exposé · 2019. 2. 19. · exposé vorläufiger titel der dissertation „wirtschaftlicher...
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Exposé
Vorläufiger Titel der Dissertation
„Wirtschaftlicher Eigentümer und Kontrollstruktur im
Gesellschaftsrecht mit besonderem Blick auf die
börsennotierte Aktiengesellschaft“
verfasst von
Nina Lowatschek, LL.B. (WU), LL.M.
angestrebter akademischer Grad
Doktorin der Rechtswissenschaften (Dr.iur.)
Wien, 2018
Studienkennzahl lt. Studienblatt /
degree programme code as it appears on the
student record sheet:
A 783 101 –
Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften
Dissertationsgebiet lt. Studienblatt /
field of study as it appears on the student record
sheet:
Rechtswissenschaften - Unternehmensrecht
Betreut von / Supervisor:
ao. Univ.-Prof. DDr. Rainer van Husen
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung und historischer Aufbau ..................................................................................... 1
Umfang und Methode ........................................................................................................ 4
Zielsetzung und Forschungsfragen .................................................................................... 5
Untersuchungsgang, Problemstellung und Inhalt der Dissertation ..................................... 6
Schlussteil ........................................................................................................................13
Vorläufige Gliederung .......................................................................................................14
Vorläufiger Zeitplan ...........................................................................................................16
Vorläufiges Literaturverzeichnis ........................................................................................17
Einleitung und historischer Aufbau
Bereits im Rahmen der Diskussion über die deutsche Aktienrechtsnovelle 1870 setzte man
sich mit der Frage auseinander, welche Rechtstellung der Aktionär einnimmt und welche
Kontrolle er auf die Aktiengesellschaft ausüben kann.1 In Österreich arbeitete der Gesetzgeber
1874 in den Entwürfen des AHGB2 insbesondere an den Individualrechten der Aktionäre.3
Damals wurden aber die Konsequenzen, die sich aus einer Mehrheitsherrschaft ergeben
können, noch nicht erkannt und geregelt.4 Im Gegenteil – die damalige Ansicht war, dass die
Rechte der Minderheit der Gesellschaft gefährlich wären bzw zu Missbräuchen führen könnten
und bis hin zur Störung des Geschäftsbetriebs und zur Publikation von
Geschäftsgeheimnissen führen würden.5
Mit der Aktiengesetznovelle 1965 rückte in Deutschland der Aktionär als wirtschaftlicher
Eigentümer bzw Anteilseigner immer mehr in den Mittelpunkt:
„Die Aktiengesellschaft ist die rechtliche Organisationsform für einen bedeutenden Teil der
deutschen Wirtschaft. Es ist daher ein Anliegen von hervorragender volkswirtschaftlicher und
gesellschaftspolitischer Wichtigkeit, das Aktiengesetz, das die rechtliche Organisation der
Aktiengesellschaft regelt, so zu gestalten, daß es mit den Grundsätzen unserer
Wirtschaftsverfassung im Einklang steht. Unsere Rechts- und Wirtschaftsordnung beruht auf
1 Vgl Schubert, Vom Konzessions- zum Normativsystem (2017) 9. Dies ist am Beispiel von Herbert Wiener hervorgebrachten Klagerechte des Aktionärs, um die Kontrolle der Geschäftsführung zu gewährleisten, erkennbar. Es dient als Indikator für eine stärkere Ausprägung der Kontrolle durch den Aktionär. Ein weiteres Beispiel ist auch am Vorschlag des Justizministers festzumachen, der einer Mindestanzahl von Aktionären gestattete, Ansprüche gegen die Verwaltung geltend zu machen. 2 Allgemeines Handelsgesetzbuch, öRGBl 1/1863. 3 Vgl Kalss/Burger/Eckert (Hrsg.), Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts (2002) 180. 4 Vgl Kalss/Burger/Eckert (Hrsg.), Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts (2002) 180. 5 Vgl Kalss/Burger/Eckert (Hrsg.), Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts (2002) 180.
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der Anerkennung und dem Schutz des privaten Eigentums und der freien Verfügung über das
Eigentum. Mit ihr sind nur solche Schranken der Ausübung der Eigentümerrechte vereinbar,
die sich aus der Natur des jeweiligen Gegenstandes des Eigentums oder aus den Bindungen
ergeben, denen die Verfügungsbefugnis des Eigentümers zur Verhinderung von Mißbräuchen
und zur Herstellung einer abgewogenen Sozial- und Eigentumsordnung in einer sozialen
Marktwirtschaft unterworfen werden muß. Ein Aktienrecht, das diesen Grundsätzen unserer
Wirtschaftsverfassung entsprechen soll, muß daher von dem wirtschaftlichen Eigentum der
Aktionäre an dem auf ihren Kapitalbeiträgen beruhenden Unternehmen ausgehen und darf
das Mitsprache- und Kontrollrecht der Aktionäre nur so weit einschränken, als dies erforderlich
ist, um die Funktionsfähigkeit und die Erreichung des Zweckes des Zusammenschlusses zu
sichern, zu dem sich die Aktionäre freiwillig verbunden haben, sowie um die Wahrung
übergeordneter wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Ziele zu gewährleisten… Dabei muß
das Organ der Aktionäre, die Hauptversammlung, den Einfluß erhalten, der der
Eigentümerstellung der Aktionäre entspricht. Andererseits muß aber berücksichtigt werden,
daß die Gesellschaft sich wirtschaftlich betätigen soll und unter den heutigen schwer
überschaubaren, ständig wechselnden und raschen Entschlüssen. erfordernden
Wirtschaftsverhältnissen ihrer Aufgabe nur gerecht werden kann, wenn für eine sachkundige
entschlußfähige Geschäftsführung gesorgt ist.“6
Der Grundpfeiler der Reformdiskussion des Aktiengesetzes der 1950er Jahre in Österreich
war insbesondere die Sicherung des Privateigentums und zwar gerade durch das
Herrschaftsrecht des Eigentümers.7 Der Ansatz des österreichischen Gesetzgebers bei der
Etablierung der Aktiengesetznovelle 1965 war die Adaptierung des Gesetzes, weg vom
Aktiengesetz aus nationalsozialistischer Zeit.8 Zusätzlich dazu sollte der Einzelaktionär und
die Hauptversammlung gestärkt und gleichzeitig die Verwaltungsmacht reduziert werden.9
Dieses Maßnahmenpaket sollte die Stärkung des österreichischen Kapitalmarkts bedingen.10
Die oben genannten Kerngedanken über die Stärkung der Rechtsstellung des Aktionärs, sind
zentral für das Dissertationsvorhaben. Mangels aktienrechtlicher höchstgerichtlicher
Entscheidungen und entsprechender Anlassfälle in Österreich werden die zum Aktienrecht
vertretenen Thesen und Auffassungen über weite Strecken aus dem deutschem Schrifttum
und der deutschen Rechtsprechung herangezogen, wie auch die oben erwähnte Ansicht.11
6 Allg Begr RegE dAktG II. 7 Vgl Kalss/Burger/Eckert (Hrsg.), Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts (2002) 333. 8 Vgl Kalss/Burger/Eckert (Hrsg.), Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts (2002) 333. 9 Vgl Kalss/Burger/Eckert (Hrsg.), Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts (2002) 333. 10 Ebenda. 11 Siehe auch Schiemer/Jabornegg/Strasser, AktG Kommentar (1993) III.
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Bis heute insbesondere aufgrund neuerer rechtstatsächlicher Entwicklungen im europäischen
Gesellschaftsrecht hat man sich über die Rechtsstellung des Aktionärs als Eigentümer und
dem Aktionär als unabhängigen Anleger auseinandergesetzt. Insbesondere im
Zusammenhang mit dem Begriff Corporate Governance, wird immer wieder darüber
gesprochen, wie sich Mitbestimmung in einem Unternehmen ausgestaltet. Regelmäßig kann
dieses Bestreben auf das Argument zurückgeführt werden, dass die Aktionäre Eigentümer der
Gesellschaft sind und als solche sollte ihnen das Recht zugestanden werden,
mitzuentscheiden.12 Diese Auseinandersetzung wird in diesem Dissertationsvorhaben auf
Basis neuester Rechtstatsachen fortentwickelt. Natürlich haben sich seither die politischen und
finanzwirtschaftlichen Umstände wesentlich verändert und bieten nährreichen Boden um
rechtswissenschaftliche Forschung zu betreiben.
12 Vgl von Planta, Sind die Aktionäre wirkliche Eigentümer der Gesellschaft? (2010) 367.
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Umfang und Methode
In der Dissertation wird insbesondere die österreichische börsennotierte Aktiengesellschaft
behandelt, wobei besonderes Augenmerk auf konzernmäßigen Bindungen13 liegt. Aber auch
Abweichungen und sonstige Auswirkungen auf andere Gesellschaftsformen, wie
insbesondere auf die Privatstiftung14 aber auch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung
werden in der Arbeit behandelt. Da Gesellschaftern einer Personengesellschaft, wie der
offenen Gesellschaft und der Kommanditgesellschaft, grundsätzlich aufgrund der
Ausgestaltung des Rechtsträgers selbst ein hoher Einfluss und eine weitgehende
Kontrollmöglichkeit zugesprochen wird, werden diese gesellschaftsrechtlichen Konstellationen
nur am Rande der Dissertation behandelt werden.
Ist eine Aktiengesellschaft gem § 3 AktG börsennotiert, werden ihre Aktien zum Handel an
einer anerkannten Börse oder einem gleichwertigen Markt mit Sitz in einem Drittland
zugelassen. Da der Fokus dieser Dissertation auf der börsennotierten Aktiengesellschaft liegt,
ist im Sinne einer systembildenden Arbeit die logische Konsequenz auch eine Betrachtung der
einschlägigen kaptialmarktrechtichen Bestimmungen. Die Aktie soll in dieser Arbeit nicht nur
als Wertpapier betrachtet werden, sondern auch als Objekt des Kapitalmarkts. Die
Zusammenschau der Rechtsgebiete-Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht-ist auch
dahingehen maßgeblich, als eine massive Wechselwirkung der beiden Rechtsgebiete
besteht.15 Dies insbesondere dann, wenn es zum Beispiel darum geht, ob und welche
Gesellschaftsanteile überhaupt an der Börse gehandelt werden, oder ob Schutzprobleme wie
zum Beispiel der Anleger- und Minderheitenschutz kapitalmarktrechtlich gelöst werden
können. Die in der Arbeit hauptsächlich behandelten kapitalmarktrechtlichen Rechtsquellen
bilden insbesondere das Börsegesetz16, das Wertpapieraufsichtsgesetz17, das
Kapitalmarktgesetz18 und das 2017 in Kraft tretende Wirtschaftliche Eigentümer
Registergesetz19.
13 Gem §15 Bundesgesetz über Aktiengesellschaften StF: BGBl Nr 98/1965 idF BGBl Nr 24/1985 (Aktiengesetz – AktG). 14 Privatstiftung gem § 1 Bundesgesetz über Privatstiftungen und Änderungen des Firmenbuchgesetzes, des Rechtspflegergesetzes, des Gerichtsgebührengesetzes, des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes, des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes und der Bundesabgabenordnung (Privatstiftungsgesetz – PSG). 15 Schmid, Gesellschaftsrecht (1997)3 14. 16 Bundesgesetz vom 8. November 1989 über die Wertpapier- und allgemeinen Warenbörsen und über die Abänderung des Börsesensale-Gesetzes 1949 und der Börsegesetz-Novelle 1903; StF: BGBl.Nr 555/1989 idF BGBl Nr 558/1990 (Börsegesetz 1989 - BörseG). 17 Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen; StF: BGBl I Nr 60/2007 (Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 – WAG 2007). 18 Bundesgesetz über das öffentliche Anbieten von Wertpapieren und anderen Kapitalveranlagungen und über die Aufhebung des Wertpapier-Emissionsgesetzes; StF: BGBl Nr 625/1991 (Kapitalmarktgesetz – KMG); 19 Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche
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Zielsetzung und Forschungsfragen
Ziel der Dissertation ist die umfassende Betrachtung und Analyse der Literatur zu diesem
Thema mit besonderer Kontemplation der letzten EU Rechtsbestimmungen, welche Einfluss
auf den Untersuchungsgegenstand nehmen. Dabei soll unter anderem die Rechtsstellung des
wirtschaftlichen Eigentümers und die Kontrollstruktur einer österreichischen börsennotierten
Aktiengesellschaft erörtert werden.
Im Weiteren wird auf die einschlägige Rechtsprechung und die herrschende Lehre zum
Untersuchungsgegenstand eingegangen. In diesem Zusammenhang wird auch eine
historische Betrachtung erforderlich sein.
Die sachenrechtliche Eigentümerstellung des Aktionärs wird analysiert und zur wirtschaftlichen
Eigentümerstellung abgegrenzt und differenziert.
Unter anderem wird untersucht werden, in welchem Umfang der Aktionär Einfluss und
Kontrolle auf die Geschäfte der börsennotierten Aktiengesellschaft und die Geschäftsleitung
nehmen kann. Dabei wird die Einflussmöglichkeit und Mitwirkung in der Hauptversammlung
analysiert und weitere Möglichkeiten über die Beherrschung des Unternehmens und
Unternehmenskontrolle aufgezeigt. In diesem Zusammenhang wird auch die Privatstiftung
analysiert und die Mitwirkungs- und Kontrollrechte der Begünstigten und die
Gestaltungsmöglichkeiten des Stifters zu erörtern sein.
Weiters werden die gegensätzlichen Interessen von Aktionären als Verbandsmitgliedern und
als Anleger, sowie weiterer Unternehmensbeteiligter untersucht (Share- und Stakeholder-
Value).
Aktionärs- und Kapitalstrukturen börsennotierter Aktiengesellschaften und deren
Auswirkungen auf das Unternehmen werden analysiert. Kontrollstrukturen und
Unternehmensführung (Corporate Governance), sowie interne Unternehmensverfassungen
sollen aufgezeigt werden.
Weitere Gelegenheiten um Unternehmenskontrolle zu erlangen sind insbesondere die
Bereiche Unternehmensübernahmen, Squeeze-Outs und Delisting, welche in der Dissertation
im letzten Teil behandelt werden sollen.
Eigentümer Registergesetz – WiEReG) erlassen wird und das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Finanzstrafgesetz, die Notariatsordnung, die Rechtsanwaltsordnung, das Devisengesetz, das Bankwesengesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das Energieabgabenvergütungsgesetz geändert werden.
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Untersuchungsgang, Problemstellung und Inhalt der Dissertation
Nach der Einführung in die Problemstellung des Vorhabens wird im ersten Teil der Arbeit auf
die sachenrechtliche und abstrakte Eigentümerstellung des Aktionärs an der Aktie und der
Aktiengesellschaft selbst eingegangen.
Das Eigentum ist ein Begriff des Zivilrechts insb des Sachenrechts. In der Dissertation wird
das Eigentum an der Aktie und die Abgrenzung zum Eigentum an der Aktiengesellschaft zu
Beginn behandelt werden. Diese Abgrenzung ergibt sich vor allem aus der Unabhängigkeit
der Aktiengesellschaft. Denn die Existenz der juristischen Person ist von jener der Aktionäre
unabhängig.20 So muss zB das Vermögen der Aktiengesellschaft selbst für die
Schuldenabdeckung der Gesellschaft herangezogen werden, eine Verpflichtung der Aktionäre
zum Nachschuss gibt es nicht.21 Die Aktiengesellschaft ist also eine intellektuelle Konstruktion,
ausgestattet mit Rechtsfähigkeit und kann unabhängig von ihren Mitgliedern wirtschaftlich tätig
werden.22
In Deutschland war der Begriff des wirtschaftlichen Eigentümers bereits seit der
Aktengesetznovelle 1965 verankert. So wurde der „Anteilseigner“ und der „wirtschaftliche
Eigentümer“ schon damals in mehreren Urteilen erwähnt. 23 In Österreich wurde mit dem
Wirtschaftlicher Eigentümer Registergesetz (WiEReG) neuerdings eine Legaldefinition des
wirtschaftlichen Eigentümers (Ultimate Beneficial Owner) geschaffen. Umgesetzt wurde damit
Art 30 und Art 31 der GeldwäscheRL 2015/84924, deren Auswirkung und Bedeutung auch
einen wesentlichen Teil der abzufassenden Dissertation darstellt. Beim wirtschaftlichen
Eigentümer handelt es sich um eine natürliche Person welche Eigentümerin eines
Rechtsträgers (iSd §1 (2) WiEReG) ist oder Kontrolle auf diesen ausübt.
Rechtsträger nach §1 (2) WiEReG sind die folgenden gesellschaftsrechtlichen Einrichtungen,
wenn sie ihren Sitz im Inland haben: offene Gesellschaften, Kommanditgesellschaften,
Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Erwerbs- und
Wirtschaftsgenossenschaften, Versicherungsvereine, Sparkassen, Europäische
20 Vgl von Planta, Sind die Aktionäre wirkliche Eigentümer der Gesellschaft? (2010) 367. 21 Ebenda. 22 Ebenda. 23 Feldmühle Entscheidung BVerfG 7.8.1962, 1 BvL 16/60; Rheinstahl Entscheidung 7. 5.1969, 2 BvL 15/67 und das Mitbestimmungsurteil 1. 3. 1979, 1 BvR 532/77, 1 BvL 21/78, 1 BvR 419/78, 1 BvR 533/77. In Österreich kannte auch §2 Finanzmarkt-Geldwäschegesetz bereits eine Legaldefinition des wirtschaftlichen Eigentümers. Diese wird durch das Wirtschaftliche Eigentümer Register Gesetz abgeändert. 24 Richtlinie (EU) 2015/849 des europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission, ABl L 141/73.
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wirtschaftliche Interessensvereinigungen, Europäische Gesellschaften (SE), Europäische
Genossenschaften (SCE), Privatstiftungen25, sonstige Rechtsträger26, Vereine27, Stiftungen
und Fonds28, aufgrund eines Landesgesetzes eingerichtete Stiftungen und Fonds29, Trusts30,
sowie trustähnliche Vereinbarungen. Eine natürliche Person wird als wirtschaftlicher
Eigentümer definiert, wenn sie an einem der eben genannten Rechtsträger direkt oder indirekt
einen ausreichend hohen Anteil an Aktien oder Stimmrechten innehält bzw dann, wenn der
Rechtsträger im Eigentum oder unter der Kontrolle dieser Person steht.
Gem §2 Z1 lt a lt aa WiEReG gilt eine Beteiligung mit einem Ausmaß von mehr als 25%+1
Aktie an der Gesellschaft als ausreichend um auf einen direkten wirtschaftlichen Eigentümer
hinzuweisen. Hinlänglich wäre es allerdings auch, wenn die natürliche Person die Möglichkeit
hätte Kontrolle auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ausüben. Ein indirekter
wirtschaftlicher Eigentümer ist dann vorliegend, wenn ein Rechtsträger 25%+1 Aktie an der
Gesellschaft oder eine Beteiligung von mehr als 25 vH an der Gesellschaft hält und eine
natürliche Person direkt oder indirekt Kontrolle auf diesen Rechtsträger ausübt.31
Für den Begriff der Kontrolle wird auf Art 22 (1) - (5) der Richtlinie 2013/34/EU32 verwiesen. In
diesem Zusammenhang „unterliegt“ ein Unternehmen seinem Mutterunternehmen dann, wenn
es:
• die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter am
Tochterunternehmen hält oder,
• das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs- Leitungs- oder
Aufsichtsorgans des Tochterunternehmens zu besetzen oder,
• ein Aktionär oder Gesellschafter einen beherrschenden Einfluss aufgrund einer
Satzungsbestimmung auf das Tochterunternehmen hat.
25 Gem § 1 PSG. 26 Deren Eintragung im Firmenbuch gemäß § 2 Z 13 FBG vorgesehen ist. Firmenbuchgesetz StF: BGBl Nr 10/1991 idF BGBl I Nr 60/2017 (FBG). 27 Gem § 1 VerG; Bundesgesetz über Vereine StF: BGBl I Nr 66/2002 idF BGBl. I Nr. 22/2015 (Vereinsgesetz 2002 - VerG). 28 Gem § 1 BStFG 2015; Bundesgesetz über die Regelung des Bundes-Stiftungs- und Fondswesens StF: BGBl I Nr 160/2015 idF BGBl I Nr 120/2016 (Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz 2015 – BStFG 2015). 29 Sofern die Anwendung dieses Bundesgesetzes landesgesetzlich vorgesehen ist. 30 Gem §1 (3) WiEReG, wenn sie vom Inland aus verwaltet werden. 31 Vgl §2 Z1 lt a lt bb WiEReG. 32 Richtlinie 2013/34/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, Abl L 29.6.2013, 182/19.
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Jedenfalls wird iSd §2 Z1 lt a lt bb WiEReG dann Kontrolle ausgeübt, wenn 50%+1 Aktie direkt
oder indirekt gehalten wird.
Ein wichtiger Punkt in diesem Kapitel der Dissertation ist auch der Zeitpunkt, zu welchem das
wirtschaftliche Eigentum an der Aktie einer börsennotierten Aktiengesellschaft entsteht.
Grundsätzlich erlangt der Erwerber nach dem deutschen Bundesfinanzhof33 in der Regel im
Zeitpunkt, von dem ab er nach dem Willen der Vertragspartner über die Wertpapiere verfügen
kann wirtschaftliches Eigentum.34 Das ist üblicherweise dann der Fall, wenn Besitz, Gefahr,
Nutzungen und Lasten, insbesondere die mit Wertpapieren gemeinhin verbundenen
Kursrisiken und -chancen, auf den Erwerber übergegangen sind.35 Sobald der Aktionär also
ein Verfügungsrecht an der Aktie inne hat und es ihm dadurch möglich ist, die Aktie zu
veräußern (durch Übereignung oder Übertragung des Rechts) oder zu belasten, sein Recht
also zu verändern, zu übertragen oder aufzuheben, entsteht das Eigentum an der Aktie.36 Im
österreichischen Recht entsteht wirtschaftliches Eigentum an Gesellschaftsanteilen, sofern
diese verbrieft sind und depotverwahrt werden können, dann wenn die Wertpapiere (die
Aktien) auf dem Depot eingebucht sind.37 Dabei haben Inhaberaktien bis zur Umsetzung des
GesRÄG 201138 ein erhöhtes Risiko dargestellt, denn die Überprüfung der Identität des
wirtschaftlichen Eigentümers war nur erschwert möglich. Das System der Inhaberaktie änderte
sich durch die Umsetzung des GesRÄG 2011 nicht – sie bliebt weiter als Inhaberpapier
bestehen. So stellt jene Person den wirtschaftlichen Eigentümer einer Aktie dar, der das
Original der Inhaberaktie physisch besitzt. Wird die Inhaberaktie weitergegeben, änderte sich
mit der Übergabe auch der wirtschaftliche Eigentümer. Im Rahmen des GesRÄG 2011 wurde
aber unter anderem die Eintragung in eine Sammelurkunde vorgeschrieben, somit war die rein
physische Übergabe der Aktien allein nicht mehr ausreichend, um Eigentümer des
Inhaberpapiers zu sein. Der Aktionär ist also gem §10 (2) AktG erst ab dem Zeitpunkt der
Eintragung in die Sammelurkunde und auch erst bei voller Leistung des Ausgabebetrags
wirtschaftlicher Eigentümer der Aktienanteile. Auch hier gilt es zu erarbeiten, zu welchem
Zeitpunkt genau der Aktionär über seine Aktie verfügen kann.
Abschließend wird in diesem Kapitel die Stellung vom sachenrechtlichen zum wirtschaftlichen
Eigentümer abgegrenzt und differenziert. Es soll evaluiert werden inwieweit sich die Stellung
33 dBFH zu Dividendenstripping. 34 Vgl dBMF I R 29/97, 15.12.1999. 35 Vgl dBMF I R 29/97, 15.12.1999. 36 Vgl Kolbinger, Das wirtschaftliche Eigentum an Aktien (2008) 162. 37 Vgl Information zur Rückerstattung der KESt auf Dividenden an beschränkt Steuerpflichtige des BMF vom 19.9.2014. 38 Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das Spaltungsgesetz, das EUVerschmelzungsgesetz, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Depotgesetz, das Kapitalberichtigungsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2011 – GesRÄG 2011).
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des zivilrechtlichen Eigentümers vom wirtschaftlichen Eigentümer unterscheidet und welche
Abgrenzungsmerkmale erarbeitet werden können. Des Weiteren soll die Frage beantwortet
werden, ob es sich beim sachenrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentümer unausweichlich
um dieselbe Person handelt.
Im nächsten Kapitel der Dissertation wird eine Analyse über die Rechtsstellung des Aktionärs
einer börsennotierten Aktiengesellschaft vorgenommen. Damit wird in die Thematik
eingetaucht, wieviel Einfluss bzw Kontrolle ein Aktionär auf die Geschäfte und die
Geschäftsleitung der Aktiengesellschaft nehmen kann. Die Schwierigkeit Risiko und Gewinn,
sowie die Unternehmensleitung zuzuordnen in der Aktiengesellschaft bereitet seit jeher
Probleme.39 Die Aktiengesellschaft ist ein wirtschaftliches Sammelbecken zahlreicher kleinerer
Kapitalbeträge zum Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens unter einheitlicher Leitung
als vorgegebene Organisationsform.40 Zwischen dem Eigentümer und das Objekt schiebt sich
eine juristische Person.41 Der Aktiengesellschaft seien die Vermögensrechte zugeordnet,
wohingegen der Aktionär auf seine Mitgliedschaftsrechte und deren Ausübung beschränkt
sei.42 Seit jeher entwickelte sich in Deutschland eine Kluft zwischen Gesetz und
Rechtswirklichkeit, welche sich auch aus die österreichische Rechtswirklichkeit übertragen
lässt.43 Als Leitbild der Gesetzgebung – damals und heute – wird der hohe Steubesitz
herangezogen, um die Liquidität am Kapitalmarkt zu erhalten. Diesem Leitbild steht die
österreichische Rechtswirklichkeit entgegen, die eine höhere Anzahl an Aktiengesellschaften
aufweist, welche tatsächlich einen geringen Streubesitzanteil aufweist und dem dominanten
Einfluss von Blockaktionären unterliegt (meist eine andere Gesellschaft) unterliegt.44
Das Ergebnis dieses Strukturwandels ist das Minderheitenaktionäre in der Hauptversammlung
einem Großaktionär gegenüberstehen, der seine Macht auch außerhalb der
Hauptversammlung ausüben kann.45 Denn in diesen Gesellschaften bestimmt der
Aufsichtsrat, überwiegend besetzt aus Vertrauensleuten des Großaktionärs und der
Konzernleitung, anstatt zu überwachen.46 Die Beherrschung eines Unternehmens durch einen
Großaktionär, insb wenn dieser aus einem anderen Unternehmen besteht, bietet anderen
Aktionären und Gläubigern Gefahren.47
39 Vgl Schibel, Rechtsstellung des Aktionärs (1962) 1. 40 Vgl Schibel, Rechtsstellung des Aktionärs (1962) 1. 41 Vgl Ebenda. 42 Vgl Ebenda. 43 Vgl Schlieper, Leitungsintensität und Mehrfachfunktion im faktischen Aktienkonzern (1996) 1. 44 Vgl Reich-Rohrwig/Zimmermann, EU: Einigung auf die Reform der Aktionärsrechte-Richtlinie (Teil I) , ecolex 2017, 330.. 45 Vgl Schlieper, Leitungsintensität und Mehrfachfunktion im faktischen Aktienkonzern (1996) 1. 46 Vgl Ebenda. 47 Vgl Ebenda.
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Rechtspolitisch wurden daher immer wieder Bestimmungen geschaffen um dieser Gefahr
entgegenzuwirken. So wird durch die neue AktionärsrechteRL 2017/828 eine größere
Mitbestimmung und Mitgestaltung durch (Klein-) Aktionäre in der Aktiengesellschaft forciert.
Denn durch die komplexen Ketten aus Unternehmen und die undurchsichtigen
Beteiligungsverhältnisse wird es den Aktionären erschwert, ihre Aktionärsrechte auszuüben
und ihre Mitwirkung zu gewährleisten.48 Die Gesellschaften selbst und deren Verwaltungen
können die eigenen Aktionäre oft nicht mehr identifizieren, was aber natürlich die
Voraussetzung für unmittelbare Kommunikation zwischen den Aktionären und der
Gesellschaft darstellt.49
Aus den Erwägungsgründen50 der AktionärsrechteRL kann man erkennen, dass es für den
europäischen Gesetzgeber von Bedeutung ist, dass der Aktionär nunmehr am
unternehmerischen Leben der Gesellschaft verstärkt teilnimmt. Denn die bisherige
übermäßige kurzfristige Risikobereitschaft von Managern und das unzureichende
Engagement institutioneller Anleger ist zu stark auf kurzfristige Gewinne ausgerichtet, was zu
einer unzureichenden Corporate Governance und Wertentwicklung führen kann.51 Die
Fortführung und Verbesserung einer Corporate Governance ist aber ein unausweichliches Ziel
um ein erfolgreiches Unternehmen zu führen. Corporate Governance kommt aus dem
angloamerikanischen Sprachgebrauch und ist ein entliehenes Schlagwort, welches „a system
by which business corporations are directed and controlled“ bezeichnet.52 Der Corporate
Governance Kodex ist ein Regelwerk, das für die verantwortungsvolle Führung und Leitung
eines Unternehmens geschaffen wurde. Gemeinhin wird er als soft law gehandhabt, er ist aber
für eine börsennotierte Aktiengesellschaft im prime market53 verpflichtend einzuhalten und
deswegen wesentlicher Bestandteil dieses Dissertationsvorhabens.
Im Anschluss an diese Erörterung, wird auf die gegensätzlichen Interessenslagen
verschiedener Aktionärstypen eingegangen. Denn eine Differenzierung zwischen
institutionellen Anlegern, relevant beteiligten Aktionären und Kleinaktionären ist sachlich
gerechtfertigt.54. So unterscheidet sich das Interesse eines Großaktionärs von den Interessen
der Kleinaktionäre wesentlich.55 Jeder Eigentümer einer Aktie erwirbt mit ihr diverse
Mitgliedschaftsrechte56 wobei gem §47a AktG Gleichbehandlung der Aktionäre geboten ist. In
48 Vgl Erw 4 zur RL 2017/828. 49 Vgl Erw 4 zur RL 2017/828. 50 Vgl Erw 2 zur RL 2017/828. 51 Vgl Erw 2 zur RL 2017/828. 52 Hausmaininger/Kletter/Burger, Corporate Governance (2003) 2. 53 Vgl Coporate Governance Kodex (2015) 12. 54 Vgl Brodey/Vetter, Zulässigkeit und Grenzen der Kommunikation des Aufsichtsrats mit Investoren (Teil II), ecolex 2017, 335. 55 Vgl Feltl, Die Zielvorgaben des § 70 Abs 1 AktG, ecolex 2011, 535. 56 Die Mitgliedschaftsrechte werden im ersten Teil der Dissertation näher beschrieben und analysiert.
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der Durchsetzungskraft dieser Rechte sind die Aktionäre an das Ausmaß der Beteiligung
gebunden. Grundsätzlich liegt das Interesse eines jeden Aktionärs in der langfristigen
Steigerung des Unternehmenswertes und in der Sicherstellung dauerhafter Rentabilität.57 Des
Weiteren geht es grundsätzlich jedem Aktionär um die Aufrechterhaltung und den Fortbestand
des Unternehmens selbst.58 Durch diese Interessensgemeinschaft ergibt sich die
Rechtfertigung des Mehrheitsprinzips in der Hauptversammlung.59 Betrachtet man aber jeden
Aktionärstyp für sich so ist der wirtschaftliche Eigentümer (als Großaktionär) darauf bedacht
seine persönlichen wirtschaftlichen Interessen voranzutreiben. Diese Möglichkeit kann er über
seinen Einfluss auf die Geschäftsleitung (Stimmenmehrheit bei Hauptversammlung,
Entsendung von Mitgliedern in den Aufsichtsrat, etc.) geltend machen. Der wirtschaftliche
Eigentümer kann also unternehmerisch tätig werden und damit Einfluss auf das Unternehmen
ausüben. Im Gegensatz dazu hat der Kleinaktionär zwar gewisse Minderheitenrechte und
dadurch vor allem die Möglichkeit Informationen über die Gesellschaft zu erlangen, er hat aber
keine Möglichkeit unternehmerisch auf die sich daraus ergebenden Umstände zu reagieren.
Unter Umständen hat er auch gar kein Interesse an der Mitwirkung und auch nicht das dafür
notwendige Fachwissen. In der Dissertation wird versucht werden einen Konnex zu den
Interessenslagen der Aktionäre und deren Beteiligungsausmaß am Unternehmen
herzustellen.
Auch die Ausformungen der Kapital- und Aktionärsstruktur, wie zB in Form eines
Eigentümersyndikats, werden in diesem Kapitel behandelt. Untersucht wird aber auch der
wirtschaftliche Eigentümer in der Position als Vorstandsmitglied. Der Vorstand muss zum Wohl
der Gesellschaft hinwirken, als Sorgfaltsmaßstab dafür dient §84 (1) AktG. Das Handeln muss
aber auch unbeeinflusst von Interessenskonflikten sein.60 Deswegen wird in der Dissertation
auf die Agency Theory eingegangen und eine Analogie zur Kontrollstruktur in der
Aktiengesellschaft hergeleitet. Die Agency Theory stammt aus der Wirtschaftswissenschaft
und wird auch als Principal Agent Theory bezeichnet. Diese Theorie beschäftigt sich mit der
Analyse opportunistischer Verhaltensstrukturen in Gemeinschaften unter der Annahme, dass
alle Akteure eigennützig handeln und Risiko-, Informations- und Interessen ungleich verteilt
sind.61 Abstrakt beschrieben kann man den Principal als Auftraggeber bezeichnen, der
Entscheidungskompetenzen an seinen Auftragnehmer (Agent) delegiert.62 Der Agent handelt
aber nur bedingt im Interesse des Principals, weil seine eigenen Interessen im Vordergrund
stehen. Nur dann, wenn beide Interessen homogen sind, wird der Agent den Auftrag
57 Vgl Feltl, Die Zielvorgaben des § 70 Abs 1 AktG, ecolex 2011, 533. 58 Vgl Feltl, Die Zielvorgaben des § 70 Abs 1 AktG, ecolex 2011, 534. 59 Vgl Ebenda. 60 Vgl Schiel, Aktionärsschutz zwischen Aktienrecht und Kapitalmarkt (2009) 27. 61 Vgl Welge/Eulerich, Corporate Governance Management (2014) 14. 62 Vgl Welge/Eulerich, Corporate Governance Management (2014) 14.
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bestmöglich erfüllen.63 In der Aktiengesellschaft kann eine zweistufige Principal Agent Theorie
hergeleitet werden.64 In der ersten Stufe stehen sich die Aktionäre (in der Hauptversammlung)
als Principal und der Aufsichtsrat als Agent gegenüber.65 Der Aufsichtsrat muss nicht
unbedingt auch Aktionär sein, weswegen ein Interessenskonflikt entstehen könnte.66 So wäre
eine Kooperation mit dem Vorstand möglich um das Interesse der Aktionäre (zB
Gewinnausschüttung) zu schädigen.67 In der zweiten Stufe, steht der Aufsichtsrat – diesmal in
der der Rolle als Principal – dem Vorstand als Agent gegenüber. Hier besteht der
Interessenskonflikt vor allem in der Informationsasymmetrie.68 Der Vorstand kann durch
Selektion der weiterzugebenden Informationen eine wirkungsvolle Überwachung
erschweren.69
Die Anwendung dieses Prinzips auf die Themenstellung der Dissertation soll in Verbindung
mit bestehenden Corporate Governance Systemen, neue Lösungsansätze zur optimalen
Kontrollstruktur in der Aktiengesellschaft bieten.
In weiterer Folge sollen auch die unterschiedlichen Interessenslagen anderer
Unternehmensbeteiligter in diesem Kapitel erarbeitet und dargestellt werden. Die bisherige
Zielgröße für Unternehmenssteuerung war bisher der Shareholder Value. Aufgrund der
Internationalisierung der Kapitalmärkte ist dieser traditionelle Corporate Governance Ansatz
jedoch nicht mehr nur auf die Kapitaleigentümer selbst beschränkt, sondern widmet sich nun
auch dem Stakeholder Value Ansatz, dh anderen Gruppen und deren
Unternehmensinteressen.70 Die unterschiedlichen Ansätze und ihre Auswirkungen auf dir
Corporate Governance Umsetzung soll in der Dissertation in einem eigenen Kapital aufgezeigt
werden.71
Die Frage welchen Einfluss der wirtschaftliche Eigentümer auf die Kontrollstruktur der
Aktiengesellschaft nehmen kann ist aber auch auf Grund neuester kapitalmarktrechtlicher
Entwicklungen und den damit einhergehenden Einfluss auf das Gesellschaftsrecht interessant.
Verursacht durch die steigende Regelungsdichte an kapitalmarktorientierter Bestimmungen,
kann ein zunehmender Einfluss des Kapitalmarkts auf das Aktienrecht gezeigt werden.72 Der
Grund für die zunehmende Bedeutung des Kapitalmarkts und dabei vor allem die steigende
63 Ebenda. 64 Vgl Welge/Eulerich, Corporate Governance Management (2014) 18. 65 Vgl Welge/Eulerich, Corporate Governance Management (2014) 18. 66 Ebenda. 67 Ebenda. 68 Ebd. 69 Vgl Welge/Eulerich, Corporate Governance Management (2014) 19. 70 Weigand in Metten, Corporate Governance (2010) VII. 71 Weigand in Metten, Corporate Governance (2010) VII. 72 Vgl Schiel, Aktionärsschutz zwischen Aktienrecht und Kapitalmarkt (2009) 143.
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Zahl an institutionellen Investoren ist die Finanzierung der AG, weswegen auch der Anleger
und dessen Schutz verstärkt ins Blickfeld gerät.73
In einem Zwischenergebnis soll die Stellung des Aktionärs als wirtschaftlicher Eigentümer, als
Verbandsmitglied und als Anleger erörtert werden.
In diesem Zusammenhang wird auch auf die einheitliche Leitung einer Kapitalgesellschaft
durch eine Privatstiftung eingegangen. Die Privatstiftung im Konzernzusammenhang
insbesondere an der Konzernspitze ist hierbei besonders hervorzuheben. Diese muss gem
§22 (1) PSG einen Aufsichtsrat errichten, wenn sie eine tatsächlich leitende Funktion ausübt.74
Es reicht an dieser Stelle nicht, wenn die bloße Möglichkeit gegeben ist eine leitende Funktion
einzugehen.75 Steht die Privatstiftung an der Konzernspitze ist auch hier auf die
Kontrollausübung und die Mitwirkungsmöglichkeiten der Begünstigten und die
Gestaltungsmöglichkeiten des Stifters einzugehen.
Im letzten Kapitel des dritten Teils der Dissertation wird die Unternehmenskontrolle in der
börsennotierten Aktiengesellschaft erarbeitet. Zur Unternehmenskontrolle zählen die Bereiche
Übernahmen, Squeeze-Outs, Sell-Outs und Delisting. In all diesen Bereichen wird die
Kontrollstruktur der börsennotierten Aktiengesellschaft und damit die Stellung der Aktionäre
wesentlich beeinflusst. Die Situation des Aktionärs soll insbesondere beim Delisting im
Zusammenhang mit dem neuen Börsegesetz 201876 beleuchtet werden.
Schlussteil
Die Ergebnisse der Untersuchung werden in einem Schlussteil zusammengefasst und in
Zusammenschau mit einschlägigen Rechtsprechung und Lehre verbunden. Mit einem
Resümee und einem Ausblick wird die Arbeit beendet werden.
73 Vgl Schiel, Aktionärsschutz zwischen Aktienrecht und Kapitalmarkt (2009) 125. 74 Vgl OGH 01.12.2005 6 Ob 217/05p. 75 Ebenda. 76 Bundesgesetz über die Wertpapier- und allgemeinen Warenbörsen 2018 (Börsegesetz 2018 – BörseG 2018)
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Vorläufige Gliederung
Einleitung
1. Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands
2. Methode und Untersuchungsgang
A. Erster Teil – Rechtsstellung des Aktionärs
1. Zivilrechtliche Eigentümerstellung des Aktionärs
2. Aktionär als wirtschaftlicher Eigentümer
3. Abgrenzung des zivilrechtlichen Eigentümers zum wirtschaftlichen
Eigentümer
4. Rechtsstellung des Aktionärs im Gesellschaftsrecht
3.1. Mitwirkungsrechte und Pflichten des Aktionärs in der Hauptversammlung
3.1.1. Stimmreche
3.1.1.1. Beherrschungsvertrag
3.1.1.2. Prioritätsaktie - The Golden Share
3.1.2 Bezugsrecht und Ausschluss des Bezugsrechts
3.1.3. Weitere Mitwirkungsrechte und Pflichten des Aktionärs
B. Zweiter Teil – Auswirkung kapitalmarktrechtlicher Vorschriften
1. Abgrenzung zwischen dem Aktionär als Verbandsmitglied und Anleger
1.1. Shareholder-Value
1.2. Anlegerschutz
1.3. Stakeholder-Value
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C. Dritter Teil – Kontrollstruktur in der börsennotierten
Aktiengesellschaft
1. Kapitalstrukturen
1.1. Aktionär als geschäftsleitendes Organ
1.1.1. Agency Theory
1.2. Syndikatsverträge
1.3. Kreuzbeteiligungen
1.4. Höchststimmrechte
1.5. Sonstige Simmrechtsbindungen oder – Beschränkungen
2. Unternehmenskontrolle
2.1. Unternehmensübernahme
2.1.1. Management-Buy-Out
2.1.2. Creeping-Over
2.1.3. Paketkauf
2.1.3.1. Kontrollprämie
2.1.4. Öffentliches Angebot
2.2. Sell-Out
2.3. Squeeze-Out
2.4. Delisting
D. Conclusio
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Vorläufiger Zeitplan
Sommersemester 2017
• Ergänzungsprüfungen für das Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften
o SE Seminar zur Rechts-u. Verfassungsgeschichte - 4 ECTS
o Ergänzungsprüfung aus Rechtsphilosophie und Rechtstheorie - 5 ECTS
• Judikatur und Textanalyse
o SE Judikatur- oder Textanalyse - 6 ECTS
o VO Juristische Methodenlehre – 4 ECTS
• LVen aus dem Dissertationsfach oder dem Bereich der Wahlfächer – 6 ECTS
Wintersemester 2017
• Abschluss Dissertationsvereinbarung
• Seminar im Dissertationsfach zur Vorstellung und Diskussion des
Dissertationsvorhabens
o 2017W Seminar aus Unternehmensrecht – 6 ECTS
• Weiteres Seminar im Dissertationsfach
o 030570 SE Seminar aus Unternehmensrecht – 4 ECTS
Sommersemester 2018
• Ergänzungsprüfungen für das Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften
o Romanistische Fundamente angestrebt
• Seminar für Dissertanten angestrebt
• LVen aus dem Dissertationsfach oder dem Bereich der Wahlfächer
o Unternehmensrecht – Praktische Vertragsgestaltung I angestrebt
• Material- und Themensuche forciert
Wintersemester 2018
• Recherche und Detailgliederung der Dissertation
Sommersemester 2019
• Abfassung der Dissertation
• Einreichung des Erstentwurfs
Wintersemester 2019
• Öffentliche Defensio
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Vorläufiges Literaturverzeichnis
Literatur
Aicher/Kalss/Oppitz (Hrsg), Grundfragen des neuen Börserechts (1998)
Baum, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance : Unternehmensführung, Unternehmenskontrolle, Modernisierung des Aktienrechts (2001)
Bayer/Habersack (Hrsg), Aktienrecht im Wandel, Band II: Grundsatzfragen des Aktienrechts (2007)
Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf – Gesamtdarstellung der zivil- undSteuerrechtlichen Vorgänge einschließlich gesellschafts- arbeits- und kartellrechtlicher Fragen bei der Übertragungeines Unternehmens (2006)
Berle/Means, The Modern Company & Private Property (2009)
Doralt, Corporate Governance: effiziente Unternehmensleitung und -kontrolle (2002)
Ek/Hoyenberg: Unternehmenskauf und -verkauf (2006)
Haberer, Corporate Governance: Österreich - Deutschland - international (2003)
Jacobsen, Vereinbarungen über die Mitbestimmungsfragen im Konzern (2014)
Kalss, Anlegerinteressen (2001)
Kalss, Gesellschaftsrechtliche Informations- und Auskunftsrechte, in Kalss/U. Torggler (Hrsg), Wiener Unternehmensrechtstag Band 5: Big Data
Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I (2005)
Kalss/Burger/Eckert (Hrsg.), Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts (2002)
Kolbinger, Das wirtschaftliche Eigentum an Aktien (2008)
Lutter, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht: Grundlagen, Stand Und Entwicklung Nebst Texten Und Materialien 5. Auflage (2011)
Metten, Corporate Governance 1. Auflage (2010)
Nowotny, Satzungsstrenge im österreichischen Aktienrecht?, in Peter Doralt zum 65. Geburtstag
Picot: Unternehmenskauf und Restrukturierung – Handbuch zum Wirtschaftsrecht, 3. Auflage (2014)
Ratka/Rauter/Völkl, Unternehmens und Gesellschaftsrecht (2011)
Rieder/Huemer, Gesellschaftsrecht (2009)
Schibel, Rechtsstellung des Aktionärs (1962)
Schiel, Aktionärsschutz zwischen Aktienrecht und Kapitalmarkt (2009)
Schlieper, Leitungsintensität und Mehrfachfunktion im faktischen Aktienkonzern (1996)
Schlosser, Die Organhaftung der Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft (2002)
18
Schmid, Gesellschaftsrecht (1997)
Schopper, Compliance im Konzern, in Kalss/Torggler (Hrsg), Wiener Unternehmensrechtstag Band 4: Compliance
Schubert, Vom Konzessions- zum Normativsystem (2017)
Semler, Zustimmungsvorbehalte als Instrument der Überwachung durch den Aufsichtsrat, in Peter Doralt zum 65. Geburtstag
Stange, Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären (Squeeze-out) (2010)
Steiner, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft (1995)
Torggler, Gesellschaftsrechtliche Informationsrechte und -pflichten – Versuch einer Systematisierung, in Kalss/U. Torggler (Hrsg), Wiener Unternehmensrechtstag Band 5: Big Data
Welge/Eulerich, Corporate Governance Management (2014)
19
Kommentare
Assmann/Schneider (Hrsg), Wertpapierhandelsgesetz, 4 Auflage (2006)
Doralt/Nowotny/Kalss (Hrsg), Kommentar zum Aktiengesetz, Band I (2003).
Goette/Habersack/Kalss, Münchner Kommentar zum Aktiengesetz Band III, 4. Auflage (2013)
Hausmaininger/Kletter/Burger, Corporate Governance (2003)
Jabornegg/Strasser (Hrsg), Kommentar zum Aktiengesetz, Band II, 5. Auflage (2010)
Kalss/Nowotny/Schauer (Hrsg), Österreichisches Gesellschaftsrecht (2008)
Rummel (Hrsg), Kommentar zum ABGB, 3. Auflage (2007)
Schiemer/Jabornegg/Strasser, AktG Kommentar (1993)
Schmidt-Pachinger in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG, 2. Auflage (2012)
Straube (Hrsg), UGB II/RLG, 3. Auflage, Online-Kommentar (2011)
Straube/Ratka/Rauter, UGB II/RLG 3. Auflage (2001)
Torgler (Hrsg), UGB (2013)
Zib/Russ/Lorenz, Kapitalmarktgesetz (2008)
20
Zeitschriften
Aiolfi, Gute Corporate Governance heisst nicht automatisch gute Performance, NZZ
Barnert, Information als Kernelement der Unternehmensleitung, Aufsichtsrataktuell 2016
Brodey/Vetter, Zulässigkeit und Grenzen der Kommunikation des Aufsichtsrats mit Investoren (Teil II) ecolex 2017
Chini, Wie können die Aktionäre in der Hauptversammlung zu ihrem Recht (zu ihrer Dividende) kommen?, Aufsichtsrataktuell 2011
Edelmann, Ausgewählte Probleme durch die Umstellung auf Namensaktien, ecolex 2012
Edelmann, Ausgewählte Probleme durch die Umstellung auf Namensaktien, ecolex 2012
Feltl, Die Leitungsverantwortung des Vorstands im Konzern, ecolex 2010
Feltl, Die Zielvorgaben des § 70 Abs 1 AktG, ecolex 2011
Haeseler/Hörmann, IFRS für den Mittelstand - zum Scheitern eines fragwürdigen Standardisierungsversuchs, ecolex 2008
Haeseler/Hörmann, Zur Untauglichkeit der Barwertmethode im Rahmen bilanzieller Bewertung, ecolex 2010
Hirschler, Bilanzlesen und Bilanzanalyse für den Aufsichtsrat, Aufsichtsrataktuell 2010
JusGuide 2015/36/14039 (OGH)
Kittel/Augustin, Shareholder Activism und Proxy Fights: gemeinsames Vorgehen?, GesRZ 2012
Kleinmanns, Shareholder Activism - bedeutender Einfluss institutioneller Investoren auch in Deutschland?, IRZ 2016
Kusznier/Perner, Das neue Aktienbuch - Änderungen durch das Aktienrechts-Änderungsgesetz, ecolex 2009
Lamparter/Schweighart, Das Instrument der Fairness Opinion, ecolex-Script 2010/42
Neues Register zeigt, wer das Sagen hat, Die Presse 2017/18/04
Reich-Rohrwig/Zimmermann, EU: Einigung auf die Reform der Aktionärsrechte-Richtlinie (Teil I) , ecolex 2017
Rosenberger, Shareholder Activities und Konzernrückhalt, SWK 31/2008
Ruhm, Neuerungen zum Squeeze-out durch das Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006, ecolex 2006
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Senz, Komplexität, Rückkopplung und Meinung der Masse, CFOaktuell 2016
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Url, Kapitalmärkte als Finanzierungsquelle und Instrument zur Unternehmenskontrolle, WiPol 1|2012, Das Kapital 2.0
Varga, Kapitalstrukturtheorien im Zeichen der Krise, ÖBA 2010
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