forum b2 - gate- · pdf filehellmann, universität hamburg liebe kolleginnen und...

14
Internationalisierung der Hochschulen Neue Studiengänge und Initiativen auf dem Prüfstand Referenten: Inge Knudsen European University Association (EUA), Brüssel Professor Dr.Tassilo Küpper Rektor der Universität zu Köln Professor Dr.Walter Schmitz Leiter des Lehrzentrums für Sprachen und Kulturen, Technische Universität (TU) Dresden Professor Hermann-Josef Buchkremer Rektor der Fachhochschule (FH) Aachen Moderation: Dr. Jochen Hellmann Universität Hamburg Thema Die Hochschulen haben in den letzten Jahren massive Anstrengungen unternommen, um die Beschlüsse von Bologna zur Errichtung eines europäischen Hochschulraums umzusetzen und die Hochschulen internationaler und damit attraktiver zu machen. Allein die Einführung der neuen gestuften Abschlüsse Bakkalaureus/Bachelor und Magister/Master,das Anbieten einiger „auslandsorientierter Studiengänge”oder einiger Kurse in Englisch reichen allerdings nicht aus, um eine Hochschule als „international” zu bezeichnen.Welche Internationalisierungsstrategien und -instrumente können erfolgreich eingesetzt werden und wie können Hochschulen die Qualität ihrer internationalen Angebote sichern? 95 Qualität und Wettbewerb Forum B 2

Upload: duongdat

Post on 06-Feb-2018

216 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

Internationalisierung der Hochschulen Neue Studiengänge und Initiativen auf dem Prüfstand

Referenten:

Inge KnudsenEuropean University Association (EUA), Brüssel

Professor Dr. Tassilo KüpperRektor der Universität zu Köln

Professor Dr. Walter SchmitzLeiter des Lehrzentrums für Sprachen und Kulturen,Technische Universität (TU) Dresden

Professor Hermann-Josef BuchkremerRektor der Fachhochschule (FH) Aachen

Moderation:

Dr. Jochen HellmannUniversität Hamburg

Thema

Die Hochschulen haben in den letzten Jahren massive Anstrengungen unternommen, um die

Beschlüsse von Bologna zur Errichtung eines europäischen Hochschulraums umzusetzen und

die Hochschulen internationaler und damit attraktiver zu machen. Allein die Einführung der

neuen gestuften Abschlüsse Bakkalaureus/Bachelor und Magister/Master, das Anbieten einiger

„auslandsorientierter Studiengänge”oder einiger Kurse in Englisch reichen allerdings nicht aus,

um eine Hochschule als „international” zu bezeichnen. Welche Internationalisierungsstrategien

und -instrumente können erfolgreich eingesetzt werden und wie können Hochschulen die

Qualität ihrer internationalen Angebote sichern?

95Qualität und Wettbewerb

Forum B2

Page 2: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

Hellmann, Universität Hamburg

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Damen und Herren,

in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten. Der Sorbonne-Bologna-Prag-Prozess einer-

seits und die Debatte um die Attraktivität des Studienstandortes andererseits haben vieles in

Frage gestellt, was kürzlich noch für die Ewigkeit festgeschraubt schien.

Ein Blick in die Bologna-Erklärung zeigt Hauptfelder der Wandlung:

Die Einführung eines international kompatiblen, zweistufigen Systems. Hier sind, was Deutsch-

land betrifft, die erstaunlichsten Fortschritte erzielt worden.

Ein Leistungspunktsystem, das die Anerkennung von im Ausland erbrachten Studienleistungen

fördern soll. Es sind viele Ansätze, viele Modelle produziert worden, ein flächendeckendes Sys-

tem liegt aber noch in weiter Ferne.

Die Forderung nach weiter gehendem Abbau von Mobilitätshindernissen.Dieses Postulat bleibt

unkonkret, jeder ist dafür, aber niemand kann exakte Handlungsanleitungen definieren.

Es wäre sinnvoll, wenn wir zusätzlich ein paar ebenso wichtige, nicht ausreichend im Vorder-

grund stehende Aspekte der Internationalisierung in die Debatte einbeziehen könnten:

- Die überfällige Internationalisierung bei den Lehrenden, die eventuell wichtiger ist als jedes

Mobilitätsprogramm. Ist es wahr, dass noch heute Professoren neu berufen werden, folglich

in den nächsten 30 Jahren das Feld beherrschen, die weder im Ausland gelebt haben, noch in

einer Fremdsprache lehren können?

- Welche Rolle spielt die Internationalisierung als Parameter für leistungsbezogene

Ressourcen-Verteilung?

- Die Rolle der Sprache: Meines Erachtens ist die Förderung englischsprachiger Lehrveranstal-

tungen nicht nur kein Einknicken vor angelsächsischer kultureller Dominanz, sondern sogar

ein Beitrag zur Verteidigung anderer, sekundärer Wissenschaftssprachen, da das Studieren im

nicht-englischsprachigen Ausland nur dann massenhaft als Alternative gesehen wird, wenn

der Unterricht zunächst in Englisch erfolgt.

Mit diesen wenigen Aspekten will ich es zunächst bewenden lassen. Die Vortragenden sollen

Gelegenheit erhalten, ihre Gesichtspunkte ausführlicher darzustellen.

Knudsen, EUA

Ich möchte mich auf drei Themen konzentrieren, die ich für die Internationalisierung der

Hochschulen als vorrangig bewerte:

- Qualitätssicherung

- Umgang mit Studienabbrechern

- Berücksichtigung der demographischen Entwicklung

1. Eine seriöse Qualitätssicherung in den Hochschulen hinsichtlich der Studienangebote ist

unverzichtbar für die weltweite Anerkennung. Denn nur wer seine Angebotsstruktur

transparent macht, kann mit anderen international verglichen werden. Durch die Wechsel-

wirkung von Angebot und Nachfrage können Hochschulen ihre Leistungen derart weiter-

entwickeln, dass sie der Nachfrage angepasst sind.

96 Hochschulmarketing im Aufbruch

Forum B2

Werden noch heute

Professoren eingestellt,

die weder in einer

Fremdsprache

unterrichten können,

noch im Ausland

gelebt haben?

Page 3: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

2. Etwa ein Drittel aller Studierenden verlässt die Hochschulen ohne Abschluss, das heißt völlig

ohne Dokumentation der bis dahin erbrachten Leistungen. Die Bologna-Deklaration sieht

vor, dass Leistungspunktsysteme eingerichtet werden. Solche Systeme könnten jede Stu-

dienleistung dokumentieren, unabhängig davon, ob ein Grad erworben wird oder nicht.

Leistungspunktsysteme ermöglichen unterschiedliche Lebensläufe mit Bildungs- und

Weiterbildungsabschnitten zu unterschiedlichen Zeiten. Es sollte auf jeden Fall zugleich

darauf hin gewirkt werden, dass ein hoher Prozentanteil der Hochschulbesucher einen ersten

Abschlussgrad, wie etwa den Bachelor, erwerben kann.

3. Die demographische Entwicklung wird dazu führen, dass die Hochschulen im Gegensatz

zu den steigenden Studierendenzahlen in den 60er und 70er Jahren künftig mit sinkender

Nachfrage konfrontiert sind. In den 70er Jahren wurden zwar Reformen an den Hochschulen

durchgeführt und die Hochschulen demokratisiert, die Lehrpläne und die Studienstrukturen

jedoch sind weitgehend unverändert geblieben. Die Hochschulen müssen – gerade in Zeiten

des Fachkräftemangels – ihre Attraktivität erhöhen, um weiter gute Studierende, Wissen-

schaftler und Forscher anzuziehen beziehungsweise auch zu halten.Denn der Bedarf an hoch

qualifiziert ausgebildeten Arbeitskräften wird weiter zunehmen, insbesondere interdiszipli-

när ausgebildete Menschen mit der Bereitschaft, sich fortlaufend weiter zu qualifizieren,

werden gebraucht. Das heißt: Keine Weiterentwicklung ohne neue Lehrpläne, die den Anfor-

derungen eines modernen Arbeitsmarktes angepasst sind.

Die Hochschulen müssen sich neue Studierendengruppen erschließen, beispielsweise ältere

Menschen oder Berufstätige, die sich parallel zum Erwerbsleben weiter qualifizieren.

Die Erklärung von Bologna (beziehungsweise Prag) zielt insgesamt darauf, Transparenz im

Bildungssystem zu schaffen und nicht zu homogenisieren. Durch Vielfältigkeit entsteht nicht

nur Identität, sondern auch Innovation. Europa muss als Ausbildungsort auf dem Hochschul-

niveau insgesamt attraktiver werden, damit die eigenen Akademiker und Wissenschaftler

bleiben oder zurückkommen und auch ausländische Spitzenkräfte angezogen werden. Die

Erklärung von Bologna ist meines Erachtens umsetzbar: Die Notwendigkeit enger innereuropä-

ischer Zusammenarbeit zur Umsetzung der Ideen lässt dennoch Raum für nationale Freiheiten.

Küpper, Universität zu Köln

Zum Thema Internationalisierung der Hochschulen möchte ich Ihnen heute einige Praxis-

beispiele und Erfahrungen der Universität zu Köln präsentieren. Insbesondere in unserer

Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät haben wir dazu aus Sicht der Universität

Vorbildliches geleistet; in meinem Vortrag werde ich überwiegend über diese Erfahrungen

berichten, zuvor jedoch möchte ich gerne einen kurzen Einblick in die Universität insgesamt

geben.

Bei mehr als 60.000 Studenten, von denen circa elf Prozent ausländische Staatsangehörige sind,

stellt sich die Frage, warum wir uns an einer Marketingstrategie beteiligen mit dem Ziel, noch

mehr Studenten und insbesondere ausländische Studierende anzuziehen. Bereits jetzt können

wir nicht alle Studierenden aus dem Ausland, die sich für unsere Universität interessieren,

annehmen. Gleichwohl sind wir durchaus daran interessiert, den Anteil ausländischer Studie-

render noch zu erhöhen, und wir würden es sehr begrüßen, wenn die rechtlichen Vorgaben

dementsprechend gestaltet würden.

97Qualität und Wettbewerb

Keine Weiterentwicklung

ohne neue Lehrpläne,

die den Anforderungen

eines modernen

Arbeitsmarktes

angepasst sind.

Page 4: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

An der Kölner Universität gibt es vielfältige Auslandskontakte; wir verfügen allein über 13 offi-

zielle Hochschulpartnerschaften, die durch 180 weitere Kooperationen etwa im Rahmen von

SOKRATES-/ERASMUS-Programmen ergänzt werden sowie durch circa 40 weitere fakultäts-

übergreifende Partnerschaften.Zusätzlich gibt es Kooperationen zwischen einzelnen Institutionen.

Geographisch liegen unsere gewählten Schwerpunkte in erster Linie in Mittel- und Osteuropa,

Japan, in den USA, aber in verstärktem Maße auch in China und in der Türkei. Als besondere

internationale Studiengänge haben wir beispielsweise den Deutsch-Französischen Magister-

studiengang/Maîtrise en droit français et allemand im Bereich der Rechtswissenschaften mit

der Universität Paris I Sorbonne und ein Deutsch-Französisches Studienprogramm – ebenfalls

mit der rechtswissenschaftlichen Fakultät – entwickelt. Schwerpunktmäßig möchte ich jedoch

heute über die Entwicklung der Internationalisierung an der Wirtschafts- und Sozial-

wissenschaftlichen Fakultät sprechen.

Entwicklung der Internationalisierung bis heute

An der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln ist Interna-

tionalisierung seit zwei Jahrzehnten Realität. Nicht, dass nicht vorher internationale Aktivitäten

existiert hätten: Schon vorher gab es individuelle internationale Kontakte von Fakultätsmitglie-

dern, und schon vorher gab es regelmäßigen Studentenaustausch, beispielsweise mit den USA.

Anfang der 80er Jahre jedoch begann eine neue Ära der Internationalisierung. Mit dem Beitritt

der Fakultät zu PIM (Programme for International Management), dem globalen Netzwerk

führender Wirtschaftshochschulen, setzte an der WiSo-Fakultät ein Prozess der institutionali-

sierten internationalen Kooperation ein.

Mit der Gründung von CEMS im Jahre 1988, der Community of European Management Schools,

erhielt dieser Prozess zusätzlichen Anschub und eine neue Qualität: Weiterentwicklung von

internationaler Zusammenarbeit im Rahmen einer festen Allianz.

Zusätzlich zu der sich zunehmend entfaltenden Kooperationsvielfalt zwischen den inzwischen

17 CEMS-Universitäten und vielen Unternehmen wurden in den vergangenen Jahren weitere

internationale Studienprogramme eingerichtet und die Art und Zahl der internationalen Bezie-

hungen stark ausgebaut.

Im Zuge des Internationalisierungsprozesses haben diese Aktivitäten bis heute eine zuneh-

mende Strukturierung, Institutionalisierung und fakultätsweite Koordination erfahren. So

wurde während der vergangenen zehn Jahre das Zentrum für Internationale Beziehungen (ZIB)

der WiSo-Fakultät aufgebaut, das die internationalen Aktivitäten fakultätsweit koordiniert. Das

ZIB funktioniert als zentrales Organ für die Gestaltung und Weiterentwicklung der internatio-

nalen Beziehungen. Dabei liegen die Prioritäten auf:

- internationalen Studienprogrammen,

- institutioneller Mitgliedschaft in renommierten Netzwerken,

- ausgewählten bilateralen Beziehungen mit erstklassigen Universitäten weltweit,

- internationaler Unternehmenszusammenarbeit,

- innovativen Formen der interuniversitären Kooperation.

98 Hochschulmarketing im Aufbruch

Forum B2

Das Zentrum für

Internationale

Beziehungen

koordiniert die

internationalen

Beziehungen

der WiSO-Fakultät.

Page 5: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

Die Verwirklichung dieser Ziele ist nur möglich, wenn sie durch entsprechende Dienstleistun-

gen – für Fakultätsmitglieder, in- und ausländische Studierende, ausländische Kooperations-

partner und internationale Unternehmen – unterstützt wird. Um die Dimension der in Köln zur

Verfügung stehenden professionellen Infrastruktur zu veranschaulichen, soll die breite Palette

von Dienstleistungen, die die Fakultät im Zentrum für Internationale Beziehungen bietet, kurz

geschildert werden:

Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter nutzen das ZIB als Informationsquelle über

internationale Kontakte und potenzielle Kooperationspartner. Sie finden hier ebenfalls die

Infrastruktur und Hilfestellung für die Vermittlung von Forschungsaufenthalten und Gastvor-

trägen im Ausland, für die Einladungen an ausländische Kollegen nach Köln. Besonders erfolg-

reich war das ZIB in der Vermittlung von internationalen Projektpartnern für gemeinsame

Forschungsprojekte und für die gemeinsame Entwicklung von Lehrveranstaltungen.

Ausländische Gaststudenten können sich auf die Wohnungsvermittlung und administrative

Unterstützung des ZIB verlassen – sie erhalten umfassende Studienberatung und genießen

die individuelle Betreuung eines studentischen Tutors. Bei der Organisation eines kulturellen

Rahmenprogramms arbeitet das ZIB eng mit der Studenteninitiative internationaler Studenten

in Köln zusammen.

Bei ihrer Suche nach Praktika oder bei einem möglichen Berufseinstieg in Deutschland bietet

das ZIB im Rahmen der strukturierten Zusammenarbeit mit Unternehmen effektive Hilfestel-

lung.

Kölner Studenten erhalten umfassende Beratung über die Möglichkeiten einer internationalen

Gestaltung ihres Studiums. Sie haben die Möglichkeit, sich für zahlreiche Studien- und Aus-

tauschprogramme zu bewerben. Studenten, die für eines der Programme ausgewählt wurden,

haben Zugang zu den von ZIB organisierten internationalen Fachveranstaltungen, zu Schulun-

gen spezieller Fertigkeiten wie Präsentations- oder Verhandlungstechniken, zu kulturellen Ver-

anstaltungen, zu speziellen Sprachkursen und zu Unternehmenspräsentationen. Mit einer den

Unternehmen zugänglichen Datenbank, mit einem elektronischen Job-Markt, mit Praktikaver-

mittlung, mit von Unternehmen ausgerichteten Schulungen und mit der Vermittlung von

Berufseinstiegsmöglichkeiten werden für diese Studierenden Beziehungen zu international

tätigen Unternehmen hergestellt, die ihnen ganz besondere Chancen eröffnen.

In- und ausländische Unternehmen nutzen das ZIB als generelle Anlaufstelle für die Planung

ihrer Aktivitäten an der Fakultät. Unternehmen, die in internationalen Studienprogrammen

aktiv mitwirken oder international qualifizierte Absolventen rekrutieren möchten, finden hier

die geeignete Vermittlungsstelle. Besonders für die Organisation von studentischen Beratungs-

projekten, Unternehmenspräsentationen und Schulungsseminaren ist eine professionelle Infra-

struktur vorhanden. Die Datenbank mit international qualifizierten in- und ausländischen

Studierenden enthält rund 500 Lebensläufe und rundet – zusammen mit dem elektronischen

Job-Markt – die Palette der angebotenen Dienstleistungen ab.

Ausländische Universitäten und Institutionen weltweit finden im ZIB einen Dialogpartner, der

Informationen bereitstellt und recherchiert, Besuche arrangiert, Kontakte für neue Kooperatio-

nen herstellt, Kooperationsverträge gestaltet und als Vermittler von externen und internen

Kontakten dient.

99Qualität und Wettbewerb

Das Zentrum für

Internationale Beziehun-

gen versteht sich als

Serviceeinrichtung

für alle Zielgruppen.

Page 6: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

Bandbreite der internationalen Kooperationen – CEMS als Flaggschiff

Die wichtigsten internationalen Programme möchte ich im Folgenden kurz darstellen:

Seit 1970 existiert das älteste Austauschprogramm der Fakultät mit der Pennsylvania State

University, wo Kölner Studierende für ein USA-spezifisches Diplomarbeitsthema recherchieren.

Das Wahlstudium „International Management”, das allen Studierenden der Fakultät als zertifi-

ziertes sechstes Fach offen steht, bietet die Möglichkeit, international orientierte Lehrinhalte in

englischer und in deutscher Sprache zu verfolgen.

Ein bilaterales Abkommen mit der französischen Partnerhochschule HEC (Ecole des Hautes

Etudes Commerciales) ermöglicht den Austausch und die wechselseitige Betreuung von Dokto-

randen.

Im Rahmen der Mitgliedschaft in der European Doctoral Programmes Association in Manage-

ment and Business Administration (EDAMBA) können Kölner Doktoranden an speziellen euro-

päischen Seminaren teilnehmen.

Ein einheitliches europäisches PhD-Programm wird derzeit im CEMS-Verbund entworfen.

Als berufsbegleitende Fortbildung wird der Global eCommerce Master (GEM) – ein einjähriger,

zum MBA führender Studiengang – angeboten.Die inhaltliche Fokussierung auf „e-commerce”-

bezogene Themen und die globale Ausrichtung durch das geblockte Studium in verschiedenen

Teilen der Welt machen den GEM für das mittlere Management in deutschen Unternehmen

besonders attraktiv.

In Kooperation mit der türkischen Anadolu-Universität, die weltweit die meiste Erfahrung mit

Fernstudien aufzuweisen hat, wird derzeit speziell für Kölner Studenten mit türkischem Famili-

enhintergrund ein Studienprogramm „Türkische Management Studien” entwickelt. Hier sollen

die Studierenden durch spezifische türkischsprachige Lehrveranstaltungen, Auslandsstudium

und Praktikum bei türkischen Niederlassungen deutscher Unternehmen in die Lage versetzt

werden, auch auf beruflicher Ebene die türkisch-deutschen Beziehungen zu stärken.

Im PIM (Programme for International Management) sind weltweit 50 führende Wirtschafts-

hochschulen und -fakultäten vereint, die das Netzwerk als Plattform für bilaterale Vereinbarun-

gen über einen Studenten- und Dozentenaustausch nutzen.

Die bei weitem umfassendste und dynamischste Kooperation der Fakultät ist die CEMS-Allianz

– die Community of European Management Schools. Mit der gemeinsamen Entwicklung und

Positionierung eines strukturierten paneuropäischen European Masters Programm, der Einrich-

tung eines Europäischen Forschungszentrums für Management und den jüngsten Plänen für

ein europäisches PhD-Programm ist sie für alle Mitglieder von strategischer Tragkraft.

Mit CEMS gehen wir im europäischen Verbund zukunftsweisende Wege: Die Mitglieder schla-

gen die Brücke zwischen Universitäten und Unternehmen, erfassen die interdisziplinäre multi-

nationale Pluralität in Europa und nutzen die Möglichkeiten der neuen Medien zur Bildung

einer interaktiven Plattform für Forschung und Lehre.

100 Hochschulmarketing im Aufbruch

Forum B2

Page 7: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

Besonderheiten der CEMS-Kooperationen

Die 17 CEMS Universitäten und rund 60 CEMS Unternehmen zeichnen gemeinsam verantwort-

lich für die Gestaltung von europäischen Kooperationsfeldern.

Das CEMS Programm wird seit zwölf Jahren erfolgreich betrieben und ab dem kommenden

Wintersemester als neu strukturiertes einjähriges „European Masters Programme in Internatio-

nal Management” angeboten.

Dazu gehören ebenfalls das Europäische Forschungszentrum, das derzeit auf der Grundlage

einer umfassenden Datenbank zu einer internetbasierten interaktiven Kooperationsplattform

entwickelt wird und das PhD-Programm, das den wissenschaftlichen Nachwuchs in Verbindung

mit dem heimischen Promotionsstudium, direkt für Lehrtätigkeiten im europäischen Kontext

qualifiziert.

Das European Masters Programme zeichnet sich durch folgende Faktoren aus: abgestimmte

Curricula, internationale Dimension, Interdisziplinarität, innovative Lehrmethoden, Unter-

nehmenskooperation, Einsatz neuer Medien, englischsprachige Lehrveranstaltungen und

Master-/Bachelor-Strukturen.

Bedeutung der Internationalisierung für Fakultät und Universität

Durch die Internationalisierung der Fakultät und der Universität – und ganz besonders durch

die CEMS-Kooperation – gehen wir bedeutende Schritte auf dem Weg

- der Sichtbarkeit der Universität im globalen Kontext,

- der Stärkung der Wettbewerbsposition deutscher Studenten im sich dynamisch entwickeln-

den globalen Arbeitsmarkt,

- der Steigerung der Attraktivität der Universität für in- und ausländische Studenten,

- der Anpassung des Studienangebots an den Bedarf von Studenten und Arbeitgebern,

- der konstanten Weiterentwicklung der Qualität von Forschung und Lehre.

Schmitz, TU Dresden

Am 28. September 2001 suchte mich überraschend ein an unserem „Mitteleuropazentrum”

durch die Humboldt-Stiftung geförderter Wissenschaftler auf und teilte mir seine in der nächsten

Woche bevorstehende Abschiebung in ein östliches Nachbarland mit. Das Einwohnermeldeamt

hatte festgestellt, dass er nicht hinreichend versichert sei. Die von ihm abgeschlossene Versi-

cherung hatte den Betrag von 10.000 US-Dollar gekostet, und die Versicherungsunterlagen

lagen dem Einwohnermeldeamt vor. Diese waren jedoch auf Englisch geschrieben, und es zeig-

te sich, dass die zuständige Sachbearbeiterin dieser Sprache nicht mächtig war. Daher nahm sie

an, die Versicherung bestünde nicht, und es kam zu einer Aufforderung zur Stellungnahme, ver-

bunden mit der Androhung der Abschiebung. Diese Aufforderung wurde durch ein postalisches

Versehen nicht zugestellt, löste demnach auch keine Stellungnahme aus. Da keine Stellung-

101Qualität und Wettbewerb

Das CEMS-Programm wird

demnächst als „European

Masters Programme

in International

Management”

angeboten.

Page 8: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

nahme einging, wurde die Abschiebung verfügt. Nach etlichen Telefonaten, die auch zu einer

tieferen Einsicht in die Struktur des Einwohnermeldeamtes führten – und einem Zeitaufwand

von einem Arbeitstag (die notwendigen Gänge nicht eingerechnet) – kam es schließlich dazu,

dass die abgeschlossene Versicherung akzeptiert und der von der Humboldt-Stiftung geförder-

te Forschungsaufenthalt weiterhin ermöglicht wurde.

Ich beginne mit dieser Anekdote, weder um Heiterkeit noch um Entsetzen zu erregen. Ich

möchte nur darauf hinweisen, dass Internationalisierung der Hochschulen – und dieser Hinweis

ist zurzeit ja aktueller denn je – sich in einem gesamtgesellschaftlichen Rahmen vollzieht. In

einem politischen und gesellschaftlichen Klima, das der Internationalität nicht günstig ist, min-

dert sich die Anziehungskraft von internationalen Studiengängen und allem, was die Hoch-

schulen anbieten können, nicht unerheblich. Es mag selbstverständlich sein, aber es verdient

doch in einer ersten These festgehalten zu werden, dass Internationalisierung und vor allem

deren Qualitätssicherung komplexe Vorgänge sind, die sich nicht auf die Institution der

Hochschule beschränken lassen.

Globale Prozesse – Lokales Wissen

Es ist zum Gemeinplatz geworden, in solchen Reden auf Globalisierungsprozesse hinzuweisen,

sowohl mit einem aktuellen Akzent als auch als „argumentum ex historia”. Denn Wissen und

akademisches Leben sind ja schon immer „international” (oder genauer: überregional) gewe-

sen, von den wandernden Scholaren des Mittelalters bis zu den jettenden Nobelpreisaspiranten

von heute. Dennoch sind mindestens drei Dimensionen des Neuen zu benennen:

Die konsequente Internationalisierung der Wissensproduktion: Sie ist dank der Integration

durch neue kommunikative Möglichkeiten zu einem arbeitsteiligen Prozess im Weltmaßstab

geworden.

Dazu gegenläufig die Relokalisierung der Wissensproduktion: Sie ergibt sich als – paradoxe –

Folge aus jener Internationalisierung, die sich eben nicht nur in einem Prozess freudigen Mit-

einander-Wirkens, sondern auch in einem Prozess des harten Wettbewerbs, ja ökonomischer

Konkurrenz vollzieht. In dieser Konkurrenz geht es um Standorte und Standortvorteile. Keines-

wegs setzt jede Universität nur ihr Ziel daran, ein Knoten neben anderen in einem globalen

Kommunikationsnetzwerk zu sein, sondern sie will Kommunikationsprozesse bündeln, um ihre

eigene Exzellenz zu beweisen. Wer global agieren will, muss erst einmal lokal kenntlich sein.

Internationalisierungsstrategien haben das stets prekäre Gleichgewicht dieser auseinander

strebenden Tendenzen so effizient wie möglich auszubalancieren. Daraus entsteht eine neue

Selbstwahrnehmung, eine bewusst und zielstrebig zu entwickelnde institutionelle Identität der

jeweiligen Hochschule.

Schließlich die Kulturalisierung der akademischen Welt: Es ist evident, dass „Internationalisie-

rung” nicht nur die Mobilisierung von Wissensbeständen, sondern auch die Mobilität von Per-

sonen voraussetzt. Diese aber gehen in ihrer Funktion als WissenschaftlerInnen nicht auf. Sie

kommen als Fremde in eine Lebenswelt, die sie damit verfremden; sie verändern auch unsere

Selbstwahrnehmung in Alltagsprozessen, schärfen unseren Blick für unsere Eigenheiten und

verschaffen uns die Erfahrung, dass auch in unseren eigenen Universitäten Wissenschaften

102 Hochschulmarketing im Aufbruch

Forum B2

Internationalisierung

ist eine gesamtgesell-

schaftliche Aufgabe.

Page 9: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

zugleich lebensweltliche Kulturen im Rahmen akademischer Fächer bilden. Das Problem der

kulturellen Diversität – mit dem populären Schlagwort „Multikulturalität” – ist also nicht nur

ein Gegenstand wissenschaftlichen Interesses an modernen internationalisierten Hochschulen,

sondern es ist eine Erfahrung ihres akademischen Alltags, die in jenes eben genannte prekäre

Gleichgewicht mit einbezogen werden muss.

Damit – so will ich diese weiteren Teilthesen bündeln – müssen Strategien der Internationali-

sierung also die Bestände des Wissens, die Identität der Hochschule und den akademischen

Alltag umfassen, wenn sie im vollen Wortsinn erfolgreich sein sollen. Und die Qualitätssiche-

rung dieses Prozesses sollte in all diesen Dimensionen angemessene Strategien entwickeln –

nicht zuletzt zur Integration einer solchen Vielfalt.

Dimensionen der Internationalisierung an der Technischen Universität Dresden

Ich will im Folgenden einzelne Dimensionen jenes komplexen Prozesses, der mit dem Stichwort

„Internationalisierung” anvisiert wird, benennen und dazu einige Beispiele aus der Praxis an

der Technischen Universität Dresden geben.

Die Technische Universität Dresden hat sich früh und intensiv um eine stärkere Internationa-

lisierung bemüht. Dies mag auch mit einer Schwellensituation zusammenhängen, dem Über-

gang von der führenden Technischen Universität der ehemaligen DDR mit einer entsprechen-

den Ausstrahlung in Länder Mittel- und Osteuropas sowie der Dritten Welt zu einer modernen

Universität im bundesrepublikanischen Wettbewerb mit der Aufgabe, neue Chancen interna-

tionaler Arbeit zu nutzen.

Obwohl der Anteil der ausländischen Studierenden im Verlauf der Zeit kontinuierlich gestiegen

ist, liegt die Quote nur bei etwas mehr als sieben Prozent an der ebenfalls ansteigenden

Gesamtzahl der Studenten. Wir haben uns das Ziel gesetzt, diesen Anteil auf zehn Prozent zu

erhöhen.

Die Zahl der Bewerbungen von Ausländern gibt uns dabei Anlass zur Hoffnung: So zählten wir

zum 1. August 2001 für das anschließende Wintersemester 3.377 Bewerber, die sich jedoch nicht

alle definitiv für den Studienort Dresden entschieden. Die Gründe für diese starke Fluktuation

verweisen zugleich auf die Optimierungsansätze. Sie liegen beispielsweise in einer besseren

fachlichen und sprachlichen Ausbildung, um die Bewerbung bei uns zu einer erfolgverheißen-

den Studienaufnahme zu führen.

Zunächst aber lassen Sie mich Ihnen noch die wichtigsten Herkunftsländer präsentieren, da sie

zum einen alte Traditionen erkennen lassen – Vietnam, Bulgarien, Mongolei, vielleicht auch

China –, zum anderen aber ebenso zeigen, dass der TU Dresden der Sprung nach Westeuropa

und in die USA gelungen ist. Ich will nicht versäumen, auf die ambivalente Rolle Chinas hinzu-

weisen, denn gerade auf diesem wachsenden Segment des globalen Bildungsmarktes werden

von uns gegenwärtig besondere Anstrengungen unternommen, auf die noch einzugehen ist.

Was ist aber nun im Einzelnen zu tun? Was wurde begonnen? Was ist noch erforderlich und

steht bevor?

103Qualität und Wettbewerb

Der Anteil der

ausländischen

Studierenden soll von

sieben auf zehn Prozent

gesteigert werden.

Page 10: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

Globalisierung curricularer Strukturen

Ich will die verschiedenen Möglichkeiten, die in den letzten Jahren vielfach diskutiert und erör-

tert wurden, nicht noch einmal im Detail vorstellen. Wir alle wissen, dass ein konsekutiver

Studienaufbau mit BA- und MA-Abschlüssen das Angebot deutscher Universitäten kommuni-

kabler, transparenter und attraktiver in weiten Teilen der Welt macht. Wir wissen, dass Doppel-

diplome stabile internationale Partnerschaften begründen, und wir haben feststellen können,

dass auslandsorientierte Studiengänge sich durchweg mit Erfolg etablieren.

Ich will aber statt einer Liste der Erfolge die Probleme anführen,die sich an der Technischen Uni-

versität Dresden nach den Erfahrungen der letzten Jahre ergeben. Mit den Stichworten der cur-

ricularen Entwicklung sind bislang gleichsam nur Inseln der Internationalität benannt, die sich

allmählich in die komplex gegliederte Masse der national geprägten Tradition des Universitäts-

aufbaus hineinschieben. Dieser Prozess ist dabei bislang noch unter einer kritischen Marge

geblieben; die einzelnen Aktivitäten sind Solitäre, oft aus eigener Kraft geschaffen, oft genug

durch Förderprogramme gestützt. Zu einem – nicht allzu fernen – Zeitpunkt jedoch werden wir

klären müssen, in welchem kohärenten Zusammenhang diese Aktivitäten stehen und ob sie in

der Summe nicht eine Umwandlung der gesamten Ausbildungsstruktur an unserer Universität

erfordern. So prüfen wir gerade unter dem Aspekt der internationalen Akzeptanz und der Qua-

litätssicherung, ob die geeignete Plattform, auf der sich die neuen Studienabschlüsse und die

jeweiligen „Brücken” wie Doppeldiplome und auslandsorientierte Studiengänge koordinieren

lassen, nicht internationale Netzwerkbildungen sein müssten. In einer verstetigten, nachhalti-

gen Zusammenarbeit zwischen Universitäten vergleichbaren Ranges und kompatibler Zielset-

zungen sollte die Mobilität über Grenzen hinweg geregelt werden.

Internationalisierung der akademischen Praxis und Lebenswelt

Dabei gilt selbstverständlich, dass Internationalisierung keine Einbahnstraße sein darf, die von

draußen nach drinnen führt. Internationalisierung ist, über die Organisation der Curricula

hinaus, deshalb auch eine Frage der Inhalte und der Präsentations- und Ausbildungsformen vor

Ort, sie greift in die akademische Praxis in der Universität ein.Dazu gehört die Einheit von Mobi-

lität und Treue, die wir uns von unseren Studierenden wünschen: Sie sollen die TU Dresden zu –

gut geplanten – Auslandsaufenthalten verlassen, sollen zurückkehren, das akademische Leben

mit ihren Erfahrungen bereichern und nach dem Examen (oder Doppeldiplom) zu verlässlichen

und hilfreichen Alumni der TU Dresden werden. Dazu müssen wir das Auslandsteilstudium voll

kompatibel machen, und zwar durch ein Credit Point-System und durch ein individuelles

„Learning Agreement“ in jenen Netzwerken, die sich allmählich herausbilden. Wir stellen die

Transparenz der Ansprüche wie die der Leistungen durch ein allgemein gültiges „Diploma

Supplement“ her.

Die Gewinnung von Internationalität der berufsorientierenden Erfahrung wird durch Praktika

ermöglicht. Zu unserer Infrastruktur gehört deshalb das Leonardo-Part-Büro Sachsen, das

Praktika in großem Ausmaße vermittelt und dazu auch entsprechende Drittmittel einwirbt.

Eine Voraussetzung für derartige Aktivitäten der Studierenden sind stets die Kenntnisse von

Fremdsprachen und kultur- und landeskundlichen Zusammenhängen. Auch dazu unternimmt

die Technische Universität Dresden beträchtliche Anstrengungen. Sie hat ein „Mitteleuropazen-

trum für Staats-, Wirtschafts- und Kulturwissenschaften” eingerichtet, das forschungsintensiv

ist, zugleich aber auch große Pilotprojekte akademischer Lehre durchführt, beispielsweise die

Einrichtung eines „Zentrums für Deutschland- und Europastudien” an der Universität von Sofia.

104 Hochschulmarketing im Aufbruch

Forum B2

Einzelne

„Internationalisierungs-

Inseln” genügen nicht.

Page 11: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

Die Universität verfügt über ein breit ausgebautes Fachsprachenzentrum, daneben über Zen-

tren für den ostasiatischen und den lateinamerikanischen Raum, und sie verlangt von jedem

Studierenden vier Semesterwochenstunden Pflichtfremdsprachenunterricht und gewährt bis

zu sechs Semesterwochenstunden zusätzlichen kostenlosen Fremdsprachenunterricht. Wir

können übrigens, auch wenn sich die Sprache der Wissenschaften vereinheitlicht, aus unseren

Erfahrungen mit den östlichen Nachbarländern die Bevorzugung einer Unterrichtssprache

Englisch nicht in jedem Fall teilen. Ich sage dies ausdrücklich mit der zusätzlichen Bemerkung,

dass sich hier kein Ressentiment gegen eine Lingua franca Englisch verbirgt, sondern dass es

mir nur um ein Plädoyer für eine fallädaquate Lösung geht.

Diese Details fügen sich zu einem Bild der Studierenden, in dem sich der scharfe Unterschied

von Ausländern und Inländern auflöst in ein Bündel von Differenzen, Begegnungen, Gruppie-

rungen. Im Blick auf jene, die zu uns kommen, erwähne ich hier nur das „Link Partner-

Programm”, das jeweils einen ausländischen mit einem einheimischen Studierenden verbindet,

der als persönlicher Ansprechpartner zugeordnet wird. Nach meiner Überzeugung dürfen wir

keine Mühe scheuen, um aus unserer Universität einen Ort des gemeinsamen Lebens in kultu-

reller Vielfalt zu machen – heute mehr denn je.

Wie uns Globalisierungsprozesse auch zunehmend in der Berufspraxis zum lebenslangen

Lernen zwingen, so wächst damit auch den Universitäten die größere Aufgabe zu, durch

Weiterbildungsprogramme internationales lebenslanges Lernen zu ermöglichen. In diesem

Bereich ist die Technische Universität Dresden durch zwei Institutionen – das „Europäische Insti-

tut für postgraduale Studien” (EIPOS) und die TUDIAS GmbH (Technische Universität Dresden

Institute of Advanced Studies) – tätig. Beide Institute arbeiten inzwischen eng zusammen und

bieten europäische Diplome in den entsprechenden Netzwerken an, parallel dazu in zuneh-

mendem Maße auch Masterprogramme, deren Qualitätsbewertung und Akkreditierung zu

einer ständig anwachsenden Aufgabe im Rahmen der universitären Strategie wird.

Profilbildung im internationalen Feld

Es geht keineswegs darum, dass jeder an jedem Ort versucht, alles zu tun. Vielmehr fordern

gerade die internationale Zusammenarbeit wie auch der internationale Wettbewerb ein Profil

des Besonderen. Für die Technische Universität Dresden liegt die Entscheidung für eine Mission

nahe – und zwar im Wortsinne. Rund fünfzig Kilometer trennen uns von den Grenzen zu Polen

und der Tschechischen Republik, die nächsten großen Nachbaruniversitäten sind kaum weiter

entfernt als etwa die Berliner Humboldt-Universität. Dazu kommt die Euregio Neisse, die eben-

falls eine dichte und noch ausbaufähige Wissenslandschaft darstellt.

Geographische Nähe genügt nicht als Basis einer wissenschaftlichen und akademischen Koope-

ration, aber sie erleichtert die Zusammenarbeit. Diese Nähe erlaubt eine gemeinsame Reflexion

über die kulturellen Prämissen von Wissenschaft, sie schafft und stabilisiert gemeinsame Stan-

dards, sie macht gemeinsame Erfahrungsräume kenntlich und definiert damit gleichsam Zonen

besonders hoher Anschließbarkeit in jenem internationalen Netzwerk. Bei dieser Gelegenheit

will ich, trotz der Erwartungen, die sich an eine Technische Universität richten mögen, darauf

hinweisen, wie sich gerade den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften große Chancen

öffnen, eine konsequente Internationalisierung voranzutreiben; die bisherigen Erfolge unseres

„Mitteleuropazentrums für Staats-, Wirtschafts- und Kulturwissenschaften”, einer zentralen

wissenschaftlichen Einrichtung, bestätigen mir dies.

105Qualität und Wettbewerb

Fremdsprachenunterricht

ist für jeden Studierenden

an der TU Dresden Pflicht.

Page 12: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

Internationalisierung des Hochschulmarketings

Wer international präsent sein will, muss sich präsentieren: Hochschulmarketing heißt das

Gebot der Stunde im globalen Wettbewerb. Die Universitäten bilden dabei nicht nur Netze mit

anderen Universitäten, sondern sie schaffen sich auch durch die Gründung von „Offshore-

Dependencen“ ihr eigenes Netz und ihre spezifischen Rekrutierungsfelder. Die TU Dresden hat

soeben ein Dresden College an der Wuhan University of Science and Technology ins Leben geru-

fen. Dort sollen chinesische Studenten fachlich und kulturell auf ein Studium an der TU Dresden

vorbereitet werden. Hinzu kommt die Teilnahme an dem Konsortium für internationales Hoch-

schulmarketing GATE Germany.

Ausblick

Man muss einräumen, dass die Hochschulen in ihrer jetzigen Organisationsform mit der Reali-

sierung der genannten Maßnahmen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und auch darüber

hinaus geführt werden. Die beste Form der Internationalisierung des deutschen Universitäts-

systems wäre seine angemessene Finanzierung. Darauf ist kaum zu hoffen. So ließe sich denn,

im beschränkten Handlungsfeld von mangelverwaltenden Universitäten, abschließend noch

einmal ein Gedanke aufgreifen, der sich schon angesichts der vielfältigen Innovationen im

Bereich der curricularen Entwicklung andeutete: eine spezifische, Kräfte bündelnde und Kosten

reduzierende Initiative zur organisatorischen Gestaltung von Integration. Definitives kann ich,

was die TU Dresden angeht, hierzu nicht sagen. Erwogen wird zurzeit die Gründung einer Agen-

tur „Internationales Universitätskolleg”, eventuell in Trägerschaft der eben erwähnten TUDIAS

GmbH, um alle Aktivitäten zu bündeln und koordiniert zu steuern, in direkter Zuordnung zum

Rektoratskollegium. Dies wäre ein Schritt zur administrativen Reform, der noch einmal zeigt,

dass Internationalisierung keine kleine Aufgabe für die deutschen Universitäten im Allgemei-

nen und für die Technische Universität Dresden im Besonderen ist.

Buchkremer, FH Aachen

Die Fachhochschule Aachen hat zurzeit circa 8.000 Studierende, in früheren Jahren waren es bis

zu 11.000. Acht Fachbereiche sind in Aachen, vier weitere in Jülich angesiedelt. An unserer

Fachhochschule sind bereits seit vielen Jahren Auslandsaufenthalte für Studierende integraler

Bestandteil der Studiengänge.

Im Zuge zunehmender Internationalisierung und durch Förderung im Rahmen des Programms

„Auslandsorientierte Studiengänge” durch den DAAD wurden mehrere konsekutive Studien-

gänge mit Bachelor- und Masterabschlüssen und englischsprachigen Unterrichtsanteilen ein-

geführt, die in zunehmendem Maß von ausländischen und deutschen Interessenten besucht

werden.

Im Rahmen einer Mitarbeit am BLK-Projekt zur Modularisierung von Studiengängen wurden

die Semester mit je drei Modulen versehen. Das konsekutive Studienmodell baut darauf genau-

so auf wie das traditionelle Diplom, das im Augenblick parallel bestehen bleibt. An Stelle eines

Praxissemesters für Diplom-Studierende verfassen die Bachelor-Studierenden im sechsten

Semester ihre Thesis.

106 Hochschulmarketing im Aufbruch

Forum B2

Die beste Form der

Internationalisierung

des Universitätssystems

wäre seine angemesse-

ne Finanzierung.

Page 13: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

Nach den ersten Erfahrungen seit 1997 haben wir ein kostenpflichtiges „Freshman-Year” einge-

führt, das Interessenten ohne unmittelbare Zugangsberechtigung für den eigentlichen Einstieg

ins Fachstudium vorbereitet.

Die Auswahl und Betreuung der ausländischen Teilnehmer der Studiengänge erfolgt durch ein

eigens eingerichtetes Büro, das auch in erheblichem Umfang die Betreuung in praktischen Fra-

gen wie Unterbringung der Studierenden, Bereitstellung von Sprachkursangebot etc. leistet.Die

Eingangsprüfungen erfolgen zum Teil vor Ort, zum Beispiel in China.

Wir planen für die Zukunft, Vorbereitungskurse auch zum Teil im Ausland durchzuführen, Ver-

handlungen laufen zurzeit mit Einrichtungen im Libanon, den Arabischen Emiraten und China.

Die künftige Planung sieht vor:

- Vergabe von „Diploma Supplements“

- Akkreditierung/Evaluation zur Qualitätssicherung

- Alumni-Aktivitäten zur Kontaktpflege mit Ehemaligen

- Deutschland-interne Kooperation, zum Beispiel für Promotionen von Master-Absolventen

DiskussionFrage:Welche Internationalisierungsstrategie existiert an der Universität Köln?

Dr. Stefan Bildhauer, Leiter des Akademischen Auslandsamtes der Universität zuKöln: Wir hoffen, dass die erfolgreichen Aktivitäten des Fachbereichs Wirtschaftswissen-

schaften auf die anderen Fachbereiche ausstrahlen. Ich möchte unterstreichen, dass Inter-

nationalisierungsstrategien eine Qualitätssteigerung, nicht eine Ausweitung der Quantitäten

zum Ziel haben müssen.

107Qualität und Wettbewerb

Page 14: Forum B2 - gate- · PDF fileHellmann, Universität Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen,verehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren ist viel in Bewegung geraten.Der Sorbonne

Knudsen, EUA: Um eine Internationalisierungskultur an den Hochschulen entwickeln zu

können, müssen Netzwerke entstehen, die von allen Ebenen der Hochschulen belebt werden.

Frage:

Haben sich die Bachelor-Studiengänge durchgesetzt, ist die Akzeptanz inzwischen gewähr-

leistet?

Buchkremer, FH Aachen: Ich habe Verständnis für die Skepsis, sehe aber ebenso die inter-

nationale Notwendigkeit des zweistufigen Systems. Es ist wichtig, die gestuften Abschlüsse

rechtzeitig einzuführen, um international kompatibel zu sein. Wir tragen zurzeit in Aachen der

existierenden Skepsis durch die Beibehaltung der Diplom-Abschlüsse parallel zur Einführung

von zweistufigen Studiengängen Rechnung. Zwischen den Diplom- und Masterstudiengängen

gibt es keine Durchlässigkeit, denn die Studierenden haben im Vorfeld genügend Zeit, sich für

den einen oder den anderen Abschluss zu entscheiden.

Knudsen, EUA: Die Bologna-Erklärung fordert nicht eindeutig das zweistufige System,

sondern spricht vielmehr von Leistungspunktsystemen, die Transparenz schaffen und das Akku-

mulieren von Punkten über einen längeren Zeitraum oder in einzelnen Lebens-Abschnitten

ermöglichen sollen.

Werner Weber, RWTH Aachen: Ich sehe an deutschen Hochschulen eher die Notwendig-

keit der formalen Umstrukturierung des Systems hin zur Zweistufigkeit als den Bedarf nach

Qualitätssicherung. Die Qualität ist hervorragend.

Frage:

Wie werden in Deutschland künftig die Bedingungen für die Einnahme von Studiengebühren

geregelt? In Nordrhein-Westfalen werden beispielsweise keine Gebühren erhoben, wenn Stu-

dierende konsekutiv Bachelor und Master studieren. Im Falle eines Masterstudiums im

Anschluss an ein Diplom werden Gebühren erhoben. Reine Weiterbildungsangebote können

ebenfalls mit Studiengebühren belegt werden.

Knudsen, EUA: Die Bologna-Deklaration sagt nichts zum Thema Studiengebühren.

Dies ist natürlich ein wichtiger Punkt, den es für die Zukunft zu klären gilt.

108 Hochschulmarketing im Aufbruch

Forum B2

Ich habe Verständnis für

die Skepsis, sehe aber

die internationale

Notwendigkeit des

zweistufigen Systems.