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FASERVERBUNDE RESSOURCEN OBERFLÄCHEN UMWELTRELEVANZ PTS-FORSCHUNGSBERICHT IW 081042 REDUZIERUNG DER FEUCHT- UND NASSDEHNUNG VON DRUCK- UND SPEZIALPAPIEREN ZUR VERBESSERUNG DES DIMENSIONSVERHALTENS UND DER PLANLAGE BEI DER VERARBEITUNG

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Faserverbunde ressourcen oberFlächen umweltrelevanz

Pts-Forschungsbericht iw 081042reduzierung der Feucht- und nassdehnung von druck- und sPezialPaPieren zur verbesserung des dimensionsverhaltens und der Planlage bei der verarbeitung

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Reduzierung der Feucht- und Nassdehnung von Druck- und Spezialpapieren zur Verbesserung des Dimensionsverhaltens und der Planlage bei der Verarbeitung Dr. Klaus Erhard, Dipl.-Ing. (FH) Jens Kretzschmar Inhalt

Glossar................................................................................................................................................ 2

1 Zusammenfassung.................................................................................................................. 4

2 Abstract .................................................................................................................................... 6

3 Stand des Wissens und der Technik..................................................................................... 8

4 Material und Methoden ......................................................................................................... 11

5 Ergebnisse und Schlussfolgerungen.................................................................................. 14 5.1 Feuchtigkeitsaufnahme von Faserstoffen und Papieren......................................................... 14

5.1.1 Gleichgewichtsfeuchte und Hystereseverhalten ........................................................... 14 5.1.2 Einfluss chemischer Faserstoffeigenschaften auf die Gleichgewichtsfeuchte ............. 16 5.1.3 Feuchtigkeitstransport in beschichteten Papieren und Papierstapeln .......................... 17 5.1.4 Örtlicher und zeitlicher Verlauf des Feuchtigkeitsgehaltes in der Papierebene nach

einem Klimasprung ........................................................................................................ 22 5.1.5 Schlussfolgerungen ....................................................................................................... 23

5.2 Feuchtdehnung (FD) von Papieren infolge von Klimawechseln ............................................. 24 5.2.1 FD in Maschinenrichtung (FDx) ..................................................................................... 24 5.2.2 FD quer zur Maschinenrichtung (FDy)........................................................................... 25 5.2.3 FD in Dickenrichtung (FDz) ........................................................................................... 27 5.2.4 FD ausgewählten Papiersorten ..................................................................................... 28 5.2.5 Fallbeispiel: Wölbung eines zweischichtigen Papierverbundes.................................... 29 5.2.6 Schlussfolgerungen ....................................................................................................... 31

5.3 Papierphysikalische Modelle ................................................................................................... 31 5.3.1 Anisotropie der Dimensionsänderungen der Einzelfaser.............................................. 31 5.3.2 Faseraktivierung während der Papiertrocknung ........................................................... 32 5.3.3 Anisotropie der Dimensionsänderungen des Papiers................................................... 35 5.3.4 Unterschiede zwischen Feuchtdehnung und Nassdehnung......................................... 37

6 Lösungsansätze zur Verbesserung der Dimensionsstabilität ......................................... 39

7 Literaturverzeichnis............................................................................................................... 43

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Glossar

Ads. Adsorption AGU Anhydroglucose unit; Anhydroglucose-Einheit; C6H10O5 b Dicke / m β Feuchtdehnungskoeffizient / %/%-rF bzw. %/%-GGF

Längenänderung bezogen auf die Veränderung der relativen Luftfeuchtigkeit oder der Gleichgewichtsfeuchte

BST Biegesteifigkeit / Nmm c (δc) Konzentration (Konzentrationsgradient) / mol·m-3 CD cross direction; Querrichtung y d Moleküldurchmesser / m D Diffusionskoeffizient / m·s-2 Des. Desorption dpi dots per inch; Bildpunkte pro inch (2,54cm) DSC Differential scanning calorimetry (Differential-Wärmestrom-Kalorimetrie) E Elastizitätsmodul (E-Modul) / GPa; N·m-2 F Kraft / N FD Feuchtdehnung / % FG Feuchtigkeitsgehalt / Masse-% GCC ground calcium carbonate (gemahlenes Calciumcarbonat) GGF Gleichgewichtsfeuchte, Feuchtigkeitsgehalt im Gleichgewichtszustand / Masse-% GVZ Grenzviskositätszahl / cm3·g-1 J Teilchenstromdichte / mol·m-4 k Boltzmann-Konstante (k = 1,381·10-23 J·K-1) l Länge oder: mittlere, freie Weglänge / m LDPE low-density polyethylene; Polyethylen geringer spezifischer Dichte

(gegenüber HDPE; high-density polyethylene) l/q Längs-Quer-Verhältnis m Masse / g mA flächenbezogene Masse / g·m-2 mt Masse zum Zeitpunkt t / g m∞ Masse im Gleichgewichtszustand (nach unendlich langer Zeit) / g M Molmasse / g·mol-1 MD machine direction; Maschinenrichtung; Laufrichtung x ND Nassdehnung / % otro ofentrocken p Druck / N·m-2 PAAE Polyamidamin-Epichlorhydrin-(Harz) φ relative Luftfeuchtigkeit / % PE Polyethylen PET Polyethylenterephtalat (ein Polyester)

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PLS partial least squares; Methode der kleinsten Fehlerquadrate PM Papiermaschine PPH Pigment-Polymer-Hybrid r Radius / m REM Raster-Elektronen-Mikroskop(ie) rF relative Feuchte (Luftfeuchtigkeit) φ / %

Verhältnis des Partialdruck des Wassers zu dessen Sättigungsdampfdruck S5 Alkalilöslichkeit S5; in 5%-iger Natronlauge löslicher Faserstoffanteil (s – solubility) / % SB Biegesteifigkeit / N·m σ Oberflächenspannung (=γ) / N·m-1 σ Standardabweichung T Temperatur / °C bzw.: K θ Randwinkel / ° VPM Versuchspapiermaschine s (δs) Weg, Ortskoordinate (Weginkrement) / m WRV Wasserrückhaltevermögen / % WS Wirksubstanz x Längsrichtung des Papiers (dreidimensionales Koordinatensystem) Xc (Raman-spektroskopisch ermittelter) Kristallinitätsgrad / % y Querrichtung des Papiers (dreidimensionales Koordinatensystem) z Dickenrichtung des Papiers (dreidimensionales Koordinatensystem) zD z-direction; Dickenrichtung z

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1 Zusammenfassung

Zielstellung Das Forschungsvorhaben zielte auf die die Reduzierung der Feucht- und Nass-dehnung von Spezialpapieren.

Ergebnisse Es wurden Untersuchungen zur chemischen und strukturellen Beschaffenheit sowie zur Feuchtigkeitsaufnahme von Faserstoffen sowie zu den Dimensionsän-derungen und den Veränderungen der Struktur und der visko-elastischen Festig-keitseigenschaften von Papier durchgeführt.

Die Hysterese der Gleichgewichtsfeuchte (GGF) von Zellstoffen wurde maßgeb-lich von der relativen Luftfeuchtigkeit und im untergeordneten Maße von der Temperatur bestimmt. Die Variationsbreite der chemischen Eigenschaften und der Kristallinität marktüblicher Kraftzellstoffe war zu gering um einen signifikanten Einfluss auf deren GGF auszuüben. Der Zutritt von Luftfeuchtigkeit zur Faser konnte durch geeignete Papieradditive, eine geeignete Papierstruktur, Impräg-nierungen oder aufgebrachte Barriereschichten verzögert, in keinem Fall aber verhindert werden.

Irreversible Veränderungen der Papierdimensionen, -struktur und -festigkeit traten oberhalb etwa 60% rel. Luftfeuchte (GGF ca. 7%) auf. Die quellungsindu-zierten (Luftfeuchtigkeit kleiner 100%) Dimensionsänderungen in Längs- und Dickenrichtung sowie der Rückgang von Faser-Faser-Bindungsfläche, Dichte, Papier-E-Modul, Biegesteifigkeit und Glätte blieben auch nach der Rücktrock-nung erhalten. Die Dimensionsänderungen in Querrichtung erfolgten hingegen weitgehend reversibel.

Es wurde ein signifikanter Zusammenhang zwischen den Dimensionsänderun-gen in Quer- und Dickenrichtung beobachtet. Wurden Faser unter hoher Zug-spannung im Papier fixiert (Reckung), so erhöhte dies den Faser-E-Modul, was zu einer besseren Dimensionsstabilität und einer geringeren GGF führte.

Schluss-folgerung

Das Dimensionsverhalten von Papieren wird von den visko-elastischen Eigen-schaften der Papiermatrix und der Einzelfasern dominiert. Geeignete Maßnah-men zur Reduzierung der Feuchtdehnung sind die Schrumpfungsbehinderung während der Trocknung, ein geringes Längs-Quer-Verhältnis, eine geringere Mahlung, eine geeignete Klimakonditionierung sowie die Einbindung feuchtig-keitsunempfindlicher Synthesefasern in das Papier.

Danksagung Die Ergebnisse wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens IW 081042 gewonnen, das im Programm zur "Förderung von Forschung und Entwicklung bei Wachstumsträgern in benachteiligten Regionen" mit finanziellen Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) über den Projektträ-ger EuroNorm Gesellschaft für Qualitätssicherung und Technologie mbH geför-dert wurde. Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

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Unser Dank gilt darüber hinaus den beteiligten Firmen der Papier- und Zuliefer-industrie für die Unterstützung der Arbeiten.

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2 Abstract

Objective Objective of this research project was to reduce the hygroexpansivity and wet expansion of specialty papers.

Results Tests were done to investigate the chemical, structural and moisture absorption properties of pulps as well as changes in the dimensions, structure and visco-elastic strength properties of paper.

The equilibrium moisture content (EMC) hysteresis of chemical pulps depended primarily on relative humidity and to a lesser extent on temperature. The variation range of the chemical properties and crystallinity of commercial kraft pulps was not large enough to have significant impacts on EMC. By using suitable paper additives, a suitable paper structure as well as impregnation and barrier coatings, it was possible to delay – but not prevent – the contact between fibres and humidity.

Irreversible changes in the dimensions, structure and strength values of paper occurred at relative humidity levels above 60% (EMC of approx. 7%). Swelling-induced dimensional changes (humidity below 100%) in machine and thickness directions as well as reductions in the bonding area between fibres, density, elastic modulus of paper, bending stiffness and smoothness were found to subsist after drying. The dimensional changes in cross direction were largely reversible.

A significant relationship was found between the dimensional changes in cross- and thickness directions. The elastic modulus of fibres was increased by fibre orientation, i.e. the fixing of fibres in paper under high tensile stress, leading to better dimensional stability and reduced EMC.

Conclusions The dimensional stability of paper is predominantly determined by the visco-elastic properties of paper matrices and single fibres. Suitable measures to reduce hygroexpansivity are the vertical constraint of the web during drying, small MD-CD ratios, reduced refining, suitable atmospheric conditioning as well as the incorporation of moisture-resistant synthetic fibres into paper.

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Acknowledge-ment

The research project IW 081042 was funded by the German Federal Ministry of Economics and Technology BMWi in the programme for the "Promotion of Research, Development and Innovation in disadvantaged areas" based on the decision of the German Parliament and carried out under the umbrella of Euro-Norm in Berlin. We would like to express our warm gratitude for this support.

We would also like to express our thank to the involved companies for providing proper samples as well as for supporting project performance.

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3 Stand des Wissens und der Technik

Phänomene Die Verarbeitbarkeit von Druckpapieren und Spezialpapieren, wie z. B. Inkjet druck-, Filter-, Tapeten-, Etiketten- und Dekorpapier sowie von Flüssigkeitskarton und anderen mehrlagigen oder mehrschichtigen Papieren, hängt wesentlich von ihrem Feuchte- oder Nassdehnungsverhalten ab. Dabei ist das Dimensionsver-halten das Resultat der Wasserdampf- oder Wasseradsorption und der damit verbundenen Quellung der cellulosischen Faserwand, welches durch Wechsel der relativen Luftfeuchte oder beim direkten Befeuchten herbeigeführt wird. Im Papier äußert sich die anisotrope Dimensionsänderung der Fasern erzeugungs-bedingt in einer ebenfalls anisotropen Dimensionsänderung. Eine ungleichmäßi-ge Papierstruktur in MD-, CD- und z-Richtung oder in mehrschichtigen bzw. mehrlagigen Papieren führt dabei zur Wölbung (Curl) sowie Welligkeit und Blasigkeit (Cockling). Hauptsächlich dort, wo exakte Planlage oder hohe Maßhal-tigkeit gefordert ist macht sich dieses Verhalten besonders nachteilig bemerkbar.

Nachteiliges Dimensionsverhalten wird dann vermieden, wenn Wege gefunden werden, die Feuchte- und Nassdehnung von Papier zu reduzieren. Dabei können drei Wege beschritten werden:

• Beeinflussung des Wassersorptionsverhaltens, das zur Quellung oder Schrumpfen der Faserzellwand führt,

• Beeinflussung der Anisotropie in der Papierstruktur und

• Beeinflussung des E-Moduls der Papierstruktur in Abhängigkeit von Be-feuchtung oder Nässe.

Definition von Feucht- und Nassdehnung

Während die Feuchtdehnung durch Änderungen der relativen Luftfeuchtigkeit in der Umgebungsluft verursacht wird, führt direktes Benetzen mit flüssigem Wasser zur Nassdehnung.

Bei hoher relativer Luftfeuchtigkeit von über 70% (23°C), oder besonders bei direktem Wasserkontakt im Falle der Nassdehnung, werden neben den Quellef-fekten in der Faserzellwand, die zur Feuchtdehnung führen, auch Spannungen im Papier gelöst, die auf die schrumpfungsbehinderte Trocknung zurückzuführen sind. Deshalb führt die Nassdehnung zu einer stärker irreversiblen Dimensions-änderung als die der Feuchtdehnung.

Einflüsse auf die Feuchtdehnung

Die Feuchtdehnung eines Papiers ist eine Materialeigenschaft, ähnlich der thermischen Ausdehnung. Ihre Größe hängt ab von

• dem Adsorptionsverhalten des cellulosischen Fasermaterials gegenüber Wasserdampf, d. h. der für Wasserdampf bzw. Wasser zugänglichen, spezi-fischen Konzentration an OH-Gruppen und damit vom Grad der Fa-serkristallinität [1, 28],

• dem Ladungscharakter des Fasermaterials, wie z. B. der Carboxylgrup-penkonzentration und dem daraus resultierenden Adsorptionsverhalten [1, 2, 3],

• dem chemischen Milieu und Modifizierungen, die die Zugänglichkeit des

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Porensystems der Faserwand und der OH-Gruppen beeinflussen [1],

• dem Spannungszustand der einzelnen Fasern im Fasernetzwerk der Pa-pierstruktur [4] und

• dem elastisch-plastischen Zug- und Dehnungsverhalten und damit vom E-Modul des Fasernetzwerkes in MD-, CD- und z-Richtung im Papier.

Übertragung der Faseranisotropie durch die PM auf das Papier

Bedingt durch ihren Feinbau quillt die Faserzellwand quer zur Faserhauptachse, d. h. bei Aufnahme von Feuchtigkeit nimmt die Faserbreite zu, wobei die Faser-länge nahezu konstant bleibt. Bei Quellung dehnen sich die Makrofibrillen transversal um etwa 20 % aus. Bei Trocknung schrumpft die Faserwand wieder, z. T. irreversibel [5].

Die hydrodynamischen Bedingungen im Stoffauflauf und in der folgenden Entwässerung sind die Ursache für die Vorzugsausrichtung der Fasern in Maschinenrichtung (MD) und das Eigenschaftsprofil in Querrichtung (CD). Infolgedessen zeigt auch das Feuchtdehnungsverhalten eine ausgeprägte Anisotropie.

Dehnung in z-Richtung

Bisher fand die Feuchtdehnung senkrecht zur Papierebene wenig Beachtung. Für frei getrocknete Papiere ist die mit der Volumen-Feuchtdehnung erfasste Größe moderat. Im Gegensatz dazu wird für Papier, das schrumpfungsbehindert getrocknet wurde, eine irreversible Dickenzunahme beobachtet, die auf das Freisetzen innerer Spannungen zurückgeführt wird. Die ablaufenden Verände-rungen haben dabei Auswirkungen auf die Papierdicke und das E-Modul, wo-durch auch auf die Biegesteifigkeit des Papiers irreversibel Einfluss genommen wird. Dies hat Auswirkungen auf die Papieroberflächentopographie und die Druckqualität z. B. von hochwertigen Inkjet-Drucken.

Mehrschichtige / mehrlagige Papiere

Besteht ein Papier aus mehreren Lagen oder Schichten, wie dies beispielsweise für Polyethylen- (PE-) oder mit Strichen beschichtetes Papier der Fall ist, so entstehen Papierverbunde, deren Feuchtdehnungskoeffizient und E-Modul in den Schichten voneinander abweichen. Unterliegen diese Verbunde wechseln-den Umgebungsklimaten, so wird sich das Papier wölben und kann nicht quali-tätsgerecht verarbeitet werden.

Modelle Die Feuchtdehnung von Papieren ist das Resultat der Einzelfaserquellung und der Spannungsübertragung in das Fasernetzwerk, UESAKA präsentierte hierfür eine allgemeine Formel [6].

Modelle zur Beschreibung des zeitlichen Verlaufs der Feuchtigkeitsaufnahme cellulosischer Fasern werden in [7] und [8], in sehr guter Übereinstimmung mit experimentellen Werten, vorgestellt.

Für die Bestimmung feuchtigkeitsabhängiger Einzelfasereigenschaften stehen, trotz intensiver Durchführung von Forschungsarbeiten (z.B. [9]), noch keine Routine-Messverfahren zur Verfügung. NEAGU stellte ein mikromechanisches Modell für die Bestimmung der Einzelfasereigenschaften aus den mechanischen Eigenschaften von Fasermatten vor [10].

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Mit der Übertragung der mechanischen Einzelfasereigenschaften mittels der Methode der finiten Elemente beschäftigen sich u.a. HEYDEN [11]. NYGARDS [12] und BORTOLIN [13] stellen Ansätze zur Modellierung des Wölbungsverhal-ten von Papieren vor.

Strategien zur Reduzierung von Feucht- und Nassdehnung

Unzureichender Dimensionsstabilität wird sowohl mit Maßnahmen, die die Papierrezeptur betreffen bzw. mit Maßnahmen, die die Faserstoffaufbereitung und die Papiermaschineneinstellungen betreffen begegnet. Zur Verringerung des Feuchtdehnungskoeffizienten durch die Rezeptur wurden und werden folgende Strategien verfolgt:

1. Cellulosische Faserstoffe: Auswahl und Einsatz von weniger hygroskopi-schen Faserstoffen, deren Quellvermögen durch hohe Anteile geordneter, kristalliner Bereich gering ist [1, 14].

2. Ladungseigenschaften: Auswahl von Faserstoffen mit einem geringen Ge-halt an funktionellen, geladenen Gruppen, um die verstärkte Assoziation von Wasser zu reduzieren [1, 2],

3. Nichthygroskopische Anteile: Einsatz nichtquellender, dimensionsstabiler Faserstoffe wie Polyester- oder Glasfasern bzw. von Füllstoffen [14, 15, 16],

4. Verringerung der Feuchtdehnung durch geringere Quelleffekte: Reduzie-rung der Zugänglichkeit der Faserwand durch Veränderung der Porenstruk-tur und durch zugbelastete Fasern in einer verfestigten Papierstruktur [1, 4, 17].

Hinsichtlich der Faserstoffaufbereitung, der Bahnbildung und der Trocknung werden folgende Strategien verfolgt:

1. Verminderung der Faserstoffquellung und Reduzierung der Feinstoffbildung in der Mahlung, um die Bildung unterschiedlich in der Trocknung schrump-fende Faserstofffraktionen zu vermeiden [14, 18, 19].

2. Steigerung der Gleichmäßigkeit der Papierstruktur (Dichte, Faserorientie-rung, Retention von Füll- und Feinstoffen) durch geeignete Entwässerungs- und Pressbedingungen [16, 20, 21]

3. Vermeidung ungleichmäßiger Restspannungen im Papier durch geeignete Trocknungsbedingungen, wie beispielsweise durch Vermeidung einseitiger Trocknung [18, 22]. Durch Wahl geeigneter Trocknungsbedingungen kann vor allem die Feuchtdehnung in CD-Richtung gesteuert werden.

Verstärkte Faser-Faser-Bindung führt für frei getrocknete Papiere zu gesteiger-tem E-Modul und zu stärkerer Feuchtdehnung in der x-y-Ebene. Trocknet man dieses Papier schrumpfungsbehindert, so zeigt es sich dass zwar das E-Modul weiterhin mit steigender Zwischenfaserbindung ansteigt, jedoch die Feuchtdeh-nung diesem Anstieg nicht folgt. Dieses Verhalten wird auf die Ausbildung unterschiedlich gebundener Fasersegmente bei freier oder schrumpfungsbehin-derter Trocknung zurückgeführt [23, 24].

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4 Material und Methoden

Faserstoffe Für Sorptionsmessungen wurden gebleichte Kraftzellstoffe (Ahorn, Birke, Euka-lyptus grandis, Fichte/Kiefer), Baumwoll-Linters, PET-Fasern sowie Viskosefa-sern ausgewählt. Die VPM-Versuche (VPM – Versuchspapiermaschine) wurden mit einem Eukalyptus-Kraftzellstoff durchgeführt.

Einlagige Papiermuster

Für den Vergleich der Feuchtdehnungseigenschaften wurden folgende Papier-muster verwendet: Officepapiere, Bogenoffsetpapiere, Luftfilterrohpapiere, imprägnierte Luftfilterpapiere (Phenolharz basierend), Lochkartenkarton, Perga-min, Dekorpapier, Tapetenvliese (synthesefaserhaltig), Vorimprägnate und Rohpapiere für Inkjet-Verbunde (unterschiedliche flächenbezogene Massen und Füllstoffgehalte).

Mehrlagige Papiermuster

Für die Ermittlung des Planlageverhaltens wurden zwei-, drei- bzw. vierlagige Laminate ausgewählt. Hierbei handelte es sich um Papier-Karton-Laminate bzw. Papier-Nichtpapier-Verbunde (PE-Schichten, Funktionsbeschichtungen).

Für die Ermittlung des Kanteneindringens von Luftfeuchtigkeit wurde ein ausge-wähltes Papier auf der Ober- und der Unterseite wasserdampfundurchlässig beschichtet. Hierzu wurde mittels Extrusionsbeschichtung beidseitig eine LDPE-Schichte aufgebracht und darauf mittels eine Heißlaminiergerätes eine Alumini-umfolie kaschiert. Die LDPE-Schicht fungierte hierbei als Schmelzklebstoff und die Aluminiumfolie als Wasserdampfbarriere.

Prüfklimate Die Papierprüfungen im Temperaturbereich von 15 bis 30°C bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 10 bis 90% durchgeführt. Neben dem Normklima (23°C / 50% rF) wurden insbesondere die Klimate 15°C / 20% rF (trockenes Referenz-klima) und 30°C / 80% rF (feuchtes Referenzklima) verwendet.

Klimatisierungs-einrichtung

Die Klimatisierung und die Messungen erfolgten im Klimaraum (Normklima) sowie in einem geeigneten Klimaschrank (Typ C+10/600; Fa. CTS GmbH; Hechingen/Deutschland). Die Klimatisierung der Muster erfolgter unter perma-nenter Luftumwälzung.

Die Messungen wurden unmittelbar im Klimaschrank, ohne die Entnahme der Proben, durchgeführt. Hierzu wurden die Prüfgeräte in den Klimaschrank gestellt und durch Handlochdurchführungen mit Handschuhen bedient.

Gleichgewichts-feuchte

Der Feuchtigkeitsgehalt (FG) wurde gravimetrisch aus dem Gewicht der feuch-ten und der ofentrockenen Probe (otro; ISO 638), gemäß

otro

otrofeucht

otro

OH

mmm

mm

FG 2 −==

ermittelt. Die Gleichgewichtsfeuchte (GGF) war erreicht, wenn der Feuchtig-keitsgehalt zeitlich konstant war.

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Chemische und strukturelle Faserstoff-eigenschaften

Ausgewählte chemische und strukturelle Eigenschaften der Faserstoffe wurden gemäß Tab. 1 ermittelt.

Tab. 1: Übersicht über die vermessenen Faserstoffeigenschaften

Faserstoffeigenschaft Prüfnorm

Carboxylgruppengehalt TAPPI T237 om-88

Grenzviskositätszahl ZM IV/36/61

Kristallinitätsgrad Xc Raman-IR-spektrometrisch (an Röntgenstreuung kalibriert); [25]

Löslichkeit gegenüber 5%-iger Natronlauge (L5 / S5)

DIN 54356

Feuchtdehnung (Papierebene)

Die Feuchtdehnung (FD) entspricht der relativen Längenänderung von Prüfstrei-fen in unterschiedlichen Klimaten, bezogen auf ein Referenzklima:

%1001LL

FDalimferenzkRe

alimK.beliebalimK.beliebalimferenzkRe ⋅⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛−=→

Die rechteckigen Prüfstreifen waren 15 – 19 cm lang und 2,5 – 3 cm breit. Sie wurden liegend und lastfrei gelagert und klimatisiert.

Die jeweilige Länge der Prüfstreifen wurde mit einem Auflichtscanner (EPSON V750 PRO; Fa. Epson Corporation) und einer anschließenden Bildauswertung ermittelt. Zur Bildaufnahme wurden die Prüfstreifen auf das Scannerglas aufge-legt und mit einer Glasplatte beschwert. Hierdurch wurden die Streifen vollflächig an das Scannerglas angedrückt. Der Auflagedruck betrug 500 – 700 Pa (5 – 7 g/cm²). Es wurden Schwarz-Weiß-Bilder mit einer Auflösung von 1500 dpi aufgenommen, entsprechend einer kleinsten registrierbaren Längenänderung von 17 µm (ca. 0,1 % der Streifenlänge).

Die Länge der Ober- und der Unterkante der Prüfstreifen wurde als gedachte Linie zwischen den beiden betreffenden Eckpunkten aus dem Scannerbild ermittelt. Hierfür wurden die x-y-Koordinaten der Eckpunkte mit Hilfe des Bildbe-arbeitungsprogramms ‚IrfanView’ (V4.20; Irfan Skiljan) bestimmt und ihr Abstand im kartesischen Koordinatensystems mit Hilfe des Satz des Pythagoras ermittelt.

Es wurde eine Sechsfachbestimmung (drei Prüfstreifen; Messung jeweils Ober- und Unterkante) durchgeführt.

Abweichend zur DIN-Methode (DIN ISO 8226-1) hatten die Prüfstreifen andere Maße und wurden während des Messvorgangs nicht durch eine Last gedehnt. In Vergleichsmessungen wurde mit der DIN-Methode eine geringfügig höhere Feuchtdehnung bestimmt.

Bei Wiederholungsmessung an Papier (n=9) wurde eine Standardabweichung (1σ) von kleiner 0,05%-Punkten der Feuchtdehnung ermittelt. Die gemessene thermische Ausdehnung eines feuchtigkeitsunempfindlichen Inertmaterials (Stahlmaßstab) betrug in verschiedenen Klimaten (ΔT = 15 K) 0,0%.

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Feuchtdehnung (Dickenrichtung)

Die Feuchtdehnung in Dickenrichtung (z-Richtung) wurde analog zur Papierebe-ne als relative Änderung der Papierdicke bei unterschiedlichen Klimaten, bezo-gen auf ein Referenzklima ermittelt.

Um die Empfindlichkeit der Dickenmessung zu erhöhen wurde eine Stapelmes-sung an drei übereinanderliegenden Bögen durchgeführt. Voruntersuchungen zeigten einen linearen Zusammenhang zwischen Bogenanzahl und Dicke.

Mit steigendem Feuchtigkeitsgehalt erhöhte sich die Kompressibilität, insbeson-dere der Papiere mit geringer scheinbarer Dichte, infolge des sinkenden E-Moduls. Dies führte dazu, dass die gemessene Feuchtdehnung geringer ausfiel als die tatsächliche. Die klimaabhängige Veränderung der Oberflächen-rauhigkeit beeinflusste dieses Messergebnis ebenfalls.

Nassdehnung (Papierebene)

Die Nassdehnung wurde mit einen ‚Wet Stretch Dynamics Analyzer’ (Fa. emtec Electronic GmbH; Leipzig/Deutschland) ermittelt. Sie ergab sich aus der relativen Längenänderung eines Prüfstreifens nach einseitiger Benetzung mit Wasser im Überschuss. Der Prüfstreifen hatte eine Breite von 6 cm und wurde auf einer Länge von 5 cm benetzt. Die Einspannung erfolgte in das Gerät zwischen einer feststehenden und einer beweglichen Klemme (mit Wegaufnehmer). Der Streifen stand während des gesamten Messvorganges unter einer konstanten Last von 1 N in Messrichtung.

Die Längenänderung des Streifens wurde kontinuierlich aufgezeichnet und die relative Längenänderung nach einer Benetzungsdauer von 25 s als Messwert der Nassdehnung verwendet.

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5 Ergebnisse und Schlussfolgerungen

5.1 Feuchtigkeitsaufnahme von Faserstoffen und Papieren

5.1.1 Gleichgewichtsfeuchte und Hystereseverhalten

GGF ausgewählter Faserstoffe

Die Abb. 1 zeigt die Gleichgewichtsfeuchte ausgewählter Faserstoffe in Abhän-gigkeit der relativen Luftfeuchtigkeit (zyklischer Klimawechsel). Die Faserstoffe wurden vor der Messung bei 20% rF klimatisiert.

Der Beginn der Kurven ist jeweils bei 50% rF, anschließend wurde die relative Feuchte wie folgt verändert: (50%)..80%..50%..20%..50% rF.

0

2

4

6

8

10

12

14

10 20 30 40 50 60 70 80 90relative Luftfeuchtigkeit / %

Gle

ichg

ewic

htsf

euch

te F

aser

stof

f / % Kraftzellstoff

(Eukalyptus)

Kraftzellstoff(Ahorn)

Kraftzellstoff(Fichte/Kiefer)

Linterszellstoff

PET-Fasern

Viskosefasern

Abb. 1: Gleichgewichtsfeuchte ausgewählter Faserstoffe bei 23°C (95% Konfidenzintervall jeweils < ±0,2 %-Punkte)

Zwischen den Kraftzellstoffen wurden lediglich marginale Unterschiede festge-stellt. Auch Vergleiche mit weiteren Kraftzellstoffen zeigten, dass sich diese hinsichtlich ihrer GGF nicht signifikant voneinander unterschieden. Folglich konnte – im Rahmen der ausgewählten Faserstoffe – nicht auf einen Faserstoff mit geringerer GGF und demzufolge geringerer Neigung zu Dimen-sionsänderungen zurückgegriffen werden. Der nahezu hemicellulosefreie Linterszellstoff wies etwas geringere GGF als gebleichter Kraftzellstoffe auf.

Alle cellulosischen Faserstoffe zeigten ein ausgeprägtes Hystereseverhalten. Die GGF des Faserstoffs bei definierter relativer Luftfeuchte, war davon abhängig, ob er zuvor einem trockeneren/feuchteren Klima ausgesetzt war (Adsorption-sast/Desorptionsast der Hysteresekurve). Die Anzahl der durchlaufenen Klima-wechselzyklen hatte keinen signifikanten Einfluss auf das Hystereseverhalten, es wurde in jedem Klimawechselzyklus eine vergleichbare Hysteresekurve regist-riert.

Vergleichend dargestellt sind die GGF einer Viskosefaser sowie einer PET-Faser. Die amorphe Cellulose-II-Modifikation der Viskose führte gegenüber den

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nativen Cellulosefasern (Cellulose I) zur deutlich höheren Feuchteaffinität. Die GGF der PET-Faser, wie sie in einigen Spezialpapieren eingesetzt werden, war vernachlässigbar, es wurde keine Hysterese beobachtet. Die GGF eines unter-suchten, pulverförmigen Calciumcarbonates (nicht in der Abbildung dargestellt) war stets geringer als die der PET-Faser und daher ebenfalls vernachlässigbar.

PLS-Modell der Gleichgewichts-feuchte eines Kraftzellstoffs

Zur PLS-Modellierung der Hysterese der GGF in Abhängigkeit der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit wurden Messergebnisse von PRAHL [26], die den Bereich unserer Ergebnisse wesentlich erweiterten, verwendet. Dadurch wurde ein Temperaturbereich von 20 – 80°C (extrapoliert 15°C) sowie der Luftfeuchtigkeitsbereich 10 – 90% rF abgedeckt. Für die PLS-Modellierung war ein kubischer Modellansatz zutreffend.

Die Abb. 2 zeigt ausgewählte Ad- und Desorptionsisothermen des von PRAHL untersuchten Kiefern-Kraftzellstoffs. Die Feuchtigkeitsadsorption ist exotherm [27], die GGF sinkt bei mit steigender Temperatur (bei konstanter relativer Luftfeuchte). Mit steigender GGF des Zellstoffs nimmt hierbei die Adsorptions-wärme ab [26].

2

4

6

8

10

12

14

16

0 20 40 60 80 100relative Luftfeuchte / %

GG

F K

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/ %

Ads 15°CAds 23°CAds 30°CDes 15°CDes 23°CDes 30°C

Abb. 2: Ad- und Desorptions-Isothermen der GGF eines Kiefernsulfatzellstoffes (nach PRAHL [26]; PLS-Modellierung mit Cornerstone)

Die Modellrechnung steht in Übereinstimmung mit den Messdaten der Kraftzell-stoffe in Abb. 1.

Hysterese der GGF von Papieren

Für die GGF aller untersuchten, füllstofffreien Papiere wurde eine sehr gute Übereinstimmung mit dem PLS-Modell nach PRAHL beobachtet, die Hysterese wurde richtig und genau wiedergegeben.

Da Füllstoffe in betrachteten Luftfeuchtigkeitsbereich keine signifikanten Feuch-tigkeitsmengen adsorbierten, war die GGF des füllstoffhaltigen Papiers P.46 (20% Füllstoff) um etwa 20% geringer als die des füllstofffreien Papiers P.43. Die Feuchtigkeitssorption des enthaltenen Faserstoffs blieb durch die Füllstoffzuga-be unverändert.

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0

2

4

6

8

10

12

14

10 20 30 40 50 60 70 80 90relative Luftfeuchtigkeit / %

Gle

ichg

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htsf

euch

te P

apie

r / %

P.43 (163g/m²;1,00g/cm³;füllstofffrei)

P.46 (83g/m²;0,88g/cm³;20% Füllstoff)

Ads. 23°C(nach PRAHL)

Des. 23°C(nach PRAHL)

Abb. 3: GGF zweier Papiere (P.43; P.46) bei 23°C

Einfluss von Imprägnierungen

Die Untersuchung der GGF von Luftfilterpapieren, die mit 12-20% eines Phenol-harzes imprägniert waren zeigte, dass der enthaltene Zellstoff seine Gleichge-wichtsfeuchte trotz der Imprägnierung vollständig erreichte. Offensichtlich verhinderte die Imprägnierung den Feuchtigkeitstransport in die Faserwand nicht. Es ist auch anzunehmen, dass die Blockierung von OH-Gruppen der Cellulose an der Faseroberfläche durch eine Reaktion mit den Harzkomponen-ten marginalen Einfluss auf die sich einstellende GGF hat. Inwieweit die Feuch-tigkeitsaufnahme durch die Harzimprägnierung verzögert wurde, wurde nicht untersucht.

GASSER et al. [7] beobachteten, dass die Ölimprägnierung von Karton auch dessen GGF nicht veränderte, die Gleichgewichtseinstellung aber verzögerte.

5.1.2 Einfluss chemischer Faserstoffeigenschaften auf die Gleichgewichtsfeuchte

GGF und chemische Eigenschaften

Für die untersuchten, in der Papiererzeugung typischen, Zellstoffe wurde keine signifikante Abhängigkeit der GGF von deren chemischer Zusammensetzung bzw. deren Kristallinität beobachtet. Die Korrelation zwischen GGF und

• dem Gehalt geladener Hemicellulosen (S5),

• der Faserstoffladung (Carboxylgruppengehalt)

• der Grenzviskositätszahl (mittleren Molmasse) und

• dem Kristallinitätsgrad Xc (Raman)

war gering.

Lediglich Baumwoll-Linters Faserstoffe wiesen aufgrund des Fehlens von Hemicellulosen eine deutlich geringere Faserstoffladung, einen höheren Kristal-linitätsgrad und eine geringere GGF auf als Kraftzellstoffe.

Kristallinität Die Kraftzellstoffe wiesen hinsichtlich ihrer GGF nur geringe Unterschiede auf.

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und GGF Ihr Kristallinitätsgrad lag zwischen 40% und 47%. Vermutlich war die Variations-breite der typischen Papierzellstoffe zu gering um die, u.a. von LEE [19], VA-LENTINE [28] und MIHRANYAN [29] beschriebene Abhängigkeit von Kristallini-tätsgrad und Gleichgewichtsfeuchte zu beobachten. VALENTINE hatte für cellulosische Faserstoffe mit Kristallinitätsgraden zwischen 21% und 62% einem Rückgang der GGF mit steigender Kristallinität beobachtet und dies auf die Unzugänglichkeit der Kristallite für Luftfeuchtigkeit zurückgeführt.

Kristallinität und Ladung

Die für die Faserladung maßgeblich verantwortlichen Hemicellulosen liegen in amorpher Form in der Faserwand vor. Das bedeutet, dass Faserladung und Kristallinität nicht unabhängig voneinander gemessen bzw. im Faserstoff einge-stellt werden können. Es bestand eine starke Korrelation zwischen dem Kristalli-nitätsgrad und der Alkalilöslichkeit S5 bzw. der Gesamtladung des Faserstoffs.

Dabei verringert der Anteil amorpher Hemicellulosen den Raman-spektrosko-pisch ermittelten Kristallinitätsgrad Xc der Cellulose.

Betrachtung auf molekularer Ebene

Für reine, amorphe Cellulose entspricht eine GGF von 8,0% einem Verhältnis von einem Molekül Wasser je Anhydroglucoseeinheit [M(H2O) ≈ 18 g/mol; M(AGU; C6H10O5) ≈ 225 g/mol]. Da nur amorphe, nicht jedoch kristalline Berei-che für Feuchtigkeit zugänglich sind, muss der Kristallinitätsgrad in diese Be-trachtung einbezogen werden.

Für reine Cellulose mit einer GGF von 8,0% und einem Kristallinitätsgrad Xc = 50% (50% amorphe Bereiche) ergibt sich ein Verhältnis von zwei Molekülen Wasser je zugängliche AGU. Für Xc = 66% beträgt das Verhältnis drei Moleküle Wasser je AGU, somit wäre rechnerisch an jeder Hydroxylgruppe der zugängli-chen AGU ein Wassermolekül gebunden.

TOPGAARD und SÖDERMANN [30] ermittelten, dass die monomolekulare Bedeckung eines Zellstoffs, wie er in Filterpapieren eingesetzt wird, bei einem Feuchtegehalt von 4,6% erreicht war. Dies entspricht der GGF bei einer relativen Luftfeuchte von etwa 30%.

5.1.3 Feuchtigkeitstransport in beschichteten Papieren und Papierstapeln

Klimasprung Gegenüber der, im vorangegangenen Abschnitten dargestellten Gleichgewichts-feuchte wird in diesem Abschnitt der zeitliche Verlauf des Feuchtigkeitsgehaltes dargestellt.

Alle Muster waren bei 23°C / 50% rF bis zur GGF klimatisiert. Den Startpunkt der Messungen markierte der Klimasprung auf 30°C / 80% rF. Der Versuch wurde unter permanenter Luftumwälzung durchgeführt, sodass der Feuchtigkeitstrans-port zur zugänglichen Oberfläche der Papierbögen bzw. der Papierstapel sichergestellt war.

Feuchtigkeitsaufnahme eines Einzelblattes

Die Abb. 5 zeigt den zeitlichen Verlauf der Feuchtigkeitsaufnahme von frei zugänglichen Bögen (Format A4):

• eines unbeschichteten Rohpapiers „P.5“,

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• desselben Papiers nach beidseitiger Beschichtung mit LDPE (25 g/m² je Seite) sowie

• desselben LDPE-beschichteten Papiers nach einer zusätzlichen, beidseiti-gen Kaschierung mit Aluminiumfolie (zusätzlich 35 g/m² je Seite).

Die Schnittkanten der beschichteten Papiere blieben offen. Die Abb. 4 zeigt den Querschnitt des laminierten Papiers.

Abb. 4: REM-Aufnahme des Querschnittes eines beidseitig LDPE-beschichteten und mit Aluminiumfolie kaschierten Papiers

0

1

2

3

4

5

6

7

0 168 336 504 672 840 1008 1176 1344 1512 1680 1848 2016Zeit t / h

rela

tive

Mas

seän

deru

ng n

ach

Klim

aspr

ung

(23°

C/5

0%rF

...30

°C/8

0%rF

) / %

P.5unbeschichtet(163g/m²;1,00g/cm³;füllstofffrei)

P.5 +beidseitigLDPE-beschichtet (je25g/m²)

P.5 +beidseitigLDPE- und Al-beschichtet (je25g/m² +35g/m²) +

Abb. 5: Relative Masseänderung von Papierbögen (Format A4) mit und ohne Beschichtung nach einem Klimasprung (168 h = 1 Woche)

Das unbeschichtete Rohpapier erreichte seine Gleichgewichtsfeuchte bereits nach etwa einem halben Tag, da eine vollflächige Zugänglichkeit des Papiers für das Umgebungsklima bestand.

Die LDPE-Beschichtung verzögerte die Feuchtigkeitsaufnahme. LDPE gilt im Bereich organischer Materialien, aufgrund seines unpolaren Charakters bereits als gute Wasserdampfbarriere. Die Wasserdampfdiffusion war dennoch ausrei-chend, um die Einstellung der GGF etwa binnen einer Woche zu ermöglichen.

Erst die Kaschierung mit Aluminiumfolie verhinderte die Wasserdampfdiffusion durch die Bogenober- bzw. Unterseite vollständig, sodass der Gleichgewichtszu-stand auch nach 12 Wochen noch nicht erreicht war. Die Massezunahme erfolgte nach einer kurzen Anlaufphase linear mit der Zeit.

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Wasserdampfdurchlässigkeit PE-Folie

Die gemessene Wasserdampfdurchlässigkeit der verwendeten Barriereschichten betrug bei einem Konzentrationsgefälle von 85% rF und einer Temperatur von 23°C

• für die PE-Schicht: (25µm / 31µm): 11,3 / 8,4 g·m-2·d-1

• für die Aluminiumfolie (13µm): 0,3 g·m-2·d-1.

Feuchtigkeitsaufnahme in Papierstapeln

Die Zutrittsmöglichkeiten für Luft / Wasserdampf sind für die in Stapeln liegenden Bögen eingeschränkt. Wird die Feuchtigkeit, wie oben dargestellt, nur sehr langsam über die Schnittkanten aufgenommen und in die Bogenmitte transpor-tiert, bedeutet das auch für die innen liegenden Bögen eines Papierstapels eine sehr langsame Feuchtigkeitsaufnahme.

Wie die Abb. 6 verdeutlicht, nahm ein Papierstapel, bestehend aus 15 Bögen eines handelsüblichen Papiers für den inkjet-Druck über einen Zeitraum von etwa drei Monaten Feuchtigkeit auf.

Die flächenbezogenen Massen der Einzelschichten eines jeden Bogens des inkjet-Papiers betrugen 60 / 20 / 160 / 40 g/m² für die Funktionsschicht / Vorder-seiten-PE-Beschichtung / Basispapier (1,00 g/cm³; füllstoffrei) / Rückseiten-PE- Beschichtung.

0,0

0,5

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1,5

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3,5

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4,5

0 336 672 1008 1344 1680 2016 2352 2688 3024 3360Zeit t / h

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tive

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seän

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Klim

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(23°

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) / %

1. Bogen desStapels (oben)

2. Bogen desStapels

7. Bogen desStapels

8. Bogen desStapels

Stapel (15Bögen)

Abb. 6: Relative Masseänderung eines Papierstapels (15 Bögen; A4) und ausgewählter Bögen des Stapels nach einem Klimasprung (336 h = 2 Wochen)

Der oben liegende, 1. Bogen des Stapels erreicht die GGF nach etwa zwei Wochen. Bereits der darunter liegende, zweite Bogen offenbarte eine deutlich geringere Massezunahme. Die Massezunahme erfolgte für die innen liegenden Bögen nur noch sehr langsam.

Wege der Feuchtigkeitsaufnahme in das / im Papier

Hinsichtlich des Wasserdampftransports in einem beschichteten bzw. im Stapel liegenden Papier sind zwei Extremfälle zu unterscheiden:

Fall 1: Der Feuchtigkeitstransport erfolgt vollständig durch die Beschichtung hindurch, es erfolgt keine Aufnahme an der Schnittkante und kein

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Transport in der x,y-Papierbene.

Fall 2: Der Feuchtigkeitstransport erfolgt vollständig durch Aufnahme an den Schnittkanten und Transport in der x,y-Papierebene die Beschichtung ist bzw. der Stapel ist vollkommen wasserdampfundurchlässig.

Für einzeln liegende Bögen oder den oberen Bogen eines Stapels war offenbar Fall 1 zutreffend. Die Feuchtigkeitsaufnahme der innen liegenden Bögen ent-sprach dem Fall 2.

Für die betrachteten, mehrschichtigen Papiere erfolgte die Massezunahme im Fall 1 deutlich schneller als im Fall 2. Es wurden keine Unterschiede zwischen Maschinen- und Querrichtung festgestellt.

Neben Geschwindigkeit des Feuchtigkeitstransportes bestimmt die zu bewälti-gende Transportstrecke die Feuchtigkeitsaufnahme. Für den beidseitig LDPE-beschichteten A4-Bogen in Abb. 5 ergeben sich folgende Werte:

a) Transportstrecke durch die LDPE-Schicht hindurch in die Mitte des Ba-sispapiers (Schichtdicke LDPE 25µm; Papier 160µm): 105µm

b) Transportstrecke in der x,y-Papierbene bis in das Zentrum des Bogens (halbe Strecke der kürzeren Kante des A4-Bogens): 10,5cm.

Transport-mechanismen

Nach RADHAKRISHNAN et el. [31] werden für den Feuchtigkeitstransport in Papier die folgenden Transportmechanismen in Betracht gezogen.

1. Freie Diffusion ist in den Hohlräumen Fasernetzwerks möglich. Für ein Papier einer Dichte von 1,00 g/cm³ ergibt sich – unter Berücksichtigung der Dichte von Cellulose von etwa 1,5 g/cm³ [32] – einen Hohlraumanteil von 33%. Für den Diffusionvorgang ist zudem die Gewundenheit (Turtuosität) des Hohlraumnetzwerkes zu beachten. Für den einfachsten Fall, der Diffusion bei konstantem Konzentrationsgefälle δc/δx, kann die Teilchenstromdichte J, also die Masse der pro Zeiteinheit dif-fundierenden Wassermoleküle, aus dem Diffusionskoeffizienten D und dem Konzentrationsgefälle δc entlang des Wegstreckeninkrements δx nach dem 1. Fick’schen Gesetz [33] ermittelt werden:

xcDJ∂∂⋅−=

2. Knudsen-Diffusion tritt auf, wenn die Dimensionen des Porensystems im Bereich der mittleren freien Weglänge der Luft- bzw. Wasserdampfmoleküle liegen. In diesem Fall finden Stöße zwischen den Wasserdampfmolekülen häufiger statt, als zwischen den Gasmolekülen untereinander. Die Trans-portgeschwindigkeit der Moleküle wird dadurch beeinflusst, dass sich kein Strömungsprofil mehr ausbildet. In einem cellulosischen Fasernetzwerk steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Adsorption von Wassermolekülen auf-grund der hohen Wahrscheinlichkeit eines Stoßes mit dem umgebenden Ma-terial. HELLÉN et al. geben einen Beeinflussung der Diffusion durch Adsorp-tionsvorgänge an [34]. Je geringer die Konzentration der bereits auf der Oberfläche adsorbierten Wassermoleküle ist, desto wahrscheinlicher ist die Adsorption. Die freie Weglänge für Gase (Wasserdampf) liegt bei Normal-

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druck und Raumtemperatur im Bereich von 100nm [35].

3. Oberflächendiffusion erfolgt durch Platzwechsel von adsorbierten Wasser-molekülen auf den Oberflächen des Fasernetzwerkes und des Porensystems der Faser. Die Triebkraft ist der Gradient der Oberflächenkonzentration des adsorbierten Wassers. LI et al. ermittelten eine mittlere Verschiebung der Wassermoleküle auf der cellulosischen Faseroberflächen von 3 µm binnen 1,8 ms [36], TOPGAARD und SÖDERMAN geben bei einer Temperatur von -24°C 1,4 µm binnen 0,1 s an [37].

4. Kapillarkondensation und Kapillartransport: An der Innenseite einer ge-krümmten Oberfläche (Pore) herrscht ein kapillarer Krümmungsdruck p, wel-cher gemäß

( )rcos2p θσ ⋅

=

abhängig von der Oberflächenspannung σ des in der Pore befindlichen Me-diums, dem Randwinkel θ zwischen dem Medium und dem Porenmaterial sowie dem Porenradius r und höher als der Umgebungsdruck ist. Entsprechend des Krümmungsdrucks und der relativen Luftfeuchte kann Wasserdampf im Inneren der Pore kondensieren. Ab welchem Krümmungs-druck es zur Kondensation kommt, kann aus dem Phasendiagramm des Wassers abgelesen werden. BREZESINSKI [38] führt das Auftreten der Sorptionshysterese (vgl. Abb. 2) auf diesen Effekt der Kapillarkondensation zurück. Der Kapillarradius kann hierbei nicht beliebig klein sein, der Kapillardruck also nicht beliebig hoch, sondern es muss der Raumbedarf der Wassermoleküle berücksichtigt wer-den. Das Poreninnere wird durch eine Schicht adsorbierter Wassermoleküle belegt. Arbeiten von WEISE et al. [39] zeigten, dass das adsorbierte Wasser in Zell-stoffen bis zu Feuchtigkeitsgehalten von 25-30% auch bis zu Temperaturen von -170°C nicht gefror. NAKAMURA et al. [40] gaben hierfür einen Wert von 19,6% an. Eigene Arbeiten offenbarten Werte in einem vergleichbarer Höhe. Gemäß des Wasser-Phasendiagramms ist die niedrigste Temperatur, bei der noch flüssiges Wasser (bei entsprechendem Druck) auftreten kann etwa -20°C. Folglich ist entweder in luftfeuchten Zellstoffen kein flüssiges Wasser vorhanden oder das flüssige Wasser unterliegt einem starken Unterküh-lungseffekt, wodurch das Gefrieren ausbleibt. Liegt kein flüssiges Wasser vor, so geschieht auch kein Kapillartransport. Wird flüssiges Wasser in den Kapillaren durch Fließvorgänge transportiert, so muss der Radius der, für den Transport benutzen Poren so klein sein, dass das Verdampfen unterbleibt. Der Transport setzt also ein geschlosse-nes System kleiner Poren voraus.

Durch Adsorption und Desorption können die Wassermoleküle zwischen den verschiedenen Transportmechanismen wechseln. Geschwindigkeit bestimmend für die Feuchtigkeitsaufnahme ist der schnellste Mechanismus.

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5.1.4 Örtlicher und zeitlicher Verlauf des Feuchtigkeitsgehaltes in der Papierebene nach einem Klimasprung

Örtliche und zeitliche Feuchtigkeitsverteilung

Die Abb. 7 zeigt die örtliche und zeitliche Verteilung des Feuchtigkeitsgehaltes in der x,y-Ebene eines Papierbogens, der bis zur Einstellung der GGF bei 23°C / 50%rF klimatisiert und anschließend einem Klimasprung auf 30°C / 80%rF ausgesetzt wurde. Hierfür wurde ebenfalls das, in Abb. 5 gezeigte, beidseitig LDPE-beschichtete und mit Aluminiumfolie kaschierte Papier verwendet. Das Eindringen von Luftfeuchtigkeit war ausschließlich über die Schnittkante möglich. Die dargestellte Situation entspricht einem Bogen im Inneren eines Papiersta-pels.

4

5

6

7

8

9

10

0 1 2 3 4 5Abstand von der Schnittkante / cm

(0cm = Schnittkante; 5cm = Bogenmitte)

Gle

ichg

ewic

htsf

euch

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Pap

ier /

%

t = 0h

t = 20h

t = 40h

t = 60h

t = 360h

t = 720h

Abb. 7: Feuchtigkeitsgehalt des wasserdampfundurchlässig beschichteten Papiers mit offener Schnittkante nach einem Klimasprung von 23°C / 50%rF auf 30°C / 80%rF in Abhängigkeit der Zeit und des Abstandes von der Schnittkante (PLS-Modellierung mittels Software ‚Cornerstone’)

Für die PLS-Modellierung wurde ein quadratischer Modellansatz verwendet.

Bewertung Das örtliche Auflösungsvermögen dieser Methode betrug 1 cm, d.h. der darge-stellte Feuchtigkeitsgehalt wurde an jeweils 1 cm breiten Abschnitten des Bogens ermittelt. Dadurch war insbesondere der Feuchtigkeitsgehalt unmittelbar an der Schnittkante nicht exakt, sondern nur als Mittelwert über eine 1 cm breite Randzone messbar. Es wurde davon ausgegangen, dass der unmittelbare Randbereich (µm-Bereich) nach sehr kurzer Zeit seine GGF bei 30°C / 80%rF erreichte. TUFVESSON [27] beobachtete, dass das Feuchtigkeitsprofil während des Kanteneindringens umso steiler ausgeprägt war, je dichter das Papier war.

Der offenbar sehr langsame Feuchtigkeitsanstieg im Bogeninneren zeigt, dass der Feuchtigkeitstransport durch den gesättigten Randbereich hindurch stark erschwert war. Die Adsorption zusätzlicher Wassermoleküle im Randbereich konnte offenbar erst erfolgen, wenn bereits adsorbierte Wassermoleküle durch Transportmechanismen ins Bogeninnere befördert worden waren und sich das Wasserdampf-Papier-Gleichgewicht erneut im Randbereich einstellen konnte. Die relative Luftfeuchte der Gasphase in den Netzwerkhohlräumen steht hierbei im Gleichgewicht mit dem Faserfeuchtigkeitsgehalt [41].

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Der schnelle Anstieg des Feuchtigkeitsgehaltes des Randbereichs gegenüber der Bogenmitte zeigte, dass eindringende Wassermoleküle zu einem hohen Anteil adsorbiert und somit an freier Diffusion bzw. Diffusion nach Knudsen gehindert wurden.

RADHAKRISNAN et al. [31] beobachteten, dass der Feuchtigkeitstransport in z-Richtung mit steigender Papierdichte drastisch abnahm. Für den Bereich von 0,50 bis 1,53 g/cm³ beobachteten sie mit steigender Dichte eine Verringerung des effektiven Transportkoeffizienten um zwei Zehnerpotenzen.

5.1.5 Schlussfolgerungen

Schluss-folgerungen

Die klimaabhängige Feuchtigkeitsadsorption bzw. –desorption ist die Ursache von Dimensionsänderungen. Vor diesem Hintergrund ist die Feuchtigkeitsdiffe-renz zwischen zwei Klimaten unterschiedlicher relativer Luftfeuchte und Tempe-ratur möglichst gering zu halten. Hierfür wurden folgende Schlussfolgerungen gezogen:

• Die typischerweise in der Papiererzeugung eingesetzte Zellstoffe unter-schieden sich hinsichtlich ihrer GGF nur marginal, obwohl offensichtliche chemische Unterschiede bestanden. Ohne eine chemische Modifikation der, für die Hydrophilie verantwortlichen Gruppen – hauptsächlich Hydroxylgruppen – ist keine Senkung der GGF, z.B. durch eine geeignete Faserstoffauswahl, zu erwarten.

• Weder das Aufbringen von Barriereschichten, noch die Harzimprägnierung konnten die Einstellung der GGF verhindern. Es konnte damit aber eine deutliche Verzögerung der Feuchtigkeitsaufnahme erreicht werden.

• Durch die Ausnutzung des Hystereseeffekts ist es möglich unterschiedliche Werte für die Gleichgewichtsfeuchte bei ein und derselben relativen Luft-feuchte einzustellen. Dieser Effekt könnte gezielt genutzt werden, um die bei einem Klimasprung zu adsorbierende bzw. desorbierende Feuchtig-keitsmenge zu verringern.

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5.2 Feuchtdehnung (FD) von Papieren infolge von Klimawechseln

5.2.1 FD in Maschinenrichtung (FDx)

Feuchtdehnung MD (FDx)

A

B

C

DE

F G H I

J

K

L

MN

O

P

Q

R

S

T

UV

W

-0,5

-0,4

-0,3

-0,2

-0,1

0,0

0,1

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

φ (T=23°C) / %

FDx /

%

.

P.36(84g/m²;0,91g/cm³;19%Füllstoff)

Abb. 8: Relative MD-Längenänderung eines Papiers gegenüber 23°C/50%rF infolge eines schrittweisen Klimawechsels (Reihenfolge A-W)

Das Papier wurde bei 10% rF zunächst initial getrocknet (A-B).

Anschließend wurde die relative Luftfeuchtigkeit schrittweise bis auf 80% erhöht (B-I). Hierbei verlief die Feuchtdehnung bis 50% rF proportional der relativen Luftfeuchte. Oberhalb von 50% rF wurde keine weitere Dehnung des Papiers in Maschinenrichtung beobachtet, obwohl dessen GGF weiter anstieg. Dieses paradoxe Materialverhalten wird mit dem Lösen innewohnenden Zugspannun-gen erklärt werden, die aus der schrumpfungsbehinderten Trocknung der Papier-bahn resultieren (Relaxation von Trocknungsspannungen, Kriechverhalten). Bei höherer relativer Luftfeuchtigkeit überlagerten sich offenbar das Bestreben den höheren Feuchtigkeitsgehalt durch eine Dehnung auszugleichen und das Bestreben fixierte Spannungen durch drastische Abnahme des E-Moduls, verbunden mit einem Zusammenziehen der Bahn, zu lösen.

Wasser wirkt in diesem Fall als Weichmacher für das Fasermaterial und gestat-tet den irreversiblen Abbau dieser Spannungen durch Verlust der Elastizität. Hierbei sind nur amorphe Faserbereiche, z.B. hemicellulosereiche Bestandteile, die die Mikrofibrillen umgeben, nicht jedoch kristalline Bereich für das Wasser zugänglich.

Die schrittweise Trocknung führte zur Schrumpfung der Bahn proportional zur relativen Luftfeuchte (I-O). Diese lineare Beziehung blieb bei erneutem zykli-schem Wechsel der relativen Luftfeuchte zwischen 20 und 80% rF (O-U) erhal-ten.

Erst die Erhöhung der relativen Luftfeuchtigkeit auf 90% bewirkte abermals die Relaxation von Trocknungsspannungen, sodass keine Erhöhung der Dehnung beobachtet wurde (U-V).

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Reversibilität der Dehnung

Zyklische Klimawechsel führten zur irreversiblen Schrumpfung der Papierbahn in Laufrichtung (z.B. Punkte C, O, S, W bei 20% rF).

Dieses Verhalten wurde auch an allen schrumpfungsbehindert getrockneten Papieren in der Richtung der Schrumpfungsbehinderung beobachtet. Laborblät-ter, die nach der Trocknung exakt dieselben Abmessungen wie vor der Trock-nung hatten, zeigten bei nach einem Klimasprung von 23°C / 50% rF auf 30°C / 80% rF eine Feuchtdehnung nahe 0%. An ausgewählten, industriell hergestellten Papiere, wurde infolge dieses Klimasprungs sogar eine sogar eine MD-Schrump-fung beobachtet. Dies wurde darauf zurückgeführt, dass die Bahn während der Trocknung nicht nur am Schrumpfen gehindert, sondern sogar länger wurde.

Feuchtdehnungs-koeffizienten βx

Wie die Abb. 8 und auch die Auftragung der Feuchtdehnung MD gegenüber der Gleichgewichtsfeuchte des Papiers zeigten, ist die Angabe eines Feuchtdeh-nungskoeffizienten βx gemäß

rFlx

x ΔΔ

=β oder GGF

lxx Δ

Δ=β

nicht zielführend, wenn die Relaxation von Trocknungsspannungen stattfindet.

Für das, in Abb. 8 dargestellte Papier „P.36“ ergab sich für die Punkte O-Q bzw. S-U ein Feuchtdehnungskoeffizient von βx = 0,0028..0,0033 % / % rF bzw. βx = 0,019..0,023 % / % GGF.

Hysterese Eine klimaabhängige Hysterese der Feuchtdehnung MD wurde nicht beobachtet. Hierbei konnte jedoch nicht differenziert werden, ob tatsächlich keine Hysterese auftrat oder diese lediglich durch die Spannungsrelaxation überlagert wurde.

5.2.2 FD quer zur Maschinenrichtung (FDy)

Feuchtdehnung CD (FDy)

Die Abb. 9 zeigt die relative Längenänderung eines industriell gefertigten Papiers (P.36) quer zur Maschinenrichtung infolge der Veränderung der relativen Luft-feuchtigkeit gegenüber seiner Ausgangslänge im Klima 23°C / 50% rF. Die Temperatur betrug konstant 23°C. Die Messung der Feuchtdehnung erfolgte nach der Einstellung der Gleichgewichtsfeuchte. Die Klimate wurden in der Reihenfolge A-Q durchlaufen, der erste Klimawechsel ist im Diagramm mit einem Pfeil gekennzeichnet.

Nach initialer Trocknung (A-B) zeigte sich auch in Querrichtung ein zunächst linearer Anstieg der Feuchtdehnung bis zu einer relativen Luftfeuchte von 60% (B-G). Die weitere Erhöhung der relativen Luftfeuchtigkeit führte zu einem überproportionalen Anstieg der Dehnung (G-I) gemäß dem ebenfalls überpropor-tionalen Anstieg der Gleichgewichtsfeuchte im Papier (vgl. Abb. 2).

Die Verringerung (I-O) und die anschließende Erhöhung (O-Q) der relativen Luftfeuchtigkeit zeigten das Hystereseverhalten der CD-Feuchtdehnung auf.

Die nach einem weiteren Durchlauf der Hysterese durchgeführte Erhöhung der relativen Luftfeuchtigkeit auf 90% (nicht dargestellt) führte zu einer Feuchtdeh-nung von 0,77%.

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Q

P

O

N

M

L

K

J

I

H

G

F

E

D

C

B

A

-0,4

-0,3

-0,2

-0,1

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

φ (T=23°C) / %

FDy /

%

P.36(84g/m²;0,91g/cm³;19%Füllstoff)

Abb. 9: Relative CD-Längenänderung eines Papiers gegenüber 23°C/50%rF

infolge eines schrittweisen Klimawechsels (Reihenfolge A-Q)

Reversibilität der Dehnung

Aufgrund des zyklischen Klimawechsels wurden auch in CD-Richtung irreversib-le Prozesse in geringem Umfang beobachtet, welche auf den Verlust an Elastizi-tät zurückführbar waren. Im Gegensatz zur MD-Richtung bestimmten aber reversible Prozesse das CD-Dehnungsverhalten.

Während der Papiertrocknung ist es nur in begrenztem Umfang möglich die Schrumpfung der Bahn in Querrichtung zu verhindern. Folglich kann das Papier weitgehend schrumpfen, so dass Trocknungsspannungen nur in geringem Umfang fixiert werden.

Feuchtdehnungs-koeffizient βy

W

V

U

T

S

R

Q

P

O

N

M

L

K

J

I

H

G

F

E

D

C

B

A

y = 0,0713x - 0,5075

-0,4

-0,2

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

0 5 10 15 20

GGF im Faserstoff (T=23°C) / %

FDy /

%

P.36(84g/m²;0,91g/cm³; 19%Füllstoff)

Linear(P.36(84g/m²;0,91g/cm³; 19%Füllstoff))

Abb. 10: Relative CD-Längenänderung eines Papiers gegenüber 23°C/50%rF infolge eines schrittweisen Klimawechsels (Reihenfolge A-W) in Gegenüberstellung zur Gleichgewichtsfeuchte

Die Reversibilität der Feuchtdehnung ging auch deutlich aus der Gegenüberstel-lung der Feuchtdehnung und der Gleichgewichtsfeuchte im Faserstoff hervor. Es zeigte sich ein linearer Zusammenhang zwischen Gleichgewichtsfeuchte und

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Feuchtdehnung CD. Der Feuchtdehnungskoeffizient betrug βy = 0,071 % / % GGF und damit das 3,1- bis 3,7-fache des MD-Feuchtdehnungskoeffizienten

Hysterese Die Hysterese der CD-Feuchtdehnung resultiert folglich vollständig aus der Hysterese der Gleichgewichtsfeuchte. Für gleiche Werte der Gleichgewichts-feuchte wurde stets dieselbe CD-Feuchtdehnung ermittelt.

5.2.3 FD in Dickenrichtung (FDz)

Feuchtdehnung zD (FDz)

Alle untersuchten Papiere wiesen in z-Richtung die mit Abstand größte Feucht-dehnung auf. Das Papier P.36 erreichte bei 23°C und 90% rF einen Dickenzu-wachs von 20% gegenüber seiner Ausgangsdicke.

W

V

U

T

S

R

Q

P

O

N

M L

J

I

H

G

F

ED

CB

A

-5

0

5

10

15

20

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

φ (T=23°C) / %

FDz /

%

P.36(84g/m²;0,91g/cm³;19%Füllstoff)

Abb. 11: Relative CD-Längenänderung eines Papiers gegenüber 23°C/50%rF infolge eines schrittweisen Klimawechsels (Reihenfolge A-W)

Reversibilität der Dehnung

Wie Abb. 11 zeigt, erfolgte, wie auch bei der CD-Feuchtdehnung mit steigender relativer Luftfeuchtigkeit ein überproportionaler Anstieg der zD-Feuchtdehnung (B-I und U-V). Wurde dieser stark nichtlineare Bereich mindestens einmal durchlaufen wurde anschließend eine, in erster Näherung lineare Korrelation von Feuchtdehnung und relativer Luftfeuchte beobachtet (O-U).

Die Feuchtdehnung in Dickenrichtung erfolgte zu einem signifikanten Anteil irreversibel (C, O, S, W).

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Feuchtdehnungs-koeffizient βz

A

B C

D E

F

G

H

I

J

LM

N

O

P

Q

R

S

T

U

V

W

-5

0

5

10

15

20

0 5 10 15 20

GGF im Faserstoff (T=23°C) / %

FDz /

%

P.36(84g/m²;0,91g/cm³; 19%Füllstoff)

Abb. 12: Relative Dickenänderung eines Papiers gegenüber 23°C/50%rF infolge eines schrittweisen Klimawechsels (Reihenfolge A-W) in Gegenüberstellung zur Gleichgewichtsfeuchte

Für den Bereich I-U wurde ein mittlerer Feuchtdehnungskoeffizient von βz = 0,862 %/%-GGF ermittelt, was dem 37- bis 45-fachen des MD-Feuchtdehnungskoeffizienten entsprach.

Hysterese Eine Hysterese der Feuchtdehnung in Dickenrichtung wurde nicht beobachtet.

5.2.4 FD ausgewählten Papiersorten

Eigenschaften und Dimensions-verhalten ausgewählter Papiere

Tab. 2: Grundeigenschaften und Dimensionsverhalten ausgewählter Papiere

EigenschaftMaß-ein-heit

Klima / Klima-

änderung Per

gam

in

Offi

cepa

pier

Luftf

ilter

, Roh

papi

er

Luftf

ilter

, im

präg

nier

t (1

2% P

heno

lhar

z)

Loch

karte

nkar

ton

Vlie

stap

ete

(mit

Syn

thes

efas

ern)

Iinkj

et-R

ohpa

pier

Flächenbez. Masse g/m² NK 50 81 99 111 157 158 164Dicke µm NK 43 109 368 392 179 301 166scheinbare Dichte g/cm³ NK 1,16 0,74 0,27 0,28 0,88 0,52 0,99Glührückstand 525°C % - - 20 0 0 - 0 1,3FD x % 23/50→15/20 -0,09 -0,12 -0,29 -0,13 - -0,06 -0,09FD y % 23/50→15/20 -0,42 -0,28 -0,19 -0,29 - -0,15 -0,24FD z % 23/50→15/20 - -3,9 0,0 -0,7 - -3,3 -1,1FD x % 23/50→30/80 0,09 0,07 0,04 0,07 0,03 -0,04 0,04FD y % 23/50→30/80 0,66 0,51 0,48 0,17 0,40 0,09 0,60FD z % 23/50→30/80 - 4,5 1,4 2,0 9,4 0,8 9,4

Die Musterauswahl der Tab. 2 bezog Papiere ein, die während ihres Gebrauchs Klimawechseln, oder im Falle der Vliestapete einer oberflächlichen Benetzung ausgesetzt sind. Die Auswahl sollte eine möglichst große Eigenschaftsbandbrei-te der Papiere abdecken. Die Minimal- und Maximalwerte sind unterstrichen.

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Die Feuchtdehnung wurde nach einem Klimasprung auf 15°C / 20% rF bzw. 30°C / 80% rF, ausgehend von 23°C / 50% rF (Normklima), ermittelt. Hierbei wurde bei 23°C / 50% rF die Adsortions-Gleichgewichtsfeuchte (Adsortionsi-sotherme, vgl. Abb. 2) eingestellt.

Für die meisten Verarbeitungsprozesse und Anwendungen ist die Maßhaltigkeit in der Papierebene gefordert. Während die geringen Dimensionsänderungen in Maschinenrichtung (x) in der Regel unproblematisch sind, können die Dimensi-onsänderungen in Querrichtung (hier: zwischen -0,3% und +0,7%) bereits zu massiven Problemen der Planlage in Laminaten (z.B. Kaschierung von Karton mit Pergamin, mehrlagiger Inkjet-Papierverbund) oder der Maßhaltigkeit (z.B. in starren Filtergehäusen verbaute Luftfilter) bzw. Passerungenauigkeit beim Drucken führen.

Die Dimensionsänderungen in z-Richtung beeinflussen vor allem die Biegestei-figkeit des Papiers, da die Papierdicke in dritter Potenz in die Biegesteifigkeit SB eingeht und das E-Modul eine Änderung erfährt:

3B bE

121S ⋅⋅= .

5.2.5 Fallbeispiel: Wölbung eines zweischichtigen Papierverbundes

Fallbeispiel Die folgenden Darstellungen zeigen das unterschiedliche Feuchtdehnungsver-halten der beiden Schichten eines zweischichtigen Papierverbundes und dessen Auswirkungen auf das Planlageverhalten.

Hierbei wurde ein Pergaminpapier mittels eines Dispersionsklebstoffes auf einen Karton kaschiert. Der Klebstoff wurde auf das Pergamin aufgebracht und rief einen Feucht- bzw. Nassdehnungseffekt hervor. Nach wenigen Sekunden erfolgte der Kontakt mit dem Karton. Aufgrund der Unterschiede in Beaufschla-gung mit Feuchtigkeit und der Dauer des Feuchtigkeitskontaktes befanden sich die beiden Schichten zum Zeitpunkt der Fixierung in unterschiedlichen Deh-nungszuständen. Durch die Trocknung bei erhöhter Temperatur und die Klimati-sierung bei 23°C / 50% rF schrumpften beide Lagen in unterschiedlichen Maße. Es trat daher bereits eine initiale Wölbung des Verbundes auf.

Feuchtdehnung Die Abb. 13 zeigt das Feuchtdehnungsverhalten der Einzellagen sowie des Verbundes im Gleichgewichtszustand. Bezugspunkt der Feuchtdehnung ist der Dehnungszustand im ersten Normklima „NK (1)“ bei 23°C / 50% rF. In zyklischen Klimawechsel wurden Temperatur und relative Luftfeuchte zwischen 15°C und 30°C bzw. zwischen 20% und 82% verändert. Der Kontakt mit flüssigem Wasser (Nassdehnung) wurde nicht berücksichtigt.

Offenbar wies das Pergamin eine deutlich höhere CD Feuchtdehnung als der Karton auf. Die Feuchtdehnung des Verbundes wurde maßgeblich durch die Feuchtdehnung des Kartons bestimmt.

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-0,6

-0,4

-0,2

0

0,2

0,4

0,6

0,8

NK(1)

15/20 NK(2)

30/80 NK(3)

15/20 NK(4)

15/82 30/33 30/55 30/80

Klimawechselzyklus (Temperatur / rF)

Feuc

htde

hnun

g C

D g

gü. N

K (1

) / % Pergamin

(50g/m²;1,16g/cm³)

Karton(246g/m²;0,60g/m²)

Pergamin-Karton-Verbund

Abb. 13: Feuchtdehnung CD des Pergamins, des Kartons und des Pergamin-Karton-Verbundes

Wölbungs-verhalten

Die Wölbhöhe des Verbundes wurde an einem liegenden A4-Bogen (21cm * 29,7cm) als Mittelwert der Höhe der vier Ecken über einer Ebenen Unterlage gemessen. Die Wölbung verlief in Querrichtung, in Maschinenrichtung erfolgte keine Wölbung (in Maschinenrichtung weisende Rinne mit kreisrundem Quer-schnitt). In dieser Darstellung weist das Pergamin nach oben, die Kartonschicht zur Unterlage.

0

10

20

30

40

50

60

NK(1)

15/20 NK(2)

30/80 NK(3)

15/20 NK(4)

15/82 30/33 30/55 30/80

Klimawechselzyklus (Temperatur / rF)

mitt

lere

Wöl

bhöh

e A4

-Bog

en /

mm

Pergamin-Karton-Verbund

Abb. 14: Mittlere Wölbhöhe der Ecken eines Pergamin-Karton-Verbundes (A4-Bogen)

Die Wölbhöhe von bis zum 50 mm in trockenen Klimaten war angesichts der Kantenlänge des Bogens (21 cm) sehr groß. Mit zunehmender relativer Luft-feuchtigkeit wurde die Wölbhöhe geringer. Die Ursache hierfür waren die Unter-schiede der Feuchtdehnung der Einzellagen.

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5.2.6 Schlussfolgerungen

Schluss-folgerungen

Die Feuchtdehnung eines Papiers war in den drei Raumrichtungen stark unter-schiedlich ausgeprägt und in unterschiedlichem Maße von elastischen (reversib-len) bis hin zu plastischen (irreversiblen) Materialeigenschaften gekennzeichnet.

Die Feuchtigkeitsaufnahme führte in Maschinenrichtung zu einer irreversiblen Verkürzung des Papiers und in z-Richtung zu einer irreversiblen Dickenzunah-me. Die Ursache hierfür war die Relaxation der während der Papiertrocknung fixierten Spannungen (MD: Zugspannung, zD-Kompression). Das Wasser fungierte hierbei als Weichmacher für amorphe Faserbereiche. Nach erfolgter Relaxation wurde eine annähernd lineare Abhängigkeit der MD- bzw. zD-Feuchtdehnung von der Gleichgewichtsfeuchte beobachtet.

Während der Papiertrocknung gelingt es nur unzureichend, Zugspannung in CD-Richtung zu fixieren. Die CD-Feuchtdehnung war daher höher als die MD-Feuchtdehnung, zeigte praktisch keine Relaxationseffekte und korrelierte von Anfang an linear mit der Gleichgewichtsfeuchte.

Die Feuchtdehnungskoeffizienten βx: βy: βz für das dargestellte Papier P.36 standen im Verhältnis von 1 : 3,1..3,7 : 37..45.

5.3 Papierphysikalische Modelle

5.3.1 Anisotropie der Dimensionsänderungen der Einzelfaser

Anisotropie der Quellung

Adsorption von Feuchtigkeit findet in den amorphen Bereichen der Faserwand statt. Im Falle von Zellstoffen zählen hierzu in erster Linie Hemicellulosen, welche die cellulosischen, weitgehend kristallinen Fibrillen umgeben. Der Kristal-linitätsgrad Xc von Zellstoffen hing stark von deren Hemicellulosegehalt (Alkali-löslichkeit S5) ab.

Abb. 15: Modell der Faserquellung nach SCALLAN [42]

Die Ausrichtung der Fibrillen innerhalb der Faserwand erfolgt im Fibrillenwinkel α

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zur Faserlängsachse. Der Fibrillenwinkel ist abhängig von der Holzspezies und den Wuchsbedingungen. Er besitzt meistens geringe Werte, sodass die Fibrillen in erster Näherung parallel zur Faserlängsachse ausgerichtet sind. Wie Abb. 15 verdeutlicht, werden die Abstände zwischen den Fibrillen durch die Quellung der amorphen Bereiche (Reihenfolge A-D) vergrößert.

Hieraus folgt, dass Zellstofffasern nahezu ausschließlich in radialer Richtung, kaum in axialer Richtung quellen, wobei eine signifikante Torsion der Faser auftritt [10]. GALLAY ermittelte ein Verhältnis von radialer zu axialer Quellung von etwa 20 : 1 [43]. PULKKINEN et al. beobachteten, dass ein geringer Fibril-lenwinkel, wie er vorwiegend in dünnwandigen Fasern anzutreffen ist, günstig für die Dimensionsstabilität von Papieren ist [44].

Anisotropie des E-Moduls

Die Ordnung amorpher und kristalliner Faserwandbereiche bedingt eine Aniso-tropie der Steifigkeit von Zellstofffasern. LEE [19] beobachtete für Kraftzellstoff-fasern in Längsrichtung E-Moduln von 20-40 GPa. Der E-Modul der amorphen Hemicellulosen betrug hierbei nur etwa 7 GPa, wohingegen der E-Modul der kristallinen Mikrofibrillen in Längsrichtung deutlich höher, bei 128-168 GPa, lag. KÖLLN [45] ermittelte vergleichbare Werte.

Hieraus resultiert, dass der E-Modul der Einzelfaser in radialer Richtung geringer als in axialer Richtung ist. Für Zellstoffe mit unterschiedlichem Hemicellulosen-gehalt sind Unterschiede des E-Moduls und Unterschiede in dessen Feuchtig-keitsempfindlichkeit zu erwarten.

Messdefizite Das Quellungsverhalten einzelner Fasern und ihr Kraft-Dehnungsverhalten waren nicht Gegenstand der Untersuchungen im Rahmen dieses Projektes. Beide Größen wurden nur summarisch an Papierblättern erfasst.

5.3.2 Faseraktivierung während der Papiertrocknung

Orientierungsvorgänge innerhalb der Faserwand

Der Ordnungszustand innerhalb der Faserwand kann durch eine, axial auf die Faser ausgeübte Zugspannung erhöht werden. Durch dieses Verstrecken orientieren sich in den amorphen Faserwandbereichen die linearen Moleküle bevorzugt entlang der Faserlängsachse aus. Man spricht vom JENTZEN-Effekt [46]. Neuere Arbeiten [45, 47] unterstützen diese Vorstellungen. Der innere Ordnungszustand den Fibrillen ist naturgemäß hoch und wird durch die Reckung nicht beeinflusst [45].

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Abb. 16: JENTZEN-Effekt: Orientierung ungeordneter Faserwandbereiche durch axiale Zugspannung

Faseraktivierung Die axiale Zugspannung kann durch die Behinderung der Schrumpfung der Papierbahn während des Trocknens erzeugt werden. Hierbei erhöhte sich der Elastizitätsmodul proportional der angelegten Trocknungsspannung [18]. Für diese ‚Verspannung’ von Fasersegmenten zwischen den Faserkreuzungspunk-ten prägte VAINIO [48] den Begriff der Fasersegmentaktivierung bzw. Faserakti-vierung.

Abb. 17: Faseraktivierung nach VAINIO

Aktivierte Fasern weisen einen hohen, durch Zugspannung induzierten E-Modul in Faserlängsrichtung auf und führen zu einem hohen Papier-E-Modul sowie einer geringen Feuchtdehnung. Innerhalb der Trockenpartie ist die Faseraktivie-rung in Querrichtung der Papierbahn nur begrenzt, in Maschinenrichtung hinge-gen weitgehend durch den Zug in Maschinenrichtung möglich.

Eine E-Modul-Erhöhung durch verstärkte Mahlung ist hingegen nicht als Faser-aktivierung zu verstehen.

Faseraktivierung verringerte die Feuchtdehnung (industrielle Papiere)

Wie in Abb. 18 dargestellt tendierte die ausgewählten, industriell hergestellten Papiere mit steigender Faseraktivierung (E-Modul) zu geringerer Feuchtdehnung in Querrichtung. Die Papiere waren unbeschichtet, ungestrichen und enthielten keine synthetischen Fasern. Sie wiesen folgende Eigenschaften auf:

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• flächenbezogene Masse: 72 – 187 g/m²

• Dicke: 84 – 175 µm

• scheinbare Dichte: 0,81 – 1,09 g/m²

• Füllstoffgehalt: 0 – 23 %.

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0Ey (Normklima) / GPa

FDy /

%

(n

ach

Klim

aspr

ung

NK

..30°

C/8

0%rF

)ungefüllt(147..187g/m²;0,94..1,09g/cm³)

gefüllt (72..84g/m²;0,84..0,91g/cm³;15-23% Füllstoff)

gefüllt(158..171g/m²;0,99..1,02g/cm³;19-20% Füllstoff)

Abb. 18: Faseraktivierung (Ey) und FDy unterschiedlicher industriell hergestellter Papiere

Der E-Modul in Maschinenrichtung, der in Abb. 18 gezeigten Papiere war hoch (Ex: 5,3-10,3GPa / 5,7-7,8GPa für un- / gefüllte Papiere). Aufgrund dieser starken Faseraktivierung unterblieb die Feuchtdehnung oder die Papiere schrumpften bei Befeuchtung. Die Feuchtdehnung in Maschinerichtung nach einem Klimasprung vom Normklima auf das Klima 30°C / 80%rF lag zwischen -0,20 und 0,15%. Für vollständig schrumpfungsbehindert getrocknete Laborblät-ter wurden in diesem Fall ebenfalls sehr geringe, aber positive Feuchtdeh-nungswerte gemessen.

Für ein Querprofil der Papierbahn (Eigenschaften des Papiers entsprechend der ungefüllten Papiere in Abb. 18) wurde in der Bahnmitte / am Bahnrand eine CD-Feuchtdehnung von 0,6% / 0,7% (Klimasprung NK 30°C/80% rF) gemessen. Die Schrumpfungsbehinderung der Papierbahn war in der Bahnmitte am stärks-ten.

Wechselwirkung von Spannungszustand und Sorption

NAVARD [17] beobachtete, dass die Auflösung cellulosischer Fasern in einem Lösungsmittel unterblieb, wenn diese unter einer geeigneten, axialen Zugspan-nung gehalten wurden. War die Zugspannung groß genug, so verhinderte sie die transversale Quellung der Faser. Durch eine, dem Quellungsdruck entgegen gerichtete Kraft wurde die Aufnahme weiterer Lösungsmittelmoleküle verhindert und ein Auflösen der Faser vermieden (Abb. 19).

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Abb. 19: Angreifende Kräfte bei achsialem Zug an Fibrillen (nach [42]), die einen gequollenen Bereich umgeben (schematisch)

Dieses Verhalten konnte auch an den Papieren der VPM beobachtet werden. Ein höherer E-Modul führte dazu, dass die Feuchtigkeitsaufnahme im Klima 30°C / 80%rF geringer ausfiel. Die Feuchtigkeitsaufnahme im Normklima bzw. bei 15°C / 20%rF wurde hingegen nicht beeinflusst. Offenbar trat dieser Effekt erst bei erhöhtem Feuchtigkeitsangebot auf.

5.3.3 Anisotropie der Dimensionsänderungen des Papiers

Geringes l/q-Verhältnis verringerte FD (CD)

Die Anisotropie der Einzelfasereigenschaften überträgt sich durch die Anisotro-pie der Faserausrichtung im Stoffauflauf in das Papier und wird während der Trocknung durch eine anisotrope Faseraktivierung, aufgrund unterschiedlich starker Züge in Längs- bzw. Querrichtung, überlagert. Die Anisotropie von Faserorientierung und Faseraktivierung konnten nicht getrennt bewertet werden, sondern wurden summarisch, in Form des Elastizitätsmoduls erfasst.

Abb. 20 zeigt das Längs-Quer-Verhältnis des E-Moduls ausgewählter, industriell gefertigter Papiere in Gegenüberstellung zu ihrer Feuchtdehnung (CD).

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0 1,5 2,0 2,5 3,0Verhältnis Ex/Ey (Normklima)

FDy /

%

(n

ach

Klim

aspr

ung

NK

..30°

C/8

0%rF

)

ungefüllt(147..187g/m²;0,94..1,09g/cm³)

gefüllt (72..84g/m²;0,84..0,91g/cm³;15-23% Füllstoff)

gefüllt(158..171g/m²;0,99..1,02g/cm³;19-20% Füllstoff)

Abb. 20: Längs-Quer-Verhältnis des E-Modul und CD-Feuchtdehnung ausgewählter, industriell gefertigter Papiere

Die Verringerung des Längs-Quer-Verhältnisses führte offenbar zur Verminde-rung der Feuchtdehnung in Querrichtung. Beide Größen verhielten sich umge-

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kehrt proportional. Offenbar gelang es durch die weniger starke Orientierung bzw. Aktivierung der Fasern in Längsrichtung günstig auf das Dimensionsverhal-ten in Querrichtung einzuwirken.

Die Feuchtdehnung in Längsrichtung wurde hierdurch zwar erhöht, war aber trotzdem gering.

Korrelation FDy FDz

In Abb. 21 sind die Feuchtdehnungskoeffizienten βy bzw. βz dieser Papiere dargestellt. Sie entsprechen dem Verhältnis von Feuchtdehnung und der Ände-rung der Gleichgewichtsfeuchte nach einem Klimasprung von 23°C / 50% rF auf 30°C / 80% rF.

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

0,00 0,05 0,10 0,15 0,20βCD / %/%(Faser-GGF)

β zD /

%/%

(Fas

er-G

GF)

Papiere;nachKlimasprung23/50..30/80

Abb. 21: Korrelation der Feuchtdehnungskoeffizienten βCD und βzD (Dehnung je Änderung der relativer Luftfeuchte; Klimasprung von 23°C/50% rF auf 30°C/80% rF) ausgewählter, industriell gefertigter Papiere

Trotz aller Unterschiede hinsichtlich Papierstruktur und Zusammensetzung korrelierten βCD und βzD. Dies bedeutet, dass die z-Feuchtdehnung des Papiers von dessen CD-Feuchtdehnung, folglich also von dessen Faseraktivierung in CD, abhing. Dieses Phänomen resultierte aus der anisotropen Einzelfaserquel-lung und der Beschaffenheit der Faserbindungsflächen.

Spannungsübertragung an den Faserbindungsflächen

Die Abb. 22 zeigt zwei mögliche Grenzfälle einer Faser-Faser-Bindungsfläche:

Abb. 22: Grenzfälle der Faseraktivierung an einer Faserbindungsfläche (nach [49])

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Im Fall a) ist die unten liegende Faser vollständig aktiviert (gespannt). Ihr E-Modul in axialer Richtung ist maximal, d.h. die Längenänderung um einen bestimmten Betrag erfordert eine maximale Kraft.

Im Fall b) hat keine Aktivierung stattgefunden. E-Modul in axialer Richtung ist minimal, d.h. die Längenänderung um einen bestimmten Betrag erfordert eine minimale Kraft.

Beide Fasern sind an der Faserbindungsfläche miteinander kraftschlüssig verbunden. Durch die Änderung des Dehnungszustandes einer Faser erfährt auch die verbundene Faser eine Krafteinwirkung und deformiert sich gemäß ihren visko-elastischen Materialeigenschaften. Der E-Modul ist hierbei nur eine erste Näherung, da er ausschließlich elastisches Materialverhalten berücksich-tigt.

Abb. 23: Spannungsübertragung an der Faserbindungsfläche (schematisch)

Die Abb. 23 zeigt schematisch die Spannungsübertragung an der Faserbin-dungsfläche infolge der anisotropen Faserquellung bei Feuchtigkeitsadsorption. Die oben liegende Faser überträgt infolge ihrer starken Quellung in radialer Richtung Spannungen auf die unten liegende Faser. Je nach Faseraktivierung reagiert diese mit einer geringeren Dehnung (bei maximalem, axialen E-Modul) oder mit einer höheren Dehnung (bei minimalem, axialen E-Modul).

Infolge des Kräftegleichgewichts behindert eine Faser durch ihre axiale Steifig-keit die radiale Quellung der, mit ihr an der Faserbindungsfläche verbundenen Faser. Durch die Faseraktivierung wird somit auch die radiale Quellung der Fasern in der Papiermatrix eingeschränkt. Die Spannung ist im Bereich der Faserkreuzungspunkte höher als an freien Fasersegmenten [18].

Die CD- und die zD-Feuchtdehnung korrelierten (vgl. Abb. 21) da beide Größen von der radialen Quellung der Faser abhingen. Konnte durch die Faseraktivie-rung die CD-Feuchtdehnung vermindert werden, verminderte dies gleichzeitig die zD-Feuchtdehnung.

Wie auch bei anderen Kompositwerkstoffen [10] sind im Hinblick auf eine hohe Dimensionsstabilität von Papieren Fasern mit einem hohen E-Modul gefordert.

5.3.4 Unterschiede zwischen Feuchtdehnung und Nassdehnung

Differenzierung Sowohl die Feucht- als auch die Nassdehnung resultieren aus der Aufnahme

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von Wasser in die Papiermatrix. Hinsichtlich der Wassertransportvorgänge, der eintretenden Veränderungen des Materialverhaltens und der Papierstruktur bestehen einige grundlegende Unterschiede. Tab. 3: Differenzierung von Feucht- und Nassdehnung

Feuchtdehnung Nassdehnung

Wasserangebot gasförmig; < 100% rF flüssig; Überschuss möglich

Wassertransport Diffusion, Adsorption- und

Desorption, Kapillarkondensati-on

Benetzung, Kapillartransport

Quellungszustand der Fasern GGF (ca. 30% bei 100%rF [26]) vollständige Quellung bei FG >

FG(WRV) Kinetik Rückgang Faser-E-Modul abhängig vom FG starker Verlust

Zustand der Faser-Faser-Bindungen

bleiben weitgehend intakt, werden aber geschwächt

Auflösen der F.-F.-Bindungen, wenn nicht nassverfestigt

Strukturveränderun-gen des Papier reversibel oder irreversibel irreversibel

Die Anwendung oder Verarbeitung von Papier geben vor, wann die Feucht- oder Nassdehnung ermittelt werden sollen. Hinsichtlich einer hohen Dimensionsstabi-lität muss folglich unterschieden werden, ob diese Anforderung im Gleichge-wichtszustand des Papiers (nach hinreichend langer Zeit) oder nach einer bestimmten Zeit (im Verlauf der fortschreitenden Dimensionsänderung) gefordert ist.

Im Gegensatz zur Nassdehnung wurde die Feuchtdehnung in der vorliegenden Untersuchung im Gleichgewichtszustand ermittelt. Die Nassdehnung unter-schiedlicher Papiere wurde hingegen, nach einer definierten Zeitdauer von 25 s bestimmt. Die Nassdehnung ergibt sich dabei aus der Kinetik des Wasserzutritts zum Fasernetzwerk des Papiers und zur Einzelfaser. Bestimmende Faktoren sind dabei die Benetzbarkeit, die Porosität und die Nassverfestigung.

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6 Lösungsansätze zur Verbesserung der Dimensionsstabilität

Prinzipien Aus den Ergebnissen der dargestellten Untersuchungen und den Modellvorstel-lungen wurden die prinzipiellen Ansätze zur Verringerung von Dimensionsände-rungen abgeleitet - die Feuchtdehnung war demnach gering, wenn:

1. das Papier vor dem Klimawechsel in geeigneter Weise konditioniert war (Nutzung der Hysterese),

2. die Fasern eine hohe Steifigkeit (E-Modul) aufwiesen, die infolge der Feuchtigkeitssorption nur geringfügig abfiel,

3. die Aktivierung des Fasernetzwerkes vollständig war,

4. die Spannungsübertragung an den Faserkreuzungspunkten gering war (kleine Faserbindungsflächen) oder

5. Feuchte unempfindliche Bestandteile, wie z.B. Synthesefasern, in der Papiermatrix eingebunden waren (auch gültig für die Nassdehnung).

Die Nassdehnung konnte darüber hinaus verzögert werden, indem:

6. die Wasserpenetration durch eine geeignete Hydrophobierung oder Ver-dichtung behindert oder

7. die Faserkreuzungspunkte und die Fasern selbst nassfest ausgerüstet wurden, um die Auseinandergleiten der Papiermatrix sowie einen Ein-bruch des Faser-E-Moduls zu verhindern.

Klima-Konditionierung

Der Hystereseeffekt wurde genutzt, um einen günstigen Dehnungszustand des Papiers einzustellen. Wie in Abb. 9 (S.26) gezeigt, wies das Papier in Abhängig-keit seiner ‚Klimavorgeschichte’ bei gleicher relativer Luftfeuchtigkeit unter-schiedliche Dehnungszustände auf. In der Abb. 24 sind zwei mögliche Szenarien der Feuchtdehnung nach einem Klimasprung vom Normklima auf das Klima 30°C/80% rF skizziert.

Q

P

O

N

M

L

K

J

I

H

G

F

E

D

C

B

A

-0,4

-0,3

-0,2

-0,1

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

φ (T=23°C) / %

FDy /

%

P.36(84g/m²;0,91g/cm³;19%Füllstoff)

FD-Potential im ursprünglichen

Zustand

FD-Potential nachKonditionierung

Abb. 24: Einfluss der Konditionierung auf die FDy

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Im ersten Fall befand sich das Papier in seinem ursprünglichen Zustand nach der Trocknung (Übertrocknung). Im zweiten Fall hatte es das Klima 30°C/80% rF bereits einmal durchlaufen, war also konditioniert.

Der Dehnungszustand vor dem Klimasprung wurde von Adsorptionsisotherme (A) auf den Desorptionsisotherme (L) verschoben. Die Konditionierung führte also dazu, dass die FDy von ursprünglich 0,55% um etwa ein Drittel zurück ging. Im Gegenzug erhöhte sich die Schrumpfung des Papiers im Falle einer Trock-nung.

Die Konditionierung übte in den durchgeführten Versuchen keinen signifikanten Einfluss auf die Nassdehnung aus.

Mahlung Mit steigender Mahlung des Faserstoffs erhöhte sich die Feuchtdehnung. Dieser Effekt wurde sowohl an industriell erzeugten Papieren, an VPM-Papieren und sogar an vollständig schrumpfungsbehindert getrockneten Laborblättern beo-bachtet.

Die Mahlung führte zur äußeren und inneren Fibrillierung der Faser verbunden mit einem Anstieg des WRV. Äußere Bereiche der Fasern werden abgeschält, die Anzahl der Mikrokompressionen in der Faserwand steigen und der Einbau von Wasser senkt deren Steifigkeit.

Aus dieser inneren Schädigung (Fibrillierung) der Faserwand, verbunden mit einer Flexibilisierung wurde ein Rückgang der axialen und radialen Steifigkeit der Faser (Faser-E-Modul) geschlussfolgert. Infolge der erhöhten Flexibilität und der äußeren Fibrillierung wurde eine bessere Faser-Faser-Bindung erzielt.

Für die modellhafte Beschreibung der Feuchtdehnung bedeutet dies, dass eine erhöhte Spannungsübertragung an den Faserkreuzungspunkten stattfand und die Fasern aufgrund ihres geringeren E-Moduls auf den Quellungsdruck mit einer höheren transversalen Dehnung reagierten.

Die Mahlung führte zu einem Anstieg des Papier-E-Moduls, was jedoch nicht als Faseraktivierung gemäß Abb. 16 und Abb. 17 interpretiert wurde. Vielmehr war es Ausdruck der besseren Faser-Faser-Bindung und der erhöhten Spannungs-übertragung.

Erhöhung des Faser-E-Moduls durch chem. Quervernetzung

Die Fasersteifigkeit und insbesondere die Beständigkeit der Fasersteifigkeit kann durch eine chemische Quervernetzung innerhalb der Faserwand erhöht werden. Ein geeigneter Quervernetzer muss in die Faserwand penetrieren können und dort eine chemische Bindung zu den Faserwandkomponenten eingehen. Für die Reaktion in wässriger Suspension stehen die quellungsanfälligen, amorphen Bereiche zur Verfügung. Die Quervernetzung ist auch nur für diese Bereiche gefordert. In kristalline Bereiche dringt von Natur aus kein Wasser vor.

Wassermoleküle werden sorbiert, indem sie zwischen Fibrillen und in amorphe Bereiche eingelagert werden. Hierbei werden die vormals bestehenden Wasser-stoffbrücken zwischen Faserwandkomponenten aufgebrochen. Wird ein Teil der Wasserstoffbrücken durch eine wasserunempfindliche Atombindung ersetzt, wird die Quellung vermindert.

In Laborversuchen sowie in einem VPM-Versuch wurde dem Zellstoff Glyoxal als

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Quervernetzer zugesetzt. Die Zugabe erfolgte im Desintegrator (Laborversuche) bzw. im Pulper vor der Mahlung (VPM-Versuche).

Glyoxal (C2H2O2) geht als kleinster Dialdehyd mit Hydroxylgruppen der Cellulose Halbacetalbindungen ein [50]. Die Abbildung Abb. 25 zeigt den prinzipiellen Reaktionsmechanismus.

Abb. 25: Möglicher Reaktionsmechanismus von Glyoxal mit Hydroxylgruppen der Cellulose (schematisch) [50]

Aufgrund zweier Aldhydfunktionalitäten ist eine Brückenbildung zwischen zwei benachbarten Hydroxylgruppen und infolgedessen eine Vernetzung in der Faserwand möglich. Die geringe Molmasse (MGlyoxal = 58g/mol) sollte die Penet-ration in die Faserwand ermöglichen. Zum Vergleich: BERTHOLD und SALMÉN beziffern den hydrodynamischen Durchmesser der Glucose (MGlucose = 198g/mol) mit etwa 0,4nm [51].

Die Zugabe von 3% Glyoxal im Pulper verringerte die CD-Feuchtdehnung eines ungefüllten, auf der Versuchspapiermaschine hergestellten Papiers um etwa ein Viertel. Die Dosierung von 3% Glyoxal (WS/otro Faserstoff) führte bei langen Einwirkzeiten (3h) zu einem geringfügigen Anstieg des Entwässerungswider-standes des verwendeten Eukalyptus-Kraftzellstoffs von 38SR auf 40SR.

Synthesefasern Die CD-Feuchtdehnung ausgewählter Tapetenvliese, die etwa 20% einer Synthesefaser enthielten lag zwischen 0,09 und 0,21% (Klimasprung NK 30°C/80%rF). Damit wiesen sie von allen, im Rahmen des Projektes untersuch-ten Papieren, die höchste Dimensionsstabilität auf.

Mineralische Füllstoffe

Füllstoffe tragen erfahrungsgemäß nicht zur Festigkeitssteigerung bei. Im Hinblick auf die Dimensionsstabilität verringern sie einerseits den quellfähigen Anteil der Papiermasse, andererseits aber auch den E-Modul des Papiers. Die Einlagerung von Füllstoffpartikel zwischen die Faser-Faser-Bindungsflächen führt zur Verringerung der Spannungsübertragung bei der Faserquellung.

Wie die Abb. 18 (S.34) zeigt, wurde für gefüllte, industriell gefertigte Papiere eine tendenziell geringe CD-Feuchtdehnung beobachtet. Auch war die Schrumpfung der Papiere bei Trocknung geringer. Einige Spezialfüllstoffe, sog. Pigment-Polymer-Hybride (PPH), tragen funktionale Beschichtung, die ihnen Bindungsfä-higkeit verleihen soll.

Eine signifikante Verringerung der Feuchtdehnung durch die Zugabe des GCC oder des, mit Latex funktionalisierten GCC wurde in Versuchen auf der VPM nicht beobachtet.

Imprägnierungen In Papieren in denen eine Harzimprägnierung aufgrund der gewünschten Produkteigenschaften möglich bzw. nötig war, führte diese zu einer deutlichen

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Verringerung der Feuchtdehnung. Die Tab. 2 zeigt dies am Beispiel eines Luftfilter-Rohpapiers und des zugehörigen, imprägnierten Filterpapiers. Die Imprägnierung bildete eine steife Beschichtung der Fasern, die zwar die Feuch-tigkeitsaufnahme nicht verhindern konnte, aber die Dehnung infolge der Verhin-derung der Quellung wirksam einschränkte.

Trocken- und Nassfestmittel sowie Masse- und Oberflächenleimung

Die Variation des Masseeinsatzes von

• Trockenfestmitteln (Stärke, Polyvinylalkohol (PVA)),

• Nassfestmittel (kationisches Harz: PAAE),

• Leimungsmitteln (Stärke)

in systematischen VPM-Versuchen sowie die Oberflächenleimung mit

• unterschiedlichen Polyvinylalkoholen,

• mit Glyoxal quervernetzten Polyvinylalkoholen sowie

• Stärke

mittels Laborrakel führten zu keiner signifikanten Verringerung der Feuchtdeh-nung.

Alle genannten Maßnahmen verzögerten aber die Aufnahme von flüssigem Wasser bzw. erhöhten die Resistenz der Faser-Faser-Bindungen gegen Wasser und Verringerten so die Nassdehnung (Messzeit 25s).

Ansprechpartner für weitere Informationen: Dr. Klaus Erhard Tel. 03529 / 551-627 [email protected] Dipl.-Ing. (FH) Jens Kretzschmar Tel. 03529 / 551-632 [email protected]

Papiertechnische Stiftung PTS Pirnaer Straße 37 01809 Heidenau Tel. 03529 / 551-655 Fax 03529 / 551-899 E-Mail: [email protected] www.ptspaper.de

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