fehlerrechnung - physik · einer summe oder differenz von größen ist die wurzel aus der...
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Fehlerrechnung
Inhalt: 1. Motivation 2. Was sind Messfehler, statistische und systematische 3. Verteilung statistischer Fehler 4. Fehlerfortpflanzung 5. Graphische Auswertung und lineare Regression 6. Erklärungen / weitere Beispiele
Motivation
• Jede Messung ist mit einem sogenannten Fehler behaftet, d.h. einer Messungenauigkeit
• Zwei Messungen derselben Größe werden nie auf beliebig viele Nachkommstellen übereinstimmen
• Die Reproduzierbarkeit von Messergebnissen ist nur überprüfbar, wenn der Fehlerbalken / die Toleranz bekannt ist
Beispiel • der Spin eines Elektrons bewirkt ein
magnetisches Moment • klassische Erklärung: das Elektron dreht
sich um sich selbst (= Spin), dies erzeugt einen Kreisstrom und damit ein magnetisches Moment
• das Kreisen des Elektrons bewirkt zusammen mit seiner Masse einen Drehimpuls
• Drehimpuls und magnetisches Moment stehen in fester Relation zueinander, die nur durch Naturkonstanten gegeben ist:
Einstein de-Haas
• beide Größen sind zwar im festen Verhältnis, aber es ergibt sich noch ein dimensionsloser Vorfaktor g
• klassische Erklärung: g = 1 • Einstein de-Haas: gemessen g = 1.03 und
g =1.45, publiziert g = 1.03 • später gemessen: g ≈ 2 • Dirac: relativistische quantenmechanische
Beschreibung des Elektrons; einfachste Näherung: g = 2 (genau 2)
• Quanten-Elektrodynamik: g = 2.002 319 304 361 53(53) (NIST)
Fehler
• Abweichung einer Messung vom „wahren Wert“ • zu unterscheiden: systematische und statistische Fehler
„wahrer Wert“ Messgröße x
Messgröße x
systematischer Fehler
statistischer Fehler
Messwerte
Systematische Fehler Ursachen: • instrumentelle Einflüsse
z.B. ungenaue Justierung, falsche Kalibrierung, thermische Ausdehnung von Metallteilen, Parallaxenfehler
• persönliche Fehler z.B. Reaktionszeit beim Stoppen von Zeiten, „schräges“ Ablesen von Skalen
• Versuchsinhärent z.B. unsymmetrische Wirkungen von Temperatur, Verschmutzung von Oberflächen
Problem: • auch nach beliebiger Wiederholung der Messung und Mittelung der
Werte bleibt eine Abweichung!
Statistische Fehler
Statistische Fehler: • Zufallsfehler, Variation der Messwerte • unvorhersagbar in Größe und Richtung • Erwartungswert ist Null, d.h. bei Wiederholung der Messung und
Mittelung der Werte strebt der Messwert asympotisch auf den wahren Wert.
• statistische Fehler können verringert werden, jedoch nie völlig eliminiert
Bsp: Rauschen
Statistische Fehler
Umgang mit statistischen Fehlern: • wiederholte Bestimmung des Wertes bei konstanten Bedingungen • arithmetischer Mittelwert identischer Messungen • Fehlerrechnung: Abschätzung der Messunsicherheit
Verteilung statistischer Fehler
• statistische Fehler sind in der Regel gaußverteilt! • kommen viele einzelne statistische Ungenauigkeiten zusammen, so ist der
resultierende Fehler immer gaußverteilt (zentraler Grenzwertsatz)
Gauß- oder Normalverteilung
Gauß- oder Normalverteilung
Gauß- oder Normalverteilung W
ahrs
chei
nlic
hkei
tsve
rt. P
(x)
Messgröße x
„wahrer Wert“ (x0)
Gauß- oder Normalverteilung W
ahrs
chei
nlic
hkei
tsve
rt. P
(x)
Messgröße x
„wahrer Wert“ (x0)
Die Standardabweichung σ beschreibt die Breite der Normalverteilung.
Wah
rsch
einl
ichk
eits
vert.
P(x
)
Messgröße x
„wahrer Wert“ (x0)
Gauß- oder Normalverteilung
Die Standardabweichung σ beschreibt die Breite der Normalverteilung. Im Intervall x0-σ bis x0+σ sind ≈ 68% aller Messwerte
Wah
rsch
einl
ichk
eits
vert.
P(x
)
Messgröße x
„wahrer Wert“ (x0)
Gauß- oder Normalverteilung
Die Standardabweichung σ beschreibt die Breite der Normalverteilung. Im Intervall x0-2σ bis x0+2σ sind ≈ 95% aller Messwerte
Wah
rsch
einl
ichk
eits
vert.
P(x
)
Messgröße x
„wahrer Wert“ (x0)
Gauß- oder Normalverteilung
Die Standardabweichung σ beschreibt die Breite der Normalverteilung. Im Intervall x0-3σ bis x0+3σ sind ≈ 99.7% aller Messwerte
Praktisches
∑=
=N
iix
Nx
1
1
• Man benötigt wiederholte Messungen eines Messwertes, um den statistischen Fehler anzugeben
• Der Erwartungswert einer Messung ist der, gegen den der Mittelwert bei unendlicher Wiederholung konvergieren würde.
• Den Mittelwert einer endlichen Messreihe von Messwerten bezeichnet man auch als den Erwartungswert.
• Die Standardabweichung ergibt sich aus
• Wir geben zunächst den mittleren absoluten Fehler an:
∑=
−=∆N
ii xx
Nx
1
1
∑=
−=N
ii xx
N 1
21σ
Praktisches 1xxx ∆±=Als Ergebnis einer Messung schreibt man:
(der Fehler soll im Endergebnis nur einstellig angegeben werden!)
xx∆
=γrelativer mittlerer Fehler:
( )m 7.03.7 ±=xz.B.:
Bsp: Einstein de Haas: gemessen g = 1.03 und g =1.45 korrekte Messwertangabe: g = 1.24 ± 0.3
Praktisches
Ist die Messung eine diskrete Anzahl N von Ereignissen (z.B. radioaktive Zerfälle), so ist die Standardabweichung der Messung N=σ
Fehlerfortpflanzung Frage: Wie groß ist der Fehler ∆z einer Größe z, die aus der Summe zweier Größen hervorgeht: z = x + y, wenn die Fehler ∆x und ∆y von x und y bekannt sind? Die Abweichungen in einer einzelnen Messung können sich sogar zum Teil ausgleichen! Die Quadrate der absoluten Fehler ∆x2 und ∆y2 addieren sich: ∆z2 = ∆x2 + ∆y2 bzw.
22 y x ∆+∆=∆z
Funktion einer Variablen Frage: Wie groß ist der Fehler ∆f einer Funktion f(x), wenn der Fehler
∆x von x bekannt ist? Beispiel 1: Volumen V(r) einer Kugel mit Radius r
Fehlerfortpflanzung
π334 rV =
xxmxxm
xff m
m∆
=∆⋅⋅⋅⋅
=∆
= −11 αα
γ
Allgemein gilt für Funktionen der Form :)( mxxf ⋅=α
rr
VVrV ∆=
∆⇒= 3
34 3πEs gilt daher für die Kugel:
Fehlerfortpflanzung
Also: bei Funktionen einer Variablen wird mit relativen Fehlern gerechnet!
Oder ganz allgemein:
Steht die Variable r in der n-ten Potenz, so ist der relative Fehler der Potenz das n-fache des relativen Fehlers von r.
Beispiel 2: Welchen Weg legt ein Körper im freien Fall nach der Zeit t zurück? (g sei als Ortsfaktor fest vorgegeben)
%9 ;21 2 == tgtx γ
%18%922 =⋅=∆
=∆
=tt
xx
xγ
Fehlerfortpflanzung
Aus den bisherigen Beziehungen kann man folgende Regeln ableiten:
Fehlerfortpflanzung
1. Der absolute Fehler einer Summe oder Differenz von Größen ist die Wurzel aus der Quadratsumme der absoluten einzelnen Fehler
2. Der relative Fehler eines Produkts oder Quotienten von Größen ist die Summe der relativen einzelnen Fehler unter Berücksichtigung der jeweiligen Potenzen
xxm γxxf m ∆
=⇒⋅= )( α
22 y x ∆+∆=∆z
vtxx += 0
Graphische Darstellung 1. Lineare Gesetze Bsp: Bewegung konstanter Geschwindigkeit
1 3 2 0 4 5
t
x Geradengleichung: v: Steigung x0: Achsenabschnitt
vtxx += 0
Graphische Fehlerermittlung 1. Lineare Gesetze mögliche Fehler bei a) Zeitmessung
- Reaktionszeit - Ablesefehler - …
b) Wegmessung - Instrumentenfehler - Ablesefehler - äußere Einflüsse
(Temperatur) - …
Abschätzung ergibt Fehler zu: ∆t = 0.3 s ∆x = 10 cm
Geradengleichung: v: Steigung x0: Achsenabschnitt
Messwerte mit Fehlerbalken
vtxx += 0
Graphische Fehlerermittlung 1. Lineare Gesetze
Prinzipiell gilt:
• Ausgleichsgerade „herzhaft nach Augenmaß“
• Extremalgeraden nach Augenmaß „durch alle
Fehlerbalken“ (größte und kleinste
Steigung) • 3 Steigungen
• asymmetrische Fehler • möglich
m/s)3.04.04.2( −+=vErgebnis:
vtxx += 0
Graphische Fehlerermittlung 1. Lineare Gesetze
Sonderfall:
Wenn die Ausgleichsgerade eine Ursprungsgerade ist,
gehen auch die Extremalgeraden durch
den Ursprung
1 3 2 0 4 5
t
x
2. Nichtlineare Gesetze Bsp: Freier Fall
2
2tay =
Graphische Fehlerermittlung
Problem: Parabel kann schlecht „abgeschätzt“ und ausgewertet werden
2. Nichtlineare Gesetze Bsp: Freier Fall
2
2tay =
Graphische Fehlerermittlung
Lösung: Zurückführung auf einen linearen Zusammenhang
Taytay tT
222:2 = →= =
→
bxeyy ⋅= 03. Logarithmische Gesetze Bsp: Amplitude einer gedämpften Schwingung
Graphische Fehlerermittlung
→
bxeyy ⋅= 03. Logarithmische Gesetze Bsp: Amplitude einer gedämpften Schwingung Lösung: logarithmieren führt zu linearer Darstellung
( ) btyyeyy bt +=→⋅= 0ln
0 lnln
→
Graphische Fehlerermittlung
4. Potenzgesetze Bsp: Wirkungsquerschnitt der Rayleigh-Streuung
nxay ⋅=
Lösung: logarithmieren führt zu linearer Darstellung
xnayxay n loglogloglog +=→⋅=
→
Graphische Fehlerermittlung
Graphische Darstellung So sollen Ihre Diagramme NICHT ausschauen !
vtxx += 0
lineare Regression
eine Reihe von Messungen kann auch rein mathematisch durch eine Ausgleichsgerade ausgewertet werde.
Wie?
• Funktionsansatz einer Geraden
• Abweichungen aller Messwerte von dieser Geraden berechnen
• Abweichungen aufsummieren
• Minimum der Summe finden (Ableiten, Null setzen)
• funktioniert auch für andere Funktionen