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STAATSMINISTERIUM DES 1 NNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Bartl, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/10740 Thema: Die Aufklärung im Strafprozess zur „Sachsensumpf" -Affäre nicht länger behindern Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Sechseinhalb Jahre nach der Erhebung der Anklage begann am 2. Mai 2017 vor der Dritten Strafkammer des Landgerichtes Dresden im dortigen Verfahren zu Aktenzeichen: 3 KLs 392 Js 30493/08 der Pro- zess gegen zwei vermeintliche Hauptakteure der ab dem Frühjahr 2007 bundesweit die Öffentlichkeit befassenden ‚Sachsensumpf' -Affäre. Angeklagt in diesem Strafverfahren sind die frühere Chefin des Refe- rats ,Organisierte Kriminalität' (OK) im Landesamt für Verfassungs- schutz (LfV) Simone H. und der frühere Leiter des OK-Dezernats der Polizeidirektion Leipzig, KHK Georg W. Beiden wird angelastet, sich eines Verbrechens der Verfolgung Unschuldiger bzw. der Beihilfe hier- zu schuldig gemacht zu haben; ebenso der Falschaussage gegenüber dem vom Sächsischen Landtag eingesetzten ‚Sachsensumpf'- Unter- suchungsausschuss. Am 11.09.2017, dem bereits 12. Verhandlungs- tag, wurde als erster Zeuge ein früherer Abteilungsleiter und Vorge- setzter der Angeklagten Simone H. im LfV vernommen. Dieser konnte erkennbar nur eingeschränkt zur Wahrheitsfindung beitragen, da er sich immer wieder darauf berufen musste, dass er bezogen auf be- stimmte seinerzeit handelnde Personen und Sachverhalte durch die zuständigen Behörden des Freistaates Sachsen keine Aussagege- nehmigung erhalten habe." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3130 Dresden, 16. Oktober 2017 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßen- bahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden.

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Page 1: Freistaat SACHSEN - s3.kleine-anfragen.de · dortigen Verfahren zu Aktenzeichen: 3 KLs 392 Js 30493/08 der Pro- zess gegen zwei vermeintliche Hauptakteure der ab dem Frühjahr 2007

STAATSMINISTERIUMDES 1 NNERN

SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN01095 Dresden

Präsidenten des Sächsischen LandtagesHerrn Dr. Matthias RößlerBernhard -von -Lindenau -Platz 101067 Dresden

Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Bartl, Fraktion DIE LINKEDrs.-Nr.: 6/10740Thema: Die Aufklärung im Strafprozess zur „Sachsensumpf" -Affäre

nicht länger behindern

Sehr geehrter Herr Präsident,

den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt:

„Sechseinhalb Jahre nach der Erhebung der Anklage begann am2. Mai 2017 vor der Dritten Strafkammer des Landgerichtes Dresden imdortigen Verfahren zu Aktenzeichen: 3 KLs 392 Js 30493/08 der Pro-zess gegen zwei vermeintliche Hauptakteure der ab dem Frühjahr 2007bundesweit die Öffentlichkeit befassenden ‚Sachsensumpf' -Affäre.Angeklagt in diesem Strafverfahren sind die frühere Chefin des Refe-rats ,Organisierte Kriminalität' (OK) im Landesamt für Verfassungs-schutz (LfV) Simone H. und der frühere Leiter des OK-Dezernats derPolizeidirektion Leipzig, KHK Georg W. Beiden wird angelastet, sicheines Verbrechens der Verfolgung Unschuldiger bzw. der Beihilfe hier-zu schuldig gemacht zu haben; ebenso der Falschaussage gegenüberdem vom Sächsischen Landtag eingesetzten ‚Sachsensumpf'- Unter-suchungsausschuss. Am 11.09.2017, dem bereits 12. Verhandlungs-tag, wurde als erster Zeuge ein früherer Abteilungsleiter und Vorge-setzter der Angeklagten Simone H. im LfV vernommen. Dieser konnteerkennbar nur eingeschränkt zur Wahrheitsfindung beitragen, da ersich immer wieder darauf berufen musste, dass er bezogen auf be-stimmte seinerzeit handelnde Personen und Sachverhalte durch diezuständigen Behörden des Freistaates Sachsen keine Aussagege-nehmigung erhalten habe."

Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ichdie Kleine Anfrage wie folgt:

Freistaat

SACHSEN

Der Staatsminister

Aktenzeichen(bitte bei Antwort angeben)16-0141.50/3130

Dresden, 16. Oktober 2017

Hausanschrift:Sächsisches Staatsministeriumdes InnernWilhelm-Buck-Str. 201097 Dresden

Telefon +49 351 564-0Telefax +49 351 564-3199www.smi.sachsen.de

Verkehrsanbindung:Zu erreichen mit den Straßen-bahnlinien 3, 6, 7, 8, 13

Besucherparkplätze:Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck-Str. 2 oder 4 melden.

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STAATSMINISTERIUMDES INNERN

Freistaat

SACHSEN

Frage 1:Auf welcher Ebene und durch wen im Konkreten wurde über die Erteilung derAussagegenehmigung für die beiden Angeklagten zum einen, für die vom Gerichtgeladenen Zeugen zum anderen entschieden?

Zuständig für die Erteilung der Aussagegenehmigung ist gemäß § 68 Sächsisches Be-amtengesetz der jeweilige Dienstvorgesetzte. Dementsprechend erteilte der Präsidentdes Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen die Aussagegenehmigung fürdie Angeklagte Simone H. und für einen geladenen Zeugen. Aussagegenehmigungen fürden Angeklagten Georg W. und für einen als Zeugen geladenen Beamten der Polizeidi-rektion Leipzig wurden durch den Leiter der Polizeidirektion Leipzig erteilt.

Frage 2:Nach welchen Erwägungen und Kriterien wurde entschieden, über welche vorma-ligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutzverschiedener Funktionalebenen bzw. zu welchen deren Handlungen und Ent-scheidungen dieser in den verfahrensgegenständlichen Sachkomplexen vom Ge-richt geladene Zeugen aussagen dürfen und zu welchen Personen bzw. von diesenverantworteten Handlungskomplexen keine Aussagegenehmigung erteilt wird?

Entsprechend der erteilten Aussagegenehmigungen dürfen der vormalige Präsident, seinVertreter, der zuständige Abteilungsleiter, sonstige in der Anklageschrift zu obigemStrafverfahren benannte Mitarbeiter sowie ein ehemaliger Mitarbeiter, der im Zusam-menhang mit einem gegen ihn geführten Strafverfahren öffentlich bekannt wurde, na-mentlich benannt werden.

Aus Gründen des Mitarbeiterschutzes kann darüber hinaus über sämtliche andere ver-fahrensgegenständlich relevante Mitarbeiter nur ausgesagt werden, ohne diese nament-lich zu benennen. Hinsichtlich der Handlungen, Entscheidungen und verantwortetenHandlungskomplexe der vorbenannten Personen gibt es keine Beschränkung der Aus-sagegenehmigungen.

Frage 3:Sind auch den beiden Angeklagten in irgendeiner Form Beschränkungen in derBenennung seinerzeit in den anklagerelevanten Zusammenhängen handelnderPersonen und in der Schilderung für ihre Entlastung wesentlicher Sachhergängeauferlegt und wenn ja, aus welchen sachlichen und rechtlichen Gründen und mitwelchen Konsequenzen für die Reichweite des verfassungsrechtlich verbürgtenRechts bei der Angeklagten auf grundsätzlich uneingeschränkte Verteidigung?

Gemäß § 37 Abs. 5 Beamtenstatusgesetz darf einem Beamten, der selbst Beschuldigterin einem Verfahren ist, die Genehmigung nur insoweit versagt werden, wie die dienstli-chen Rücksichten dies unabweisbar erfordern.

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STAATSMINISTERIUMDES INNERN

Freistaat

SACHSEN

Die in der Antwort auf die Frage 2 aus Gründen des Mitarbeiterschutzes dargestelltenEinschränkungen gelten auch für die Angeklagte Simone H. Von der Aussagegenehmi-gung wurden außerdem aus Gründen des Quellenschutzes Angaben ausgenommen,deren Bekanntgabe Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen gefährden würden,insbesondere Angaben zur Identität von nachrichtendienstlichen Personen oder solchen,die Rückschlüsse auf sie erlauben. Dies entspricht der üblichen Verfahrensweise in sol-chen Fällen.

Ausgenommen von der Genehmigung wurden weiterhin alle Angaben über innerdienstli-che Angelegenheiten anderer Behörden. Seitens der Angeklagten wurden gegenüberdem LfV Sachsen weitere als verfahrensgegenständlich relevante Mitarbeiter und nach-richtendienstliche Personen benannt. Diese können von der Angeklagten in codierterForm als Mitarbeiter 1, 2 usw. bzw. die Quellen mit ihren Decknamen, etwa für Beweis-anträge, benannt werden.

Die Aussagegenehmigung des Angeklagten Georg W., der nicht Mitarbeiter des LfVSachsen war, enthält keine der fragegegenständlichen Beschränkungen.

Frage 4:In welchem Umfang sind die Staatsregierung und der Landtag bisher vom Landge-richt Dresden gefassten Beweisbeschlüssen zur Beiziehung von Verfahrensaktender damaligen Untersuchungsausschüsse zur "Sachsensumpf"- Affäre" des Säch-sischen Landtages der vierten und der fünften Wahlperiode nachgekommen, res-pektive wann gingen entsprechende Beweisbeschlüsse bei der Staatsregierungoder im Landtag ein und wie viele Verfahrensakten sind bislang an das Gerichtherausgegeben?

Weder beim Sächsischen Staatsministerium der Justiz noch beim Sächsischen Staats-ministerium des Innern wurden Verfahrensakten ehemaliger Untersuchungsausschüssezur „Sachsensumpf -Thematik angefordert.

Erkenntnisse dazu, inwiefern entsprechende Beweisbeschlüsse beim Landtag eingingenund wie viele Verfahrensakten bislang von dort an das Landgericht Dresden herausge-geben wurden, liegen hier nicht vor. Die Beweisaufnahme in einer laufenden Hauptver-handlung obliegt allein dem zuständigen Gericht und liegt damit wegen des Grundsatzesder Gewaltenteilung nicht im Verantwortungsbereich der Staatsregierung. Die Staatsre-gierung kann allein dasjenige mitteilen, was ihr aufgrund ihrer Beteiligtenstellung im Ge-richtsverfahren bekannt geworden ist.

Frage 5:Lässt sich die Staatsregierung, respektive der Staatsminister der Justiz vom Ver-fahrensgang durch die die Anklage vertretende Staatsanwaltschaft unterrichtenund wenn ja, in welchen Abständen und nach welchen Vorgaben?

Mit Schreiben vom 3. Februar 2016 wurde der Generalstaatsanwalt des FreistaatesSachsen gemäß Nummer 9 Absatz 3 der Verwaltungsvorschrift des SächsischenStaatsministeriums der Justiz über die Organisation und den Dienstbetrieb der Staats-anwaltschaften (Organisationsstatut der Staatsanwaltschaften — VwVOrgStA —) um Be-richt zum Stand des in der Vorbemerkung angesprochen Strafverfahrens gebeten. Sei-ner Berichtspflicht kam der Generalstaatsanwalt des Freistaates Sachsen insoweit mit

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STAATSMINISTERIUMDES INNERN

Freistaat

SACHSEN

SchreiDI en vom 15. Februar 2016 nach. Weitere Berichtsanforderungen seitens desSäch ischen Staatsministeriums der Justiz sind nicht ergangen. Der Generalstaatsan-walt ,Ies 5reistaates Sachsen berichtet jedoch gemäß Nummer 9 Absatz 2 VwVOrgStAregeimä1 über den Fortgang des Strafverfahrens.

,Mit freu ,dlichen Grüßen

Ma kus Ulbi

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