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ENGINE-IN-THE-LOOP ALS ENTWICKLUNGSWERKZEUG FÜR DIE EMISSIONSOPTIMIERUNG IM HYBRIDKONTEXT Hybridkonzepte treiben den Komplexitätsgrad und die Variantenvielfalt von Antriebs- systemen voran. Energieeffizienz und das Erreichen der Schadstoffemissionsgrenzwerte unter Realbedingungen rücken daher immer stärker in den Fokus der Betrachtung. Weil bisherige Entwicklungsmethoden, basierend auf Untersuchungen von stationären Betriebs- punkten, Drehzahl-Last-Profilen oder idealisierten Fahrzyklen, an ihre Grenzen stoßen, ist das Erkennen emissionskritischer Betriebsphasen sowie die gezielte Untersuchung der entsprechenden Wirkzusammenhänge entscheidend. Im Beitrag werden Verfahren beschrieben, die reale Tests mit echtzeitfähiger Simulation verbinden, und damit neue Möglichkeiten schaffen, den gesamten Entwicklungsprozess von Antriebs- systemen und insbesondere die Emissionsentstehung und -reduzie- rung unter realistischen Einsatzbedingungen zu untersuchen. AUTOREN DIPL.-ING. CHRISTIAN DISCH ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kolbenmaschinen des Karlsruher Instituts für Technologie. PROF. DR. SC. TECHN. THOMAS KOCH ist Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie. PROF. DR.-ING. ULRICH SPICHER ist Geschäftsführer der MOT GmbH in Karlsruhe. DR.-ING. CHRISTIAN DONN ist Fachreferent Antriebs- systeme bei der IPG Auto- motive GmbH in Karlsruhe. | V O N E X P E R T E N A U S F O R S C H U N G U N D I N D U S T R I E B E G U T A C H T E T | D A S G Ü T E S I E G E L F Ü R W I S S E N S C H A FTLI C H E B E I T R Ä G E I N D E R M T Z PEER REVIEW EINGEGANGEN 20.06.2014 GEPRÜFT 14.07.2014 ANGENOMMEN 12.08.2014 FORSCHUNG ENTWICKLUNGSMETHODEN 70

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Page 1: Entwicklungsmethoden ENGINE-IN-THE-LOOP ALS ......Laufzeit und somit der Alterung des Aggregat s in Verbindung brin-gen lassen. Den größten Einfl uss auf Real Driving Emissions haben

ENGINE-IN-THE-LOOP ALS  ENTWICKLUNGS WERKZEUG FÜR DIE EMISSIONSOPTIMIERUNG IM HYBRIDKONTEXT

Hybridkonzepte treiben den Komplexitätsgrad und die Variantenvielfalt von Antriebs-systemen voran. Energie effizienz und das Erreichen der Schadstoffemissionsgrenzwerte unter Realbedingungen rücken daher immer stärker in den Fokus der Betrachtung. Weil bisherige Entwicklungsmethoden, basierend auf Untersuchungen von stationären Betriebs-punkten, Drehzahl-Last-Profilen oder idealisierten Fahrzyklen, an ihre Grenzen stoßen, ist das Erkennen emissionskritischer Betriebsphasen sowie die gezielte Untersuchung der entsprechenden Wirkzusammenhänge entscheidend. Im Beitrag werden Verfahren beschrieben, die reale Tests mit echtzeitfähiger Simulation verbinden, und damit neue Möglichkeiten schaffen, den gesamten Entwicklungsprozess von Antriebs-systemen und insbesondere die Emissionsentstehung und -reduzie-rung unter realistischen Einsatzbedingungen zu untersuchen.

AUTOREN

DIPL.-ING. CHRISTIAN DISCH

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kolbenmaschinen

des Karlsruher Instituts für Technologie.

PROF. DR. SC. TECHN. THOMAS KOCH

ist Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut

für Technologie.

PROF. DR.-ING. ULRICH SPICHER

ist Geschäftsführer der MOT GmbH in Karlsruhe.

DR.-ING. CHRISTIAN DONN

ist Fachreferent Antriebs-systeme bei der IPG Auto-

motive GmbH in Karlsruhe.

| VON EXPERTEN AUS FORSCHUNG UND INDUSTRIE

BEG

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|

DAS

GÜTE

SIEG

EL FÜR WISSENSCHAFTLICHE BEITRÄGE IN DER M

TZPEER REVIEWEINGEGANGEN 20.06.2014GEPRÜFT 14.07.2014ANGENOMMEN 12.08.2014

FORSCHUNG ENTWICKLUNGSMETHODEN

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Entwicklungsmethoden

Page 2: Entwicklungsmethoden ENGINE-IN-THE-LOOP ALS ......Laufzeit und somit der Alterung des Aggregat s in Verbindung brin-gen lassen. Den größten Einfl uss auf Real Driving Emissions haben

1 EINLEITUNG

Die Antriebsstrangentwicklung ist eines der zentralen Felder der Forschung und Entwicklung in der Automobilindustrie. Neue Technologien und Innovationen wie Hybridkonzepte treiben den Komplexitätsgrad und die Variantenvielfalt in der Fahrzeugent-wicklung voran. Gleichzeitig stellen die durch Politik und Gesell-schaft vorgegebenen Rahmenbedingungen hinsichtlich Verbrauch und Emissionen immer strengere Anforderungen an den Fahrzeug-antrieb. Die verschiedenen Systemlösungen besitzen spezifische Vor- und Nachteile, die je nach Nutzungsprofil, Umgebungsbe-dingungen sowie Verfügbarkeit von Energieträgern und genutzten Energieumwandlungstechnologien weltweit mehr oder weniger stark in den Vordergrund treten. Dadurch zeigt sich heute der Trend hin zu einer immer stärkeren Diversifizierung der Antriebs-systeme und die getrennt betrachtete Optimierung von Verbren-nungsmotoren verschiebt sich zunehmend hin zu einer integrier-ten Betrachtung des gesamten Antriebsstrangs beziehungsweise des Gesamtfahrzeugs.

Neben der Energieeffizienz und den damit verbundenen CO2-Emissionen stellt das Erreichen der Schadstoffemissionsgrenz-werte eine wesentliche Herausforderung dar. Dabei rücken der Verbrauch und die Abgasemissionen unter Realbedingungen (Real Driving Emissions, RDE) immer stärker in den Fokus der Betrachtung. Bisherige Entwicklungsmethoden, basierend auf Untersuchungen von stationären Betriebspunkten, Drehzahl-Last-Profilen oder idealisierten Fahrzyklen, stoßen dabei an ihre Grenzen und neue Methoden in der Entwicklung sowie in der Applikation und beim Testen der Systeme sind erforderlich. Die Erkennung von emissionskritischen Betriebsphasen sowie die gezielte Untersuchung der entsprechenden Wirkzusammenhänge spielen dabei eine entscheidende Rolle. Verfahren, die reale Tests mit echtzeitfähiger Simulation verbinden, schaffen hier neue Möglichkeiten, den gesamten Entwicklungsprozess von Antriebssystemen und insbesondere die Emissionsentstehung und -reduzierung unter realistischen Einsatzbedingungen zu untersuchen.

2 UNTERSUCHUNGSMETHODIK

Die dargestellten Herausforderungen lassen sich vor allem mit Hilfe von Entwicklungswerkzeugen bewältigen, die verstärkt Simu-lationsumfänge in den Entwicklungsprozess integrieren und das Testen im virtuellen Fahrversuch ermöglichen. Die Nutzung der Simulation bietet hierbei im Vergleich zum realen Testen im Wesentlichen folgende Vorteile: : Untersuchungen bereits ohne Hardware (Fahrzeug) sehr früh im

Entwicklungsprozess möglich : erhebliches Einsparpotenzial bezüglich des materiellen und per-

sonellen Einsatzes bei gleichzeitiger Erhöhung der Flexibilität der Untersuchungen

: effektive Nutzung von Prüfstandskapazitäten durch virtuelle Vor-auswahl und Vorbereitung von Testszenarien in der Simulation

: reproduzierbare Abbildung von realen Strecken, Verkehrsszena-rien sowie des Fahrerverhaltens.

Simulationsmodelle stoßen jedoch bei exakten Emissionsberech-nungen an ihre Grenzen. Daher bieten in diesem Zusammenhang vor allem Entwicklungswerkzeuge neue Möglichkeiten, die durch Echtzeitfähigkeit der Modelle Kombinationen aus Simulation und realem Testen erlauben und somit die Vorteile aus beiden Welten miteinander verbinden [1]. Die Integration von realen Komponen-ten und Systemen in eine virtuelle Entwicklungsumgebung erlaubt es, das Systemverhalten unter realistischen Bedingungen zu tes-ten und zu entwickeln [2, 3]. Zur Untersuchung des Emissions-verhaltens von Verbrennungsmotoren bietet sich die erweiterte Nutzung von Motorprüfständen an. Dieser Ansatz bildet auch die Basis für die Motoremissionsoptimierung im transienten Betrieb, wie sie am Institut für Kolbenmaschinen (IFKM) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) durchgeführt wird. Zur Untersuchung des Emissionsverhaltens unter realistischen Einsatzbedingungen wird eine flexible Entwicklungsumgebung genutzt, um mit Engine-in-the-Loop-Verfahren detaillierte Ver-brennungs diagnostik am Motorprüfstand zu betreiben, die so im Fahrzeug nicht realisierbar wäre. Die hierfür am IFKM angewandte und weiterentwickelte Methode nutzt die Möglichkeiten von AVL InMotion powered by CarMaker. Die auf CarMaker als offene Integrations- und Testplattform basierende Hardware-in-the-Loop-Umgebung ermöglicht zum einen die Integration verschie-denster Simulationsmodelle in die Prüfstandsumgebung via Matlab/Simulink, C-Code sowie über die standardisierte Schnitt-stelle gemäß Functional Mock-up Interface (FMI) [4]. Zum ande-ren erlaubt es die schnelle und zeitlich synchronisierte Einbindung von Sondermesstechnik.

Die virtuelle Testfahrt am Motorprüfstand ist dabei gekennzeich-net durch einen real laufenden Motor, integriert in eine parallel in Echtzeit laufende Simulation des Gesamtfahrzeugs inklusive Fahr-dynamik, Strecke und Fahrer. Die enge Verknüpfung von Antriebs-strang, Bremssystem und Fahrdynamik ist insbesondere bei der Auslegung von Hybridfahrzeugen essenziell. Die Methode ermög-licht es, emissionskritische Betriebsphasen und -zustände in ver-schiedensten Fahrzyklen und Szenarien zu identifizieren und gezielt zu analysieren. 1 illustriert das methodische Vorgehen.

Die Untersuchungen und Optimierungsmaßnahmen, ausgehend vom Fahrzyklus bis hin zum Verbrennungszyklus, finden in ein und derselben Entwicklungsumgebung statt. Messdaten werden zeit-synchron zur Simulation im Echtzeitsystem (Xpack4) verarbeitet. Im virtuellen Gesamtfahrzeug können auf diese Weise die Emis-sionen des Motors in verschiedenen Fahrzeugen, auf unterschied-lichen Strecken und mit wechselnden Betriebsstrategien iterativ untersucht werden. Die Methode bietet insbesondere bei der Untersuchung von Hybridantriebskonzepten den Vorteil, dass diese in der Simulation abgebildet werden können. Somit können die Emissionen und der Verbrauch des virtuell elektrifizierten Gesamt-fahrzeugs am Motorprüfstand analysiert werden, ohne dass ein aufwändiger Fahrzeugprototyp erforderlich ist.

In diesem Beitrag wird exemplarisch dargestellt, wie anhand der Möglichkeiten des EiL-Prüfstands das Emissionsverhalten eines virtuellen Hybridfahrzeugs im Lastsprung analysiert wird. Unter der Annahme einer elektrischen Unterstützung wird das Potenzial verschiedener Momentenverläufe bis hin zu einzelnen Verbrennungs-zyklen bewertet.

1 EINLEITUNG

2 UNTERSUCHUNGSMETHODIK

3 VERSUCHSAUFBAU

4 REDUZIERUNG DER MOTORROHEMISSIONEN IM HYBRIDKONTEXT

5 EINZELZYKLUSANALYSE DES TRANSIENTVERHALTENS

6 ZUSAMMENFASSUNG

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Entwicklungsmethoden

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1 Emissionsreduzierung im Gesamtfahrzeugkontext – vom Fahrzyklus zum Verbrennungszyklus

3 VERSUCHSAUFBAU

Grundsätzlich können transiente Betriebsphasen im Kontext ihrer zeitlichen Entwicklung in verschiedene Klassen eingeteilt werden [5]. Das Spektrum reicht von Veränderungen, die sich innerhalb eines Arbeitsspiels ergeben, bis hin zu Prozessen, die sich mit der Laufzeit und somit der Alterung des Aggregats in Verbindung brin-gen lassen. Den größten Einfl uss auf Real Driving Emissions haben Parameteränderungen, welche aus dem Wunsch nach einer schnel-len Zustandsänderung des Fahrers resultieren. Hierzu gehört zum Beispiel die Momentenanforderung während eines Beschleuni-gungsvorgangs. Diese führt von Zyklus zu Zyklus zu deutlichen Veränderungen in der Gemischbildung, Verbrennung und den dar-aus resultierenden Rohemissionen.

Die vorgestellten Untersuchungen wurden an einem Ottomotor mit Direkteinspritzung, variablem Ventiltrieb und Abgasturboauf-ladung durchgeführt, ➋. Diese Kombination bietet eine große Fle-xibilität in Bezug auf den Ladungswechsel und den Drehmoment-aufbau und ist deshalb für Untersuchungen des transienten Betriebs besonders geeignet.

Abgeleitet aus dem Bestreben, die Rohemissionen zyklusaufge-löst zu ermitteln, wurde zusätzlich Sondermesstechnik an einem Zylinder appliziert. Für die Messung der HC, NO, CO und CO2-Emis-sionen wurden Abgasanalysatoren (Cambustion) mit sehr schnellen Ansprechzeiten (< 10 ms) eingesetzt. Die Systeme besitzen jeweils zwei Messlinien, so dass simultan die Rohemissionen im Auslass-kanal eines Einzelzylinders und die Rohemissionen des Gesamtag-gregats nach Abgasturbolader gemessen werden können. Für die Bestimmung der Partikelemissionen wurde ein Partikelgrößen-Spek-trometer (Cambustion DMS500) eingesetzt. Die Entnahmestelle ist ebenfalls nach Abgasturbolader platziert und ermöglicht die Mes-sung der Partikelanzahl konzentration und -größenverteilung. Für die optische Verbrennungsdiagnostik wurde eine Sonderzündkerze (LaVision ICOS) eingesetzt, die in der Lage ist, das Brennraumluft-verhältnis und den Restgasanteil für die relevanten Prozessbereiche kurbelwinkelaufgelöst zu bestimmen [6]. Die eingespritzte Kraft-stoffmasse und der Ratenverlauf wurden über eine Shot-to-shot-Kraftstoffmessanlage (AVL STS131) bestimmt. Diese ist zwischen der Hochdruck-Kraftstoffrail und dem Kraftstoffi njektor an einem Zylinder integriert. In ➌ sind der Prüfstandsaufbau und die Positi-onierung der Sondermesstechnik schematisch dargestellt.

4 REDUZIERUNG DER MOTORROHEMISSIONEN IM HYBRIDKONTEXT

Unter Einsatz der beschriebenen Messtechnik kann das Transient-verhalten des Versuchsträgers mit dem Fokus auf Real Driving Emis-sions detailliert untersucht werden. In ➍ sind auszugsweise die Ergebnisse der gasförmigen Rohemissionen sowie die Partikelemis-sionen in Form der Größenverteilung für Durchmesser von 5 nm bis 1 µm während eines Beschleunigungsvorgangs dargestellt. Die Momentenanforderung nach dem Hochschalten führt unmittelbar zu erhöhten HC- und CO-Rohemissionen. Die vergleichsweise hohen CO-Emissionen von bis zu 8 Vol.-% sind auf unterstöchiometrische Verbrennungszyklen zu Beginn des Lastsprungs zurückzuführen. Dies begünstigt auch die erhöhten Partikelanzahlkonzentrationen in dieser Phase, welche in einem Größenbereich von 5 bis 100 nm gemessen wurden. Allen Ergebnissen gemein ist der vergleichsweise kurze Zeitraum von unter einer halben Sekunde, in dem die erhöh-ten Emissionen detektiert werden.

➋ Technische Daten des Versuchsträgers

MOTORBAUART Reihen-Sechszylinder-

Ottomotor mit Direkteinspritzung

und variablem Ventiltrieb

AUFLADESYSTEM TwinScroll-Turbolader

HUBRAUM [cm³] 2979

VERDICHTUNG [-] 10,2

DREHMOMENT [Nm] 400 (1200-5000/min)

LEISTUNG [kW] 225

EMISSIONSKLASSE Euro V

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Mit dem Ziel, das Beschleunigungsverhalten des Gesamtfahrzeugs aus ④ beizubehalten und gleichzeitig das Emissionsverhalten zu optimieren, bieten sich neben den konventionellen Applikationsän-derungen auch Maßnahmen zur kurzzeitigen Phlegmatisierung des Verbrennungsmotors in einem Hybridkonzept an [3, 7]. Zu diesem

Zweck wurde das Potenzial von fünf verschiedenen Momentenvor-gaben beziehungsweise Fahrpedalverläufen untersucht. Die Referenz bildet der systembedingt schnellstmögliche Momentenaufbau.

Dies wird durch eine instantane Anhebung der zur Erreichung der Ziellast notwendigen Fahrpedalwertvorgabe erreicht. Dem wurden

➍ Beschleunigungsvorgang aus einem realen Fahrprofi l

➌ Prüfstandsarchitektur –Engine-in-the-Loop

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zwei lineare und zwei parabolische Pedalwertvorgabeverläufe gegen-übergestellt, bei denen das resultierende Differenzmoment durch den virtuellen Elektromotor ausgeglichen wird. Abgeleitet vom realen Fahrprofil ist eine elektrische Momentenunterstützung nicht länger als eine Sekunde notwendig, um den emissionskritischen Bereich entscheidend zu beeinflussen. Unter diesen Randbedingungen wur-den die in 5 (a) dargestellten Fahrpedalverläufe bei einer konstanten Drehzahl von 2000/min untersucht. In den weiteren Diagrammen, ⑤, sind die Ergebnisse des resultierenden Drehmomentverlaufs, das aufzubringende Differenzdrehmoment, die CO- und NO-Emissionen nach Abgasturbolader sowie die Parti kelanzahlkonzentration als Mit-telwert zehn identischer Lastsprün ge aufgetragen. Bei den gasför-migen Emissionen zeigt sich, dass in allen Fällen Spitzenwerte zu Beginn der Lastaufschaltung erreicht werden.

Während bei den CO-Emissionen nur die Varianten 4 und 5, ⑤, vergleichsweise geringere Werte aufweisen, ist bei den NO-Emis-sionen eine durchgängige Abhängigkeit vom Momentengradienten zu erkennen. Die Unterschiede sind jedoch lediglich innerhalb der ersten 2,5 s zu detektieren, danach liegen alle Rohemissionen erwartungsgemäß auf demselben Niveau. Am deutlichsten zeigt sich der Einfluss bei den Ergebnissen der Partikelanzahlkonzent-ration. Für den Referenzfall (Variante 1) ergeben sich Maximal-werte von 7,5E + 07 Partikel pro cm3 und für den Bestfall (Variante 5) lediglich 7,0E + 06 Partikel pro cm3. Der Maximalwert der Par-tikelanzahlkonzentration kann somit auf ein Zehntel des Referenz-falls reduziert werden.

Darüber hinaus zeigen sich auch Unterschiede in der resultie-renden Partikelgrößenverteilung. In 6 (a) bis ⑥ (c) ist die Größen-verteilung für die Varianten 1, 2 und 5 als Mittelwert aus zehn identischen Lastsprüngen dargestellt. Allen Versuchen gemein ist die Tatsache, dass Partikel in einem Durchmesserbereich von circa 10 bis 100 nm gemessen wurden. Variante 5 mit der parabolischen Momentenformung weist während des Lastsprungs nur geringfügig höhere Partikelanzahlkonzentrationen auf als in der Lasthalte-phase. Bildet man die Differenz der beiden Extremfälle, ⑥ (d), zeigt sich, dass der verzögerte Momentenaufbau hauptsächlich zu einer Reduzierung der Partikelanzahlkonzentration im Durchmesser-bereich von 70 bis 90 nm (Agglomerationsmodus) führt.

5 EINZELZYKLUSANALYSE DES TRANSIENTVERHALTENS

Die Kombination aus Trägheit im Luftpfad und deutlicher Erhöhung der Einspritzmenge bei vergleichsweise geringen Brennraumwand-Temperaturen zu Beginn der Lastaufschaltung begünstigt die Ent-stehung von Partikelemissionen. Eine wichtige Größe ist in diesem Zusammenhang das Brennraumluftverhältnis. Daher wurde eine Son-derzündkerze für die optische Indizierung des Transientbetriebs ein-gesetzt. Diese ermöglicht die kurbelwinkelaufgelöste Bestimmung des lokalen Brennraumluftverhältnisses und lässt Rückschlüsse auf die Gemischbildung und den Ausgangszustand der Zylinderladung vor der Verbrennung zu. Die Ergebnisse in ⑤ haben gezeigt, dass

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die Ursache für die Spitzenwerte der Partikelemis sionen unabhängig von der Art der Lastaufschaltung innerhalb von wenigen Arbeitsspie-len zu fi nden ist. In 7 ist ein exemplarischer Lastsprung (Variante 2) abgebildet. Auf der linken Seite ist das lokale Brennraumluftver-

hältnis über dem Kurbelwinkel jeweils bis zum Eintritt der Flamme in das Messvolumen für die ersten 25 Arbeitsspiele nach Lastauf-schaltung aufgetragen. Auf der rechten Seite sind die HC-, CO- und CO2-Rohemissionen am Auslassventil für denselben Zylinder darge-

5 Auswirkung einer Momentverlaufsformung während eines Lastsprungs

6 Partikelanzahlkonzentration verschiedener Lastsprungvariationen

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O N T H E R O A D A G A I N …

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© MTU

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DANKE

Der Beitrag beschreibt Zwischenergebnisse des laufenden Projekts „Unter-

suchung der Gemischbildung, Verbrennung und Schadstoffentstehung im

Transientbetrieb eines Ottomotors mit Direkteinspritzung“. Die Autoren

bedanken sich in diesem Zusammenhang bei der Deutschen Bundesstiftung

Umwelt (DBU) für die finanzielle Förderung dieses Forschungsprojekts.

stellt. Die Markierung in ⑦ zeigt, dass es hier insbesondere im zwei-ten Arbeitsspiel der Lastaufschaltung zu einer deutlich unterstöchi-ometrischen Entwicklung der Zylinderladung vor der Zündung kommt. Es ergibt sich kurzzeitig eine sehr deutliche Veränderung des CO/CO2-Verhältnisses und eine Erhöhung der HC-Emissionen, was die unterstöchiometrische Entwicklung des lokalen Brennraum-luftverhältnisses vor der Verbrennung bestätigt.

Mit der zyklus- beziehungsweise kurbelwinkelaufgelösten Ver-brennungsanalyse ist es möglich, gezielt die Einflüsse einzelner Betriebsparameter auf die Emissionen unter Realbedingungen zu untersuchen. Mit der angewandten Methodik lassen sich somit auch in transienten Betriebsphasen detailliert Applikationseffekte im Gesamtfahrzeugkontext analysieren.

6 ZUSAMMENFASSUNG

Durch die Elektrifizierung des Antriebsstrangs ergeben sich für den Verbrennungsmotor im Wechselspiel der Antriebseinheiten neue Möglichkeiten zur weiteren Reduzierung der Motorrohemissionen. Insbesondere im Hinblick auf transiente Betriebsphasen bietet die Elektrifizierung vielfältige Möglichkeiten, die Emissionen unter Realbedingungen (RDE) zu reduzieren. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass sich beispielsweise eine Reduzierung der Partikel-

anzahlkonzentration bereits durch eine kurzzeitige Momentenfor-mung (< 1s) im Lastsprung erreichen lässt. Darüber hinaus zeigte sich die Relevanz, zunächst transiente Betriebsphasen in verschie-denen Realszenarien zu betrachten, um kritische Bereiche zu iden-tifizieren und diese dann bis hin zur Einzelzyklus betrachtung auf-zulösen. So lassen sich gezielt die zahlreichen Quereinflüsse im transienten Motorbetrieb untersuchen. Dies erfordert einen Engine-in-the-Loop-Prüfstand, welcher in der Lage ist, die verschiedensten Sondermesstechniken exakt innerhalb der virtuellen Testfahrt zu synchronisieren. Auf diese Weise lässt sich die Brennverfahrens-entwicklung im Gesamtfahrzeugkontext verwirklichen.

LITERATURHINWEISE[1] Schyr, C.; Hakuli, S.; Schick B.: Ganzheitliche Fahrzeugbewertung mittels X-in-the-Loop im Entwicklungsprozess am Beispiel Powertrain-in-the-Loop. 15. MTZ-Fachtagung „Virtual Powertrain Creation“, 2013 [2] Bier, M.; Buch, D.; Kluin, M.; Beidl, C.: Entwicklung und Optimierung von Hybridantrieben am X-in-the-Loop-Motorenprüfstand. In: MTZ 73 (2012), Nr. 3, S. 240-247[3] Lindenkamp, N.; Tilch, B.; Eilts, P.: Reduzierung der Abgasemissionen von Dieselhybridfahrzeugen. In: MTZ 73 (2012), Nr. 7-8, S. 614-619[4] N.N.: www.fmi-standard.org, Modelica Association, Sweden, May 2014[5] Disch, C.; Kubach, H.; Pfeil, J.; Koch, T.; Spicher, U.; Thiele, O.; Donn, C.; Schyr, C.: Zyklusaufgelöste Verbrennungsprozessanalyse des transienten Betriebs an einem Ottomotor mit Direkteinspritzung. 11. Internationales Symposium Verbrennungsdiagnostik, Baden-Baden, 2014[6] Berg, T.; Thiele, O.; Seefeldt, S.; Vanhaelst, R.: Bestimmung der inner-motorischen Gemischbildung durch optisches Indizieren. In: MTZ 74 (2013), Nr. 6, S. 472-477[7] Auerbach, M.: Phlegmatisierung des Dieselmotors im Hybridverbund. Dissertation, Universität Stuttgart, Expert-Verlag, 2013

7 Einzelzyklusanalyse des lokalen Brennraumluftverhältnisses und der gasförmigen Rohemissionen

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