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FITG-Journal Zeitschrift des Förderkreises Industrie- und Technikgeschichte e.V. No.: 02-2007 September 2007 Industrie- und Technikgeschichte in Frankfurt und der Rhein-Main-Region Inhalt: Editoral: Frankfurter Sammler · Es wird spannend – Buchbesprechung · Industriekultur – zum Anbeißen · 100 Jahre Wasserwerk Hattersheim· technikum29 · Leonhard Euler in Hessen · Weblinks zur Industriegeschichte

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1FITG-JournalZeitschrift des Förderkreises Industrie- und Technikgeschichte e.V. No.: 02-2007 September 2007

Industrie- und Technikgeschichtein Frankfurt und derRhein-Main-Region

Inhalt: Editoral: Frankfurter Sammler · Es wird spannend – Buchbesprechung · Industriekultur – zum Anbeißen ·100 Jahre Wasserwerk Hattersheim· technikum29 · Leonhard Euler in Hessen · Weblinks zur Industriegeschichte

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FITG-JournalZeitschrift des Förderkreises Industrie- und Technikgeschichte e.V. No.: 02-2007 September 2007

Industrie- und Technikgeschichtein Frankfurt und derRhein-Main-Region

Inhalt

Editorial: Frankfurter Sammleroder die Schätze des Herrn Kratzvon Wolfgang Giere Seite 3

Neuer IHK-Präsident in Frankfurtvon Wolfgang Giere Seite 4

Es wird spannend – Auszug aus dem Buch„Und man sieht nur die im Lichte“ von Hanno Trurnit Seite 5

Buchbesprechung: Die Geschichte von Gas und Strom,Wärme und Wasser in Frankfurt und der Regionvon Wolfgang Giere Seite 14

Leserbrief: In diesen heiligen Hallen Seite 16

Industriekultur – zum Anbeißen Seite 17

ImpressumISSN-Nr.: 1613-5369Herausgeber: Förderkreis Industrie- und Technikgeschichte e.V.Vorsitzender: Prof. em. Dr. med. Wolfgang GiereWaldschmidtstraße 39 · 60316 Frankfurt am MainFon: 069-430309 · Fax: 069-430300E-Mail: [email protected]: www.fitg.deVerantw. Editor: Dr. Wolfgang KirstenE-Mail: [email protected]: Ursula RösnerKonto: 653 497 · Frankfurter Sparkasse · BLZ: 500 502 01Gestaltung: Schwarz auf Weiß, Darmstadt, [email protected]

100 Jahre Wasserwerk Hattersheim Seite 18

technikum29von Heribert Müller Seite 19

Leonhard Euler in Hessenvon Wolfgang Kirsten Seite 23

Interessante Weblinks zur Industriegeschichte Seite 13

Beitrittserklärung Seite 29

Stammtisch · Stammtisch · Stammtischdie nächsten Stammtische des FITG finden statt am Donnerstag,den 20. September und am Donnerstag, den 18. Oktober um 18 Uhrim Oldtimer-Stübchen bei der Technischen Sammlung Hochhut,Frankenallee/Hattersheimer Str. 2– 4, Frankfurt am Main

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Frankfurter Sammler oderdie Schätze des Herrn Kratz

Es gibt Sammler, die sich frühzeitig um denErhalt von Zeitdokumenten gekümmerthaben. Sie haben systematisch Flohmärkte

besucht, als die noch von Hausratsentrümpelungenund nicht mit Billigware aus Fernost bestücktwurden. Sie haben gezielt nach Objekten in ihremInteressengebiet gesucht. So hat z.B. der alte HerrHochhut seine unvergleichlichen Schätze zu-sammengetragen, so hat aber auch unser Mitglied,Herr Kratz, seine Geräte zur Rundfunk- und

Sendertechnik im Frankfurter Raum (und einigeandere interessante Sammlerstücke), zusam-mengesucht (siehe auch FITG-Journal 01/2006,Februar 2006). Außerdem hat er bei Auflösungeinschlägiger Institutionen manches vor dem Ver-schrotten retten können. So ist seine unver-gleichliche Sammlung aus der Frühgeschichte desRundfunks im Frankfurter Raum entstanden.Manches habe ich selbst noch erlebt: Radiogerätemit Kristalldetektoren und Variometern, Röh-rengeräte der Frühzeit, die ersten „Superhets“,Radios, die selbst kleine Sender waren.

In und um Frankfurt gab es Firmen, derenNamen heute keiner mehr kennt. Herr Kratz hatsie gesammelt. Unglaublich die Vielfalt der Strom-versorgungen in den Anfangsjahren der Jubel-elektronik. Das reichte von Batteriebänken bis zuGeneratoren. Es gibt in der Sammlung Kratzübrigens nicht nur Radioempfänger, sondern auchSendestationen. Und für die brauchte man Leis-tungsröhren, unförmige Glasgebilde mit bizarranmutendem Innenleben. Herr Kratz kann das ge-samte Spektrum der Röhrentechnik mit den zu-gehörigen Stromversorgungen lückenlos belegen.

Editorial

Kristalldetektorempfänger

Das beweist eine kleine aber feine Ausstellungim Zeppelinmuseum in Zeppelinheim. Sie isthöchst sehenswert und noch bis zum 9. Septembergeöffnet. Die Initiatoren verdienen höchstes Lobfür die Schaffung dieser neuen Möglichkeit, privatgehortete, in Schränken, Regalen und im Kel-lerwinkeln untergebrachte Schätze ans Licht zuholen, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.Werbeschilder für längst vergessene Firmen

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Der Raum im Zeppelinmuseum ist sehr begrenzt,aber die Ausstellung beweist, besser ein kleinerAusstellungsraum, in dem man gezielt einzelneThemen behandeln kann, als ganz darauf ver-zichten zu müssen, weil es immer noch kein Tech-nikmuseum in Frankfurt gibt. Herzlichen Dankden Initiatoren Chelius und Kratz! Das gute Bei-spiel sollte Schule machen. Schließlich gibt esnoch viele private Sammlungen in Frankfurt undUmgebung.

Ihr Wolfgang Giere

Hans-Joachim Tonnellier ist neuer Präsident derIHK Frankfurt. Die Vollversammlung wählte ihnam 27. Juni 2007 als Nachfolger vonDr. Joachim v. Harbou an die Spitzeder drittgrößten Industrie- undHandelskammer Deutschlands, die imkommenden Jahr ihr 200-jähriges Be-stehen feiert.

Zur Person: Hans-Joachim Ton-nellier, geboren am 13. März 1948 inSaarlouis, absolvierte von 1967 bis1969 eine Banklehre bei der Kreis-sparkasse Saarbrücken. Nach wei-teren beruflichen Stationen in derBranche und einem Studium an derBankakademie in Frankfurt, trat Tonnellier am 1.März 1981 in den Vorstand der Frankfurter Volks-bank ein, seit 1. Juli 1997 ist er Vorsitzender desVorstandes.

Während seiner Amtszeit hat Tonnellier die Po-sition der Frankfurter Volksbank als zweitgrößtePrimärbank im Genossenschaftssektor unteranderem durch zwölf Fusionen gestärkt.

Seit vielen Jahren engagiert sich Tonnellierauch in der IHK Frankfurt. Seit 1998 ist er Mit-glied des Bankenausschusses und seit April 2004gehört er der Vollversammlung an. Darüber hinaus

ist er unter anderem Mitglied im KuratoriumFrankfurter Domkonzerte, in der Vereinigung von

Freunden und Förderern der Univer-sität Frankfurt sowie in der Sencken-bergischen Naturforschenden Gesell-schaft. Der 59-Jährige ist zudem Mit-glied im Beirat des KönigsteinerForums sowie der Deutschen Flug-sicherung in Langen. Hans-JoachimTonnellier ist verheiratet und hateine Tochter und einen Sohn.

Der Förderkreis Industrie- undTechnikgeschichte wünscht demneuen Präsidenten Freude, Erfolgund Anerkennung bei der Arbeit.

Gleichzeitig bedanken wir uns aufrichtig für diebisher so gute Unterstützung und Zusammen-arbeit. Wir würden uns freuen, wenn sie sich inZukunft fortsetzte und vielleicht sogar neueAkzente erhielte.

Wolfgang Giere, Vorsitzender FITG

Neuer IHK-Präsidentin Frankfurt

Ausstellung historischer Radioröhren

Zeppelin-Museum ZeppelinheimKapitän-Lehmann-Str. 263263 Neu-Isenburg / ZeppelinheimÖffnungszeiten: Freitag: 13 bis 17 Uhr undSamstag und Sonntag: 10 bis 17 Uhr, Eintritt freiwww.zeppelin-museum-zeppelinheim.de

Editorial

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Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hat derFrankfurter Baurat William H. Lindley sei-nen zweiten großen Auftritt. Sein Bruder

hatte ihm über einen Vortrag berichtet, denCharles William Siemens, ein Neffe von Werner vonSiemens, Anfang November 1882 in London überdie Vorzüge der elektrischen Beleuchtung und dieEinfachheit der Stromverteilung gehalten hatte.Lindley kann allmählich den tatkräftigen Ober-bürgermeister Dr. Johannes Miquel (der vorherBürgermeister von Osnabrück war und späterpreußischer Finanzminister wird) für den Ge-danken interessieren, in Frankfurt ein Elektrizi-tätswerk zu bauen. Nach dessen Vortrag bildet derMagistrat am 21. Januar 1887 eine Kommissionzum Studium der Elektrizitätsversorgungsfragen.

So ganz fremd war die Elektrizität ja nieman-dem mehr. Um 1750 galt sie als belächelterScherzartikel. Beliebt war folgende Vorführung:Eine Person sitzt auf einer Schaukel, hält in einerHand einen Löffel mit Alkohol und berührt mitder anderen eine Elektrisiermaschine. Der elek-

Aber es gibt auch makabere Versuche: Eineelektrisierte Leiche öffnet die Augenlider undzuckt mit den Gesichtsmuskeln – das Vorbild fürMary Shelleys „Frankenstein“: Tote werden mitHilfe der Elektrizität wieder zum Leben erweckt –nicht ganz unrealistisch, wie das Elektroschock-Verfahren später zeigt. Elektrisiermaschinen sindbald auf den Jahrmärkten zu Hause und für vieleMenschen der erste, allerdings etwas befremdlicheKontakt mit der neuen Energie. 1844 wird derPariser Place de la Concorde mit elektrischem Bo-genlicht erhellt, und im englischen Birminghamerrichtet die galvanotechnische Firma Alkington

Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region

Es wird spannendElektrisiermaschinen sind bald auf den Jahrmärkten zu Hauseund für viele Menschen der erste, allerdings etwas befremdlicheKontakt mit der neuen Energie.

Auszug aus „Und man sieht nur die im Lichte“ von Hanno Trurnit

trische Funken springt über, der Alkohol ent-zündet sich. „Ahhh!“, ruft das Publikum.

1894 geht das Frankfurter Kraftwerk mit acht Maschinensätzen für zusammen 6000 Kilowatt in Betrieb.

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Die elektrische Energie wird auch von höchsterStelle gefördert: 1852 hatte der französische Kai-ser Napoleon II. einen Preis von 50 000 Francs fürdie nützlichste Erfindung auf dem Gebiet der Elek-trizität ausgesetzt, den 1864 ein Herr Ruhmkorffmit einem Induktions-Apparat erringt, der erheb-liche Fortschritte beim elektrischen Bogenlicht er-möglicht.

Die Bogenlampen haben zunächst einen„kleinen“ Nachteil: Für jede Lampe ist ein eigenes„Kraftwerk“, zumindest eine Batterie notwendig.Die beiden Kohlestifte, zwischen denen der elek-trische Lichtbogen entsteht, müssen in kurzenZeitabständen nachreguliert und alle zehn Stun-den ausgewechselt werden. Die Gasfachleute, arg-wöhnisch beobachtend, was da auf ihren Marktzukommt, finden 1862 noch andere Haare in derSuppe („Journal für Gasbeleuchtung“):

„In Paris soll man bei der Beleuchtung des Placedu Palais Royal durch electrisches Licht die Er-fahrung gemacht haben, dass jeden Abend, und na-mentlich nach warmen Tagen, sich die Insecten insolchen Schwärmen um die Flamme versammelten,dass dadurch zeitenweise das Licht fast erlöschtschien. Morgens fanden sich die verbrannten Körperder Thiere zu vielen Tausenden am Boden derLaterne angehäuft.“

„Dies Alles waren und sind noch Versuche,theure kostspielige Proben, die bis jetzt zu keinempraktisch brauchbaren Ergebnisse geführt haben“,urteilt Frankfurts Gaswerkdirektor Joh. SimonSchiele 1863 hellsichtig, aber dem schaffendenMenschengeiste ist die Möglichkeit gezeigt und er

die wahrscheinlich erste elektrische Kraftanlage:Eine Dampfmaschine treibt den magnetelek-trischen Generator mit vier feststehenden Huf-eisenmagneten.

Das Bogenlicht verblüfft alle, die einen Versuchdamit erleben, wie etwa den Redakteur der „Ga-zette de France“, als 1855 die Ingenieure Lacas-sagne und Thiers ihre Probe in Lyon starten:

„Die Spaziergänger, die sich gestern abend gegenneun Uhr in der Umgebung des Château Beaujouaufhielten, wurden plötzlich von einer Lichtflut über-schwemmt, die so hell wie die Sonne war. Tatsächlichhätte man annehmen können, die Sonne sei auf-gegangen, und diese Illusion war so wirksam, dassdie aus ihrem Schlaf geweckten Vögel in diesemkünstlichen Tageslicht zu singen anfingen...“

In der Pariser Oper wird Meyerbeers Oper „DerProphet“ 1849 eine Sensation, dank des spekta-kulär inszenierten Sonnenaufgangs mit Hilfe deselektrischen Bogenlichts, das gleich anschließendsinnigerweise mit dem Ballett „Electra“ in LondonPremiere feiert. Und 1850/51 tingelt „Der Pro-phet“ mit dem prophetischen elektrischen Son-nenaufgang auch durch die deutschen Großstädte.

Der in Springe bei Hannover geborene Uhr-macher Heinrich Goebel entwickelt 1854 in NewYork eine brauchbare elektrische Glühlampe. Siefindet keine Verbreitung, weil das im Kolbennotwendige Vakuum noch nicht wirtschaftlichhergestellt werden kann und eine kontinuierlicharbeitende Stromquelle fehlt. Immerhin bestätigtein Gericht später in einem Prozess mit EdisonGoebels Vorreiterrolle.

wird nicht rasten, ehe er auch diese kostbare Natur-kraft sich dienstbar gemacht hat. In ihr liegt wohldie Zukunft der künstlichen Beleuchtung.“

Glücklicherweise entwickelt Werner von Sie-mens 1866 seinen Dynamo, der im Vergleich mitseinem magnet-elektrischen Vorgänger mit einemFünfzehntel des Gewichts und dem drei- bis vier-fachen Wirkungsgrad aufwarten kann. Friedrichvon Hefner-Alteneck erfindet den Trommelankerund die Differentialbogenlampe, und 1876 kannPawel Nikolaijewitsch Jablochkoff, der in Parislebt, erstmals in London seine „Jablochkoff’scheKerze“ vorführen: Vier Bogenlampen könnengleichzeitig in einen Stromkreis eingeschaltetwerden.

Diese Bogenlampen geben wirklich eine enor-me Lichtfülle ab – für kleinere Räume eignen siesich überhaupt nicht. Am häufigsten wird Bogen-licht genutzt für Großbaustellen (erste bekannteAnwendung in Deutschland: 1869 beim Bau derBraunauer Eisenbahnbrücke in München), Straßenund Plätze, Bahnhöfe, öffentliche Gebäude undTheater.

Im Jahr 1871 soll auch der Turm der Frankfur-ter Katharinenkirche elektrisch beleuchtet wordensein. Der Ingenieur H. G. Möhring schlägt 1882dem Magistrat vergeblich vor, den Opernplatz mitelektrischen Leuchten zu erhellen. Aber am2. Dezember 1882 brennt dann doch das ersteelektrische Licht in Frankfurt: im Hause Ross-markt 14.

Die erste elektrische Fabrikbeleuchtung richtetZénobe Theophile Gramme aus Paris, der auf der

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Wiener Weltausstellung gerade seine dynamo-elektrische Maschine zur Beleuchtung und Kraft-übertragung vorgestellt hatte, 1873 bei einerEisengießerei im zu dieser Zeit deutschen Mühl-hausen im Elsass ein. 1876 beleuchten dieFried.Krupp-Werke in Essen ihre Fabrikräume mitelektrischem Bogenlicht.

Das Theater brennt

Die Erfolge des elektrischen Bogenlichts haben dieGasfachleute nicht ruhen lassen. Sie kontern miteiner „Intensivbeleuchtung“, etwa dem Regene-rativ-Brenner von Siemens, der mit einer bis datonicht gekannten Lichtfülle glänzt.

1881 stellt Thomas Alva Edison auf der ErstenInternationalen Elektrizitäts-Ausstellung in Parisein komplettes System vom Stromerzeuger bis zurletzten Lampe vor, das allerdings erst gegen Endeder Ausstellung richtig funktioniert. Ende desJahres findet es nachträglich bei Theaterleutenbesonderes Interesse: Das Wiener Ring-Theaterwird von der Gasbeleuchtung in Brand gesetzt –379 Todesopfer. Ein Fachmann errechnet 1882,dass „innerhalb der letzten vier Jahre fast 100Theater in Asche gelegt worden sind“. Das alteResidenztheater in München wird 1883 als erstedeutsche Bühne von Gaslicht auf elektrische Be-leuchtung – mit 800 Glühlampen – umgestellt.

Die erste elektrische Straßenbeleuchtung mitGlühlampen in New York sichert sich Edisons Kon-kurrent Charles F. Brush: 1871 erhellt die Firma 14Straßen im Zentrum Manhattans, den Union

Schon neun Jahre bevor das Frankfurter Elektrizitätswerk anläuft, ermächtigt der Magistrat das Tiefbau-amt 1885, ein Kabel in den „Fußsteig“ der Großen Eschenheimer Straße zu legen, um der Frankfurter Gas-gesellschaft „elektrische Beleuchtungsversuche“ zu ermöglichen. Auch Büros, Werkstätten, Lagerräume undWohnungen des Tiefbauamtes sollen angeschlossen werden. Die Maschinen für den „elektrischen Licht-betrieb“ stehen im Hintergebäude der Großen Eschenheimer Straße 29. 1891 wird das Gebäude bei der„Durchführung der Schillerstraße vom Börsenplatz aus“ abgerissen, der Versuch eingestellt.

alle Bilder: mit freundlicher Genehmigung der Mainova AG

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8Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region

Square und den Madison Square. Die 55 elek-trischen Lampen ersetzen 430 Gasbrenner. Erstspäter folgt Edison in dem ihm zugeteilten Dis-trikt.

In Berlin fährt 1881 die erste elektrische Stra-ßenbahn nach Lichterfelde, 1882 der ersteOberleitungs-Bus über den noch ungepflastertenKurfürstendamm (eigentlich eher eine Kutschean einer Laufkatze; allerdings verkehren in derHauptstadt 1895 noch Pferdebahnen, Pferde-Om-nibusse und 1896 eine Dampf-Straßenbahn).Über die Bahn Berlin-Lichterfelde unterrichtetdie Thüringer Elektricitäts-Lieferungs-Gesell-schaft Gotha später die Leser ihres „Nachrichten-blatts“:

„Der Motor leistete bei 15 Kilometer Stunden-geschwindigkeit fünf Pferdestärken. Die Stromzu-führung erfolgte durch die Schienen. Natürlich gabes bei dieser Bahn anfangs Schwierigkeiten. Für dieIsolierung der Wegeübergänge war nicht gesorgt, sodass die Pferde beim Überschreiten elektrischeSchläge erhielten, auf die Knie stürzten und danndurchgingen. Weitere Schwierigkeiten folgten da-raus, dass die Lichterfelder Schuljugend die Bahn-anlagen zu wissenschaftlichen Forschungen be-nutzte. Kleine und große Kinder führten durchMetalldrähte Kurzschluss herbei ...“

Zwei Jahre später geht man bei der Bahn vonFrankfurt am Main nach Offenbach, der „Knoche-mihl“, dazu über, den Strom per Oberleitung zu-zuführen.

Am 16. September 1882 eröffnet der bayerischeKönig Ludwig II. im Königlichen Glaspalast zu

München eine Internationale Elektricitäts-Aus-stellung.

Der bayerische „Märchenkönig“ Ludwig II. bautnicht nur schöne Schlösser, er ist auch neuerTechnik zugetan: Schon seit 1873 verbreiten 64Bogenlampen in der Venusgrotte (nach Wagners„Tannhäuser“) in Ludwigs Schloss Linderhof ihrberühmtes „blaues Licht“. Ludwigs mit Putten ge-schmückter Pferdeschlitten gleitet nachts, wennder menschenscheue Monarch keine Begegnungenfürchten muss, bereits um 1870 mit elektrischerBeleuchtung durch die Parks. Besonders angetansind die Fachleute auf der Ausstellung von den„geschmackvollen Lüstern“, den elektrischenLeuchten, und die werden später viel dazubeitragen, die altmodischen Gasbeleuchtungs-anlagen zu verdrängen. In einem großen Versuchs-theater wird die Verwendbarkeit des elektrischenLichts für die Bühne demonstriert, wobei sich vorallem die feine Regulierbarkeit der Edison-Lampenvorteilhaft vom Bogenlicht abhebt. Die thürin-gische Glasbläserfirma Greiner & Friedrichs ausStützerbach stellt sich mit ihren Glühlampen denamerikanischen und englischen Konkurrenten.

Interessanterweise wird von zwei später für be-sonders wichtig gehaltenen Tatsachen zunächstkaum Notiz genommen – dass nämlich ein Teil desStroms für all die ausgestellte Pracht 57 Kilometerweit von Miesbach hergeleitet wird und dassneben dem Franzosen Marcel Deprez (der im ver-gangenen Jahr ein ähnliches Experiment in Paris

Manchen ist das neue Licht zu grell (1885 in Paris).

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gezeigt hatte) der junge Baupraktikant Oskar vonMiller dahinter steckt, der später die Stromver-sorgung Bayerns, der Pfalz und Thüringens ineinen größeren Rahmen stellen wird. Dagegenwird gebührend vermerkt, dass „die lange Reiheder Dynamomaschinen verschiedener Systeme ...durch eine Batterie von 18 Lokomobilen mit zu-sammen 260 Pferdekräften in Bewegung gesetzt“wird. Nun ja, von Millers Maschinerie lässt kaum2 PS in München ankommen. Anders als Edison1881 in Paris erzeugt von Miller den Strom inMiesbach nicht mit einer Dampfmaschine, sondernin einem Wasserkraftwerk.

1827 hatte der britische Ingenieur James B.Francis in USA den Prototyp einer Wasserturbineentwickelt, und bis 1849 war Francis’ Maschine soweit optimiert, dass sie die Wasserkraft zu 90 Pro-zent ausnutzte – das waren dreimal so viel wiebeim herkömmlichen Wasserrad.

Selbst an kleinen Wasserläufen verrichteten Ge-treidemühlen, Sägewerke, Klopf- und Hammer-werke ihr Handwerk. Flüsse und Bäche trieben übergroße, hölzerne Wasserräder die Mahlwerke an.

Da kam die Elektrizität gerade recht. Fast jederMüller kannte jemanden, der jemanden kannte,der mit Strom schon einmal in Kontakt gekommenwar. Allenthalben fanden Elektrizitäts-Ausstel-lungen statt. Mit einigen Informationen, ein biss-chen Geschick war es kein großes Problem, dasBachwasser zu bewegen, künftig mit dem Mühlradeinen Generator zu drehen, der nicht nur die Lam-pe vor dem eigenen Haus, sondern vielleicht auchandere Lampen über einer Straße, einem Platz des

nahe gelegenen Ortes erglühen ließ und einenElektromotor zum fleißigen Gesellen machte.

Wie man Strom weiterleiten konnte, war vonder Telegraphie her bekannt, die man schon seitlängerem an den eingleisigen Bahnstrecken ein-setzte, um die Züge vorausmelden zu können: Gutleitender Kupferdraht wurde an Holzmasten auf-gehängt – isoliert durch Porzellanglocken. Ankritischen Stellen wurde der Draht mit Gutta-percha, einer Art Naturkautschuk, ummantelt. Diefrüher sprichwörtliche Pünktlichkeit der deut-schen Züge war nicht zuletzt auf die genau ge-henden Bahnhofsuhren zurückzuführen, die elek-trisch betrieben wurden und damit einheitlicheZeit anzeigten.

In den Siebzigerjahren des 19. Jahrhundertsexistierten bereits hunderte von kleinen Wasser-kraftwerken. 20 Jahre später, als Strom verlustarmtransportiert werden kann, werden auch dieWasserkräfte der großen Flüsse genutzt.

Im Juni 1882 richtet Johann Sigmund Schu-ckert, ein ehemaliger Mitarbeiter Edisons, dessen

Firma später einige der ersten Elektrizitätswerkeerrichtet, in der Nürnberger Kaiserstraße die erstedauernde öffentliche Straßenbeleuchtung mitelektrischen Bogenlampen ein – eine Turbine imbenachbarten Fischbach treibt den von Schuckertentwickelten Stromerzeuger. Drei Bogenlampenersetzen 35 Gaslaternen. Berlin erhält seine ersteelektrische Beleuchtungsanlage (von Siemens &Halske) ein Vierteljahr später – am PotsdamerPlatz und in der Leipziger Straße.

Die Reichsregierung in Berlin führt nun unterBismarck Sozialversicherungen ein, in die auch dieBetriebe eingebunden werden: 1883 die Kranken-versicherung, 1884 die Unfallversicherung, 1889die Invaliditäts- und Altersversicherung. Seitlängerem wird von Staats wegen für höhere Re-allöhne, ausreichende Ernährung, mehr Erholungs-zeit, menschenwürdige Wohnverhältnisse gesorgt.Das Bildungsniveau des deutschen Arbeiters über-steigt bald weit das bisherige Maß in anderenLändern. Es war auch Zeit: 3 Millionen Deutschewandern 1866 – 1893 auf der Suche nach besserenBedingungen aus großenteils nach Amerika.

Der „Zauberer vom Menlo-Park“, der 1882 inNew York das erste öffentliche Elektrizitätswerkeröffnet hatte, setzt sich gegen seine zahlreichenKonkurrenten aus aller Welt schließlich durch,weil er nicht nur ein genialer Erfinder, sondern einnoch besserer Propagandist seiner Erfindungenist: Am 31. Oktober 1884 marschieren etwa 250Arbeiter aus Edisons Elektrizitätswerks durch NewYork. Jeder trägt auf seinem Kopf einen Helm miteiner Edisonlampe darauf und ist über Drähte mit

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„Schalt- und Apparatewände“ der ersten Elek-trizitätswerke sind wahre Schmuckstücke.

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einer dampfbetriebenen Stromerzeugungsanlageverbunden, die in der Mitte des Zuges auf einempferdebespannten Wagen mitgeführt wird.

Als 1885 die von der Deutschen Edison Gesell-schaft gegründete Aktiengesellschaft StädtischeElektricitäts-Werke Berlin ihren Strom aus demersten deutschen öffentlichen Elektrizitätswerkliefert, reißt das die Berliner allerdings nicht vonden Stühlen: Strom wird nur am Abend geliefert.Die privaten Kunden müssen sogar warten, bis dieReichsbank und das Königliche Schauspielhaus,die den meisten Strom verbrauchen, ihre Toreschließen, damit der Griff zum Schalter erhellendeFolgen hat.

Da auch häufig Stromausfälle zu beklagen sind,mosern die Berliner lauthals: „Een richtiger Jaswird det im Leben nich!“ Mit seinem Lohn könnteein Arbeiter gerade vier Glühlampen betreiben –

gegenüber rund 3000 mit gleicher Helligkeitheute. 1886 geht auch in Dessau ein öffentlichesElektrizitätswerk in Betrieb.

Und in Frankfurt? Auch da gibt es schon seitJahren elektrischen Strom, allerdings noch keinöffentliches Elektrizitätswerk. Wie fast überallhaben auch hier Industriebetriebe die Vorzüge derneuen Energie längst erkannt und eigene „Block-anlagen“ gebaut, bevor öffentliche Stellen sichendlich aufraffen, Elektrizitätswerke für die All-gemeinheit zu errichten. Als das erste größereöffentliche Elektrizitätswerk 1886 in Berlin inszweite Betriebsjahr geht, stehen in der Reichs-hauptstadt nicht weniger als 170 private Block-stationen. Ein Jahr vorher waren es in Leipzig 23,und in Frankfurt arbeiten 1894, bei Eröffnung desöffentlichen Elektrizitätswerks, 87 (die meistdurch Deutzer Gasmotoren angetrieben werden).

Schon darum steht die Stadt unter Zugzwang.Außerdem bemühen sich große Elektrofirmen nach-drücklich um einen Auftrag für den Bau einer Elek-trizitätszentrale in Frankfurt. So holt die 1887 ge-bildete Kommission Erfahrungsberichte aus Berlin,Wien, Luzern und Rom ein und schreibt den Baudes Elektrizitätswerks aus. Aber weder das Ergebnisdieser Ausschreibung noch das der zweiten aus demJahr 1888 befriedigt die Kommission.

Im neuen Frankfurter Personen-Hauptbahnhofstrahlen vor der Eröffnung am 18. August 1888zum ersten Mal die von einer eigenen Station ge-speisten elektrischen Lampen die ganze Nacht.

Was das öffentliche Elektrizitätswerk angeht,so scheinen die Fachleute nach wie vor völlig

uneinig. Soll die Energie als Gleichstrom geliefertwerden? Oder als Drehstrom (die neueste Idee)oder einphasiger Wechselstrom? 1889 bittet dieStadtverordneten-Versammlung die Elite der eu-ropäischen Elektrotechnik in eine Sachver-ständigen-Kommission: Professor Galileo Ferraris(Turin), Professor Dr. Erasmus Kittler (Darmstadt),Direktor Friedrich Uppenborn (München), Pro-fessor Weber (Zürich), Baurat William H. Lindley(Frankfurt) ... Selbstverständlich können auchdiese Herren sich nicht einigen.

Da hat Leopold Sonnemann, Begründer der„Frankfurter Zeitung“, Bankier und Stadtverord-neter, eine Idee, deren Erfolg die gesamte Elek-trizitätswirtschaft revolutionieren sollte: In einerinternationalen Ausstellung auf dem FrankfurterMessegelände sollen die Firmen den neusten Standder Technik vorführen.

Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region

Wie lange brennt die Glühlampe? Edison und seineMitarbeiter warten gespannt.

Das Gelände der Internationalen Elektrotechni-schen Ausstellung 1891 zwischen Gallusanlage undHauptbahnhof.

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Auf der dann fünf Monate lang auf demGelände der alten Westbahnhöfe geöffneten In-ternationalen Elektrotechnischen AusstellungFrankfurt a. M. von 1891, die offiziell der „Popu-larisierung der Elektrotechnik“ dienen soll (wie

das in Amerika für den elektrischen Stuhl!) durchvier Länder: Württemberg, Baden, Hessen undPreußen auf das Ausstellungsgelände, wo aufKnopfdruck 1000 elektrische Lampen aufleuchtenund ein Wasserfall zu plätschern beginnt. Ins-gesamt sind Bogen- und Glühlampen mit derLeuchtkraft von einer Million Kerzen in Betrieb.

Gleichzeitig führt Wilhelm Lahmeyer (dessenGesellschaft 1898 als Hauptaktionär zu den Grün-dern des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitäts-werks in Essen gehören wird), die Gleichstrom-Übertragung von Offenbach nach Frankfurt über17 Kilometer vor.

Vom 25. bis 29. August 1891 organisiert dieStadt Frankfurt außerdem einen DeutschenStädtetag: Rund 400 Vertretern von 148 deutschenStädten werden die Elektrizitätseinrichtungen derFrankfurter Ausstellung gezeigt und theoretischeErkenntnisse über die Elektrizität vermittelt.

Aber die Frankfurter Zeitung erhofft sich fürdie Zukunft mehr:

„Von dem Uebergang der Verwaltung großerElektrizitäts-Centralen in die Hände der Städte,welchen die nächste Zukunft hoffentlich bringenwird, darf man sich auch insofern große Vortheilefür die Elektrotechnik im Allgemeinen versprechen,als die technischen und finanziellen Erfahrungenalsdann durch Veröffentlichung und Austausch derGesamtheit in viel höherem Grade nützlich seinkönnen, wie es bis jetzt unter der Alleinherrschaftder Privatunternehmer möglich war.“

Der Generalpostmeister Heinrich von Stephanmusste seine Zustimmung zum Stromtransport

geben, weil die Drähte auf 3000 Telegraphen-masten (mit 12 000 Öl-Isolatoren) entlang derBahnlinie gelegt werden. Die Badener verlangen,dass jede Leitungsstange eingezäunt wird. Von234 PS Turbinenleistung kommen 181 PS an –über 77 Prozent. Bei Oskar von Millers Demons-tration mit einer 1400-Volt-Gleichstromanlageüber 57 Kilometer zwischen Miesbach und Mün-chen waren es 1882 nur rund 22 Prozent gewesen.

Kaiser Wilhelm II. und Prinz Heinrich lösen für30 Mark Eintrittskarten und können die Aus-stellung längere Zeit unerkannt durchstreifen.

die Frankfurter Zeitung schreibt), demonstrierender Franzose Marcel Deprez, der Russe Michael vonDolivo-Dobrowolsky und der Deutsche Oskar vonMiller eine Sensation: die erste Drehstrom-Über-tragung über eine längere Entfernung. Von dernicht ausgelasteten Turbine des drei Jahre altenWürttembergischen Portland-Cement-Werks inLauffen am Neckar fließt die Energie über 178Kilometer in einer 25 000-Volt-Leitung (bisherwaren 3000 Volt die Höchstmarke gewesen – und

Als Besuchermagnet ist die Ausstellung einErfolg: Über eine Million Interessenten stürmendie Hallen. Als Entscheidungshilfe ist sie eine Ka-tastrophe: Unter den Fachleuten beginnt erneutdie Diskussion über die zukunftsweisende Tech-nik: Gleichstrom oder Dreh-/Wechselstrom? Wie

Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region

Einen der größten Stände auf der InternationalenElektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt stellt1891 – neben AEG, Siemens und Schuckert – diebekannte Elektrofirma Helios auf, die dann nachder „Elektrokrise“ 1903 pleite ist.

Publikumsmagnet der Ausstellung ist der künst-liche Wasserfall, den das rund 175 Kilometer ent-fernte Kraftwerk antreibt.

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soeben bewiesen worden war, lässt sich elek-trische Energie als Drehstrom – im Gegensatz zuGleichstrom, wo die optimale Entfernung bei biszu 600, in Extremfällen bis 2000 Metern gesehenwird – über größere Entfernungen ohne allzu hoheVerluste transportieren. Andererseits kann manGleichstrom einfach in großen Batterieanlagenspeichern, in ruhigeren Zeiten wird die Strom-erzeugung also einfach abgeschaltet. Und in vie-len Orten sind schon Gleichstrommotoren in Be-trieb, die sich leicht und ohne hohe Verluste re-geln lassen und darum mehr und mehr die Pferdevor den Straßenbahnen ersetzen.

Entschieden ist der Streit eigentlich erst, alsdie meisten deutschen Städte längst mit Gleich-strom erschlossen sind – zugunsten des Dreh-stroms. Manchen Städten hängt die langfristigfalsche Entscheidung noch bis Mitte des 20. Jahr-hunderts nach, als sie Stadtteil um Stadtteil vonGleich- auf Wechselstrom umstellen müssen.

In Frankfurt fällt die Entscheidung für „Ein-phasen-Wechselstrom mit Hoch- und Nieder-spannung 2850/123 Volt“. Am 12. Oktober 1893beschließen die Stadtverordneten endlich – nachsieben Jahre dauernden Diskussionen und Ver-handlungen mit allen denkbaren Fachleuten undFirmen – den Kraftwerkbau; da waren schon etwa40 deutsche Städte vorangegangen.

An das Baugeschäft Philipp Holzmann & Co.geht der Auftrag für den Hochbau in der Gutleut-straße, der später den Namen „Kraftwerk West“tragen wird. Die Firma Brown, Boveri & Cie., Baden(Schweiz, BBC), erhält den Auftrag für Aufbau und

„Die Söhne kommender Jahrhunderte werden aufuns gewiß als sinnlose Verschwender mit Geringschät-zung herabblicken, wenn sie herausrechnen, dass wirvon dem Heizwerth, der in den Brennmaterialien vor-handen ist, nur den zehnten Teil als Wärme aus-nutzen und den Rest als Ruß und Rauch in die Luftlassen“.

Sieben Jahre später erklärt der Direktor derPhysikalisch-Technischen Reichsanstalt, FriedrichKohlrausch, dass „einige Quadratmeilen in Nord-afrika“ genügten, um das gesamte Deutsche Reichmit Solarenergie zu versorgen. Er schlägt vor, sichsofort einen entsprechenden Anteil an geeignetenGegenden zu sichern.

In Hanau (das später sein Gas aus Frankfurtbeziehen wird) will das Gaswerk auf dem Land-wirtschaftsfest 1892 dem aus der engeren undweiteren Nachbarschaft herbeigeströmten Volk einSchauspiel und dem Festausschuss eine gute Ein-nahme bereiten. Der Festausschuss hatte sich mitdem Fleischer nicht über die Art einigen können,wie der ganze, 650 Pfund schwere Ochse gebratenwerden soll. Die Männer des Gaswerks bauen einBlechhaus, das den ganzen Ochsen am Spieß um-gibt, konstruieren einen Brenner mit regulier-baren Flammen und für das Drehen der Welle einekomfortable Zahnrad-Übersetzung. Obendraufkommt eine „Reclame-Laterne mit rothen Schei-ben“ und der Aufschrift „Koche mit Gas“. Nachsechseinhalb Stunden sind alle Teile gar und 300Kubikmeter Gas verbraucht. Zuschauer bezahlensogar ein Eintrittsgeld, um an dem Ereignis teil-haben zu dürfen.

Betrieb der Elektrizitätsversorgung. Für die spä-tere Leistung von 6000 Kilowatt werden 24 Kessel-einheiten und 8 Maschinensätze benötigt. Am8. Dezember 1894 fließt der Strom zunächst ausdrei Generatoren mit je 500 Kilowatt in das 60Kilometer lange Verteilungsnetz. Die Verbraucherwerden mit einer Spannung von 123 Volt beliefert.

Wie in Frankfurt bleiben aber zunächst auchanderenorts viele Fabrikbesitzer bei ihren eigenenBlockstationen. 1895 besitzen in Deutschland2003 Industriebetriebe eine Blockstation für ihreStromversorgung, 1907 sind es bereits 71000. Wieder „Finanzherold“ 1894 mitteilt, kostet der Stromfür eine Lampe von 16 Kerzen Leuchtkraft aus derBlockstation je Stunde 1,83 Pfennig, vom Elek-trizitätswerk aber 4 Pfennig.

80 Pf zahlen die Frankfurter für die Kilowatt-stunde Lichtstrom – das ist der Arbeiterlohn fürzwei Stunden. Oder der Preis für 27 Eier oder einPfund Butter. 20 Pf werden für Kraft- und Wär-mestrom berechnet. Dazu kommt eine Zählermietezwischen 15 und 60 Mark jährlich. Im ersten Jahrwerden rund 1,4 Millionen Kilowattstunden abge-rechnet, 527000 Mark nimmt das Unternehmen ein,davon 88 Prozent für Licht-, 11 für Kraft- und 1Prozent für Wärmestrom. Aus Pacht und Gewinn-anteil erhält die Stadt etwa 190 000 Mark oder eineKapitalverzinsung von 9,5 Prozent – schon imersten Jahr ist die Anlage ein Geschäft. Für die Er-zeugung einer Kilowattstunde werden 3,16 Kilo-gramm Kohle verbraucht (80 Jahre später reicht einZehntel dieser Kohlenmenge). Weitsichtig schreibtdie Familienzeitschrift „Gartenlaube“ schon 1893:

Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region

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Auf dem Wohltätigkeitsfest „Alt-FrankfurterTage“ für die Frankfurter Künstlergesellschaft undden Kronberger Krankenhausverein gestalten dieDamen der Frankfurter Gesellschaft 1896 „Le-bende Bilder“, die zum ersten Mal mit elektrischenGlühlampen effektvoll beleuchtet werden.

Zwischen 1895 und 1900 steigt der Stromver-brauch in Frankfurt von 2 auf 17 Millionen Kilo-wattstunden. 1899 zieren die ersten elektrischenLeuchten vor allem die Hauptverkehrs- und Ge-schäftsstraßen der Stadt Frankfurt am Main. Abernoch lange werden die Gaslaternen die gewaltigeÜberzahl bilden. 1939 verbucht das Gas noch denLöwenanteil mit 11 123 von 17 164 Laternen.

„Die Lustigen Blätter“ haben die Hand am Pulsder Zeit und begrüßen das 20. Jahrhundert pro-phetisch:

„Nach langem und schwerem Daseinskampfschiebt ab das alte Jahrhundert mit Dampf.Wir brauchen ein neues Fluidum:Heil Dir elektrisches Säkulum!“

Noch hält die Zugkraft der„Gründerjahre“ an, Deutschlands In-dustrie beginnt England einzuholen.Das Frankfurter Kraftwerk mussständig erweitert werden, zumal1898 die 650 Pferde der bisher voneiner Belgischen Gesellschaft auf 16Linien betriebenen Frankfurter Stra-ßenbahn, deren Hinterlassenschaf-ten auf den Schienen nicht gerade

zur Verbesserung der Frankfurter Luft beigetragenhatten, in Pension geschickt und durch Elektro-motoren ersetzt werden. Auch die seit 1888 vonder Frankfurter Lokalbahn AG vom EschenheimerTor nach Eschersheim betriebene Pferdebahnlinie(die bald wegen der kaum pferdetauglichenSteigungen auf Dampfbahnbetrieb umgestellt wirdund auf der später die erste U-Bahn fährt) und dieseit 1889 von der Frankfurter Waldbahn-Gesell-schaft mit Dampfzügen betriebenen Strecken nachNeu-Isenburg, Schwanheim und Niederrad (1907eingestellt) werden nach und nach auf elektrischeStraßenbahnen umgestellt.

Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region

Dieser Artikel ist den Seiten 81 bis 91 aus demBuch von Hans Trurnit: „Und man sieht nur dieim Lichte“ mit freundlicher Genehmigung derMainova AG entnommen.Siehe auch Buchbesprechung in dieser Ausgabeauf den Seiten 13 bis 14.

Kaffeekocher undHeizgerät aus demAEG-Programm 1897

Interessante Weblinks zurIndustriegeschichteAdler Motoren Veteranen Clubwww.adler-veteranen.de

DECHEMA Gesellschaft für ChemischeTechnik und Biotechnologie e.V.www.dechema.de

Fahrzeugveteranenverein Dreieichwww.fvvd.de

Feldbahnmuseum: www.feldbahn-ffm.de

Historisches Museum der Stadt Frankfurtwww.historisches-museum.frankfurt.de

IHK Frankfurtwww.frankfurt-main.ihk.de

Institut für Neue Technische Formwww.intef.de

Museum der Stadt Rüsselsheimwww.stadt-ruesselsheim.de/rd/1127.htm

Museum für Rechner-, Computer undKommunikationstechnikwww.technikum29.de/

Institut für Neue Technische Formwww.intef.de

Hessisches Wirtschaftsarchivwww.hessischeswirtschaftsarchiv.de/

Stadtwerke Verkehrsmuseum Frankfurtwww.hsf-ffm.de

Zeppelin-Museum Zeppelinheimwww.zeppelin-museum-zeppelinheim.de/

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14Buchbesprechung

Hanno Trurnit:

Und man sieht nurdie im LichteDie Geschichte von Gas und Strom, Wärme und Wasserin Frankfurt und der Region.

besprochen von Wolfgang Giere

Wie bespricht man ein Buch, das auf jederSeite Dutzende von Fakten, meist meh-rere interessante Bilder, eine fortlaufende

Jahresleiste, Zitate (viele sogar uff escht frang-forderrisch) präsentiert, eine illustrierte Chrono-logie der Industrie- und Technikgeschichte?

Das Werk wurde von Mainova bei einer Ver-anstaltung des FITG mit einem Vortrag von HerrnHigman über die Geschichte der Gasversorgung am15. März 2007 in der Industrie- und Handels-kammer verteilt. In einem Zuge habe ich es ge-lesen. Vieles konnte ich selbst erinnern, vieleskam bei der Lektüre wieder, vieles habe ich dazugelernt.

Das Buch ist, auch dank eines ausführlichenNamens- und Ortsindex eine Fundgrube. Es ist auf-wändig gemacht, blendend gestaltet, erstklassig(zweispaltig) gesetzt, illustriert und gedruckt, gut

gebunden. 256 Seiten umfasst der reichlich be-bilderte Text, 30 Seiten der Anhang mit Betrach-tungen über künstliche Beleuchtung und derenBeziehungen zur Cultur, Vortrag, 1863(!) gehaltenin der Versammlung des Vereins deutscher Inge-nieure in Braunschweig von S. Schiele (Directorder Neuen Frankfurter Gasgesellschaft), Zeittafel,Literaturverzeichnis, Index.

Was ist spezifisch für Frankfurt? Zunächstsicher die Konkurrenz von gleich zwei Gaswerken,eines englischen und eines deutschen, mit je ei-genem Röhrennetz. Erst von den Nazis werden sievereint. Dann auch die Vielfalt der unterschied-lichen Stromsysteme, die es bis nach dem 2. Welt-krieg gab (obwohl ich mich an dieselbe Situationin Duisburg erinnere). Es gab 120 V und 240 VWechselstrom, Drehstrom mit 127/200 V und220/380 V von verschiedenen Versorgern noch

1953 (vgl. Karte auf S. 170). Andere Städte kön-nen auch nicht, wie Frankfurt, auf die epoche-machende große Elektrotechnische Ausstellung1891 zurückblicken (S. 87) und auf die interna-tionale Luftschifffahrt-Ausstellung am Rebstock,vorwiegend mit Leuchtgas-gefüllten Ballonen undZeppelinen (S. 106). Sehr spezifisch ist natürlich

Herausgegeben aus Anlass des 175-jährigen Be-stehens der Frankfurter Gas- und Wasserversorgungvon der Mainova AG, Frankfurt am Main im FrankTrurnit & Partner-Verlag GmbH. Frankfurt, 2004286 Seiten

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15Buchbesprechung

auch die Wasserversorgung, seit 1690 mit Lauf-brunnen auf den Plätzen, dann mit Dampfpumpenaus dem Stadtwald, später liebäugelte man mitFernwasser aus Vogelsberg und Spessart. „Das Pro-blem: Die Gebiete lagen jenseits der Grenze inKurhessen. Diese Hürde wurde von Otto von Bis-marck beiseite geräumt“ (S. 65/66), nämlich 1866im Krieg gegen Österreichs Hegemonie imDeutschen Bund, bei dem Frankfurt in Königgrätzauf der Verliererseite kämpfte und anschließendPreußen einverleibt wurde. Auch die eigenen Wer-ke in den eingemeindeten Städten, z. B. in Höchstund Heddernheim gab es so nur hier bei uns.

Weniger spezifisch, sondern eher typisch fürdie Infrastrukturentwicklung in großen Städtenverlief der Konkurrenzkampf zwischen Gas, Elek-trizität und Ölprodukten (speziell Petroleum) zurBeleuchtung. Vaterländisch betont wurde er imersten Weltkrieg: „Deutsches elektrisches Lichtkann uns von keinem Feinde verteuert oder garentzogen werden, es ist nach jeder Richtung hin derbeste u. billigste Ersatz für Petroleumlicht“ (Flug-blatt der Geschäftsstelle für Elektrizitätsver-wertung 1915, S. 115). Die Notrezepte zum Ener-giesparen der Nachkriegszeit (Turmkochen,Kochkiste) wiederholen sich nach dem zweitenWeltkrieg. Ich kann mich noch gut daran er-innern. Auch den berüchtigten „Kohlenklau“ aufden abgebildeten Plakaten (S. 155) habe ich sofortwiedererkannt.

Ein anderes Thema, das sich durch das Buchzieht und gründlich abgehandelt wird, ist die Wär-meversorgung: Hauswärme, Warmwasserbereitung,

Kochen und Fernwärme. Amüsant wirken auf unsheute die angepriesenen Haushalthilfen, etwaGasbügeleisen und Gaswaschmaschinen (Sn. 108,122) oder Elektrobügeleisen und Elektro-Bottich-Waschmaschinen (Sn. 115,123).

An mehreren Stellen wurde bereits die enge Ver-knüpfung der Zeitgeschichte mit der städtischenInfrastrukturgeschichte angesprochen. Sie ziehtsich durch das ganze Buch und ist blendend gelöst.In jedem Kapitel werden die allgemeingeschicht-lichen Ereignisse gekennzeichnet, auch wenn siekeine unmittelbaren Folgen für die VersorgungFrankfurts mit Gas und Elektrizität, Wärme undWasser hatten. Geschickt versteht es der Autor,trotz strikt durchgehaltener Chronologie, ablesbaran der Jahreszahlenleiste unten auf jeder Seite,einzelne Themen zu bündeln und geschlossen ab-zuhandeln: „Der Weg aus der Finsternis“ für dieStraßen-, Theater- und Hausbeleuchtung mit Gas;„Auf der Suche nach neuen Quellen“ zur zentralenTrinkwasserversorgung; „Errungenschaften derHaustechnik“ über traumschön altertümliche „rö-mische, gotische und Arabesk-Kronleuchter“ (S.53);„Der glühende Strumpf“ über die bahnbrechendeErfindung des Auer-Glühstrumpfes; „Es wirdspannend“ über die ersten Elektrizitätswerke* – umnur einige Beispiele zu nennen. Ausführlich wirdneben den Errungenschaften für die Verbraucherauch die institutionelle Entwicklung dargestellt inKapiteln wie „Rettung aus England“, Gemeinsam indie Zukunft“, „Neues Amt, neuer Wind“, „Im

Jubiläumsjahr“ (125-jähriges Jubiläum der Gas-werke 1953), „Ende einer langen Geschichte“(Fusion mit den Gaswerken Höchst 1982), „DerMarkt formiert sich neu“. Man kann durchaus, ge-leitet vom Inhaltsverzeichnis, bei einzelnen Ka-piteln einsteigen. Wenn man jedoch von vorne bishinten liest, findet man immer wieder auch auf-schlussreich Statistiken über die Benutzung unddas Vorhandensein von Verbrauchsgeräten, z.B. dieZahl der Straßenlaternen, Verbreitung von Wasser,Gas und Elektrizität in Privatwohnungen, Herde,Kühlschränke, Waschmaschinen usw. sowie ihreFörderung durch gezielte Werbemaßnahmen, staat-liche Förderung, Schauküchen („Gaspassage“ inFrankfurt), vertriebsunterstützende Organisatio-nen.

Insgesamt ist es dem Autor gelungen, einrundes und nie langweiliges Bild der Entwicklungzu zeichnen. Die Darstellung ist ansprechend illus-triert, erstklassig recherchiert und belegt, ja sogarimmer wieder auch humorvoll. Das liegt nicht nuran den teilweise erheiternden Abbildungen, z.B.der einer komfortablen Dusche, für die man dasWasser in einen Überkopf-Behälter pumpen kann(S. 59). Köstlich sind auch passend eingestreuteZeitungsausschnitte, Leserbriefe und Mundart-gedichte. Sprachlich ist das Werk klar und deut-lich, redaktionell ausgezeichnet bearbeitet. So istdas Buch weit mehr als eine Reklameschrift der in-stitutionell noch durchaus jungen Mainova. Es isteine hocherfreuliche Fundgrube für jeden, der anIndustrie- und Technikgeschichte interessiert ist,und als Lektüre sehr empfehlenswert.* siehe auch Abdruck ab Seite 4 in diesem FITG-Journal

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16Tage der Industriekultur

Zu den „Tagen der Industriekultur Rhein-Main“erreichte uns folgender Leserbrief:

Auch dieses Jahr stand wieder die Veranstaltung„Auf den Spuren des Erbauers der ersten

Schwemmkläranlage Europas“ auf dem Programmder „Tage der Industriekultur Rhein-Main“ inFrankfurt. Verantwortlich ist, wie im letzten Jahr,Wolfgang Schwan vom Förderkreis der Industrie-und Technikgeschichte. Die Organisation und

Durchführung wurde von den Mitarbeitern derStadtentwässerung Frankfurt gemacht.

Wir hatten bereits letztes Jahr die Möglichkeit,an dieser Führung teilzunehmen. Ein höchst in-formativer und ungewöhnlicher Spaziergang unterdem Pflaster der Stadt, in diesem Fall eher unterdem Park der Taunusanlage.

Treffpunkt war der Lindley-Besuchereingang inder Taunusanlage. Mitarbeiter der Stadt hattenInformationstafeln aufgestellt und standen denca. 50 interessierten Mitbürgern für den weiterenProgrammablauf zur Verfügung.

Die Schwemmkläranlage ist ein herausragendesZeugnis Frankfurter Industriekultur des 19. Jahr-hunderts. William Lindley, Engländer, hatte be-reits einen Ruf als Ingenieur, als er den Auftragbekam, den Bau der Kanalisation zu übernehmen.

Man wusste, dass die unhygienischen Zuständein den Städten Seuchen begünstigten. Und invielen großen Städten wurde Abhilfe geschaffendurch den Bau von Kanalisationsanlagen. In Lon-don wurde der Anfang gemacht, in Deutschlandwaren Hamburg und Frankfurt die ersten Städte.Kiel, Stettin und Düsseldorf, um nur einige zunennen, folgten.

Als wir hinab stiegen in die Kanalisationwurden wir empfangen von Mozarts „In diesenheiligen Hallen“. Ein Sänger der Frankfurter Operüberraschte uns mit diesem Lied aus der Zauber-flöte. Es war durch die hervorragende Akustik einOhrenschmaus und in mehrfacher Hinsicht pas-send. Die wunderschön gemauerten Gänge wurdenvon eigens ausgebildeten Maurern geschaffen. Bis

„Lindley-Besuchereingang“ an der Taunusanlage. Ganz links Leserbriefschreiberin Helga Germer, rechts da-neben Wolfgang Schwan (FITG), ganz rechts ist der Sänger Matthias Ernst Holzmann (Rückenansicht) vonden Städtischen Bühnen Frankfurt, im Gespräch mit Werner Kristeller (Leiter der Stadtentwässerung inFrankfurt).

„In diesen heiligen Hallen“

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17Tage der Industriekultur

vor einigen Jahren bildeten die Stadtwerke Frank-furt noch selbst Maurer für Tiefbau aus. Aus-gestattet mit Schutzkleidung, hatten wir dann dieMöglichkeit, einen Teil der ca. 1.600 km der un-terirdischen Kanäle und Schächte in Augenscheinzu nehmen. Eine empfehlenswerte Veranstaltung,und auf diesem Wege möchte wir WolfgangSchwan und allen Mitwirkenden noch einmal Danksagen.Nora Bartl · Dr. Rolf-Reiner Bartl · Helga Germer

Abb. 2. Blick in die Kanalisation und in das Mauer-werk.

Industriekultur – zum Anbeißen!Besucherrekord bei Tagen der Industriekultur Rhein-Main

Wie der Geschäftsführer der KulturRegionFrankfurt RheinMain gGmbH, KonradDörner, erfreut feststellte, verzeichneten

die diesjährigen „Tage der Industriekultur Rhein-Main“ rund 11.000 Teilnehmer. Das sind circa 10 %mehr als im Jahre 2006. "Damit entwickeln sichdie „Tage der Industriekultur Rhein-Main“ als

feste Größe im Kultur- und Freizeitangebot in derRhein-Main Region. Dies wäre ohne die Unterstüt-zung der Beteiligten in Unternehmen, Kommunenund Institutionen nicht möglich geworden. Damitsind wir auf einem guten Weg der Vernetzung undBündelung zwischen den Akteuren“, so Dörner.

Dass es nicht noch viel mehr waren, lag an denKapazitätsengpässen bei den meisten Führungen.Die Firmen wurden förmlich überrollt von derNachfrage: Bei allen Führungen in produzierendenUnternehmen (mit entsprechender Teilnehmer-beschränkung) war die Nachfrage so groß, dass einVielfaches an Besuchern hätte untergebracht

werden können. Betriebe wie Coca Cola, Wacker’sKaffe oder die Höchster Porzellan-Manufakturwollen darauf reagieren und in Zukunft mehrFührungen anbieten. Auch bei Henkell in Wies-baden und dem Peter-Behrens-Bau von Infraservin Höchst überstieg die Nachfrage das Angebot umein Vielfaches. Das Frischezentrum in Kalbach botZusatztermine für Führungen an, die nun bereitsbis ins Frühjahr vergeben sind, so viele Menscheninteressierten sich dafür.

Es gab viele „versteckte“ Orte zu entdecken:Hattersheim etwa vermeldet einen Besucherrekordmit je rund 1.000 Teilnehmern bei den Veran-staltungen in der Urbansmühle und im Jugendstil-Wasserwerk von hessenwasser. Hier nahmen dieTeilnehmer einen Weg von 2,5 km über die ge-pflasterte, grün überwucherte Wasserwerkchaus-see zu Fuß, per Rad oder Fahrradrikscha in Kauf,um zum verwunschenen 100jährigen Jugendstil-Wasserwerk zu gelangen.

Auch das alte Druckwasserwerk im FrankfurterWesthafen, das erstmals bespielt wurde mitTheater, und der Schlachthof in Offenbach ver-zeichneten Besucheranstürme. Esskultur gepaartmit industriellem Charme gab es im Haus für In-dustriekultur in Darmstadt und vor der beein-druckenden Kulisse im Kraftwerk Staudinger inGroßkrotzenburg.

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Viele Besucher haben einen persönlichen Be-zug zu den Unternehmen und berichteten spontanvor Ort z.B. von ihrer Lehrzeit bei der Union-Brauerei in Groß-Gerau oder bei der Naxos-Unionin Frankfurt am Main. Eine Teilnehmerin erzählte,wie sie als Lehrmädchen bei der Urbansmühle im2. Weltkrieg als eine der Wenigen genug Mehl fürBrot erhalten habe.

Im fünften Jahr der „Tage der IndustriekulturRhein-Main“ gibt es mittlerweile viele Fans und„Wiederholungstäter“. Sie nutzten die vier Rou-tentage für einen privaten Bildungsurlaub undwaren kreuz und quer in der Region unterwegs.Neben interessierten Einheimischen aus dernäherer Umgebung und Region kamen auchTouristen und Zugereiste. Teilnehmer kamen zumTeil auch von außerhalb der Region, aus Fulda,Mannheim, Rheinhessen und Franken (Bayern).Neben Familien mit Kindern und interessiertenPensionären waren viele einzelne Berufstätigeunterwegs sowie Freundesgruppen jüngerenAlters.

„Industriekultur ist attraktiv und gesell-schaftsfähig geworden“ berichtet Projektkoor-dinatorin Sabine von Bebenburg. „Die Menschensind aufgeschlossen für das Thema und nehmendie Angebote der KulturRegion Frankfurt Rhein-Main, mit Anderen gemeinsam neue Facetten derRegion kennen zu lernen, sehr gut auf“. „DieStimmung war prächtig“ berichten auch die Ver-anstalter vor Ort.

Das Interesse ist ungebrochen: Die Websitewww.route-der-industriekultur-rhein-main.de re-

gistrierte zwischen 4.000 und 7.000 Seitenauf-rufen pro Tag. Wer nächstes Jahr nicht zu spätsein will für die Besichtigungen, sollte sich dortfür den newsletter registrieren. Hier gibt es auchInformationen für Veranstaltungen außerhalb der

Tage der Industriekultur Rhein-Main. Geschäfts-führer Konrad Dörner stellt in Aussicht: „Wirwerden für das Jahr 2008 ein noch umfassenderesattraktives Programm für die Menschen der Regionvorbereiten.“

100 Jahre Wasserwerk Hattersheim am Main –Hessenwasser gibt Monographie zum Jubiläum heraus

Das Wasserwerk Hattersheim, von Beginn an einesder Highlights der Route der Industriekultur, hatvor genau 100 Jahren seinen Förderbetrieb auf-genommen. Dies hat der heutige Betreiber der An-lage, die Hessenwasser GmbH & Co. KG, zum An-

lass genommen eine Monographie über dieses inseiner Gesamtheit im Rhein-Main-Gebiet einzig-artige Wasserwerk herauszugeben. Der Autor,Volker Rödel, bettet die Darstellung der Ge-schichte des Wasserwerks und seiner architekto-nischen und technischen Besonderheiten in einenkurzen Abriss der Geschichte der FrankfurterWasserversorgung ein, für die dieses Wasserwerkbis in die neunziger Jahre des letzten Jahr-hunderts eine zentrale Bedeutung hatte. Das Buch(76 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Fotos) istzum Preis von € 9,90 an folgenden Stellenerhältlich:• Frankfurt: Buchhandlung Walter König, Dom-straße 6, 60311 Frankfurt, Telefon: 069-296588• Hattersheim: Stadtpunkt Hattersheim, Bahn-hofsplatz 1, 65795 Hattersheim am Main, Telefon:06190 970-272 bis -274 oder direkt bei der:• Hessenwasser GmbH & Co. KG, Taunusstraße 100,65421 Groß-Gerau; Telefon: 069-25490-2335, Mail:[email protected] (zzgl. € 1,45Versandkosten)

Iron Lady – die Dampfpumpmaschine im Wasser-werk Hattersheim – gebaut im Jahre 1927 vonThyssen/DEMAG

Tage der Industriekultur

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technikum29

von Heribert Müller, Kelkheim

Das technikum29 ist ein Museum für Kom-munikations-, Rechner- und Computertech-nik in privater Trägerschaft.

Nicht selten entwickelt sich aus einem zu-nächst harmlosen Hobby (hier war es die Sammel-und Restaurationsleidenschaft von Rundfunk-

geräten aus den 30er Jahren) im Laufe der Zeit einganzes Gebäude voll mit Technik, deren Entwick-lungsgeschichte faszinierend ist.

Private Museen können selten mit üppigemRaumangebot glänzen, daher muss es versuchen,sich durch besondere Eigenschaften zu profilieren,

um einen Kontrast zu den Öffentlichen zu bieten.Das technikum29 zeichnet sich dadurch aus, dasspraktisch alle Exponate funktionsfähig demons-trierbar sind.

Aus dem zunächst sehr begrenztem Sammel-gebiet entstand ein mittlerweile relativ großerTechnikbereich, dessen Entwicklung unsere Ge-genwart und insbesondere unsere Zukunft exorbi-tant beeinflusst.

Die Menschen sind fasziniert von archäolo-gischen Ausgrabungen aus der Steinzeit, sie be-fassen sich engagiert mit der Entwicklungs-geschichte von Dinosauriern, sie studieren Kunst-und Musikgeschichte, vergessen aber mittlerweileden Aufbruch in die Geschichte der Gegenwart,der nur durch den Fortschritt der Kommunika-tions- und Computertechnik möglich war.

In einigen Jahren werden unsere Kinder zwarhin und wieder eine Dampflok in voller Fahrt be-wundern können; ein komplettes Rechenzentrumder 60er Jahre ist jedoch stumm und leblos, wennwir die komplexen Kenntnisse hierüber nicht indie Zukunft retten: Das ist unser hehres Ziel.

Das Museum ist relativ „breitbandig“, damit dieBesucher auch etwas finden, mit dem sie sich evt.identifizieren können. Hier die Themen:

(Bild-)Telegraphie, Rundfunk, Fernsehen, Ton-und Bildaufnahme, sowie Meßtechnik bilden denBereich der Kommunikation.

Die (Morse-)Telegraphie besticht durch wun-derschöne, technisch sehr transparente Geräte.Diese Art der Kommunikation stand dem „nor-malen“ Menschen jedoch nicht zur Verfügung. WirBild 1: technikum29 in Kelkheim/Taunus

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beschränken uns auf eine tragbare Telegraphen-stadion der Firma S.-A. Hasler, Bern (Bild 2).

Im Museum gibt es noch viele Geräte aus dieserund späteren Zeiten, wobei während der Führungeine kleine Auswahl gezeigt wird. Hierzu gehörenauch die Bildtelegraphen (z.B. Fultograph von1929), Faximilegeräte, Fernschreiber, Hellschreiberund vieles mehr.

Wie hat sich die Entwicklung des Rundfunks abden 20er Jahren vollzogen? An einem Beispiel-gerät Baujahr 1926 (Bild 3) kann man erkennen,dass die aufblühende Technik damals nur von

wirklichen Experten bedient werden konnte. Einerder interessantesten 3-Kreiser dieser Zeit, derDeTeWe Novodyn R.E. 59 (Deutsche Telephonwerkeu. Kabelindustrie AG, Berlin) war damals nur fürgut betuchte Bürger erschwinglich. Rundfunkhören war trotz des äußerst bescheidenen Klang-erlebnisses eine wirkliche Faszination.

Später wurden aus den Rundfunkgeräten rich-tige Möbelstücke deren Spitze in den Musik-schränken der 50er Jahre gipfelte.

Auch der Fernseh-, Video-, Tontechnik ist eineigener Raum gewidmet. Die Schallaufzeichnung

auf Draht, Band oder Folie zeigt den Fortschrittder Entwicklung.

Ein großes Schwerpunktthema ist die Rechner-und Computertechnik. Dieser Bereich nimmt dengrößten Platz im Museum ein. Wir können hierGeräte in Funktion zeigen, die Sie sonst nirgend-wo sehen werden. Das beginnt mit elektromecha-nischen Rechenautomaten und endet im komplet-ten ca. 5 Tonnen schwerem Rechenzentrum.

Nein, einen ZUSE-Rechner haben wir leidernicht. Die wenigen, die es gab, sind entweder vorlanger Zeit sorglos verschrottet worden oder sie

Bild 2: Tragbare Telegraphenstation der Fa. S.-A. Hasler, Bern Bild 3: Rundfunkgerät DeTeWe Novodyn R.E. 59 von 1926

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stehen (leblos) in den großen Museen. Bei dieserkomplexen Technik sind wir besonders gefordert.Nicht reparierbare oder wenig interessante Rech-ner kommen nicht ins Museum.

Im Rahmen dieses Beitrages können wir nurexemplarisch auf ein paar Stücke der uralt-EDV-Technik eingehen. So läuft im technikum nocheine Tabelliermaschine (Vorgänger der Großcom-puter) aus dem Jahre 1956. Sie kostete damals260.000,- DM, eine horrende Summe. Dazu gehörtein ganzer Pulk von Lochkartengeräten, natürlichalle funktionsfähig. Beim „Klappern“ dieser vor-wiegend elektromechanisch arbeitenden Gerätenwird die Vergangenheit der EDV noch einmalpräsent.

Wir zeigen auch ca. 350 kg schwere „Mini-computer“ (ab Bj. 1965), welche Vorgänger derheutigen PC´s sind (Bild 4). Spielen Sie z.B. imMuseum gegen einen solchen Computer mit 8 kBArbeitsspeicher Schach… Sie werden vermutlichverlieren!

Eine Besonderheit ist sicher der Großrechner„UNIVAC 9400“ aus dem Jahre 1969 (Bild 5).Diesen Rechner mit einem Gesamtgewicht vonüber 5 Tonnen und einer Leistungsaufnahme vonüber 15 kW zur vollen Funktion zu bringen, warund ist eine große Herausforderung; doch er läuftund kann z.B. ihren persönlichen Biorhythmus be-rechnen und ausdrucken.

Einen solchen Rechner mit all seinen Ge-räuschen (der Raum vibriert!), seinen vielenLämpchen, dem superschnellen Lochkartenleserusw. in Aktion erleben zu können, ist zumindest Bild 4: „Minicomputer“ der Firma DEC, Typ LAB 8e, Bj. 1970

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im Rhein-Main-Gebiet nur hier möglich. Wir gehenjedoch davon aus, dass in Europa kein zweiter,ähnlich großer alter Rechner noch in Aktion ist.

Die Entwicklung der Rechner- und Computer-technik ist schon sehr speziell, sie kann jedoch,wenn man sie in Funktion erleben kann, selbstLaien faszinieren. Die funktionierende Technik

zeichnet ein lebendiges Bild dieser glanzvollenÄra und das macht den Unterschied.

Auch interessante Innenansichten aus den vor-handenen Frühcomputern sind in Vitrinen aus-gestellt. Hier als Beispiel (Bild 6) ein Ausschnitteines gefädelten ROM (Festwertspeicher) auseinem NIXDORF Rechner.

Bild 5: UNIVAC 9400 Großrechner, Bj. 1969

Das technikum29 ist ein „Lernmuseum“, es istdamit auch für den Besuch von Studentengruppenund Oberstufenschüler geeignet.

Die Öffnungszeiten des technikum29 in Kelk-heim im Taunus sowie weitere Informationen kön-nen Sie unter www.technikum29.de erfahren.

Bild 6: Ausschnitt eines Festwertspeichers

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23Leonhard Euler

Leben und …1707 Leonhard Euler wird am 15. April als Sohn des

Pfarrers Paul Euler in Basel geboren1720 Studienbeginn an der Universität Basel1722 Mathematik-Vorlesungen bei Johann I Bernoulli1723 Promoti-

on zumMagister.Immatri-kulationan derTheologi-schen Fa-kultät

1727 Euler be-teiligtsich aneinerPreisfrageder Pari-ser Aka-demie derWissen-schaften und erhält mit einer Schrift über diegüngstigste Bemastung von Schiffen einen zweitenPreis; Berufung an die Petersburger Akademie

1733 Übernahme der Professur Daniel Bernoullis für Ma-thematik in Petersburg

1734 Heirat mit Kathrina Gsell. Aus dieser Ehe gingen13 Kinder hervor, von denen lediglich 5 das Er-wachsenenalter erreichten

1735 Beteiligung an der Erstellung der GeneralkarteRusslands

1741 Einladung von Friedrich II. nach Berlin, um diedortige Akademie aufzubauen

1746 Einweihung der Berliner Akademie.1750 Euler trifft seine Mutter in Frankfurt, um sie nach

Berlin zu holen1755 Auswärtiges Mitglied der Pariser Akademie1766 Rückkehr nach Petersburg – auf Einladung von Za-

rin Katharina II.1771 vollständige Erblindung1783 Euler stirbt am 18. September an Hirnblutungen

Leonhard Euler in HessenEine kleine Betrachtung zu seinem 300. Geburtstag

von Wolfgang Kirsten

Am 15. April war der 300. Geburtstag vonLeonhard Euler, der 1707 in Basel geborenist. Euler ist ohne Zweifel nicht nur der

größte Mathematiker seiner Zeit, sondern wareiner der schöpferischsten Menschen überhaupt.

Er war ein ausgesprochen produktiver Ma-thematiker. Besonders seine Bücher zur Analysisnehmen auch heute noch den ersten Platz ma-

thematischen Schaffens ein. Er gab hier eine erstesystematische Darstellung der Theorie, wobei erzum ersten Mal viele der heutigen üblichen Be-zeichnungen einführte (siehe Kasten links).

Euler war aber nicht nur Mathematiker. „Eulerwar ein typischer Geometer, der neben der ma-thematischen Theorie auch stets die Anwendungenim Blick hatte“, liest man daher auch in dem „Le-xikon der Mathematik“ aus dem Spektrum Aka-demischer Verlag (2001). Seine wissenschaftlichenTätigkeiten umfassten nicht nur die Mathematikund Physik (hier insbesondere die Mechanik, derHydromechanik, die Hydraulik und die Optik),sondern er hat auch in den Ingenieurwissenschaf-ten, der Astronomie, der Musik und der Philo-sophie Wesentliches veröffentlicht. Sogar über dieArtillerie hat er ein Buch verfasst, übrigens einesder wenigen Bücher in deutscher Sprache. Seineanderen Bücher schrieb er überwiegend in la-teinisch, viele auch in französisch. All seineBücher wurden noch zu seiner Lebenszeit in diewichtigsten europäischen Sprachen übersetzt.Auswahl von Bezeichnungen, die Euler einführte

Bezeichnung Definition Bemerkung

e e = 2,71828…Basis desnatürlichenLogarithmus

π π = 3,14159 Kreiszahl

i i = √-1 imaginäre Einheit

f(x) Schreibweise einer Funktion

sin x trigometrische Funktion

cos x trigometrische Funktion

Σ Summenzeichen

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24Leonhard Euler

… Wirken EulersEuler war ein extrem produktiver Wissenschaftler. Insge-samt gab es 866 Publikationen von ihm, u.a.:1729 Unendliche Reihen1730 zwei bedeutende Arbeiten über geodätische Linien1731 Versuch einer neuen Musiktheorie1734 Untersuchungen über die Eulersche Konstante1735 Summe der reziproken Quadratzahl1735 Lösung des Königsbergers Brückenproblems1736 Lehrbuch der Mechanik (2 Bände)1738 Rechenbuch (2 Bände)1742 Beweis des „kleinen“

Satzes von Fermat1744 Variationsrechnung;

Lehrbuch der Theorieder Bewegung vonPlaneten und Kometen

1744–53 Zum Prinzip derkleinsten Aktion

1745 Neue Grundsätze derArtillerie

1747 Vieldeutigkeit desLogarithmus

1748 Einführung in dieAnalysis (2 Bände);Differentialrechnung (2 Bände)

1749 Wissenschaft vom Schiffswesen (2 Bände)1750 Betrachtungen über Raum und Zeit1751 Theorie der Mondbewegung1753 Turbinenbau und Hydrodynmaik; Mondtheorie1756 Entwicklung der Variationsrechnung von Lagrange1758 Polyedersatz; Eulersche Kreiselgleichungen1762 Achromatische Linsen1765 Theorie der Bewegung von Festkörpern1768 Lettres à une princesse d’Allemagne1768–70 Integralrechnung (3 Bände)1769–71 Universelle Optik (3 Bände)1770 Vollständige Anleitung zur Algebra (2 Bände)1772 Zweite Mondtheorie1773 Vollständige Theorie der Konstruktion und

Steuerung von Schiffen1775 Allgemeines Prinzip vom Drehimpuls1777 Koeffizientenbestimmung für trigono-

metrische Reihen

Weltweit wird sein 300. Geburtstag mit einem„Euler-Jahr 2007“ gefeiert, wobei die Schwer-punkte der Aktivitäten in den Städten undLändern liegen, in denen Euler gelebt hat. Hierzugehören neben Petersburg und Berlin insbeson-dere Basel. Dort wurden und werden das ganzeJahr verschiedene Veranstaltungen durchgeführt,vergl. www.euler-2007.ch.

In diesem Aufsatz wollen wir an LeonhardEuler erinnern, der Begründer vieler technischerGrundlagen aus dem Bereich der Ingenieurwissen-schaften war. Es gibt aber auch einen kleinen Be-zug zu unserer Gegend, dem Rhein-Main-Gebiet:Euler besuchte zweimal Frankfurt. Über seineerste Reise 1727 gibt es überraschenderweiseNeuigkeiten, weil der Gießener MathematikerManfred Börgens erst kürzlich zum „Euler-Jahr“einen Abschnitt in Eulers Tagebuch transkribiert,kommentiert und publiziert hat. Wir wissen daherzum ersten Mal etwas Näheres über Eulers Reisedurch Hessen auf dem Weg nach St. Petersburg inRussland.

Eine kleine Bibliographie

Das Leben von Euler ist verwoben mit der Ma-thematikerdynastie der Bernoulli, einer SchweizerGelehrtenfamilie holländischer Herkunft. Dererste war Jacob I. Er studierte Theologie in Basel,beschäftigte sich aber offenbar heimlich mit derMathematik. Nach einer ausgedehnten Reisedurch Europa zu den damaligen bedeutenden Ma-thematikern und Physikern übernahm er ab 1687

den Lehrstuhl für Mathematik an der UniversitätBasel.

Eulers Vater – Paul Euler – hatte an der Univer-sität Basel ebenfalls Theologie studiert, abergleichzeitig die Vorlesungen von Jacob Bernoullibesucht. Daher war er in der Mathematik bewan-dert und schätzte sie. Euler schreibt selbst ineiner kurzen Autobiographie (vergleicht Fellmann1995), dass er „bey Zeiten“ von seinem Vater denersten Unterricht – auch in Mathematik – erhielt.Leonhards erstes mathematisches Buch war die„Coss“ und die „Algebra“ in der Ausgabe vonMichael Stifel – ein sehr schwieriges Buch indiesem Alter.

Im Geburtsjahr Eulers war Jacob Bernoulli be-reits gestorben und sein Bruder Johann I. über-nahm den Lehrstuhl in Basel. Er beschäftigte sichinsbesondere mit Anwendungen des neuen Infini-tesimalkalküls in der Mechanik und Hydraulik.

Im achten Lebensjahr schickte man Leonhardin die Lateinschule nach Basel. Dort lebte er beiseiner Großmutter mütterlicherseits. Das Gymna-sium war offensichtlich in einem schlechten Zu-stand – beispielsweise wurde die Mathematik aufAntrag der Bürgerschaft gestrichen. Wie vieleandere Eltern engagierte Paul Euler für seinenSohn einen Privatlehrer, den jungen TheologenJohannes Burckhardt, der ein begeisterter Ma-thematiker war und als der „Lehrmeister desgroßen Euler in der Mathematik“ (nach DanielBernoulli, zweiter Sohn von Johann I.) bezeich-net wurde. Mit dreizehn wechselte Euler in dieUniversität und im Herbst 1723 erlangte er die

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Magisterwürde. Gleich danach immatrikulierte ersich an der theologischen Fakultät, jedoch lagsein Hauptinteresse nach wie vor bei den höherenVorlesungen Johann Bernoullis. Euler wurde einenger Freund der Familie und konnte jeden Sonn-abend seinen Lehrer besuchen und ihm dieSchwierigkeiten vorlegen, vor denen er währendder Woche stand.

St. Petersburg

Der russische Zar Peter der Große hatte 1724 denPlan, eine Akademie der Wissenschaft zu gründen.Seine Witwe Katharina I. führte die Pläne letzt-endlich aus und ein Jahr später wurden die Söhnevon Johann Bernoulli – Nikolaus und DanielBernoulli – nach Petersburg gerufen, die beide

Eine Arbeit von Euler aus der Basler Zeit ist besonders ausunserer Sicht interessant. Die Pariser Akademie stellte imJahr 1726 die öffentliche Preisfrage, wie die günstigste Be-mastung eines Schiffes wäre. Er beteiligte sich an dieserPreisaufgabe, obwohl er, außer den Frachtschiffen auf demRhein, noch nie ein Schiff auf dem Meer gesehen hatte. Eu-lers Arbeit wurde mit dem zweiten Platz bedacht.Im Jahr 1753 fragte die französische Akademie der Wissen-schaften erneut, wie „die Wirkung des Windes beim Antriebvon Schiffen zu ersetzen“ sei.Daniel Bernoulli und Euler reichten lange Traktate ein, wo-bei Bernoulli gewann. Aber auch Eulers Text wurde publi-ziert, weil er viele Neuigkeiten enthielt. Beispielsweise hatEuler zum Antrieb von Schiffen eine Schiffsschraube zumersten Mal herangezogen. Er hatte auch das Prinzip des

Rückstoss verbessert, dieheute bei den Jetskis – ei-ner Art Wassermotorräder –,aber auch in großen Schif-fen verwendet wird, wenndiese in untiefen Gewässernfahren müssen (siehe auchFrans Cerulus (2007)).Grundlage dieser eingereich-ten Preisfrage war die Hydro-mechanik, die von Euler ineiner großen Arbeit über die„Schiffstheorie“ („Scientianavalis“), die in zwei Bänden1749 veröffentlicht wurde.

„Im ersten Band behandelt Euler die allgemeine Gleichge-wichtstheorie schwimmender Körper und studiert – damals einNovum – Stabilitätsprobleme sowie kleine Schwingungen in derNachbarschaft des Gleichgewichtszustands. (...) Der zweiteBand bringt Anwendungen der allgemeinen Theorie auf denSpezialfall des Schiffes. Mit der Scientia navalis hat Euler sozu-sagen eine neue Wissenschaft begründet und auf die Entwick-lung der Seefahrt sowie des Schiffsingenieurwesens nachhaltigeingewirkt.“ (aus der Bibliographie von Fellmann (S.45))Im Unterschied zu der Publikation bei der Preisfrage 1753richtete sich die Scientia navalis an den Wissenschaftler undwurde kaum von den Praktikern verstanden und verwendet.Daher publizierte Euler ein weiteres Buch im Jahr 1773 infranzösischer Sprache unter dem Titel „Théorie complette dela construction et de la manoeuvre des vaisseaux“, das praxis-

nah war und großen Erfolg hatte: Euler bekam vom französi-schen König für die Einführung des Buches an den Marine-schulen eine Belohnung in Höhe von 6000 Livres.Die Formeln und Berechnungen Eulers gehören bis heutezum Rüstzeug der Konstrukteure, Statiker und Schiffsbauer.Deshalb hat er es wohl auch zum Comic-Helden geschafft:„Leonhard – ein Mann, mit dem man rechnen kann“ (ISBN:978-3-7643-7779-3, Birkhäuser Verlag, 2007)

Beiträge Eulers zur Schiffstheorie

Freunde von Euler waren. Er selbst erhieltgleichfalls das Angebot nach Petersburg zu kom-men, das er mit Freude annahm.

Per Schiff, mit der Postkutscher und zu Fußerreichte er im Mai 1727 – nach siebenwöchigerReise – St. Petersburg.

Dort änderte sich jedoch die politischeSituation, weil eine Woche vorher die Kaiserin Ka-

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tharina I. gestorben war. Seine akademischen Er-nennungen waren zunächst in Schwebe und manberief ihn aufgrund seiner Preisschrift aus derPariser Akademie im Jahr 1726 zur Bemastungeines Schiffes in die russische Flotte, bevor er be-soldetes Mitglied der Akademie wurde. Nach derRückreise seines Freundes Daniel Bernoulli imJahre 1733 nach Basel erhielt er dessen Mathema-tikprofessur.

Euler in Frankfurt

Euler hat bei seinen Reisen Frankfurt zweimal be-sucht: einmal während seiner oben erwähntenReise von Basel nach St. Petersburg und noch ein-mal 1750, um seine verwitwete Mutter nach Berlinzu holen, die ihrerseits von Basel kommend nachFrankfurt reiste.

Die erste Reise begann am April 1727 inBasel. Er fuhr zunächst mit einem Schiff denRhein hoch und erreichte Tage später Mainz.Von dort fuhr er in einer Postkutsche über Fried-berg, Wetzlar nach Marburg, wo er den damals be-rühmten Philosophen und NaturwissenschaftlerChristian Wolff besuchte. Einen Tag später führteseine Reise weiter, über Hannover, Hamburg nachLübeck, wo er ein Schiff in Travemünde bestiegund an Wismar, Rostock und Reval vorbei zurFestungsinsel Kronstadt. Mit einem Boot erreichteer nach kurzer Überfahrt das Festland. Dort ge-langte er zu Fuß nach St. Petersburg.

Daniel Bernoulli hatte vorher nach Basel ge-schrieben, was er mitbringen solle und was uns

heute schmunzeln lässt (zitiert aus www.euler-2007.ch/tafeln, einem Projekt der Alten Kanton-schule Aarau, A21):„15 Pfund Kaffee, 1 Pfund vom besten grünen Tee,sowie ½ dutzend bouteilles gutes dantziger brannt-weins, 12 dutzend feine tabacpfeifen und etlichedotzend cartenspiele.“

Die eben beschriebene Reiseroute ist aus EulersBibliographien gut bekannt (siehe aus der Biblio-graphie von Fellmann). Frankfurt ist dabei nichterwähnt, obwohl man die Vermutung haben könn-te, dass seine Route in dieser Zeit über Frankfurtführte. Eine Anfrage des Autors an das Institut fürStadtgeschichte in Frankfurt am 21.6.2007 führtezu keinen weiterführenden Informationen (sieheim Kasten).

Euler hatte auf dieser Reise Tagebuch geführt,das heute im Archiv der Akademie der Wissen-schaften in St. Petersburg aufbewahrt wird. An-lässlich des 250. Geburtstags von Euler wurde es1957 von einem russischen Wissenschaftler er-wähnt und in einem Tagungsband einige Seitenfaksimiliert, die die Reiseroute zwischen Frankfurtund Einbeck (südliches Niedersachsen) beschrieb.Auf diese Publikation ist der Giessener Mathe-matikprofessor Manfred Börgens wieder unlängstgestoßen. Er hat dieses nur sehr schwer lesbareDokument transkribiert (siehe Abb. 1 auf Seite 26)und hat es zum Eulerjahr zusammen mit JürgenWagner von der Wetterauer Zeitung unter demTitel „Zu Friedberg aß ich zu Mittag. LeonhardEulers Reise durch die Wetterau 1727“ als Fried-berger Hochschulschriften Nr. 17 veröffentlicht.Man findet diese Schrift auch im Internet. (Linksiehe Literaturverzeichnis)

Dabei stellte sich heraus, dass die Tagebuchein-tragung vom 11. und 12. April 1727 während sei-ner Reise durch Hessen ein echtes Fundstück istund bisher in keiner Euler-Biographie erwähntwurde. Wir zitieren aus dieser Hochschulschrift:

„Euler schrieb mit Bleistift, der an vielen Stellenverwischte. Er hielt das Tagebuch während der un-ruhigen Kutschfahrt offenbar auf den Knien.Dennoch lässt sich entziffern, was er über seineFahrt durch unsere Region schrieb. Es ist nur we-nig, aber dennoch ein interessantes historischesDokument. So fällt auf, dass Euler – ganz Mathe-matiker – die Streckenlängen und die Kosten derPostkutschenfahrt akribisch notiert. Friedberg liegt

Sehr geehrter Herr Dr. Kirsten,zu Leonhard Euler haben wir leider nur eine Mappe mitZeitungsausschnitten, in der sich ein Abdruck zweierBriefe des Sohnes Johann Albrecht Euler von 1771 und1781.Die Artikel zu Leonhard Euler aus der Allgemeinen Deut-schen Biographie (6. Bd. S. 422-431) und der Neuen Deut-schen Biographie (4. Bd. 1959. S. 688-689) kennen Sie si-cherlich.Archivalien zur Person haben wir leider überhaupt nichtfinden können. Meldeunterlagen gibt es für die Zeit vor1868 nicht. Die Torbücher, in denen der Ein- und Ausgangvon Personen durch die Stadttore verzeichnet wurde, exi-stieren nicht mehr.

Mit freundlichen GrüßenIm AuftragVolker Harms-ZieglerInstitut für StadtgeschichteMünzgasse 960311 Frankfurt

Leonhard Euler

5.

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demnach von Frankfurt eineinhalb Posten entfernt,die Kosten für diese Etappe betrugen eineinhalbGulden („florin). Ein stolzer Preis, bekam mandoch beispielsweise 1715 für zwei Gulden an-nähernd einen Sack Getreide.“

Folgende Stationen (siehe Abb. 2) in Deutsch-land durchreiste Euler (aus Börgens/Wagner):05.-9.4. Basel – Mainz auf einem Rheinschiff09.4. Fähre über den Rhein nach Mainz-Kastel10.4. Frankfurt

Abb. 1: Aus dem Tagebuch Eulers(in der Transkription von Börgens/Wagner)

11. Reiseten wir von Frankfortum 8 uhr weg, auf Friedberg.Welche frühere Reichsstadt 1½Posten von Frankfort entferntist und also mich kostete 1½fl. Zu Friedberg aß ich zu Mittag.Von dar nahmen wir die Postauf Buzbach, ein ½ Post derWeg, und kostet ½ fl. Von darweiter auf Wetzlar 1 Postdahin kostet 1 fl., dar wir zuNacht aßen und übernachteten.12. Um 9 uhr verreiseten wir nachGießen, 1 Posten kost 1 fl. Vondar nach Marburg, 1½ Post,da ich bey H. Pr. Wolf meineAufwartung machte. Kost 1½,von dar nach Gosberg 1¼Post weit, kostet 1½ fl, da wirübernachteten.

11.4. mittags Rast in Friedberg11.4. Wetzlar12.4. mittags Rast in Marburg (bei Prof. Wolff)12.4. Josbach (Euler schreibt fehlerhaft Gosberg)13.4. Hannoversch Münden14.4. Alfeld15.4. Aufenthalt in Banteln (Kutschschaden)15.4. Hannover16.4. Wietzendorf17.4. Bergedorf18.4. Hamburg (Aufenthalt)

Abb. 2: Eulers Reiseroute in Deutschland von Baselnach Travemünde (aus der Hochschulschrift vonBörgens/Wagner).

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23.4. Weiterfahrt24.4. mittags Rast in Schönberg24.-25.4. Lübeck26.-28.4. im Hafen von Travemünde

an Bord des Schiffs nach Reval

Die Route von Mainz-Kastelnach FrankfurtDen ersten Tag des Landwegs – am 10.April 1727 –von Mainz-Kastel nach Frankfurt können wir sehrgut rekonstruieren, weil diese alte Handelsstraßegut bekannt ist. Auf der einen Seite war dieserHandelsweg als eine viel befahrene Ost-West-Ach-se von Wien nach Brüssel (und weiter nach Hol-land) eingebunden. Auf der anderen Seite war derörtliche Verkehr zwischen Mainz und Frankfurtdamals schon gut frequentiert, denn Mainz istdurch den Rhein an einer europäischen Haupt-verkehrsader gelegen, während Frankfurt amKreuzungspunkt wichtiger Handelsstraßen liegt.

So hat Euler am 10. April 1727 sehr wahr-scheinlich um acht Uhr morgens Mainz-Kastel ver-lassen und hat – vorbei an den Weinbergen – nacheiner knappen Stunde Hochheim erreicht. Durchdie Mainzer Straße in der heutigen Altstadt ist ervon Hochheim nach Wicker und Weilbach weitergefahren. Dann folgte das Städtchen Hattersheim,das etwa zwischen Mainz und Frankfurt liegt. DieFürsten von Thurn und Taxis hatten hier einekaiserliche Reichpoststation errichtet, bei derauch die Pferde gewechselt wurden. In der Blüte-zeit wurden jährlich in Hattersheim bis zu 72.000

durchziehende Pferde zusammen mit den Wagenund Kutschen versorgt. Hier hat auch Euler ver-mutlich in diesem Posthof oder in einem derbenachbarten Gasthäuser zu Mittag gegessen.

Nach Hattersheim kam das Städtchen Höchst,das heute zu Frankfurt gehört. Euler ist durch dieheutige Bolongarostraße gefahren, die als Haupt-straße durch die Altstadt führte.

Der nächste Ort war Nied, der wegen derBrücke über den Fluss Nidda eine besondere Be-deutung hat. Die Stadt Frankfurt unterhielt dieseBrücke zur Sicherheit des Messeverkehrs langeZeit, und besaß auch das Brückenrecht.

Auf der Mainzer Landstraße ist Euler am Nach-mittag an der Galluswarte angekommen, die Teilder ehemaligen äußeren Stadtbefestigung – der sogenannten Frankfurter Landwehr – war. Wenigspäter ist er durch das Taunustor nach Frankfurtund hat hier in einem uns unbekannten Gasthofübernachtet, um am nächsten Morgen weiter nachFriedberg zu reisen.

Zweite ReiseEulers zweite Reise nach Hessen führte direkt nachFrankfurt. Sein Vater Paul Euler war im März 1745gestorben und Euler holte jetzt seine Mutter nachBerlin. Sie kam ihm aus Basel den Rhein hinunterentgegen und er traf sie zum ersten Mal wiedernach 23 Jahren im Juni 1750 in Frankfurt. In-gesamt dauerte diese Reise 20 Tage. In der Hoch-schulschrift von Börgens/Wagner werden auch dieverschiedenen hessischen Reisestationen beschrie-

ben: auf der Hinreise fuhr Euler über Kassel nachFrankfurt und zurück über Hanau und Fulda u.a.Frankfurt war der südlichste Punkt seiner Reise. Inseine Geburtsstadt Basel kam er übrigens niemalszurück. Leonhard Euler starb am 18. September1783 in St. Petersburg an einem Schlaganfall.

LiteraturManfred Börgens, Jürgen Wagner (2007) „Zu Fried-berg aß ich zu Mittag“. Leonhard Eulers Reisedurch die Wetterau 1727. Friedberger Hochschul-schriften Nr. 17. Siehe auch im Internet:dok.bib.fh-giessen.de/opus/volltexte/2007/3766/pdf/FriedbergerHochschulschrift17.pdf

Frans Cerulus (2007) Über die Mechanik vonSchiffen. Aus: Uni Nova, „300 Jahre LeonhardEuler“, Wissenschaftsmagazin der UniversitätBasel, 105.

Emil A. Fellmann (1995) Euler. Rowohlt.(Anmerkung d. Verf.: Die deutsche Bibliographieist im Buchhandel vergriffen, die englische Über-setzung ist allerdings erst 2007 erschienen.)

Fritz Nagel (2007) Leonhard Euler und die Wonnender Wissenschaft. Begleitheft zur Ausstellung inder Universitätsbibliothek Basel,www.euler-2007.ch/ausstell.htm

Elena S. Pini (Zeichnungen), Andreas K. Heyne, AliceK. Heyne (Text) (2007) Leonard Euler – Ein Mann mitdem man rechnen kann. Birkhäuser Verlag.

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Der Förderkreis Industrie- und Technikgeschichtee.V. ist im Vereinsregister beim AmtsgerichtFrankfurt am Main unter der Nr. 8966 einge-tragen. Der Verein verfolgt steuerbegünstigtegemeinnützige Zwecke.Steuer-Nr.: 04525068845-K 32Finanzamt Frankfurt am Main – Börse

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