
reichendist,wenndierelevantenInformationenfast
ausschließlichvomVorhabensträgerstammen.Indemun-
abhängigeInformationenbzw.Bewertungenfehlenund
derVorhabensträgerdereinzigeist,demdierelevanten
DateninGänzevorliegen,kannunterUmständenkeine
GlaubwürdigkeitgegenüberseinenInformationenaufge-
bautwerden.DenBürgerInnenfehlenandieserStelledie
Kontrollmöglichkeiten.DiesesausgeprägteInformations-
gefälleverhindert,dassdiebestmöglichenArgumente
ausgetauschtwerdenkönnen.
BeschränktezeitlicheundfinanzielleRessourcen
DasEngagementderBürgerInnenerfolgtinderRegel
zusätzlichzurganznormalenBerufstätigkeitundauf
privaterBasis.FüralleAktivitätenderInformationsbe-
schaffung,-verarbeitungund-verbreitungkönnendaher
imWesentlichennursehrbegrenztezeitlicheundfinan-
zielleMitteleingesetztwerden.Diesstehtimdeutlichen
GegensatzzudenumfangreichenMöglichkeitender
verfahrensführendenBehördeunddesVorhabensträgers.
5.1.2.3 diskursivEr AustAusch von ArgumEntEn in
dEn formEllEn vErfAhrEn
DieformellengesetzgeberischenVerfahrenaufEU-und
BundesebeneberuhenzueinemwichtigenTeilaufeinem
AustauschvonArgumenten,deru.a.durchKonsultatio-
nenvonInteressengruppenundgemeinnützigenOrgani-
sationensowiedurchDebattenrealisiertwird.Ausschlag-
gebendfürdiejeweiligeEntscheidungsfindungsindin
allerRegeldieMehrheitsverhältnisseindenParlamenten.
WiederDiskursimVorfeldderEU-Entscheidung1364
ablief,istdenAutorInnennichtimEinzelnenbekannt.Die
bundespolitischeDebattezumEnLAGwarbegrenzt.Inden
BundestagsdebattenwurdenauchArgumentegegendas
Gesetzangeführt,diedamaligenMehrheitsverhältnisse
sichertenjedochdieVerabschiedungdesGesetzes.Im
BundesratgabeskeinegroßenDebattenundMeinungsdif-
ferenzen,sodassderGesetzesentwurfnichtdemVermitt-
lungsausschussübergebenwurde.DiedamaligeThüringer
LandesregierunghatwederimBundesratnochimeigenen
BundeslanddieDebattezumGesetzesentwurfinitiiert.
DieformellenVerfahrenROVundPFVsindinersterLinie
Prüfverfahren,AufgabederverfahrensführendenBehör-
deistdahernichtdieErarbeitungerfolgversprechender
Planungsalternativen.DiesistHauptaufgabedesVorha-
bensträgers,zudererUnterstützungdurchdieStel-
lungnahmenundEinwändederamVerfahrenbeteiligten
TÖB,Kommunen,VerbändeundBürgerInnenerhält.
EinDiskurs,beidemübermehrereRundenArgumente
ausgetauschtwerden,istinnerhalbderVerfahrennicht
beabsichtigtundkommtauchnichtzustande.Eswird
davonausgegangen,dassderVorhabensträgerallenot-
wendigenSchritteunternimmt,umeinEinvernehmenmit
denbetroffenenBürgerInnenherzustellen.
InnerhalbdesPFVbietenlediglichdieErörterungster-
mineundderenargumentativeVorbereitungdurchden
VorhabensträgerAnsätzefüreineoffeneDebatte.Die
BetroffenenkönnenihreEinwändevorbringenundder
Vorhabensträgermussaufdiesereagieren.Aufdessen
ArgumentekönnendieBetroffenendannwiederumnur
reagieren,wennsiespontanüberdieentsprechenden
Argumenteverfügen–esbleibtdenBürgerInnenkeine
Zeit,sichmitdenÄußerungendesVorhabensträgers
ausführlicherauseinanderzusetzen.Dazukommt,dass
dieArgumentedesVorhabensträgersindenErörte-
rungsterminenvondenBürgerInnenteilweisealszu
technischundunverständlichempfundenwurden.Eine
Konsequenzdarauswar,dasssichdieBürgerinitiativen
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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indenTerminendurchjuristischeundtechnischeExper-
tenvertretenließen.
DiegrößteKritikderBürgerinitiativenandenformellen
VerfahreninThüringenistjedoch,dassdieÜberprüfung
derNotwendigkeitdes380-kV-Netzausbauvorhabensund
derentsprechendediskursiveAustauschvonArgumenten
verhindertwurden.DurchdiefürallePFVverbindliche
FestschreibungderenergiewirtschaftlichenNotwen-
digkeitimEnLAGwurdediesonstimPFVerforderliche
BegründungderInfrastrukturmaßnahmeüberflüssig.Für
denVorhabensträgerbestanddaherzukeinemZeitpunkt
dieVeranlassung,dieNotwendigkeitdes380-kV-Netzaus-
bausdarzulegenodermitdenBürgerinitiativenzudisku-
tieren,wasdiesejedochbiszumheutigenTageinfordern.
DiedamaligeBundesregierungsowiedieBefürworterdes
EnLAGimBundestaghabenganzbewusstdendiskursiven
AustauschvonArgumentenzudieserFrageunterbunden,
umdieVerfahrenzubeschleunigen.
5.1.2.4 diskursivE ElEmEntE in dEn informEllEn
prozEssEn
DieBürgerinitiativen,einzelneKommunenundLandtags-
abgeordnetehabenversucht,mitdemVorhabensträger,der
Landesregierung,derverfahrensführendenBehördeundmit
denBundesministerienfürWirtschaftundUmweltineinen
Dialogzur380-kV-LeitungdurchThüringenzutreten.
IndenInterviewswurdedeutlich,dassalleDiskursan-
gebotezurprinzipiellenNotwendigkeitderLeitungvom
Vorhabensträger,vonderLandesregierungundvonden
Bundesministerienverweigertwurden.
DieDiskursangebotezualternativenTechnologienfürdie
380-kV-LeitungwurdenvomVorhabensträgerauchsehr
langeverweigert.ErstkurzvorEndedesPFVzumzweiten
BauabschnitträumtederVorhabensträgerineinemErör-
terungsterminunterAnwesenheitderverfahrensführen-
denBehördeein,dassbestimmteAlternativvorschläge
derBürgerinitiativentechnischmachbarseien,waserbis
dahinimmerverneinthatte.
DieDialogezumkonkretenVerlaufder380-kV-Leitung
zwischenVorhabensträger,denTÖBundderbetroffenen
BevölkerungvorOrthabengutfunktioniertundergaben
eineweitgehendeOptimierungdesStreckenverlaufs.
AusSichtdesVorhabensträgershabendieBürgeriniti-
ativenundeinzelneKommunenwieGroßbreitenbach
dendiskursivenAustauschvonArgumentenblockiert,
indemsieargumentierten,dasserstdieNotwendigkeit
der380-kV-Leitungbelegtwerdenmüsse,bevormanan
weiterenGesprächenzuRealisierungsdetailsteilnimmt.
ErschwertwurdederDialoglautAussagedesVorhaben-
strägersauchdurchdieDurchführunggroßformatiger
Diskussionsveranstaltungen,indenennichtankonkreten
ProblemenderStreckenführunggearbeitet,sondernsehr
breitundvielschichtigdiskutiertwordensei.Zumeinen
könnteninsolchenVeranstaltungendieangesprochenen
komplexenSachverhalteniebefriedigendundabschlie-
ßenderklärtunddiskutiertwerden.Zumanderenseien
dieDiskussionenlautVorhabensträgerteilweiseunsach-
lichgeführtworden,dasieauffehlendemFachwissen,
politischemKalküloderideologischenÜberlegungen
aufbauten.
5.1.3 EinflussnAhmE Auf diE EntschEidungEn in dEn
prozEssEn
EinedirekteEinflussnahmederbeteiligtenBürgerInnen,
Verbände,KommunenundLandespolitikerInnenaufdie
Entscheidungen,diefürdas380-kV-Netzausbauvorhaben
relevantsind,gabesnicht.
31
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
DieThüringerLandesregierungwarhingegenaufderge-
setzgeberischenEbenederEUunddesBundesinvolviert
undhatesnachAnsichtderVertreterInnenderBürger-
initiativenversäumt,diesenSpielraumzunutzen,um
einefürdieBetroffenenakzeptablereLösunganzustre-
ben.VonErfolgwärendieseBemühungenlautAuskunft
einzelnerLandtagsabgeordneteraufgrundderdamaligen
Mehrheitsverhältnissewahrscheinlichnichtgewesen.
InnerhalbderformellenVerfahrenROVundPFVtrifftal-
leindieverfahrensführendeBehördedieEntscheidungen.
IndeninformellenProzessenselbstwerdenkeinefürdas
NetzausbauvorhabenrelevantenEntscheidungengetrof-
fen,sondernEinflussgeneriert,mitdemaufdieEnt-
scheiderimformellenVerfahreneingewirktwerdensoll.
SokonntenbeteiligteBürgerInnenundInteressengrup-
pendieEntscheidungenzum380-kV-Netzausbauvorha-
benbezüglichdes„Wie“,nichtjedochdes„Ob“durch
ihreStellungnahmenundEinwändebeeinflussen.Diese
WirkungaufdieEntscheidungistdenmeistenBürgerIn-
nenjedochnichtbewusst,daesfürsiepraktischkeine
offizielleReaktiondesVorhabensträgersbzw.derver-
fahrensführendenBehördeaufihreStellungnahmenund
Einwändegab.IndenInterviewsmitVertreterInnender
Bürgerinitiativenwurdedeutlich,dassdieMehrheitder
beteiligtenBürgerInnennichtdasGefühlhat,dassdie
geäußertenMeinungenundBedenkengehörtundinder
Entscheidungberücksichtigtwurden.
NebendenStellungnahmenundEinwändenalsTeilder
formellenVerfahrenermöglichtegeradederProtestder
BürgerInnenundInteressenvertretungenaußerhalbdieses
formellenRahmenseineweitereEinflussnahmeaufdie
ErgebnissederformellenVerfahren.DurchdieInforma-
tions-undMedienarbeitderBürgerinitiativen,Interessen-
vertretungenundVerbändebliebenvieleAktiveengagiert
undderProtestgegendasNetzausbauvorhabensichtbar
–wasteilweisezueinerverändertenKooperationsbereit-
schaftdesVorhabensträgersführteunddamitAlternativen
zuursprünglichenPlanungenermöglichte.
5.2 EinflüssE Auf diE AkzEptAnz
Das380-kV-NetzausbauvorhabeninThüringenisteine
InfrastrukturmaßnahmemitzahlreichenEingriffenin
dasLandschaftsbild,dieNaturundindiepersönliche
LebensumgebungvielerMenschen.Daheristesnicht
verwunderlich,dassdieAkzeptanzfürsolcheinProjekt
–insbesonderebeidendirektBetroffenen–ehergering
ist.Saloppformuliertkönntemansagen,dassniemand
riesigeStrommasteninseinemGartenhabenmöchte.
Diesenot-in-my-backyard-Auffassung(NIMBY)vieler
BürgerInnenbestätigenVertreterInnenderBürgerin-
itiativen,desVorhabensträgersundniederländischer
Nichtregierungsorganisationen,dieimBereichdesNetz-
ausbausaktivsind.
DiegeringeAkzeptanzistjedochkeineallgemeingültige
ProblematikdesNetzausbauvorhabens.DasThüringer
Landesverwaltungsamt(TLVwA)alsverfahrensführende
BehördesowiederVorhabensträger50HertzTransmission
GmbHbestätigen,dassdiePlanungs-undGenehmi-
gungsverfahrenfürdenerstenBauabschnittvonLauch-
städtnachVieselbachohnegroßeProtesteinkurzerZeit
abgeschlossenwerdenkonnten.DieAntragskonferenz
desROVwurdeam17.08.2004durchgeführtunddasPFV
wurdeam20.12.2007abgeschlossen.
DassgroßeInfrastruktur-Maßnahmeninjüngster
VergangenheitzunehmendaufwenigAkzeptanzund
großeProtestestoßen,erklärteinVertreterdesTLVwA
miteinergesellschaftlichenVertrauenskrise,diedas
VerhältniszwischenBevölkerung,PolitikundWirtschaft
erschüttert.EinwachsenderTeilderBevölkerungseider
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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Meinung,dassBürgerinteressennichtmehrausreichend
inexistierendenrechtsstaatlichenVerfahrenvertreten
werdenwürden.VonWirtschaftsunternehmenwerde
misstrauischangenommen,dasssieihreEigeninteressen
bedenkenlosdemSchutzöffentlicherGüterüberordnen.
DiezahlreichenSkandaleundBeispielefürdieProfitgier
undfehlendesozialeVerantwortungeinzelnerUnterneh-
menmögendafüreineUrsachesein.
AusdiesenÜberlegungenherausstelltsichfürdenVer-
treterdesTLVwAnichtdieFrage,wiesichdieAkzeptanz
vonNetzausbauvorhabensteigernlässt.DieAkzeptanz-
förderungsetzevielfrüheranundesseivielmehrzu
klären,inwieweitundunterwelchenBedingungendie
Gesellschaftbereitsei,weitereInfrastruktur-Projekte
mitzutragen.EinewesentlicheVoraussetzungdafür
könntentransparenteDebattensein,indenenüberdie
Zielsetzungen,diemitdenjeweiligenInfrastruktur-Maß-
nahmenverfolgtwerden,diskutiertwirdunddarüber,
obdiesefürdieGesellschaftnotwendigoderzumindest
akzeptabelsind.
AmBeispieldes380-kV-NetzausbauvorhabensinThürin-
genlässtsicherkennen,dassdieZielederInfrastruktur-
MaßnahmegegenüberderBevölkerungnichtausreichend
geklärtwurdenundeinmalvorgegeben,aufkeinegroße
AkzeptanzbeiderbetroffenenBevölkerungstießen.Die
ungeklärteNotwendigkeitder380-kV-Leitungistneben
dernot-in-my-backyard-ProblematikdasgrößteHinder-
nisfürdieAkzeptanzdes380-kV-Netzausbauprojektes.
DabeilehnendieBürgerinitiativenundbetroffenen
KommunendenUmbaudesEnergiesystemshinzueiner
verstärktenNutzungErneuerbarerEnergiennichtab.
Sievermutennur,dassdieLeitungnichtausschließlich
diesemZieldienensollbzw.garnichtnotwendigsei,um
dasZielzuerreichen.
DieProzesseumdas380-kV-NetzausbauprojektinThü-
ringenkonntendiegeforderteTransparenznachEindruck
vielerBürgerInnen,Bürgerinitiativen,Landespolitiker
undVertreterderUmweltverbändebishernichtherstel-
len.DarüberhinaushabensiewederfürGlaubwürdigkeit
undVertrauenzwischendenbeteiligtenInteressengrup-
pennochfüreinenechtendiskursivenAustauschvonAr-
gumentengesorgt.DiegrundsätzlicheAkzeptanzwurde
dahernichtwesentlichgesteigert.
AndersverhältessichmitderlokalenOptimierungdes
StreckenverlaufsunddereingesetztenTechnologieder
380-kV-Leitung.HierwurdensehrvieleStellungnahmen
undEinwändeinderPlanungberücksichtigtunddadurch
Konfliktebefriedet.Zusammenfassendlässtsichfest-
halten,dassdiePlanungs-undAbstimmungsprozesse
zumNetzausbauvorhabenwenigpositiveWirkungaufdie
grundsätzlicheAkzeptanzdesInfrastruktur-Projektes
hatten.BeiderlokalenOptimierungderPlanungenaber
zumgrößtenTeilbestehendeKonfliktebefriedetwerden
konntenundteilweiseeineAkzeptanzfürdas„Wie“des
Projektserreichtwurde.
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EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
5.3 zusAmmEnfAssung dEr stärkEn und schwächEn dEr prozEssE
DeliberativeDimension
Stärke Schwäche
FormelleVerfahren
Akti
vier
ung
zur
Bete
iligu
ng
EU-Entscheidungen•KonsultationvonVertreterInnenderZivilge-
sellschaftdurchdieEU-Kommissionenwäh-
rendderVorbereitungeinerEU-Entscheidung
Bundesgesetzgebung
ROV/PFV•KlaregesetzlicheRegelungen,diefestlegen,
welcherAkteurinwelcherFormeinzubindenist
•VerfahrensführendeBehördeübernimmt
AktivierungderTÖBundInteressengruppen
imROVundPFV
EU-Entscheidungen•KeineklarenRegelungen,werwanndurchdieEU-
Kommissionzukonsultierenist
Bundesgesetzgebung
ROV/PFV•InformationderÖffentlichkeitimRahmendesROV
undPFVausschließlichdurchAnzeigeinAmts-
blättern,AuslagederPlanungsunterlageninden
Kommunenund–sehrspätimVerfahren–durch
Anhörungstermine
•RelativzumUmfangderPlanungsunterlagenwenig
ZeitfürEinsicht(mehralszehnAktenordnerDa-
tenumfang)
•AufErörterungstermineundMöglichkeitender
BeteiligungwirdzwingendnurinAmtsblättern
hingewiesen,diekaumvonderBevölkerungge-
lesenwerden.InwieferndieMedienberichterstat-
tungentsprechendeInformationenliefert,kann
nichtsichergesagtwerden,dadieseEntscheidung
redaktionellenÜberlegungenunterliegt.
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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DeliberativeDimension
Stärke Schwäche
InformelleProzesse
Akti
vier
ung
zur
Bete
iligu
ng
•KeineklarenRegelungenzurbreitenAktivierung
•Vielprivates,zeitlichesundfinanziellesEngage-
mentnotwendig,umbreitzuaktivieren
•KeinebestehendenOrganisationsstrukturenundda-
durchkeinewirksameArbeitsteilungzwischenden
engagiertenBürgerInnenzuBeginnderProzesse
DeliberativeDimension
Stärke Schwäche
FormelleVerfahren
Mei
nung
sbild
ung
durc
hIn
form
atio
n
EU-Entscheidungen
Bundesgesetzgebung
ROV/PFV•Antragskonferenzfindetausreichendzeitig
statt,umdenInformationsbedarfzubestimmen
•VerfahrensführendeBehördekonzentriert
allenotwendigenInformationen
•TLVwAhatdasRecht,relevanteInformati-
oneningewünschtemUmfangundallge-
meinverständlichvomVorhabensträger
einzufordern
EU-Entscheidungen
BundesgesetzgebungDurchdasEnLAGkonnten„Gutachtenkriege“nicht
vermiedenwerden.47BürgerinitiativenundKom-
munensuchteneinenWeg,docheinGutachtenzur
Notwendigkeiterstellenzulassen,Landesregierung
zogmiteigenemGutachtennach
ROV/PFV•InformationenstammenzumGroßteilvomVorha-
bensträgerundwerdennichtimmerüberprüft
PlanungsunterlagenwerdenerstmitdemStartdes
ROVbzw.PFVveröffentlicht.
47UrsprünglicheIntentionderBundesregierung,umdieVerfahrenzubeschleunigen–sieheauchAnhangzurdetailliertenBewertungderProzesse
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EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
DeliberativeDimension
Stärke Schwäche
InformelleProzesse
Mei
nung
sbild
ung
durc
hIn
form
atio
n
•TLVwAhatRolledes„Moderators“zwischen
BeteiligtenundVorhabensträgerübernommen
•DieimRahmendesPFVausgelegtenPla-
nungsunterlagenenthieltenAngabenzum
konkretenVerlaufderTrasse.
•Vorhabensträgerlieferteaufentsprechende
NachfragenindenErörterungs-undAnhö-
rungsterminenweitereInformationen
•DiebetroffenenKommunenhabenein
ExpertengutachteninAuftraggegebenund
sichselbstsachkundiggemacht
•InformationenzumNetzausbauvorhabensindsehr
vielfältigundsehrkomplex
•BeschränktezeitlicheundfinanzielleRessourcen
derBürgerInnenzurInformationsbeschaffungund
-aufarbeitung
•BürgerInnenundKommunenmüssenStudieselbst
finanzieren
•Informationenteilweisezufachspezifisch,umsie
alsLaievollständigzuverstehen,Einschätzungen
vonExpertensindnotwendig
•InformationspolitikdesVorhabensträgersunzu-
reichend,d.h.teilweiseFehlinformationensowie
FreigabeeinigerInformationennuraufDruckder
ÖffentlichkeitoderdesTLVwA
45Zit.nachRitzi,C.,Schaal,G.S.:WieBürgerbeteiligungbessergelingt.In:vhwFWS2/März-April201146Ritzi,C.,Schaal,G.S.:WieBürgerbeteiligungbessergelingt.S.2,In:vhwFWS2
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DeliberativeDimension
Stärke Schwäche
FormelleVerfahren
Mei
nung
sbild
ung
durc
hdi
skur
sive
nAu
stau
sch
von
Argu
men
ten
EU-Entscheidungen
Bundesgesetzgebung
ROV/PFV•ErörterungsterminesindguterAnsatzfürar-
gumentativenAustausch,daBetroffeneund
VorhabensträgerindirektenAustauschtreten
•WesentlichePlanänderungendurchStel-
lungnahmen,EinwändeoderErörterungs-
termineführenzueinerumfangreichen
ÜberarbeitungderPlanungenundzueinem
neuenPFVinklusiveAuslege-undErörte-
rungszyklus
•VorhabensträgernimmtEinwändeernst
EU-Entscheidungen
Bundesgesetzgebung•DurchgesetzlicheFestschreibungderNotwendig-
keitimEnLAGistderdiskursiveAustauschvon
ArgumentenzurFragestellungderNotwendigkeit
unterdrücktworden
ROV/PFV•ImROVundPFVkeinDiskursgeplant,dadiesPrüf-
verfahrensind,lediglichAustauschvonArgumen-
tenimDialogüberTLVwA
•ArgumentedesVorhabenträgersaufdieeinge-
reichtenStellungnahmenundEinwändewerden
erstinErörterungsterminenbekanntgegeben
•KommunenhabenihreMöglichkeitenimPFVnicht
genutzt
•ImROVgibteskeinendirektenAustauschzwischen
VorhabensträgerundBedenkenträgern
•ImPFVgibteskeinendirektenAustauschzwischen
VorhabensträgerundBedenkenträgern.Argumen-
tekönnennurwährenddesErörterungstermins
ausgetauschtwerden
•ErörterungsterminefindenrelativspätimVerfah-
renstatt
•FürdenAustauschzwischendenBeteiligtenist
offiziellkeinModeratorfestgelegt
•DieErörterungsterminewarenvondenBürgerIn-
nennurschlechtbesucht
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EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
DeliberativeDimension
Stärke Schwäche
InformelleProzesse
Mei
nung
sbild
ung
durc
hdi
skur
sive
nAu
stau
sch
von
Argu
men
ten
•DerDialogmitdenBürgerInnenhatnütz-
licheErgebnissefürdasgesamteProjekt
hervorgebracht.
•DievondenbetroffenenBürgerInnenund
KommuneninAuftraggegebeneStudiehat
nebendenEinschätzungenzurNotwendig-
keitderTrasseauchdieAnwendungvon
Alternativ-TechnologienzurErtüchtigung
bestehenderLeitungenbefördert.
•DurchdasBürgerengagementwurdenDebat-
tenimThüringerLandtagalsauchimBundes-
tagangeregtunddieProblemedes380-kV-
Netzausbauvorhabensöffentlichgemacht.
•ImLaufedesGesamtprozesseshatsichein
gegenseitigesVerständniszwischenVorha-
bensträgerundBürgerinitiativenentwickelt.
DieAtmosphärederAuseinandersetzungen
wurdedadurchzunehmendsachlicher.
•IndirektkonntenallebeteiligtenBürgerIn-
nenundInteressengruppendieEntschei-
dungeninderWeisebeeinflussen,alsdass
sierelevanteInformationenwieStellung-
nahmen,EinwändeundGutachtenindie
formellenVerfahreneingebrachthaben.
•KlaregesetzlicheRegelungenfürZeitpunkt,
FormundAusmaßderBeteiligungundfürden
UmgangmitdenBeteiligungsergebnissen
•BürgerinitiativenhabenMöglichkeitenzur
Stellungnahmegenutzt
•GegenseitigeVorwürfeunkonstruktivenVerhaltens
beiallenBeteiligten,vorallemindenfrühenPha-
senderProzesse
•DiskurswirdvonbeidenSeitenblockiert.Vor-
habensträgerhieltInformationenzurückund
Betroffeneschätzenihnalsunehrlichein.Vorha-
bensträgerbewerteteinenTeilderEinwändeals
uninformiertoderideologischgeprägt
•LandesregierungundLandesministerienver-
weigerteneineDiskussionüberdieprinzipielle
NotwendigkeitdesNetzausbauvorhabens
•ErstdurchdieBeteiligungvonFachexperten
konntendieBürgerinitiativenindenErörterungs-
terminenaufAugenhöhemitdemVorhabensträ-
gerzutechnischenAspektender380-kV-Leitung
argumentieren.
•Vorhabensträgerbzw.Bürgerinitiativenhabenun-
terschiedlichguteZugängezuöffentlichenMedien
•GroßeDiskussionsveranstaltungenwarenfürden
diskursivenAustauschvonArgumentenunge-
eignet,konkreteProblemstellungenlassensich
dadurchnichtbearbeiten
•AufdergesetzgeberischenEbenederEUunddes
BundeswurdendieMöglichkeiten,diedieThüringer
Landesregierunghatte,nichtvollausgeschöpft.
•BürgerInnennahmendurchfehlendeRückkopp-
lungvomVorhabensträgerundTLVwAnichtwahr,
wieihreStellungnahmenundVorschlägeimVer-
fahrenberücksichtigtwurden
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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6 AltErnAtivE vorgEhEnswEisEn / hAndlungsEmp-
fEhlungEn
IndiesemKapitelwerdenHandlungsempfehlungenund
Umsetzungsideenformuliert,diehauptsächlichauf
ErkenntnissenderAutorInnenbasieren,diesiedurchdie
geführtenInterviewserlangenkonnten.DesWeiteren
wurdenSchlussfolgerungenausderLiteraturrecherche
zurdeliberativenBeteiligungundausdenimRahmender
best-practice-AnalysegeführtenGesprächenmitVertrete-
rInnendesniederländischenWirtschaftsministeriumsund
einerniederländischenUmweltorganisationhinzugezogen.
DieHandlungsempfehlungenfolgeneinemzweigliedri-
genAufbau:ZuerstwirdinKürzedasjeweiligeProblem
dargestellt,dasindenProzessenzumThüringer380-kV-
Netzausbauvorhabenaufgetretenist.Danachwirddie
entsprechendeHandlungsempfehlunggegebenundwo
möglichdurchkonkreteUmsetzungsideenuntersetzt.
Grundlagenfürden380-kV-Netzausbau
GrundlegendeEntscheidungenzum380-kV-Netzausbauwer-
densowohlaufEU-alsauchaufnationalstaatlicherEbene
getroffen.Dievonkonkreten380-kV-Netzausbauprojekten
betroffenenBürgerInnenwollenzumindestverstehen,wa-
rumdieseMaßnahmennotwendigsind.BeiallenGrundla-
genentscheidungenzumAusbausinddaherdieNotwendig-
keitunddiemitdenMaßnahmenverfolgtenZielsetzungen
aufderBasistransparenterDatendarzulegen.
FürDeutschlandistvordiesemHintergrundeinplausib-
lesundvoneinerbreitenBevölkerungsmehrheitgetra-
genesEnergiekonzeptnotwendig,dasdieEU-Zielezum
Energiesystemintegriertundausdemnachvollziehbar
dieVorgabenfürdeninnerdeutschen380-kV-Netzausbau
abgeleitetwerden.AufgrunddieserVorgabensollteein
Bundes-Netzplanerstelltwerden,derdetailliertbe-
schreibt,zwischenwelchenNetzknotenpunktenStrecken
neugebaut,erweitertoderertüchtigtwerdensollen.
DasEnergiekonzeptwurdeimKontextderEnergie-wendevonderBundesregierungbereitsvorgelegt.EinentsprechenderNetzentwicklungsplanwirdderzeitvondenÜbertragungsnetzbetreibernerarbeitet.
WelcheTrassenfürdieseVerbindungengeeignetsind,
sollteaufBundeslandebeneunterZuhilfenahmedes
Know-howderRegionalenPlanungsgemeinschaften
herausgearbeitetundentschiedenwerden.Hierist
insbesonderevonBedeutung,dassVorschlägefürTras-
senalternativennichtalleinvomVorhabensträgerindie
Verfahreneingespeistwerdenkönnen,sondernauchvon
derLandesregierung.SollteesaufgrundverteilterZu-
ständigkeitenbeibundeslandüberschreitendenProjekten
zuVerzögerungenkommen,mussnachAblaufeinerFrist
eineübergeordneteBundesbehördedasVerfahrenfürdie
FestlegungderPlanungskorridoreansichziehen.
DieaktuelleGesetzgebungverlagertentgegendieserEmpfehlungbeibundeslandübergreifendenNetzaus-bauvorhabendieraumordnerischeKompetenzaufdieBundesnetzagentur,diewiederumdieLandesbehördenindieVerfahreneinbindet.EinVorschlagsrechtfürbetroffeneBundesländerbezüglichalternativerTras-senkorridoreistmittlerweileimNetzausbaubeschleu-nigungsgesetzÜbertragungsnetze(NABEG)verankert.DesWeiterenkannauchdieRaumverträglichkeitein-zelnerTrassenkorridoreohneeinenkonkretenAntragdesNetzbetreibersgeprüftwerden.
Denkbarwäreauch,dassdiegrundsätzlichgeeigneten
Korridorefürdie380-kV-Verbindungenalleindurchdie
PlanungsbehördendesBundeslandeserarbeitetwerden
unddieLandesregierungalsVorhabensträgerinimROV
auftritt.GrundlagedafürsolltedervondenNetzbetrei-
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EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
bernangemeldeteBedarffürNetzausbausein.Sobald
möglicheKorridoreaufgrundlandesplanerischerÜber-
legungenfestgelegtsind,wirdderNetzbetreiberfürdie
konkreteTrassierungimRahmendesPFVhinzugezogen.
BeiderFestlegungderkonkretenStreckenmussder
jeweilsaktuelleStandderTechnologiezurKapazitätsaus-
weitungbestehenderLeitungenberücksichtigtwerden.
FürdenNeubauvonStreckenmüssentechnologisch
undwirtschaftlichmachbareAlternativenwiez.B.
GleichstromübertragungoderErdverkabelungebenso
wieMöglichkeitenderBündelungvonInfrastrukturmaß-
nahmenBerücksichtigungfinden.Zielmussessein,die
zusätzlicheBelastungfürMenschundNatursogeringwie
möglichzuhalten.DasEnergiekonzeptundderBundes-
NetzplansinddurchentsprechendeBeschlüssedes
BundestagesundBundesratszulegitimieren.Essollten
Zyklenverbindlichvereinbartwerden,indenenEnergie-
konzeptundBundes-NetzplaneinerRevisionunterzogen
werden,umsiehinsichtlichderneuestentechnologi-
schenEntwicklungenanzupassen.
DieaktuellenRegelungenimNABEGsehenmittlerweile
vor,dassderNetz-Bedarfsplan,deraufdemNetzentwick-
lungsplanderÜbertragungsnetzbetreiberbasiert,vom
GesetzgeberverabschiedetundineinemZyklusvondrei
Jahrenangepasstwird.
AktivierungzurBeteiligung
Problem:
DieBürgerInneninThüringenhabenvondenÜberlegun-
genaufEU-undBundesebenezum380-kV-Netzausbau
nichtserfahren.
ImZugederkonkretenPlanungs-undGenehmigungs-
verfahrenerhältdieÖffentlichkeitersteInformationen
zurInfrastrukturmaßnahmeerstdurchdieAnzeigeder
EröffnungdesROVunddesPFVinAmtsblättern,durch
dieAuslagederPlanungsunterlagenindenKommunen
unddurchdieAnhörungs-bzw.Erörterungstermine.
DieseInformationsmedienwerdennichtvonallenTeilen
derBevölkerunggenutzt.ZudemerfolgtdieInformation
erstnach(!)ErstellungderPlanungsunterlagendurch
denVorhabensträger.Voneinerentsprechendenzuverläs-
sigenBerichterstattungindenlokalenbzw.regionalen
Medienkannnichtunbedingtausgegangenwerden,da
dieseredaktionellenÜberlegungenunterliegt.
Handlungsempfehlung:
BeiPlanungenzum380-kV-NetzausbauaufEU-und
BundesebenemussesverbindlicheineVorabinformation
derBürgerInnenindenpotenziellbetroffenenRegionen
geben.InteressenvertreterInnenderZivilgesellschaftaus
denbetroffenenRegionenmüsseninnerhalbdesPla-
nungsprozesseszurBeteiligunginformiertwerden.Auf
EU-EbenekanndasInstrumentderKonsultationwährend
derErarbeitungvonEntwürfenvonEU-Rechtsvorschrif-
tendazugenutztwerden.
DieklarengesetzlichenRegelungen,welcherAkteur
wannundinwelcherFormindieformellenVerfahren
ROVundPFVeinzubindenist,solltenbeibehaltenund
ergänztwerden.DieFederführungdesVerfahrenssollte
wiebisherinderHandeinerBehördeliegen,diefürdie
AktivierungallerInteressengruppenzuständigist.Für
dieseAktivierungmüssenzusätzlichzudenbestehenden
InformationsmedienandereKommunikationsmittelwie
AnzeigeninTageszeitungen,Hinweiseaufkommunalen
InformationsportalenimInternet,MeldungenundBei-
trägeimLandesradio/Landes-TVeingesetztwerden.
DieaktuellenRegelungenimNABEGsehenzumindestbeibundeslandübergreifendenNetzausbauvorhaben
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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einebreiteInformationderÖffentlichkeitmittelsInternetundlokaler/regionalerMedienvor.
SpätestensnachderAntragskonferenzzumROVund
damitnochvordemeigentlichenBeginndesROVmuss
dasbreiteInformierenderÖffentlichkeiteinsetzen,um
denBürgerInnenausreichendZeitzugeben,Argumente
zuprüfensowiesichzuorganisierenundweitereBevöl-
kerungsgruppenzurBeteiligungzuaktivieren.Diesließe
sichdurchentsprechendeverbindlicheVorgabenfürdie
BürgermeisterInnenrealisieren,diealsVertretungder
betroffenenKommunenanderAntragskonferenzteil-
nehmen.Siekönnenzusammenmitderverfahrensfüh-
rendenBehördedieBevölkerungihrerGemeindenüber
diebevorstehendeInfrastrukturmaßnahmeundüberdie
BeteiligungsmöglichkeitenimPlanungs-undGenehmi-
gungsverfahreninformierenunddieSelbstorganisation
vonBürgerinitiativenunterstützen.GeradederVersuch,
diePlanungs-undGenehmigungsverfahrenzubeschleu-
nigen,indemdieBürgerInnenerstsehrspätindiePro-
zesseeinbezogenwerden,isthöchstwahrscheinlichzum
Scheiternverurteilt,dadieVorhabenspätermitallen
Mittelnverzögertwerden(Proteste,Rechtsstreitigkeiten
etc.).EinefrühzeitigeernsthafteBeteiligungdürfte
hingegenProtesteundStreitigkeitenzueinemspäteren
Zeitpunkt,zudembereitsvielZeitundAufwandindie
Planunggeflossensind,sehrstarkreduzieren.Zumeinen
ließesichdadurchwahrscheinlichdieAkzeptanzder
BürgerInnen–sowohlfürdasVerfahrenalsauchfürdas
Planungsergebnis–steigernalsauchunnützerPlanungs-
aufwandvermeiden.
MeinungsbildungdurchInformation
Problem:
DennichtformellandenVerfahrenROVundPFVBeteiligten
stehtwenigZeitzurVerfügung,umsichindiesehrumfang-
reichenundkomplexenPlanungsunterlagenundHinter-
grundinformationeneinzuarbeiten.Zudembehindernauch
diebegrenztenfinanziellenRessourcenundderoftmalsnicht
vorhandeneSachverstanddieInformationserschließung.
EinweitererdieInformationsbeschaffungerschwerender
UmstandisteineetwaigeunzureichendeInformations-
politikdesVorhabensträgers.Fehlendebzw.falsche
InformationenverursacheneinengroßenÜberprüfungs-
aufwandbeiBürgerinitiativenundanderenInteressen-
gruppenundbergendasRisiko,denVorhabensträger
unglaubwürdigerscheinenzulassen.
Handlungsempfehlung:
AusgehendvondenErfahrungeninThüringen,scheint
einewesentlicheGrundlagefüreinkonstruktivesund
effizientesPlanungs-undGenehmigungsverfahrendie
ausführlicheInformationallerBeteiligtenüberSinnund
ZweckdesNetzausbau-VorhabenssowieüberdenAblauf
undFortschrittderformellenVerfahrenzusein.Dafür
reicheneinmaligeInformationsveranstaltungenoder
BekanntmachungeninAmtsblätternnichtaus.
VielmehrsolltenumfangreicheInformationsangebote
zumindestimInternetundeventuellinDokumentations-
zentrenindenbetroffenenRegionenrealisiertwerden,
indenengeschultesPersonalwährendarbeitnehmer-
freundlicherÖffnungszeitenAuskunftgebenkann.Die
InformationensolltenregelmäßigdemneuenEntwick-
lungs-undKenntnisstandangepasstwerden.
ImInternetsowiefürdieDokumentationszentrenaber
auchfürsonstigeInformationsveranstaltungenmüssendie
Fachinformationen,zumBeispieldurchExpertInnen,redakti-
onellderartaufgearbeitetwerden,dassdieseauchvonLaien
verstandenundnachvollzogenwerdenkönnen.DieseSchritte
würdendieTransparenzdesVorhabenswesentlicherhöhen.
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EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
VonderverfahrensführendenBehördekönnteflankierend
zumVerfahreneineArtReaderimInternetzusammenge-
stelltwerden,derallePro-undKontra-Argumentezum
Infrastrukturprojektaufzeigtundregelmäßigaktuali-
siert.DashättedenVorteil,dassnichterstamEndeder
VerfahrenallewesentlichenEinwändeundStellungnah-
menimRahmendesBeschlussesderverfahrensführen-
denBehördeveröffentlichtwerden.
AufaufeinereigensfürdasInfrastrukturprojektgeschaffe-
nenInternetseite,könnteeineständigeEinsichtnahmein
allewesentlichenInformationenundDokumentedesVer-
fahrensermöglichtwerden.GuteErfahrungenhatdiesbe-
züglichdasLandNiedersachsengemacht,woderNetzbetrei-
berTenneTTSOGmbHunddieverfahrensführendeBehörde
dieOnline-Plattform„Beteiligung.Online“einsetzen.
EineweitereMöglichkeitbestehtdarin,dassderVorha-
bensträgereinenbestimmtenGeldbetragzurVerfügung
stellt,mitdemBürgerInnenundKommunenselbstGut-
achterbeauftragenkönnen,umsichdaserforderlicheEx-
pertenwisseneinzukaufen.DabeikönnenQualifikations-
kriterienandieAuswahldesExpertengestelltwerden.
AlternativdazukönntenallebeteiligtenInteressen-
gruppenExpertenineinegemeinsameGutachtergruppe
entsenden,diedanndieerforderlichenInformationen
erarbeitet.DamitwärendieErgebnissederGutachtenfür
alleBeteiligtenglaubhaftundakzeptabel.
Zudemisteswichtig,dieKompetenzenderverfahrens-
führendenBehördesozustärken,dasssieallenotwen-
digenInformationenvomVorhabensträgerabfordern
kann–entwederinFormstrengererAnforderungenan
dieQualitätderAntragsdokumenteoderwährenddes
laufendenVerfahrens.Diessolltenu.a.folgendeInfor-
mationensein:
•dieBegründungderNotwendigkeitderMaßnahme
inklusivederDaten,aufdenendieBegründungbasiert,
z.B.aktuellerundzukünftigerÜbertragungsbedarf
undBedeutungfürdieLeitungskapazität,Regelungder
Netzstabilität,EU-Energie-Binnenmarkt,
•möglicheAlternativenzumLeitungsneubau,derenVor-
undNachteileundtechnischenPotenziale,
•dieKostenfürden380-kV-Leitungsneubauunddie
WirtschaftlichkeitsrechnungenfürallemöglichenAlter-
nativen,z.B.auchdesAusbausbestehenderNetze,
•diePlanungsunterlagen.
Zubeachtenist,dassderVorhabensträgereinwirtschaft-
lichesEigeninteresseamErgebnisderVerfahrenhatoder
zumindesthabenkönnte.DaherbestehtdieMöglichkeit,
dassseineDaten–berechtigtodernichtberechtigt–als
tendenziöswahrgenommenwerden.IndenNiederlan-
denwirdausdiesemGrundvonderverfahrensführenden
Behörde,diezumWirtschaftsministeriumgehört,die
ÜberprüfungallerwesentlichenAngabendesVorhabens-
trägersdurchunabhängigeExpertenangestoßen.Dieses
VorgehenließesichauchfürDeutschlandübernehmen.
ZurbesserenInformationgehörtauch,dassdieHinter-
gründeundgrundlegendenEntscheidungen,Gesetze,
ProtokollevonEU-Kommission,Bundesrats-undBundes-
tags-Debattenzugängiggemachtwerden,dadieBürge-
rInnenzuBeginnihrerBeteiligungnormalerweisenicht
wissen,welcheInformationenrelevantsind.
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MeinungsbildungdurchdiskursivenAustauschvonArgumenten
Problem:
FürdieEbenederGesetzgebungkannfestgehaltenwer-
den,dassdiedamaligeThüringerLandesregierungimGe-
setzgebungsverfahrenzumEnergieleitungsausbaugesetz
(EnLAG)eineernsthafteDebattezurgeplantenStrecke
aufThüringerGebietnurunzureichendeingeforderthat.
AufderEbenederformellenVerfahrengilt,dassdie
Planungs-undGenehmigungsverfahren(ROVundPFV)
bishernichtaufeinenechtenAustauschvonArgumen-
tenundInformationenmitdemZielderErarbeitung
optimalerEntscheidungsalternativenabzielen.Esfindet
lediglicheinindirekterAustauschvonArgumentenüber
dieverfahrensführendeBehördestatt.DieAntwortendes
VorhabensträgersaufdieStellungsnahmenundEinwände
zumgeplantenVorhabenerfahrendieBetroffenenerstin
denErörterungsterminen.NurfindendieseTerminesehr
spätimVerfahrenstattundsindzeitlichstarkbegrenzt.
Handlungsempfehlung:
DieNotwendigkeitdesNeubausganzbestimmter380-kV-
Leitungensolltenichtgesetzlichfestgeschriebenwerden,
sonderndurchdenNetzbetreiberimPFVbegründetwer-
denundsomitindieErörterungeinfließen.AmBeispiel
Thüringenszeigtsich,dassdiebeabsichtigteBeschleuni-
gungderVerfahrendurchdiegesetzlicheFestschreibung
derenergiewirtschaftlichenNotwendigkeitderLeitung
nichterreichtwerdenkonnte.
DieLandesregierungsolltedieMöglichkeithaben,inlau-
fendenformellenVerfahrenwieROVundPFValternative
Trassenverläufevorzuschlagen,diederVorhabensträger
aufMachbarkeitzuuntersuchenhat.
Weiterhinistwichtig,diebetroffeneBevölkerungdirekt
nachderAntragskonferenzzumROVindasVerfahren
einzubinden.SokönnenFragen,VorbehalteundWider-
sprüchenochvorBeginnderkonkretenPlanungsarbeiten
durchdenVorhabensträgererkanntunddurchseineDe-
tailuntersuchungenbeantwortetbzw.indenPlanungen
berücksichtigtwerden.DieserübrigtspätereKorrekturen.
BeidiesersehrfrühenEinbindungderÖffentlichkeitist
jedochzubeachten,dassdenBürgerInnenundInter-
essengemeinschaftenausreichendZeitgegebenwird,
sichindieMaterieeinzuarbeiten,umdannsachlich
begründeteFragenaufzuwerfenbzw.Stellungnahmen
undEinwändeeinzubringen.Nurwennzumeinenauf
dieseBedenkenernsthaft–argumentativbzw.inder
Planung–eingegangenwird,kannerstenseingewisses
VertrauenindenProzessentstehenundkönnenzweitens
sonstlangwierigeProblemeinderAnfangsphaseausdem
Weggeräumtwerden.Sokannetwanebenderersten
AntragskonferenzeinezweiteAntragskonferenzsinnvoll
sein,inderexplizitdieBürgermeisterInnenderbetroffe-
nenKommunenzusammenmitVertreterInneneventuell
bereitsgegründeterBürgerinitiativenihregemeinsam
erarbeitetenFragestellungenundBedenkendemVorha-
bensträgerübermitteln,aufdiedieserinseinenDetail-
untersuchungeneingeht.
DiesefrüheInformationderBürgerInnenundIntegration
derwesentlichenBedenkenließensichdurchentsprechen-
deVerpflichtungenfürdieBürgermeisterInnenderbetrof-
fenenKommunenerreichen,dadieseanderAntragskon-
ferenzbeteiligtsindundStellungnahmenderKommunen
indasROVeinbringenkönnen.DieaktuellenRegelungen
desROVmüsstenentsprechendangepasstwerden,sodass
sieauchStellungnahmenundEinwändezulassen,diesich
nichtaufKriterienderRaumverträglichkeitbeziehen.Die
verfahrensführendeBehördehättedanndieAufgabe,die-
seEinwändeundStellungnahmenzusortierenundmüsste
vomVorhabensträgerverlangenkönnen,dieProblemstel-
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EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
lungen,dienichtunterdieRaumverträglichkeitsprüfung
fallen,direktmitdenBetroffenenzuklären.Einentspre-
chenderErfolgs-bzw.Fortschrittsberichtkönntezusätzlich
zurabschließendenlandesplanerischenBegutachtungan
dasfolgendePFVübergebenwerden.ImPFVkönntedie
verfahrensführendeBehördedieangesprochenenProb-
lemeunddieeventuellerarbeitetenLösungenimAbwä-
gungsprozessberücksichtigen.
DiezukünftigeEinbeziehungderBetroffenensollteins-
besondereineinemfrühenStadiumweitüberdiebishe-
rigeInformationsbeteiligunghinausgehen.EineSteige-
rungdesdiskursivenNiveauszwischenallenBeteiligten
bieteteinesehrguteMöglichkeit,zurSteigerungder
AkzeptanzdesVorhabensalsauchzueinemeffizienteren
Planungsgeschehenzugelangen.
DiskursmöglichkeitensolltenfrühzeitigimVerfahrenge-
schaffenwerden.DieBürgerInnenunddieVertreterInnen
ausdenBürgerinitiativensindalsDiskurspartnersowohl
vomVorhabensträgeralsauchvonderverfahrensfüh-
rendenBehördeanzuerkennen.Eswärevorstellbar,dass
sichfürdieDauereinesVerfahrensfesteArbeits-bzw.
Abstimmungsgruppenbilden,dieausVertreterInnen
desNetzbetreibers,derBürgerinitiativenundKommu-
nensowiederverfahrensführendenBehördezusammen
gesetztsind.IndiesenRundenkanneineListerelevanter
Fragestellungenerstelltundaktualisiert,Argumenteaus-
getauschtundInformations-bzw.Dialogveranstaltungen
geplantwerden.DieErgebnissederArbeits-bzw.Abstim-
mungstreffenkönnendokumentiertundeinerVielzahl
weitererBeteiligterundInteressentenzurVerfügung
gestelltwerden.DieVertreterInnenderBürgerinitiativen
könnendieArbeitsergebnissesowiedasweitereVorgehen
jeweilsmitihrenMitgliedernseparatabstimmen.
DieverfahrensführendeBehördekönnteindiesemZusam-
menhangdieRolleeinesModeratorseinnehmen,dabeiihr
dieformellenProzesseangesiedeltsind,ihrdieentsprechen-
denUnterlagenzumVerfahrenvorliegenundsieKontaktzum
VorhabensträgersowiezudenanderenamVerfahrenbeteilig-
tenGruppenhat.Somitkönntenhierinformelleundformelle
Aktivitätenzusammenlaufen.Denkbarwäreaucheinexterner
Moderator,derindasVerfahreneinbezogenwird.
ZureffizientenZielerreichungsolltederVorhabens-
trägermehrZeitindieVorplanungsphaseinvestieren,
ummöglicheAlternativenfüreinzelneAbschnittedes
Trassen-bzw.StreckenverlaufsaufBasisdesAustauschs
mitdenBetroffenenzuentwickelnundaufEignungzu
untersuchen.Sokannauchsichergestelltwerden,dass
dieörtlichstarkverschiedenenAnforderungenoptimal
erfülltwerden.AuchimPFVkönnteeseineArtAntrags-
konferenzgeben,diehauptsächlichdazudient,erste
PlanungsideenzumVorhabenauchandiebetroffenen
MenschenzukommunizierenundderenVorbehalte,Fra-
genundAnregungenzusammeln,sodassderVorhaben-
strägerdiesedurchgesonderteUntersuchungenbeant-
wortenundinseinenauszuarbeitendenDetailplanungen
berücksichtigenkann.Alternativdazukönntedieverfah-
rensführendeBehördemehrere„RundeTische“,ähnlich
denScoping-Terminen48durchführen,indenenBedenken
undFragestellungenfrühzeitiggeäußertwerdenkönnen.
DesWeiterenkönntefürTrassen-Abschnitten,gegen
diesichderBürgerInnen-Protestrichtet,derkonkrete
StreckenverlaufsiterativdurchwiederkehrendeVor-Ort-
TerminezusammenmitdenFachleutenderTÖBundden
betroffenenBürgerInnenerarbeitetwerden.
GrundsätzlichsolltederVorhabensträgerverbindlich
dazuangehaltenwerden,beiProblemen,dieinden
StellungnahmenundEinwändenderInteressengruppen
undBürgerInnendeutlichwerden,aufdieBetroffenen
zuzugehen,umLösungsmöglichkeiten–wennerforder-
lichauchinGemeinschaftsarbeit–zuentwickeln.Der
48InRaumordnungsverfahrenwerdeninScoping-TerminendieThemenfelderabgesteckt,zudenenderVorhabensträgergesonderteUntersuchungendurchzufüh-renhat.DieDokumentationderErgebnisseistTeilderAntragsunterlagen.
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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verfahrensführendenBehördekönntedieKompetenzzu-
gesprochenwerden,diesendirektenAustauschzwischen
VorhabensträgerundBetroffeneneinzufordernundRe-
chenschaftüberdieerarbeitetenLösungenzuverlangen.
SomitkönntedieverfahrensführendeBehördesicher-
stellen,dassalleplausiblenEinwändeundStellungnah-
meninerforderlichemMaßedurchdenVorhabensträger
bearbeitetundinseinePlanungenintegriertoderdurch
zufriedenstellendeBegründungenabgewiesenwurden.
UnbedingtzuvermeidensindgroßeVeranstaltungen
ohneklaresKonzeptundModeration,indenenVorha-
bensträger,BürgerInnenausverschiedenenGemeinden
undPolitikermitunterschiedlichemFachwissenzusam-
menkommenundihreteilweisestarkunterschiedlichen
Anforderungenartikulieren.Dasistkeinzielorientiertes
ArbeitenundkannaufgrundderKomplexitätundVer-
schiedenheitderangerissenenThemenkreisenurzu
unbefriedigendenErgebnissenführen.
Zusätzlichsollteversuchtwerden,Dialogveranstaltun-
gen,wieBürgerabendeundMediationsverfahren,einzu-
beziehenundbesseraufdieformellenVerfahrenabzu-
stimmen,sodassfürdieformellenVerfahrennotwendige
ErgebnisserechtzeitigausdeninformellenProzessen
vorliegenundEntscheidungensomiterstnachEinbezie-
hungallervorliegendenArgumentegefälltwerden.Dies
giltauchfürAnhörungenimLandtag.Diesezeitliche
AbstimmungderProzessekönnteerleichtertwerden,
wenndieVertreterInnenderBürgerinitiativenganz
explizitaufbestimmteFristenderformellenVerfahren
hingewiesenwerdenundihnendargelegtwird,welche
ErgebnisseimIdealfallbiswannindieformellenVerfah-
reneinzuspeisensind.InbegründetenAusnahmefällen
kannesnotwendigwerden,dieFristenzuverlängern.
DenbestehendenEntscheidungsspielraumdazusolltedie
verfahrensführendeBehördeausnutzen.
Bei380-kV-NetzausbauprojekteninNiedersachsenwird
dieSoftware„Beteiligung.Online“eingesetzt,mitderdie
verfahrensführendeBehördealleInformationsunterlagen
undArgumente(StellungnahmenundEinwände)zentral
imInternetzurVerfügungstellt.Denkbaristauch,dassein
diskursiverAustauschvonArgumentenmittelseinersolchen
Online-Plattformorganisiertoderzumindestdokumentiert
wird.MöglicherweiseließesichaucheineOnline-Befragung
überdiesePlattformdurchführen,umFeedbackderBetrof-
fenenzumjeweiligenPlanungsstandzuerfassen.Alleam
ProzessBeteiligtekönntendieseklarstrukturierteOnline-
DokumentationderDebattenutzen,umgezieltaneinzelnen
ProblemstellungenzuarbeitenundneueArgumenteund
Lösungsvorschlägeeinzubringen.
FüralleEmpfehlungenzurbesserenVerknüpfungder
informellenProzessemitdenAbläufenundFristender
formellenVerfahrengilt,dassjeglicheFormderBürger-
beteiligungundhierinsbesonderedieArtundWeise,wie
derenErgebnisseindieformellenVerfahrenzuintegrie-
rensindbzw.integriertwerdenkönnen,durchklarege-
setzlicheVorgabenfürdieformellenVerfahrenzuregeln
ist.Wirddiesnichtgetan,kannesderverfahrensführen-
denBehördeu.U.unmöglichsein,bestimmteErgebnisse
informellerBeteiligungtrotzgutenWillensimformellen
Verfahrenzuberücksichtigen.
ZurVerdeutlichungseihiernochmalsdaraufhingewie-
sen,dassdieKommunenihreEinflussmöglichkeitenauf
dasROVnichtgenutzthaben,weilsiesichinihrenStel-
lungnahmennichtaufraumwirksameKriterienbezogen
(NäheressieheAnhangA).
EtablierungeinesRahmenprozesses
DiebisherbeschriebenenHandlungsempfehlungenerfor-
dernteilweiseeineÄnderungderbestehendenformalen
VerfahrenROVundPFV,wasmitdemNachteilverbunden
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seinkann,dasserprobteVerfahren„verschlimmbes-
sert“werden.EineAlternativeohnediesennachteiligen
EffektkönntedieEtablierungeineszusätzlichenRah-
menprozessessein.DieserRahmenprozesssollteexplizit
dieformellenVerfahrenmitdeninformellenProzessen
verzahnenundmitseinenDetailsgesetzlichfestgelegt
werden.DamitkönntendiebisherigenRegelungenzu
denformellenVerfahrenbestehenbleiben.
IndiesemRahmenprozesssolltenfolgendeErgebnisse
realisiertwerden:
•diebreiteInformationderÖffentlichkeitundzielge-
richteteSchaffungvonBeteiligungsmöglichkeitenvor
demeigentlichenStartderformellenVerfahren,
•dieDokumentation,redaktionelleAufbereitungund
BereitstellungallerrelevantenInformationen,
•derAufbauunddiePflegederKontaktezwischenVor-
habensträger,verfahrensführenderBehörde,Vertrete-
rInnenderKommunenundBürgerinitiativen,Interes-
sengemeinschaftensowieinteressiertenBürgerInnen,
•dieOrganisationvonInformations-undDialogveran-
staltungen,indenenaufdieVerständlichkeitdesVer-
fahrensundklareRegelnfüreineBeteiligungensowie
aufdenzeitlichenundinhaltlichenAbgleichmitden
ErfordernissenderformellenVerfahrengeachtetwird,
•dieHebungdesdiskursivenNiveausdurchtransparent
dokumentierteAntworten(etwaimInternet)aufrelevante
FragenundExpertisenzubesondersumstrittenenPunkten,
•dieOrganisationundfaireModerationvonDebatten
zwischenVertreterInnendesVorhabensträgers,der
Landesregierung,derKommunen,BürgerInnenund
Interessengemeinschaften,
•dieÖffentlichkeits-undMedienarbeit,
•dieUnterstützungderErstellungzusätzlicherInforma-
tionen,z.B.durchdieOrganisationparitätischbesetz-
terExpertengruppenoderdieunabhängigeÜberprü-
fungderAngabendesVorhabensträgers.
EinflussnahmeaufdieEntscheidung
Problem:
ImFalldesThüringer380-kV-Netzausbauprojektes
waren/sindmindestensfolgendeEntscheidungenvon
wesentlicherBedeutung:
•EU-Entscheidung1364,
•VerabschiedungdesEnLAG,
•AbwägungsentscheidungenindenROVzum2.und3.
Bauabschnitt,
•dieEntscheidungenindenPFVdes2.und3.Bauabschnitts.
FüralldieseEntscheidungenisteswesentlich,dasssie
imRahmenderdemokratischlegitimiertenProzesse
gefälltwurdenbzw.werden.EinzelneInitiativen,Bürger-
InnenoderInteressengruppenhabensinnvollerweise
keinendirektenDurchgriffaufdasEntscheidungsergeb-
nis.SiesolltensichjedochdurchEinwändeundStellung-
nahmenanderEntscheidungsvorbereitungbeteiligen
könnenunddavonausgehenkönnen,dassihreArgumen-
teundInformationenernsthaftverarbeitetwerden.
AufgrunddesfehlendenFeedbacksaufihreEinwändein
denformellenVerfahrenhattenvieleBetroffenenicht
dasGefühl,dassihreMeinungberücksichtigtwirdund
sichBeteiligunglohnt.
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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InBezugaufdieEinflussmöglichkeitenderdamaligenLan-
desregierung,schätzendiemeistenInterviewpartnerInnen
dasEngagementbeiderAusgestaltungdesEnLAGsowie
derEntwicklungmöglicherTrassenalternativenimROVund
derWahlderLeitungstechnologieimPFValsunzureichend
ein.DiedamaligeLandesregierunghättedieihrzurVerfü-
gungstehendenMittel,die380-kV-Leitungmehranden
BedürfnissendesLandesundderBetroffenenauszurich-
ten,nichteingesetzt.DieseEinschätzungwirdauchvon
einigeninterviewtenLandtagsabgeordnetengeteilt.
Handlungsempfehlung:
DieVertreterInnenderBürgerinitiativenäußertenauf
dieFragenachderMitbestimmungdieAnsicht,dassdie
imMomentgültigenEntscheidungswegeinderGesetzge-
bungrichtigundsinnvollsind.Siefordernkeineformel-
lenMitentscheidungsrechteaufEU-bzw.Bundesebene.
SiewollenihreInteressenauchnichtdurchVolksent-
scheidedurchsetzen,sondernverlangeneinensachlich
geführtenundergebnisoffenenDiskurs,indemsieden
Eindruckbekommen,dassihreArgumenteernsthaft
geprüftundinErwägunggezogenwerden.
Dazuistesunbedingterforderlich,dassfürdieBür-
gerInnentransparentwird,dassihreStellungnahmen,
EinwändeundVorschlägewichtigfürdieformellen
Verfahrensind,dasssie(soweitessichnichtumDoppe-
lungenhandelt)PunktfürPunktvomVorhabensträger
bearbeitetwerdenundzusammenmitdenAntwortendes
VorhabensträgersindieAbwägungderverfahrensfüh-
rendenBehördeeinfließenunddies–etwaimInternet
–dokumentiertwird.DenBürgerInnenmüssendievom
VorhabensträgerverfasstenAntwortenaufihreStellung-
nahmenundEinwändezurVerfügunggestelltwerden
undzwar–dasistentscheidendfürdenEindruck,ernst
genommenzuwerden–nichterstindenAnhörungs-
bzw.Erörterungsterminen,sondernsofrühwiemöglich.
DieskannbeispielsweisemitOnline-Plattformenähnlich
derbereitsbeschriebenenLösungerreichtwerden.
DarüberhinaussolltederVorhabensträgersoklarwie
möglichkommunizieren,welchePlanänderungener
aufgrundvonBürgerInnen-Vorschlägendurchgeführt
hatundwelcheArgumentedabeiberücksichtigtwurden.
SolcheinVorgehenstelltsicher,dassdieMenschenrea-
lisieren,dassihreIdeenundBedenkenaufdieEntschei-
dungzumNetzausbauEinflusshaben.FürdenVorhaben-
strägerbedeutetes,dassdievonihmvorgenommenen
PlanungsänderungenvondenBürgerInnenauchgewür-
digtwerdenkönnen.
FürdieLandesregierunggilt,dasssieihrenEinflussspiel-
raummaximalimSinneeinergemeinwohlorientierten
Entscheidungausnutzensollte.AusdenAnmerkungen
derInterviewpartner,wasdieLandesregierunghätte
tunkönnen,lassensichAnregungenfüreinzukünftiges
Agierenableiten.
•DieLandesregierungsolltesichvonAnfanganmöglichst
klarzum380-kV-Netzausbauvorhabenpositionieren.
•DieLandesregierungsolltesichbeiderBundesregie-
rungdafürverwenden,dassdieErarbeitungeiner–
oderbessernoch–mehrererakzeptablerAlternativen
derTrassenführungvonvornehereinmitdenRegionen
abgestimmtwird,bevordieNotwendigkeitdesAusbaus
einerganzkonkreten380-kV-VerbindungimEnLAG
bzw.ineinemzukünftigenBundes-Netzplanfestge-
schriebenwird.
•DieLandesregierungsolltesichdafüreinsetzen,dassdie
MöglichkeitenfürErdverkabelung,großzügigeAbstands-
regelungeninSiedlungsgebietenundBündelungvonIn-
frastrukturen–wosinnvoll–,maximalausgenutztwerden.
DazusolltebundesweitdieMöglichkeitgeschaffenwerden.
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EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
•DieLandesregierunghätteThüringenzurTechnologie-
ModellregionfürinnovativeTechnologienwieHoch-
temperaturseileundTemperaturmonitoringmachen
können;siesolltenunzumindestdieErforschungund
EntwicklungvoneffektivenundsmartenNetztechnolo-
gienforcieren.
•DieLandesregierungsollteüberdenBundesratdasEr-
stelleneinesandieZieledesneuenEnergiekonzeptes
angepasstenBundesnetzplanes(aufdemWegzu100
ProzentErneuerbarenEnergienbisMittedesJahrhun-
derts)vorantreiben.
•DieLandesregierungsollteeineigenesEnergiekon-
zeptundeineentsprechendeStrategieentwickelnund
VorgabendazuinderLandesentwicklungs-undRegi-
onalplanungfestschreiben,diewiederumdenBewer-
tungsrahmenfürdieAbwägungimROVbilden.Diese
PlanungenkönnenbeispielsweisedieStärkungder
dezentralenEnergieerzeugung,-verteilungund-spei-
cherungvorsehenundsomitdenDruckzurRealisie-
rungvongroßenüberregionalenNetzausbauvorhaben
reduzieren.
Akzeptanz
Problem:
DerNeubaueiner380-kV-LeitungdurchThüringenwird
ausverschiedenenGründenvonTeilenderBürgerinitia-
tivenundBürgerInnennichtakzeptiert:Nebendereher
vonEigeninteressengeprägtennot-in-my-backyard-
Problematik,liegendieUrsacheninderwillkürlich
anmutendenFestschreibungderNotwendigkeitdes
LeitungsausbausinderEU-Entscheidung1364sowieim
EnLAG,imVerhaltendesVorhabensträgers,inderGe-
staltungderPlanungs-undGenehmigungsverfahrenund
indemfürdieBetroffenennichterkennbarendirekten
NutzenderLeitung.DerZusammenhangmitdemvon
vielenBürgerInnenunterstütztenZieleinerklimagerech-
tenEnergieversorgungundeinesmassivenAusbausder
ErneuerbarenEnergienwirdvonvielenBürgerInnenals
nichtnachgewiesenbetrachtet.
Handlungsempfehlungen:
DiegrundsätzlichenZiele,diemitderInfrastrukturmaß-
nahmeverfolgtwerdensollen,müssenvonAnfangan
transparentkommuniziertwerden.Dieswirdnichtden
ProtestderdirektBetroffenenzumVerschwindenbrin-
gen.DennochwürdeesdieAkzeptanzfürdieMaßnahme
erhöhen,wennderBezugzuZielsetzungendeutlich
würde,dievonweitenTeilenderBevölkerungakzep-
tiertsind.Sowürdeein380-kV-Netzausbauvorhaben
aufgrößereAkzeptanzstoßen,wenndessenBedeutung
imRahmeneinerStrategiezumAusbaueinerganzauf
ErneuerbarenEnergienberuhendenEnergiestruktur
nachvollziehbarundglaubhaftdargelegtwürde.
DiegrundlegendenInformationen,aufdenendieEnt-
scheidungzurNotwendigkeiteinerkonkretenVerbin-
dungberuht,müssentransparentundglaubwürdigsein.
Studienwiediedena-Netzstudien,diebislangfürdie
NetzausbauplanunggrundlegendwarenundderenDa-
tengrundlagennichttransparentundoffensind,wirken
interessengeleitetundnichtglaubwürdig–waswiederum
nichtakzeptanzförderndist.
InsbesonderedievomVorhabensträgergeliefertenInfor-
mationenmüssenvoneinerunabhängigenStelleüberprüft
werden,umderenRichtigkeitzubestätigen.Unabhängige
undtransparentaufbereiteteInformationensindeine
GrundvoraussetzungfürdasVertrauenindenVorhabens-
trägerundindieformellenVerfahren.Sokönnensichdie
informellBeteiligteneinefundierteMeinungbildenund
ihrRechtaufBeteiligungausüben–diesschafftAkzeptanz
EnErgiEwEndE und bürgErbEtEiligung: ÖffEntlichE AkzEptAnz von infrAstruktur-projEktEn Am bEispiEl dEr „thüringEr strombrückE“
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fürdieformellenVerfahrenundetwasmehrVertrauenin
dieabschließendgefälltenEntscheidungen.
DarüberhinausmussderDialogmitdenbetroffenen
Menschenernsthaftgewolltundgesuchtwerden.DieAr-
gumentederBürgerInnenundInteressengemeinschaften
sindernstzunehmenundentwederindenPlanungenzu
berücksichtigenoderdurchGegenargumentebegründet
zuentkräften.EinhohesMaßandiskursiverQualität
führtzugegenseitigerAchtungundteilweisemVerständ-
nisundfördertdieAkzeptanzfürdasVerfahren.
Das380-kV-Netzausbauvorhabenmusseinendirekten
NutzenfürdiebetroffenenBürgerInnenundKommunen
haben.Denkbarist,dassderGesetzgebernebenden
heuteschonangewendetenAusgleichsmaßnahmenfür
denNaturschutzinZukunftauchsozialeAusgleichsmaß-
nahmengestattet.Dieskönnteeinerseitsbedeuten,dass
ausGründenderGesundheitsvorsorgezumBeispieldie
VerlegungeinesKindergartensinderNäheeiner380-kV-
Leitungfinanziertwird;andererseitskönntederAusbau
dezentralerErneuerbarerEnergienindenbetroffenen
DörferndenZusammenhangmitderEnergiewendeof-
fensichtlichmachen.AndereIdeengehenindieRichtung
einerkontinuierlichenBeteiligungderbetroffenenKom-
munenandenErträgenderLeitung.DenKommunenund
BürgerInnenkönnteetwadieMöglichkeiteingeräumt
werden,sichwiebeieinerBürgersolaranlageauchanden
Investitionenfüreine380-kV-Leitung–unddamitauch
andenEinnahmen–zubeteiligen.
DieInfrastrukturbündelungkanneineweitereMöglich-
keitsein,dieAkzeptanz,zumindestteilweise,zustei-
gern.Infrastrukturbündelungkannbedeuten,dassAuto-
bahn-,ICE-undStromtrassenengbeieinanderverlaufen.
FürdiedirektbetroffeneRegionistdieseinsehrgroßer
Eingriffundkönntedorteherakzeptanzminderndwirken.
DiesemNachteilstehenjedochwichtigeVorteilegegen-
über:HäufigwurdenfürdasersteInfrastrukturprojekt
relativwenigdichtbesiedelteRegionenausgewählt.
WichtigeNaturregionenwerdennichtdurchverschiedene
Streckenimmerwieder,sonderneinmaldurchschnitten.
StrommastenamRandederAutobahnwirkenweniger
störendalsmitteninunberührterNatur.DieNaturbe-
lastungendurchdenBauderInfrastrukturlassensich
räumlichbündeln.WerdendieeinzelnenInfrastruktur-
maßnahmenintelligentmiteinanderverbunden,kann
esSynergieeffektegeben.Sokönntenz.B.Bahntunnel
vonAnfangansogeplantwerden,dasssieauch380-kV-
Leitungenaufnehmenkönnen.DieseintelligenteBün-
delungerforderteinevorausschauendePlanung,sodass
späternotwendigwerdendeEntwicklungenschonheute
indieBeschlüssezurPlanfeststellungeinfließenkönnen.
BeijederneuenInfrastrukturmaßnahmesolltezumin-
destgeprüftwerden,obinZukunftdieNotwendigkeit
einerInfrastrukturbündelungbestehenkönnte.Wirddies
bejaht,istdieMaßnahmesozuplanen,dassmaximale
Synergieeffektedurchdiespätere„intelligente“Bünde-
lungentstehen.
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April2012
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