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Prof. Dr. Hans Hirth Finanzierung und Investition II: Internationales Finanzmanagement Internationales Finanzmanagement Internationales Finanzmanagement Internationales Finanzmanagement Gliederung I. Währungsmanagement 1. Wechselkurse 1.1 Grundlagen (a) Einige Begriffe (b) Devisenangebot und -nachfrage (c) Wechselkurssysteme 1.2 Internationale Paritätsbeziehungen (a) Kaufkraftparität (b) Zinsparität (c) Fisher-Effekt (d) Internationaler Fisher-Effekt (e) Terminkurstheorie (f) Gesamtwürdigung 2. Währungsrisiko 2.1 Das Numéraire-Problem 2.2 Formen von Währungsrisiken 3. Management des Wechselkursrisikos 3.1 Hedging, Spekulation und Arbitrage 3.2 Kurssicherungsinstrumente (a) Devisentermingeschäfte (b) Devisenoptionen (1) Charakterisierung von Optionsgeschäften (2) Bewertung von Devisenoptionen (c) Fremdwährungskredite und -anlagen (d) Währungsswaps 3.3 Ausgewählte Hedgingprobleme (a) Hedging einer gegebenen Fremdwährungsposition (1) Idealtypisches Hedging (2) Cross-Hedging (3) Zweistufiges Hedging (b) Hedging von unsicheren Positionen (1) Einstufige Entscheidung (2) Internationale Ausschreibungen (c) Hedging mit Devisenoptionen (d) Hedging mit Fremdwährungskrediten

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Page 1: Finanzierung und Investition II: Internationales ... · Kassakurs: Kurs, wenn Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft zeitlich zusammenfallen Terminkurs: Kurs bei einem Geschäft,

Prof. Dr. Hans Hirth

Finanzierung und Investition II:

Internationales Finanzmanagement Internationales Finanzmanagement Internationales Finanzmanagement Internationales Finanzmanagement

Gliederung I. Währungsmanagement 1. Wechselkurse 1.1 Grundlagen (a) Einige Begriffe (b) Devisenangebot und -nachfrage (c) Wechselkurssysteme 1.2 Internationale Paritätsbeziehungen (a) Kaufkraftparität (b) Zinsparität (c) Fisher-Effekt (d) Internationaler Fisher-Effekt (e) Terminkurstheorie (f) Gesamtwürdigung 2. Währungsrisiko 2.1 Das Numéraire-Problem 2.2 Formen von Währungsrisiken 3. Management des Wechselkursrisikos 3.1 Hedging, Spekulation und Arbitrage 3.2 Kurssicherungsinstrumente (a) Devisentermingeschäfte (b) Devisenoptionen (1) Charakterisierung von Optionsgeschäften (2) Bewertung von Devisenoptionen (c) Fremdwährungskredite und -anlagen (d) Währungsswaps 3.3 Ausgewählte Hedgingprobleme (a) Hedging einer gegebenen Fremdwährungsposition (1) Idealtypisches Hedging (2) Cross-Hedging (3) Zweistufiges Hedging (b) Hedging von unsicheren Positionen (1) Einstufige Entscheidung (2) Internationale Ausschreibungen (c) Hedging mit Devisenoptionen (d) Hedging mit Fremdwährungskrediten

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II. Internationale Investition 1. Investitionsrechnung bei Direktinvestitionen 1.1 Zur Kapitalwertregel im allgemeinen 1.2 Kapitalwerte von Direktinvestitionen 2. Besondere Risiken bei Direktinvestitionen 2.1 Länderrisiken 2.2 Souveränitätsrisiken (a) Einige Begriffe (b) Überblick über Lösungsmechanismen (c) Ein Lösungsvorschlag bei relativer Schuldnersouveränität 3. Investitionsentscheidungen und Hedging 3.1 Hedging mit Termingeschäften (a) Hedging bei fixierter Investitionsentscheidung (b) Simultane Investitions- und Hedgingplanung 3.2 Hedging und Investitions-Fehlanreize 4. Internationale Diversifikation von Wertpapierportefeuilles 4.1 Elementare Grundlagen der Portefeuilletheorie 4.2 Vor- und Nachteile internationaler Portefeuillebildung 5. Grenzüberschreitende Fusionen Literaturhinweise

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Vorbemerkung:

Was ist „international“ am Internationalen Finanzmanagement?

● andere Währungen

● andere Regulierung

● andere Kultur, Sprache, Geschäftsgepflogenheiten

→ Hier ist viel zu lernen, aber nicht primär Wirtschaftsausbildung!

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KAPITEL I: WÄHRUNGSMANAGEMENT

1. Wechselkurse 1.1 Grundlagen

(a) Einige Begriffe

Devisen = sofort liquidierbare Forderungen in Fremdwährung

(hauptsächlich Fremdwährungskonten (Buchgeld), aber auch

Wechsel u. Schecks in Fremdwährung)

Sorten = Bargeld in Fremdwährung (manchmal auch als Unterform

den Devisen zugerechnet)

Wechselkurs = Preis einer Währung in Einheiten einer anderen Währung

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Der Wechselkurs z. B. des USD kann in allen möglichen anderen Währungen ausgedrückt

werden:

120 JPY/USD,

0,5 GBP/USD,

0,79 EUR/USD,

……

Aus Sicht eines bestimmten Währungsraums (z. B. Euroraum) wird Wechselkurs ei-

ner Auslandswährung sinnvollerweise in Einheiten der inländischen Währung aus-

gedrückt. Für uns also:

=$€

79,0w €$

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→ Umrechnung von Devisen 100 [$] in Heimatwährung: 100 [$] · w€$ = 79 [€]

→ Umrechnung von 79 [€] Heimatwährung in Devisen: €$w1

[€]79 ⋅ = 100 [$]

Warnhinweis!

Die hier verwendete Darstellung entspricht der Notierung der EZB („Preisnotierung“).

An Devisenmärkten wird häufig der Kehrwert notiert („Mengennotierung“).

Z. B. wird dort als Dollarkurs häufig angegeben, wieviele Dollars man für einen Euro erhält:

Bei

=$€

79,0w €$ würde dort also ein Dollarkurs von

=€

$26,1

w

1

€$ notiert.

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Kassakurs, Terminkurs

● Kassakurs: Kurs, wenn Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft zeitlich zusammenfallen

● Terminkurs: Kurs bei einem Geschäft, das jetzt abgeschlossen, aber erst in der Zukunft

(zu einem fixierten Termin) ausgeführt wird

Kreuzwechselkurs

● impliziter Wechselkurs bei drei Währungen (zum Beispiel €, $, ₤)

£$£€€$ www ⋅=

● relevant

– bei Unmöglichkeit direkter Geschäfte

– zur Ausnutzung von Preisungleichgewichten (Arbitrage)

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Umsätze und Struktur des Devisenhandels

(Folgende Tabellen verkürzt entnommen aus: BIZ, Foreign exchange and derivatives market activity in April 2010, S. 7, 9 und 10.)

Spot transactions = Kassageschäfte: Tausch eines Betrags der Währung X in eine andere Y

Outright forwards = Tausch eines Betrags der Währung X in eine andere auf Termin zu vorab vereinbartem Terminkurs

Foreign exchange swap = Kassakauf (-verkauf) einer Währung bei gleichzeitigem Terminverkauf (-kauf) der gleichen Währung

Currency swap = Austausch künftiger Zahlungsverpflichtungen (oder –forderungen) in Währung X in künftige Zahlungsverpflichtungen (oder –forderungen) in Währung Y.

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Anmerkungen: Hier sind nur die wichtigsten aufgelistet.

Da an jeder Transaktion zwei Währungen beteiligt sind, würden sich insgesamt 200 % ergeben. Ab Januar 2009 wurde Slowenische Krone durch Euro als gesetzliches Zahlungsmittel ersetzt.

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Anmerkungen: Hier sind nur die wichtigsten aufgelistet. XEU = Abkürzung für damalige europäische Währungsrecheneinheit ECU. OthEMS steht für die restlichen Währungen des damaligen European Monetary Systems (Europ. Währungsverbunds).

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(b) Devisenangebot und -nachfrage

● als wesentliche Bestimmungsgründe des Wechselkurses

● Fremdwährungsangebot

– Export (ins Ausland) von Gütern und Dienstleistungen

– Kapitalimport (Investitionen des Auslands im Inland)

– Transfers von Ausländern (Wohnsitz im Ausland) an das Inland

– Veräußerung von Devisenreserven durch die Zentralbank

● Fremdwährungsnachfrage

– Import (ins Inland) von Gütern und Dienstleistungen

– Kapitalexport

– Transfers von Inländern (= hier ansässigen) an das Ausland

– Erhöhung von Devisenreserven

● besondere Determinanten – Abrechnung des Ölhandels in $ – Dollar oder Euro als Zweitwährung in Staaten mit schwacher Währung

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(c) Wechselkurssysteme

Flexible Wechselkurse

● Preisbildung durch Angebot und Nachfrage, ohne regulierende Eingriffe

● permanente, gleitende Veränderung des Wechselkurses im Zeitablauf

Devisen [$]

w [€/$]

w*

Angebot

Nachfrage

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Feste Wechselkurse

● Festlegung bestimmter Paritäten zwischen Währungen

● letztlich nicht wirklich fest

– Zentralbankinterventionen bei vorübergehenden Ungleichgewichten erforderlich

– Paritätsveränderungen nach nachhaltigen Ungleichgewichten

→ gegebenenfalls stufenförmige Veränderung des Wechselkurses

● Probleme bei Abweichen von Parität wfix und Gleichgewichtskurs w*

Beispiel: wfix geringer als Gleichgewichtskurs (durchgezogene Linie)

→ Nachfrageüberhang: Bereitschaft der Nachfrager, höheren Kurs als wfix zu zahlen

→ mögliche Folge: Aufkommen eines Schwarzmarktes

aktuelle Parallele (Süddeutsche Zeitung, 7.9.2011):

„Darum entschloss sich jetzt die Schweizerische Nationalbank (SNB) zu einem drasti-

schen Schritt: Sie legte einen Mindestpreis für den Euro fest: Fortan muss ein Euro

mindestens 1,20 Franken kosten.“

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Mindestkurs Euro wSFR,€ = 1,20 ���€

bedeutet Höchstkurs Franken w€,SFR = 0,83 €

���

Schweiz will „zu niedrigen“ Frankenkurs wfix = 0,83

w [€/CHF]

wfix

Schweizer Franken CHF

w*

Angebot

Nachfrage

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● denkbare Maßnahmen aus Sicht der Schweiz

− Verkauf Franken / Aufkauf Euro durch Schweizer Notenbank

− Anreize zur Angebotserhöhung (Förderung von Güterimporten in die Schweiz und Kapitalexporten aus der Schweiz) und zur Nachfrageverringerung (Behinderung v. Güterexporten und Kapitalimporten)

● konkrete Beispiele

• Ausfuhrzölle behindern Güterexport.

• Zinssenkung behindert Kapitalimport / fördert Kapitalexport.

• Senkung der Einfuhrzölle fördert Güterimport.

1.2 Internationale Paritätsbeziehungen

● auf vollkommenen Märkten: Gleichgewichtsbedingungen; sonst eher Näherung

● bei unsicheren Erwartungen: eher nur als Erwartungstheorien sinnvoll interpretierbar

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(a) Kaufkraftparität

Absolute Kaufkraftparität

● Aussage: Wechselkurs sichert arbitragefreie Güterpreise im Inland und Ausland.

pi = pa ⋅ w ⇔ w = pi / pa

● Beispiel: Preis für Schokolade in Basel (D): 0,75 €, und in Basel (S): 1,20 CHF

→ w€;CHF = 0,75 / 1,20 = 0,625 [€/CHF]

● empirisch fragwürdig

– Transaktionskosten bei Realgütern

– typischerweise auf (unterschiedl.) Warenkörbe bezogen, nicht auf einzelne Güter

– zusätzliche Determinanten der Wechselkurse

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Relative Kaufkraftparität

● starke Ausprägung: Absolute KKP ist in jedem Zeitpunkt (also auch zukünftig) erfüllt.

(1) w1 = pi1 / p

a1

(2) w0 = pi0 / p

a0

bzw. a

ai

0

01

π1

ππ

w

ww

+−

=−

mit jeweils Netto-Inflationsrate π ≡ 1p

p

0

1 −

Aussage über den Verlauf der absoluten Höhe des Wechselkurses im Zeitablauf

a

i

a0

a1

i0

i1

a0

i0

a1

i1

o

1

11

pp

pp

pp

pp

ww

π+π+

===

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● schwache Ausprägung (meistens und hier auch im folgenden gemeint):

Wechselkurs steigt im Verhältnis der Preisänderungen bzw. Inflationsraten

(1) : (2) a

i

o

1

1

1

w

w

π+π+

=

Nur Aussage über die relative Wechselkursänderung im Zeitablauf.

Wenn die absolute KKP in t = 0 erfüllt ist, so impliziert die schwache Ausprägung der relati-

ven KKP, daß die absolute KKP auch in t = 1 erfüllt sein muß. Dann besteht kein Unter-

schied zwischen beiden Ausprägungen.

Fazit

● Die starke Ausprägung impliziert die schwache Ausprägung, aber nicht umgekehrt.

● Beide besagen:

Wechselkursänderungen sind allein Folge von unterschiedlichen Inflationsraten!

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Bei unsicheren Erwartungen über w1 und p1

Variante A

Es ist sicher, daß der Wechselkurs im Verhältnis der Inflationsraten steigt.

Allerdings sind die Inflationsraten noch unsicher.

Die Verteilung der Inflationsraten bestimmt die Verteilung von w1, wobei gilt:

a

i

o

1

~1

~1

w

w~

π+π+

=

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Beispiel: gemeinsame Eintrittswahrscheinlichkeiten der beiden Inflationsraten

f(πi; πa) πi = 2 % πi = 3 %

πa = 1 % 0,6 0,1

πa = 4 % 0,1 0,2

Verteilung von 0a

i1 w~1

~1w~ ⋅

π+π+

= (Annahme: w0 = 1)

w1 πi = 2 % πi = 3 %

πa = 1 % 1,02/1,01 = 1,0099 1,03/1,01 = 1,0198

πa = 4 % 1,02/1,04 = 0,9808 1,03/1,04 = 0,9904

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Variante B

Im Erwartungswert wird der Wechselkurs im Verhältnis der Inflationsraten steigen.

π+π+

=a

i

0

1

~1

~1E

w

)w~(E

Die genaue Verteilung von w1 (wie bei Variante A) ist nicht gewährleistet.

Aber im Erwartungswert gilt (für obiges Beispiel):

E(w1) = 0,6 · 1,0099 + 0,1 · 1,0198 + 0,1 · 0,9808 + 0,2 · 0,9904 = 1,0041

Daß sich der Wechselkurs tatsächlich im Verhältnis der Inflationsraten verändert, kann

trotzdem höchst unwahrscheinlich sein (im Beispiel sogar unmöglich).

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Variante A impliziert Variante B. Denn wenn der Wechselkurs mit Sicherheit im Verhältnis

der Inflationsraten steigt, so ist dies auch zu erwarten.

Fazit:

Wenn erwartet wird, daß Inlandsinflation höher als Auslandsinflation ausfällt, dann ist auch

ein Wechselkursanstieg zu erwarten (= Abwertung der Inlandswährung).

Vereinfachend findet sich auch die folgende Formulierung:

)~(E1

)~(E1.bzw

)~1(E

)~1(E

w

)w~(E

a

i

a

i

0

1

π+π+

π+π+

=

Sie kann aber nur bei speziellen Verteilungen richtig sein.

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Im Beispiel:

E(1+πi) = 0,7 · 1,02 + 0,3 · 1,03 = 1,023

E(1+πa) = 0,7 · 1,01 + 0,3 · 1,04 = 1,019

These: 0039,11)~1(E

)~1(E)w~(E

a

i1 =⋅

π+π+

=

Falls gemeinsame Verteilung der Inflationsraten bekannt (wie im Beispiel)

→ inkonsistente Erwartungsbildung über w1 (im Beispiel ist wahrer Wert E(w1) = 1,0041) oder

→ Abkehr von der relativen KKP (um die geht es aber gerade) oder

→ spezielle Verteilung der Inflationsraten (siehe unten Exkurs)

Falls gemeinsame Verteilung der Inflationsraten unbekannt und nur deren Erwartungswerte

bekannt

→ einzig mögliche Abschätzung (vernünftige Daumenregel)

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Exkurs

Welche Eigenschaft muß die Verteilung der Inflationsraten haben, damit:

)~1(E

)~1(E~1

~1E

a

i

a

i

π+π+

=

π+π+

?

Setze 1 + πi = x und 1+ πa = y:

⋅+

=

⋅=

y1

E)x(Ey1

;xCovy1

xEyx

E

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Da gilt:

⋅=⋅

y;

y1

Covyy1

E)y(Ey1

E

−⋅=

y;

y1

Cov1)y(E

1y1

E

Einsetzen in

−⋅+

=

y;

y1

Cov1)y(E)x(E

y1

;xCovyx

E

Es ist )y(E)x(E

yx

E =

nur dann, wenn

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⋅−

= y;

y1

Cov)y(E)x(E

y1

;xCov0

=y;

y1

Cov

y1

;xCov

)y(E)x(E

„notwendige u. hinreichende Bedingung“

Beachte:

x und y stehen für die Brutto-Inflationsraten und sind jeweils positiv.

y;

y1

Cov ist eindeutig negativ

0y1

;xCov <

„notwendige Bedingung“

In Worten: Die beiden Inflationsraten müssen positiv korreliert sein!

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Exkurs: Notation bei zeitkontinuierlicher Betrachtung (siehe dazu Kähler/Pasternak)

1. Schritt: Logarithmieren von (1) : (2) auf beiden Seiten

)1ln()1ln(wlnwln11

lnww

ln ai01a

i

o

1 π+−π+=−⇔π+π+

=

2. Schritt: Definition der zeitkontinuierlichen Inflationsrate )()('

ˆττπ

p

p= mit Zeitvariable τ

)1ln(ˆ.bzwe)1( ˆ π+=π=π+ π

3. Schritt: Definition des Logarithmus τw des Wechselkurses

ττ = wlnw

Aus 1. – 3. Schritt folgt: ai01 ˆˆww π−π=−

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(b) Zinsparität

● auch „gedeckte Zinsparität“

● Aussage: gleiche Verzinsung bei Anlage/Verschuldung in verschiedenen Währungen

● Szenario: zwei Möglichkeiten der Anlage einer inländischen Geldeinheit

a) Anlage im Inland → Rückfluß (1 + ri)

b) Tausch in Devise auf Kassamarkt, Anlage im Ausland, Rücktausch auf Termin

→ Rückfluß t)r1(w

1a

0

⋅+⋅ mit t = Terminkurs

● kein Wechselkursrisiko

● Bei Arbitragefreiheit müssen beide Rückflüsse übereinstimmen:

a

ai

0

0

a

i

0

a

0

i r1

rr

w

wt

r1

r1

w

tt)r1(

w

1r1

+−

=−

⇔++

=⇔⋅+⋅=+

Interpretation: Zinsdifferenz bestimmt Relation zwischen Terminkurs und Kassakurs.

Swap-Satz

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(c) Einfacher Fisher-Effekt

● Zerlegung des Nominalzinssatzes r in Realzinssatz z und Inflationsrate π

(1 + ri) = (1 + zi) · (1 + πi) im Inland

(1 + ra) = (1 + za) · (1 + πa) im Ausland

• Beispiel Kaninchenzucht

1 Euro · 100 Kaninchen · 1,2 · 1,05 = 126 Euro

Brutto-Nominalzins: 1+r = 1,2 · 1,05 = 1,26

Brutto-„Realzins“: 1 + z = 2,105,126,1

π1r1

==++

→ z = 20 %

Daumenregel als Näherungslösung: z ≈ r − π = 21 %

Anfangspreis

pro Kaninchen

Anfangsbestand

an Kaninchen

z = 20 %

Vermehrung

π = 5 %

Preiserhöhung

nominaler

Endbestand

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● These: Realzinsen identisch

zi = za

a

ai

a

ai

a

i

a

i

a

a

i

i

1r1rr

11

r1r1

11

r11

1r1

π+π−π

=+−

π+π+

=++

−π+

+=−

π++

● Interpretation

höhere Inflation im Inland ⇒ höherer geforderter Nominal-Zinssatz im Inland

● Kritik

These nur sinnvoll, wenn man dann später statt im Inland im Ausland konsumiert, also

kein Devisentausch in Frage kommt.

Verhältnis der Brutto-Nominalzinssätze entspricht dem der Inflationsraten

Verhältnis d. rel. Zinsunter-schieds entspricht dem des rel. Inflationsunterschieds

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Bei unsicherer Inflation …..

a) ……. bleibt evtl. Nominalzins sicher, sofern ex ante vereinbart u. kein Ausfallrisiko. (Bsp. Wertpapieranlage, Kreditaufnahme) Dann wird Realzins unsicher.

b) ……. bleibt evtl. Realzins sicher (Bsp. Kaninchenzucht) Dann wird Nominalzins unsicher.

Interpretation zu a)

„Zinssatztheorie der Inflationserwartung“:

Inflationserwartung bestimmt den Nominalzins (bei gegebener Vorstellung über angemessenen Realzins)

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(d) Internationaler Fisher-Effekt

● auch „ungedeckte Zinsparität“

● ebenfalls Aussage über Zins bei Anlage/Verschuldung in verschiedenen Währungen,

allerdings ohne (!) Termingeschäft und daher über erwartete Verzinsung

a

ai

0

01

a

i

0

1

1a0

i

r1

rr

w

w)w(E

r1

r1

w

)w(E

)w(E)r1(w1

r1

+−

=−

++

=⇔

⋅+⋅=+

„Zinssatztheorie der Wechselkurserwartung“:

Wechselkurserwartung bestimmt Zinssatz

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● alternative Herleitung:

Die Verbindung von (relativer) Kaufkraftparität (mit spezieller Verteilung)

)π~(E1

)π~(E)π~(E

w

w)w~(E

a

ai

0

01

+−

=−

mit einfachem Fisher-Effekt (mit spezieller Verteilung)

)π~(E1

)π~(E)π~(E

r1

rr

a

ai

a

ai

+−

=+−

ergibt ebenfalls den Internationalen Fisher-Effekt

a

ai

0

01

r1rr

ww)w(E

+−

=−

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(e) Terminkurstheorie der Wechselkurserwartung

● Aussage: Terminkurs als erwartungstreuer Schätzer des künftigen Kassakurses

(Interpretation als Informationseffizienz des Devisenmarktes)

● analytisch: Verbindung von Internationalem Fisher-Effekt und Zinsparität

→ t)w~(E 1 =

● Interpretation: Wechselkurserwartung bestimmt Terminkurs

„Siegel-Paradox“

Terminkurstheorie (Inlandssicht): t)w~(E 1 =

⇔ t

1

)w~(E

1

1

=

Terminkurstheorie (Auslandssicht): t

1

w~1

E1

=

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36

Dann müßte gelten:

=

11 w~1

E)w~(E

1 ⇔ ( )wE

w1

E1 ⋅

=

Tatsächlich aber ist:

1w~;w~1

Cov1w~;w~1

Covw~w~1

E)w~(Ew~1

E 11

11

11

11

>

−=

⋅=⋅

(da Kovarianz negativ)

und demnach im Widerspruch zu oben:

)w~(E

1w~1

E11

>

Fazit

● Unmöglichkeit der gleichzeitigen Gültigkeit der Terminkurstheorie in zwei Ländern

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● Interpretationsvorschlag: Terminkurs enthält Risikoprämie RP

- Inlandssicht: t = E(w1) ─ RP

- Auslandssicht: 1/t = E(1/w1) ─ RP (RP zur Vereinfachung identisch)

Dann könnte folgendes gelten:

t · (1/t) = [E(w1) ─ RP] · [E(1/w1) ─ RP] = 1

⇔ E(w1) · E(1/w1) ─ RP · [E(w1) + E(1/w1)] + RP² = 1

Wegen E(w1) · E(1/w1) > 1 (Siegel-Paradox), muß gelten:

─ RP · [E(w1) + E(1/w1)] + RP² < 0

⇔ E(w1) + E(1/w1) > RP ist möglich, also kein Widerspruch.

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(f) Gesamtwürdigung

● Bei sicheren Erwartungen und ohne Transaktionskosten: Gleichgewichtsbedingungen

● Eine einzelne Parität kann aus anderen abgeleitet werden.

Beispiele: ZP & TTWE ergibt IFE oder KKP & EFE ergibt IFE

sowie entsprechende Umstellungen: z. B. IFE & TTWE ergibt ZP

● Bei unsicheren Erwartungen sind nur absolute KKP und ZP echte Arbitragefreiheits-

bedingungen, andere Paritäten sind Theorien zur Erwartungsbildung

● Empirische Gültigkeit ist schlecht (absolute KKP, FE) über durchwachsen (relative KKP,

IFE, TTWE) bis gut (ZP). → Unvollkommenheiten

● Beispiel für Unvollkommenheiten: „Dornbusch-Modell“

– Preisstarrheiten auf (unvollkommenen) Gütermärkten

– vollkommene Kapitalmärkte

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Z. B. Erhöhung der Geldmenge

Inlandszins ri sinkt sofort.

Güterpreise reagieren kurzfristig nicht.

Wegen Zinsparität a

i

0 r1

r1

w

t

++

= erhöht sich der Wechselkurs w0.

Ergebnis:

Verletzung der Kaufkraftparität

(inländ. Waren werden günstiger als ausländische)

In diesem Sinne kurzfristige Überreaktion („overshooting“) der Wechselkurse.

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40

2. Währungsrisiko

2.1 Das Numéraire-Problem

● Risikobeurteilung und Vorteilhaftigkeit hängt von der Wahl des Maßgutes ab (hier:

relevante Währung)

● relevante Fragestellung insbesondere bei mehreren denkbaren Maßgütern

– historisch: das „Onassis-Problem“

– aktueller: das Problem von Unternehmen mit internationaler Aktionärsstruktur

Beispielszenario

● Daimler: US-Geschäft mit sicherem Erlös 3,8 Mio. $ in drei Monaten

● mögliche Wechselkurse [€/$]:

=== %20

%80mitmit

w79,0w87,0

w~2

1

Terminwechselkurs [€/$]: t = 0,8535 (≠ E(w) = 0,8540)

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● Handlungsmöglichkeiten:

– 3,8 Mio. $ halten

– 3,8 Mio. $ auf Termin verkaufen

● risikoneutrale Bewertung der Ergebnisse

Ergebnismatrix bei Rechnung in €

[Mio. €] bei w1 bei w2 Erwartungswert

Halten 3,306 3,002 3,2452

Termingeschäft 3,2433 3,2433 3,2433

→ risikolos: Termingeschäft; riskant: Halten

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Ergebnismatrix bei Rechnung in $

[Mio. $] bei w1 bei w2 Erwartungswert

Halten 3,8000 3,8000 3,8000

Termingeschäft* 3,7279 4,1054 3,8034

* 3,8 Mio. $ auf Termin verkaufen zu: t ⋅ 3,8 Mio = 3,2433 Mio. € und in 3 Monaten zum Kassakurs „wieder zurück“ 3,2433 Mio. € ⋅ 1/w

→ risikolos: Stillhalten; riskant: Termingeschäft (in €, dann zu Kassakurs in $)

● Folgerungen

– Relativität der Risikobeurteilung: Risiko ist maßgutabhängig (allgemeingültig)

´ – Umkehrung der Vorteilhaftigkeit (nicht allgemeingültig, da abhängig von

w1, w2, t und Risikopräferenz bzw. Nutzenfunktion)

87,02433,3

79,0

2433,3

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Verallgemeinerte Darstellung, aber mit t = E(w)

● US-Geschäft mit sicherem Erlös B [$] in drei Monaten

● mögliche Wechselkurse [€/$]:

−=

1

1

2

1

p1

p

mit

mit

w

ww~

Terminwechselkurs [€/$]: t = E(w)

Ergebnismatrix bei Rechnung in €

[Mio. €] w1 w2 Erwartungswert

Stillhalten B ⋅ w1 B ⋅ w2 B ⋅ E(w)

Termingeschäft B ⋅ t B ⋅ t B ⋅ t = B ⋅ E(w)

→ risikolos: Termingeschäft; riskant: Stillhalten

→ Indifferenz zwischen beiden Alternativen

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Ergebnismatrix bei Rechnung in $

[Mio. $] w1 w2 Erwartungswert

Stillhalten B B B

Termingeschäft B ⋅ t / w1 B ⋅ t / w2 B ⋅ t ⋅ E(1/w) > B

Beachte:

B ⋅ t ⋅ E(1/w) = B ⋅ E(w) ⋅ E(1/w) > B

wegen E(w) · E(1/w) > 1 (s. o. Siegel-Paradox)

→ risikolos: Stillhalten; riskant: Termingeschäft (in €, dann zu Kassakurs in $)

→ keine Indifferenz mehr; Termingeschäft besser

nochmals zeigt sich:

Riskanz und Vorteilhaftigkeit abhängig von gewählter Währung

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2.2 Formen von Währungsrisiken

● Wechselkursrisiko

→ reines Preisrisiko: nicht prognostizierbare Preisveränderungen

● Währungsrisiko

→ allgemeiner: u. a. Wechselkurs-, Konvertierungs- und Transferrisiken

→ wirkt auf Unternehmen in den drei folgenden Formen

(1) Transaktionsrisiko

● Umwechslungsrisiko, Messung in Zahlungsgrößen

– direkt zahlungswirksam

– erste Intuition für „das“ Wechselkursrisiko

– zumeist Ansatzpunkt für risikopolitische Maßnahmen

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(2) Translationsrisiko

● Umrechnungsrisiko, Messung in Bilanzgrößen

– Niederschlag im Jahresabschluß auch ohne Transaktion in betreffender Periode

– Im wesentlichen Folge der Vorschriften, wie in die sog. „Berichtswährung“

umzurechnen ist.

→ wichtig insbesondere auch bei Konzernkonsolidierung

(3) Ökonomisches Risiko

● Messung in Marktwerten

– Auswirkungen auf den Unternehmenswert unter Einbeziehung aller Wettbewerb-

wirkungen

– auch bei ausschließlich national operierenden Unternehmungen!

– Unternehmensbewertungsansatz incl. Wettbewerbsanalyse erforderlich

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Exposure

● sprachlich: das dem (Wechselkurs-)Risiko „ausgesetzte“ Vermögen

● Vermögen Y in Heimatwährung sei Wechselkurs

Y = X · w + α

Fremdwährungsposition wechselkursunabh. Element

● Bei sicherem X wäre das Exposure also gerade X.

● Bei unsicherem X: Möglicher Schätzansatz über lineare Regression Y über w

Y

w

[ ] [ ] [ ] [ ]€~$

€w~$€€Y~ ε+

⋅β+α=

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● Ergebnis: Messung des Exposure über Steigung der Regressionslinie (β)

● w wird hier als einzige Risikoquelle verwendet, obwohl X (auch) von anderen

Risikoquellen abhängen dürfte.

Idee

− Das Wechselkursrisikomanagement soll nicht nur das Transaktions- und Translati-

onsrisiko berücksichtigen, sondern auch wechselkursabh. Geschäftsrisiken (als

ökonomische Risiken).

− Sinnvoll, wenn X und w stochastisch verbunden sind.

Optimierungsansatz unter „Hedging von unsicheren Positionen“

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3. Management des Wechselkursrisikos

3.1 Hedging, Spekulation und Arbitrage

Hedging

● Beseitigung von Preisrisiken durch Aufbau einer entgegengesetzten Position,

insbesondere durch Termingeschäfte im Zins- und Devisenbereich

● Mikro-Hedge: Absichern einer Einzelposition

Makro-Hedge: Absichern des Saldos der gesamten Positionen

Spekulation

● Eingehen bzw. Offenlassen einer offenen Position

→ Beibehaltung vermeidbarer Preisrisiken

Selektives Hedging

● Kombination von Hedging und Spekulation nach Einbeziehung der Kosten des Hedging

● oder auch: Hedging in bestimmten Bereichen, Spekulation in anderen

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Arbitrage

● Arbitrage: Gewinnerzielung durch Ausnutzung von Preisunterschieden für gleiche Güter

● Ausgleichsarbitrage

– bei ohnehin bestehendem Kaufwunsch: Kauf auf dem billigeren Teilmarkt

– bei ohnehin bestehendem Verkaufswunsch: Verkauf auf dem teureren Teilmarkt

→ hier relevant bei geg. Außenhandel, internationaler Kapitalanlage oder Finanzierung

● Differenzarbitrage

– simultaner Kauf und Verkauf auf den jeweils günstigeren Teilmärkten

→ relevant für jeden

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3.2 Kurssicherungsinstrumente

(a) Devisentermingeschäfte

Für beide Seiten verbindliche Vereinbarung,

– zu einem künftigen Zeitpunkt

– zu einem jetzt festgelegten Terminkurs

(wird so festgelegt, daß jetzt kein Preis für den Kontrakt zu zahlen ist),

– eine bestimmte Menge

– eines bestimmten Gutes (hier: Devisen)

– zu liefern bzw. abzunehmen.

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Forwards (nicht organisierter Markt)

● individuell zwischen Parteien ausgehandelter Vertrag

● zugeschnitten auf spezifische Bedürfnisse

● enger Markt (schwierige Marktpartnersuche, i.d.R. Banken)

● Abhängigkeit von Bonität des Marktpartners

Futures (organisierter Markt)

● institutionalisierte Form von Forward-Kontrakten

● standardisiert

● börsengehandelt

● Abwicklung: Eintreten des Clearing House in Geschäfte; Folge:

– gute Handelbarkeit

– Bonität des ursprünglichen Partners irrelevant

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● laufende Zahlungen:

– initial margin: Einlage in % der Vertragssumme (je nach Partner und Geschäft)

– variation margin: börsentäglich Gutschrift von Gewinnen und Abzug von Verlusten;

Möglichkeit der Entnahme von Gewinnen

– maintenance margin: Untergrenze der Einlage, bei deren Unterschreitung die initial

margin wieder aufzufüllen ist.

→ dient dem Schutz des Clearing House vor Bonitätsrisiken

● Beendigung über

– physische Lieferung/Abnahme

– Barausgleich („Cash-Settlement“) oder

– vorzeitiges „Glattstellen“ (Erwerb der entgegengesetzten Position)

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● typischer Anwendungsfall:

Hedging einer Fremdwährungsforderung X durch einen Devisenterminverkauf zu t

Terminverkauf

Gesamtposition

Forderung

Kassakurs bei Fälligkeit Terminkurs

Wert in Heimatwährung bei Fäligkeit X ⋅ w

t

X ⋅ (t─w)

w [€/$]

X ⋅ w + X ⋅ (t─w) = X ⋅ t

X

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Bewertung von Devisentermingeschäften

● Konstruktion einer bei Fälligkeit äquivalenten Position

→ muß wegen Arbitragefreiheit auch bei Abschluß denselben Wert haben

● Wert eines in τ = 0 vorgenommenen Terminkaufs (1 $ zu t0;T) bei Fälligkeit in τ = T

T,0TT tw~F~ −=

● äquivalent dazu:

Geldanlage im Ausland in Höhe von [$])r1(

1[€]

)r1(

wT

aT

a

0

+→

+

(man erhält bei Fälligkeit 1 $ bzw. Tw~ )

und

Kreditaufnahme im Inland in Höhe von T

i

T,0

)r1(

t

+

(man muß bei Fälligkeit t0,T zahlen)

nötiger €-Betrag

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● gleiche Bewertung

T

i

T,0T

a

00

)r1(

t

)r1(

wF

+−

+= als Wert des Terminkaufs in τ = 0

Aus gedeckter Zinsparität t)r1(w1

r1 a0

i ⋅+⋅=+ F0 = 0

(b) Devisenoptionen

(1) Charakterisierung von Optionsgeschäften

Eigenschaften und Formen

● Option = Recht,

– ein bestimmtes Gut (Basisgut, hier: Devisen)

– zu einem bestimmten Zeitpunkt (europäische Option)

oder innerhalb einer bestimmten Frist (amerikanische Option)

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– zu einem jetzt festgelegten Preis (Ausübungspreis)

– zu kaufen (zu verkaufen) [Kaufoption (Verkaufsoption)]

● Käufer, Verkäufer, Emittent

- Emittent = Stillhalter; erhält Optionspreis

- Käufer kauft von Emittent (Primärmarkt) oder ehemaligem Käufer (Sekundärmarkt)

- einseitige Verpflichtung des Emittenten

● börsennotierte Optionen versus OTC -Optionen (over the counter)

→ ähnlich wie bei Devisentermingeschäften

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Beispiel: Auslandsforderung + Verkaufsoption

Ausübungskurs

Wert in Heimatwährung

Forderung

Verkaufsoption

Gesamtposition

Kassakurs bei Fälligkeit wT

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Vergleich mit Termingeschäften

● Ausübung der Verkaufsoption nur, wenn Kassapreis < Ausübungspreis

(Kaufoption umgekehrt)

● Wert der Option bei Fälligkeit niemals negativ

● Gesamtposition (vor abzuziehendem Optionspreis) nie schlechter als ohne Hedging,

nie schlechter als bei Hedging mit Termingeschäften (t = E vorausgesetzt))

● Kompensation durch zu zahlenden Optionspreis

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(2) Bewertung von Devisenoptionen

Annahmen

● Zweipunktverteilung des Wechselkurses (Wahrscheinlichkeiten nicht erforderlich)

→2T

1T0 w

ww (wT1 > wT2)

● Ausübungspreis E

● Fälligkeitszeitpunkt T = Anzahl der Perioden, auf die sich die Zinssätze (s. u.) beziehen.

Randbedingungen für die Optionsbewertung

a) 2TwE >

sonst Kaufoption = Terminkauf; bzw. Verkaufsoption wertlos

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b) 1TwE <

sonst Verkaufsoption = Terminverkauf und Kaufoption wertlos

c) T

i

2TT

a

0Ta2T

0

Ti )r1(

w

)r1(

w)r1(w

w

1)r1(

+≥

+⇔+⋅⋅≥+

sonst Anlage im Ausland besser (Folge: „rechnerischer“ Wert der Kaufoption negativ)

d) T

a

0T

i

1TTa1T

0

Ti )r1(

w

)r1(

w)r1(w

w1

)r1(+

≥+

⇔+⋅⋅≤+

sonst Anlage im Inland besser (Folge: „rechnerischer“ Wert der Verkaufsoption negativ)

(2.1) Kaufoptionen

Konstruktion eines äquivalenten Portefeuilles

● Wertentwicklung der Kaufoption (Call) auf 1 $ in €

=0

Ewc 1T

T

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62

● Wertentwicklung eines Portefeuilles aus Geldanlage in Fremdwährung (L [$]) sowie

Kreditaufnahme in Heimatwährung (K [€])

+⋅−⋅+⋅+⋅−⋅+⋅

→−⋅T

i2TT

a

Ti1T

Ta

0)r1(Kw)r1(L

)r1(Kw)r1(LKwL

● Duplikation der Wertentwicklung der Kaufoption, wenn

0)r1(Kw)r1(L

Ew)r1(Kw)r1(L

Ti2T

Ta

1TT

i1TT

a

=+⋅−⋅+⋅

−=+⋅−⋅+⋅

● Lösung des Gleichungssystems

T

a2T1T

1TC

)r1(

1

ww

EwL

+⋅

−−

=

T

i

2T

2T1T

1TC

)r1(

w

ww

EwK

+⋅

−−

=

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63

Bewertung der Kaufoption

● Ausnutzung der Arbitragefreiheit

Wertentwicklung übereinstimmend → aktueller Preis identisch

+−

+⋅

−−

=−⋅=T

i

2TT

a

0

2T1T

1TC0C0

)r1(

w

)r1(

w

ww

EwKwLc

• beachte: (wT1 − E), (wT1 − wT2) sowie Term in großen Klammern (Bedingung c, siehe

oben) sind jeweils positiv

● Determinanten des Wertes einer Devisenkaufoption

– gegenwärtiger Kurs ↑ → wertsteigernd

– Ausübungspreis ↑ → wertmindernd

– Auslandszinssatz ↑ → wertmindernd

– Inlandszinssatz ↑ → wertsteigernd

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● Beispiel

– w0 = 1,18; wT1 = 1,21; wT2 = 1,17;

E = 1,19; ri = 7,5 %; ra = 6 %;

T = 0,25 (3 Monate)

LC = 0,49277; KC = 0,57452

– Wert einer Devisenkaufoption

c0 = 0,49277 · 1,18 – 0,57452 = 0,00695

– in Worten:

• Devisenkaufoption für 100.000 $ äquivalent zur Auslandsanlage von 49.277 $

und gleichzeitiger Kreditaufnahme von 57.452 €

• Devisenkaufoption für 100.000 $ kostet 695 €

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Modifikation des Bewertungsansatzes

● entsprechend der Bewertung von Kaufoptionen auf Aktien nach Black/Scholes

● gedanklicher Übergang

– Konstanthalten der Gesamtperiode

– Einteilung in Teilperioden

– Verkürzung der Länge der Teilperioden bei zunehmender Anzahl der Teilperioden

– Grenzbetrachtung: unendliche Anzahl von Teilperioden von marginaler Länge

– Konstruktion eines äquivalenten Portefeuilles für jede Teilperiode

→ permanente Umschichtung des Portefeuilles

– geschlossene Bewertungsformel, weil die Binomialverteilung gegen die

Normalverteilung konvergiert

● Devisenkaufoption entspricht einer Option auf Kauf einer Aktie, die kontinuierliche

Dividenden ausschüttet (da Devise nicht zinstragend)

→ Modell von Merton und Garman/Kohlhagen

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(2.2) Verkaufsoptionen

Gleiche Methode

– Konstruktion eines äquivalenten Portefeuilles

– Bewertung der Option nach Maßgabe der Arbitragefreiheit

Konstruktion eines äquivalenten Portefeuilles

● Wertentwicklung der Verkaufsoption (Put) auf 1 $ in €

−=

2TT wE

0p

● identische Wertentwicklung eines Portefeuilles aus Geldanlage in Heimatwährung L [€]

sowie Kreditaufnahme in Fremdwährung K [$], wenn

−=⋅+⋅−+⋅=⋅+⋅−+⋅

→⋅−2T2T

Ta

Ti

1TT

aT

i0 wEw)r1(K)r1(L

0w)r1(K)r1(LwKL

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● Lösung des Gleichungssystems

T

a2T1T

2TP )r1(

1ww

wEK

+⋅

−−

=

T

i

1T

2T1T

2TP )r1(

w

ww

wEL

+⋅

−−

=

Bewertung des Put

● Ausnutzung der Arbitragefreiheitsbedingung:

Wertentwicklung gleich → aktuelle Preise gleich

+−

+⋅

−−

=⋅−=T

a

0T

i

1T

2T1T

2T0PP0 )r1(

w

)r1(

w

ww

wEwKLp

• beachte: (E − wT2), (wT1 − wT2) sowie Term in großen Klammern (Bedingung d, siehe

oben) sind jeweils positiv.

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68

● Determinanten des Wertes einer Devisenverkaufsoption

– gegenwärtiger Kurs ↑ → wertmindernd

– Ausübungspreis ↑ → wertsteigernd

– Auslandszinssatz ↑ → wertsteigernd

– Inlandszinssatz ↑ → wertmindernd

● Beispiel (analog zu oben)

w0 = 1,18; wT1 = 1,21; wT2 = 1,17; E = 1,19; ri = 7,5 %; ra = 6 %; T = 0,25 (3 Monate)

Wert einer Devisenverkaufsoption: p0 = 0,59415 – 0,49276 · 1,18 = 0,01269

in Worten: • Devisenverkaufsoption auf 100.000 $ äquivalent zu

- Auslandskreditaufnahme von 49.276 $ und

- Inlandsanlage von 59.415 €

• Devisenverkaufsoption auf 100.000 $ kostet 1.269 €

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69

(2.3) Put-Call-Parität

• Aussage über den Zusammenhang der Preise europ. Kauf- und Verkaufsoptionen

• unabhängig von Verteilung des Wechselkurses, wie Abbildung zeigt:

Fremdwährungskredit

Endwert in Heimatwährung

Inlandsanlage

Verkaufsoption

Kaufoption

Wechselkurs bei Fälligkeit wT 0 Ausübungspreis E

E

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70

Konstruktion eines einer Verkaufsoption äquivalenten Portefeuilles

● Verkaufsoption äquivalent zu

- Geldanlage im Inland L [€] mit Endwert E und

- Kreditaufnahme im Ausland K [$] mit Endwert 1 $ und

- Kauf einer Kaufoption c0 [€]

0Ta

0T

i0 c

)r1(

w

)r1(

Ep +

+−

+= „Put-Call-Parität“

Synthetischer Terminkontrakt

● Umstellung der Gleichung der Put-Call-Parität

444 3444 21

321

Et mitsTerminkauf eines Wertoption Verkaufseiner in rStillhalteplus Kaufoption einer Kauf

0T

Ti

Ta

000 )r1(

E

)r1(

wpc

=

+−

+=−

→ Rekonstruktion eines Terminkaufs durch

- Kauf einer Kaufoption und Verkauf einer Verkaufsoption

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71

(c) Fremdwährungskredite und -anlagen

● Szenario: Exporteur hat Fremdwährungserlöse

– Kreditaufnahme in Fremdwährung

– Bedienung von Zins- und Tilgungszahlungen durch Erlöse

→ Hedging von Fremdwährungsforderungen

● Szenario: Raffinerie muß Öllieferung in $ bezahlen

– Halten von Finanzanlagen in $

– Bedienung der Ölrechnungen aus Erlösen der Finanzanlagen

→ Hedging von Fremdwährungsverbindlichkeiten

(d) Währungsswaps

● Hier ist gemeint der sog. Currency Swap:

Austausch künftiger Zahlungsverpflichtungen (oder –forderungen) in Währung X in

künftige Zahlungsverpflichtungen (oder –forderungen) in Währung Y.

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● Ansonsten wird dazu auch gezählt der sog. Foreign Exchange Swap:

Kassakauf (-verkauf) einer Währung bei gleichzeitigem Terminverkauf (-kauf) der glei-

chen Währung.

Anmerkung:

Da beide Transaktionen ohne weiteres trennbar sind, ist dies aber eher eine Handels-strategie als ein eigenständiges Finanzinstrument.

Formen von Swaps (hier relevante)

● Zahlungen mit Unterschieden hinsichtlich

– Zinsbasis (Festzins und variabler Zins; versch. Zinsberechnungsbasen) → Zinsswap

– Währung (inländisch und ausländisch) → Währungsswap

– Zinsbasis und Währung → kombinierter Zins- und Währungsswap

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73

Motivation für den Einsatz von Währungsswaps

● Gestaltung des Wechselkursrisikos

– bei Überhang von Fremdwährungsforderungen

1) Liability-Swap inländisch in ausländisch (→ zus. FW-Verbindl.) oder

2) Asset-Swap ausländisch in inländisch (→ FW-Ford. in Inlandsford. umgewandelt)

→ Schließen der offenen Fremdwährungsposition

– bei Überhang an Fremdwährungsverbindlichkeiten entsprechend

● Ausnutzung von Kostenvorteilen

– Bsp: Unternehmungen können sich auf Heimatmarkt günstiger finanzieren.

– Grund: Marktunvollkommenheiten, die Arbitrage verhindern;

z. B. Informationsvorteile der jeweiligen Inländer.

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● Beispiel: Coca-Cola und VW suchen jeweils Auslandsfinanzierung zur Kompensa-

tion der Exporterlöse im jeweils anderen Währungsraum

Finanzierungskosten

Finanzierung in $

Finanzierung in €

Coca-Cola 7 % 7 %

VW 8,5 % 6 %

→ Finanzierung für Ausländer teurer als für Inländer

● Finanzierungsvolumen: 80 Mio. $ bzw. 64 Mio. € (aktueller Wechselkurs 0,8 [€/$])

● Swap-Vereinbarung

– Coca-Cola finanziert sich in $

– VW finanziert sich in €

– Zinsverpflichtungen werden ausgetauscht

– VW leistet jährliche Zusatzzahlung von 0,2 Mio. $ an Coca-Cola (= 0,25 %)

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● laufende Belastungen (+: Zinsbelastung; –: Zinsentlastung)

Finanzierungskosten VW Coca-Cola

Zinszahlung an den Markt + 3,84 Mio. [€]

(6 % v. 64 Mio. €)

+ 5,6 Mio. [$]

(7 % v. 80 Mio. $)

Swapzahlung VW → CC + 5,6 Mio. [$] – 5,6 Mio. [$]

Swapzahlung CC → VW – 3,84 Mio. [€] + 3,84 Mio. [€]

Ausgleichszahlung VW → CC + 0,2 Mio. [$] – 0,16 Mio. [€]*

Summe 5,8 Mio. [$] → 7,25 % 3,68 Mio. [€] → 5,75 %

*Umrechnung der Ausgleichungszahlung zum Kurs bei Geschäftsabschluß (0,8 €/$)

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● besondere Aspekte

– jeweils Zinsvorteil von 1,25 % gegenüber Finanzierung auf dem Auslandsmarkt

(Ausgleichszahlung so bemessen, daß Zinsvorteil übereinstimmt; nicht zwingend)

– zusätzlich denkbar: Austausch der Kredit- und Tilgungsbeträge.

– Vereinbarung e. anderen Umrechnungskurses bei Ausgleichszahlungen möglich

(z. B. bei erwarteten nachhaltigen Wechselkursveränderungen).

● mögliche Probleme

– Vertragspartnersuche (komplementäre Bedürfnisse erforderlich)

– Bonität des Vertragspartners (kann Zinsvorteile u. Wechselkurssicherungs-

effekte neutralisieren)

– Kosten der Inanspruchnahme von Intermediären (Bankprovisionen)

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3.3 Ausgewählte Hedgingprobleme

(a) Hedging einer gegebenen Fremdwährungsposition

(1) Idealtypisches Hedging

X Höhe der offenen Position in Fremdwährung (bei Aktivum: X > 0)

w~ unsicherer Kassawechselkurs zum Planungshorizont

mit Erwartungswert µ und Varianz σ2

t Terminkurs

H Höhe des Terminkaufs in Fremdwährung (H > 0: Kauf; H < 0: Verkauf)

R Parameter für die Risikoaversion

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Y Endvermögen

● vor Hedging: w~XY~ ⋅=

● nach Hedging: )tw~(Hw~XY~H −⋅+⋅=

Gewinn aus Termingeschäft

– bei Kauf (H > 0), wenn w > t

– bei Verkauf (H < 0), wenn w < t

andernfalls Verlust

Reines Hedging

● Varianzminimierung:

min!)HX()Y~(Var 22H →σ⋅+=

→ H* = – X

→ völlige Risikobeseitigung durch exaktes Schließen der Position

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Selektives Hedging

● Maximierung des Sicherheitsäquivalents

)Y~(VarR2

1)Y~(E HH ⋅⋅−=φ

max!)HX(R2

1)t(HX 22 →σ⋅+⋅⋅−−µ⋅+µ⋅=φ

0)HX(R)t(' 2 =σ⋅+⋅−−µ=φ

→ 2R

tX*H

σ⋅−µ

+−=

● optimales Termingeschäft mit zwei Komponenten:

– Hedging-Komponente (H = –X)

völliges Schließen der offenen Position: Verkauf per Termin

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– Spekulationskomponente bei positiver Gewinnerwartung (Quotient)

• Terminkauf bei µ > t (→ Verringerung des Terminverkaufs)

• Terminverkauf bei µ < t (→ Erhöhung des Terminverkaufs)

jeweils um so größer, je geringer das Risiko σ2 und die Risikoaversion R

Terminkurstheorie

● µ = t: Terminkurs als bester Schätzer für den künftigen Kassakurs

→ kein Unterschied zwischen reinem und selektivem Hedging

Grund: keine Opportunitätskosten des Hedging wg. fehlender Spekulation

(2) Cross-Hedging

● Hedging mit anderem Basistitel als die abzusichernde Position

Anlaß: idealer Basistitel nicht verfügbar

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81

● Beispiel:

offene Position in Kanada-$; Hedging mit US-$-Termingeschäft

● Endvermögen

)tw~(Hw~XY~ USUSKanH −⋅+⋅=

● Maximierung des Sicherheitsäquivalents

max!]HX2HX[R2

1)t(HX US,Kan

2US

22Kan

2USUSKan →σ⋅⋅⋅+σ⋅+σ⋅⋅⋅−−µ⋅+µ⋅=φ

0]XH[R)t(' US,Kan2USUSUS =σ⋅+σ⋅⋅−−µ=φ

2US

USUSUS,Kan

2US

USUS2US

US,Kan

R

tX

R

tX*H

σ⋅−µ

+β⋅−=

σ⋅−µ

σ⋅−=

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● wieder zwei Komponenten

– Spekulation wie oben (aber auf Basis eines anderen Instruments)

– Hedging im Sinne der Varianzminimierung

Hmin = – X ⋅ βKan,US “Beta-Hedging”

Hedging unter Einbeziehung des Risikozusammenhangs zwischen

Basisposition und Terminposition

● Risikominimum

)1(X

]w~w~[VarX)]tw~(Xw~X[Var)}Y(Var{min

22Kan

2

USUS;KanKan2

USUSUS;KanKanH

ρ−⋅σ⋅=

⋅β−⋅=−⋅β⋅−⋅=

Hmin

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Beweis

( )

( )2Kan

KanUSKan

USKan

USUS2

US

Kan

USKanUS;KanUS2

US;KanKan

USUS;KanKan

²²²Cov

1²²

²Cov²Cov

²Cov

2²²

²Cov²

]w;w[Cov2²²

]ww[Var

ρ−⋅σ=

σ⋅σ−⋅σ=

σ−σ=⋅

σ⋅−σ⋅

σ+σ=

⋅β⋅−σ⋅β+σ=

⋅β−

→ minimale Restvarianz um so geringer, je größer (betragsmäßig) die Korrelation

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(3) Zweistufiges Hedging

● Annahmen

– Absicherung einer langfristigen (zweiperiodigen) Position

– Verfügbarkeit nur kurzfristiger (einperiodiger) Termingeschäfte

– Hintereinanderschaltung zweier jeweils einperiodiger Termingeschäfte

● Entwicklung des Kassakurses Entwicklung des Terminkurses

w0 → 1w~ → 2w~ t0 → 1t~

101 w∆~ww~ += 101 t∆~tt~ +=

212 w∆~w~w~ +=

● sequentielle Entscheidung, Lösung durch Rekursion

1.) Entscheidung über H1 in Kenntnis von w1 und t1 bei gegebenem H0

→ Entscheidungsregel H1(w1, t1H0)

2.) Entscheidung über H0 in Kenntnis (Antizipation) der Entscheidungsregel unter 1.)

→ Auswahl einer bestimmten Regel H0(⋅)

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● Zur Vereinfachung:

Vernachlässigung von Zinseffekten; nur Varianzminimierung

● Endvermögen (ex ante)

)t~w~(H)tw~(Hw~XY~ 1210102H −⋅+−⋅+⋅=

Optimierung zu Beginn der zweiten Periode (im Zeitpunkt 1)

● !min)w~(Var)HX()t,wY~(Var 212

111H →⋅+=

→ H1* = – X

also: vollständige Absicherung in der letzten Periode

Optimierung im Zeitpunkt 0

● H1* → )tw~(Ht~XY~ 0101H −⋅+⋅=

● !min)t~,w~(CovXH2)t~(VarX)w~(VarH)Y~(Var 11012

120H →⋅⋅⋅+⋅+⋅=

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86

Ableitung nach H0:

Var’ = 2 ⋅ H0 ⋅ Var(w1) + 2 ⋅ X ⋅ Cov(w1;t1) = 0

→ 1w;1t

1

110 X

)w~(Var

)t~,w~(CovX*H β⋅−=⋅−=

→ ebenfalls ein „Beta-Hedging“

1. Zusatzannahme: Terminkurstheorie

● hier: Terminkurs t im Zeitpunkt τ für den Zeitpunkt τ+1

)ww~(Et 1 τ+τττ =

● Terminkurs im Zeitpunkt 1 aus Sicht von τ = 1:

)w~(Eww

)w~(Ew)ww~(Et

2110

211

1211

∆+∆+=∆+=

=

● Terminkurs im Zeitpunkt 1 aus Sicht von τ = 0 (t1 ist also noch unsicher):

)w~(E~w~wt~ 21101 ∆+∆+=

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87

● Wahrscheinlichkeitsverteilung von )w∆~(E~ 21 ?

– Einfluß der vorangehenden Änderung ∆w1 auf die spätere Änderung ∆w2?

Falls ja: keine weitere Vereinfachung möglich

– im folgenden weitere Zusatzannahme

2. Zusatzannahme: Random Walk

● stochastische Unabhängigkeit zwischen 1w∆~ und 2w∆~

→ )w~(E)w~(E)w~(E~ 202121 ∆=∆=∆ für alle Realisationen ∆w1

]w~[Var

]w~[Var

)]w~(Ew~w;w~w[Cov)t~,w~(Cov

10

10

2010100110

=

∆=

∆+∆+∆+=

→ H0* = –X

● Ergebnis: revolvierendes Vollhedging: H0* = H1* = –X

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Fazit

● Ergebnis

– vollständige Absicherung der Buchwerte

– in τ = 2 vollständige Absicherungen der Zahlungen

– in τ = 1 unsichere Liquiditätswirkungen (siehe Metallgesellschaft)

● zusätzliche Risiken

– Autokorrelationen der ∆wτ (kein Random Walk)

– mangelnde Gültigkeit der Terminkurstheorie

● außerdem (siehe Metallgesellschaft)

Zwang zu revolvierenden Termingeschäften mit extrem hohen Volumen

→ Preiswirkungen von Angebot/Nachfrage

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Beispiel: Kursverteilung einer offenen Position von 1 $ in τ = 2

τ = 0 τ = 1 τ = 2

0,5

Kassakurs

1,50

1,53 1,56

1,52

1,52

1,48

0,5

0,5

0,5

0,5

0,5

0,5

0,5

1,51 1,54

1,50

1,54

Terminkurs t für jeweils eine Periode beachte: keine Autokorrelation; Gültigkeit der Terminkurstheorie

1,49

w~

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Buchwerte und Zahlungen bei revolvierendem Vollhedging

τ = 0 τ = 1 τ = 2

Buchwerte

w0 w1 + (−w1 + t0) w2 + (−w1 + t0) + (−w2 + t1)

kumulierte Zahlungen

0 (−w1 + t0) w2 + (−w1 + t0) + (−w2 + t1)

Buchwert 1,50

1,51 1,52

1,52

1,52

1,52

1,51 Zah-lung

−0,02

+0,02

1,52

1,52 *

1,52 **

1,52

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Zur Interpretation

Voraussetzung: Vernachlässigung von Zinseffekten

• X = 1 → H0 = H1 = −1 als optimale Hedging-Strategie

• keine Verzinsung der zwischenzeitlichen Zahlung −w1 + t0 von τ = 1 bis τ = 2

Ergebnisse

1.) Die Endpositionen von Buchwert und kumulierten Zahlungen sind identisch, und zwar

w2 + (−w1 + t0) + (−w2 + t1)

= −w1 + t0 + t1

= −w1 + t0 + w1 + E1(∆w2)

= t0 + E1(∆w2)

= t0 + E0(∆w2) Dieser Endwert ist in τ = 0 bereits eine sichere Größe!

2.) Unsicher ist allein die zwischenzeitliche Zahlung −w1 + t0 .

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(b) Hedging von unsicheren Positionen

● relevant bei jeder Form v. Auslandsinvestitionen (Direktinvestitionen, Kreditvergabe ...)

● Messung des Exposure β über (lineare) Regression (siehe oben)

(1) Einstufige Entscheidung

Beispiel 1

● vergebener Auslandskredit von 1.000 $

● verzinslich zu 10 %, aber ausfallbedroht

● Zahlungsfähigkeit des Schuldners positiv korreliert mit Wechselkurs

(Intuition: hoher Wechselkurs Indikator für gute Wirtschaftsentwicklung im Ausland)

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gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung v. Fremdwährungsbetrag u. Wechselkurs

Fremdwährungsbetrag Wechselkurs

w = 0,8 w = 0,7 Summe

X = 1.100 0,5 0,45 0,95

X = 500 0 0,05 0,05

Summe 0,5 0,5 1

andere Darstellung:

Verteilung v. Fremdwährungsposition, Wechselkurs u. Vermögen in Heimatwährung

Zustand 1 (0,5)

Zustand 2 (0,45)

Zustand 3 (0,05)

E(•) Var(•)

X 1.100 1.100 500 1.070 17.100

w 0,8 0,7 0,7 0,75 0,0025

Y = X · w 880 770 350 804 13.714

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● lineare Regression von w auf Y

ε+⋅β+α= ~w~Y~ mit E�ε��=0 und ( ) 0~;w~Cov =ε

● Schätzung der Parameter

( )520.1

0025,0

)05,0()454(05,0)05,0(3445,005,0765,0

)w~(Var

)w~,Y~(Covˆ =−⋅−⋅+−⋅−⋅+⋅⋅

==β

33675,0520.1804)w~(Eˆ)Y~(Eˆ −=⋅−=⋅β−=α

880-804 0,8-0,75

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Beispiel 2

● riskante Direktinvestition von 1.000 $;

Investitionsrückfluß X negativ korreliert mit Wechselkurs

(Intuition: Gute Auslandskonjunktur stärkt Konkurrenz vor Ort)

gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung v. Fremdwährungsbetrag u. Wechselkurs

Fremdwährungsbetrag Wechselkurs

w = 0,8 w = 0,7 Summe

X = 1.500 0 0,3 0,3

X = 1.000 0,6 0,1 0,7

Summe 0,6 0,4 1

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oder andere Darstellung: Verteilung von Fremdwährungsposition, Wechselkurs und

Vermögen in Heimatwährung

Zustand 1 (0,3)

Zustand 2 (0,6)

Zustand 3 (0,1)

E(•) Var(•)

X 1.500 1.000 1.000 1.150 52.500

w 0,7 0,8 0,7 0,76 0,0024

Y = X · w 1.050 800 700 865 15.525

● lineare Regression von w auf Y

ε+⋅β+α= ~w~Y~

● Schätzung der Parameter

625.10024,0

)06,0()165(1,004,0)65(6,0)06,0(1853,0

)w~(Var

)w~,Y~(Covˆ −=−⋅−⋅+⋅−⋅+−⋅⋅

==β

100.276,0625.1865)w~(Eˆ)Y~(Eˆ =⋅+=⋅β−=α

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97

Hedging mit Termingeschäft (Varianzminimierung)

● Terminverkauf des Exposure:

)tw~(HY~Y~H −⋅+=

• lineare Approximation des Zusammenhangs zwischen Y und w

)tw~(H)~w~(Y~H −⋅+ε+⋅β+α=

)~(Var)w~(Var)H()Y~(Var 2H ε+⋅+β=

→ Varianzminimierung, wenn H = −β

verbleibendes Risiko: Var( ε~)

Beachte: Bei sicherem X wäre X)w~(Var

)w~;w~X(Cov)w(Var

)w;Y(Cov=

⋅==β

● Zu den Beispielen

– Beispiel 1: Terminverkauf von 1.520 $, obwohl Kreditforderung lediglich 1.100 $

Grund: hinreichend positive Cov(Y; w) � scheinbares Overhedging i. Vgl. zu X

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– Beispiel 2: Terminkauf von 1.625 $ (!) � scheinbares Underhedging

Zukauf von Devisen per Termin, um Diversifikation auszunutzen

(wegen hinreichend schwacher pos. Korrelation, hier ist sie sogar negativ)

(2) Internationale Ausschreibungen

● Szenario

– Cash-flow von X [$] im Fall des Gewinns der Ausschreibung

– Gewinn der Ausschreibung: binäre Zufallsvariable

θ−θ

=1mit

mit

0

1A~ (unabhängig von Wechselkursentwicklung)

– erstes Termingeschäft bei Teilnahme an Ausschreibung

– weiteres Termingeschäft in Kenntnis des Ergebnisses der Ausschreibung

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● Endvermögen

)t~w~()A~(H)tw~(Hw~XA~Y~ 2,1212,0202H −⋅+−⋅+⋅⋅=

● Varianzminimierung

● zweistufiges Optimierungsproblem, rekursiv zu lösen

● Gedanklich erste Entscheidung: Festlegung von H1 in Kenntnis von A und t1,2

2,112,00210

2,1212,0202H

t)A(HtHw~)]A(HHXA[

)tw~()A(H)tw~(Hw~XAY~

⋅−⋅−⋅++⋅=

−⋅+−⋅+⋅⋅=

� )w~(Var)]A(HHXA[)Y~(Var 22

10H ⋅++⋅=

� )HXA()A(H 01 +⋅−=

� H1(A) + H0 = − A · X =

==

− 1A

0A

mit

für

X

0

Zwischenfazit:

Aggregiert entsteht Vollhedging.

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100

● Zweite Entscheidung: Festlegung von H0 in Kenntnis von H1(A)

2,002,10

2,1202,0202H

tHt~)HXA~(

)t~w~()HXA~()tw~(Hw~XA~Y~

⋅−⋅+⋅=

−⋅+⋅−−⋅+⋅⋅=

→ Var(YH) = VarX·�A� ·t �+H0·t � mit t ≡ t1,2

→ Var(YH) = X2 · Var(A · t) + H02 · Var(t) + 2 · X · H0 · Cov(A · t; t)

Varianzminimierung mittels Ableitung nach H0:

Var’(H0) = 2 · H0 · Var(t) + 2 · X · Cov(A· t; t) = 0

⇔ X)t(E)t(E

)t(E)tA(E)tA(EX

)t(Var

)t;tA(CovH

22

2

0 ⋅−

⋅⋅−⋅−=⋅

⋅−=

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101

Wegen Cov(A; t) = 0: → E(A · t) = E(A) · E(t)

Außerdem Cov(A; t2) = 0 (d. h. stochast. Unabhängigkeit gilt nicht nur linear):

→ E(A · t2) = E(A) · E(t2)

Beides eingesetzt in H0:

X

X)A(EX)t(E)t(E

)t(E)t(E)A(E)t(E)A(EH

22

2

0

⋅θ−=

⋅−=⋅−

⋅⋅−⋅−=

● Lösung in Worten

– zunächst Terminverkauf des Erwartungswerts des Cash-flows (–θ · X)

– anschließend falls

• Ausschreibung gewonnen: Terminverkauf −(1–θ) · X des Restbetrags

• Ausschreibung verloren: Schließen θ · X der offenen Terminposition

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102

(c) Hedging mit Devisenoptionen

● (µ,σ)-Analyse grundsätzlich auch hier möglich (siehe Breuer 2000)

→ wird aber dem asymmetrischen Profil der Option nicht gerecht

● Unterschied zum Hedging mit Termingeschäft

– Absicherung von Verlustgefahren (wie Termingeschäft)

bei Offenhalten von Gewinnmöglichkeiten (anders als Termingeschäft)

– aber auch möglich: symmetrische Begrenzung der Schwankungsbreite

(siehe Abbildung auf nächster Seite)

– unmittelbare Zahlungswirksamkeit durch zu zahlenden Optionspreis bzw.

durch vereinnahmten Emissionserlös (anders als Termingeschäft)

● ohne weiteres keine relative Vorteilhaftigkeit von Optionen i. Vgl. zum Termingeschäft

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103

Endwert in Heimatwährung

Kassakurs bei Fälligkeit wT

Beispiel: Begrenzung der Schwankungsbreite einer FW-Forderung

durch zusätzlichen Put + emittierten Call („Collar-Strategie“)

EPut

FW-Forderung

gekaufter Put

Gesamtposition

ECall

emittierter Call

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104

(d) Hedging mit Fremdwährungskrediten

Szenario

● Exporteur

– Anfangsvermögen: V0 in [€]

– erforderliche Anfangsinvestition für ein Exportgeschäft: I in [€]

– sichere künftige Exporterlöse: X in [$]

– Möglichkeit der risikolosen Geldanlage (K > 0) oder Kreditaufnahme (K < 0)

im Inland Ki in [€] und Ausland Ka in [$]

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105

● Budgetgleichung

a0i0 KwKIV ⋅++= (rechte Seite: Mittelverwendung)

● Endvermögen

ii1aa1 K)r1(w~]K)r1(X[V~ ⋅++⋅⋅++=

⇔ )wKIV()r1(w~]K)r1(X[V~ 0a0i1aa1 ⋅−−⋅++⋅⋅++=

● Sicherheitsäquivalent

22aa0a0iaa ]K)r1(X[R

2

1)wKIV()r1(]K)r1(X[ σ⋅⋅++⋅⋅−⋅−−⋅++µ⋅⋅++=φ

● notwendige Optimalitätsbedingung

0)r1(]K)r1(X[Rw)r1()r1(dK

da

2aa0ia

a

=+⋅σ⋅⋅++⋅−⋅+−µ⋅+=φ

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106

optimaler Fremdwährungskredit

2a

0

a

i

a

a R)r1(

wr1

r1

r1

X*K

σ⋅⋅+

⋅++

−µ+

+−=

Hedgingkomponente

→ Schließen der offenen Position: (1+ra) ⋅ Ka = − X

Spekulationskomponente

• Vorzeichen abhängig vom Zähler:

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107

?r1w

1)r1()w(E

?0wr1

r1

i

0

a1

0

a

i

+<>

⋅+⋅⇔

<>

⋅++

−µ

1 € umgetauscht in $

Gültigkeit der ungedeckten Zinsparität?

Spekulationskomponente ist

• gleich null bei Gültigkeit d. ungedeckten Zinsparität bzw. internationalen Fisher-Effekts

• positiv (verringert den Kredit), wenn erwartete effektive Auslandsverzinsung höher

• negativ (erhöht den Kredit), wenn erwartete effektive Auslandsverzinsung niedriger

• um so schwächer, je höher das Risiko und die Risikoaversion.

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108

KAPITEL II: INTERNATIONALE INVESTITION

1. Kapitalwerte bei Direktinvestitionen

1.1 Zur Kapitalwertregel im allgemeinen

Konzeptionelle Rechtfertigung der Kapitalwertregel: Fisher-Separation

● Aufteilung der Gesamtentscheidung in zwei Teilentscheidungen

– Investitionsentscheidung (präferenzunabhängig)

– Konsumentscheidung (präferenzabhängig)

● Kriterium für die optimale Investition:

– Übereinstimmung von Grenzertrag der Investition und Zinsfaktor

– Unabhängigkeit der Investitionsentscheidung von den individuellen Zeitpräferenzen

– Wahl des Konsumpunktes so, daß Grenzrate der Substitution = Zinssatz

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109

● Intuition der Kapitalwertregel und Implikationen

– Maximierung des Budgets für Konsumentscheidung

– wird einstimmig befürwortet bei positivem Grenznutzen des Konsums

– keine Interessenkonflikte bei Gruppenentscheidungen

– Möglichkeit der Delegation von Investitionsentscheidungen

Kapitalwertgleichung

● ∑=τ

τ−τ +⋅+−=

T

100 )r1(YYV

Erweiterung: Fristigkeitsabhängige Verzinsung

● Fristigkeitsstruktur der Zinssätze

– normale Zinskurve: Verzinsung mit Laufzeit steigend

– flache Zinskurve: einheitliche Verzinsung für alle Fristen

– inverse Zinskurve: Verzinsung mit Laufzeit fallend

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110

● modifizierte Kapitalwertgleichung

∑=τ

τ−ττ +⋅+−=

T

100 )r1(YYV

rτ Zerobond-Zinssatz für Laufzeit 0 bis τ

Erweiterung: Einbeziehung unsicherer Erwartungen

● verschiedene Grundansätze

– Diskontierung der erwarteten Cash-flows mit einem risikoangepaßten Zinssatz r

∑=τ

τ−τ +⋅+−=

T

100 )r1()Y~(EYV

– Diskontierung der Sicherheitsäquivalente des unsicheren Cash-flows mit dem risikolosen Zinssatz

∑=τ

τ−τ +⋅+−=

T

100 )r1()Y~(SÄYV

– Notwendigkeit von Modellen zur Bemessung des risikoangepaßten Zinssatzes

oder des Sicherheitsäquivalents; zum Beispiel: CAPM

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111

● bei vereinfachender Risikoindifferenz

– rr =

– )Y~(E)Y~(SÄ ττ =

1.2 Kapitalwerte von Direktinvestitionen

Hier: Annahme der Risikoindifferenz, flache Zinsstruktur

erw. Kapitalwert ∑=τ

τ−τ +⋅+−=

T

1i00 )r1()Y~(EYV (ri: Inlandszins)

mit

– 000 wXY ⋅=

– τττ ⋅= w~X~Y~

– )w~;X~(Cov)w~(E)X~(E)w~X~(E)Y~(E τττττττ +⋅=⋅=

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112

Nach Einsetzen

∑=τ

τττττ

++⋅

+⋅−=T

1 i

000 )r1(

)w~;X~(Cov)w~(E)X~(EwXV

Zusatzannahmen

● Zinsparität (relativ unkritisch)

τττ ⋅+⋅=+ ,0a

0i t)r1(

w1

)r1(

● Terminkurstheorie (nicht ganz so unschuldig)

)w~(Et ,0 ττ =

● Ersetzen von (1+ri)τ und E(wτ) in Kapitalwertgleichung:

E(Yτ)

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113

∑=τ τ

τττττ

⋅+

⋅+⋅⋅+⋅−=

T

1 ,0a

000000

t)r1(

w)w~;X~(Covwt)X~(EwXV

⇔ ∑=τ τ

τττ

⋅+⋅

+⋅=T

1 ,0a

00,$0,€0 t)r1(

w)w~;X~(CovwVV

erw. Kapitalwert in $

● Implikation

Auslandsinvestition (ins $-Land) ist für Europäer lohnender als für US-Amerikaner,

wenn Cov > 0, und umgekehrt.

Anmerkung: Hoher Wechselkurs als Indikator für gute Wirtschaftsentwicklung im Aus-

land → Positive Kovarianz ist nicht unwahrscheinlich (aber keineswegs zwingend).

● Begründung des Effekts?

− Diversifizierungseffekte durch Cov bedeutungslos aufgrund Risikoneutralität

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114

− Entscheidende Gleichung ist vielmehr:

)w~;X~(Cov)w~(E)X~(E)w~X~(E)Y~(E τττττττ +⋅=⋅=

Erwartungswert von Y steigt in Cov

wegen multiplikativer Verknüpfung

der beiden Zufallsvariablen X und w.

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115

Beispiel (einperiodige Investition)

Auszahlung in

τ = 0

Rückfluß in τ = 1 E(•) Zustand 1

(0,25) Zustand 2

(0,75)

X 1.000 900 1.300 1.200

w 0,82 0,7 0,9 0,85

Y = X · w 820 630 1.170 1.035

● weitere Daten

– Annahme: Inlandszins ri = 8,84 %

– Terminkurstheorie → 85,0)w~(Et 1 ==

– Zinsparität → ra = 5 % berechnet über 1+ra = (1+ri) ⋅ w0 ⋅ 1/t

● erw. Auslandskapitalwert der Investition

$86,142)r1(

)X~(EXV

a

10a,0 =

++−=

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116

● erw. Inlandskapitalwert der Investition

937,1300884,1

1035820

r1

)Y(EYV

i

10i,0 =+−=

++−= €

oder (komplizierter)

€93,13078,1315,117t)r1(

w)w~;X~(CovwVV

a

0110a,0i,0 =+=

⋅+⋅

+⋅=

mit

Cov(x1; w1) = 0,25 ⋅ (900─1.200) ⋅ (0,7─0,85) + 0,75 ⋅ (1.300─1.200) ⋅ (0,9─0,85) = 15

● Konkrete Bedeutung 1.000 $ + $€0,82

130,93€

Wenn X0 im Bereich 1.142,86 $ < X0 < 1.159,67 $ liegen würde,

würde sich die Investition in den USA nur für Europäer lohnen.

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117

2. Besondere Risiken bei Direktinvestitionen

2.1 Länderrisiken

● Risiken infolge wirtschaftlicher, politischer oder sozialer Veränderungen in einem Land,

mit dem Transaktionen abgewickelt werden (Direktinvestitionen, Kredite, Beteiligungen)

● Länderrisiken nur im Ausland ?

● Ansatzpunkte für die Messung

– Indikatoren für wirtschaftliche Entwicklung

Beispiele: BSP, Sparquote, außenwirtschaftliche Schuldendienstquote

– politische Faktoren

Beispiele: Stabilität der politischen Führung, innere Ordnung, soziale Spannungen,

religiöse oder ethnische Konflikte

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118

● Länder-Rating durch Institute

Beispiel: Business-Environment-Risk-Index des BERI-Instituts

→ Experten-Panel zu quantitativen und qualitativen Aspekten, 3 x jährlich

2.2 Souveränitätsrisiken

(a) Grundlagen

● Typische ökonomische Anwendung: Staat mit Hoheitsrechten als Kreditnehmer

→ Gefahr der Verhinderung der Kapitalrückführung

− indirekt (Transferbeschränkungen, Steuern, Enteignung...) oder

− direkt (Zahlungseinstellung)

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119

● hier verwendete Definition von Souveränität:

– Zustand, in dem ein Akteur unumschränkt handeln kann und kein gegen ihn

durchsetzbares Regelsystem bestimmte Handlungen erzwingt

– Moralische oder wirtschaftl. Erwägungen erzwingen nichts (sind nur Anreizsysteme)

● Differenzierung

– absolut souverän: kein Regelsystem, das best. Handlungen erzwingt

– relativ souverän: Regelsystem, zu dem der Vertragspartner keinen Zugriff hat

● Beispiele

– für absolute Souveränität: ausld. Forderungen gegen Staaten

– für relative Souveränität: ausld. Forderungen gegen private Schuldner in

(rechtsstaatlich gesehene) Entwicklungsländern

(„Bananenrepubliken“; Blüml: „rechtliches Analphabetentum“)

Ähnlich wirken kann mangelnde Kenntnis fremder Rechtssysteme.

● Souveränitätsrisiko (� Zahlungswilligkeit) ist Teil des Länderrisikos

(�Zahlungsfähigkeit und -willigkeit)

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120

(b) Überblick über Lösungsmechanismen

Reputation

● Mechanismus:

Ausschluß vom Kreditmarkt bei fehlender Reputation für Rückzahlungswilligkeit

→ Rückzahlung, um Reputation bzw. Kreditwürdigkeit zu erhalten

● mögliche Probleme

– hohe Gegenwartspräferenz bzw. kurzer Zeithorizont des Schuldners

→ Entscheidungsträger? Regierungsdauer?

– hohe Zinskosten neuer Anschlußkredite

– Vergangenheit verblaßt bei potenziellen Gläubigern

● Empirie: kein dauerhafter Ausschluß vom Kreditmarkt, insbes. nach Teil-Rückzahlung

Folgerung: Reputation als alleiniges Instrument ungeeignet

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121

Direkte Sanktionierung des Schuldners

● Sanktion = den Schuldner schädigende Aktivität des Gläubigers, zum Beispiel:

– Einzug von Sicherheiten (Auslandsvermögen des Schuldners)

– Erschwerung des Marktzugangs (Export- oder Importhindernisse)

– militärische Gewalt („Kanonenbootpolitik“)

● maßgeblich: Anreiz für den Schuldner,

weniger maßgeblich: Rückfluß aus Sanktion an Gläubiger

● Sanktionspotential determiniert Kreditobergrenze

● bei Länderkrediten: mangelnder Zugriff auf Inlandsvermögen

� verringert Relevanz der Sanktionierung

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122

Nachverhandlungen

● Nachverhandlungen in Situationen, in denen ex post beide davon profitieren

● Nachverhandlungsgegenstand

– Stundung

– partieller Schuldenerlaß

– Umschuldung

● Idee: Aufbau einer neuen „credit history“

→ Durchbrechen des Teufelskreises von Verschuldung und Fehlanreizen

(ähnlich: Restschuldbefreiung in der neuen Insolvenzordnung)

● Gefahr: Antizipation des Schuldenerlasses

→ verschlechterte Anreize ex ante

Nachteil für den Schuldner

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123

Erlaubnis von Schuldenrückkäufen

● zum jeweiligen Gegenwartswert (= Sekundärmarktpreis)

● mögliche Auswirkungen

– Steigerung der Investitionsanreize nach Rückkauf

– geringere Verhandlungskosten: Rückkauf von Kleinanlegern,

Verhandlung nur noch mit Großanlegern

– Signal für Rückzahlungswilligkeit bzgl. restl. umlaufender Titel

(c) Ein Lösungsvorschlag bei relativer Schuldnersouveränität

Szenario

● Kreditvertrag mit einem privaten Schuldner

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124

Abbildungen

● 1. Szenario: Ausgangssituation

→ keine Lösung des Souveränitätsproblems möglich

● 2. Szenario: direkte „Souveränitätsintermediation“

● 3. Szenario: spezialisierter Sanktionsintermediär

Kreditgeber Schuldner

Dritter

Kreditgeber Schuldner

Kreditgeber Schuldner Dritter

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125

zum 3. Szenario

● relative Schuldnersouveränität auch des Dritten

– keine Möglichkeit der direkten Durchsetzbarkeit der Forderung gegen Dritten

– aber Forderung gegen Schuldner durchsetzbar durch Dritten

● erforderlich für Lösung

– Dritter mit überlegenen Möglichkeiten zum Reputationsaufbau

oder

– Verkauf der Forderung an den Intermediär mit „Vorkasse“

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126

3. Investitionsentscheidungen und Hedging

3.1 Hedging mit Termingeschäften

(a) Hedging bei fixierter Investitionsentscheidung

Investition ohne Hedging

● Investitionsertragsfunktion mit abnehmendem Grenzertrag

Ic)I(X ⋅= mit [I] = € und [c] = $/√€ � [X] = $

(c enthält implizit den aktuellen Wechselkurs 1/w0)

● Residualgewinn in Heimatwährung

I)r1(w~IcI)r1(w~XY~ ⋅+−⋅⋅=⋅+−⋅=

● Sicherheitsäquivalent

22 IcR2

1I)r1(Ic σ⋅⋅⋅⋅−⋅+−µ⋅⋅=φ

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127

● notwendige Bedingung

0cR2

1)r1(

I2

c

dI

d 22 =σ⋅⋅−+−⋅

µ⋅=

φ

● optimale Investition

2

22cR)r1(2

c*I

σ⋅⋅++⋅

µ⋅=

I* ist präferenzabhängig und umso größer,

– je kleiner das Risiko σ2 und die Risikoaversion R

– je höher der erwartete Wechselkurs µ

– je niedriger die Opportunitätskosten r.

I* variiert uneindeutig in c (höheres c erhöht Produktivität, aber auch Risiko).

● maximales Sicherheitsäquivalent

22

22

cR)r1(2

c

2

1*

σ⋅⋅++⋅

µ⋅⋅=φ

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128

Hedging bei fixierter Investition I*

● Residualgewinn mit Investition I* und anschließendem Hedging

)tw~(H*I)r1(w~*IcY~H −⋅+⋅+−⋅⋅=

● Sicherheitsäquivalent bei Gültigkeit der Terminkurstheorie (d. h. µ = t)

22H )H*Ic(R

2

1*I)r1(*Ic σ⋅+⋅⋅⋅−⋅+−µ⋅⋅=φ

● optimales Termingeschäft

*Ic*H ⋅−=

– vollständiges Schließen der offenen Position

– ohne Terminkurstheorie: zusätzliche Spekulation, je nach Relation zwischen µ und t

● maximales Sicherheitsäquivalent bei Einsetzen von I* (direkt in φH und indirekt über H*)

222

2222

H ]cR)r1(2[cR

c21

**σ⋅⋅++⋅

σ⋅⋅⋅µ⋅⋅+φ=φ

→ Nutzensteigerung durch fortfallende Risikoprämie

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129

(b) Simultane Investitions- und Hedgingplanung

● beschriebenes Vorgehen suboptimal

besser: Antizipation der Hedgingmöglichkeit schon bei der Investitionsentscheidung

● sukzessive Überlegungen

– Hedgingentscheidung bei gegebener (aber beliebiger) Investition

– Investitionsentscheidung bei Antizipation der Hedgingentscheidung

Hedging bei beliebiger Investition I

● Residualgewinn nach Investition und Hedging

)tw~(HI)r1(w~IcY~H −⋅+⋅+−⋅⋅=

● Sicherheitsäquivalent (bei Gültigkeit der Terminkurstheorie)

22H )HIc(R

2

1I)r1(Ic σ⋅+⋅⋅⋅−⋅+−µ⋅⋅=φ

● optimales Termingeschäft (wie oben)

Ic*H ⋅−=

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130

Investitionsentscheidung bei Antizipation des Hedging

● Residualgewinn unter Berücksichtigung von )I(*H

I)r1(tIc

)tw~(IcI)r1(w~IcYH⋅+−⋅⋅=

−⋅⋅−⋅+−⋅⋅=

→ Investitionsentscheidung unter sicheren Erwartungen

● notwendige Bedingung

0)r1(I2

tc

dI

ˆd H =+−⋅⋅

● optimale Investition

2

)r1(2

tc*I

+⋅⋅

=

– Investition unabhängig von der Risikopräferenz

(hier: Fisher-Separation bei unsicheren Erwartungen)

– Investition größer als oben wegen Antizipation der Risikofreiheit

→ produktive Wirkung des Hedging

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131

● maximales Sicherheitsäquivalent

)r1(4

tc*ˆ

22

H +⋅⋅

=φ → φ>φ>φ **ˆHH * Antizipation vorteilhaft (natürlich!)

3.2 Hedging und Investitions-Fehlanreize

● Anknüpfungspunkt:

Investitions-Fehlanreize infolge von ausfallbedrohtem Fremdkapital

generell: Risikoanreizproblem, Unterinvestitionsproblem, Überinvestitionsproblem

● hier verdeutlicht am Unterinvestitionsproblem

Ausgangssituation

● Durchführung einer einperiodigen Basisinvestition, teilfinanziert mit ausfallbedrohtem Kredit

● Entscheidungsträger: Eigentümer (= Kreditnehmer)

Entscheidungskriterium bei Risikoneutralität: erwarteter (Residual-)Gewinn

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132

● Daten

τ = 0

τ = 1 Erwartungswert

erwarter Resi-dualgewinn Z1 (90 %) Z2 (10 %)

Wechselkurs 1,24 1,28 1,18 1,27 –

Basisinvestition (in Fremdwährung)

– 100 125 45 117 –

Basisinvestition (in Heimatwährung)

–124 160 53,1 149,31 15,39

Fremdkapital – 80 90,1 53,1 86,4 0

Eigenkapital – 44 69,9 – 62,91 15,39

Anmerkungen

– erwarteter Residualgewinn = erwartete Rückzahlung – (1+r)·Anfangsauszahlung

– inländischer Zinssatz ri = 8 %

– Annahme der Terminkurstheorie → 27,1)w~(Et 1 ==

– Rückzahlungsbetrag (in Heimatwährung) für den Kredit (Zins + Tilgung):

1,90R8008,11,531,0R9,0 =→⋅=⋅+⋅

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133

Entscheidung über eine eigenfinanzierte Zusatzinvestition mit positivem Gewinn

● lohnende Zusatzinvestition; zur Vereinfachung im Inland

τ = 0 τ = 1

Erwartungswert erw.

Residualgewinn

Z1 (90 %) Z2 (10 %)

Wechselkurs 1,24 1,28 1,18 1,27 –

Basisinvestition in

Heimatwährung – 124 160 53,1 149,31 15,39

Zusatzinvestition (Heimatwährung)

– 35 40 40 40 2,2

Gesamtposition – 159 200 93,1 189,31 17,59

Fremdkapital – 80 90,1 90,1 90,1 3,7

Eigenkapital – 79 109,9 3 99,21 13,89 (< 15,39)

● erwarteter Residualgewinn des Eigentümers mit Zusatzinvestition geringer

→ Verzicht auf die Zusatzinvestition (obwohl ihr erw.Residualgewinn positiv ist!)

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134

● Ursache: Teile der Überschüsse aus Zusatzinvestition kommen Kreditgeber zugute

→ Unterinvestition wegen positivem externen Effekt

Ausgangssituation mit Hedging

● Frage: Möglichkeit der Verbesserung durch geeignete Hedging-Maßnahmen?

– grundsätzlich denkbar: Termingeschäfte, Fremdwährungskredite, Währungsswap ...

– Annahme: Terminverkauf in Höhe von 1.000 (in Fremdwährung)

(Volumen hinreichend hoch, um Risiko aus der Investition zu kompensieren!)

– Verlust aus Terminverkauf bei hohem Wechselkurs

1.000 · (t – w) = 1.000 · (1,27 – 1,28) = –10

– Gewinn aus Terminverkauf bei niedrigem Wechselkurs

1.000 · (t – w) = 1.000 · (1,27 – 1,18) = 90

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135

τ = 0

τ = 1 Erwartungswert

erw. Residual-gewinn Z1 (90 %) Z2 (10 %)

Wechselkurs 1,24 1,28 1,18 1,27 –

Basisinvestition (in Heimatwährung)

– 124 160 53,1 149,31 15,39

Termingeschäft – – 10 90 0 0

Gesamtposition – 124 150 143,1 149,31 15,39

Fremdkapital – 80 86,4 86,4 86,4 0

Eigenkapital – 44 63,6 56,7 62,91 15,39

● Unterschied zu vorher:

– sichere Rückzahlung des Kredits wegen Termingeschäft

→ geringerer vereinbarter Kreditzinssatz

– geringeres Risiko für das Eigenkapital (wegen Risikoindifferenz aber uninteressant)

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Entscheidung über eine eigenfinanzierte Zusatzinvestition mit positivem Gewinn

● lohnende Zusatzinvestition wie oben

τ = 0

τ = 1 Erwartungswert

erwarteter Residualgewinn

Z1 (90 %) Z2 (10 %)

Wechselkurs 1,24 1,28 1,18 1,27 –

Basisinvestition in Heimatwährung

– 124 160 53,1 149,31 15,39

Zusatzinvestition (Heimatwährung)

– 35 40 40 40 2,2

Termingeschäft – – 10 90 0 0

Gesamtposition – 159 190 183,1 189,31 17,59

Fremdkapital – 80 86,4 86,4 86,4 0

Eigenkapital – 79 103,6 96,7 102,91 17,59 (> 15,39)

Zusatzinvestition jetzt auch für EK-Geber lohnend; kein externer Effekt auf den Kreditgeber

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Folgerung

● risikopolitische Maßnahmen im Wechselkursbereich mindern Unterinvestitionsproblem

● ähnliche Ergebnisse in bezug auf Risikoanreizproblem

4. Internationale Diversifikation von Wertpapierportefeuilles

4.1 Elementare Grundlagen der Portefeuilletheorie

● zentrale Idee: Diversifikation

→ Minderung des Gesamtrisikos durch Kombination unterschiedlicher Einzelrisiken

● mögliche Quantifizierung: Varianz (Standardabweichung) der Portefeuillerendite

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Grundlegende Gleichungen

● Wertpapierrendite (j = 1, ..., N): j0

jj0j1j P

D~PP~r~

+−=

● wertmäßiger Portefeuilleanteil: ∑ ⋅

⋅=

i i0i

j0jj Pn

Pnx mit 1x

N

1jj =∑

=

● Portefeuillerendite: ∑=

⋅=N

1jjjP r~xr~

● Varianz der Portefeuillerendite: ∑∑= =

⋅⋅=N

1j

N

1kkjkjP )r~;r~(Covxx)r~(Var

– Varianzen als Sonderfall der Kovarianzen (j = k) darin enthalten

– Risiko im wesentlichen abh. vom Risikozusammenhang der einzelnen Wertpapiere

(Kovarianzrisiko)

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Naive Diversifikation

● gleichmäßige Verteilung des Gesamtvermögens auf alle Wertpapiere

● zusätzliche Annahme (nur zur Verdeutlichung): symmetrische Beziehungen

• jallefür)r~(Var 2j σ=

≠=

ρ=

kjfür

kjfür1)r~;r~(Korr kj →

≠=

σ⋅ρσ=

kjfür

kjfür)r~;r~(Cov

2

2

kj

Aus allgemeiner Formel

( )∑ ⋅⋅∑=

∑ ⋅=

kkjkj

jiiip r;rCovxxr~xr~Var

folgt

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140

2

22

2

2

2

2

N

1j

N

jk

22

2P

N

1)1(

N

N1

N

)1N(1

N

)1N(N

N

N

N

1

N

1

N

1N)r~(Var

σ⋅

⋅ρ−+ρ=

σ⋅ρ⋅+ρ−

=σ⋅ρ⋅−+

=

σ⋅ρ⋅−⋅

+σ⋅=

ρ⋅σ⋅⋅+σ⋅⋅= ∑ ∑= ≠

Bei Aufteilung auf unendliche viele Wertpapiere:

2P

N)r~(Varlim σ⋅ρ=

∞→

Wesentliche Determinanten des Portefeuillerisikos (verallgemeinerbar)

– Risiko um so geringer, je schwächer die (durchschnittliche) Korrelation ρ ist.

– Risiko um so geringer, je mehr Wertpapiere im Portefeuille enthalten sind.

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Portefeuilletheorie nach Markowitz und Tobin

● Berücksichtigung unterschiedlicher Korrelationen

● Einbeziehung des Trade-off zwischen Erwartungswert und Standardabweichung der

Portefeuillerendite → Konzeption der (µ,σ)-effizienten Portefeuilles

● Einbeziehung der Möglichkeit zur risikolosen Geldanlage und zur Kreditaufnahme

Tobin-Separation

– Zerlegung der Portefeuilleentscheidung in zwei unabhängige Teilentscheidungen

– Entscheidung über die Struktur des Portefeuilles, in dem nur riskante Anlagen

enthalten sind → ist unabhängig vom Grad der Risikoaversion

– Entscheidung über Kombination dieses Portefeuilles mit risikoloser Anlage oder

Verschuldung → Höhe des übernommenen Risikos, ist abh. v. Risikoaversion

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4.2 Vor- und Nachteile internationaler Portefeuillebildung

Bessere Diversifikationsmöglichkeiten

● Lektion aus der allgemeinen Portefeuilletheorie

→ Diversifikation durch Ausnutzen unvollständiger Korrelationen

● empirisch: unvollständige Korrelationen nationaler Marktportefeuilles

Beispiele, berechnet auf $-Basis (1977–1996)

D GB USA J

D 1 0,47 0,34 0,33

GB – 1 0,53 0,38

USA – – 1 0,21

J – – – 1 Quelle: Eiteman u.a. (2001), S. 643

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– Möglichkeit der deutlichen Risikominderung durch internationale Diversifikation

– bei Aufteilung in zwei Teilperioden (1977-1986; 1987-1996)

überwiegend zunehmende Korrelationen (Ausnahme: Deutschland – Schweiz)

→ zunehmende Integration, abnehmende (aber noch deutliche) Diversifikation

● empirisch: unvollständige Korrelationen bilateraler Wechselkurse

Beispiele, Korrelationskoeffizienten (1999–2009)

EUR/USD EUR/GBP EUR/JPY EUR/CHF

EUR/USD 1 0,7230 0,8919 0,5532

EUR/GBP – 1 0,4627 0,1135

EUR/JPY – – 1 0,5803

EUR/CHF − − − 1 Quelle: Meckl u. a. (2010), S. 217

→ Diversifizierungseffekt schon allein über verschiedene Währungen

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„Klassische“ empirische Untersuchung von Solnik (1974)

● Bildung von Zufallsportefeuilles, die aus N Wertpapieren bestehen

● Ermittlung des Durchschnittsrisikos vieler solcher Zufallsportefeuilles

● Unterscheidung der Wertpapiergesamtheit

– einmal nur national (aus dem USA-Marktportefeuille)

– einmal international (aus dem Weltmarktportefeuille)

● Ergebnisse

– kaum mehr zusätzliche Diversifikation ab etwa 20 Wertpapieren

– Portefeuillerisiko bei international gut diversifizierten Portefeuilles nur ca. halb so

hoch wie bei nationalen

– Effekt noch ausgeprägter, wenn der Heimatmarkt kleiner ist

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● Graphische Wiedergabe der Ergebnisse

20

Anzahl der Wertpapiere im Portefeuille

Portefeuillerisiko

Untergrenze des Portefeuillerisikos bei nationaler Diversifikation

Untergrenze des Portefeuillerisikos bei internationaler Diversifikation

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Empirische Beobachtung

– „equity home bias“ → Unterrepräsentierung ausländischer Aktien

– Gründe

• Anlagevorschriften institutioneller Anleger

• steuerliche Hindernisse

• Informationsnachteile

• höhere Transaktionskosten

→ Anreize zur Auslandsnotierung

5. Grenzüberschreitende Fusionen und Akquisitionen

● Fusion = Verschmelzung = Merger

• Akquisition = Unternehmenskauf

• ökonomische Beurteilung beider folgt ähnlichen Maßstäben

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● zentrale Probleme

– Bewertung der Unternehmen

– korrekte Erfassung möglicher Synergien;

werden häufig überschätzt oder frisiert, um hohe Preise zu rechtfertigen

– Post-merger Management (insb. bei stark abweichenden Kulturen)

● externes statt internes Wachstum

– schneller

– Erwerb fremder Technologie, Know-how, Marken ...

– Umgehen von Zutrittshindernissen (insb. international)

– aber: Gefahr von Überkapazitäten, mögliche Fehlbewertung

● Alternativen: Joint-Ventures; strategische Allianzen, Netzwerke

– mögliche Vorteile

• Flexibilität

• Reversibilität bzw. zeitliche Begrenzung

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– mögliche Nachteile

• geringerer Einfluß

• per Konstruktion externe Effekte

● weitere Besonderheiten internationaler Fusionen/Akquisitionen

– den Kunden folgen (insbesondere im Finanzdienstleistungssektor)

– noch höhere Preisaufschläge bei Akquisitionen:

• national üblicherweise insignifikante Gewinne/Verluste für Käufer

hohe (und hochsignifikante) Gewinne für Verkäufer

• bei internationalen Akquisitionen noch höhere Übernahmeprämien