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  • IERInstitut fr Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung Universitt Stuttgart

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    Vertrglichkeit von

    erneuerbaren Energien

    und Kernenergie im

    Erzeugungsportfolio

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    Studie

    Technische und kono-

    mische Aspekte

    Matthias Hundt

    Rdiger Barth

    Ninghong Sun

    Steffen Wissel

    Alfred Vo

    Auftraggeber:

    E.ON Energie AG, Mnchen

    Stuttgart, Oktober 2009

  • iii

    Das Wesentliche in Krze

    In der Diskussion um die Zukunft der Kernenergie ist gerade in den letzten Monaten vonverschiedenen Seiten postuliert worden, es gbe einen grundstzlichen Konikt zwischendem fortschreitenden Ausbau der erneuerbaren Energien und einem weiteren Betriebder deutschen Kernkraftwerke bei Aufhebung der Laufzeitverkrzung. Behauptet wird,dass eine Laufzeitverlngerung der Kernkraftwerke den Ausbau der erneuerbaren Ener-gien behindern wrde. Auerdem seien Kernkraftwerke nicht gengend exibel, um mitgroen Mengen kurzfristig schwankender Elektrizittserzeugung aus Windkonvertern undPhotovoltaikanlagen vertrglich betrieben werden zu knnen.

    Die dieser Zusammenfassung zugrundeliegende Studie untersucht die folgenden zweiAspekte dieser Debatte:

    Gibt es bei einer Aufhebung der Laufzeitverkrzung technische und/oder betrieblicheRestriktionen, die bei einem hohen Anteil uktuierender elektrischer Einspeisung auserneuerbaren Energien der Integration dieser Erzeugung entgegenstehen?

    Was sind die konomischen und die CO2-Emissionen betreenden Eekte einer Lauf-zeitverlngerung fr ein Elektrizittssystem mit hohem Anteil erneuerbarer Energien?

    Hierzu werden die Ziele der Bundesregierung zum Ausbau der erneuerbaren Energienzur Elektrizittserzeugung (ca. 30 bzw. 40 % an der Elektrizittserzeugung im Jahr2020 bzw. 2030) unterstellt, wobei angenommen wird, dass der berwiegende Anteilvon dargebotsabhngigen Nutzungssystemen wie Windkonvertern und Photovoltaikan-lagen erzeugt wird. Auch fr die Zukunft wird davon ausgegangen, dass die elektrischeEinspeisung aus erneuerbaren Energien privilegiert wird, so dass der konventionelle, imwesentlichen thermische Kraftwerkspark stets nur noch den verbleibenden Teil der Elek-trizittsnachfrage decken muss. Fr einen Kraftwerkspark, der sich bei einem Kernener-gieausstieg und einer Laufzeitverlngerung der bestehenden Kernkraftwerke ergebenknnte, wird der Kraftwerkseinsatz aus technisch-betrieblicher Sicht untersucht. Darberhinaus werden die konomischen und die CO2-Emissionen betreenden Wirkungen derbeiden Varianten Kernenergieausstieg und Laufzeitverlngerung abgeschtzt.

    Bislang werden Kernkraftwerke in Deutschland berwiegend im Dauerbetrieb bei Nenn-leistung und nur einzelne Anlagen im Lastfolgebetrieb gefahren. Die Fhigkeit zum Last-folgebetrieb ist jedoch ein konzeptbestimmendes Auslegungskriterium und dementspre-chend sind die Kernberwachung und die Reaktorregelung so ausgelegt worden, dasskeine nachtrgliche Ertchtigung der Anlagen vorgenommen werden muss. Der Einsatz

  • iv Das Wesentliche in Krze

    von Kernkraftwerken ist in einem Bereich von 50 bis 100 % der Nennleistung mit Lei-stungsnderungsgeschwindigkeiten von 3,8 bis 5,2 Prozent der Nennleistung pro Minuteim Normalbetrieb bei anlagenschonender Betriebsweise mglich. Kernkraftwerke erlau-ben somit hnliche Leistungsnderungsgeschwindigkeiten wie kohlenbefeuerte Konden-sationskraftwerke. Insgesamt knnen die bestehenden Druck- und Siedewasserreaktoreninnerhalb von 15 Minuten mit einer Leistung von bis zu 9,6 GW zum Lastfolgebetriebbeitragen.

    Die Untersuchungen fr die ausgewhlten Jahre 2020 und 2030 zeigen, dass die aufgrundder ansteigenden elektrischen Einspeisung erneuerbarer Energien zunehmend volatile Re-siduallast in den beiden Varianten Kernenergieausstieg und Laufzeitverlngerung (ho-her Gasanteil bzw. hoher Kernenergieanteil) immer noch zuverlssig aus betrieblicherSicht gedeckt werden kann. Extremen Gradienten und Niveaus der Residuallast kann inbeiden Varianten begegnet werden. Eine wesentliche Rolle hierbei spielen die Speicher-technologien zur Vergleichmigung der Residuallast und eine zuverlssige Prognose derstochastischen elektrischen Einspeisung aus Windkonvertern und Photovoltaikanlagen.Kernkraftwerke wrden bei einer Aufhebung der Laufzeitverkrzung zunehmend zumbergeordneten Lastfolgebetrieb herangezogen und ihr Einsatz wrde sich gegenber ih-rer heutigen Betriebsweise verringern.

    In keinem der beiden Szenarien Kernenergieausstieg oder Laufzeitverlngerung liegteine eindeutige berlegenheit hinsichtlich der Flexibilitt des konventionellen thermi-schen Kraftwerksparks vor. Die Aussage, dass die notwendige Betriebsexibilitt einesKraftwerksparks zur Deckung der Residuallast bei einem hohen Anteil der Elektrizittser-zeugung aus erneuerbaren Energien nicht auch bei weiterer Nutzung der Kernkraftwerkesichergestellt werden knnte, ist nicht begrndet.

    Bei einem noch hheren Anteil der Elektrizittserzeugung aus Windkonvertern und Pho-tovoltaikanlagen als hier fr das Jahr 2030 unterstellt, wird aber unabhngig davon, obKernkraftwerke zum Erzeugungspark gehren oder nicht eine Regelung der elektrischenEinspeisung aus erneuerbaren Energien oder der weitere Ausbau von Speichersystemenerforderlich sein, um die Elektrizittsnachfrage mit der notwendigen Versorgungszuver-lssigkeit decken zu knnen.

    Gegenber der Variante Kernenergieausstieg kann im Szenario Laufzeitverlngerungein Rckgang der jhrlichen Systembetriebskosten von 31 % in 2030 erreicht werden. Diesist vor allem auf verminderte Ausgaben fr Brennstoe und CO2-Zertikate zurckzu-fhren. Der Ausstieg aus der Kernenergie wre darber hinaus mit einem Neubaubedarfan Kraftwerken mit einer Netto-Engpassleistung von circa 22 GW verbunden, der zu-stzliche Kosten verursachen wrde.

    Deutliche Unterschiede ergeben sich auch bei den Grohandelspreisen fr Elektrizitt.Unter der Annahme eines ausgeglichenen Auenhandels und konstanter CO2-Zertika-

  • vtepreise fallen die Grohandelspreise 2030 im Szenario Laufzeitverlngerung gegenberder Variante Kernenergieausstieg um durchschnittlich etwa 16 % geringer aus. EinAusstieg aus der Kernenergie wrde zu Mehremissionen von 70 Mio. t CO2 im Jahr 2030fhren. Vergleicht man die kumulierten CO2-Emissionen in den Jahren 2010 bis 2030,so ergeben sich im Szenario Kernenergieausstieg Mehremissionen von 1280 Mio. t CO2(+36 %).

    Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Behauptung, eine Laufzeitverlngerung derKernkraftwerke sei ein Hemmschuh fr den Ausbau erneuerbarer Energien, aus technisch-betrieblicher Sicht nicht haltbar ist. Aus konomischer und die CO2-Emissionen betref-fender Perspektive wre ein Kernenergieausstieg sogar kontraproduktiv.

  • vii

    Inhaltsverzeichnis

    Das Wesentliche in Krze iii

    1 Hintergrund und Zielsetzung 1

    2 Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien Situation in Europa 5

    3 Kraftwerks- und Erzeugungsstrukturen in 2020 und 2030 9

    3.1 Energiewirtschaftliche Rahmenannahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93.2 Kraftwerkspark in 2020 und 2030 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

    4 Integrationsaspekte bei Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien 19

    4.1 Netzlast und Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien . . . . . . 194.2 Dynamik der Residuallast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194.3 Lastfolgefhigkeit thermischer Kraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

    5 Analyse der betrieblichen und konomischen Aspekte 31

    5.1 Einsatz konventioneller Kraftwerke zur Deckung der Residuallast . . . . . 315.2 konomische Auswirkungen und CO2-Emissionen . . . . . . . . . . . . . . 41

    6 Fazit 45

    A Ergnzende Ergebnisse aus der Analyse betrieblicher Aspekte 47

    A.1 Einsatz konventioneller Kraftwerke in ausgewhlten Zeitrumen . . . . . . 47A.2 Lastfolgefhigkeit des Kraftwerksportfolios . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

    B Kurzcharakterisierung der verwendeten fundamentalanalytischen Modelle 57

    B.1 Elektrizittsmarktmodell E2M2s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57B.2 Instrument zur Kraftwerkseinsatzplanung JMM . . . . . . . . . . . . . . . 61

    Literatur 67

  • ix

    Tabellenverzeichnis

    3.1 Entwicklung der Energietrgerpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113.2 Entwicklung der CO2-Zertikatepreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113.3 Entwicklung der installierten Netto-Engpassleistung an Nutzungssystemen

    erneuerbarer Energien zur Elektrizittserzeugung . . . . . . . . . . . . . . 123.4 Entwicklung der Netto-Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien

    und ihr Anteil an der Elektrizittserzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . 133.5 Pumpspeicherkraftwerke: Turbinenleistung und Speichernenninhalt . . . . 15

    4.1 Hchst- und Niedriglast der Elektrizittsnachfrage sowie Netto-Engpass-leistung uktuierender erneuerbarer Energien in 2020 bzw. 2030 . . . . . . 19

    4.2 Dynamische Merkmale konventioneller thermischer Kraftwerke . . . . . . . 244.3 Baulinien deutscher Druckwasserreaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254.4 Baulinien deutscher Siedewasserreaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

    5.1 Analyse des Lastfolgebetriebs: negativer Residuallastgradient in 2030 . . . 405.2 Analyse des Lastfolgebetriebs: positiver Residuallastgradient in 2030 . . . 41

    A.1 Analyse des Lastfolgebetriebs: negativer Residuallastgradient in 2020 . . . 55A.2 Analyse des Lastfolgebetriebs: positiver Residuallastgradient in 2020 . . . 55

  • xi

    Abbildungsverzeichnis

    2.1 Elektrizittserzeugung als Anteil der Brutto-Elektrizittsnachfrage ausge-whlter Lnder Europas von 1990 bis 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

    2.2 Anteile der Netto-Erzeugungsleistung ausgewhlter Lnder Europas von1990 bis 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

    3.1 Projektion der Kraftwerkskapazitten in Deutschland von 2010 bis 2030. . 173.2 Kraftwerkskapazitten in Deutschland in 2020 und 2030. . . . . . . . . . . 17

    4.2 Gradient der Windenergieeinspeisung und Residuallast in 2008 und 2030 . 214.3 Hub der Residuallastnderung in 2008 und 2030 . . . . . . . . . . . . . . 214.4 Leistungsnderung kohlenbefeuerter Kraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . 234.5a Leistungserhhung bei Druckwasserreaktoren. . . . . . . . . . . . . . . . . 264.5b Leistungsreduzierung bei Druckwasserreaktoren. . . . . . . . . . . . . . . . 274.6a Leistungserhhung bei Siedewasserreaktoren. . . . . . . . . . . . . . . . . 284.6b Leistungsreduzierung bei Siedewasserreaktoren. . . . . . . . . . . . . . . . 29

    5.1 Jhrliche Elektrizittserzeugung in 2020 und 2030 . . . . . . . . . . . . . . 325.2a Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: maximaler Rckgang der Residual-

    last in 2020, Szenario Kernenergieausstieg . . . . . . . . . . . . . . . . . 345.2b Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: maximaler Rckgang der Residual-

    last in 2020, Szenario Laufzeitverlngerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 355.3a Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: geringste Residuallast in 2030, Sze-

    nario Kernenergieausstieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365.3b Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: geringste Residuallast in 2030, Sze-

    nario Laufzeitverlngerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375.4a Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: stark schwankende Residuallast in

    2030, Szenario Kernenergieausstieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385.4b Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: stark schwankende Residuallast in

    2030, Szenario Laufzeitverlngerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395.6 Vergleich der Jahresdauerlinie des Grohandelspreises fr Elektrizitt in

    den Szenarien Kernenergieausstieg und Laufzeitverlngerung fr dieJahre 2020 und 2030. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

    A.1a Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: geringste und stark schwankende Re-siduallast in 2020, Szenario Kernenergieausstieg . . . . . . . . . . . . . . 49

  • xii Abbildungsverzeichnis

    A.1b Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: geringste und stark schwankende Re-siduallast in 2020, Szenario Laufzeitverlngerung . . . . . . . . . . . . . 49

    A.2a Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: maximaler stndlicher Rckgang derResiduallast in 2020, Szenario Kernenergieausstieg . . . . . . . . . . . . 50

    A.2b Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: maximaler stndlicher Rckgang derResiduallast in 2020, Szenario Laufzeitverlngerung . . . . . . . . . . . . 50

    A.3a Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: maximaler stndlicher Anstieg derResiduallast in 2020, Szenario Kernenergieausstieg . . . . . . . . . . . . 51

    A.3b Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: maximaler stndlicher Anstieg derResiduallast in 2020, Szenario Laufzeitverlngerung . . . . . . . . . . . . 51

    A.4a Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: maximaler Rckgang der Residual-last in 2030, Szenario Kernenergieausstieg . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

    A.4b Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: maximaler Rckgang der Residual-last in 2030, Szenario Laufzeitverlngerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

    A.5a Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: maximaler stndlicher Anstieg derResiduallast in 2030, Szenario Kernenergieausstieg . . . . . . . . . . . . 53

    A.5b Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz: maximaler stndlicher Anstieg derResiduallast in 2030, Szenario Laufzeitverlngerung . . . . . . . . . . . . 53

    B.1 Konstruktion der Typstunden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58B.2 Szenariogitter fr die stochastische Windenergieeinspeisung. . . . . . . . . 61B.3 Rollierende Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

  • 11 Hintergrund und Zielsetzung

    Die Diskussion ber die weitere Nutzung der Kernenergie in Deutschland und hier ins-besondere ber eine Laufzeitverlngerung der deutschen Kernkraftwerke (KKW) ist inden letzten Monaten intensiver gefhrt worden. Hierbei stehen neben den Fragen der Was bedeutet eine

    Laufzeitverlnge-rung der KKW frdie NutzungerneuerbarerEnergien?

    Auswirkungen auf die Elektrizittspreise und die CO2-Emissionen insbesondere auch dieAuswirkungen auf die weitere Nutzung und den Ausbau erneuerbarer Energien im Zen-trum der Debatte. Beleg dafr sind unter anderem Aussagen und Postulate in Verent-lichungen des Bundesministeriums fr Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit [24].Dort heit es, dass eine Laufzeitverlngerung der Kernkraftwerke den Ausbau der erneu-erbaren Energien bremse, weil Kernkraft und erneuerbare Energien im Systemverbundnicht kompatibel seien.

    Als ein wesentlicher Grund dieser behaupteten Nichtvereinbarkeit von Kernkraft underneuerbaren Energien wird hug eine mangelnde betriebliche Flexibilitt der Kern-kraftwerke ins Feld gefhrt. Kernkraftwerke seien kaum regelbar und huges An- und Kernkraftwerke

    kaum regelbar?Abschalten werde schon aus Sicherheitsgrnden soweit irgend mglich vermieden. Kern-kraftwerke seien dafr konstruiert, mglichst gleichmig mit 100 % Auslastung zu fah-ren, also immer gleich viel Strom zu produzieren unabhngig davon, ob er gebrauchtwird oder nicht [2].

    Je grer der Anteil Strom aus erneuerbaren Energien wird, desto hugerentstehen Situationen, in denen zu viel Strom im Netz ist, da Kernkraftwerkeihren Beitrag nicht weiter senken knnen. Dies fhrt letztlich zu hherenKosten der Strombereitstellung und damit zu einem Hemmnis der weiterenEntwicklung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen [2].

    Eine in die gleiche Richtung gehende Argumentation, dass der erforderliche Ausbau vonerneuerbaren Energien mit hohen Anteilen von Grundlastkraftwerken (Kohle und/oderKernenergie) nicht vereinbar sei, ndet sich auch in einem aktuellen Thesenpapier desSachverstndigenrates fr Umweltfragen [28] und einer Studie von Fraunhofer IWES imAuftrag des Bundesverbandes Erneuerbare Energien e. V. [18]. In beiden Verentli-chungen wird argumentiert, dass aufgrund der zunehmend uktuierenden1 elektrischen

    1Nutzungssysteme fluktuierender erneuerbarer Energien (Windkonverter, Photovoltaikanlagen) zurElektrizittserzeugung werden auch nicht-steuerbare oder nicht-regelbare Systeme genannt. Austechnischer Sicht ist diese Bezeichnung nur eingeschrnkt zutreffend, da ein Anstieg der elektri-schen Einspeisung durch eine Regelung vermieden werden knnte. Aus konomischer Perspektive wird

  • 2 1 Hintergrund und Zielsetzung

    Einspeisung aus erneuerbaren Energien der Betrieb von Grundlastkraftwerken aus kono-mischer oder technischer Sicht in Zukunft eingeschrnkt sei und eine Laufzeitverlngerungdeutscher Kernkraftwerke der Integration erneuerbarer Energien entgegenstehe.

    Vor diesem Hintergrund werden in der hier vorgelegten Studie zwei Aspekte der DebatteVerhindert eineLaufzeitverlnge-

    rung der KKW dieIntegration vonWind und PV?

    um die Laufzeitverlngerung von Kernkraftwerken nher untersucht. Erstens wird derFrage nachgegangen, ob es im Falle einer Laufzeitverlngerung der deutschen Kernkraft-werke technische und/oder betriebliche Restriktionen gibt, die bei einem hohen Anteiluktuierender elektrischer Einspeisung aus erneuerbaren Energien der Integration die-ser Erzeugung zur Deckung der Leistungs- und Elektrizittsnachfrage entgegenstehen.Zweitens werden die konomischen und die CO2-Emissionen betreenden Eekte einerWas sind die

    konomischen undemissionsseitigen

    Eekte einer Lauf-zeitverlngerung?

    Laufzeitverlngerung der Kernkraftwerke fr ein Elektrizittssystem mit hohem Anteiluktuierender Erzeugung aus erneuerbaren Energien abgeschtzt. Explizit nicht Gegen-stand der Untersuchung ist die grundlegende Frage, ob die angestrebte Ausweitung derElektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien der richtige Weg zu einer wirtschaftli-chen, umwelt- und klimavertrglichen und sicheren Elektrizittsversorgung in Deutsch-land darstellt.

    Zur Beantwortung der zuvor dargelegten Fragestellungen wird in der Untersuchung fr dieexemplarisch betrachteten Jahre 2020 und 2030 ein Ausbau der Elektrizittserzeugungaus erneuerbaren Energien in Deutschland unterstellt, der, orientiert an den Vorstellun-gen der Bundesregierung, zu einem Anteil von ca. 30 % an der Elektrizittsnachfrage imJahr 2020 und 40 % im Jahr 2030 fhrt. Auf der Basis historischer Ganglinien der Nach-fragelast, der Windenergieeinspeisung und des Solarstrahlungsangebotes in Deutschlandwerden die Ganglinien der Nachfragelast sowie die Ganglinien der elektrischen Einspei-sung aus Windkonvertern und Photovoltaikanlagen fr die Jahre 2020 und 2030, sowiedie resultierende Ganglinie der Residuallast2 ermittelt, die durch den konventionellen, imwesentlichen thermischen Kraftwerkspark zu decken ist. Die Deckung dieser Residuallastwird dann fr einen Kraftwerkspark untersucht, der sich bei einem Kernenergieausstiegund bei einer Laufzeitverlngerung der bestehenden Kernkraftwerke ergeben knnte.Neben den technisch-betrieblichen Aspekten des Kraftwerkseinsatzes bei einem hohenAnteil der Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien werden auch die konomi-schen und die CO2-Emissionen betreenden Wirkungen der beiden Varianten Kernener-gieausstieg und Laufzeitverlngerung ermittelt.

    Die vorliegende Studie gliedert sich wie folgt. Abschnitt 2 skizziert den Ausbau erneuer-barer Energien zur Elektrizittserzeugung in Europa, vor allem den Nutzungssystemenuktuierender Energietrger, d. h. Windkonverter und Photovoltaikanlagen. Abschnitt 3

    die elektrische Einspeisung erneuerbarer Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) inDeutschland privilegiert.

    2Unter Residuallast wird im Folgenden die elektrische Nachfragelast abzglich der elektrischen Einspei-sung aus Windkonvertern und Photovoltaikanlagen verstanden.

  • 3stellt zunchst die wichtigen energiewirtschaftlichen Rahmenannahmen fr die vorlie-gende Untersuchung dar, um dann auf dieser Basis und einer modellgesttzten AnalyseProjektionen fr den Kraftwerkspark in den Betrachtungsjahren 2020 und 2030 undjeweils das Szenario Kernenergieausstieg und Laufzeitverlngerung zu entwickeln. InAbschnitt 4 wird zunchst die zu erwartende elektrische Leistung aus erneuerbaren Ener-giequellen mit der unterstellten Netzlast in den Betrachtungsjahren verglichen, um an-schlieend die zu erwartende Charakteristik der Residuallast dem technischen Vermgender thermischen Kraftwerke zur Lastfolge gegenberzustellen, die auch in Zukunft dieResiduallast decken werden mssen. Auf der Basis einer detaillierten modellgesttztenBetrachtung werden in Abschnitt 5 wesentliche betriebliche und konomische Aspek-te eines Kraftwerksportfolios mit bzw. ohne Kernenergie und einem hohen Anteil vonNutzungssystemen erneuerbarer Energien zur Elektrizittserzeugung aufgezeigt. Hierzugehrt neben einer aggregierten Auswertung der Elektrizittserzeugung in den beidenBetrachtungsjahren auch die detaillierte Betrachtung ausgewhlter, kritischer zuknfti-ger Zeitrume und den in diesen Situationen zu erwartenden Betriebsweisen des deut-schen Kraftwerksparks. Darber hinaus erfolgt eine Abschtzung der konomischen unddie Kohlenstodioxidemissionen betreenden Auswirkungen jeweils des Szenarios Kern-energieausstieg und Laufzeitverlngerung. Abschnitt 6 schliet die vorliegende Studiemit einer zusammenfassenden Beantwortung der Fragestellung ab.

  • 52 Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien

    Situation in Europa

    Nutzungssysteme erneuerbarer Energien zur Elektrizittserzeugung gewinnen in Euro-pa zunehmend an Bedeutung. Die Europische Union frdert den Ausbau mit der Ab-sicht, anthropogene Kohlenstodioxidemissionen zu verringern und einen Beitrag zu ei-ner nachhaltigen und von auereuropischen Energietrgerimporten weniger abhngi-gen Energieversorgung zu leisten. Mit ihrem Weibuch Energie fr die Zukunft: Er-neuerbare Energietrger formulierte die EU Kommission im Jahr 1997 Vorschlge freine verstrkte Nutzung erneuerbarer Energien.3 Vier Jahre spter wurden in einerEG-Richtlinie nationale Ziele fr den Anteil erneuerbarer Energietrger an der Brutto- 22 % erneuerbare

    Energien zur Elek-trizittsversorgungbis 2020

    Elektrizittsnachfrage aufgestellt, die insgesamt fr die EU-15 zu einer Quote von 22,1 %aus erneuerbaren Energien im Jahr 2010 fhren sollten. Fr Deutschland betrug die ver-einbarte Quote 12,5 %. Im Jahr 2006 forderte das Europaparlament fr den europaweitenEnergieverbrauch die Zielvorgabe von nunmehr 25 % fr erneuerbare Energien bis 2010.Ein Jahr spter stellte die EU Kommission den Fahrplan fr erneuerbare Energienvor, der zumindest fr den Elektrizittssektor besttigen konnte, dass die ambitioniertenZiele der europischen Mitgliedsstaaten nahezu und von insgesamt neun Nationen sogarbereits vor dem Jahr 2010 erreicht werden knnten.

    Darber hinaus formulierten in der Vergangenheit einzelne europische Staaten im Rah-men ihrer jeweiligen Energie- und Klimaschutzpolitik ergnzende Ziele und Instrumentezu deren Umsetzung. So frdert Deutschland seit dem Jahr 1991 die Elektrizittserzeu-gung aus erneuerbaren Energien durch das Stromeinspeisungsgesetz (StromEinspG), dasim Jahr 2000 vom Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) abgelst worden ist. Fr unter-schiedliche Erzeugungstechnologien und einen vereinbarten Zeitraum werden hier Ein-speisevergtungen garantiert. Mit dem Integrierten Energie- und Klimaschutzprogramm(IEKP) von 2007 wurde eine Novellierung des EEG gefordert und zu Beginn des Jahres2009 umgesetzt, die vorsieht, dass der Anteil erneuerbarer Energien an der Elektrizitts-versorgung bis 2020 auf mindestens 30 % steigt und danach weiter kontinuierlich erhhtwird.

    Aufgrund unterschiedlicher regionaler Gegebenheiten erfolgt die verstrkte Nutzung er-neuerbarer Energien in den einzelnen europischen Staaten in einem unterschiedlichen

    3In Orientierung an das Grnbuch ber erneuerbare Energiequellen aus dem Jahr 1996 wurde ein Zielvon 12 % fr den Anteil erneuerbarer Energietrger am Brutto-Inlandsenergieverbrauch der Europi-schen Union bis zum Jahr 2010 festgelegt.

  • 6 2 Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien Situation in Europa

    0 %

    20 %

    40 %

    60 %

    80 %

    100 %

    120 %

    DE PT IE ES DK DE PT IE ES DK DE PT IE ES DK DE PT IE ES DK

    1990 1995 2000 2006

    Wind, Photovoltaik

    Wasser, Biomasse,Geothermie

    Sonstige

    Kohlen, Erdgas, l

    Kernbrennstoff

    Abbildung 2.1: Elektrizittserzeugung als Anteil der inlndischen Brutto-Elektrizittsnachfragein ausgewhlten Lndern Europas von 1990 bis 2006 [17].

    Umfang und mit unterschiedlichen Erzeugungssystemen. Lnder wie sterreich oderSchweden, die bereits zu Beginn der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts mit ber 50 %einen erheblichen Anteil erneuerbarer Energien zur Elektrizittsversorgung (vor allemauf der Basis von Lauf- und Speicherwasserkraftwerken) nutzten, stehen vor einer vl-lig anderen Situation als Lnder wie z. B. Irland, Deutschland, Dnemark, Tschechienoder Grobritannien, die zu diesem Zeitpunkt allesamt weniger als 5 % ihrer Brutto-Elektrizittsnachfrage mit erneuerbaren Energien bereitstellten.

    Im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht der gemeinsame Betrieb eines konventionellthermischen Kraftwerksparks mit einem hohen Anteil uktuierender elektrischer Ein-speisung aus erneuerbaren Energien. Dieser Anteil ist im europischen Vergleich in denLndern Deutschland, Portugal, Irland, Spanien und Dnemark in den letzten Jahrenauf ein relativ hohes Niveau angestiegen.

    Abbildung 2.1 zeigt die Entwicklung der Brutto-Elektrizittserzeugung als Anteil ander inlndischen Nachfrage fr diese fnf ausgewhlten Lnder. Whrend im Jahr 2006die Elektrizittserzeugung aus Windkonvertern und Photovoltaikanlagen in Deutsch-land 5,3 % betrug, erzeugte Dnemark im gleichen Jahr bereits 15,8 % der Brutto-Elektrizittsnachfrage mit diesen Erzeugungssystemen. Auer in Portugal kennzeich-

  • 70%

    10%

    20%

    30%

    40%

    50%

    60%

    70%

    80%

    90%

    100%

    DE PT IE ES DK DE PT IE ES DK DE PT IE ES DK DE PT IE ES DK

    1990 1995 2000 2006

    Wind, Photovoltaik

    Wasser

    Sonstige

    Kohlen, Erdgas, l

    Kernbrennstoff

    Abbildung 2.2: Anteile der elektrischen Netto-Erzeugungsleistung in ausgewhlten Lndern Eu-ropas von 1990 bis 2006 (Biomasse und Geothermie nicht separat ausgewiesen) [17].

    net sich die Erzeugungsstruktur dieser Lnder auch im Jahr 2006 immer noch durcheinen erheblichen Teil an fossil befeuerten Kraftwerken (unter Verwendung von Stein-kohlen, teilweise Braunkohlen, Erdgas und Heizl). In Deutschland und Spanien tragendarber hinaus Kernkraftwerke einen erheblichen Teil zur Elektrizittserzeugung bei.4

    Abbildung 2.2 zeigt fr die gleichen Lnder die anteilige Entwicklung der elektrischenNetto-Erzeugungsleistung. Im Jahr 2006 ist mit 17 bis 23 % an der gesamten Netto-Engpassleistung der starke Ausbau der uktuierenden erneuerbaren Energien zur Elek-trizittserzeugung in Deutschland, Spanien, Portugal und Dnemark zu sehen, whrendin Irland der Anteil etwa 13 % betrgt.

    Die zentrale Fragestellung der vorliegenden Untersuchung, inwiefern Kernkraftwerke undandere konventionell thermische Kraftwerke im Systemverbund vertrglich mit groenMengen kurzfristig uktuierender Elektrizittserzeugung aus Windkonvertern und Pho-tovoltaikanlagen betrieben werden knnen, ist also nicht nur fr Deutschland von Bedeu-tung, sondern knnte sich auch in Spanien, Dnemark, Irland und Portugal stellen.

    4In Deutschland wird derzeit ber eine Aufhebung der im Jahre 2000 beschlossenen Laufzeitverkr-zung fr die Kernkraftwerke nachgedacht. Spanien hlt noch am Ausstiegsbeschluss fest, will aber dieBetriebsbewilligungen bestehender Anlagen vorerst verlngern.

  • 93 Kraftwerks- und Erzeugungsstrukturen in 2020 und 2030

    3.1 Energiewirtschaftliche Rahmenannahmen

    Die energiewirtschaftlichen Rahmenannahmen fr diese Untersuchung sind im Kontextaktueller Studien und eigener Arbeiten und Einschtzungen getroen worden [15, 16]. Dereingeschrnkte regionale Betrachtungsraum und der mglichst einfache Vergleich beiderSzenarien miteinander erfordert einige vereinfachende Annahmen, die nach Mglichkeit soerfolgen, dass im Sinne der Fragestellung der vorliegenden Untersuchung die Abschtzungkonservativ also verschrfend fr die Situation der Grundlast- und insbesondere derKernkraftwerke erfolgt.

    3.1.1 Elektrizittsnachfrage und -erzeugung im Inland

    In den vergangenen Jahren ist die Netto-Elektrizittsnachfrage in Deutschland nur ge-ringfgig gestiegen. Von 1991 bis 2008 hat die durchschnittliche Vernderung gerade0,8 %/a betragen [6]. Die weltweite Rezession hat in diesem Jahr vor allem wegen einerverringerten Industrieproduktion zu einem markanten Rckgang der Elektrizittsnach-frage gefhrt: im ersten Quartal 2009 ist sie um vier Prozent gesunken [9] und im zweitenQuartal dieses Jahres noch einmal zurckgegangen, so dass im ersten Halbjahr 2009 dieElektrizittsnachfrage um sechs Prozent unter dem Vorjahresniveau lag [8].

    In einer Analyse der Deutschen Energie-Agentur [11] werden neben einem nahezu kon-stanten zuknftigen Verlauf der Elektrizittsnachfrage sowohl eine sinkende als auch einesteigende Entwicklung der Elektrizittsnachfrage fr mglich gehalten. Ein aktueller Ver-gleich dieser und weiterer Projektionen der Elektrizittsnachfrage [12] konstatiert, dassden Plnen der Bundesregierung zur Erhhung der Energieproduktivitt im Industrie-sektor, Modernisierung im Hauswrmebereich und Endenergieeinsparung bei den Haus-halten insgesamt eine steigende Elektrizittsnachfrage gegenberstehen knnte, die aufgegenluge Eekte des Energieeinsatzes und die derzeit gefrderte Marktdurchdringungvon Elektromobilen zurckzufhren wre. Fr die vorliegende Untersuchung ist unter- Netto-Elektrizitts-

    nachfrage:542 TWh konst.

    stellt worden, dass die Netto-Elektrizittsnachfrage im gesamten Jahr 2009 vier Prozentunter dem Vorjahresniveau liegen und dann im Einklang mit einer wirtschaftlichen Er-holung bis zum Jahr 2012 mit etwa 542 TWh wieder das Niveau der Jahre 2007 und2008 erreichen wird und dann konstant bleibt. Damit liegt diese Annahme innerhalb

  • 10 3 Kraftwerks- und Erzeugungsstrukturen in 2020 und 2030

    der Bandbreite der zuvor erwhnten Projektionen der zuknftigen Elektrizittsnachfra-ge, die allerdings den rezessionsbedingten Einbruch noch nicht explizit bercksichtigthaben. Diese Annahme ist im Sinne der zentralen Fragestellung konservativ, da aufgrundder zunehmenden privilegierten elektrischen Einspeisung aus erneuerbaren Energien dasNiveau der Residuallast, die durch die konventionellen Kraftwerke zu decken ist, sinkenwird.

    Der physikalische Elektrizittsaustausch Deutschlands mit den Nachbarlndern ist inden letzten Jahren durch einen Ausfuhrberschuss geprgt. Von 1991 bis 2008 hat derAustauschsaldo (als Dierenz aus Importen und Exporten) durchschnittlich 4,9 TWhbetragen [6, 7]. Neben einzelnen Jahren mit einem Netto-Import (z. B. 199495, 2000)ist Deutschland seit dem Jahr 2003 Netto-Exporteur mit einer ansteigenden Tendenz.

    Die Abschtzung der zuknftigen Entwicklung des deutschen Austauschsaldos gegenberden benachbarten nationalen Elektrizittsmrkten ist nicht Gegenstand dieser Studie.5

    Fr diese Untersuchung werden zuknftige Austauschsalden deshalb zu Null angenom-men.6 Diese Annahme ist erneut konservativ im Sinne der vorliegenden Fragestellung,da eine mgliche ausgleichende Wirkung der uktuierenden elektrischen Einspeisung auserneuerbaren Energien durch den Elektrizittsaustausch nicht bercksichtigt wird.

    Bei Fortschreibung historischer Netzverluste entsprechen diese Annahmen einer Netto-Netto-Elektrizitts-erzeugung:

    571 TWh konst.Elektrizittserzeugung (ohne Pumparbeit) von etwa 571 TWh in den Jahren 2020 und2030.

    3.1.2 Energietrgerpreise und CO2-Zertikatepreise

    Der Rohlpreis ist in dem Zeitraum Ende der neunziger Jahre des vorigen Jahrhundertsbis in die Jahresmitte 2008 stark angestiegen, um dann einen drastischen Einbruch zuerfahren. Fr die zuknftige Entwicklung der Energietrgerpreise wird in beiden Szenari-en Kernenergieausstieg und Laufzeitverlngerung nach diesem Preiseinbruch im Jahr2008 ein moderater Anstieg des Rohlpreises bis 2030 auf 75 US$2007/bbl angenommen,von dem sich die Entwicklung des Heizl-, Erdgas- und Steinkohlenpreises ableitet. Die

    5Die Integration von elektrischer Einspeisung aus Windkonvertern aus einer gesamteuropischenPerspektive allerdings nur bis zum Jahr 2015 ist Untersuchungsgegenstand der EuropeanWind Integration Study (EWIS), die unter Beteiligung des IER, anderen wissenschaftlichen In-stituten und einigen europischen bertragungsnetzbetreibern durchgefhrt wird, vgl. http://www.wind-integration.eu/.

    6ENTSO-E als Nachfolgeorganisation der UCTE trifft fr die jhrliche Rckschau des europischenVerbundnetzbetriebs und zur Beurteilung der Lage in einzelnen Staaten eine hnliche Annahme, indemsie in der Leistungsbilanz zum Referenzzeitpunkt die verbleibende Kapazitt (Remaining Capacityund Remaining Margin) sowohl ohne als auch mit Elektrizittsaustausch berechnet.

  • 3.1 Energiewirtschaftliche Rahmenannahmen 11

    Preise fr Braunkohlen hngen dagegen im Wesentlichen von der Struktur der Frder-kosten am jeweiligen Ort des Abbaus ab. Die angenommene Entwicklung der Energie-trgerpreise ist in Tabelle 3.1 dargestellt. Bei einer jhrlichen Ination von 2,3 % p. a.[21] betrge der Erdgaspreis im Jahr 2030 nominal 34,60 e/MWh und htte sich dannin nominalen Geldwerten im Vergleich zum Jahr 2010 in etwa verdoppelt. Der leichtansteigende Preis fr Braunkohlen ist dadurch begrndet, dass fr eine weitere Frde-rung bis zum Jahr 2030 weitere Gruben aufgeschlossen werden mssen und die Kostendes Aufschlusses und Rckstellungen fr eine Rekultivierung dieser neuen Gruben aufdie Kosten der Braunkohlenfrderung berwlzt werden. Die Preise fr Kernbrennstobeinhalten die gesamten Brennstokreislaufkosten.

    Tabelle 3.1: Entwicklung der Energietrgerpreisefrei Kraftwerk [e2007/MWh].

    2007 2020 2030

    Heizl 55,9 33,8 37,4Erdgas 26,3 19,3 20,5Steinkohlen 9,2 7,7 7,9Braunkohlen 3,8 4,1 4,4Kernbrennstoff 2,5 2,5 2,5

    Andere Projektionen des zuknftigen Rohlpreises halten hhere, jedoch auch unter Um-stnden niedrigere Preispfade fr vorstellbar [21, 23], woraus sich dementsprechend an-dere Preise fr die brigen Energietrger ableiten lieen. Mit Blick auf die Systembe- Moderate Energie-

    trgerpreispfadetriebskosten eines primr fossil-thermischen Kraftwerksparks stellen die hier unterstell-ten moderat steigenden Energietrgerpreise wiederum eine eher konservative Annahmeim Sinne der zu untersuchenden Fragestellung dar.

    Die zuknftige Entwicklung des CO2-Zertikatepreises kann hnlich wie der Elektrizi-ttsaustausch zwischen den einzelnen Lndern nur sinnvoll in einem auf ganz Europaausgeweiteten Modellinstrumentarium projiziert werden. Darber hinaus ist der Zerti-katepreis unmittelbar abhngig von der in Deutschland derzeit diskutierten Frage einerLaufzeitverlngerung der bestehenden Kernkraftwerke, denn die langfristige Preiswir-kung innerhalb des europischen Emissionshandelssystems (European Emission TradingSystem, EU ETS) wird bestimmt ber die vereinbarten Emissionsobergrenzen. Bis zumJahr 2012 geschieht das ber nationale Allokationsplne, danach ber eine europaweiteObergrenze.

    Fr die vorliegende Untersuchung wird vereinfachend von einem konstanten Niveau des CO2-Zertikate-preis:30 e/t konst.

    CO2-Zertikatepreises in realen Geldwerten ausgegangen, vgl. Tabelle 3.2.

    Tabelle 3.2: Entwicklung der CO2-Zerti-katepreise [e2007/t CO2].

    2007 2020 2030

    CO2-Zertifikatepreis 0,6 30,0 30,0

  • 12 3 Kraftwerks- und Erzeugungsstrukturen in 2020 und 2030

    3.1.3 Nutzungssysteme erneuerbarer Energien zur Elektrizittserzeugung

    Fr die Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien in den Jahren 2020 und 2030wird eine deutliche Ausweitung unterstellt, so dass entsprechend den Zielen der Bun-desregierung in 2020 ein Anteil an der Elektrizittserzeugung7 von rund 31 % erreichtwird. Bis 2030 steigt der Anteil auf etwa 42 % an. Tabellen 3.3 und 3.4 fassen die An-nahmen ber den zuknftigen Ausbau und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zurElektrizittserzeugung zusammen.

    2007 2020 2030

    Wind 22,25 47,11 61,90. . . offshore - 10,28 25,15. . . onshore 22,25 36,83 36,75Photovoltaik 3,81 14,66 20,22Biomasse 3,14 6,10 6,18Lauf- und Speicherwasser 4,72 4,42 4,42

    Summe 33,92 72,29 92,72

    Tabelle 3.3: Entwicklung der in-stallierten Netto-Engpassleistungan Nutzungssystemen erneuerbarerEnergien zur Elektrizittserzeugung[GW bzw. GWp].

    Die Elektrizittserzeugung aus Windenergie steigt gem der vorliegenden Annahme von40 TWh im Jahr 2007 auf 154 TWh im Jahr 2030 an, wobei dann etwa 88 TWh inOshore-Windkonvertern erzeugt wrden. Fr die Elektrizittserzeugung aus Photovol-taikanlagen wird davon ausgegangen, dass sie bis 2020 auf 13 TWh und bis 2030 auf19 TWh ansteigt. Die Ausnutzung der Windkonverter bzw. der Photovoltaikanlagen wirdaufgrund eines strkeren Ausbaus auf dem Meer (oshore) bzw. in der freien Flche zu-nehmen. Die Elektrizittserzeugung aus Biomasse wird von etwa 24 TWh im Jahr 2007auf 41 TWh im Jahr 2030 ansteigen. Hier ist aufgrund eines rcklugen Anteils derDeponie- und Klrgasnutzung und einer besseren Anpassung an die zunehmend durchKraft-Wrme-Kopplung bediente Versorgungsaufgabe ebenfalls eine zuknftig steigendeAusnutzung der Erzeugungsanlagen festzustellen. Das Nutzungspotential der Wasser-kraft mit Lauf- und Speicherwasserkraftwerken ist in Deutschland nahezu ausgeschpft.Deshalb wird angenommen, dass die elektrische Erzeugung mit diesen Anlagen in etwaauf einem konstanten Niveau von 24 TWh verbleiben wird.

    Wie zuvor erlutert orientiert sich diese Untersuchung an den derzeitigen Zielen derBundesregierung zur Ausweitung der Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien.Andere Projektionen des Ausbaus und der Nutzung erneuerbarer Energien zur Elek-trizittserzeugung gehen teilweise hnlich vor, allerdings bestehen Unterschiede in derBeurteilung der Entwicklungspfade einzelner Erzeugungstechnologien. Die vorliegendenAnnahmen zur Elektrizittserzeugung der Windkonverter, insbesondere derjenigen auf

    7In dieser Untersuchung werden die Quoten als Anteil an der Netto-Elektrizittserzeugung ohne Pum-parbeit ausgewiesen.

  • 3.1 Energiewirtschaftliche Rahmenannahmen 13

    Tabelle 3.4: Entwicklung derNetto-Elektrizittserzeugung auserneuerbaren Energien [TWh] undihr Anteil an der gesamten Netto-Elektrizittserzeugung [%].

    2007 2020 2030

    Wind 40 102 154. . . offshore - 36 88. . . onshore 40 65 65Photovoltaik 3 13 19Biomasse 24 37 41Lauf- und Speicherwasser 21 24 24

    Summe 88 176 238

    Anteil 15 31 42

    dem Meer, mssen als ambitioniert eingeschtzt werden und liegen ber den Erwartungen Hohe Ausbaupfadefr Wind undPhotovoltaik

    in Szenarien aktueller anderer Studien [23, 24, 27]. Bezglich der Elektrizittserzeugungaus Photovoltaikanlagen ergibt sich ein dierenzierteres Bild: whrend die vorliegendeAnnahme optimistischer ist als die Projektion in den Politikszenarien IV [24] und imEnergiewirtschaftlichen Gesamtkonzept 2030 [23], erwartet die Leitstudie 2008 [27]eine um etwa 2 bis 3 TWh hhere Einspeisung aus Photovoltaikanlagen in 2020 und2030. Die angenommene Nutzung der Biomasse zur Elektrizittserzeugung ordnet sichin die Bandbreite der Politikszenarien IV [24] ein, whrend die Szenarien im Ener-giewirtschaftlichen Gesamtkonzept 2030 [23] tendenziell darunter und das Szenario derLeitstudie 2008 [27] darber liegen.

    Aufgrund hoher Explorations- und Kostenrisiken bei der Nutzung geothermischer Res-sourcen erscheint das Potential der Erdwrme zur Elektrizittserzeugung begrenzt. Dieoptimistischste Einschtzung gibt das Mit-Weiteren-Manahmen-Szenario aus Poli-tikszenarien IV [24] mit einer Elektrizittserzeugung von 9,4 TWh in 2030. Fr dieseUntersuchung wurde die Elektrizittserzeugung aufgrund des begrenzten Potentials ver-nachlssigt.

    Insgesamt wird unterstellt, dass die Privilegierung der elektrischen Einspeisung aus denNutzungssystemen erneuerbarer Energien auch zuknftig besteht. Eine von der Bundes-regierung angestrebte intensivierte Nutzung der Windkonverter auf dem Meer erst rechtentsprechend der obigen Annahme ist nur bei einem deutlichen Ausbau des Elektrizi-ttsnetzes vorstellbar. Deshalb wird ebenfalls unterstellt, dass mit dem jngst in Kraftgetretenen Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus der Hchstspannungsnetze (EnLAG)potentielle Netzengpsse bei der Integration der durch oshore-Windkonverter einge-speisten Elektrizitt in Zukunft vermieden werden.

  • 14 3 Kraftwerks- und Erzeugungsstrukturen in 2020 und 2030

    3.1.4 Speichertechnologien

    Bei einem zunehmenden Ausbau der Nutzungssysteme erneuerbarer Energien zur Elek-trizittserzeugung wird die Residuallast im Niveau sinken und insgesamt einen volatilerenVerlauf annehmen, vgl. Abschnitt 4.2. Immer huger nimmt die Residuallast niedrigeWerte an und prinzipiell sind in Zukunft auch Situationen zu erwarten, in denen auf-grund des hohen Anteils privilegierter Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energieneine im Elektrizittssystem zu integrierende berschussenergie (im Sinne einer nega-tiven Residuallast) auftritt. Deshalb werden Systeme zur Speicherung von Elektrizitteine zunehmende Bedeutung gewinnen, um die uktuierende elektrische Einspeisung auserneuerbaren Energien aufzunehmen und auszugleichen.

    In dieser Untersuchung werden drei Speichertechnologien bercksichtigt:

    Pumpspeicherkraftwerke,

    Druckluftspeicher-Gasturbinenkraftwerke (als endogene Zubauoption) und

    mobile Batteriespeicher in Elektrofahrzeugen (Elektromobilitt).

    Neben grotechnisch bewhrten Pumpspeicherkraftwerken sind Druckluftspeicher-Gas-turbinenkraftwerke und die Elektromobilitt als zuknftig verstrkt nutzbare Speicher-konzepte anzusehen, allerdings sind prinzipiell auch andere technische Systeme einerSpeicherung von Elektrizitt denkbar und letztlich eine Frage der technischen Weiterent-wicklung und Anwendung.

    Es werden die derzeitigen Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland mit einer elektrischenGesamtleistung von 6,7 GW sowie diejenigen Anlagen8, die von deutschen Betreibernim benachbarten Ausland betrieben werden, bercksichtigt. Die Pumpspeicher werdenin insgesamt acht Kraftwerksklassen dierenziert nach Turbinenleistung und Speicher-nenninhalt abgebildet, vgl. Tabelle 3.5. Von den beiden derzeit in Planung bendlichenNeubauprojekten in Atdorf und Forbach wird lediglich die erstgenannte Anlage mit Rea-lisierung in 2020 aufgenommen. Pumpspeichersysteme haben sich schon lange fr ver-schiedene Betriebsarten bewhrt, hierzu gehren der Lastausgleich (Energieveredelungim Wlzbetrieb) und das Abfangen extremer Leistungsschwankungen, der Einsatz zurPrimr- und Sekundrregelung oder der Blindleistungsausgleich [19, S. 639 f]. ManchePumpspeicherkraftwerke, die ber getrennte Pumpen- und Turbinenlaufrder sowie se-parate Druckrohrverbindungen verfgen, knnen im hydraulischen Kurzschlussbetriebgefahren werden. Hierbei wird whrend des Pumpvorganges zugleich ein Teil des Was-sers ber die Turbine in das Unterbecken zurckgefhrt. In dieser Betriebsart knnen

    8Es handelt sich um insgesamt fnf Anlagen in sterreich, Luxemburg und der Schweiz mit einerelektrischen Gesamtleistung von etwa 2,8 GW.

  • 3.1 Energiewirtschaftliche Rahmenannahmen 15

    Pumpspeicherkraftwerke in voller Leistungsbandbreite zur Primr- und Sekundrregel-reserve beitragen [19, S. 654].

    Tabelle 3.5: Pumpspeicherkraft-werke: Turbinenleistung [MW]und Speichernenninhalt [GWh].

    Turbinenleistung Speichernenninhalt

    Klasse 1 340 116,3Klasse 2 130 1,7Klasse 3 5214 26,1Klasse 4 528 4,2Klasse 5 528 4,2Klasse 6 65 0,3Klasse 7 1000 13,0Klasse 8 2795 14,0

    Summe 10600 179,7

    Druckluftspeicher-Gasturbinenkraftwerke basieren auf einem zeitlich entkoppelten Ga-sturbinenprozess: ber den Verdichter komprimierte Luft wird in einen unterirdischenSpeicher (z. B. Salzstockkavernen) geleitet, um dann zur Spitzenlastzeit als Verbren-nungsluft in einer Gasturbine genutzt zu werden. Im Gegensatz zum klassischen oe-nen Gasturbinenprozess muss die verdichtete Luft zur unterirdischen Einspeicherung ab-gekhlt und spter vor bzw. in der Brennkammer der Gasturbine wieder aufgewrmtwerden. Um diese Energieverluste zu verringern, wird in adiabaten Druckluftspeicher-Gasturbinenkraftwerken ein regenerativer Wrmeaustausch ber einen Feststospeichergenutzt. Fr diese Untersuchung sind jedoch ausschlielich konventionelle, diabate Druck-luftspeicher-Gasturbinenkraftwerke als Speicheroption bercksichtigt worden und es wirdangenommen, dass zustzlich zu der Anlage in Huntdorf ab dem Jahr 2015 hchstens800 MW/a an Anlagenkapazitten zugebaut werden knnen. Druckluftspeicher-Gasturbi-nenkraftwerke sind aufgrund ihres geringeren Nutzungsgrades Pumpspeicherkraftwerkenin ihrem Betrieb wirtschaftlich unterlegen, knnten jedoch zur Regelenergiebereitstellungeine zunehmende Bedeutung gewinnen.

    Zur Zwischenspeicherung grerer Elektrizittsmengen erscheinen aus heutiger Sicht ne-ben den zuvor erwhnten Pumpspeicher- und Druckluft-Gasturbinenkraftwerken auchBatteriespeicher geeignet. Batteriespeicher (Akkumulatoren) knnen in unterschiedlicherForm ausgefhrt werden. Neben stationren Systemen, wie Natrium-Schwefel-Batterienoder Redox-Flow-Batterien werden den mobilen Batteriespeichern (in Elektrofahrzeu- Elektrofahrzeuge

    als mobileBatteriespeicher

    gen und Plug-In-Hybriden) zuknftig ein zunehmendes Speicherpotential zugeschrieben.Elektromobilitt erfhrt in Deutschland derzeit eine besondere Frderung durch die Po-litik und ist mit positiven Erwartungen hinsichtlich der Reduzierung von Emissionen(z. B. CO2, CO, Feinstaub oder Lrm) im Straenverkehr sowie einer verringerten Ab-hngigkeit von Minerall als Energietrger verbunden. Fr diese Untersuchung wird an-genommen, dass in Anlehnung an die Ziele der Bundesregierung [10] bis zum Jahr 2020

  • 16 3 Kraftwerks- und Erzeugungsstrukturen in 2020 und 2030

    bzw. 2030 insgesamt eine bzw. fnf Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland in denVerkehr gebracht werden. Entsprechend tagesabhngiger Nutzungsprole von Elektro-fahrzeugen wird unterstellt, dass Lithium-Ionen-Akkumulatoren mit einer Teilkapazittzur Speicherung und Rckspeisung elektrischer Energie genutzt werden knnen und diehierzu erforderliche Infrastruktur zur Verfgung stehen wird.

    3.2 Kraftwerkspark in 2020 und 2030

    Unter den zuvor skizzierten energiewirtschaftlichen Rahmenannahmen ergibt sich aus ei-ner modellgesttzten Analyse9 die in Abbildung 3.1 dargestellte Entwicklung der Kraft-werkskapazitten in Deutschland von 2010 bis 2030, in der die heute begonnenen Kraft-werksprojekte [5] als exogene Vorgabe enthalten sind.

    Fr das Szenario Kernenergieausstieg gelten die derzeitigen Restlaufzeiten fr die be-stehenden Kernkraftwerke. Unter den angenommenen technischen Lebensdauern fr dieanderen Kraftwerke werden von den derzeit genutzten thermischen Kapazitten 55 GWbis 2020 und 81 GW bis 2030 vom Netz gehen. Unter Bercksichtigung des unterstelltenAusbaus der erneuerbaren Energien zur Elektrizittserzeugung entsteht ein Investitions-bedarf von 22 GW bis 2020 bzw. 44 GW bis 2030 an neuen thermischen Erzeugungs-kapazitten, von denen rund 14 GW bereits durch die begonnenen Investitionsprojektebis zum Jahr 2013 realisiert sein werden. Der verbleibende Teil wird berwiegend durcherdgasbefeuerte Kraftwerke, insbesondere Erdgas-Kombianlagen gedeckt.22 GW geringerer

    Zubaubedarf beiLaufzeitverlnge-

    rung bis 2030Fr das Szenario Laufzeitverlngerung wird angenommen, dass sich die heutigen Kern-kraftwerke auch noch im Jahr 2030 in Betrieb benden. Durch eine Aufhebung der Lauf-zeitverkrzung der Kernkraftwerke bleibt zuzglich zu den bereits begonnenen Neubau-projekten mit 14 GW bis 2020 nur noch ein Investitionsbedarf von weniger als 1 GW, bis2030 von 9 GW, der ebenfalls hauptschlich durch erdgasbefeuerte Kraftwerke gedecktwird.

    Fr Speichertechnologien sind lediglich Druckluftspeicher-Gasturbinenkraftwerke als en-dogene Zubaumglichkeit vorgesehen, vgl. Abschnitt 3.1.4. In beiden Varianten Kern-energieausstieg und Laufzeitverlngerung ergibt sich fr diese Technologie kein ausge-prgter Investitionsbedarf. Whrend die gesamten Kapazitten der Speicherkraftwerkein beiden Szenarien vergleichbar sind, ist ihr Einsatz zu einer optimalen Speicherbewirt-schaftung jedoch dierenziert zu betrachten, siehe Abschnitt 5.1.

    9Eine detaillierte Beschreibung des auf den deutschen Elektrizittsmarkt angewendeten Fundamen-talmodells E2M2s befindet sich in Abschnitt B.1.

  • 3.2 Kraftwerkspark in 2020 und 2030 17

    2010 2015 2020 2025 20300

    50

    100

    150

    200

    Jahr

    Net

    toE

    ngpa

    ssle

    istun

    g [G

    W]

    (a) Kernenergieausstieg

    2010 2015 2020 2025 20300

    50

    100

    150

    200

    Jahr

    Net

    toE

    ngpa

    ssle

    istun

    g [G

    W]

    PhotovoltaikWind OffshoreWind OnshorePumpspeicherElektromobilittDruckluftspeicherWasserkraftBiomasseSonstigelErdgas GTErdgas DTErdgas GuDSteinkohlenBraunkohlenKernbrennstoff

    (b) Laufzeitverlngerung

    Abbildung 3.1: Projektion der Kraftwerkskapazitten in Deutschland von 2010 bis 2030.

    Abbildung 3.2 stellt noch einmal die Kraftwerksstruktur in beiden Betrachtungsjahren2020 und 2030 fr die beiden Varianten Kernenergieausstieg und Laufzeitverlngerunggegenber.

    2020 20300

    50

    100

    150

    200

    Jahr

    Net

    toE

    ngpa

    ssle

    istun

    g [G

    W]

    (a) Kernenergieausstieg

    2020 20300

    50

    100

    150

    200

    Jahr

    Net

    toE

    ngpa

    ssle

    istun

    g [G

    W]

    PhotovoltaikWind OffshoreWind OnshorePumpspeicherElektromobilittDruckluftspeicherWasserkraftBiomasseSonstigelErdgas GTErdgas DTErdgas GuDSteinkohlenBraunkohlenKernbrennstoff

    (b) Laufzeitverlngerung

    Abbildung 3.2: Kraftwerkskapazitten in Deutschland in 2020 und 2030.

    Die Projektion der zuknftigen Kraftwerksstruktur orientiert sich an den gesamten Sy-stemkosten und unter Bercksichtigung der erforderlichen Versorgungszuverlssigkeit,indem stets ausreichende Reserve-/Regelleistung bereitgestellt wird. Im Modell wird ne-ben ungeplanten Ausfllen thermischer Kraftwerke auch der Reservebedarf fr die uk-tuierende elektrische Einspeisung aus Windkonvertern ermittelt. Bei der Erstellung der

  • 18 3 Kraftwerks- und Erzeugungsstrukturen in 2020 und 2030

    Leistungsbilanz im Elektrizittsversorgungssystem [34] wird hug der gesicherte Anteilder gesamten installierten Leistung an Windkonvertern als Leistungskredit ermittelt. DieMethode, die in der vorliegenden Untersuchung zur Bestimmung des Windleistungskre-dits verwendet wird, lehnt sich an bliche stochastische Verfahren an [22, 30, 31]. Unterder in Abschnitt 3.1 beschriebenen Annahme des zuknftigen Ausbaus der Windkonver-Windleistungskredit

    sinkt bis 2030 von9,6 % auf 3,2 %

    ter sinkt der Windleistungskredit von 9,6 % im Jahr 2010 auf 6,6 % im Jahr 2020 bzw.3,2 % im Jahr 2030.

  • 19

    4 Integrationsaspekte bei einem hohen Anteil fluktuierender

    Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien

    4.1 Netzlast und Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien

    Fr die stndliche Ganglinie der Nachfragelast sind Daten von ENTSO-E (ehemals UC- Lastganglinieskaliert auf gesamteNetto-Elektrizitts-erzeugung

    TE) verwendet worden, die jedoch auf die gesamte Netto-Elektrizittserzeugung (ohnePumparbeit) skaliert wurden.10 Die vorliegende Untersuchung bezieht sich also nicht nurauf die Elektrizittserzeugung der Allgemeinen Versorgung einschlielich Deutsche BahnAG, sondern bercksichtigt darber hinaus die elektrische Einspeisung industrieller Ei-genanlagen und Privater.

    Tabelle 4.1 stellt die Hchst- und Niedriglast der Elektrizittsnachfrage in den beiden Be-trachtungsjahren der installierten Leistung an Windkonvertern und Photovoltaikanlagengegenber. Die Netto-Engpassleistung der Nutzungssysteme uktuierender erneuerba-rer Energien zur Elektrizittserzeugung bertrit in 2020 und 2030 die fr diese Jahreangenommene Niedriglast bereits deutlich. Die Hhe der Residuallast als Dierenz auselektrischer Nachfrage und der Einspeisung aus Windkonvertern und Photovoltaikanla-gen ist abhngig vom zeitlichen Zusammentreen der Ganglinie der Nachfragelast undder Ganglinie der tatschlichen Einspeisung uktuierender erneuerbarer Energien, vgl.Abschnitt 4.2.

    Tabelle 4.1: Hchst- und Niedriglast derElektrizittsnachfrage sowie Netto-Eng-passleistung uktuierender erneuerbarerEnergien in 2020 bzw. 2030 [GW bzw.GWp].

    2020 2030

    Hchstlast 87,54 87,54Niedriglast 39,50 39,50Netto-Engpassleistung Wind 47,11 61,90Netto-Engpassleistung PV 14,66 20,22

    4.2 Dynamik der Residuallast

    Die Struktur der fr diese Untersuchung zugrunde gelegten Residuallast in den Betrach-tungsjahren 2020 und 2030 ergibt sich durch die Skalierung ausgewhlter historischer10Die Jahressumme der (unskalierten) Lastganglinie weicht sowohl von der von ENTSO-E als auch vomBDEW ausgewiesenen jhrlichen Elektrizittsnachfrage ab. Die Abweichungen knnten in unterschied-lichen Methoden der Datengewinnung liegen, vgl. hierzu [14].

  • 20 4 Integrationsaspekte bei Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien

    Ganglinien der stndlichen Nachfragelast (Abschnitt 4.1), der viertelstndlichen Win-denergieeinspeisung und des halbstndlichen Solarstrahlungsangebotes auf die jeweilsangenommenen Energiemengen der elektrischen Nachfragelast und der Einspeisung ausWindkonvertern und Photovoltaikanlagen [20].

    Die Ganglinie der Windenergieeinspeisung ist mit historischen Daten (tatschliche Win-denergieeinspeisung in den bertragungsnetzgebieten und Windgeschwindigkeiten aufdem Meer des Jahres 2008) und unter der Bercksichtigung eines unterschiedlichen Aus-baupfades fr Windkonverter im Inland und auf demMeer (onshore bzw. oshore) erzeugtworden.

    0 2000 4000 6000 8000

    0

    20

    40

    60

    80

    100

    Stunde

    Nac

    hfra

    ge

    u. R

    esid

    ualla

    st [G

    W]

    NachfragelastResiduallast

    Abbildung 4.1: Ganglinien der elektrischen Nachfrage- und Residuallast im Betrachtungsjahr2030 (Basis: skaliertes, historisches Winderzeugungsprol 2008).

    Abbildung 4.1 zeigt fr das Betrachtungsjahr 2030 die resultierende Ganglinie der elek-trischen Nachfrage- und Residuallast in viertelstndlicher Ausung.11 Es wird deutlich,Residuallast wird

    im Niveau sinkenund an Volatilitt

    zunehmen

    dass aufgrund der hohen elektrischen Einspeisung erneuerbarer Energien die Residual-last im Niveau gegenber der Nachfragelast sinken und in der Charakteristik wesentlichvolatiler ausfallen wird.

    Die berwiegende Mehrzahl (ber 90 %) der auftretenden Residuallastgradienten imJahr 2030 liegt in einem Bereich von 2,3 bis +2,4 GW/15min, allerdings treten auchExtreme

    Gradienten derResiduallast

    verdreifachen sichbis 2030

    extreme Gradienten der Residuallast (verursacht durch extreme Gradienten der Wind-energieeinspeisung) von bis zu 12 oder +11 GW/15min auf. Abbildung 4.2 verdeutlichtden zunehmenden Einuss des Windgradienten auf den Gradienten der Residuallast (dia-gonale Anordnung der Datenpaare im Diagramm fr das Jahr 2030) und verdeutlicht,dass sich die Gradienten im Jahr 2030 gegenber der heutigen Situation mitunter mehrals verdreifachen.11Bei Zugrundelegung von Winderzeugungsprofilen auf der Basis anderer historischer Jahre kann derVerlauf der Residuallast anders ausfallen. Die Grundcharakteristik drfte sich aber nicht verndern.

  • 4.2 Dynamik der Residuallast 21

    15 10 5 0 5 10 1515

    10

    5

    0

    5

    10

    15

    4 GW/15min

    3 GW/15min

    Gradient Residuallast [GW/15min]

    Gra

    dien

    t Win

    dein

    spei

    sung

    [GW

    /15mi

    n]

    (a) Jahr 2008

    15 10 5 0 5 10 1515

    10

    5

    0

    5

    10

    15

    11 GW/15min

    12 GW/15min

    Gradient Residuallast [GW/15min]G

    radi

    ent W

    inde

    insp

    eisu

    ng [G

    W/15

    min]

    (b) Jahr 2030

    Abbildung 4.2: Gradient der Windenergieeinspeisung und Residuallast fr die Jahre 2008 und2030 (Basis: historisches bzw. skaliertes Winderzeugungsprol 2008).

    1 10 20 30 40 50 60 7050

    40

    30

    20

    10

    0

    10

    20

    30

    40

    50

    Anzahl kontinuierl. Viertelstunden

    "H

    ub" d

    er R

    esid

    ualla

    stn

    deru

    ng [G

    W]

    (a) Jahr 2008

    1 10 20 30 40 50 60 7050

    40

    30

    20

    10

    0

    10

    20

    30

    40

    50

    Anzahl kontinuierl. Viertelstunden

    "H

    ub" d

    er R

    esid

    ualla

    stn

    deru

    ng [G

    W]

    (b) Jahr 2030

    Abbildung 4.3: Hub der Residuallastnderung fr die Jahre 2008 und 2030 (Basis: historischesbzw. skaliertes Winderzeugungsprol 2008).

    Wenn in zusammenhngenden Viertelstunden die Gradienten der Residuallast in die AnsteigendeHbe derResiduallast bis2030

    gleiche Richtung wirken (gleiches Vorzeichen), knnen mitunter betrchtliche absoluteHbe der Residuallast auftreten, denen durch das konventionelle Kraftwerkskollektivgefolgt werden muss. Eine zunehmende elektrische Einspeisung uktuierender erneuerba-rer Energien fhrt zwar dazu, dass aufgrund der steigenden Volatilitt der Residuallast

  • 22 4 Integrationsaspekte bei Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien

    die Zeitrume mit gleichem Gradientenvorzeichen krzer werden, allerdings steigen dieabsoluten Hbe der Residuallast an, vgl. Abbildung 4.3.

    4.3 Lastfolgefhigkeit thermischer Kraftwerke

    Wie in Abschnitt 4.2 dargelegt worden ist, wird die vorrangige elektrische Einspeisunguktuierender Energien aus Windkonvertern und Photovoltaikanlagen die Gestalt derdurch den brigen konventionellen Kraftwerkspark vor allem thermische Kraftwerke zu deckenden Residuallast erheblich verndern. Die in der Vergangenheit noch deutlicherVorrangige

    Einspeisunguktuierendererneuerbarer

    Energien erschwertAbgrenzung der

    Lastbereiche

    voneinander abgrenzbaren Lastbereiche (Grund-, Mittel- und Spitzenlast) werden des-halb zunehmend ineinander bergehen. Eine eindeutige (idealtypische) Zuordnung derLastbereiche zu einzelnen Kraftwerkstypen (Grund-, Mittel- und Spitzenleistungskraft-werke) wird in Zukunft ebenfalls weniger deutlich ausfallen. Dennoch wird der Kraft-werkseinsatz weiterhin durch die Kostenstruktur des Kraftwerksparks und seine darausresultierende Kraftwerkseinsatzreihenfolge (Merit Order) zur Deckung der Residuallastgeprgt sein. An der hohen Einsatzprioritt der thermischen Kraftwerke mit besondersniedrigen variablen Erzeugungskosten (Kernkraftwerke und Braunkohlenkraftwerke) wirddies prinzipiell nichts ndern.

    Bei zunehmend steilen Gradienten der Residuallast wird in Zukunft eine entscheidendeRolle spielen, inwiefern die technische Auslegung von Kraftwerken, die frher klassi-scherweise als Grund- bzw. Mittelleistungskraftwerke angesehen worden sind [35, S. 50],einen verstrkten Lastfolgebetrieb erlaubt, ohne hierdurch die variablen Erzeugungsko-sten deutlich zu erhhen.

    4.3.1 Konventionelle thermische Kraftwerke

    Fr den Betrieb konventioneller Wrmekraftwerke sind, in Abhngigkeit vom Anlagen-typ, unterschiedliche betriebstechnische und -konomische Parameter entscheidend frderen Einsatz im Lastfolgebetrieb. Neben der Art der Leistungsregelung nimmt der lei-stungsabhngige Brennstoverbrauch eine entscheidende Rolle beim dynamischen Ver-halten des jeweiligen Kraftwerkstyps ein. Dabei stehen energietechnische und wirtschaft-liche Fragen im Mittelpunkt.

    Groen Anteil an der konventionellen Kraftwerksleistung haben Dampfturbinenkraftwer-ke (DT), die fast ausschlielich mit Stein- und Braunkohlen befeuert werden. Grund-stzlich erfolgt die Regelung in Dampfkraftwerken ber die Regelung der Turbinen- undHeizleistung. Insbesondere die Heizleistung kann bei kohlenbefeuerten Anlagen nur be-grenzt fr die Leistungsnderung eingesetzt werden und von daher werden modizierte

  • 4.3 Lastfolgefhigkeit thermischer Kraftwerke 23

    Regelungsverfahren fr die Dampfturbinenkraftwerke eingesetzt. Dieses modizierte Re-gelverhalten nutzt bei schnellen Leistungsnderungen von 510 % der Nennleistung dasSpeichervermgen des Kessels und bei greren Leistungsbereichen (bis etwa 40 % derNennleistung) das dynamische Verhalten der Feuerungsleistung ber den Brennstomas-senstrom aus. Schnelle Leistungsnderungen (Festdruckverfahren: Drossel- und Massen-stromregelung) gehen mit groen Wirkungsgradeinbuen und hohen Wrmespannungeneinher. Mit der Gleitdruckregelung erfolgen Leistungsregelungen langsamer. Dies fhrtzu geringeren Anlagenbelastungen und Wirkungsgradeinbuen. In der Praxis ist es da-her blich, einen Kompromiss aus beiden Verfahren zu nutzen. Die Leistungserhhungvon Mindest- auf Nennleistung folgt einem in Abbildung 4.4 vereinfacht dargestelltenS-frmigen Verlauf. Die Leistungsnderungsgeschwindigkeiten fr die kohlenbefeuertenKraftwerke liegen etwa bei 3 % der Nennleistung je Minute bei Braunkohlenkraftwerkenund bei etwa 4 % der Nennleistung je Minute bei Steinkohlenkraftwerken.

    Abbildung 4.4: Leistungsnderung kohlenbefeuerterKraftwerke, in Anlehnung an [32, S. 329].

    0 10 20 30 40

    40

    50

    60

    70

    80

    90

    100

    Zeit [min]

    Leis

    tung

    [%]

    SteinkohlenBraunkohlen

    Gasturbinenkraftwerke (GT) eignen sich wegen ihrer sehr kurzen Anfahrzeiten und ihrerschnellen Leistungsnderungsgeschwindigkeiten (bis zu 20 % der Nennleistung pro Minu-te) besonders gut zur Deckung von Lastschwankungen. Gas- und lbefeuerte Gasturbinenwerden direkt ber den Gasturbinen-Luftmassenstrom geregelt und meist so ausgefhrt,dass sich Gasturbine und Generator auf einer Welle benden. Im Teillastbetrieb redu-ziert sich der Wirkungsgrad aufgrund des stark abfallenden Verdichterwirkungsgradesdeutlich um einige Prozentpunkte. Fr Gasturbinen ist die Anfahrzeit aus dem Kaltstartzur Nennleistung in sehr kurzer Zeit bei gleichzeitig geringen Anfahrkosten mglich.

    Kombinierte Gas- und Dampfkraftwerke (Kombianlagen) nutzen die Kombination desGasturbinen- und Dampfturbinenprozesses aus, um hhere Gesamtwirkungsgrade zu er-reichen. Die Leistungsregelung erfolgt in vergleichbarer Art und Weise wie beim rei-nen Gasturbinenprozess, nur unter Bercksichtigung der anlagenspezischen Dampfpa-rameter. Bei Kraftwerksblcken, die aus mehreren Gasturbinen bestehen, knnen zurLeistungsregelung einzelne Gasturbinen geregelt, beziehungsweise vollstndig abgeschal-

  • 24 4 Integrationsaspekte bei Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien

    tet werden, whrend die anderen Gasturbinen im optimalen Betriebsbereich fahren. DieRegelung der Leistung kann bis etwa 30 % der Nennleistung erfolgen. Innerhalb einerViertelstunde ist es mglich, die Anlage von Mindestleistung auf Nennleistung hochzu-fahren. Im Vergleich zum reinen Gasturbinenprozess bleiben auch im Teillastbereich dieWirkungsgrade des Kombikraftwerks auf einem bedeutend hheren Niveau.

    Tabelle 4.2 gibt eine bersicht der wesentlichen dynamischen Eigenschaften konventio-DynamischeMerkmale

    konventionellerthermischerKraftwerke

    neller thermischer Kraftwerkstypen. Fr eine realistische Modellierung (Abschnitte 3.2und 5.1) des Kraftwerksbetriebs werden Mindestbetriebs- und Mindeststillstandszeitenangenommen, die der Vermeidung eines berhhten Anlagenverschleies und unruhigerBetriebsweisen Rechnung tragen sollen. In der Praxis existieren solche Zeiten nicht, daein Kraftwerk stets unter Bercksichtigung von An- und Abfahrzeiten an- und abgefah-ren werden kann. Die angegebenen Anfahrzeiten beziehen sich auf den heien Zustandder Anlagen.

    Tabelle 4.2: Dynamische Merkmale konventioneller thermischer Kraftwerke.

    Kraft- An- Mindest- Mindest- Mindest- Wirkungs- Leistungs-werks- fahr- leistung still- betriebs- gradver- nderungs-typ zeit stands- zeit lust bei geschw.

    zeit Pmin

    [h] [%] [h] [h] [%-Punkte] [%/min]

    Erdgas GT 0 20 0 1 22 20Erdgas Kombi 1 33 2 4 11 6Erdgas DT 1 38 2 4 6 6Steinkohlen DT 2 38 2 4 6 4Braunkohlen DT 2 40 6 6 5 3

    4.3.2 Kernkraftwerke

    Die bisherige Gestalt der Residuallast und die sehr geringen variablen ErzeugungskostenKernenergie wirdschon heute zumLastfolgebetrieb

    eingesetzt

    erlauben es, die Kernkraftwerke berwiegend im Dauerbetrieb bei Nennleistung und nureinzelne Anlagen (Kernkraftwerk Unterweser, Philippsburg 1 und Neckarwestheim 1) imLastfolgebetrieb zu fahren [1]. In Frankreich werden etwa 40 Kernkraftwerke im Lastfol-gebetrieb betrieben, um die im Elektrizittsnetz nachgefragte Last durch ein quivalentesAngebot an Elektrizitt zu decken [29].

    Kernkraftwerke gehren grundstzlich zu den Dampfkraftwerken, unterscheiden sich aberwesentlich in der Natur ihrer Primrenergie und der Art der Dampferzeugung von fossilenWrmekraftwerken. In Abhngigkeit des Anlagenkonzeptes entsteht der Wasserdampf bei

  • 4.3 Lastfolgefhigkeit thermischer Kraftwerke 25

    leichtwassermoderierten Kernkraftwerken entweder unmittelbar im Reaktorkern (Siede-wasserreaktor) oder ber Dampferzeuger, die mit der im Reaktorkern freigesetzten Wr-me beheizt werden (Druckwasserreaktor). Insbesondere bei der Kernenergienutzung mussdie Lastfolgefhigkeit in Einklang mit den Systemen zur berwachung und Regelung derAnlage stehen. Fr die heute in Betrieb bendlichen Reaktoren war dies ein konzept- Keine nachtrgliche

    Ertchtigung derKKW notwendig

    bestimmendes Auslegungskriterium und dementsprechend wurden die Kernberwachungund die Reaktorregelung so ausgelegt, dass fr einen Lastfolgebetrieb keine nachtrglicheErtchtigung der Anlagen vorgenommen werden muss [26].

    Druckwasserreaktoren

    Die Leistungsregelung des Druckwasserreaktors (ca. 70 % der installierten nuklearenKraftwerksleistung in Deutschland) erfolgt ber den Einsatz von Steuerstben und der imReaktorkhlmittel gelsten Borsure in Verbindung mit inhrenten Rckkopplungsme-chanismen12. Bei einer Leistungssteigerung erhht sich die Dampfentnahme der Turbineund fhrt zu einer strkeren Wrmeabfuhr in den Dampferzeugern. Im Leistungsbereichbis etwa 50 % der Nennleistung bleibt die mittlere Khlmitteltemperatur des Reaktorskonstant. Erst bei Leistungen unter 50 % der Nennleistung verringert sich die Khlmit-teltemperatur des Reaktors. Thermischen Spannungen und Reaktivittssteigerungen imReaktor wird dadurch entgegengewirkt. Die Steuerstbe und die auch als abbrennbaresNeutronengift bezeichnete Borsure gleichen sowohl whrend der Lastfolge als auch wh-rend des normalen Betriebs den durch Spaltprodukte (vor allem Xenon-135) verringertenReaktivittsverlust aus.

    Tabelle 4.3: Baulinien deutscher Druck-wasserreaktoren.

    Reaktortyp Baulinie Leistung

    Druckwasserreaktor 2 4537 MWDruckwasserreaktor 3 (Vorkonvoi) 5437 MWDruckwasserreaktor 4 (Konvoi) 4039 MW

    Summe 14013 MW

    Entsprechend der Auslegung der heute in Betrieb bendlichen Anlagen sind die deutschenDruckwasserreaktoren drei Baulinien zuzuordnen, vgl. Tabelle 4.3.

    Abbildungen 4.5a und 4.5b zeigen die Leistungsgradienten bei Leistungserhhung undLeistungsreduzierung der Druckwasserreaktoren in Abhngigkeit vom Leistungsbereich.Sowohl bei den Leistungserhhungen als auch bei den Leistungsreduzierungen sind in

    12Beispielhaft fr einen inhrenten Rckkopplungsmechanismus ist, dass eine hhere Leistungsabgabezu einer strkeren Dampfentnahme fhrt. Dies bewirkt eine Reduzierung der mittleren Khlmittel-temperatur im Primrkreis und damit eine Erhhung der Moderatordichte.

  • 26 4 Integrationsaspekte bei Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien

    0

    20

    40

    60

    80

    100

    -10 0 10 20 30 40 50Zeit [min]

    Leis

    tung

    , el.

    [%]

    Konvoi (50% PNenn)DWR (1600) (75% PNenn)Vorkonvoi (50% PNenn)DWR (1600) (10% PNenn)DWR`2 (50% PNenn)DWR-BHB (80% PNenn)DWR-BHB (50% PNenn)DWR-BHB (20% PNenn)DWR (total) (20% PNenn)

    DWR`2: Vorkonvoi: Konvoi:

    Pmax [P/min]10 %10 %10 %

    PTeil [P/min]3.8 %4.4 %5.2 %

    Pmax

    PTeilBHB

    Abbildung 4.5a: Leistungserhhung bei Druckwasserreaktoren.

    einer Zeit von maximal einer Viertelstunde Leistungsnderungen von 50 % der Nennlei-stung (Pmin 50 %) mglich. Eine sehr schnelle Leistungsnderung erlaubt der BereichSchnelle

    Leistungsnderungbeim DWR bis

    Pmin 50 % derNennleistung

    oberhalb von 80 % der Nennleistung (Pmin 80 %), mit maximalen Leistungsnde-rungsgeschwindigkeiten von bis zu 10 % der Nennleistung pro Minute. Dieser Leistungs-bereich kann deswegen auch sehr gut zur Frequenzsttzung des Netzes eingesetzt werden.Die jeweiligen Betriebshandbcher (BHB) der Anlagen, in denen alle betriebstechnischenund sicherheitstechnischen Anweisungen fr den bestimmungsgemen Betrieb hinterlegtsind, weisen fr alle Druckwasserreaktoren hhere Leistungsnderungsgeschwindigkeitenund Leistungsbereiche aus (stufenfrmig-gestrichelter Verlauf13 in den Abbildungen 4.5aund 4.5b). So sind in den Betriebshandbchern fr die Vorkonvoi- und Konvoi-AnlagenLeistungsnderungen bis 80 % der Nennleistung erlaubt (Pmin 20 %).

    Zustzlich zu den angenommenen Leistungsgradienten der bestehenden Baulinien wurdeder Gradientenverlauf fr einen modernen Druckwasserreaktor mit einer Leistung von1600 MW in die Darstellung aufgenommen. Der fr neue Reaktoren beispielhafte Verlauf

    13Dieser Verlauf in den Abbildungen 4.5a und 4.5b stellt den nach den Betriebshandbchern mglichenLeistungsgradienten fr Konvoi- und Vorkonvoianlagen dar. Diese maximal betrieblich zugelassenenGradienten erlauben eine Leistungserhhung von 20 % auf 100 % der Nennleistung innerhalb von 40Minuten. Eine Leistungsabsenkung im Normalbetrieb ist im gleichen Zeitraum mglich.

  • 4.3 Lastfolgefhigkeit thermischer Kraftwerke 27

    0

    20

    40

    60

    80

    100

    -10 0 10 20 30 40 50Zeit [min]

    Leis

    tung

    , el.

    [%]

    Konvoi (50% PNenn)Vorkonvoi (50% PNenn)DWR`2 (50% PNenn)DWR (1600) (75% PNenn)DWR (1600) (10% PNenn)DWR-BHB (80% PNenn)DWR (total) (20% PNenn)DWR-BHB (50% PNenn)DWR-BHB (20% PNenn)

    DWR`2: Vorkonvoi: Konvoi:

    Pmax[P/min]10 %10 %10 %

    PTeil [P/min]3.8 %4.4 %5.2 %

    Pmax

    PTeil

    BHB

    Abbildung 4.5b: Leistungsreduzierung bei Druckwasserreaktoren.

    zeigt, dass bei neuen Kernkraftwerken die Lastfolgefhigkeit ebenfalls ein auslegungsbe-stimmendes Kriterium ist.

    Siedewasserreaktoren

    Siedewasserreaktoren stellen etwa ein Drittel (6734 MW) der installierten Kernkraft-werkskapazitt und werden wegen ihrer Bau- und Betriebsweise gegenber Druckwas-serreaktoren anders geregelt. Wenngleich sich die Leistungsregelung eines Siedewasser- Hohe

    Lastfolgefhigkeitbeim SWR bisPmin 60 % derNennleistung

    reaktors durch die Beeinussung der Moderatordichte ber den Dampfblasengehalt dessiedenden Khlmittels durch den Kerndurchsatz einfacher regeln lsst, knnen Siedewas-serreaktoren nur mit etwa 40 % der Nennleistung (Pmin 60 %) zur Lastfolge beitra-gen. Im Vergleich zum Druckwasserreaktor fhrt beim Siedewasserreaktor eine erhhteDampfentnahme zur Abnahme der Moderatordichte, weil mit sinkendem Dampfdruckdas Blasenvolumen im Khlmittel zunimmt. Aus diesem Grund wird in Siedewasserreak-toren bei konstantem Systemdruck die Drehzahl der Umwlzpumpen fr das Khlmittelleistungsabhngig geregelt. Bei einer ansteigenden Leistungsnachfrage erhht sich derDampfdurchsatz in der Turbine. In diesem Fall wird die Pumpendrehzahl erhht, wo-durch sich Anzahl, Verzweilzeit und Gre der Dampfblasen verringern und sich die

  • 28 4 Integrationsaspekte bei Elektrizittserzeugung aus erneuerbaren Energien

    0

    20

    40

    60

    80

    100

    -10 0 10 20 30 40 50Zeit [min]

    Leis

    tung

    , el.

    [%]

    SWR 69 (40% PNenn)SWR 72 (40% PNenn)SWR - reduziert (40% PNenn)SWR (total) (10% PNenn)Skalierung

    SWR 69: SWR 72: SWR-red.:

    Pmax [P/min]10 %10 %10 %

    PTeil [P/min]3.8 %4.6 %1.1 %

    Pmax

    PTeil

    Abbildung 4.6a: Leistungserhhung bei Siedewasserreaktoren.

    Moderatordichte erhht. Die erhhte Moderatordichte fhrt zu einer greren Anzahlan Spaltungen und zu einer hheren mittleren Brennstotemperatur bzw. thermischenLeistung des Reaktorkerns.

    Tabelle 4.4 fhrt die Baulinien deutscher Siedewasserreaktoren auf. Im oberen Leistungs-bereich (Pmin 90 %) sind beide Baulinien mit vergleichbaren Gradienten wie die Druck-wasserreaktoren regelbar. Im Leistungsbereich zwischen 60 und 100 % der Nennleistungknnen Siedewasserreaktoren der Baulinie 69 mit rund 3,8 % der Nennleistung pro Mi-nute und Siedewasserreaktoren der Baulinie 72 mit rund 4,6 % der Nennleistung proMinute im Lastfolgebetrieb gefahren werden. Mgliche Brennstabschden bei Siedewas-serreaktoren knnen durch den reaktortypischen gemeinsamen Wasser-Dampfkreislauf zueingeschrnkten Leistungsnderungsgeschwindigkeiten fhren und die Lastfolgefhigkeitauf etwa 1 % der Nennleistung pro Minute verringern. Auch bei den Siedewasserreakto-ren erlauben die in den Betriebshandbchern aufgezeigten Leistungsgradienten erheblichschnellere Leistungsnderungen als die in den Abbildungen 4.6a und 4.6b dargestelltenVerlufe, sowohl fr die Leistungserhhung als auch fr die Leistungsreduzierung.

    Im Hinblick auf das technische Potential fr den Lastfolgebetrieb ist der Einsatz vonKernkraftwerken in Deutschland mit Leistungsnderungsgeschwindigkeiten von 3,8 bis5,2 % der Nennleistung pro Minute im Normalbetrieb bei anlagenschonender Betriebs-

  • 4.3 Lastfolgefhigkeit thermischer Kraftwerke 29

    0

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    -10 0 10 20 30 40 50Zeit [min]

    Leis

    tung

    , el.

    [%]

    SWR 69 (40% PNenn)SWR 72 (40% PNenn)SWR - reduziert (40% PNenn)SWR (total) (10% PNenn)Skalierung

    SWR 69: SWR 72: SWR-red.:

    Pmax[P/min]10 %10 %1.1 %

    PTeil [P/min]3.8 %4.6 %1.1 %

    Pmax

    PTeil

    Abbildung 4.6b: Leistungsreduzierung bei Siedewasserreaktoren.

    weise mglich, wobei im oberen Leistungsbereich von ber 80 bzw. 90 % der Nennleistungsogar Lastfolgebetrieb von bis zu 10 % der Nennleistung pro Minute gefahren werdenkann. Die Wirkungsgradeinbuen von etwa fnf Prozentpunkten im Teillastbereich sindrelativ gering. Die installierte Netto-Engpassleistung der Druckwasserreaktoren erlaubt KKW knnen bis

    zu 9,6 GWLastfolgebetriebleisten

    ein technisches Potential von etwa 7 GW, das dem Lastfolgebetrieb innerhalb von 15Minuten zur Verfgung gestellt werden kann. Siedewasserreaktoren knnen maximal miteiner Leistung von 2,6 GW im Lastfolgebetrieb innerhalb einer Viertelstunde gefahrenwerden. Daraus ergibt sich ein Gesamtpotential von 9,6 GW an nuklear installierterLeistung fr den Lastfolgebetrieb.

    Zusammenfassend wird deutlich, dass Kernkraftwerke in Teillast einen vergleichbarenLastfolgebetrieb wie kohlenbefeuerte Anlagen fahren knnen, wobei sie im oberen Lei-stungsbereich noch hhere Leistungsnderungsgeschwindigkeiten ermglichen.

    Tabelle 4.4: Baulinien deutscher Siedewasser-reaktoren.

    Reaktortyp Baulinie Leistung

    Siedewasserreaktor 69 4046 MWSiedewasserreaktor 72 2688 MW

    Summe 6734 MW

  • 31

    5 Analyse der betrieblichen und konomischen Aspekte

    eines Kraftwerksportfolios mit bzw. ohne Kernenergie

    5.1 Einsatz konventioneller Kraftwerke zur Deckung der Residuallast

    Zur Betrachtung des Einsatzes konventioneller Kraftwerke in den beiden Szenarien Kern-energieausstieg und Laufzeitverlngerung erfolgt eine modellbasierte Bestimmung derkostenoptimalen Deckung der verbleibenden Residuallast in stndlicher Ausung. Hier-bei werden zu jedem Zeitpunkt betriebliche Restriktionen wie Mindestleistung, Mindest-betriebs- und Mindeststillstandszeiten, die durch Anlagen der Kraft-Wrme-Kopplungzu deckende Wrmenachfrage, die vorzuhaltende Primr- und Sekundrregelreserve so-wie Anfahr- und Erzeugungskosten und verfgbare Speichermglichkeiten beachtet.14

    5.1.1 Jhrliche Elektrizittserzeugung in 2020 und 2030

    Die Integration der uktuierenden Einspeisung erneuerbarer Energien ist in den beidenSzenarien Kernenergieausstieg und Laufzeitverlngerung gleichermaen zuverlssigmglich. Der verbleibende Residuallastgang kann in beiden Varianten zu allen Stunden Residuallast kann

    in beiden Szenarienzuverlssig gedecktwerden

    gefolgt werden. Bei Bercksichtigung der in Abschnitt 3.1 skizzierten energiewirtschaft-lichen Rahmenannahmen und des in Abschnitt 3.2 dargestellten Kraftwerkparks ergibtsich die in Abbildung 5.1 in Abhngigkeit des Energietrgers dargestellte jhrliche Elek-trizittserzeugung inklusive Pumparbeit fr die beiden Szenarien Kernenergieausstiegund Laufzeitverlngerung und fr die Jahre 2020 und 2030.

    Entsprechend den vorliegenden Erzeugungskapazitten der beiden Szenarien ist ein deut-licher Rckgang des Anteils der Elektrizittserzeugung durch fossil befeuerte Kraftwerke Laufzeitverlngerung:

    Rckgang derErzeugung durchfossil befeuerteKraftwerke

    im Szenario Laufzeitverlngerung gegenber dem Szenario Kernenergieausstieg zu er-kennen. Whrend im Betrachtungsjahr 2020 im Szenario Kernenergieausstieg die Elek-trizittserzeugung der fossil befeuerten Kraftwerke ein Anteil von 62 % erreicht, betrgtdieser im Szenario Laufzeitverlngerung lediglich 38 %. Ferner nimmt die Auslastungder einzelnen fossil befeuerten Kraftwerke, insbesondere der kohlenbefeuerten Kraftwerkeund der gasbefeuerten Kombi-Anlagen (GuD-Anlagen), gegenber dem Szenario Kern-energieausstieg ab. Die im Betrachtungsjahr 2020 im Szenario Kernenergieausstieg

    14Eine ausfhrliche Beschreibung des hierzu verwendeten Optimierungsmodells findet sich in Ab-schnitt B.2.

  • 32 5 Analyse der betrieblichen und konomischen Aspekte

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    Kernenergieausstieg

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    [TWh]

    (a) Jahr 2020

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    Kernenergieausstieg

    Laufzeitverlngerung

    Net

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    [TWh]

    PhotovoltaikWind OffshoreWind OnshorePumpspeicherElektromobilittDruckluftspeicherWasserkraftBiomasseSonstigelErdgas GTErdgas DTErdgas GuDSteinkohlenBraunkohlenKernbrennstoff

    (b) Jahr 2030

    Abbildung 5.1: Jhrliche Elektrizittserzeugung nach Energietrgern in den beiden SzenarienKernenergieausstieg und Laufzeitverlngerung in 2020 und 2030.

    verbleibenden zwei Kernkraftwerke tragen mit einem Anteil von 4 % und rund 8360 Voll-laststunden zu der gesamten jhrlichen Elektrizittserzeugung bei. In der Variante Lauf-zeitverlngerung weist das gesamte Kollektiv der Kernkraftwerke einen Erzeugungsanteilvon 29 % auf, wobei sich deren Volllaststunden auf circa 8100 Stunden verringern. Das Be-trachtungsjahr 2030 weist eine hnliche Charakteristik der jhrlichen Erzeugungsstrukturauf. Hier sinkt der Anteil der fossil befeuerten Kraftwerke von 56 % in der Variante Kern-energieausstieg auf 29 % in der Variante Laufzeitverlngerung ab. Mit 27 % nehmenKernkraftwerke erneut einen hohen Anteil der jhrlichen Elektrizittserzeugung in derVariante Laufzeitverlngerung ein. Bedingt durch die Teilnahme der Kernkraftwerke amLastfolgebetrieb, siehe hierzu die weitere Diskussion in Abschnitt 5.1.2, sinken hierbei dieVolllaststunden gegenber dem Jahr 2020 auf rund 7800 Stunden. Die beiden betrach-teten Varianten fhren weiterhin zu einem unterschiedlichen Betrieb der abgebildetenSpeichertechnologien. So weisen im Betrachtungsjahr 2020 die Pumpspeicherkraftwer-ke im Szenario Kernenergieausstieg eine jhrliche Elektrizittserzeugung von 11 TWhund im Szenario Laufzeitverlngerung von 7 TWh auf. Die hhere Elektrizittserzeu-gung der Pumpspeicherkraftwerke im Szenario Kernenergieausstieg mit hohem Anteilfossil befeuerter Kraftwerke begrndet sich durch einen vermehrten Wlzbetrieb dieserSpeicherkraftwerke zur Vermeidung des Einsatzes von Kraftwerken mit hohen variablenErzeugungskosten. Die Elektrizittserzeugung der mobilen Batteriespeicher mit geringemSpeichervolumen ist dagegen mit jeweils circa 1 TWh in beiden Varianten vergleichbar.Die jhrliche Erzeugung der Druckluftspeicher-Gasturbinenkraftwerke ist mit 0,05 TWhim Szenario Kernenergieausstieg gering, im Szenario Laufzeitverlngerung kann diesenahezu vernachlssigt werden. Im Betrachtungsjahr 2030 betrgt die jhrliche Elektrizi-

  • 5.1 Einsatz konventioneller Kraftwerke zur Deckung der Residuallast 33

    ttserzeugung der Pumpspeicherkraftwerke im Szenario Kernenergieausstieg 5,3 TWhund im Szenario Laufzeitverlngerung 8,3 TWh. Der hier fr das Betrachtungsjahr2030 beobachtbare Anstieg in der Variante Laufzeitverlngerung gegenber der Varian-te Kernenergieausstieg ist auf eine hhere Opportunitt der Speicherung der Elektrizi-ttserzeugung aus Kernkraftwerken gegenber der Erzeugung aus fossil befeuerten Kraft-werken zurckzufhren. Der Einsatz mobiler Batteriespeicher steigt im Betrachtungsjahr2030 an. Diese tragen mit weiteren 5,3 TWh im Szenario Kernenergieausstieg und mit4,6 TWh im Szenario Laufzeitverlngerung zur jhrlichen Elektrizittserzeugung bei.Erneut fllt die Elektrizittserzeugung der Druckluftspeicher-Gasturbinenkraftwerke mit0,09 bzw. 0,03 TWh gering aus.

    5.1.2 Betrachtung ausgewhlter Zeitrume

    Um den Lastfolgebetrieb konventioneller Kraftwerke in den beiden Szenarien Kernener-gieausstieg und Laufzeitverlngerung bei extremen Ausprgungen der Residuallast zucharakterisieren, wird im Folgenden fr die Betrachtungsjahre 2020 und 2030 der Kraft-werkseinsatz zu ausgewhlten Zeitbereichen nher betrachtet. Hierbei wird insbesondereder Frage nachgegangen, wie Kernkraftwerke aus betrieblicher Sicht bei stark uktuieren-der Einspeisung auf Basis erneuerbarer Energien am Lastfolgebetrieb teilnehmen. Fr dasJahr 2020 wird hier exemplarisch der Einsatz der konventionellen Kraftwerke whrenddes Zeitraums mit dem maximalen mehrstndigen Rckgang der Residuallast betrach-tet, siehe Abbildung 5.2a fr das Szenario Kernenergieausstieg und Abbildung 5.2b frdas Szenario Laufzeitverlngerung. Der maximale Rckgang der Residuallast betrgt44,2 GW innerhalb von 12 Stunden ausgehend von einer Hhe von 64,9 GW (Stunde18 am zweiten Tag) auf eine Hhe von 20,7 GW (Stunde 5 am dritten Tag). Zu Be-ginn dieser Periode wird in beiden Varianten zunchst die Elektrizittserzeugung derSpeicher eingestellt. Anschlieend erfolgt im Szenario Kernenergieausstieg eine deutli- Kernenergieausstieg:

    vorwiegenderLastfolgebetriebdurch erdgas- undsteinkohlenbefeuer-te Anlagen

    che Reduzierung der Erzeugungsleistung der gas- und steinkohlenbefeuerten Kraftwerke.Die Erzeugungsleistung der braunkohlenbefeuerten Kraftwerke wird weniger stark redu-ziert. Das Niveau der Residuallast ist whrend des betrachteten Zeitraums weit hher alsdie installierte Netto-Engpassleistung der in diesem Szenario noch vorhandenen Kern-kraftwerke, so dass diese durchgngig mit ihrer maximalen Netto-Erzeugungsleistung zurLastdeckung beitragen.15 Zum Abschluss des zwlfstndigen Zeitraums mit maximalemRckgang der Residuallast bleibt die Erzeugung der fossil befeuerten Kraftwerke nahe-zu konstant und berschssige Energie wird eingespeichert. Dem nachfolgenden Anstiegder Residuallast wird zunchst durch eine Anhebung der Erzeugungsleistung der kohlen-sowie der gasbefeuerten Kraftwerke begegnet. Im Szenario Laufzeitverlngerung wird

    15Mit einer minimalen Residuallast von 14,5 GW fr das Betrachtungsjahr 2020 ist die Residuallastim Szenario Kernenergieausstieg stndig bedeutend hher als die installierte Engpassleistung derKernkraftwerke, siehe auch Anhang.

  • 34 5 Analyse der betrieblichen und konomischen Aspekte

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    [GW

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    Wasserkraft Kernbrennstoff Braunkohlen SteinkohlenErdgas GuD Erdgas GT Sonstige PumpspeicherElektromobilitt Photovoltaik Wind Pumpspeicher LElektromobilitt L Druckluftspeicher L Residuallast

    Abbildung 5.2a: Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz fr den Zeitraum des maximalen Rck-ganges der Residuallast im Jahr 2020, Szenario Kernenergieausstieg.

    whrend der Zeitperiode des maximalen Rckgangs der Residuallast zustzlich zur Erzeu-gung der gas- und steinkohlenbefeuerten Kraftwerke die Erzeugung der braunkohlenbe-feuerten Kraftwerke deutlich reduziert. Die verbleibende Erzeugung aus fossil befeuertenAnlagen entstammt zum grten Teil aus Anlagen der Kraft-Wrme-Kopplung, derenBetrieb zur Deckung der Wrmenachfrage weiterhin erforderlich ist. Die darber hin-aus im Betrieb stehende Kondensationsanlagen tragen zur Vorhaltung von Regelleistungbei. Die Erzeugung der Kernkraftwerke entspricht whrend des gesamten Zeitraums derinstallierten Netto-Engpassleistung aller 17 Kernkraftwerke. Gleichzeitig erfolgt eine ge-Speicher

    ermglichengleichmigen

    Betriebkonventioneller

    Kraftwerke

    genber der Variante Kernenergieausstieg umfangreichere Beladung insbesondere derPumpspeicherkraftwerke zu Beginn des dritten Tages. Dies ermglicht es, den nachfol-genden Anstieg der Residuallast nahezu vollstndig durch Speicher zu decken und dieElektrizittserzeugung der fossil befeuerten Kraftwerke weitgehend auf konstant niedri-gem Niveau zu belassen. Das daran anschlieende relativ niedrige Niveau der Residuallastfhrt wieder zu einer Beladung der Speicher und zustzlich zu einem Rckgang der Er-zeugungsleistung und teilweisem Abschalten der Kernkraftwerke, also einer Teilnahmedieser Erzeugungstechnologie am Lastfolgebetrieb.

  • 5.1 Einsatz konventioneller Kraftwerke zur Deckung der Residuallast 35

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    Wasserkraft Kernbrennstoff Braunkohlen SteinkohlenErdgas GuD Erdgas GT Sonstige PumpspeicherElektromobilitt Photovoltaik Wind Pumpspeicher LElektromobilitt L Druckluftspeicher L Residuallast

    Abbildung 5.2b: Betriebsoptimaler Kraftwerkseinsatz fr den Zeitraum des maximalen Rck-ganges der Residuallast im Jahr 2020, Szenario Laufzeitverlngerung.

    Fr das Betrachtungsjahr 2030 mit einem wesentlich hheren Anteil der Elektrizitts-erzeugung auf Basis uktuierender erneuerbarer Energien wird zunchst exemplarischder Kraftwerkseinsatz whrend des Zeitbereichs mit der geringsten Residuallast des ge-samten Jahres betrachtet. Den Kraftwerkseinsatz zur Stunde mit geringster Residuallastvon 0,1 GW (Stunde 14 am dritten Tag) und whrend der umliegenden Tage zeigt Ab-bildung 5.3a fr das Szenario Kernenergieausstieg und Abbildung 5.3b fr das Szena-rio Laufzeitverlngerung. In dieser Stunde werden 37,8 GW aus Windkonvertern und11,5 GW aus Photovoltaikanlagen eingespeist. Im Szenario Kernenergieausstieg erfolgtzunchst eine schrittweise Reduktion der Erzeugungsleistung der Wrmekraftwerke. Diesbetrit erwartungsgem zunchst die gasbefeuerten GuD-Anlagen, ab der Stunde 10des zweiten Tages auch die kohlenbefeuerten Kraftwerke. Im nheren Zeitbereich derStunde mit geringster Residuallast verbleibt die Erzeugung der Wrmekraftwerke auf Laufzeitverlngerung:

    deutlicheTeilnahme derKKW amLastfolgebetrieb

    insgesamt niedrigem Niveau. Durch nachfolgendes Be- und Entladen der Pumpspeicher-kraftwerke sowie der mobilen Batteriespeicher (Elektromobilitt) werden lokale Extre-ma der Residuallast gedeckt. Im Szenario Laufzeitverlngerung erfolgt ab der elftenStunde des zweiten Tages eine deutliche Reduktion der Erzeugungsleistung der Kern-kraft