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Erfahrungsbericht ERASMUS an der Université Panthéon-Assas Vorab; mein Auslandssemester an der Université Panthéon-Assas (Paris II) hat bei mir gemischte Gefühle hinterlassen, ich würde es jedoch immer wieder versuchen. Zum Zeitpunkt der Bewerbung hatte ich bereits 1 Semester des Masters hinter mir und noch sehr positive Erinnerungen an ein Auslandssemester während meines Bachelorstudiums, wobei ich an der San Diego State University in Kalifornien studieren konnte. In Frankreich sind das Leben für Austauschstudenten und der Alltag an den Hochschulen allgemein deutlich angespannter, mit strenger Notenvergabe und straffen Prüfungsplänen. Das war mir bereits im Vorfeld klar, es hatte jedoch keine abschreckende Wirkung auf mich. Aus beruflichen Gründen wollte ich durch die Möglichkeit eines Semesters in Frankreich den Grundstein dazu legen, ein ähnliches sprachliches Niveau wie auf Englisch zu erreichen. ERASMUS kann oder konnte man zur dem Zeitpunkt ja nur einmalig machen und als Student im Master wollte ich mir diese Chance nicht entgehen lassen. Es sollte also nach Frankreich gehen, die Université Panthéon-Assas war die einzig mögliche Partner-Uni in Frankreich für mich, also stand sie gar nicht erst zur Debatte. Die Bewerbung erfolgte unkompliziert über meine Heimat-Uni. Neben Lebenslauf, Motivationsschreiben und Zeugnissen musste ich mich eigentlich um nichts mehr kümmern. Die Koordination zwischen den Ansprechpartnerinnen der Heimat- und Gasthochschule, bzw. die Kommunikation mit uns Bewerbern lief exzellent und ohne viel Aufwand in der Folgezeit. Leider gab es kaum anerkennbare Kurse für mich, was aber auch an dem speziellen Master in Deutschland bei mir liegt. Von den drei im Vorfeld mit den Professoren in der Heimat abgesprochenen Kursen lagen leider zwei zeitgleich. Da sich die Vorlesungszeiten jedoch noch in der Woche vor Semesterbeginn einmal änderten, lagen dann alle drei zur gleichen Zeit. Pech für mich, aber ich hatte eh die Verlängerung um ein Semester aufgrund des Auslandsaufenthalts eingeplant. Die wichtigsten Aspekte der Vorbereitung des Auslandsaufenthalts in Paris waren für mich daher die Verbesserung meiner Sprachkenntnisse, Wohnungssuche und eine finanzielle Vorsorge. In den beiden Semestern vor dem Auslandsaufenthalt konnte ich insgesamt drei Sprachkurse an meiner Heimathochschule belegen und ein annehmbares Sprachniveau erreichen, da seit dem Abitur bereits einige Zeit vergangen war. Mindestniveau ist meiner Meinung nach B2, B1 schon sehr sportlich und riskant. Die Lebenshaltungskosten in Frankreich allgemein, aber ganz besonders in Paris sind unglaublich hoch. Ein 20m2 Studio in Paris selbst, also den 20 Arrondissements der Innenstadt, kostet mindestens 800 Euro im Monat. Mein Semester begann am 30. September, weswegen ich im Juli und August jeweils ein Wochenende auf Wohnungssuche in Paris war. Hierbei muss man echt gute Nerven und viel Glück haben. Die Vermieter sind klar in der besseren Position, die Nachfrage ist sehr hoch. Man muss sich schon viele „Bruchbuden“ in teils sehr dubiosen Straßen ansehen, wenn man unter 900 Euro liegen möchte. Hilfreich ist hierbei Facebook, es gibt viele Gruppen und auch craigslist bietet viele Angebote. Gerade bei letzterem ist jedoch auch immer wieder ein „Fake“ von Betrügern mit drin.

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Page 1: Erfahrungsbericht ERASMUS an der Université Panthéon · PDF fileMindestniveau ist meiner Meinung nach B2, B1 schon sehr sportlich und riskant. Die Lebenshaltungskosten in Frankreich

Erfahrungsbericht ERASMUS an der Université Panthéon-Assas Vorab; mein Auslandssemester an der Université Panthéon-Assas (Paris II) hat bei mir gemischte Gefühle hinterlassen, ich würde es jedoch immer wieder versuchen. Zum Zeitpunkt der Bewerbung hatte ich bereits 1 Semester des Masters hinter mir und noch sehr positive Erinnerungen an ein Auslandssemester während meines Bachelorstudiums, wobei ich an der San Diego State University in Kalifornien studieren konnte. In Frankreich sind das Leben für Austauschstudenten und der Alltag an den Hochschulen allgemein deutlich angespannter, mit strenger Notenvergabe und straffen Prüfungsplänen. Das war mir bereits im Vorfeld klar, es hatte jedoch keine abschreckende Wirkung auf mich. Aus beruflichen Gründen wollte ich durch die Möglichkeit eines Semesters in Frankreich den Grundstein dazu legen, ein ähnliches sprachliches Niveau wie auf Englisch zu erreichen. ERASMUS kann oder konnte man zur dem Zeitpunkt ja nur einmalig machen und als Student im Master wollte ich mir diese Chance nicht entgehen lassen. Es sollte also nach Frankreich gehen, die Université Panthéon-Assas war die einzig mögliche Partner-Uni in Frankreich für mich, also stand sie gar nicht erst zur Debatte. Die Bewerbung erfolgte unkompliziert über meine Heimat-Uni. Neben Lebenslauf, Motivationsschreiben und Zeugnissen musste ich mich eigentlich um nichts mehr kümmern. Die Koordination zwischen den Ansprechpartnerinnen der Heimat- und Gasthochschule, bzw. die Kommunikation mit uns Bewerbern lief exzellent und ohne viel Aufwand in der Folgezeit. Leider gab es kaum anerkennbare Kurse für mich, was aber auch an dem speziellen Master in Deutschland bei mir liegt. Von den drei im Vorfeld mit den Professoren in der Heimat abgesprochenen Kursen lagen leider zwei zeitgleich. Da sich die Vorlesungszeiten jedoch noch in der Woche vor Semesterbeginn einmal änderten, lagen dann alle drei zur gleichen Zeit. Pech für mich, aber ich hatte eh die Verlängerung um ein Semester aufgrund des Auslandsaufenthalts eingeplant. Die wichtigsten Aspekte der Vorbereitung des Auslandsaufenthalts in Paris waren für mich daher die Verbesserung meiner Sprachkenntnisse, Wohnungssuche und eine finanzielle Vorsorge. In den beiden Semestern vor dem Auslandsaufenthalt konnte ich insgesamt drei Sprachkurse an meiner Heimathochschule belegen und ein annehmbares Sprachniveau erreichen, da seit dem Abitur bereits einige Zeit vergangen war. Mindestniveau ist meiner Meinung nach B2, B1 schon sehr sportlich und riskant. Die Lebenshaltungskosten in Frankreich allgemein, aber ganz besonders in Paris sind unglaublich hoch. Ein 20m2 Studio in Paris selbst, also den 20 Arrondissements der Innenstadt, kostet mindestens 800 Euro im Monat. Mein Semester begann am 30. September, weswegen ich im Juli und August jeweils ein Wochenende auf Wohnungssuche in Paris war. Hierbei muss man echt gute Nerven und viel Glück haben. Die Vermieter sind klar in der besseren Position, die Nachfrage ist sehr hoch. Man muss sich schon viele „Bruchbuden“ in teils sehr dubiosen Straßen ansehen, wenn man unter 900 Euro liegen möchte. Hilfreich ist hierbei Facebook, es gibt viele Gruppen und auch craigslist bietet viele Angebote. Gerade bei letzterem ist jedoch auch immer wieder ein „Fake“ von Betrügern mit drin.

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Ein weiteres Problem waren die Sommerferien in Frankreich. Viele Pariser waren selbst am Meer, damit war die Stadt sehr entspannt und ruhig, aber die potenziellen Vermieter selbst im Urlaub. Nach mehreren Enttäuschungen wurde ich fündig. Das Studio war sehr spartanisch, aber damit hatte ich gerechnet. Nach wenigen Tagen musste ich dann Anfang Oktober wieder raus, das ganze Haus war von Bettwanzen verseucht und musste komplett geräumt und chemisch behandelt werden – wieder Pech gehabt. Nach Couchsurfing bei Kumpels und 2 Wochen Zwischenmiete hatte ich dann wirklich großes Glück. Normalerweise haben ausländische Studenten wenige Chancen auf einen Platz in den stadtweiten (und auch oft sehr heruntergekommenen) CROUS-Wohnheimen, vor allem bei lediglich einem Semester ist dieses Unterfangen hoffnungslos. Ein brandneues Wohnheim im schönen 15. Arrondissement war jedoch mit derartiger Verspätung fertiggestellt, dass wieder kurzfristig Plätze frei wurden. Somit konnte ich und auch manche andere ERASMUS-Studenten ab Mitte Oktober in die ganz neue Résidence Vaugirard. Auch hier war natürlich kein Luxus, aber die Preise mit 400 Euro für ein 20m2 Studio unschlagbar für Pariser Verhältnisse. Kleiner Nachteil, CROUS ist nicht gerade für Verlässlichkeit bekannt. Von Freunden habe ich nun mit ein paar Monaten Abstand lustige Geschichten gehört, es gebe seit Wochen kein warmes Wasser aber auch keine bestellten Handwerker etc. Zudem warte ich nun seit 4 Monaten auf die Rückerstattung meiner 200 Euro Kaution und erhalte auch keine Antworten mehr von CROUS, aber mir wurde noch vor 3 Monaten eine baldige Zahlung versprochen. Der Stress mit der Wohnungssuche auch während des Semesters war sehr ärgerlich und zeitaufwändig. Der Rest jedoch sehr positiv. Zu Beginn gab es viele Veranstaltungen zum Kennenlernen, auch die Franzosen waren alle super freundlich und die Universität machte auch einen guten Eindruck. Ab Mitte Oktober wurde es dann etwas stressiger. In Frankreich gibt es Veranstaltungen mit oder ohne „TD“, also wie eine Übung. Leider schreibt man pro TD jedoch auch 2-3 Klausuren im Semester, welche dann die Hälfte der Endnote ausmachten. Realistisch ist der Arbeitsaufwand für Kurse mit TD doppelt so hoch wie für die anderen Kurse. Es gibt hierfür aber auch 7 statt 4 ECTS-Punkte. Das Leben wurde also ab Beginn der TDs dann also doch etwas stressiger. Zu bewältigen ist es in jedem Fall. Leider blieben aber ab dann auch die Veranstaltungen für uns aus, da die französischen ESN-Organisatoren dann doch keine Lust mehr hatten. Negativ war auch der Sprachkurs. Es gab verschiedene Dozenten und Themen. Allgemein waren die Kurse jedoch sehr überfüllt, fielen oftmals aus, die Dozenten waren sehr unfreundlich, unmotiviert und der Lernfortschritt verschwindend gering. Die Sprachkurse an meiner Uni in Deutschland hatten ein deutlich höheres Niveau und mehr Effekt, was mich schon überraschte. Das Leben in Paris war insgesamt hervorragend. Die anderen ERASMUS-Studenten waren sehr sympathisch und es haben sich sehr schnell gute Freundschaften entwickelt und die Franzosen waren, entgegen aller vorher gehörten Gerüchte, sehr freundlich und haben mich schnell integriert. Hier waren die Erfahrungen aber schon von den Kursen abhängig. Das akademische Niveau war in Ordnung, manchmal auch sehr hoch. Gewundert habe ich mich schon manches Mal über die Notenvergabe mit positiven wie auch negativen Überraschungen und große Diskrepanzen teils zwischen TD und Endklausur. Abraten möchte ich euch auf diesem Wege von A. Pirotte. Ich kann jedem empfehlen, sich zu bewerben. Die Erfahrung ist prägend und überwiegend positiv. Wer jedoch von einer wochenlangen Party und einem Leben in absoluter

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Entspannung träumt, wird jedoch enttäuscht werden. Wenn man finanziell gut aufgestellt ist, kann man in Paris super leben. Ansonsten kann man sich aber auch gut arrangieren, wichtig ist vor allem eine akzeptable Unterkunft in sicherer Gegend. Wer sich in Paris nicht gut auskennt, ruhiger und sicherer ist es allgemein im Süden („rive gauche“) und Westen. Ein Ticket für den öffentlichen Nahverkehr ist unverzichtbar und kostet 67 Euro im Monat für die Zonen 1-3. Am Wochenende gilt das sogenannte „Navigo“ zudem für alle Zonen, also könnt ihr auch bspw. nach Versailles fahren. Das System mit den Leihfahrrädern „Vélib“ ist auch eine super Investition, ein Jahresabo kostet lediglich 30 Euro, aber oft sind bereits alle Räder entliehen oder nur noch beschädigte Exemplare verfügbar. Besonders lohnen sich die Fahrräder nach dem Feiern, da die Métro spätestens ab 2 Uhr bis 6/6:30 Uhr geschlossen wird. Ansonsten sind nachts auch die Pariser Taxis überraschend bezahlbar und eine sichere Alternative, sofern man eins bekommt bzw. bestellt hat. Das Auslandssemester war teuer und nicht ganz einfach oder entspannt, aber sehr aufregend und genau das was ich mir erhofft hatte. Wenn mal nichts zu tun war, einfach planlos diese riesige und vielseitig schöne Stadt erkunden und dabei aus allen Bereichen der Welt neue Freunde kennenlernen – all das wird euch hier geboten. Ich würde es euch raten, aber lasst euch nicht schnell entmutigen und nehmt die teilweise recht unnötigen Schwierigkeiten mit etwas Lockerheit auf. Wenn ihr eine gute Wohnung habt, ein kalkuliertes Budget + 200 Euro Puffer im Monat, falls doch mal wieder was passiert, und ihr mit der Sprache vertraut seid, erlebt ihr die wahrscheinlich beste Zeit eures Lebens. Vielen Dank nochmal an den gesamten Lehrstuhl und an Frau Twardokus im Speziellen, die mir diesen Traum verwirklicht haben!