erik julliard ein mann und sein tattoo...erik julliard, erfinder und veranstalter des basel tattoos,...

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| 30 event. IM GESPRÄCH MIT ... event.: 2006 haben Sie das Basel Tattoo ins Leben gerufen. Was hat sich seither verändert? Erik Julliard: Die Veränderung findet in allen Bereichen stetig und schrittweise statt. Sowohl in der Technik wie auch im Design oder im Aussehen. Auch das Niveau der Formationen steigt ständig. Zudem haben wir mehr Shows –– und somit auch mehr Zuschauer und Mitwirkende. Wie wählen Sie die Bands aus? Kann man sich für das Basel Tattoo bewerben? Wir haben noch nie eine Band genom- men, die sich beworben hat. Bands, die sich bewerben, sind nicht Bands, die wirklich gut sind. Die anderen Bands haben genug Anfragen und somit gar keine Zeit, um sich zu bewerben. Es ist auch ein Konzept in der Show: Ich habe vier sogenannte Military Bands, die möglichst unterschiedlich sein müssen. Dann gibt es neun oder zehn Pipe Bands, die weltweit gut aufgeteilt sein sollen. Wir versuchen von Amerika und Europa über Australien und Neuseeland bis nach Südafrika alles abzudecken. Dann ergänzen wir dies mit speziellen Acts wie Tänzern oder einem Drill-Team. Die Stage Band – auf der eigenen Bühne – wechselt jedes Jahr. Wieso? Wir hatten nicht immer eine Stage Band. Die Frage ist, was man machen will und wer gerade verfügbar ist. Vor zwei Jahren hat Christoph Walter, unser Director of EIN MANN UND SEIN TATTOO | ERIK JULLIARD | Erik Julliard, Erfinder und Veranstalter des Basel Tattoos, ist mit Leib und Seele dabei. Er überzeugt mit Charme – und zeigt bereits zum zwölften Mal Überraschendes. Interview: Sidonia Maurer, Porträtfotos Nicolas Aebi Emotionen wie ein Feuerwerk: So pompös ist das Finale des Basel Tattoo. BASEL TATTOO 19. bis 29.7.17, Kaserne Basel Vom Juristen zum Tattoo-Macher Die Karriere von Erik Julliard (41) star- tete wie viele andere: Er absolvierte sein Jura Studium und begann ein Praktikum in einer Anwaltskanzlei, bis er mit seinem Team im 2005 die Idee hatte, in der Schweiz ein Tattoo zu ver- anstalten. Heute ist er nicht nur in Basel, sondern auch unter den globa- len Tattoo Veranstaltern bekannt und reist um die ganze Welt.

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Page 1: ERIK JULLIARD EIN MANN UND SEIN TATTOO...Erik Julliard, Erfinder und Veranstalter des Basel Tattoos, ist mit Leib und Seele dabei. Er überzeugt mit Charme – und zeigt bereits zum

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IM GESPRÄCH MIT ...

event.: 2006 haben Sie das Basel Tattoo ins Leben gerufen. Was hat sich seither verändert?Erik Julliard: Die Veränderung findet in allen Bereichen stetig und schrittweise statt. Sowohl in der Technik wie auch im Design oder im Aussehen. Auch das Niveau der Formationen steigt ständig. Zudem haben wir mehr Shows –– und somit auch mehr Zuschauer und Mitwirkende.Wie wählen Sie die Bands aus? Kann man sich für das Basel Tattoo bewerben?Wir haben noch nie eine Band genom-men, die sich beworben hat. Bands, die sich bewerben, sind nicht Bands, die wirklich gut sind. Die anderen Bands

haben genug Anfragen und somit gar keine Zeit, um sich zu bewerben. Es ist auch ein Konzept in der Show: Ich habe vier sogenannte Military Bands, die möglichst unterschiedlich sein müssen. Dann gibt es neun oder zehn Pipe Bands, die weltweit gut aufgeteilt sein sollen. Wir versuchen von Amerika und Europa über Australien und Neuseeland bis nach Südafrika alles abzudecken. Dann ergänzen wir dies mit speziellen Acts wie Tänzern oder einem Drill-Team.Die Stage Band – auf der eigenen Bühne – wechselt jedes Jahr. Wieso? Wir hatten nicht immer eine Stage Band. Die Frage ist, was man machen will und wer gerade verfügbar ist. Vor zwei Jahren hat Christoph Walter, unser Director of

EIN MANN UND SEIN TATTOO

|ERIK JULLIARD|

Erik Julliard, Erfinder und Veranstalter des Basel Tattoos, ist mit Leib und Seele dabei. Er überzeugt mit Charme – und zeigt bereits zum zwölften Mal Überraschendes. Interview: Sidonia Maurer, Porträtfotos Nicolas Aebi

Emotionen wie ein Feuerwerk: So pompös ist das Finale des Basel Tattoo.

BASEL TATTOO■ 19. bis 29.7.17, Kaserne Basel

Vom Juristen zum Tattoo-MacherDie Karriere von Erik Julliard (41) star-tete wie viele andere: Er absolvierte sein Jura Studium und begann ein Praktikum in einer Anwaltskanzlei, bis er mit seinem Team im 2005 die Idee hatte, in der Schweiz ein Tattoo zu ver-anstalten. Heute ist er nicht nur in Basel, sondern auch unter den globa-len Tattoo Veranstaltern bekannt und reist um die ganze Welt.

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Music, das Streichquartett seines eigenen Orchesters, dem Christoph Walter Orchester, mitgebracht. Dieses Jahr gibt es als Stage Band wieder eine Rhythm Section plus eine Brass Band.Was hat es mit der Basel Tattoo Garde auf sich?Es ist eine historische Idee, dass man eine Garde hat. Die Basel Tattoo Garde ist über die Jahre entstanden und besteht mehrheitlich aus Schweizer Gardisten, die in Rom gedient haben. Es braucht jemanden, der die Tür öffnet und schliesst. Ich finde, das hat Stil und ist zudem ein lustiger Gag. Die Patrouille Suisse war 2015 am Basel Tattoo. Wie haben Sie das angestellt? Das war gewissermassen ein Geburtstags-geschenk der Schweizer Armee zu unserem zehnjährigen Jubiläum. Die kamen nur an einem Abend, trotzdem muss man sich den Aufwand und die Kosten vorstellen. Wird es dieses Jahr wieder eine Überraschung geben?Dieses Jahr kommt die Garde aus Norwegen mit über hundert Leuten. Wir konnten sie von der Idee überzeugen, einen schönen und traditionellen Song zu singen. Das wird sicher toll. Ausserdem ist die amerikanische Präsidialgarde das erste Mal in Europa. Sie sind speziell, pfeifen und trommeln. Das passt zu Basel. Ist natürlich nicht jedermanns Sache, aber es ist gut in einer Show verpackt.Was ist Ihr persönliches Highlight seit der Gründung des Basel Tattoos?Obwohl «Amazing Grace» ein etwas abgelutschter Song ist, haben wir ihn in den ganz frühen Jahren im Finale gebracht. Der Lone Piper beginnt zu spielen, dann haben wir es runtergezo-gen. Das heisst, das grosse Finale – alle Bands zusammen – haben den Song

fertiggespielt. Die Stimmung, die damals in der Kaserne entstand, war sehr speziell. Dabei spielten auch die Reaktio-nen der Zuschauer und die selber aufgestauten Emotionen eine Rolle. Wir arbeiten das ganze Jahr auf den Event hin – und dann muss man alles in anderthalb Wochen entladen. Das ist nicht einfach. Welches ist der Moment, bei dem Sie loslassen und sich entspannen können? Gibt es den überhaupt? Bei den Proben weiss ich bereits, dass ich zwar noch etwas beeinflussen, jedoch nichts mehr gross verändern kann. Sobald bei den Proben alle Massed Pipes and Drums das erste Mal einmarschie-ren, habe ich die Gewissheit, dass alles läuft. Das ist dieser «Jetzt gehts los»-Moment. Dies sind insgesamt 200 Leute, und es ist immer kompliziert, alles zu koordinieren. Läuft die Organisation bereits fürs nächste Jahr? Das ist jeweils eine Überschneidung, ein fliessender Prozess. Es gibt ein paar Marketingaufgaben, die wir schon jetzt erledigen müssen. Wir diskutieren auch mit Formationen für das nächste Jahr. Fürs 2019 habe ich bereits einige Zusagen. Aber natürlich beschäftigen wir uns jetzt noch nicht den ganzen Tag mit 2018 und 2019 – sondern hauptsächlich mit diesem Jahr.

Wie sieht die Zukunft des Basel Tattoo aus?Trotz den bekannten Basel-Tattoo-Ele-menten, haben wir über die Jahre unseren eigenen Stil entwickelt. In den nächsten fünf Jahren wird es spannend zu sehen, wo wir die bekannten Elemente beibehalten und wo wir anders und neu werden. Welche Musik hören Sie in Ihrer Freizeit? Keine Tattoo-Musik! Ich kann das nicht mehr hören! (lacht) Ich mag am liebsten zusammengesetzte Playlists auf all den verschiedenen Apps. Gar nichts Speziel-les. Lounge-Musik ist, wenn man genau hinhört, gar keine Musik mehr. ■

«Ich freue mich auf den ‹Jetzt-gehts-los›-Moment!» Mister Basel Tattoo

Erik Julliard über ...... Christoph Walter

... Reggimento Corazzieri ... Highland Dancers

Christoph Walter ist «Director of Music». Zu-sammen entscheiden wir, was gespielt wird. Er hat drei Hauptaufgaben: die Proben leiten, alles einstudieren und bei den Shows das Finale diri-gieren. Bei der ersten Probe suche ich mir je-weils einen Platz, von dem ich die Gesichter der Musiker sehe. In den ersten zehn Minuten sind alle etwas unsicher, ob Christoph auch der Rich-tige für den Job ist. Doch wenig später fressen sie ihm aus der Hand. Er weiss, wovon er spricht. Das ist ein absolutes Highlight!

Sie sind das erste Mal am Tattoo, weil sie eigentlich nicht dafür gedacht sind. Man kann und wird sie in drei verschiedenen Formationen sehen: Zu Fuss, zu Pferd oder mit Motorrad. Wir wollen authentische Sachen zeigen, die es sonst nicht gibt. Die live zu sehen, ist für uns Schwei-zer eine absolute Ausnahme. .

Die 36 Tänzerinnen kommen alle aus Australien, wo sie alleine Wettkämpfe bestreiten. Nach Vortanzen und Interviews stellt die Leiterin die Gruppe fürs Basel Tattoo zusammen. Die Tänzerinnen treffen sich zwei Tage vor allen anderen Formationen in Basel, um das erste Mal gemeinsam zu proben.

... Australian Army BandSie sind nicht einfach zu bekommen und sind aus drei oder vier Gruppen zusam-mengestellt. Eine Woche bevor sie nach Basel reisen, treffen sie sich, um zu üben. Sie haben einen speziellen Humor, sind spontan und ideenreich. Das ist witzig und kommt beim Publikum gut an.