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Evaluation der Bevölkerungsprognose Berlin 2015 - 2030 Vergleich der Prognose 2015 - 2030 mit der Realent- wicklung 2016 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Ref. I A – Stadtentwicklungsplanung in Zusammenarbeit mit dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Berlin, Juni 2017

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Evaluation der Bevölkerungsprognose Berlin 2015 - 2030 Vergleich der Prognose 2015 - 2030 mit der Realent-wicklung 2016

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Ref. I A – Stadtentwicklungsplanung

in Zusammenarbeit mit dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg

Berlin, Juni 2017

- 2 -

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ...................................................................................................................2

Zusammenfassung .................................................................................................................3

1 Einleitung ........................................................................................................................6

2 Realentwicklung und Prognose in Berlin und den Bezirken .............................................7

2.1 Berlin ........................................................................................................................7

2.1.1 Einwohnerentwicklung in Berlin bis 2016..............................................................7

2.1.2 Altersstruktur Berlin ..............................................................................................8

2.2 Bezirke ................................................................................................................... 10

3 Flüchtlinge ..................................................................................................................... 13

3.1 Rolle der Flüchtlinge bei der Prognose und Realentwicklung ................................. 13

3.1.1 Flüchtlinge in der Bevölkerungsprognose ........................................................... 13

3.1.2 Quellen und Ergebnisse der Realentwicklung 2015 und 2016 ............................ 13

3.2 Demografie der Flüchtlinge .................................................................................... 15

3.3 Bisherige Flüchtlingsszenarien der SenStadtUm .................................................... 16

3.4 Bedarfsprognose der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales .......... 17

4 Annahmen-Check.......................................................................................................... 18

4.1 Allgemeine Annahmen und Rahmensetzungen ...................................................... 18

4.2 Annahmen zur natürlichen Bevölkerungsentwicklung ............................................. 21

4.2.1 Geburten ............................................................................................................ 21

4.2.2 Gestorbene ........................................................................................................ 24

4.3 Annahmen zu den Wanderungen ........................................................................... 25

4.3.1 Wanderungsgeschehen mit den alten Bundesländern........................................ 25

4.3.2 Wanderungsgeschehen mit den neuen Bundesländern (ohne Berliner Umland) 26

4.3.3 Wanderungsgeschehen mit dem Umland ........................................................... 26

4.3.4 Wanderungsgeschehen mit dem Ausland .......................................................... 28

4.3.5 Abschätzungen zur weiteren Wanderungsentwicklung ....................................... 29

4.4 Wohnungsneubau .................................................................................................. 31

4.5 Fazit zu den Annahmen ......................................................................................... 32

5 Kleinräumige Entwicklung ............................................................................................. 33

5.1 Mittel- und kurzfristige Entwicklungen .................................................................... 33

5.2 Kleinräumige Abweichungen der Prognose von der Realentwicklung .................... 35

5.3 Auswirkungen der Flüchtlingswanderungen auf die kleinräumige Entwicklung ....... 35

6 Resümee und Empfehlungen ........................................................................................ 37

6.1 Zusammenfassende Betrachtung der Realentwicklung .......................................... 37

6.2 Empfehlung zum weiteren Umgang mit der aktuellen Prognose und Ausblick ........ 37

- 3 -

Zusammenfassung

Berlin hatte Ende 2016 einen Einwohnerbestand von rd. 3.671 Tsd. Personen. Im Jahr 2016 wuchs die Stadt um gut 61.000 Personen. Diese Größenordnung der Bestandsentwicklung ist maßgeblich durch die Nachregistrierung von Geflüchteten, die bereits in 2015 in Berlin eintrafen, beeinflusst.

Die Probleme bei der Erfassung und Registrierung der Flüchtlingsströme in 2015 hatte Aus-wirkungen auf die Aussagekräftigkeit der statistischen Daten für diesen Zeitraum. Auch auf-tretende Differenzen bei der Darstellung der Entwicklung in 2016 sind zum Teil dadurch er-klärbar. Mit den Daten für das Jahr 2017 wird wieder eine belastbarere Grundlage für Analy-sen der Entwicklung gegeben sein.

Die Bevölkerungsprognose für Berlin und die Bezirke 2015 - 2030 (Senatsbeschluss 904/2016 vom 09.02.2016) weist für das Datum 31.12.2016 rd. 3.655 Tsd. Einwohner aus, das sind rd. 16 Tsd. Personen weniger als der Realbestand für 2016 aufzeigt. Insgesamt ist diese Differenz auch in Relation zu der starken Flüchtlingsbewegungen im Jahr 2015 und bezogen auf die Gesamteinwohnerzahl als relativ gering einzuschätzen.

Hinsichtlich der demografischen Struktur sind in allen Altersgruppen geringe Abweichungen mit jeweils weniger als 1,5 Prozent gegenüber den Prognose-Ergebnissen zu verzeichnen. Die geringen Unterschiede in den Altersgruppen zwischen 6 und unter 18 Jahren sowie 25 bis unter 45 Jahren betreffen mit 1,4 bzw. 0,8 Prozent die Kohorten, welche die Zuwande-rung tragen bzw. die Flüchtlingsentwicklung kennzeichnen. Insgesamt sind die Abweichun-gen in der demografischen Struktur nicht gravierend (siehe Kapitel 2.1).

Die Annahmensetzung ist der wichtigste Rahmen einer Bevölkerungsprognose. Daher ist die Betrachtung der Annahmen, die der Prognoserechnung 2015-2030 zu Grunde liegen, eine Basis für den Vergleich der Prognoseergebnisse für 2016 mit der real eingetroffenen Ent-wicklung und der Erläuterung von Differenzen zwischen Prognose und Realität. Die Überprüfung der getroffenen Annahmen zeigt:

• Die natürliche Entwicklung aus Geburten und Sterbefällen liegt im realen Saldo im Jahr 2016 mit ca. 2.000 Personen über der prognostizierten Entwicklung. Dahinter steht vor allem eine geringere Anzahl von Sterbefällen als erwartet. Für eine Erklärung dieses un-erwarteten Rückganges der Sterbefälle in 2016 bedarf es einer konkreten Untersuchung. Die Differenz in der Geburtenzahl liegt bei ca. 1.000 Fällen für Gesamtberlin, die in der Prognose mehr ausgewiesen sind. Das korrespondiert mit der in 2016 real leicht gesun-kenen Geburtenziffer in Berlin (siehe Kapitel 4.2).

• Die Wanderungen mit den alten bzw. neuen Bundesländern liegen in 2016 im Saldo um ca. 9.000 Personen höher als angenommen (siehe Kapitel 4.3.1 und 4.3.2). Dies stellt ei-ne veränderte Dynamik dar. Nach Vorliegen der vollständigen statistischen Daten ist zu prüfen, ob diese Änderung ein einmaliges Ereignis darstellt oder ein neuer Trend zu er-warten ist.

• Die Wanderungen mit dem Umland, also die Suburbanisierung, sind weniger stark aus-gefallen, als die vorangegangene Entwicklung erwarten ließ (siehe Kapitel 4.3.3). Auch zu dieser Sachlage bedarf es vertiefter Analysen, um mögliche Ursachen zu erschließen.

• Die Auslandswanderung (siehe Kapitel 4.3.4) ist insbesondere durch die Flüchtlingsent-wicklung 2015 anders ausgefallen, als von den Fachleuten in Vorbereitung der Prognose eingeschätzt. Die bereits 2015 angekommenen Geflüchteten wurden in 2016 nachregis-triert. Auch dieses bestimmt die wesentliche höhere Zahl der als Zuwanderung in 2016 erfassten Personen aus dem Ausland (siehe Kapitel 3 und 5.3).

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• Die generellen Annahmen, die für die mittlere Variante getroffen wurden, sind größten-teils auch aus der Perspektive des Jahres 2017 zutreffend (siehe Kapitel 4.1).

• Die Flüchtlingszuwanderung war ein bestimmender Faktor für die reale Entwicklung in den Jahren 2015 und 2016 (siehe Kapitel 4). Für den Zeitraum 2015-2020 ist in der Be-völkerungsprognose ein Saldo von 40.800 Flüchtlingen enthalten. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Bevölkerungsprognose kamen Szenario-Betrachtungen zum Ergeb-nis, dass zwischen 94.000 und 174.000 Flüchtlinge in den Jahren 2015 bis 2020 in Ber-lin, zusätzlich zu den in der Bevölkerungsprognose 2015-2030 ausgewiesenen Zahlen, zu erwarten sein könnten. Aktuelle Entwicklungen in 2016 und 2017 lassen deutlich nied-rige Zahlen erwarten.

Die bisherigen Szenarien der SenStadtWohn werden durch die von SenIAS erarbeitete Be-darfsprognose abgelöst. Es ist dann mit einem deutlich geringeren Aufschlag zu den bisher in der Bevölkerungsprognose enthaltenen 40.800 Personen zu rechnen. Zusätzlich ist aktuell von einem flüchtlingsbedingtem Wachstum in einer Größenordnung von etwa 24.000 Perso-nen auszugehen.

Zusammenfassend ist herauszustellen, dass die Jahre 2015 und 2016 durch nicht vorher-sehbare krisenbedingte Wanderungen und ihren statistischen Folgen gekennzeichnet waren. Insgesamt sind dadurch erst ab 2017 wieder Daten in der gewohnten und für eine Bevölke-rungsprognose erforderlichen Qualität zu erwarten. Die in 2016 von den Annahmen abweichende Entwicklungsrichtung der Wanderungen nach Herkunftsregionen kann in ihrem weiteren Verlauf derzeit nicht eingeschätzt werden. Es ist offen, ob es sich hierbei um singuläre Effekte, einen dauerhaft wirksamen Trendbruch oder schwankende Entwicklungsverläufe handelt.

Bei Überprüfung und Vergleich der Prognoseergebnisse und der Realentwicklung ist wichtig zu beachten, dass Prognosen mittel- und langfristige Trends darstellen sollen, um Orientie-rungen für zukünftige Planungen zu geben. Eine punktgenaue Übereinstimmung der Realität mit prognostizierten Ergebnissen kann daher nicht erwartet werden. Prognosen sind „Wenn-Dann-Aussagen“, je mehr die reale Entwicklung dem angenommenen Entwicklungstrend, der in der Prognose abgebildet wird, entspricht, umso näher sind die Prognoseergebnisse an der realen Entwicklung.

Insgesamt führt die Evaluation der Bevölkerungsprognose 2015 – 2030 zur Einschätzung, dass die mittlere Variante trotz der genannten Abweichungen der Realentwicklung von den Annahmen nach wie vor als Arbeits- und Planungsgrundlage für die Berliner Stadtentwick-lung verwendet werden kann (unter Berücksichtigung von 24.000 weiteren Personen, abge-leitet aus der SenIAS-Bedarfsprognose). Demnach ist

• von Ende 2016 bis zum Jahr 2020 mit einem weiteren Wachstum von 106.000 Personen zu rechnen. (Summe aus 82.000 Personen, die bisher in der Bevölkerungsprognose enthalten sind, plus 24.000 weitere Flüchtlinge bis 2020 laut SenIAS-Bedarfsprognose)

• ausgehend davon von Ende 2020 bis zum Jahr 2030 mit einem weiteren Wachstum von 75.000 Personen zu rechnen.

• in Summe von Ende 2016 bis zum Jahr 2030 von einem weiteren Wachstum von 181.000 Personen auszugehen (157.000 Personen aus Bevölkerungsprognose + 24.000 weitere Flüchtlinge bis 2020).

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4.000

2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030

in Tsd. Personen

mittlere Varianteobere Varianteuntere VarianteRealentwicklung

Abbildung 1: Reale Einwohnerentwicklung bis 2016 und drei Varianten der Bevölkerungsprognose 2015 - 2030 sowie voraussichtliche Realentwicklung 2017 / 2018 (schwarze Punktlinie)

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1 Einleitung

Berlins Einwohnerzahl wächst seit dem Jahr 2005 kontinuierlich, seit Anfang der 2010er Jah-re mit besonderer Dynamik. Das Jahr 2015, in dem die aktuelle Bevölkerungsprognose für Berlin und die Bezirke erstellt wurde, war durch spezielle Rahmenbedingungen, insbesonde-re den starken Zuzug von Flüchtlingen, geprägt. Diese Entwicklung konnte statistisch erst im Jahr 2016 durch die Nachregistrierung der Geflüchteten abgebildet werden. Daher ist die Entwicklung in 2016 durch eine besondere Datenlage gekennzeichnet.

Sowohl eine generell wachsende Bevölkerung als auch die Entwicklung der Geflüchteten sind Faktoren, die für den künftigen Einwohnerbestand und im Weiteren für die Infrastruktur- und Fachplanungen von großer Bedeutung sind.

Mit dem Senatsbeschluss S-904/2016 vom 9. Februar 2016 zur Bevölkerungsprognose für Berlin und die Bezirke 2015 bis 2030 wurde daher die für Stadtentwicklung zuständige Se-natsverwaltung beauftragt, „im ersten Halbjahr 2017 zu prüfen, inwiefern Prognose und Re-alentwicklung voneinander abweichen … und zu bewerten, welche der drei Prognosevarian-ten für den weiteren Verlauf als am wahrscheinlichsten und damit als Arbeits- und Planungs-grundlage gilt.“

Volatile Entwicklungen erschweren Prognosen. Krisenbedingte Entwicklungen und ihre Wanderungsfolgen lassen sich nicht einschätzen. Zu den in 2015 in Berlin angekommenen Flüchtlingen gab es keine nutzbaren, statistisch erfassten Daten, welche Annahmen für Ein-schätzungen künftiger Entwicklungstrends zuließen. Daher konnten diese Entwicklungen auch nicht in die Prognoserechnung einfließen.

Angesichts der außergewöhnlichen Umstände des Jahres 2015, die die Zuwanderung betra-fen und damit die Einwohnerbestandsentwicklung beeinflussen, wurde – begleitend zur Er-arbeitung und Veröffentlichung der Bevölkerungsprognose – der Ansatz von Flüchtlingssze-narien verfolgt.

Um gleichwohl eine Orientierung zu möglichen Entwicklungen zu bieten, hat die Senatsver-waltung für Stadtentwicklung zusammen mit der Bevölkerungsprognose zwei Flüchtlingssze-narien veröffentlicht. Diese werden angesichts der laufenden Entwicklungen und veränderten politischen Rahmenbedingungen nunmehr durch andere Arbeiten ersetzt (vgl. Kap. 3.4.).

Ziel des Berichts ist es,

• die aktuelle Bevölkerungsentwicklung auf Ebene - der Gesamtstadt hinsichtlich der Altersstruktur sowie - der Bezirke hinsichtlich der quantitativen Veränderungen in Relation zur Prognose für das Jahr 2016 darzustellen,

• verfügbare Daten zu Anzahl, Altersstruktur und räumlicher Verteilung der Flüchtlinge auf-zubereiten und die Ergebnisse der modifizierten Flüchtlingsszenarien zu vermitteln,

• teilräumliche Übereinstimmungen bzw. Abweichungen zwischen Prognose und realer Bevölkerungsentwicklung aufzuzeigen,

• die Annahmen, die der Bevölkerungsprognose zugrunde liegen, angesichts der aktuellen Erkenntnisse einzuordnen sowie

• für die Berliner Stadtentwicklung bis zur nächsten Bevölkerungsprognose auch weiterhin eine einheitliche Arbeits- und Planungsgrundlage zur Verfügung zu stellen.

- 7 -

2 Realentwicklung und Prognose in Berlin und den Bezirken

2.1 Berlin

2.1.1 Einwohnerentwicklung in Berlin bis 2016

Am 31.12.2016 waren laut Einwohnerregister rd. 3,671 Mio. Personen in Berlin gemeldet. Dies bedeutet gegenüber dem Jahresende 2015 einen Einwohnergewinn von knapp 61 Tsd. Personen. In diesem Zuwachs sind auch alle Flüchtlinge erfasst, die in den Jahren 2015 und 2016 nach Berlin kamen und zum Stichtag 31.12.2016 im EWR registriert waren.

Der bestimmende Faktor der Einwohnerentwicklung ist die Zuwanderung nach Berlin. Die der Prognoserechnung zugrunde liegenden Annahmen zum Wanderungsgeschehen gingen von einer geringeren Zuwanderung aus, da die Größenordnung der realen Zuzüge nach Ber-lin in diesem Maße (Flüchtlingsentwicklung) nicht vorhersehbar war. In der prognostizierten Zahl für 2016 ist daher ein Teil der Flüchtlinge nicht enthalten.

Die Prognose weist per 31.12.2016 rd. 3.655 Tsd. Einwohner aus, das sind rd. 16 Tsd. Per-sonen weniger als der Realbestand für 2016 aufzeigt. Diese Differenz ist hauptsächlich auf die nicht in die Wanderungsannahmen eingeflossenen Zuwanderungen der Flüchtlinge zu-rückzuführen. Der Wanderungsgewinn für Berlin in 2016 wird von der Statistik mit ca. 59 Tsd. Personen beziffert. Wird die untere Alternative der damaligen Flüchtlingsszenarien be-rücksichtigt, dann liegt die aus Szenario und Bevölkerungsprognose summierte Einwohner-zahl für den 31.12.2016 um rund 13 Tsd. Personen über dem Realbestand.

Das Prognosejahr 2016 konnte die Realentwicklung nicht adäquat abbilden, da hier weder die hohen Flüchtlingszahlen von 2015 in die Rechnung einflossen, noch die Bestandszu-nahme an Einwohnern durch die nachträglich in 2016 registrierten, aber bereits in 2015 an-wesenden Flüchtlinge enthalten sind. Der Annahme-Check ist in Kap. 4 differenzierter dar-gestellt, die detailliertere Erkenntnisse zur Datenlage zu den Geflüchteten sind in Kap. 3 ent-halten. Da nicht erwartet wird, dass sich die hohen Zuwanderungszahlen aus der Flüchtlingsbewe-gung in den kommenden Jahren fortsetzen werden, wie bereits im laufenden Jahr erkennbar, sind die in der aktuellen Prognose für die Folgejahre gesetzten Annahmen zu den Wande-rungsbewegungen aus unserer Sicht weiterhin plausibel. Es wird weiterhin von einem positi-ven, im Maße aber geringeren Wanderungssaldo als in 2015 und 2016 ausgegangen.

Für eine Einschätzung, ob die mittlere Prognosevariante bis zur turnusmäßen Aktualisierung der Prognose in 2018 weiterhin als Grundlage der Stadtentwicklungsplanung dienen kann, ist daher eine Betrachtung der Prognosejahre 2017 und 2018 als direkte Folgejahre ange-bracht.

Wie Abbildung 2 zeigt, schließen sich die weiteren Prognosejahre der mittleren Variante nachvollziehbar an die reale Entwicklung an. Die Entwicklung liegt im mittel- bis langfristigen Trend.

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Abbildung 2: Einwohnerbestandsentwicklung in Berlin Realentwicklung bis 2016 und Prognose ab 2017_mittlere Vari-ante

3.300

3.350

3.400

3.450

3.500

3.550

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3.650

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3.800

3.850

3.900

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

in Tsd. Personen

2.1.2 Altersstruktur Berlin

Tabelle 1: Einwohner in Berlin _ Altersstruktur, Hauptaltersgruppen - Vergleich Realentwicklung und Prognose

2015 real

(absolut)

2016 real

(absolut)

In Realität mehr (+)

weniger (-) als in Prognose

2016 Prognose

(absolut)

00 - unter 06 209.258 216.644 -1.152 217.796 06 - unter 18 348.178 360.370 5.000 355.370 18 - unter 25 254.607 261.310 1.904 259.406 25 - unter 45 1.121.905 1.142.410 8.454 1.133.956 45 - unter 65 985.376 989.956 611 989.345 65 - unter 80 521.131 520.078 148 519.930 80 - und älter 169.701 179.854 1.050 178.804

gesamt 3.610.156 3.670.622 16.015 3.654.607

Auch bei Betrachtung der einzelnen Altersjahrgänge sind keine gravierenden Unterschiede zu den prognostizierten zu erkennen (siehe Tabelle 1 und Abbildung 3). Die vorhandenen Abweichungen sind deutliche Folgen der die verstärkte Zuwanderung tragenden Altersgrup-pen (Hauptgruppe der 25-45 und der 6-18-Jährigen). In Hinblick auf den weiteren Verlauf in der Prognose ist kein Einbruch der vorgezeichneten Entwicklung in den Hauptaltersgruppen für Gesamtberlin zu erwarten (siehe Abbildung 4).

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100

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1.300

2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030

in Tsd. Personen

80 ++ 00- u. 06

06- u. 18

18- u. 25

25- u. 45

45- u. 65

65- u. 80

real Prognose

Abbildung 3: Vergleich der wanderungsstarken Altersjahre real 2016 mit Prognosejahr 2016

20.000

25.000

30.000

35.000

40.000

45.000

50.000

55.000

60.000

65.000

70.000

15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45

Real 2016

Prognose 2016

Personen

Abbildung 4: Entwicklung der Hauptaltersgruppen in Berlin

- 10 -

2.2 Bezirke

Bei Analyse der vergangenen Entwicklungen von 2005 bis 2016 in den Bezirken kristallisie-ren sich die Bezirke Mitte und Pankow als wachstumsstärkste Bezirke heraus. Die Bezirke Treptow-Köpenick und Lichtenberg haben beide mit je 3 Prozent Wachstum im Jahr 2016 zugenommen. Neukölln ist der einzige Bezirk, der trotz verstärkter Auslandswanderung in die Stadt im Jahr 2016 einen Rückgang an Bevölkerung aufzuweisen hat (siehe Tabelle 2 und Abbildung 5). Tabelle 2: Einwohnerveränderung der Bezirke in Prozent, 2005-2016, indiziert, Basis 2005

Mitte Friedrichsh-Kreuzb

Pankow Charlottenb. Wilmersd

Spandau Zehlen- dorf

Tempelh Schönb

Neukölln Treptow-Köpenick

Marzahn-Hellersd

Lichten- berg

Reinicken-dorf

Berlin

2005 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 2006 101,2 101,5 101,2 100,2 99,8 100,1 99,7 99,9 100,5 99,8 99,9 99,2 100,3

2007 101,5 102,1 102,5 100,4 99,3 100,5 99,4 100,2 100,8 99,4 99,4 98,8 100,4

2008 101,6 102,8 103,2 100,6 99,3 100,9 99,7 101,1 101,3 98,8 99,5 98,5 100,7

2009 102,8 101,9 102,5 101,1 99,1 101,4 100,1 101,8 102,0 98,6 99,7 98,4 100,9

2010 102,6 102,3 104,1 101,1 100,3 102,1 100,5 101,7 102,7 99,5 100,5 98,8 101,4

2011 104,7 104,0 105,5 101,9 101,5 102,8 100,5 103,7 103,6 100,7 101,5 99,8 102,6

2012 106,8 105,6 107,2 103,4 102,7 103,6 100,2 105,4 104,6 101,7 103,2 101,1 103,9

2013 109,4 107,2 109,1 104,5 104,3 104,4 101,2 106,6 105,5 102,7 104,0 102,5 105,2

2014 112,0 108,0 111,1 105,6 106,0 104,8 102,4 107,8 107,0 103,5 106,4 103,6 106,6

2015 114,1 109,1 112,7 107,0 107,9 105,0 104,1 108,6 108,7 104,8 109,0 104,7 108,1

2016 116,7 110,2 114,9 108,9 110,3 106,5 105,6 108,4 111,3 105,8 112,2 106,9 109,9

2005-2016 Veränderung

% 16,7 10,2 14,9 8,9 10,3 6,5 5,6 8,4 11,3 5,8 12,2 6,9 9,9

absolut 53.131 26.142 51.453 27.347 22.481 18.506 18.343 25.393 26.430 14.443 30.720 16.797 331.186

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Der Einwohnerbestand per 31.12.2016 in den Bezirken 2016 unterscheidet sich nicht rele-vant (durchschnittlich rd. 1 Prozent) von der prognostizierten Entwicklung für dieses Jahr (siehe Tabelle 3). Die Differenzen sind wie die für die Gesamtstadt hauptsächlich mit der Zuzugsbewegung der Asylsuchenden erklärbar (siehe Kapitel 3).

Abbildung 5: Gruppierte Darstellung der Einwohnerveränderung der Bezirke, 2005-2016, indexiert, Basis 2005

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Tabelle 3: Abweichung der prognostizierten von der realen Entwicklung in den Bezirken

Einwohner 2015 real

(absolut)

2016 real

(absolut)

In Realität mehr (+)

weniger (-) als in Prognose

2016 Prognose

(absolut)

Berlin 3.610.161 3.670.622 16.015 3.654.607

01 - Mitte 363.236 371.407 - 2.147 373.554

02 - Friedrichshain-Kreuzberg 278.392 281.323 - 614 281.937

03 - Pankow 389.972 397.406 2.793 394.613

04 - Charlottenburg-Wilmersdorf 330.471 336.249 2.060 334.189

05 - Spandau 234.632 239.942 2.583 237.359

06 - Steglitz-Zehlendorf 299.767 304.086 2.599 301.487

07 - Tempelhof-Schöneberg 341.162 346.108 3.316 342.792

08 - Neukölln 328.068 327.522 - 3.761 331.283

09 - Treptow-Köpenick 253.328 259.524 1.511 258.013

10 - Marzahn-Hellersdorf 259.371 262.015 248 261.767

11 - Lichtenberg 275.148 283.121 4.354 278.767

12 - Reinickendorf 256.614 261.919 3.073 258.846

- 13 -

3 Flüchtlinge

3.1 Rolle der Flüchtlinge bei der Prognose und Realentwicklung

3.1.1 Flüchtlinge in der Bevölkerungsprognose

Mit Senatsbeschluss vom 09.02.2016 (S-904/2016) wurde die mittlere Variante der Bevölke-rungsprognose Berlin 2015 - 2030 als Arbeits- und Planungsgrundlage festgelegt. Flüchtlin-ge sind eine (ergänzende) Komponente.

Im Rahmen der Annahmen zur Auslandswanderung wurden Flüchtlinge in der Bevölke-rungsprognose bis zu dem Maß berücksichtigt, wie es zum Zeitpunkt des Redaktionsschlus-ses im Frühjahr 2015 ersichtlich war. In der mittleren Variante wird für den Zeitraum 2015-2020 von einem Saldo von 40.800 Flüchtlingen ausgegangen.

Über das Jahr 2020 hinaus wurden in den bisherigen Arbeiten, u. a. aufgrund fehlender Da-ten und Erfahrungen, keine Flüchtlingswanderungen berücksichtigt. Aufgrund der starken Flüchtlingszuwanderung im zweiten Halbjahr 2015 (nach Redaktionsschluss der Bevölke-rungsprognose) wurden dem Senat parallel zu den Ergebnissen der Bevölkerungsprognose zwei Flüchtlingsszenarien vorgelegt, welche die Berechnungen der Prognose ergänzen (sie-he Kapitel 3.3). Die Szenario-Betrachtungen kommen zum Ergebnis, dass zwischen 94.000 und 174.000 Flüchtlinge in den Jahren 2015 bis 2020 in Berlin, zusätzlich zu den in der Be-völkerungsprognose 2015 - 2030 ausgewiesenen Zahlen, zu erwarten sein könnten.

3.1.2 Quellen und Ergebnisse der Realentwicklung 2015 und 2016

Wie viele Flüchtlinge in den Jahren 2015 und 2016 nach Berlin kamen, lässt sich aus mehre-ren, sich teils ergänzenden, aber auch überschneidenden Quellen erschließen. Die Quellen haben unterschiedliche Aussageschwerpunkte (siehe Tabelle 4). Während einige Quellen Monatszahlen Ankommender kumulieren, handelt es sich bei anderen um Stichtagsdaten einer Datenbank, die Aussagen zum Bestand treffen. Daher sind Inhalt und Aussagekraft nicht zwangsweise deckungsgleich. Die Quellen geben zumeist den Zuzug an, lassen aber wenige Rückschlüsse auf den Saldo (tatsächlich länger in Berlin Lebende) zu. Hierfür steht die Bedarfsprognose der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zur Verfü-gung (siehe Kapitel 3.4). Als Quellen kommen infrage:

• Das Einwohnermelderegister (EWR), aus dem sich über Bestands- sowie An- und Ab-meldedaten von bestimmten Nationalitäten bzw. Quell-Ländern Rückschlüsse auf Flücht-linge ergeben können.

• Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) veröffentlicht Angaben wie viele Erst- und Zweitanträge auf Asyl durch Schutzsuchende in Berlin gestellt wurden.

• Das Ausländerzentralregister (AZR), angesiedelt beim BAMF, führt eine Statistik zu allen in Deutschland lebenden und registrierten Ausländer*innen, inklusive der Aufenthaltsge-nehmigungen / -titel. Stichtagsweise können Datenbankauszüge erstellt werden, die die Anzahl Personen wiedergibt, die Asyl nach BAMF-Entscheidungen erhalten haben, eine Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen, die besondere Aufenthaltsrechte, eine Aufenthaltsgestattung oder eine Duldung besitzen. Das AZR gilt – auch im LAF – als valide Quelle, die die zerstreuten Datenquellen bündelt.

- 14 -

• Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF)

o führt die Erstregistrierung / Erstaufnahme der Mehrheit der Schutzsuchenden durch. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Zweitantragssteller und weitere „Sonderfälle“ werden durch andere Zuständigkeiten abgedeckt.

o betreibt die Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) und führt eine Statistik zu den Kapazitäten und Belegungen der Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunter-künften und notbelegten Unterkünften.

• Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie erfasst im Rahmen der Erstauf-nahme- und Anlaufstelle (EAC) die unbegleiteten minderjährigen Ausländer*innen, die in aller Regel Schutzsuchende sind.

Das LAF weist für 2015 einen Gesamtzugang von 55.000 Flüchtlingen aus. Diese verteilten sich auf das gesamte Jahr. Zum 29.12.2015 lebten laut BUL 41.300 Personen in Flüchtlings-unterkünften. Die EAC registrierte knapp 4.300 unbegleitete minderjährige Ausländer. Laut BAMF wurden in 2015 insgesamt knapp über 36.000 Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) gestellt. Das AZR hat zum 31.12.2015 rund 75.000 Personen registriert, die einen Aufent-haltstitel nach AufenthG besitzen (inkl. Duldung).

In 2016 wurden gemäß Asylgeschäftsstatistik des BAMF knapp 29.000 Erst- und Folge-Asylanträge gestellt. Das LAF gibt für 2016 einen Gesamtzugang von rund 17.000 Flüchtlin-gen an. Am 27.12.2016 waren laut BUL rund 35.000 Personen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht. Die EAC registrierte knapp 1.400 unbegleitete minderjährige Ausländer. Laut AZR waren am 31.12.2016 knapp über 84.000 Personen registriert, die einen der o. g. Titel besitzen. Das sind 9.000 mehr als am 31.12.2015.

Tabelle 4: Übersicht über die Datengeber*innen und die damit verbundenen Größenordnungen

Datengeber*in 2015 2016 Personen

LAF 55.000 17.000 Gesamtzuzug von Personen BUL 41.300 35.000 Anzahl Flüchtlinge in Unterkünften EAC 4.300 1.400 Anzahl unbegleitete minderjährige Flüchtlinge BMAF 36.000 29.000 Anzahl Erst-/Folgeanträge (Asylanträge) AZR 75.000 84.000 Anzahl in Deutschland aufenthältiger, registrierter

Flüchtlinge mit Aufenthaltstitel nach AufenthG

Aus den unterschiedlichen Quellen kann versucht werden, ein konsistentes Bild zu generie-ren. Laut AfS geht der Einwohnerzuwachs von 60.500 Personen in 2016 „auch auf de[n] Nachholeffekt bei der Registrierung von Schutzsuchenden [zurück], die zum Jahresende 2015 noch nicht im Einwohnerregister erfasst waren“ (Pressemitteilung des AfS B-B vom 24.02.17). Der Nachholeffekt soll sich auf rund 20.000 Personen belaufen. Demnach ist an-zunehmen, dass diese Personen alle bis Ende 2015 schon in Berlin waren und die Flüchtlin-ge, die in 2016 nach Berlin kamen, den 20.000 hinzuzurechnen sind. Laut LAF-Daten kamen in 2016 ca. 17.000 Flüchtlinge hinzu (s. o.). Da das LAF nicht alle Flüchtlinge abdeckt (s. o.), sind pauschal mindestens 2.000 weitere Personen für 2016 hinzuzuaddieren (1.400 unbe-gleitete minderjährige Flüchtlinge und zusätzliche nicht vom LAF erfasste Personengruppen). Zusammengefasst ergeben sich damit für das Jahr 2016 rund 20.000 Flüchtlinge. Die tat-sächliche Zahl liegt voraussichtlich eher höher. Die Nachregistrierungen und die 2016er Zah-len summieren sich zu 40.000 Flüchtlingen. Da es auch (wenige) Abschiebungen, freiwillige Rückführungen / Rückkehr sowie Weiterreisen gab, kann davon ausgegangen werden, dass nicht alle 40.000 Flüchtlinge am Jahresende (31.12.2016) in Berlin (und im EWR registriert)

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waren. Diese Aussage kann zum Teil mithilfe des EWR unterlegt werden. Der Auszug aus dem EWR, der die Anzahl Personen für den 31.12.2015 und den 31.12.2016 nach Staatsan-gehörigkeit wiedergibt, ermöglicht es, anhand der Staatsangehörigkeit drei (mehr oder min-der subjektive) Gruppen zu bilden, die sich hinsichtlich einer Nicht-/Zugehörigkeit zur Gruppe der Flüchtlinge differenzieren. Unter diesen Annahmen lassen sich die jeweiligen Bestands-veränderungen für 2016 berechnen. Entsprechend teilt sich der Einwohnerzuwachs von 60.500 Personen nach Staatsangehörigkeit wie folgt auf:

• vermutlich überwiegend Flüchtlinge: ca. 32.500 Personen • vermutlich keine Flüchtlinge: ca. 21.500 Personen • Zuordnung ungewiss / „sowohl als auch“: ca. 1.500 Personen

3.2 Demografie der Flüchtlinge

Während für die Bestandsbevölkerung Berlins und die „herkömmlichen“ Zuwandernden we-sentliche Demografie-Kenngrößen bekannt sind (Geschlecht, Alter, Geburtenrate, Sterberate etc.), gibt es aktuell noch wenig belastbare Daten zu demografischen Merkmalen der Flücht-linge. Mit Blick auf soziale- und Bildungsinfrastruktur-Planung, aber auch in Hinblick auf die zukünftige Einwohnerentwicklung Berlins sind valide (Zeitreihen-)Daten entscheidend. Die in Kapitel 3.1.2 genannten Quellen können hierzu teilweise Angaben machen. U. a. das Alter der Flüchtlinge wird sowohl beim LAF als dann auch beim AZR erfasst. Wie valide diese An-gaben genau sind – z. B. aufgrund fehlender Personaldokumente bei Ankunft in Berlin – lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Andere Quellen wie das AsylbLG können auch Aus-kunft zur Altersverteilung geben, beziehen aber nur diejenigen ein, die Leistungen beantragt und bewilligt bekommen haben. Dies kann zu Verzerrungen führen. Daten des EWR können nur zu Teilen sinnvoll genutzt werden, da dort das Merkmal „Flüchtling“ oder „Asylstatus“ nicht genutzt wird. Eine eindeutige Identifikation der Schutzsuchenden ist damit kaum gege-ben. Die Daten des AZR weisen diese Mankos nicht auf und sind daher umfassender und bei Analysen vorzuziehen.

Eine Auswertung von AZR-Daten ergibt die in Tabelle 5 dargestellte Altersverteilung für die am 31.12.2016 in Berlin aufenthältigen Ausländer mit Asylbezug. Tabelle 5: Altersstruktur der aufenthältigen Ausländer mit Asylbezug am 31.12.2016 (Daten: AZR)

Alters-gruppe

Aufenthalts-erlaubnis: völkerrechtliche, humanitäre, politische Gründe

Besondere Aufenthalts-

rechte Aufenthalts-gestattung Duldung

Summe „Aufenthaltstitel“

absolut

anteilig

(%) absolut

anteilig

(%) absolut

anteilig

(%) absolut

anteilig

(%) absolut

anteilig

(%)

00 - u. 06 J. 2.243 6,1 132 1,2 3.268 11,6 981 11,0 6.624 7,8 06 - u. 18 J. 6.098 16,7 448 4,1 5.278 18,7 1.832 20,6 13.656 16,2 18 - u. 25 J. 5.083 13,9 1.852 17,1 6.825 24,2 1.240 14,0 15.000 17,8 25 - u 45 J. 14.133 38,7 5.193 47,9 10.581 37,5 3.615 40,7 33.522 39,7 45 - u 65 J. 6.961 19,1 2.314 21,3 2.006 7,1 1.053 11,9 12.334 14,6

65 ++ 2.013 5,5 904 8,3 263 0,9 164 1,8 3.344 4,0

Summe 36.531 100 10.843 100 28.221 100 8.885 100 84.480 100

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Welchen Einfluss haben die Flüchtlinge auf die Realentwicklung und wie ist vor dem Hinter-grund die mögliche Differenz zur Prognose zu werten?

Das Durchschnittsalter der am Jahresende aufenthältigen Flüchtlinge liegt laut AZR ca. bei 30,2 Jahren.1 Das Durchschnittsalter der zuziehenden Flüchtlinge liegt gemäß LAF-Daten von 01/2015 bis 10/2016 bei 24,1 Jahren. Damit liegt der Altersdurchschnitt noch unter dem der „herkömmlich“ Zuziehenden, der 2015 bei 30,7 Jahren lag (laut EWR). Die zuziehenden Flüchtlinge sind zudem jünger als die Bestandsbevölkerung, deren Durchschnittsalter im Jahr 2016 bei 42,7 Jahren liegt. Im Ergebnis führt das dazu, dass die jüngeren Schutzsu-chenden, auch die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die Berliner Altersverteilung beeinflussen und den gesamtstädtischen Altersdurchschnitt reduzieren. Da die absolute An-zahl der Flüchtlinge im Verhältnis zur Gesamteinwohnerzahl nur gering ist, sind auch die durch die Flüchtlinge induzierten Änderungen in der Altersstruktur eher gering. Der reale Altersdurchschnitt liegt in 2016 0,05 Jahre unter dem prognostizierten Wert von 42,73 Jah-ren. Details zur realen und prognostizierten Altersverteilung finden sich im Kapitel 3.1.2, das die tatsächliche Altersstruktur mit der prognostizierten vergleicht.

3.3 Bisherige Flüchtlingsszenarien der SenStadtUm

Die Szenario-Betrachtung von Anfang 2016 kommt zum Ergebnis, dass zwischen 94.000 und 174.000 Flüchtlinge per Saldo in den Jahren 2015 bis 2020 in Berlin zusätzlich zu den in der Bevölkerungsprognose 2015 - 2030 ausgewiesenen Zahlen zu erwarten sein könnten.

Tabelle 6 zeigt zusammengefasst, mit welcher zusätzlichen Einwohnerentwicklung durch Flüchtlingsbewegungen in der aktuellen Bevölkerungsprognose bis 2020 gerechnet wurde.

Tabelle 6: Bisherige Flüchtlingsszenarien mit Stand Anfang 2016

Veränderung bis 2020

Einwohner 2020 in Mio. Pers

Hinweis

Bevölkerungsprognose + 190.000 3,752 mittlere Variante Flüchtlingsszenarien + 94.000 - 138.000 A 1 / zusätzl. Flüchtlinge + 155.000 - 174.000 A 2 / zusätzl. Flüchtlinge Summe aus Bevölkerungsprognose + Szenariobetrachtung Flüchtlinge

+ 284.000 - 364.000

3,846 - 3,926

Bisher liegen Zahlen zur realen Entwicklung 2015 und 2016 vor (siehe Kapitel 3.1). Für 2015 ging das bisherige Szenario A 1 in der unteren Grenze (mit Familiennachzug)2 von mindes-tens 25.500 zuziehenden Flüchtlingen in 2015 und von weiteren 23.000 Flüchtlingen zum 31.12.2016 aus.

1 Seitens des AZR liegen Einzelaltersjahre bis zum vollendeten 12. Lebensjahr vor. Für die weiteren Lebensjahre liegen unterschiedlich groß geschnittene Altersgruppen vor. Für diese Gruppen wurde für die Durchschnittsberechnung der Gruppenmittelpunkt gewählt. Für die letzte Altersgrupp (65+) wurde der fiktive Gruppenmittelpunkt auf 75 gesetzt. 2 Die Zahlen zur unteren Grenze basieren auf der Annahme, dass alle abgelehnten Personen wieder aus Deutschland ausreisen.

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Entsprechend der Realentwicklung von ca. 55.000 zugereisten Flüchtlingen (Datenquelle LAF) in 2015 lag das Szenario A 1 zu niedrig. Tatsächlich überschreitet die Realentwicklung in 2015 auch die obere Grenze des Szenarios A 2, welche von rund 45.000 zuziehenden Flüchtlingen bis zum Jahresende 2015 ausging. Für 2016 mit real ca. 20.000 zuziehenden Flüchtlingen wird hingegen die untere Grenze des bisherigen Szenarios A 1 leicht unter-schritten. In Summe dessen bewegt sich die reale Flüchtlings-Entwicklung derzeit innerhalb des aufgespannten Korridors der Szenarien A 1 und A 2. Die jüngsten Entwicklungen (siehe Kapitel 3.1) deutet aber darauf hin, dass in den Jahren von 2017 bis 2020 die Schätzungen von A 1 unterschritten werden.

3.4 Bedarfsprognose der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Sozia-les

Es gibt keine verlässlichen Schätzungen zur Zahl der nach Deutschland kommenden Asyl-suchenden nach dem Jahr 2016. Es gibt u. a. keine ausreichende und vollständige Empirie darüber,

• wie viele der Asylsuchende trotz Ablehnung des Antrages informell in Deutschland und in Berlin verbleiben,

• wie viele Flüchtlinge wann wieder in ihr Heimatland zurückkehren oder in ein anderes Land weiterwandern und

• wie viele der anerkannten Flüchtlinge wie viele Familienangehörige nachholen.

Niemand weiß, wann Fluchtursachen aus den Hauptherkunftsländern als Treiber der Flücht-lingsbewegungen nachlassen und niemand kann die zukünftigen politischen und humanitä-ren Maßnahmen zur Steuerung der Flüchtlingsbewegungen und ihrer Wirkungen vorhersa-gen.

Im Rahmen einer Prognose können für diese Unbekannten Annahmen getroffen werden, die sich auf vorhandene Daten (u. a. Kapitel 3.1.2), Expert*innenmeinungen und politische Ab-sichten stützen. Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales hat eine aktuelle Bedarfsprognose (Unterkunftsplätze und Finanzbedarf) erstellt, aus der der Bestand der Flüchtlinge in Berlin im Jahr 2020 hervorgeht. Die Bedarfsprognose ähnelt in der Methodik und Annahmensetzung stark den bisherigen Arbeiten der Senatsverwaltung für Stadtent-wicklung und Wohnen. Zur Vermeidung von parallel genutzten Flüchtlingsschätzungen und zur verwaltungsweiten Vereinheitlichung Berliner Datengrundlagen ist zukünftig die Bedarfs-prognose der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zu verwenden. Es ist davon auszugehen, dass – aufgrund der Entwicklungen seit dem zweiten Halbjahr 2016 – der prognostizierte Bedarf bzw. der Bestand an Flüchtlingen deutlich unter den bisherigen Szenarien der SenStadtUm liegen wird. In der Bevölkerungsprognose 2015-2030 sind für den Zeitraum 2015-2030 bereits 40.800 Flüchtlinge (per Saldo) enthalten (siehe Kapitel 3.1). Entsprechend der Bedarfsprognose der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Sozia-les wird auch weiterhin ein Aufschlag zu den bisher in der Prognose enthaltenen 40.800 Per-sonen notwendig sein, jedoch in geringerem Umfang als bisher, in einer Größenordnung von 24.000 Personen.

- 18 -

4 Annahmen-Check

Prognosen sind „Wenn-dann-Aussagen“. Das bedeutet: Wenn die Entwicklung der Progno-separameter (bei Bevölkerungsprognosen: Fruchtbarkeit, Sterblichkeit, Wanderungen) so verläuft wie angenommen, dann t reten die prognostizierten Entwicklungen ein. Die Annah-mensetzung bildet für die Bevölkerungsprognose die größte Quelle für mögliche Unsicher-heiten. Für die Bevölkerungsprognose 2015 - 2030 wurde – wie auch in der Vergangenheit – drei Varianten berechnet. Diese bilden einen breiten Korridor, in dem sich die zukünftige Entwicklung voraussichtlich realisieren wird. Grundlage der Varianten sind unterschiedlichen Annahmensetzungen, die es erlauben, divergente Entwicklungen abzubilden.

Nachfolgend werden die wichtigsten Annahmen der einzelnen Szenarien aufgeführt und auf Ihr Eintreten überprüft („Wenn-dann-Aussagen“). Kapitel 4.1 beschreibt überwiegend qualita-tiv die allgemeinen Annahmen und Rahmensetzungen, die als Basis für die Varianten der Bevölkerungsprognose dienen. Inwiefern die natürliche Bevölkerungsentwicklung und die Wanderungen den Annahmen entsprechen, prüfen Kapitel 4.2 und 4.3 anhand quantitativer Analysen.

4.1 Allgemeine Annahmen und Rahmensetzungen

Die Annahmen, die der aktuellen Bevölkerungsprognose zugrunde liegen (siehe Tabelle 7), weisen überwiegend eine mittel- bis langfristige Ausrichtung auf. Eine Einschätzung, ob die Entwicklung analog zu den Annahmen im Jahr 2016 eingetroffen sind, ist daher kaum mög-lich. Die der Prognose zugrunde liegenden Annahmen wurden daher mit dem Kenntnisstand von Anfang 2017 auf ihren Aussagegehalt hin eingeordnet.

Tabelle 7: Zusammenfassung der Annahmen für die drei Prognosevarianten

Untere Variante Mittlere Variante Obere Variante

Gru

ndau

sric

htun

g

In der unteren Variante wird davon ausgegangen, dass die Entwicklungsimpulse geringer ausfallen als in der mittleren Variante und sich die demogra-fische Entwicklung in den Her-kunftsregionen der Zuwandern-den in deutlich geringeren Zu-wanderungsvolumen nach Ber-lin niederschlagen.

Diese Variante orientiert sich an den Anfang 2015 erkennbaren wirtschaftlichen, politischen und demografischen Entwicklungs-tendenzen.

In dieser Variante wird davon ausgegangen, dass sich aus den beschriebenen Annahmen der mittleren Variante noch dynamischere und nachhaltige-re, das heißt dauerhaft höhere Entwicklungsverläufe bei der Auslandszuwanderung als Fol-ge der positiven wirtschaftlichen Entwicklung Berlins und d er weltweiten Krisen ergeben.

Wirt

scha

ft

Die wirtschaftliche Dynamik Berlins der letzten Jahre setzt sich nicht fort. Mittel- bis lang-fristig verläuft die wirtschaftliche Entwicklung wieder durch-schnittlich, vergleichbar mit dem Bundestrend.

Die Dynamik der wirtschaftli-chen Entwicklung Berlins ver-läuft weiterhin vergleichsweise überdurchschnittlich; die indust-riell-gewerbliche Basis ist gefes-tigt.

Siehe oben – noch dynamische-re wirtschaftliche Entwicklung als in der mittleren Variante.

- 19 -

Untere Variante Mittlere Variante Obere Variante U

mzü

ge v

on

Reg

ieru

ngsf

unkt

ion Eine weitergehende Konzentra-

tion von Regierungsfunktionen und Folgeinstitutionen in Berlin findet nicht statt. Es ergeben sich keine weitergehenden Impulse für Berlin.

Der Umzug nachfolgender Bun-desinstitutionen bringt Impulse, die im Vergleich zu den Effekten des Regierungsumzuges in den Jahren 1998 bis 2000 weniger ausgeprägt ausfallen.

Wie mittlere Variante

EU-O

st-Z

uwan

deru

ng Die EU-Osterweiterung hat

dauerhaft nur geringe Auswir-kungen auf die Berliner Wirt-schaft. Die zuletzt hohe Zuwan-derung aus den neuen osteuro-päischen Mitgliedsstaaten der EU bleibt ein einmaliger Effekt und geht kurz- bis mittelfristig wieder zurück.

Die in den letzten Jahren zu-nehmend zu beobachtenden Impulse der EU-Osterweiterung halten weiter an, gehen im Trend aber leicht zurück.

Die EU-Osterweiterung bringt anhaltend stärkere Impulse für die wirtschaftliche Situation.

Flüc

htlin

gsbe

weg

unge

n Die Zahl der Flüchtlinge erreicht im Jahr 2015 ihren Höhepunkt. Politische Maßnahmen sowie die Entspannung von Krisen in den Herkunftsländern des Na-hen und Mittleren Ostens sowie Afrikas führen zu einem deutli-chen Abflachen der Zahl an Asylanträgen.

Die Krisen im Nahen und Mittle-ren Osten sowie in Teilen Afri-kas führen zu hohen Flücht-lingsströmen nach Deutschland, die in den Jahren 2015 und 2016 ihren voraussichtlichen Höhepunkt erreichen.

Das Maximum an Flüchtlings-zuwanderungen wird im Jahr 2016 erreicht, in dem der erwar-tete Höhepunkt des Jahres 2015 mit deutschlandweit ge-schätzten 800.000 Flüchtlingen nochmals übertroffen wird.

Wan

deru

ngen

nac

h un

d vo

n B

erlin

Die Abwanderung in das Um-land sinkt mangels kapitalkräfti-ger Bevölkerungsgruppen. Hinzu kommt, dass sich die Ausdünnung der Bevölkerung, insbesondere der hochmobilen (18 bis unter 35 Jahre) Alters-jahrgänge, in den neuen Bun-desländern, aber auch in den alten Bundesländern und d en osteuropäischen Ländern in deutlich niedrigeren Zuwande-rungen nach Berlin niederschla-gen. In der Konsequenz wendet sich der positive Wanderungs-saldo gegenüber den ne uen Bundesländern mittelfristig ins Negative.

Die negativen Wanderungssal-den gegenüber dem Umland, d. h. Suburbanisierungsprozes-se, nehmen zunächst noch zu, sinken anschließend wieder und konsolidieren sich dann auf einem höheren Niveau gegen-über dem Tiefpunkt im Jahr 2010.

Die Auslandswanderung fällt höher als in der mittleren Vari-ante aus. Die Zuwanderung aus dem Ausland steht auf einer international breiteren Basis. Die Suburbanisierung fällt im Vergleich zur mittleren Variante höher aus, ohne allerdings das sehr hohe Niveau der zweiten Hälfte der 1990er Jahre wieder zu erreichen.

Woh

nung

smar

kt /

-bau

Es gibt einen nachlassendem Nachfragedruck auf den Berli-ner Wohnungsmarkt, bedingt durch geringere Zuwanderun-gen (s. o.).

Die dynamische Entwicklung im Wohnungsneubau in der Stadt hält weiter an und erreicht zügig eine Größenordnung, die dem Nachfrageanstieg aktiv entge-genkommt.

Durch die längerfristig sehr hohe Zuwanderung aus dem Ausland bleibt der Nachfrage-druck auf dem Wohnungsmarkt trotz dynamischer Neubauent-wicklung bestehen.

- 20 -

Untere Variante Mittlere Variante Obere Variante B

erlin

er Im

age

Die gegenwärtig hohe Attraktivi-tät als Wohn- und Arbeitsstand-ort für junge, hochmobile Per-sonengruppen (18 bis unter 35 Jahre) lässt allmählich nach. Die relative Position Berlins gegenüber anderen (aufstre-benden) nationalen und europä-ischen Metropolen verschlech-tert sich.

Berlin festigt seinen Status und sein Image als attraktiver Wohn- und Arbeitsstandort auf nationa-ler und internationaler Ebene.

Die Wahrnehmung Berlins als wirtschaftliche und kulturelle Metropole von internationalem Rang nimmt weiter zu.

Insgesamt ist Berlin auch in 2016 weiter auf einem überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Wachstumspfad unterwegs.3 Die Arbeitslosenquote sank weiter, die Anzahl Erwerbstätiger nahm zu, die Anzahl neu gegründeter Unternehmen stieg an, die Umsätze der Industrieun-ternehmen lagen über dem Vorjahreswert und die Anzahl gewerblicher Insolvenzen ging zurück.4

Die Krisen in Nahen und Mittleren Osten sowie in Teilen Afrikas halten an. Nach wie vor sind zahlreiche Menschen auf der Flucht. Dass im Jahr 2016 weniger Menschen nach Deutsch-land und Berlin kamen als in 2015 ist in erster Linie auf politische Maßnahmen zurückzufüh-ren. Die Zuwanderungen aus den östlichen EU-Staaten sind weiterhin hoch, jedoch mit leicht rückläufigem Trend (siehe Kapitel 4.3.5). Die Suburbanisierung hat in 2015 ein lokales Ma-ximum erreicht und ist in 2016 etwas zurückgegangen (siehe Kapitel 4.3.3). Der Wohnungs-markt bleibt angespannt und es findet weiterhin ein dynamischer Neubau (Genehmigungen und Fertigstellungen) statt (siehe Kapitel 4.4). Insgesamt stellt sich Berlin auch in 2016 als attraktiver Standort und als lebenswerte Metropole dar, was sowohl Einwohner- und Wirt-schaftswachstum (s. o.) als auch die weiter steigende touristische Nachfrage5 belegen.

Im Ergebnis zeigt sich, dass (mit wenigen Einschränkungen) die Annahmen der mittleren Variante der aktuellen Bevölkerungsprognose, auch aus jetziger Sicht (März / April 2017) Bestand haben.

3 Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe vom 26.01.2017 4 Pressemitteilungen 2016 des AfS: Nr. 17, Nr. 46, Nr. 50, Nr. 59; Bundesagentur für Arbeit 5 Pressemitteilungen 2016 des AfS: Nr. 31

- 21 -

4.2 Annahmen zur natürlichen Bevölkerungsentwicklung

Die natürliche Einwohnerentwicklung war lange Zeit durch einen Sterbeüberschuss bestimmt (siehe Abbildung 6). Mit stärkerem Anstieg der Geburtenzahlen ab 2010 drehte sich diese Entwicklung und wird z. Z. durch einem Geburtenüberschuss in 2016 von gut 5 Tsd. Perso-nen bestimmt. Auch das Prognosejahr 2016 bildet diese Entwicklung ab.

4.2.1 Geburten

Den Annahmen zur Geburtenentwicklung wurden die durchschnittlichen altersspezifischen Geburtenraten der Jahre 2012-2014 zugrunde gelegt, die über den Werten des vergangenen 10-Jahres-Zeitraumes lagen. Auch die sich weiterhin vollziehende Verschiebung der Gebur-ten in ein höheres Alter der Mutter wurde bei der Setzung der Annahmen beachtet.

Neben der steigenden Zahl potentieller Mütter ist auch die allgemeine Geburtenziffer (Le-bendgeborene je 1.000 Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 15 bis unter 45 Jahren) in den letzten Jahren leicht angestiegen. Sie lag ab 2010 in Berlin zwischen 1,3 und 1,4 Kinder pro Frau. In 2015 stieg sie auf 1,45 an, sank aber in 2016 wieder leicht ab (siehe Abbildung 7).

Abbildung 6: Entwicklung der Geburten und Gestorbenen in Berlin 1991-2016

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Mit knapp 1.500 Kindern je 1.000 Frauen (siehe Abbildung 8) liegt die Zahl noch immer weit unter dem Niveau von 2.100 Kindern, bei dem Geburten und Todesfälle ausgeglichen wären und die notwendig sind, um langfristig die Bevölkerungszahl natürlich zu erhalten (ohne Be-rücksichtigung von Wanderungen).

Abbildung 8: Lebendgeborene je 1.000 Frauen 2005-2016 in Berlin

Die Zahl der prognostizierten Geburten ist abhängig von der Zahl der potentiellen Mütter (Frauen im gebärfähigen Alter (15- bis 45 Jahre) und der Entwicklung der angenommenen Geburtenraten.

0100200300400500600700800900

1.0001.1001.2001.3001.4001.5001.6001.7001.8001.9002.0002.100

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Kinder

0,000,100,200,300,400,500,600,700,800,901,001,101,201,301,401,50

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Kinder

Abbildung 7: Durchschnittliche Kinderzahl je Frau 2005 bis 2016 in Berlin

- 23 -

Abbildung 9: Anzahl der Frauen im gebärfähigen Alter (15-45j.) 2005-2030 in Berlin

Die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter steigt besonders auch durch Zuwanderungen noch für einige Zeit an (siehe Abbildung 9). Da bei den Geburtenraten keine gravierenden Veränderungen absehbar sind, wird die Zahl der Geburten auf Grund der künftig wieder ab-nehmenden Zahl der Frauen im Prognosezeitraum zurückgehen.

Seit der Wiedervereinigung ist das durchschnittliche Alter der Frauen bei der Geburt von Kindern um mehr als fünf Jahre angestiegen und liegt heute bei ca. 32 Jahren. Die Tendenz, Kinder verstärkt in einem höheren Alter zur Welt zu bringen, hat sich etabliert (siehe Abbil-dung 10).

670

680

690

700

710

720

730

740

750

760

770

2005

2006

2007

2008

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2015

2016

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2019

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2022

2023

2024

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2026

2027

2028

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2030in Tsd. Frauen

RealentwicklungPrognose

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

110

15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45

1990

1995

2005

2015

2016

Abbildung 10: Lebendgeborene je 1.000 Frauen eines Altersjahrganges

- 24 -

4.2.2 Gestorbene

Als Grundlage zur Berechnung der künftigen Sterbefälle wurden in der Bevölkerungsprogno-se 2015 - 2030 die durchschnittlichen altersspezifischen Sterbeziffern der Jahre 2012-2014 räumlich differenziert zugrunde gelegt. Gleichzeitig wurde der ständig steigenden Lebenser-wartung Rechnung getragen.

Für die Bevölkerungsprognose wurde, angelehnt an die Annahmen der 13. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes, für Berlin eine Erhöhung der durchschnittlichen Lebenserwartung für die Frauen bei Geburt auf 84,8 Jahre und für die Männer auf 79,9 Jahre in 2030 angesetzt. Die für das Prognosejahr 2016 berechnete Lebenserwartung der Frauen lag bei 83,0 die der Männer bei 77,7 Jahren. Sie liegt damit punktgenau auf der Ende 2016 in der neuen Sterbe-tafel 2013/2015 veröffentlichen Lebenserwartung des Statistischen Bundesamts. Die künftige Entwicklung der Sterblichkeit ist von besonderer Bedeutung für die Zunahme der Personenzahl in älteren Altersgruppen. Je höher die zu erwartende Steigerung der Le-benserwartung ausfällt, desto stärker wird der Anteil dieser Altersgruppen an der Einwohner-zahl wachsen.

Die Zahl der Sterbefälle ist in den letzten Jahren leicht angestiegen (2011 = 31,4 Tsd. Fälle 2015 = rd. 34,3 Tsd.) und wird trotz ansteigender Lebenserwartung auch weiter zunehmen, da die kommenden höheren Altersjahre (Nachkriegsgeneration und „Babyboomer der sech-ziger Jahre) wesentlich stärker besetzt sein werden (siehe Abbildung 11, Basis: EWR). Abbildung 11: Lebensbaum - Altersaufbau der Berliner Bevölkerung am 31.12.2016

Im Vergleich zwischen Prognose und Realentwicklung liegt bei der natürlichen Entwicklung der reale Saldo in 2016 (2016 = 32,0 Tsd.) mit rd. 2.000 Personen unter der prognostizierten Entwicklung.

- 25 -

4.3 Annahmen zu den Wanderungen

4.3.1 Wanderungsgeschehen mit den alten Bundesländern

Der Wanderungssaldo mit den alten Bundesländern ist seit 2010 insgesamt zurückgegan-gen, wenngleich nur leicht. 2015 fiel der Saldo dem Trend folgend erneut ab und erreichte mit 10.000 Personen einen Wert der ungefähr dem des Jahres 2008 entspricht. In 2016 stieg der Saldo wieder deutlich und sprunghaft an. In Summe zogen 17.000 Personen mehr aus den alten Bundesländern nach Berlin als wegzogen. Das ist der höchste Wert seit 1991 (sie-he Abbildung 12). Abgleitet vom Stützzeitraum (2011-2014) der aktuellen Prognose und den getroffenen Annahmen geht die Prognose von einem zukünftig weiter sinkenden Wande-rungssaldo mit den alten Bundesländern aus. Der reale Wert in 2015 lag durch ein deutliches Absinken unterhalb der mittleren und unteren Variante. Der Wert aus 2016 lag hingegen über den prognostizierten Werten. Der Anstieg des Saldos um etwa 7.300 Pers. in 2016 ist sowohl durch einen wachsenden Saldo von Ausländern, als auch durch einen stark gestie-genen Saldo Deutscher geprägt. Berlin verfügt als internationale Metropole über ethnische Communities, die für Personen mit ausländischem Pass, unter ihnen auch Geflüchtete, öko-nomische, soziale und kulturelle Anknüpfungspunkte für die Integration bieten können. Dem starken Anstieg des Zuzugs und damit des Saldos der Deutschen können ebenso vielfältige Ursachen zugrunde liegen, beispielsweise die Attraktivität Berlins für Ausbildungszwecke oder unternehmerische Tätigkeiten. Die volatile Entwicklung von 2014 bis 2016 bedarf wei-tergehender Datengrundlagen und Analysen, um differenzierter eingeordnet zu werden. Ent-sprechend ist in den kommenden Jahren die Entwicklung im Auge zu behalten.

Im Vergleich der Prognoseergebnisse zur abweichenden Realentwicklung ist gleichwohl eine Orientierung auf die obere Variante nicht geboten, weil zur Zeit 2017 offen ist, ob es sich um einen dauerhaften Trend oder einen einmaligen Entwicklungsausschlag im Sinne der skiz-zierten Erklärung handelt.

Abbildung 12: Entwicklung des Wanderungssaldos gegenüber den alten Bundesländern, Realentwicklung bis 2016 und Prognose ab 2015 (bis 2009: Fortschreibung, ab 2010: EWR)

-20.000

-15.000

-10.000

-5.000

0

5.000

10.000

15.000

20.000

25.000

30.000

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

Personen

mittlere / obere Variante

untere Variante

Real

- 26 -

4.3.2 Wanderungsgeschehen mit den neuen Bundesländern (ohne Berliner Umland)

Der Wanderungssaldo mit den neuen Bundesländern ist nach 2011 stetig gesunken und nä-herte sich langsam Null an (siehe Abbildung 13). Der prognostizierte Wert und der reale Wert für das Jahr 2015 lagen fast deckungsgleich bei rund 900 Personen. Der nach vier Jahren erstmals wieder steigende Wanderungssaldo in 2016 auf knapp über 3.000 Personen liegt über den prognostizierten 600 Personen. Die veränderte Entwicklung in 2016 ist – wenn auch auf anderem absoluten Niveau – vergleichbar mit dem Wanderungssaldo mit den alten Bundesländern und muss nach Vorliegen auswertbarer Daten ebenso wie diese tiefgehend analysiert und weiter beobachtet werden (siehe Kapitel 4.3.1). Anders als bei den alten Bun-desländern ist der Anstieg des Wanderungssaldos zum größeren Teil den Ausländern ge-schuldet. Auch hier könnte die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Anziehung größerer eth-nischer Gemeinschaften eine Rolle spielen. Inwiefern hierunter Wanderungen von Flüchtlin-gen oder nicht-schutzsuchenden Ausländern relevant sind, lässt sich aus den Daten nicht unmittelbar ableiten. Es kann sich unter Umständen um einen singulären Effekt handeln. Ob die Veränderung in 2016 von Bestand sein wird, bleibt zu beobachten. Angesichts der offe-nen Entwicklungsrichtung ist eine Orientierung auf die obere Variante derzeit nicht geboten.

4.3.3 Wanderungsgeschehen mit dem Umland

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Berlin mit leicht steigender Tendenz Personen an das Umland verliert. Im Bericht zur aktuellen Bevölkerungsprognose heißt es:

„Die Altersstruktur der von Berlin in das Umland Abwandernden entspricht dem typischen Suburbanisierungsmuster. Die Mehrzahl der „Stadtflüchtigen“ gehört zur Altersgruppe der

Abbildung 13: Entwicklung des Wanderungssaldos gegenüber den neuen Bundesländern, Realentwicklung bis 2016 und Prognose ab 2015 (bis 2009: Fortschreibung, ab 2010: EWR)

-20.000

-15.000

-10.000

-5.000

0

5.000

10.000

15.000

20.000

25.000

30.000

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

Personen

mittlere / obere Variante

untere Variante

Real

- 27 -

28- bis unter 50-Jährigen mit den dazugehörigen Kindern, wobei der Schwerpunkt auf der Altersgruppe der 30- bis unter 40-Jährigen liegt. Zuletzt umfasst die Gruppe der „Subur-banisierer“ auch wieder höhere Jahrgänge. Wanderungsgewinne für Berlin zeigen sich le-diglich bei jungen, in der Regel in der Ausbildung befindlichen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren.“

An diesem Bild hat sich auch im Jahr 2016 nichts grundlegend geändert. Lediglich in der Anzahl der aus und in das Umland Wandernden gibt es geringe Abweichungen der realen von der prognostizierten Entwicklung. In der mittleren Variante geht die Prognose von einer leichten Erhöhung der gegenwärtigen Wanderungsverluste bis 2018 aus. Damit wurde die jüngste Entwicklung im Trend fortgeschrieben. 2015 ging die Prognose von einem negativen Saldo von -9.200 Personen aus. Die reale Entwicklung lag im selben Jahr knapp darunter bei -9.400 Personen. Während in der Prognose ein weiteres Absinken des Saldos erwartet wur-de, stieg der Saldo real leicht zu Gunsten Berlins an auf -8.200 Personen. Damit ist der Wanderungssaldo mit dem Umland im Jahr 2016 höher als in allen drei Varianten prognosti-ziert (siehe Abbildung 14). Es wäre eine vertiefte Untersuchung der Entwicklungen erforder-lich, um die Ursachen dieser geringeren Suburbanisierung zu erschließen. Auch für die Um-landwanderungen ist offen, ob es sich um einen singulären Effekt oder eine Trendänderung handelt.

Abbildung 14: Entwicklung des Wanderungssaldos gegenüber dem Umland, Realentwicklung bis 2016 und Prognose ab 2015 (bis 2009: Fortschreibung, ab 2010: EWR)

-40.000

-35.000

-30.000

-25.000

-20.000

-15.000

-10.000

-5.000

0

5.000

10.000

15.000

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

Personen

untere Variante

obere Variante

mittlere Variante

Real

- 28 -

4.3.4 Wanderungsgeschehen mit dem Ausland

In den vergangenen sieben Jahren ist die hohe Auslandszuwanderung der Treiber des Berli-ner Bevölkerungswachstums. Seit 2010 sind über 200.000 Personen mehr aus dem Ausland zugezogen als weggezogen. Der nochmalige Anstieg des Wanderungssaldos mit dem Aus-land in den Jahren 2015 und 2016 geht zu einem gewichtigen Teil auf Flüchtlingswanderun-gen zurück (siehe Kapitel 3). Die Wanderungsannahmen der mittleren Variante der aktuellen Bevölkerungsprognose gehen für die vergangenen beiden Jahre von jeweils 36.000 hinzu-gewonnen Personen aus. Insofern liegt die reale Entwicklung deutlich über dem prognosti-zierten Wert (siehe Abbildung 15). Durch den starken Zuzug Schutzsuchender (s. o. und Kapitel 3) decken sich die Annahmen der oberen Variante und der Realentwicklung genau. Im Bericht zur Bevölkerungsprognose wird dargelegt, dass sich „höhere Entwicklungsverläu-fe bei der Auslandszuwanderung als Folge der positiven wirtschaftlichen Entwicklung Berlins und der weltweiten Krisen ergeben.“ Beides trifft zu. Jedoch ist unter Berücksichtigung der in Kapitel 4.1 getroffenen Feststellungen davon auszugehen, dass der Flüchtlingszuzug der dominante Grund für die hohe Realentwicklung darstellt. Daher kann nicht zweifelsfrei argu-mentiert werden, dass die Annahmen der oberen Variante „besser“ greifen, als die Annah-men der mittleren Variante. Die Flüchtlingsbewegungen in 2015 und 2016 haben in ihrer In-tensität die Wanderungsannahmen übertroffen und überlagern insofern die prognostizierte Entwicklung. Die reale Entwicklung mit der oberen Variante zu erklären und gleichzusetzen, wäre daher ein möglicher Fehlschluss, da hier auch noch weitere Faktoren als allein die Wanderung zu beachten sind.

Abbildung 15: Entwicklung des Wanderungssaldos gegenüber dem Ausland, Realentwicklung bis 2016 und Prognose ab 2015 (bis 2009: Fortschreibung, ab 2010: EWR)

-10.000

-5.000

0

5.000

10.000

15.000

20.000

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30.000

35.000

40.000

45.000

50.000

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

Personen

obere Variante

mittlereVarianteuntere Variante

- 29 -

4.3.5 Abschätzungen zur weiteren Wanderungsentwicklung

Mit Blick auf besondere Ereignisse seit der Verabschiedung der Bevölkerungsprognose durch den Senat, die die Wanderungsgeschehnisse beeinflussen können, wird in diesem Kapitel knapp auf drei exogene Faktoren eingegangen, die die Wanderungen nach Berlin prägen können:

• Flüchtlingsbewegungen • Wirtschaftskrise in südeuropäischen EU-Staaten • Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU („Brexit“)

Flüchtlingsbewegungen

Die Flüchtlingsbewegung auslösenden Umstände dauern an. Sowohl der Krieg in Syrien als auch terroristische Aktivitäten in Ländern wie Irak und Afghanistan halten an. Wirtschaftlich und humanitär prekäre Situationen in osteuropäischen und Balkan-Ländern sowie in afrikani-schen Staaten bewegen weiterhin Menschen, die Flucht in süd-, west- und nordeuropäi-schen EU-Staaten anzutreten. Insbesondere politische Maßnahmen – sowohl der EU als auch Deutschlands und weiterer Staaten entlang von Flüchtlingsrouten – führen zu einer Abschwächung des Zuzugs von Schutzsuchenden. Solange keine weiteren Krisen auftreten und die Maßnahmen in Kraft bleiben, ist nicht von einem neuerlichen Anstieg von Flücht-lingsbewegungen auszugehen. Jenseits der Nachregistrierung von Geflüchteten, die im Jahr 2016 erfolgte, lässt die übrige Entwicklung der Flüchtlingszahlen im Jahr 2016 für die Ge-genwart und nahe Zukunft eine Flüchtlingszuwanderung auf Niveau der 2000er-Jahre ver-mute. Für Details stehen weiterführende Analysen im Kapitel 3 zur Verfügung.

Wirtschaftskrise in Südeuropa

Die globale Finanzkrise in 2009 war ein weiterer Auslöser in mehreren EU-Staaten eine wirt-schaftliche Rezession hinnehmen zu müssen, die Staatsschulden zu erhöhen und eine stetig steigende Arbeitslosigkeit zu verkraften. Die Zuwanderung aus der sogenannte GIIPS-Ländergruppe (Griechenland, Italien, Irland, Portugal, Spanien) nach Berlin nahmen in Folge dessen deutlich zu. Tabelle 8 zeigt die Entwicklung der Zuzüge aus den GIIPS-Staaten nach Berlin. Seit dem Jahr 2014 ging der Zuzug aus diesen Staaten wieder leicht zurück, da sich die wirtschaftliche Situation zunächst verbessert hat und EU- und nationale Maßnahmen zur Senkung der (Jugend-)Arbeitslosigkeit Erfolg hatten.

Inwiefern Berlin wieder verstärkt Bevölkerung durch Zuwanderung aus Südeuropa gewinnen könnte, ist aus jetziger Sicht noch nicht zu beurteilen. Ob Berlin unter veränderten Rahmen-bedingungen ein attraktives Ziel für die Wandernden wäre, kann ohne weitere Untersuchun-gen und Daten nicht beantwortet werden. Im Vergleich zu 2010 und 2011 sind heute für Zu-ziehende u. a. höhere Mieten als bei der letzten wirtschaftsbedingten Wanderungswelle auf-zubringen.

- 30 -

Tabelle 8: Zuzüge (Anzahl Personen) aus den GIIPS-Krisenstaaten 2010-2016 (Quelle: EWR)

Land 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Griechenland 783 1.467 1.683 1.561 1.424 1.492 1.589 Italien 345 449 448 558 547 537 625 Irland 2.505 3.158 4.173 5.183 5.371 4.739 4.418 Portugal 407 550 708 938 799 783 760 Spanien 2.628 3.651 4.621 4.410 3.319 2.780 2.637

SUMME 6.668 9.275 11.633 12.650 11.460 10.331 10.029

Brexit

Am 23. Juni 2016 stimmten die Bürger*innen des Vereinigten Königreichs (GB) über den Austritt aus der EU ab. Da eine Mehrheit zustande kam, werden zeitnah die Verhandlungen zum sogenannten „Brexit“ aufgenommen. Mit dem Austritt GB aus der EU stellen sich mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung verschiedene Fragen, darunter:

• Wie hoch wird der Fortzug ausländischer Bürger*innen ausfallen, die GB aufgrund des Austritts verlassen wollen?

• Wie hoch wird die Verlagerungen von Unternehmen sein und mit welchen Arbeits- und entsprechend Wohnstandortverlagerungen wird zu rechnen sein?

• Wählen potenzielle Zuzügler, die ursprünglich nach GB wandern wollten, nun andere Ziele als ihren Lebensmittelpunkt aus?

• In welchen Zeiträumen finden die Wanderungen in den drei zuvor genannten Fällen statt?

Zum einen betrifft die Frage Deutschland im Allgemeinen, zum anderen stellen sich die Fra-gen auch für Berlin als Hauptstadt und international attraktive Metropole. Seit der Entschei-dung zum Brexit sind bis zum Zeitpunkt dieses Berichts keine zwölf Monate vergangen. Dies erschwert eine valide und vor allem evidenzbasierte Antwort.

Das Land Berlin wirbt um Unternehmen, die aufgrund des Brexit einen neuen Standort su-chen.6 Adressat dieser Werbung sind in erster Linie Start-ups und IT-Unternehmen. Mit Blick auf die Berliner Wirtschaftsstruktur ist kaum davon auszugehen, dass Banken und andere mit der Finanzbranche verbundenen Unternehmen London in Richtung Berlin verlassen wer-den. Als mögliche Ausweichstandorte werden hier neben Frankfurt am Main internationale Ziele wie Paris, Luxemburg, Amsterdam und Dublin genannt.7 Für Berlin dürfte der Zuzug– wenn überhaupt – nur knapp über dem üblichen Zuzugsmengen von durchschnittlich 3.000 Personen pro Jahr (2010-2016) liegen.

Eine Analyse der Wanderungszahlen für 2016 – dem Jahr der Brexit-Entscheidung – zeigt, dass die Zuzüge aus GB um 600 Personen zugenommen haben (siehe Tabelle 9). Damit setzt der Anstieg der Zuzüge seinen mittelfristigen Trend fort. Der Zuzug aus osteuropäi-schen EU-Erweiterungsstaaten ist hingegen nicht größer geworden. Wäre anzunehmen, dass etwa Polen, die vielfach einer Arbeit in GB nachgehen, nun in Berlin eine alternative Beschäftigungsposition suchen, würde deren Zuzugszahl steigen. Dies ist für 2016 nicht der Fall (siehe Tabelle 9).

Die Entwicklung wird im Laufe der Verhandlungen zwischen EU und GB im Blick zu behalten sein.

6 Z. B. https://www.berlin.de/sen/wirtschaft/en/business-support/artikel.493659.en.php 7 Helaba, Finanzplatz Fokus, 03. Nov. 2016

- 31 -

Tabelle 9: Wanderungsbewegungen (Anzahl Personen) mit dem Vereinigten Königreich, Polen und der Gruppe der EU-Ost-Erweiterungsstaaten, 2010-2016 (Quelle: EWR)

Quell- / Zielland 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Gesamt-ergebnis

Vereinigtes Königreich

Zuzug 2.112 2.385 2.681 2.939 3.188 3.172 3.752 20.229 Fortzug 1.400 1.314 1.356 1.521 1.770 1.768 1.723 10.852

Saldo 712 1.071 1.325 1.418 1.418 1.404 2.029 9.377 Polen

Zuzug 6.184 7.742 8.172 8.613 8.146 7.156 6.108 52.121

Fortzug 2.800 2.549 2.725 2.692 2.779 2.450 2.038 18.033

Saldo 3.384 5.193 5.447 5.921 5.367 4.706 4.070 34.088

EU-Osterweiterungen (2004 und 2007)

Zuzug 16.377 20.269 21.310 21.955 23.207 21.346 19.706 144.170

Fortzug 5.419 5.288 5.476 6.101 6.562 5.639 4.695 39.180

Saldo 10.958 14.981 15.834 15.854 16.645 15.707 15.011 104.990

4.4 Wohnungsneubau

Zusätzlich zu den Wanderungen über die Außengrenzen Berlins sind die Binnenwanderun-gen innerhalb der Stadt (innerstädtischen Umzüge), von relevanter Bedeutung für die klein-räumige Darstellung der Prognoseergebnisse auf Ebene der Bezirke und Prognoseräume.

Im Prognosemodell wurde das innerstädtische Umzugsverhalten über Umzugsquoten abge-bildet, die aus den Daten der vergangenen Jahre ermittelt wurden. Hierin sind auch die Aus-wirkungen des Wohnungsneubaus enthalten, der laufend in kleinen Projekten stattfindet (z. B. Baulückenschließungen, Dachgeschossausbau, Nachverdichtungen). Ein relevanter Faktor für die innerstädtischen Umzugsbewegungen und damit für Veränderungen in den einzelnen Prognoseräumen ist Wohnungsneubau in größerem Umfang, da er zusätzlich zu den üblichen Umzugsbewegungen wanderungsauslösende Konsequenzen nach sich zieht.

In der aktuellen Bevölkerungsprognose wurde der Kenntnisstand von Anfang 2015 bezüglich des Wohnungsbaus auf größeren Wohnbauflächenpotenzialen gemäß dem Wohnflächenin-formationssystem (WoFIS) der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen berück-sichtigt, welches sich zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Bevölkerungsprognose im Aufbau befand. Die WoFIS-Annahmen zur räumlichen Verteilung und zum Mengengerüst des Woh-nungsneubaus wurden der vorliegenden Prognoserechnung zugrunde gelegt. Demnach wurden für den gesamten Prognosezeitraum, zusätzlich zum laufenden Wohnungsneubau kleinerer Projekte (s. o.), 70.000 Wohnungen berücksichtigt. Für 2016 wurden dementspre-chend in die Bevölkerungsprognose rund 7.700 WE eingespeist. Entsprechend der oben beschriebenen Logik wurden in 2016 ca. 7.400 WE laut WoFIS, mit Datenstand vom 31.12.2016, fertiggestellt. Die gesamtstädtischen Annahmen und die reale Entwicklung tref-fen demnach sehr gut zu.

- 32 -

4.5 Fazit zu den Annahmen

Die Analysen der allgemeinen und spezifischen Annahmen zeigen, dass gesamtstädtisch die mittlere Variante weiterhin plausibel ist. Die Annahmen zur natürlichen Entwicklung decken sich insgesamt gut mit den realen Entwicklungen. Bei den Wanderungen gibt es zwar spezi-ell in 2016 Abweichungen von der Prognose. Inwiefern diese aber auf Singularitäten, wie etwa die nachholende Flüchtlingsanmeldung (siehe Kapitel 3), zurückzuführen ist, ist noch nicht abschätzbar. Es ergibt sich kein eindeutiges Bild, welches einen Wechsel weg von der mittleren Variante nahelegt.

- 33 -

5 Kleinräumige Entwicklung

5.1 Mittel- und kurzfristige Entwicklungen

Vom 31.12.2010 bis zum 31.12.2016 wuchs Berlin um 8,5 Prozent. Dieses gesamtstädtische Wachstum geht auf einen Einwohnerzuwachs in allen 60 Prognoseräumen (PGR) zurück. Das Wachstum verteilt sich jedoch heterogen (siehe Abbildung 16). Der PGR Lichtenberg Süd (1105) wuchs um 23,1 Prozent bzw. um mehr als 5.700 Personen. Zentrum (0101) wuchs um 19,9 Prozent und verzeichnete mit einem Plus von über 18.000 Personen die größte absolute Zunahme. Buch (0301) gewann 19,4 Prozent und Lichtenberg Nord (1103) 16,5 Prozent an Einwohnern hinzu. Am anderen Ende der Wachstums-Skala befinden sich PGR wie Lichtenrade (0707) mit 2,8 Prozent, Heiligensee-Konradshöhe (1222) mit 2,7 Pro-zent und Frohnau-Hermsdorf (1223) mit 1,9 Prozent Wachstum. Den geringsten Zuwachs an Einwohnern verzeichnete Kreuzberg-Ost (0203) mit 1,5 Prozent, was einer absoluten Steige-rung von 728 Personen entspricht.

Die Entwicklung des letzten Jahres – vom 31.12.2015 bis 31.12.2016 – zeigt ein stärker dif-ferenziertes Bild (siehe Abbildung 17). Der PGR Zentrum (0101) gehört auch 2016 zu den am stärksten wachsenden Räumen Berlins (4,1 Prozent). Der anteilig größte Zuwachs ent-fällt auf Hohenschönhausen Süd (1102). Kreuzberg-Ost (0203) hat in 2016 0,4 Prozent an Einwohnern verloren. Auch Neukölln (0801) hat Ende 2016 weniger Einwohner zu melden als Ende 2015 (-0,9 Prozent bzw. -1.500 Personen), obwohl der PGR mittelfristig über 12.000 EW hinzugewonnen hat (entspricht 8,1 Prozent, siehe Abbildung 16).

Abbildung 16: Mittelfristige Veränderung der Einwohnerzahl von 2010-2016 auf Ebene der Prognoseräume

- 34 -

Abbildung 17: Kurzfristige Veränderung der Einwohnerzahl von 2015-2016 auf Ebene der Prognoseräume

- 35 -

5.2 Kleinräumige Abweichungen der Prognose von der Realentwicklung

Die Realentwicklungen des vergangenen Jahres lassen sich am ersten Prognosejahr spie-geln. Abbildung 18 zeigt, dass sich die gesamtstädtische Differenz zwischen Realität und Prognosejahr 2016 auf 47 der 60 Prognoseräume, also recht weitflächig, verteilt. Bei den Abweichungen lassen sich kaum klare räumliche Muster identifizieren. Sowohl PGR der in-neren und äußeren Stadt als auch im westlichen und östlichen Stadtgebiet haben sich bin-nen Jahresfrist anders entwickelt als erwartet. In 13 Prognoseräumen leben weniger Ein-wohner als prognostiziert. Die Spanne reicht von knapp 2.000 Personen (Hohenschönhau-sen Süd, 1102) bis circa 4.000 Personen (Neukölln, 0801). Hier kam es zu geringeren Ein-wohnerzuwächsen als erwartet bzw. auch zu Einwohnerrückgängen (siehe Abbildung 17).

Weitere PGR, in denen am 31.12.2016 mindestens 1.000 Personen mehr registriert waren, als prognostiziert wurden, sind Nördlicher Prenzlauer Berg (0306), SPA 2 (0502; Brunsbütte-ler Damm und Heerstraße Nord), Region D (0604; Dahlem, Nikolassee, Wannsee) und Waidmannslust (1230). Neben Neukölln (0801) ist auch die Entwicklung des PGR Zentrum (0101) mit fast 2.000 Personen weniger anders, als in der Prognose dargestellt, verlaufen.

5.3 Auswirkungen der Flüchtlingswanderungen auf die kleinräumige Entwick-lung

Ein relevanter Erklärungsansatz für die gesamtstädtische Differenz zwischen tatsächlicher und erwarteter Einwohnerentwicklung ist der mitunter sehr starke Flüchtlingszuzug in 2015 und 2016 (siehe Kapitel 3.1). Genauso haben die Wanderungen der Flüchtlinge auch Aus-wirkungen auf die kleinräumige Entwicklung und Abweichung der Prognose von der Real-

Abbildung 18: Abweichung der Prognose (mittlere Variante) von der Realentwicklung zum 31.12.2016 in den Prognose-räumen

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entwicklung. Die Unterbringung der Flüchtlinge erfolgt in Aufnahmeeinrichtungen, in Ge-meinschaft- und in Notunterkünften. Diese verteilen sich über die 60 Prognoseräume. Die Unterkünfte bieten unterschiedliche Kapazitäten von 30 bis zu knapp 2.400 Plätzen. Da Flüchtlinge auch im EWR registriert werden, kann deren sprunghafte Zunahme entsprechend Einfluss auf die Entwicklung einzelner Prognoseräume haben.

Abbildung 19 illustriert, wie sich die Abweichung der Prognose von der Realentwicklung in den 60 Prognoseräumen darstellt, wenn die rund 17.600 Plätze in den abgebildeten Flücht-lings-Notunterkünften am 03.01.2017 von der Gesamtentwicklung in 2016 abgezogen wer-den.8 Es ergibt sich ein hypothetisches Bild, welches jedoch der Prognoseaussage der mitt-leren Variante eher entspricht. Demnach enthält die mittlere Variante bereits eine Anzahl Flüchtlinge, die für Berlin als „normal“ anzunehmen war. Diese Flüchtlinge werden den Auf-nahme- und Gemeinschaftsunterkünften zugeordnet und für die hypothetische Darstellung nicht in Abzug gebracht. Die Anzahl Flüchtlinge, die in Notunterkünften lebt, geht über das „normale“ Maß hinaus, welches bisher durch die zusätzlichen Flüchtlingsszenarien adressiert wurde (siehe Kapitel 3.3). Flüchtlinge in Notunterkünften werden von der Einwohner-Bestandszahl subtrahiert. Das Resultat zeigt Abbildung 19. Demnach liegt der Einwohnerbe-stand im Jahr 2016 in 24 PGR unterhalb, in 36 PGR oberhalb der Prognose. Gesamtstäd-tisch sind 1.600 Personen weniger registriert als für 2016 prognostiziert. Angesichts einer prognostizierten Veränderung von rund 44.500 Personen entspricht das einer Abweichung von rund 3,6 Prozent. Die in Kapitel 5.2 beschriebenen teils starken Abweichungen einzelner PGR werden durch die hypothetischen Rechnung nur teilweise relativiert, in Teilen werden sie hingegen sogar noch deutlicher; Zentrum (0101) 2.135 Personen weniger, Neukölln (0801) 4.455 Personen weniger.

8 Die Anzahl beruht auf Daten des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF). Das LAF stellt wöchentlich am Dienstag aktuelle Zahlen zur Belegung der Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung. Der 03.01.2017 ist der Tag, der dem amtlichen Stichtag des EWR-Abzugs, 31.12.2016, am nächsten liegt.

Abbildung 19: Hypothetische kleinräumige Abweichung der Prognose von der Realentwicklung unter Berücksichtigung der Flüchtlings-Notunterkünfte

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6 Resümee und Empfehlungen

6.1 Zusammenfassende Betrachtung der Realentwicklung

Berlin hatte zum Jahresende 2016 eine Einwohnerzahl von 3.671 Tsd. Personen. Gegen-über der mittleren Variante der aktuellen Bevölkerungsprognose für das Jahr 2016 ergibt sich somit eine Differenz von 16 Tsd. Personen. Der Realbestand der Einwohner Ende 2016 unterscheidet sich angesichts der Gesamtveränderung mit einem Zuwachs von rd. 61.000 Personen in 2016 nicht relevant von der prognostizierten Entwicklung für dieses Jahr. Wer-den die in diesem Umfang nicht vorhergesehenen Flüchtlingszuwanderungen aus der Real-entwicklung der letzten beiden Jahre herausgerechnet, decken sich der Realbestand und der prognostizierte Einwohnerbestand noch besser.

In der Verteilung der Altersgruppen sind in allen Altersgruppen geringe Abweichungen mit jeweils weniger als 1,5 Prozent gegenüber den Prognose-Ergebnissen zu verzeichnen. Die geringen Unterschiede in den Altersgruppen zwischen 6 und unter 18 Jahren sowie 25 bis unter 45 Jahren betreffen mit 1,4 bzw. 0,8 Prozent die Kohorten, welche die Zuwanderung tragen bzw. die Flüchtlingsentwicklung kennzeichnen. Insgesamt sind die Abweichungen in der demografischen Struktur nicht gravierend.

6.2 Empfehlung zum weiteren Umgang mit der aktuellen Prognose und Aus-blick

Die Abweichungen, die sich in der Realentwicklung für das Jahr 2016 gegenüber der Prog-nose ergeben, sind so gering, dass die mittlere Variante weiterhin als geeignete Arbeits- und Planungsgrundlage für die Berliner Stadtentwicklung gelten kann. Dies gilt umso mehr, wenn die dynamische Flüchtlingsentwicklung der vergangenen beiden Jahre berücksichtigt wird. Dieser Dynamik wurde seinerzeit mit einem zusätzlichen Szenario zur Flüchtlingsentwicklung Rechnung getragen. Für die Zukunft stellen sich die Rahmenbedingungen erneut verändert dar, weil derzeit weniger Flüchtlinge nach Berlin kommen.

Die obere Variante der Bevölkerungsprognose hat angesichts der sich abzeichnenden Ent-wicklungsverläufe (abschwächende Zuwanderung aus dem Ausland) keine höhere Eintritts-wahrscheinlichkeit. Es ist daher weder erforderlich, noch geboten, eine andere Prognose-Variante zu verwenden. Mit den jetzt vorliegenden Daten und daraus gewonnenen Erkennt-nissen ist für die kommenden Jahre eine Entwicklung gemäß der mittleren Variante, zuzüg-lich 24.000 Flüchtlingen gemäß SenIAS Bedarfsprognose, zu erwarten. Die mittlere Variante ist eine solide Grundlage für die weitere Arbeit der Fachplanungen auf den unterschiedlichen Ebenen. Für die Infrastrukturplanungen auf Prognoseraumebene ist eine gesonderte Be-rücksichtigung und fachliche Bewertung der den Prognoseergebnissen in Gesamtsumme aufgeschlagenen Flüchtlingszahlen (+24.000) weiterhin erforderlich.

Der unerwartet hohe Zuzug von Flüchtlingen und deren verzögerte Registrierung haben die Aussagekraft des Einwohnermelderegisters für 2015 und 2016 merklich beeinträchtigt. Für die für die Prognose relevanten Grunddaten zur demografischen Struktur der Zugezogenen und deren zukünftiger Entwicklung sowie zu deren Binnenwanderungsverhalten liegen (noch) keine verlässlichen Zeitreihen-Daten vor. Eine Bevölkerungsprognose mit der Daten-grundlage 2016 kann daher keine genaueren Ergebnisse erzielen als derzeit vorliegen.

Es ist beabsichtigt, basierend auf dem Endstand des Jahres 2017 verbunden mit der Analy-se der Daten der zurückliegenden Jahre eine neue Bevölkerungsprognose zu erarbeiten und diese Anfang 2019 vorzulegen. Unter der Voraussetzung, dass es keine erneuten, in ihrem

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Umfang nicht absehbaren Flüchtlingszuwanderungen gibt, sind die Einwohnerregister-Daten für 2017 wieder stärker belastbar.