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Erich Engelbrecht –
Die Prinzessin
und der DrachePorträt des Künstlers und seiner Arbeit
am Beispiel einer Skulptur
Ein Film von Julian Benedikt
BENEDIKT PICTURES GmbH & Co. KGRotbuchenstr. 1, 81547 München
T +49 89 41900411F +49 89 41900412
1 Erich Engelbrecht – Die Prinzessin und der Drache
Das Werk Erich Engelbrechts fasziniert und ist doch im zweifachen
Sinn schwer zugänglich – es ist im öffentlichen Raum nur wenig
vertreten und verlangt zudem ganz offensichtlich eine aufwendige
Interpretationsarbeit. Der Film bietet die Möglichkeit, beide Hürden
zu überwinden. Er bringt den Zuschauer zunächst direkt vor Ort,
in die Auvergne, in den Aufsehen erregenden Skulpturenpark der
Engelbrechts am Schloss „Chateau des Fougis“. Hier ist es die
Ehefrau des Künstlers, Waltraut Engelbrecht, die den Zugang zum
hoch symbolischen Werk Erich Engelbrechts ebnet.
“Ich hab den Eindruck, dass mein Mann eigentlich die alten Ideen
der Surrealisten erst wirklich zur Durchführung gebracht hat – er
hat das wahr gemacht, von dem die geredet haben.”
Chateau des Fougis, ein kleines Schloss inmitten der lieblichen
Landschaft der Auvergne. Auf grünen Wiesen ragen die
Stahlskulpturen Erich Engelbrechts empor. Mit kalter Präzision
gefertigte Stahlriesen blicken den Betrachter wie Wesen aus einem
Traum an. Ihre Präsenz ist in einer Weise durchdringend, die die
Unwahrscheinlichkeit ihrer Erscheinung in den Hintergrund rücken
lässt. Die Figuren Erich Engelbrechts sind Zeugnisse einer
Leidenschaft für die Symbole und eines unbedingten Willens zur
Formulierung des Unbewussten. Welche Logik in den
monochromen bis lebhaft farbigen Gestalten repräsentiert ist, lässt
sich nicht unmittelbar erschließen, an der Tatsache aber, dass diese
Figuren das Resultat einer komplexen Logik sind, wird kein
Betrachter zweifeln.
Erich Engelbrechts Kunst ist von der Auseinandersetzung mit dem
Werk C. G. Jungs und seiner Theorie der Archetypen geprägt. Die
unbewussten Urerfahrungen, die nach Jung als Urbilder/Archetypen
im kollektiven Bewusstsein weiterleben, werden in Engelbrechts
surreal anmutenden oder märchenhaften Figuren und
Kompositionen adressiert – so auch in “Die Prinzessin und der
Drache”.
2 Erich Engelbrecht – Die Prinzessin und der Drache
Leben und Arbeit Erich Engelbrechts sind zudem beeinflusst von der
Philosophie des I Ging, des alten chinesischen “Buch der
Wandlungen”, und vom Geist Laotses. Den Ereignissen in seinem
Leben kann der Mensch demzufolge die individuelle Antwort
entnehmen, welche Wegrichtung er einzuschlagen hat. Die
Tragweite dieser Überzeugung hat sich im Leben Erich Engelbrechts
deutlich gezeigt: in der Form seines radikal anmutenden
Neuanfangs als Künstler. Um 1960 gab der promovierte Ingenieur
seine erfolgreiche Tätigkeit als Industrieberater auf, um seinem Ruf
zu folgen und sich zunächst ganz der Malerei zu widmen. Partnerin,
Adressatin, Interpretin war ihm zu jeder Zeit seine Frau Waltraut.
“Anfang 1960 löse ich in München die Wohnung auf. DieBahnfahrt bescherte mir ‚eidetische’ Bilder, ungeheuer stark farbigeBilder zu den Zuggeräuschen, immer bei geschlossenen Augen. Undzu denselben Geräuschen auch wieder die gleichen Bilder. Unddann komme ich zurück nach Holterdorf und erkläre der Waltraud,ich wolle Maler werden.Die Waltraud hat später gesagt, ich habe das in solchem Ernstgesprochen, dass sie sich gesagt habe: ‚Der tut das auch, was er davorhat, und kann es vielleicht sogar!’ Und dann hab ich sofortangefangen zu malen.”
3 Erich Engelbrecht – Die Prinzessin und der Drache
Die Themen Engelbrechts haben sich über die Jahre kaum verändert:
es sind bildlich-symbolhafte Gestaltungen des Unbewussten. Im
Sinne Jungs sind uns diese unterschwellig jederzeit präsent bzw.
blicken uns an. Die Intuition des Künstlers zeichnet sie in strenger
Lektüre auf – als bildhafte Übertragung von kollektiv wirksamen
Erfahrungen (Liebe, Gewalt, Angst, Macht, Abhängigkeit).
Gewandelt haben sich die Materialien und die Formate. Über lange
Zeit hat Engelbrecht das Gewebe der Träume und der Intuition
buchstäblich umgesetzt: in großformatigen Teppichen. Zu diesem
Zweck betrieb er eine eigene Weberei. Waltraud Engelbrecht erklärt
im Film einen dieser Teppiche. In den beeindruckenden
Stahlgebilden seines Skulpturenparks aber haben die Gestalten
Engelbrechts ihren Höhepunkt erreicht. Den Rahmen für das
filmische Porträt von Erich Engelbrecht bietet die Verfolgung der
Etappen, welche die Skulptur “Die Prinzessin und der Drache” von
der Herstellung im Stahlwerk bis zu ihrer Aufstellung durchläuft. Die
industrielle Herstellung aus hochwertigem Stahl erreicht ein hohes
Maß an Abstraktion vom Individuellen. Abstrakt – oder ewig –
muten die Skulpturen auch nach ihrer Aufstellung an: Sie wirken
wie urzeitliche Fabel- und Traumwesen, die der Landschaft ebenso
angehören wie die Kultur dem Menschen angehört.
Erich Engelbrecht lebt zurückgezogen, ganz auf seine Kunst
bezogen. Sein Werk entsteht auf der Suche nach dem Verborgenen,
das entdeckt werden und zutage treten soll. Der Film „Die
Prinzessin und der Drache“ führt den Zuschauer an die
Persönlichkeit und das Arbeiten Erich Engelbrechts heran. Verfolgt
wird zunächst die Fertigung der Teile im Stahlwerk von Schaewen in
Essen. Hier äußert sich die eigentümliche Verquickung von Kunst
und Industrie: das Werk strahlt schon während seiner Entstehung
auf die in die Produktion einbezogenen Stahlarbeiter aus. So sagt
Norbert Langer, der zuständige Projektleiter im Stahlwerk von
Schaewen:
4 Erich Engelbrecht – Die Prinzessin und der Drache
“Man identifiziert sich natürlich mit der ganzen Sache, (das) tutauch derjenige, der die Kante verputzt, der will wissen, was ermacht. [...] bei einerm Teil in der Größe ist das Interesse einfach da.[...] wenn Sie hier durchgehen, an vielen Stellen finden Sie hierBilder von irgendeinem Kunstwerk [...] – die Leute denken, da habeich mit dran gearbeitet, das ist was Besonderes.”
Es folgt der aufwändige Transport der Einzelteile zum Aufstellungs-
ort in Frankreich. Der Film skizziert den Weg aus dem Ruhrgebiet in
den verwunschenen Schlosspark in der Auvergne. Hier trifft der
Zuschauer auf den Künstler, der die Aufstellung seines Werks
besichtigt, welches noch ganz in der Obhut der Fachleute liegt. In
dieser Umgebung, die von Stahl gewordenen Traumfiguren
bevölkert ist, begegnen wir auch Waltraut Engelbrecht sowie seinen
Töchtern und Enkeln. Die Ehefrau des Künstlers verkörpert das Ideal
der aufmerksam „lesenden“ Betrachterin. Mit derselben
leidenschaftlichen Rationalität, wie sie der bildschöpfende Ehemann
an den Tag legt, interpretiert und buchstabiert Waltraut Engelbrecht
die symbolhaften Bildwerke für den Zuschauer. Sie liefert damit
einen möglichen Schlüssel zu der eigentümlichen Faszination,
welche die Werke Engelbrechts ausstrahlen. Zugleich liefert ihre
Methode grundsätzliche Anstöße zur reflektierten Aneignung
bildhafter Kunstwerke. Waltraut Engelbrechts lebendige
Werkinterpretationen kehren im Film mehrfach als Konzentrations-
punkte wieder. Grundlage ihrer Assoziationen ist eine Methode, die
gleichsam analog einer Satzanalyse verläuft. Damit der Zuschauer
die angesprochenen Elemente – bzw. “Satzteile” – innerhalb der
komplexen Form- und Flächengestaltung leicht identifizieren kann,
werden diese im Film jeweils über Einblendungen, Spots oder
Animationen hervorgehoben.
Der achtzigste Geburtstag von Erich Engelbrecht bietet einen
willkommenen Anlass, um dem Publikum mit diesem Film einen
außergewöhnlichen Künstler vorzustellen, dessen
Zurückgezogenheit den Zugang zu seinem faszinierenden Werk
bisher erschwert hat.
5 Erich Engelbrecht – Die Prinzessin und der Drache
Dr. Erich Engelbrecht wurde 1928 in Bielefeld geboren. Nach seinem
Studium der Elektrotechnik und Wirtschaftswissenschaften
promovierte er 1957 zum Dr.-Ing. Er war über mehrere Jahre als
Berater in der Papierindustrie tätig und begann Zeit überschneidend
Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft und Philosophie in München
zu studieren. Hierbei lernte er seine spätere Ehefrau Waltraut
kennen. 1961 begann er mit der Malerei. Er arbeitete abwechselnd
in Holterdorf/Melle und in Locarno. In Holterdorf richtete er sich
nach 1965 fest ein, und weitete seine Techniken zunächst auf
Holzfiguren und Gobelinweberei aus. Immer wieder beteiligt er sich
eigenständig an der Entwicklung der Maschinen zur Herstellung
seiner Werke. Den Bogen von der Industrie zur Kunst zieht er in
seinem Werk noch heute durch die Zusammenarbeit mit dem
Stahlwerk von Schaewen in Essen. Erich Engelbrecht verkörpert in
besonderer Weise einen humanistischen Weltzugang, in dem er
praktische Tätigkeitsfelder und Möglichkeiten auslotet, diese
sodann für die geistige Reflektion fruchtbar macht um schließlich
das Nicht Auflösbare in bildnerischen Kunstwerke zu lebendigem
Ausdruck zu bringen.