friedrich lorenz - ufos, ungeheuer dunkle maechte

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Friedrich Lorenz Ufos, Ungeheuer, dunkle Mächte

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Friedrich Lorenz

Ufos, Ungeheuer, dunkle Mächte

© Gondrom Verlag GmbH & Co. KG, Bindlach 1994 Covergestaltung:

Grafik-Design-Studio L. Mielau, Wiesbaden ISBN 3-8112-1134-X

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Inhalt Vorwort ...................................... 9 UFOs ....................................... 11 Moderne Märchen - Massenhysterie - Tatsachen?. . 11 Besucher aus dem All ......................... 14 Viele Geheimnisse ........................... 16 Das Geschäft mit der Sensation ................. 18 Ufo-Berichte und was dahintersteckt ............. 19 Die Ufo-Klassen ............................. 20 Ein Mythos wird geboren ...................... 23 Die Rolle der Militärs ......................... 24 Der Ufo-Knall............................... 27 Der bekannteste Ufo-Fall und seine Folgen....... 30 Steven Spielberg macht die Ufos zum Kassenschlager 31 Ufos - ein Fall für die UNO .................... 35 Der Condon-Bericht und der Geheimdienst ....... 37 Ufos hinter dem Eisernen Vorhang .............. 39 Ufos in sechs Dimensionen .................... 42 Ein Besuch an Bord .......................... 44 Die Heimat der Außerirdischen ................. 47 Das Problem von Zeit und Raum ................ 49 Ufos - Tausende an der Zahl ................... 49 Die Botschaft der Außerirdischen ............... 50 Der Steckbrief eines Außerirdischen ............. 54 So sieht ein Ufo aus .......................... 56 Im Innern eines Ufos ......................... 57 Sex mit ET................................. 58 Das Abenteuer des Antonio Villas Boas .......... 60 Entführungen in Deutschland................. 77 Die Geburt einer Kontaktlerin .................. 82 Die psychischen und physikalisch en Effekte...... 89 Wie aus einer Ufo-Zeugin eine Kontaktlerin wurde 91 Ufos - verkaufsträchtige Zeitungsenten.......... 92 CENAP - eine deutsche Ufo-Meldestelle ......... 93 Ufos und deutsche Politiker .................... 94 Das Präsidenten-Erlebnis ...................... 95 Das Däniken-Phänomen ....................... 97

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Ufos - ein alter Hut in Tassenform .............. 101 Geheimwaffe Ufo ........................... 102 Die Jagd auf Ufos ........................... 105 Astronauten und Ufos ........................ 107 Verwechslungen und Sinnestäuschungen ......... 109 Das Rätsel um die „Bamberger Platte.............. 110 Glatter Betrug.............................. 113 Tatsachen oder Spinnereien................... 114 Konjunktur für den Aberglauben............... 116 Die religiöse Hoffnung aus dem All ............. 120 Ufos - Wirklichkeit oder Phantasie?............ 124 Ungeheuer .................................. 129 Märchen, Legenden und Phantasie .............. 129 Riesenkraken - das Grauen aus der Tiefe ......... 130 Seeschlangen - der Schrecken der Seefahrer ...... 134 Das Ungeheuer von Loch Ness ................. 136 Auf den Spuren des Schneemenschen........... 139 Vampire - Ungeheuer in Menschengestalt mit Lust auf Blut................................... 144 Vampire als Märchenfiguren ................... 147 Vampirismus in England und Deutschland....... 148 Auf dem Balkan sind Vampire blutdürstig ........ 150 Knoblauch als beste Abwehrmaßnahme .......... 152 Vampirgeister .............................. 153 Lebende Vampire - Kriminelle ................. 154 Das Weib mit dem Stierkopf ................... 155 Das Tier im Menschen: Werwölfe und andere Ungeheuer .... 156 Riesen - ungeheuerlich groß ................... 158 Das Ungeheuer vom Brocken .................. 161 Ungeheuer Tierisches: Der Vogel Rock .......... 162 Der Basilisk ................................ 163 Der Höllenhund Zerberus ..................... 163 Drachen ................................... 164 Der Greif .................................. 165 Der Acheron............................... 165 Bogie, der Kinderschreck..................... 166 Der Hund von Baskerville ..................... 167 Japanische Ungeheuer........................ 167

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Dunkle Mächte .............................. 169 Vom Aberglauben bis zur Parapsychologie...... 169 Das Bermudadreieck........................ 171 Geisterschiffe auf allen Meeren ................ 176 Der Fluch des Pharaos ....................... 180 Astrologie - die Kunst des Glaubens ............ 184 Nostradamus und die Wiedervereinigung ........ 188 Träume und ihre Deutung.................... 190 Dr. Faustus: Die Literatur gewordene dunkle Macht 194 Die Macht der Magier....................... 196 Geistheiler im Bunde mit dunklen Mächten? ..... 197 Wunderheilerin mit staatlichem Segen .......... 201 PSI-Heilung ............................... 203 Die Magie der Kurpfuscher ................... 205 Das Geheimnis der Steine.................... 206 Vorsicht vor Unglückstagen ................... 207 Unheimliche Kommunikation ................. 208 Telepathie ................................. 209 Ahnungen und Visionen...................... 209 Charles-Dickens-Roman aus dem Jenseits ....... 212 Kommissar Hellseher ........................ 213 Mord unter Hypnose ......................... 215 Todesurteil - doch der Tod will nicht ........... 216 Unruhige Särge............................. 218 Das Nah-Todeserlebnis ...................... 220 Nah-Todeserlebnisse im Krankenhaus.......... 223 Ein Medium spricht mit Sigmund Freud ......... 225 Freud contra Jung - ein jenseitiger Kampf ....... 226 Der Zauber der Liebe........................ 227 Hexen - mit dem Teufel im Bund .............. 229 Der Teufel im Volksmund .................... 233 Amerikanischer Exportschlager- der Spiritismus klopft an .................................. 234 Okkultismus - Spiritismus mit wissensch. Anstrich 237 Der Geist erscheint leibhaftig.................. 239 Es poltert allerorten ......................... 240 Auf Geisterjagd............................ 241 Geister am Geruch erkannt .................... 242 Der Spuk vom Chiemsee ..................... 243

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Spuk in Rosenheim .......................... 248 Dem Chopper den Zahn gezogen ............... 250 Der Poltergeist ist anhänglich .................. 251 Poltergeister und die Justiz .................... 254 Exorzismus - die Teufelsaustreibung ............ 255 Der Fall Anneliese Michel .................... 262 Geister wissen nicht, daß sie tot sind ............ 263 Friedliche Geister........................... 265 Geister lassen sich fotografieren ................ 268 Kontakt mit den Toten ........................ 270 Tonbandprotokolle aus dem Jenseits............ 273 Voodoo-Zauber: Zombies - die lebenden Toten . . . 276 Tobende Geisterschlachten .................... 278 Die Engel von Mons - zuerst erfunden, dann angeblich bestätigt ........................... 280 Unfreiwillig zum Gespenst geworden ........... 281 Das Anhaltergespenst ........................ 281 Gespensterschrecken als Millionenerfolg ......... 282 Gremlins - die Maschinengeister ............... 283 Das spukreichste Haus Englands............... 283 Auch Geister fliegen gern ..................... 284 Weiße Damen .............................. 285 Mord durch gedungene Geister ................. 286 Unheimliche Todesboten .................. . .... 287 Die Macht des Mondes ....................... 288 Der Mond als Entschuldigung für Aggressionen . . . 291 Reinkarnation - Fluch oder Trost? .............. 293 Kleines Lexikon des Aberglaubens............. 297 Das Tier als Symbol des eigenen Selbst .......... 306 Der Mensch braucht Symbole .................. 310 Die Macht der Farben ........................ 318 Kornkreise - die Forscher drehen sich im Kreis... 321 1990 - Kreise außer Rand und Band............ 324 Die Frage nach dem Sinn - ungelöst............ 325 Geheimnisvolle Energien..................... 326 Augen- und Ohrenzeugen ..................... 328 Die Suche nach der Kreis-Intelligenz ............ 330 Und noch eine Theorie....................... 335 Parallelen zum Ufo-Phänomen ................. 338

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Vorwort Des Menschen Glaube ist sein Himmelreich, meint eine alte Redensart. An Ufos, allerhand dunkle Mächte und Ungeheuer mag man glauben oder nicht - Tatsache ist, daß sie zu unserer Kulturgeschichte und unserer Gegenwart zählen. Daß diese drei Bereiche nicht längst in die Region der Hirngespinste verbannt wurden, liegt wohl an der angeborenen Neugierde des Menschen, das Unerklärliche klären zu wollen. Dies hat zwangsläufig zur Folge, daß sich auch Menschen mit diesen Phänomenen beschäftigten, die ganz und gar nicht irgendwelchen Phantastereien, esoterischen Glaubensbekenntnissen oder mystischen Zirkeln anhängen. Sie wollen lediglich den Schleier des Geheimnisvollen und Unbekannten lüften, frei nach dem Grundsatz jeglicher menschlichen Neugierde: Irgendwann läßt sich alles erklären.Vielleicht haben beide Seiten recht, die Ufo- und Gespenstergläubigen ebenso wie die Skeptiker. Sie kontrollieren sich gegenseitig und tragen so dazu bei, daß Über- und Außerirdisches, Mystisches und Ungeheuerliches in kulturverträglichem Maße vom Menschen ertragen werden können. Oder anders ausgedrückt: Müßte man beim heutigen Entwicklungsstand der Menschheit nicht den Zusammenbruch aller Wertmaßstäbe befürchten, wären die Existenz überragender Intelligenzen, das Leben nach dem Tode und die Reinkarnation schon heute beweisbar? Der im Grunde immer noch in archaische Verhaltensmuster verstrickte Mensch würde wohl in den Grundfesten seines Selbstwertgefühls erschüttert, die Anarchie würde zum sofort beweisbaren Ungeheuer.

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UFOs Moderne Märchen -

Massenhysterie -Tatsachen? Jeder kennt sie - und trotzdem weiß keiner, was sie sind: die Ufos, jene unidentifizierten Flugobjekte, die seit Jahrzehnten durch Zeitungen, Zeitschriften und Filme geistern. In aller Welt wurden sie gesichtet, vermeintlich fotografiert und doch nicht identifiziert. Über kaum eine mysteriöse Erscheinung gibt es derart viele Berichte, geheime Untersuchungen, gegensätzliche Meinungen und abenteuerliche Erklärungsversuche. Seit der amerikanische Pilot Kenneth Arnold am 24. Juni 1947 neun seltsame fliegende Scheiben über dein Mount Ranier im US-Bundesstaat Washington beobachtete und ein Journalist den Begriff „fliegende Untertassen“ erfand, hat das Rätselraten um die Himmelserscheinungen nicht mehr nachgelassen. Dagegen verblaßten frühere Berichte um merkwürdige fliegende Lichter. Die „unidentified flying objects“, kurz Ufos, hatten die Forscher- und Sensationswelt erobert.

Geradezu kochend heiß wurde das Ufo-Fieber während des kalten Krieges in den 50er und 60er Jahren. Das US-Verteidigungsministerium sah sich 1955 sogar veranlaßt, Ergebnisse einer von der Luftwaffe durchgeführten Untersuchung zu veröffentlichen. Die Quintessenz: Es konnte kein Beweis für die Existenz der sogenannten fliegenden Untertassen erbracht werden. Knapp zehn Jahre später glaubte das amerikanische Untersuchungskomitee für Erscheinungen im Luftraum (NICAP) anhand von 5000 Berichten das Gegenteil behaupten zu können. Und 1968 konterte die US-Regierung in einer mehr als 1400 Seiten umfassenden

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Arbeit, daß die beschriebenen Phänomene von keinerlei wissenschaftlichem Interesse seien. Derweil ließen sich die Augenzeugen in aller Welt nicht beirren. In Frankreich kam ein 750 Seiten starker Katalog über Ufo-Beobachtungen an die Öffentlichkeit, eine Liste von 200 beobachteten Landungen in Spanien und Portugal. Daß sich Ufos auch vor den Polit-Karren spannen lassen, bewiesen die Sowjets im September 1977, als viele Bürger des russischen Petrozavodsk „ein riesiges glühendes Quallen-Ufo“ über der Stadt schweben sahen. Die Behörden hüllten sich in Schweigen, schürten damit den Ufo-Glauben und verschleierten so einen geheimen Satellitenstart. Irdische Geheimwaffe oder Besuch aus dem Weltall?

Welche Blüten die menschliche Phantasie treiben kann, wenn Phänomene das bleiben, was sie sind - nämlich nicht erklärbar -, zeigte sich in den Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Wer die fliegenden Untertassen nicht als Hirngespinste abtat, trotzdem aber auf dem Boden der Tatsachen bleiben wollte, der erinnerte sich an Gemunkel und Propaganda von deutschen Geheim- und Wunderwaffen der letzten Kriegstage. Die einfache Schlußfolgerung: Gab es sie wirklich, und wenn auch nur auf dem Papier, dann hatten sie jetzt die Amerikaner und die Russen, samt dazugehörigen Ingenieuren und Wissenschaftlern. Und Tatsache war: Beide Kriegssieger waren sich längst nicht mehr grün und drohten sich nun gegenseitig ganz irdisch verwirrend geheim mit den grünen Männchen vom Mars. Der Zeitgeist tat ein übriges und streute das Gerücht von einer Nazi-Fluchtburg in der Antarktis aus, wo die Unverbesserlichen des tausendjährigen Reiches ein scheibenförmiges Flugzeug entwickelt hätten, die Urform des Ufos.

Seltsame Blüten trieb aber auch die Kommunistenfurcht der Amerikaner. In den Jahren 1947 und 1948 sollten sich

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nach der Meinung mancher Politiker sogar das FBI und andere Sicherheitsdienste des Ufo-Phänomens annehmen. Bekannt geworden ist der Fall eines Augenzeuges, der eine fliegende Untertasse gemeldet hatte. Er wurde samt seiner Umgebung vom militärischen Geheimdienst vernommen und auf seine Staatstreue getestet. Daß US-Behörden bei der Behandlung des Themas „fliegende Untertassen“ etliches Porzellan zerschlugen und Stoff zu Spekulationen für die irdische Herkunft der Ufos lieferten, beweist das Erlebnis zweier Frauen im Dezember 1980 in der Nähe von Huffman in Texas. Sie standen zusammen mit einem siebenjährigen Buben abends auf einer Landstraße plötzlich einem leuchtenden Objekt gegenüber, das so viel Hitze abstrahlte, daß selbst ihr Auto heiß wurde. Begleitet war das Flugobjekt von mehreren Hubschraubern, wie sie von der US-Luftwaffe damals geflogen wurden. Offiziell wurde jedoch bestritten, daß sich eines ihrer Flugzeuge in dieser Gegend befunden hätte, obwohl andere Zeugen ebenfalls Helikopter gesehen hatten.

Für die drei war die Begegnung mit der unheimlichen Art nicht ohne Folgen geblieben. Sie litten mit unterschiedlicher Intensität tagelang unter Kopfschmerzen, Müdigkeit, verschwollenen Augen, Übelkeit und Haarausfall.

Als dieser Vorfall nach Jahren aufgrund des Gesetzes zur Informationsfreiheit einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde, bekamen jene Ufologen ,die auf Geheimprojekte und Regierungsverschwörung setzten, wieder Oberwasser. Andere Untertassenforscher zogen daraus den Schluß, daß die Regierung in Not geratenen Außerirdischen geholfen habe und die Sache aus Gründen der nationalen Sicherheit vertuscht worden sei. Man erinnerte sich an Meldungen über abgestürzte Ufos, deren Einzelheiten von den Behörden geheimgehalten wurden. Licht ins Dunkel der oftmals als

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Lichterscheinung beschr iebenen Untertassenphänomene kam auf diese Weise jedenfalls nicht, dafür wieder ein Mehr an Spekulation und Phantasie. Ohne es beweisen zu können, dürfte an dem Glauben, Ufos seien irdischer Herkunft, nur eines irdisch sein: der menschliche Phantasiereichtum. Es ist einfach unmöglich, daß irgend jemand auf dieser Erde ein einzigartig hochtechnisiertes Gerät baut, es über Jahrzehnte hinweg zigtausendmal zeigt und doch unentdeckt bleibt.

Besucher aus dem All Weitaus üblicher ist heutzutage die Hypothese, daß Ufos aus dem Weltall kommen. Es gibt sogar Menschen, die den Beweis dafür selbst erlebt haben wollen. Sie seien von den Außerirdischen kurzzeitig an Bord ihres Raumschiffes entführt worden. Was dort geschah, reicht von der neugierigen medizinischen Untersuchung bis hin zur Übermittlung einer Botschaft an die Menschheit durch den Auserwählten, sich auf die Aufnahme in die galaktische Völkergemeinschaft vorzubereiten. Sich als ernsthaft bezeichnende Ufo-Forscher machen es sich allerdings etwas schwerer, den Besuch aus dem Weltall zu akzeptieren. Sie finden in allzu vielen Berichten über Begegnungen mit Außerirdischen allzu viel menschliche Gedanken- und Phantasiestrukturen. Sie gehen dann schon viel lieber davon aus, daß mögliches außerirdisches Leben keineswegs menschennahe oder gar menschenverständliche Logik hat.

Der amerikanische Sozialwissenschaftler Hilary Evans nimmt die oftmals einfache Erklärungslogik des Ufo-Phänomens aufs Korn. Seiner Meinung nach muß man sich zunächst einmal mit einigen gewichtigen Einwänden auseinandersetzen, die diese Objekte selbst betreffen, z. B. was sie tun, woher sie kommen und welchen Zeitpunkt sie gewählt haben, um sich zu zeigen.

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In seinem Buch „The Evidence for UFOs“ schreibt er: „Es ist vorstellbar, daß Ufos Raumschiffe sind. Sie sind unseren Raumschiffen nicht sehr ähnlich, aber das kann man auch nicht erwarten; und viele von ihnen scheinen auch für die Begriffe irdischer Ingenieurkunst sinnvoll.“ Verwirrender ist die große Zahl verschiedener Formen und Größen. Es wurde ein Vergleich gezogen zu der Vielzahl von Automodellen auf unserem Planeten. Aber kann man annehmen, daß interplanetarische Raumschiffe ebensosehr von Geschmack und Laune abhängen wie Individual-Verkehrsmittel? Ufo-Forscher haben diese Vielfalt auf verschiedene Arten erklärt. Der amerikanische Forscher Wendelle Stevens stellte fest, daß „unter über tausend Fällen weniger als fünf sind, bei denen sich zwei unterschiedliche Berichte auf dasselbe Fahrzeug zu beziehen scheinen“. Er folgert daraus, daß „man fast zur Annahme einer außerirdischen Hypothese oder einer über andere Welten gezwungen ist“. Ein anderer Ufo-Forscher behauptet dagegen, daß „das Beweismaterial für fliegende Untertassen mehr verschiedene Typen von Objekten und Wesen enthält, als die Theorie von den physikalischen Raumschiffen logisch erklären kann“. Und eine weitere Ufologen-Stimme sieht nur zwei Möglichkeiten: „Entweder wurde jedes Objekt einzeln konstruiert und nur einmal verwendet, oder keines der Objekte hat in Wirklichkeit überhaupt existiert.“

Unterm Strich bedeutet dies, daß jeder Versuch, Ufos in den Begriffen des uns geläufigen Wissens zu erklären, unzulänglich ist. Evans: „Aber natürlich ist die Vielzahl der Erscheinungsformen von Ufos eines ihrer grundlegenden Merkmale und muß deshalb eines der ersten Elemente sein, über die eine Hypothese gebildet wird.“

Ähnlich dürfe man sich nicht zu sehr davon beeindrucken lassen, daß Ufos scheinbar gegen Unfälle und Pannen gefeit

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sind. Es gibt viele Fälle, in denen sie gelandet sind und sich ihre Insassen offenbar mit Reparaturen beschäftigt haben, „aber es ist etwas daran verdächtig, daß sie jedesmal rechtzeitig mit der Reparatur fertig werden“.

Viele Geheimnisse Es gibt viele unbeantwortete Fragen über die Ufos selbst. Warum sieht man einen bestimmten Typ eine Zeitlang und dann nicht mehr? Warum haben manche Kuppeln und Fenster, die auf Insassen hinweisen, während andere hermetisch geschlossen zu sein scheinen? Warum haben manche lärmende, flammende Antriebe, während andere keine erkennbaren haben? Warum sind manche mit farbigen, blitzenden Lichtern bedeckt, während andere graue, unauffällige Formen haben?

Rätsel gibt auch ihre offenbare Unabhängigkeit von den uns bekannten Naturgesetzen auf. Immer wieder wird berichtet, daß sie sich mit sehr hoher Geschwindigkeit bewegen - und dann plötzlich stillstehen oder plötzliche 90-Grad-Wendungen machen. Oder sie schweben lange Zeit über dem Boden und schießen dann unverhofft blitzschnell davon. Selbst ihre Form scheinen sie verändern, sich sogar teilen und wieder verbinden zu können. Wer an fliegende Untertassen glauben will, muß dies wohl als gegeben akzeptieren. Wer mißtrauisch ist, wird durch die eigene, menschliche Technikentwicklung verunsichert. So hielt man es in der Vergangenheit z. B. für unmöglich, daß schwerere Gegenstände als Luft fliegen könnten, und der bemannte Mondflug galt für viele noch Anfang der 60er Jahre als undurchführbar. Die Entwicklungsgeschichte hat die Zweifler eines Besseren belehrt. Hilary Evans kommt bei seinen Überlegungen zu dem Ergebnis:

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Das Verhalten der Ufos läßt sich nicht so leicht in Einklang mit der außerirdischen Hypothese bringen, aber es läßt sich auch mit keiner anderen Hypothese leicht vereinbaren. Die Objekte, die hoch am Himmel gesehen werden, schwirren mit der Ziellosigkeit von Fliegen umher. Diejenigen, die sich der Erde nähern, scheinen kaum zweckgerichteter zu handeln. Und warum sind manche von ihnen so erpicht darauf, ihre Anwesenheit bekanntzugeben, während andere sich ganz unauffällig verhalten? Lenken uns die einen ab, während die anderen sich ernsthafteren Tätigkeiten widmen? So wird behauptet, daß Ufos überdurchschnittlich häufig in der Nähe von Energieanlagen, Forschungsstätten oder Raketenstützpunkten gesehen werden. Aber auch wenn das stimmt, betrifft das nur einen kleinen Bruchteil ihrer Gesamtzahl. Wozu sind die anderen da? Alles, was man über diesen merkwürdigen Mangel an Zweckgerichtetheit sagen kann, ist, daß er zwar die außerirdische Theorie nicht stützt, aber eben auch keine andere.

In der Frage, woher die Ufos kommen, ließ man zu, daß die Diskussion durch eine vermenschlichende Betrachtungsweise voreingenommen geführt wurde. Kritiker wenden ein, daß fast jede interstellare Reise viele Lichtjahre, oft mehrere Lebensspannen lang, dauern würde. Andere antworten, daß es naiv wäre, sich die Dauer einer Raumreise als buchstäblich reale Zeit vorzustellen. So sollen die angeblichen Besucher vom Planeten Ummo behauptet haben, sie hätten sog. Raumfalten als Abkürzungen benutzt. Selbst wenn der Ummo-Bericht eine Fälschung ist, zeigte er doch eine Möglichkeit, die man nicht ausschließen darf.

Die wertvollste Informationsquelle wären zweifellos die Ufo-Besatzungen selbst. Dann wäre auch geklärt, woher sie kommen, zumal jedes Ufo von woanders zu stammen scheint. Manchmal kommen sie angeblich von uns bekannten

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Sternensystemen, am beliebtesten sind die relativ nahen Alpha und Proxima Centauri. Mitunter werden uns unbekannte Himmelskörper genannt, wie z. B. der Planet Clarion. In diesem Falle hatte die Ufo-Kommandantin einen Erdenbürger aufgeklärt. Er könne von Clarion nichts wissen, weil dieser Planet auf der anderen Seite des Mondes stehe und deshalb von der Erde aus nicht sichtbar sei. Eines scheint in Ufo-Kreisen heute jedoch sicher zu sein: Die Hypothese von den außerirdischen Besuchern erklärt das Ufo-Phänomen am besten. Tatsache ist aber auch, daß es 30jähriger intensiver Forschung nicht gelungen ist, diese Hypothese auch nur mit dem kleinsten Beweis unzweifelhaft zu belegen. Manche Aspekte konnte sie besser erklären als andere Hypothesen. Evans: „Aber sie bleibt doch nur eine Mutmaßung.“

Das Geschäft mit der Sensation Nicht ganz unschuldig an der Verwirrung um die Ufos sind die Medien. Sie präsentieren immer wieder Fotos von fliegenden Untertassen als Beweis für deren Existenz und sind dabei nicht selten geschäftstüchtigen Fälschern aufgesessen. Dabei steht eines fest: Es gibt Zehntausende von Ufo-Fotos, aber kein einziges zeigt klar und deutlich ein Ufo, ganz zu schweigen davon, daß in bezug auf irgendeinen irdischen Gegenstand eine Größenrelation abzuleiten wäre. Erst als die fotografischen Analysemöglichkeiten verfeinert worden waren, wurden zunehmend die Fälschungen erkannt. Und der Rest, der übrigblieb, war wenig informativ.

Auffällig auch, daß die Fotografen oftmals recht scharfer Aufnahmen keine Zeugen hatten oder die Beschreibung des Gesehenen den Fotos widersprach. Trotzdem soll es Fotos geben, die nachdenklich stimmen. So hielt beispielsweise das Foto eines 1950 in Oregon aufgenommenen Objektes

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zahlreichen Analysen verschiedener Institutionen stand. Es konnte sich um keine Fälschung handeln. Nach einmütiger Auffassung war da tatsächlich ein reales Objekt von 20 bis 30 Meter Durchmesser fotografiert worden, das in großer Entfernung flog. Man stufte es als eine der wenigen Ufo-Berichte ein, „in denen alle untersuchten Faktoren, geometrische, psychologische und physikalische, mit der Annahme übereinstimmten, daß ein ungewöhnliches fliegendes Objekt, silbrig, metallisch, scheibenförmig, mit einem Durchmesser von 20 bis 30 Metern und offensichtlich künstlich, in Sichtweite von zwei Augenzeugen flog“. Doch nicht nur Sensationslust ließ Ufos zu allen Zeiten in allen Höhen kreisen, sondern auch die Psyche und der kulturelle Hintergrund von Augenzeugen beeinf lussen die Beobachtung und Einschätzung des Gesehenen. So können populäre Volkssagen ebenso eine Rolle spielen wie die Vorliebe für Sciencefiction. Ein eingebildetes Ufo-Erlebnis kann auch durch soziale Ansteckung hervorgerufen werden, wie mehrere Fälle im Herbst 1954 in Frankreich bewiesen. So hatte in Sinceny (Aisne) ein Mann im Licht von zwei Lampen einen Schatten gesehen und geglaubt, ein Marsmensch repariere seine fliegende Untertasse. „Ich ging mein Gewehr holen und schoß auf ihn.“ Getroffen hat er das Auto seines Nachbarn, der eine Panne hatte.

Ufo-Berichte und was dahintersteckt Die amerikanische Luftwaffe stellte im Laufe ihrer offiziellen Untersuchungen der vielen tausend gemeldeten Sichtungen fest, daß zwischen 90 und 99 Prozent der Beobachtungen auf längst bekannte Ursachen zurückzuführen sind. Dabei handelte es sich um Meteore, Nordlichter, Vogelschwärme, hochfliegende Flugzeuge, Hubschrauber und Forschungsballons.

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Aber auch einfache optische Täuschungen sowie Schwindeleien waren im Spiel.

Heute sind sich Ufo-Forscher in aller Welt einig: Nur ein verschwindend kleiner Teil der Beobachtungen betrifft tatsächlich etwas der Wissenschaft Unbekanntes. Bei allen anderen spielt der sogenannte Stimulus eine entscheidende Rolle, d. h., ein alltägliches Objekt wird unter ungewöhnlichen Umständen beobachtet und deshalb als außergewöhnlich wahrgenommen. Ein Beispiel: Zwei ältere Frauen in England beobachteten stundenlang den Vollmond und glaubten schließlich, ein silbernes Raumschiff mit Bullaugen zu sehen. Erschwert wird die Einschätzung von Ufo-Berichten häufig dadurch, daß die Beobachter das Gesehene subjektiv sehen und unbewußt oder bewußt mit ihren eigenen Vorstellungen verquicken. Der amerikanische Astrophysiker J. Allen Hynek hat deshalb in den 70er Jahren ein Klassifizierungssystem entwickelt, das alle Vorstellungen und Meinungen der Beobachter ausgrenzt und sich auf das Beobachtete konzentriert.

Die Ufo-Klassen Fachleute definieren Ufos als unbekannte Flugobjekte oder Lichter am Himmel bzw. auf der Erdoberfläche, deren Aussehen, Flugbahn, allgemeine Dynamik und Lumineszenzeigenschaften nicht konventionell erklärt werden können. Allen Hynek teilte die Beobachtungen von unidentifizierbaren Flugobjekten in verschiedene Gruppen ein: Nocturnal Light (NL): Nächtliche Lichterscheinungen - Die am einfachsten zu erklärenden Vorgänge am Nachthimmel werden auch am häufigsten

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als Ufo-Phänomen ausgelegt. Es sind meist sehr fremdartige helle Objekte, Lichter und Formen, deren Verhalten scheinbar auf etwas Fremdartiges hinweist. Erfahrene Ufo-Forscher erkennen oft auf Anhieb, daß es sich bei zumeist aus großer Entfernung beobachteten Objekten um Satelliten, Meteoriten, Landescheinwerfer von Flugzeugen, Planeten, Ballons oder ähnliches handelt. Daylight Discs (DD): Tageslichtscheiben - Objekte, vorwiegend silbrige Scheiben, die am Tage beobachtet werden. Sie werden ebenfalls aus großer Entfernung gesehen. Auf den meisten Ufo-Aufnahmen sind DD-Objekte abgebildet. Radar-Visuelle Sichtungen (RV): Das sind Nachtlichter oder Tageslichtscheiben, die gleichzeitig mit dem Auge wahrgenommen und vom Radar erfaßt werden. Unbekannte Flugobjekte, die nur durch Radar geortet werden, sollten nicht als Ufo-Phänomen eingestuft werden, da Radarechos eine Reihe von natürlichen Ursachen haben können, dazu zählen z. B. technische Defekte, selten auftretende meteorologische Einflüsse und Vogelschwärme.

Ulrich Magin, Kenner der Materie und Autor zahlreicher Fachaufsätze, beschreibt Hyneks Klassifizierungssystem so: Falls der Zeuge der Überzeugung ist, dem Ufo näher als hundert Meter gekommen zu sein, handelt es sich um eine Nahbeobachtung oder Nahbegegnung (Close Encounters). Seit Steven Spielbergs Film ist diese Art des Erlebnisses als „unheimliche Begegnung“ bekannt.

Auswertungen von Begegnungsberichten haben ergeben, daß der Zeuge wohl nie einem Ufo nahe gekommen ist, sondern die Venus fälschlicherweise für ein unbekanntes Flugobjekt gehalten wurde.

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Die nahen Begegnungen werden zudem noch in vier Kategorien aufgeschlüsselt.

Nahe Begegnung der ersten Art:

Damit sind Sichtungen gemeint, bei denen das Ufo in einer Entfernung von weniger als hundert Metern wahrgenommen wird, ohne daß etwas Besonderes geschieht. Auf jeden Fall sollte der Beobachter Einzelheiten des Objekts erkennen und beschreiben können. CE 1-Fälle sind meist nicht leicht zu erklären (Close Encounters of the First Kind, CE 1).

Nahe Begegnung der zweiten Art:

Hierbei hat das Ufo angeblich Spuren in der Umwelt hinterlassen - einen Kreis niedergedrückter Vegetation, Löcher im Erdreich, verbrannte Erde usw. Auch kann das Ufo die Umgebung beeinflussen - ein Automotor stoppt, der Fernseher flimmert, der Strom fällt aus, oder Tiere werden unruhig. Es kann auch zu Lähmungserscheinungen, Übelkeit, Brandwunden, Fieber und Depressionen kommen. Solche Begegnungen sind deshalb interessant, weil die festgestellten Auswirkungen wissenschaftlich untersucht werden können (Close Encounters of the Second Kind, CE 1I).

Nahe Begegnungen der dritten Art:

Sie werden auch als Unheimliche Begegnungen bezeichnet. Hierbei werden in, bei oder auf dem Ufo oder in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Ufo Lebewesen beobachtet, die seine Piloten sein könnten. Diese Wesen werden durchweg immer menschenähnlich geschildert, selten ist von Robotern die Rede. Science-fiction-Monster sind bisher noch kaum beobachtet worden. In den 50er Jahren wurde viel von wunscherschönen, freundlichen Wesen von Venus und Mars berichtet (Close Encounters oft the Third Kind, CE 111).

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Unheimliche Begegnung der vierten Art:

Seit mehr als 20 Jahren meinen vorwiegend amerikanische Zeugen, noch viel mehr erlebt zu haben - nämlich die Unheimliche Begegnung der vierten Art (CE IV). Schenkt man diesen Berichten Glauben, dann dürften solche Kontakte tatsächlich unheimlich sein, da es sich praktisch um Entführungen handelt. Die Zeugen, die an Bord der Raumschiffe ins All entführt werden, sind meist Opfer und müssen sich oft schmerzhaften medizinischen Untersuchungen und Experimenten unterziehen. Danach erhalten sie Botschaften, die in der Regel politische oder soziologische Aussagen über den Zustand der Welt enthalten. Unbekannte Flugobjekte sind nicht nur für Astronomen, Physiker und Ingenieure eine Herausforderung, sondern auch für Verhaltensforscher. Nach Ansicht von Psychologen wird die Reaktion auf die Sichtung eines Ufos entscheidend durch die psychische Konstitution des Beobachters bestimmt. Soziologen verweisen dagegen auf den gesellschaftlichen und kulturellen Hintergrund des Beobachters. Anthropologen wiederum ziehen zu Mythen und traditionsgebundenen Glaubenslehren Parallelen.

Ein Mythos wird geboren

Nach der Scheibensichtung von Kenneth Arnold im Jahre 1947 brauchte es nur ein Jahrzehnt, eine ganze Ufo-Mythologie entstehen zu lassen, die späterhin nur wenige Ergänzungen erfuhr. Genauer betrachtet dürften sich jedoch tatsächlich die innen- und außenpolitischen Ängste der Amerikaner - Kommunistenhatz, Koreakrieg, Entwicklung der Wasserstoffbombe, kalter Krieg - ein Ventil geschaffen haben. Die Ufo-Filme der 50er Jahre spiegelten letztlich die irdischen Sehnsüchte und Ängste der Amerikaner wider.

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Das unheildrohende Geheimnisvolle drohte nicht aus dem

Weltall, sondern aus der Sowjetunion. Selbst US-Militärs glaubten nach Arnolds Sichtung an eine Geheimwaffe des Dritten Reiches, die bei Kriegsende in die Hand der Russen gefallen war. Dies ist wohl auch der Grund, warum Amolds Beobachtung ernst genommen und alle weiteren Berichte gesammelt wurden. Damit war der erste Schritt höchst offiziell zum Ufo-Mythos getan. Daran konnte auch die Tatsache nichts mehr ändern, daß sich sehr schnell herausstellte, was es wirklich mit dem Arnold-Ufo auf sich hatte. Was er wirklich gesehen hat, reicht in der Beschreibung von einem ganz normalen Flugzeug bis hin zur Fata Morgana. Sicher ist jedoch, daß Arnold die Entfernung überschätzt hat. Auch seine Angaben zu der Größe der Ufos und deren Entfernung ergeben keinen Sinn. Als dritter Faktor paßt die von ihm geschätzte sehr hohe Geschwindigkeit nicht ins Gesamtbild. Wahrscheinlich handelte es sich um ein ganz irdisches Flugzeuggeschwader. Hätten die US-Militärs nüchtern reagiert, wären ihnen die Schätzungsfehler Amolds aufgefallen. Die Angst vor der sowjetischen Bedrohung schien wohl stärker als dieVernunft. Arnold selbst tat schließlich noch ein übriges, um die Ufo-Mythologie festzuschreiben: Zusammen mit einem geschäftstüchtigen Herausgeber von Science-fiction-Heftchen veröffentlichte er ein Buch über sein Erlebnis. Manche Ufologen sind der Meinung: Ohne diese missionarischen Schriften über Ufos, die die Diskussion im ganzen Land ankurbelten, wäre das Ufo-Phänomen wohl nie älter als zwei Wochen geworden.

Die Rolle der Militärs

Nachdem sich die Militärs einmal der Ufos angenommen hatten, gab es kein Zurück mehr. Zahlreiche Untersuchungsgruppen, Ausschußberichte und der militärische Hang zum

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Geheimstempel brachten die Ufo-Phantasien zur Prachtblüte. 1947 kam Generalleutnant Nathan F. Twining in der Projekt-Sign-Studie zu dem Schluß, daß Ufos „real und nicht fiktiv“ sind. Amerika fühlte sich nun vollends bedroht, wenn auch nicht mehr durch sowjetische Geheimwaffen. Höchste Zeit also, das Volk zu beruhigen. Das Nachfolgeprojekt „Projekt Grudge“ verkündete denn auch schließlich, daß die Mehrzahl der Sichtungen auf fehlinterpretierte natürliche Stimuli zurückzuführen sind. Die Ursachen der Sichtungen lägen in „Fehlinterpretationen konventioneller Erscheinungen, abnormen psychologischen und physiologischen Zuständen, gesellschaftlichem Streß und Schwindel“.

Diese widersprüchlichen Untersuchungsergebnisse beruhigten jedoch nicht, sondern heizten die Phantasie erst recht an. Ufo-Fans vermuteten, das Militär wisse alles über die Ufos, besitze sogar abgestürzte Untertassen und tote Außerirdische. Und die Zeugen würden lächerlich gemacht, um dieses Wissen zu vertuschen. Auch der Ausstieg der Luftwaffe aus den Ufo-Sichtungsuntersuchungen änderte zwei Jahre nach Arnolds fehlinterpretierter Beobachtung am Hang zum Ufo-Mythos nichts mehr. Ulrich Magin: „Die Ufos verkörperten die Hoffnungen und Ängste der Amerikaner geradezu ideal, und die Erklärung, Tausende von Amerikanern hätten so ungenau beobachtet, daß sie Sterne für außerirdische Raumschiffe hielten, war nicht sonderlich schmeichelhaft für das nationale Selbstbewußtsein.“

Die militärische Geheimniskrämerei war es schließlich auch, die den Ufo-Glauben trotz des offiziellen Abschwurs weiter nährte. So soll am 7. Januar 1948 eine fliegende Untertasse einen Piloten, der sie verfolgte, getötet haben. Die offizielle Erklärung dazu: Der Pilot war der Venus nachgeflogen, hat dann unter Höhenkrankheit gelitten und ist abgestürzt.

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Erst drei Jahre später wurde bekannt, daß diese spektakuläre Ufo-Aktion und deren Erklärungsversuch blanker Unsinn waren. Tatsächlich war der Pilot einem damals noch streng geheimen Ballontyp der Marine nachgeflogen und verunglückt. Die Luftwaffe aber wußte von dem Ballon nichts und versuchte mit der Venus-Variante die Gemüter zu beruhigen. Schon 1947 war die Luftwaffe wegen eines vermeintlichen Ufos in die Schlagzeilen gekommen. Nach dem Absturz eines Ballons über New Mexico kam in Fliegerkreisen das Gerücht auf, ein Ufo mit 16 kleinen außerirdischen Leichen sei abgestürzt. Ein Klatschreporter bekam davon Wind und stellte das Luftwaffengerücht als bewiesene Tatsache dar. Die unausbleibliche Folge: Kurz nach Veröffentlichung des Buches kam es im März 1950 zu einer erneuten Welle von Ufo-Sichtungen in den USA, die ebenso groß war wie die von 1947. 1951 erreichte die Ufowelle einen ersten Höhepunkt, nachdem jemand über Fort Monmouth, New Jersey, ein Ufo gesehen haben wollte, das auch auf den Radarschirmen der Militärs erschien. „Project Blue Book“ war geboren. Im April 1952 setzte die Illustrierte „Life“ mit einem Bestseller-Artikel noch eins drauf, und wenige Monate später schien der Himmel über den USA von Ufos nur so zu wimmeln. Radarstationen gerieten wegen unerklärlicher Echos auf den Bildschirmen in Aufregung, Kommandeure befahlen ihren Abfangjägern Alarmstarts. Auf Fotos überflogen ganze Raumschiffgeschwader das Capitol in Washington. Diesmal blieben die offiziellen Stellen in ihren Öffentlichkeitserklärungen bei der Sache und erläuterten ganz richtig, daß es sich um atmosphärische Phänomene, ausgelöst durch Lichtbrechungen an Inversionsschichten, handelte. Auch die Radarechos auf den damals noch recht unvollkommenen Geräten waren von ähnlichen Erscheinungen ausgelöst worden. Vergebens, die Öffentlichkeit

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des Landes sah das Zentrum amerikanischer Größe durch eine fremde, unheimliche Macht bedroht. Selbsternannte Ufo-Fachleute avancierten zu begehrten Interviewpartnern renommierter US-Zeitschriften und -Zeitungen. Man hatte den Eindruck, wer noch keine Ufos gesehen hat oder nicht daran glaubt, ist kein guter Amerikaner. Unter dem Druck solch intensiven Öffentlichkeitsspektakels verwundert es wohl kaum, daß die Ufo-Sichtungen im Sommer 1952 einen einsamen Rekord erreichten: 1952 wurden der Luftwaffe 1 166 Berichte gemeldet, davon 366 im Juli, 218 im August und 105 im September. Bis zum Jahresende kamen monatlich rund 50 Beobachtungen noch hinzu. Den Militärs, ehemals über ihre eigene Angstpsychose und Widersprüchlichkeit gestolpert, kaufte man die neue Sachlichkeit nicht ab. Vor diesem Hintergrund gründete sich 1952 die erste private Ufo-Organisation. Unter der Leitung von Coral und Hirn Lorenzen setzte sich die Aerial Phenomena Research Organization (APRO) das Ziel, das Rätsel selbst zu lösen.

Der Ufo-Knall In den 50er Jahren versuchten die Militärs - auch wenn sie sich nach wie vor Widersprüchlichkeiten leisteten - wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren. Aber wie es eben zu jedem Mythos paßt, kam dann der Ufo-Knall schlechthin, wenn man die falsch interpretierte Beobachtung von Arnold als Lunte am Pulverfaß der Phantasie bezeichnen will. George Adamski, Kalifornier polnischer Abstammung, behauptete Anfang 1953 in einem Buch, im November des Vorjahres in der kalifornischen Wüste eine Begegnung mit einem Außerirdischen gehabt zu haben. Der habe ihn vor den Gefahren der Atombombe gewarnt. Den Fremden beschrieb

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Adamski als langhaarigen Schönen von der Venus - die absolute Lebensfeindlichkeit dieses sonnennahen Planeten war damals noch mangels Voyager-Sonden außer ernsthaften Astrophysikern kaum jemand bekannt.

Verbrämt mit dem Nachwort eines Esoterikers, der in Göttern und Engeln der Mythen und heiligen Schriften in Wirklichkeit Raumfahrer von anderen Planeten entdeckte, wurde der Adamski-Bericht zum Inbegriff der Ufo-Wahrhaftigkeit. Wen wundert es, daß im Land der Sekten und Sektierer religiöse Gemeinden entstanden und Adamski selbst zu deren Propheten aufstieg. Und wie die heutige Medienlandschaft weiß, verlangt jeder Bestseller eine Fortsetzung. Also flog Adamski in zwei weiteren Büchern zum Mond und mehreren anderen Planeten des Sonnensystems. Damit die Auflage auch weltweit stimmt, hat er nicht nur viele Planetenmenschen gesprochen, sondern auch Jesus und Buddha.

Nach modernem PR-Management könnte man die Überlegung unterstellen: Welcher Anhänger dieser Weltreligionen wollte nicht in seinem eigenen kurzen Leben Informationen aus erster Hand über seinen Schöpfer erfahren? Selbst der Papst empfing Adamski. Die APRO hingegen hielt Adamski für einen Schwindler.

Eine neue Ära der Ufologie war geboren, die Entführungsopfer mehrten sich. Auffallend war nur, daß sich die Außerirdischen ihren Opfern gegenüber stets friedlich verhielten. Einer behauptete gar, seine Frau sei eine Außerirdische. Noch heute finden ernsthafte Ufo-Forscher bei Entführungsschilderungen Parallelen zu Aussagen früher Entführter. Der Schluß liegt nahe, daß hier etwas nacherzählt wird.

Bei den amerikanischen Sicherheitsbehörden entstand ob der neuen Ufo-Welle neue Angst. Diesmal nicht vor den Russen, auch nicht vor Außerirdischen, sondern vielmehr

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vor der Hysterie des eigenen Volkes. Die CIA empfahl gar, dem Ufo-Spuk ein Ende zu bereiten, ehe ernsthafter Schaden entsteht. Man befürchtete, im Fall einer tatsächlichen Krise könnte die Ufo-Welle sämtliche Informationskanäle für wichtige Meldungen blockieren.

In vielen Medien dachte man genauso. Aber alle Mühe war vergebens, die Amerikaner sahen weiterhin fliegende Untertassen.

Neue Ufo-Organisationen schossen aus dem Boden und sagten sich gegenseitig den Krieg an, nach dem Motto: Euer Ufo ist keines, unser Ufo ist das alleinig wahre. Der Start des ersten Sputniks am 4. Oktober 1956 versetzte dem Selbstbewußtsein der Amerikaner einen schweren Dämpfer, nicht zuletzt auch deshalb, weil sich nun zeigte, daß die Russen in Bezug auf ihre Waffentechnologie einen höheren Entwicklungsstand hatten, als man bisher angenommen hatte. Die westliche Welt bekam es mit der Angst zu tun, was in einer Zeit des Kalten Krieges nur allzu verständlich war. Schon am Tag nach dem Sputnikstart gingen bei der US-Luftwaffe 102 Beobachtungsmeldungen ein, im November stiegen sie auf 361.

Schließlich entwickelte sich eine Epidemie, die fast die ganze Welt ergriff, Ufos waren nicht mehr allein über Amerika, sondern auch über Lateinamerika und Europa. Und die Europäer hatten einiges zu bieten.

Vor allem Franzosen, Italiener und Spanier konnten darauf verweisen, schon 1954 mehr als 200 Landungen beobachtet zu haben. Viele berichteten auch von Außerirdischen, die sie gesehen hatten.

Die amerikanischen Ufo-Organisationen APRO und NICAP kümmerte es wenig, daß z. B. die französischen Berichte zum Großteil Zeitungsenten waren - man druckte sie in den Mitgliederzeitschriften eifrig nach.

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Der bekannteste Ufo-Fall und seine

Folgen Legte Arnold 1947 die Lunte und zündete Adamski die Bombe, so löste das Ehepaar Hill 1961 die Kettenreaktion endgültig aus. Das Paar sichtete im September 1961 ein helles Licht, das es für ein Ufo hielt, dann verlor es das Bewußtsein. Unter Hypnose erinnerten sich die beiden, von Humanoiden an Bord einer fliegenden Untertasse verschleppt worden und dort medizinisch untersucht worden zu sein. Für den Journalisten John Fuller wurde die Geschichte zum Bestseller. Der Fall war einmalig, bis ein brasilianischer Bauer 1968 an Bord eines Ufos, eingerieben mit wohlriechenden Ölen, eine Außerirdische lieben mußte.

An die Öffentlichkeit drangen beide Ereignisse erst Jahre später. Ihre Wirkung war enorm. Mitte der 70er Jahre kam es geradezu zu einer wahren Explosion von Entführungsberichten.

Die von Entführungsberichten geschwängerte Empfänglichkeit der 60er Jahre ergriff sogar die amerikanische Politik. Gerald Ford, späterer US-Präsident, forderte als Republikanerführer im Kongreß, dieses Gremium müsse sich endlich mit dem Thema Ufos befassen.

Er schrieb 1966: „Wir sind es den Leuten schuldig, festzustellen, ob es das Ufo-Phänomen gibt, und dabei die größtmöglichen Erkenntnisse über das Thema zu sammeln.“ Zahlreiche Offizielle waren der Meinung, das Ufo-Thema müsse endlich vom Tisch. Im Auftrag des Militärs veröffentlichte 1969 die Universität von Colorado unter Federführung von Dr. Edward U. Condon den sog. Condon-Report. Skeptiker vermuteten, daß mit allen Mitteln versucht werden sollte, dem Publikum wissenschaftliche Glaubwürdigkeit bei der Ablehnung der Existenz von Ufos zu verkaufen,

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andererseits aber das Gesicht vor den Wissenschaftskollegen gewahrt werden sollte.

Der Physiker Condon bezeichnete in seinem Schlußwort des rund tausend Seiten dicken Berichts das Ufo-Phänomen als nicht real. „Die in der Vergangenheit durchgeführte Sammlung von anekdotischen Berichten ist ohne wissenschaftlichen Wert, denn die meisten wurden von herkömmlichen Stimuli ausgelöst. Wir empfehlen daher, daß keine weiteren Gelder zur Untersuchung von Ufos verwendet werden.“ Der „Condon-Report“ ist gleichzeitig das Ende des Luftwaffen-Ufo-Engagements. Daran änderte auch Dr. Hynek nichts, der die Meinung vertrat, die Hälfte der untersuchten Fälle sei unidentifiziert geblieben. Nach 1969 war das Thema die alleinige Angelegenheit von privaten Organisationen, die etablierte Wissenschaft hielt sich zurück, die Sensations- und Geschäftemacher hatten freie Bahn.

Steven Spielberg macht die Ufos zum

Kassenschlager Im Herbst 1973 kamen auch die Amerikaner in den Genuß Unheimlicher Begegnungen der dritten und vierten Art (CE 111 und CE IV), also des Kontakts mit Außerirdischen und Entführungen. Allen Hynek sprach als Leiter des von ihm gegründeten „Center for UFO-Studies“ sogar vom „Jahr der Humanoiden“. Ausgelöst wurde die neue Ufo-Welle durch zwei Angler in Mississippi, die eine Stunde an Bord einer Untertasse waren. Dort seien sie von menschenähnlichen Wesen mit krabbenartigen Händen und einem riesigen schwebenden Auge untersucht worden.

Erst unter Hypnose war ihre Entführungsgeschichte herausgekommen. Die tagelange Berichterstattung der Medien bewirkte einmal mehr, daß die Humanoidensichtungen

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sprunghaft anstiegen. Man hatte fast den Eindruck, in ganz Amerika trieben sich runzlige Zwerge, leuchtende Riesen, Fremde in Raumfahreranzügen und andere geheimnisvolle Gestalten herum. Natürlich blieb nicht aus, daß auch das mysteriöse Bennudadreieck wieder zu Ehren kam, in dem angeblich zahlreiche Schiffe und Flugzeuge spurlos verschwunden waren. Zurückgekehrte Entführte berichteten durchweg, das Bermudadreieck sei die Basis der Außerirdischen.

Steven Spielbergs Film „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ aus dem Jahr 1977 verarbeitete in gekonnter Weise alle Attribute der Kontaktberichte sowie Mythologien der Völker. Er wurde weltweit zum Kassenschlager und löste in Italien die größte Ufo-Welle des Landes aus. Die Phantasie tat ein übriges, und so tauchten nicht nur kleinwüchsige Wesen mit übernatürlichen Kräften auf, sondern auch allerhand Monster, wie der immer wieder angeblich gesichtete Schneemensch, Flugsaurier und Riesenkatzen.

Mittlerweile hatte sich auch eine neue Ufologen-Gruppe, in der sich auch hochkarätige Wissenschaftler einfanden, gegründet. Ihr „Mutual UFO Network“ (MUFON) soll sich laut Satzung zwar neutral verhalten, unterstützt jedoch die außerirdische Hypothese. In den 80er Jahren glaubte man vor allem in den USA, den Ufos per Hypnose auf die Spur kommen zu können. Bud Hopkins Buch „Von Ufos entführt“ wurde zur Bibel der Untertassen-Gläubigen. Er versetzte alle nur irgendwie erreichbaren Menschen in Hypnose, um nach eventuell vorhandenen verdrängten Entführungserlebnissen zu forschen. Schließlich kam er sogar auf die Idee, eine fremde Zivilisation entführe Menschen, um Genmaterial zu entnehmen und die Evolution auf der Erde zu manipulieren. Selbst Geisteswissenschaftler, die das Ufo-Phänomen psychosozial zu erklären versuchten, kapitulierten

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angesichts der etwa tausend angeblichen Entführungsfälle der 80er Jahre.

Die zunehmende unkritische Gläubigkeit wurde zum fruchtbaren Boden so manchen Schwindels. So behauptete Ed Walters, ein Geschäftsmann aus Florida, zwischen November 1987 und Mai 1988 über 20 Begegnungen mit fliegenden Untertassen gehabt zu haben. Zum Beweis legte er gut 40 Polaroidfotos vor.

Zweimal sei er sogar entführt worden. Die mittlerweile größte Ufo-Organisation der USA, MUFON, erklärte den Fall für authentisch. Spätere Analyseverfahren deckten jedoch einen grandiosen Schwindel auf. Walters wurde nachgewiesen, auf welche Weise er die Fotos gefälscht hatte, man fand sogar das hierfür benutzte Ufo-Modell. Aber ist es aufgrund solcher Enthüllungen gerechtfertigt, die Existenz außerirdischer Lebewesen, die in unseren Lebensbereich vordringen, grundsätzlich zu leugnen und als hirnlose Phantastereien abzutun?

Der Streit um die Ufos wäre schnell' behoben, wenn man eines hätte. Der Wissenschaftsautor Johannes v. Buttlar gab in den 80er Jahren immerhin zu bedenken:

-Unbekannte Flugobjekte wurden in allen Ländern der Erde

gesichtet und von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Bildung beobachtet, von Eingeborenen auf Neuguinea wie von Astronauten.

-Rund 150 Astronomen registrierten bislang Erscheinungen am Himmel, die als uridentifizierbare Flugobjekte eingestuft werden müssen.

- Die relative Häufigkeit von Sichtungen nimmt in dünner besiedelten Gegenden mit vorrückender Nacht zu. So sind

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Sichtungen zwischen zwei und vier Uhr morgens am häufigsten.

- Viele der beobachteten Objekte strahlten gewaltige Energiemengen in Form von Licht, Infrarot- und Mikrowellen im Gigahertzbereich ab.

- Aus zahlreichen Berichten geht hervor, daß durch die Nähe eines Ufos bei Autos die Zündung versagte, der Motor stehenblieb.

- Die um solche Objekte registrierten Magnetfelder betrugen bis zu 200 000 Oersted, eine Maßeinheit für magnetische Feldstärke.

- Einige vom Radar erfaßte Objekte erreichten Überschallgeschwindigkeit, ohne Schallmauerknalle auszulösen.

- Durchschnittlich werden Ufos drei bis 17 Minuten lang beobachtet. Vergleichsweise sind laut v. Buttlar Kugelblitze nur zehn bis 30 Sekunden lang sichtbar. - Ufo-Sichtungen werden nicht nur von Personen mit blühender Phantasie gemeldet, sondern sehr häufig von Piloten, Polizisten und Wissenschaftlern.

Von den Mitgliedern der „American Astronomical Society“ haben sich 80 Prozent der Astronomen für eine öffentlich geförderte wissenschaftliche Untersuchung des Phänomens ausgesprochen. Die in den vorangegangenen Punkten zum Ausdruck gebrachten Tatsachen zeigen, daß bestimmte Phänomene, die in Verbindung mit Ufo-Sichtungen stehen, wissenschaftlich nicht erklärt werden können.

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Ufos - ein Fall für die UNO

Bei aller Skepsis konnte sich die Politik aus dem Ufo-Phänomen nie ganz heraushalten. 1967 sah der damalige UNO-Generalsekretär in diesem weltweiten Phänomen neben dem Vietnamkrieg ein wichtiges Problem. Vor einem eigens eingerichteten Ausschuß meinte der Sonderbotschafter Grenadas 1977, Prof. Dr. Wellington Friday, daß eine Kontaktaufnahme zwischen irdischen Raumschiffen und solchen außerirdischer Herkunft durchaus im Bereich des Möglichen läge. Die Menschheit müsse sich mit einer eventuellen Kontaktaufnahme mit außerirdischen Intelligenzen philosophisch und psychisch auseinandersetzen. Im November 1978 hatte das sonderpolitische Komitee der UN-Vollversammlung dann sein eigenes Ufo-Erlebnis aus erster Hand. Der Oberstleutnant der US-Armee, Lawrence E. Coyne, gab seinen Augenzeugenbericht ab:

Danach war er am 18. Oktober 1973 um 22.30 Uhr in einem Hubschrauber von Port Columbus, Ohio, gestartet, um zu seinem Stützpunkt, der Cleveland-Hopkins-Airbase, zurückzufliegen. Außer ihm waren Leutnant Arrigo Jezzi, Sergeant John Headley und Sergeant Robert Yanacsek an Bord. Bei ruhiger, klarer Nacht flog der Hubschrauber in 800 Meter Höhe etwa 170 km/h schnell. Kurz nach 23 Uhr fiel Yanacsek am südöstlichen Himmel ein rotes Licht auf, das er zunächst für ein Flugzeug hielt. Nach einer Minute meldete er dem Colonel seine Beobachtung. Knapp 30 Sekunden später änderte das Licht plötzlich seine Richtung und flog auf Kollisionskurs in Richtung Helikopter, weshalb Coyne im Steilflug 200 Meter tief ging. Gleichzeitig nahm er Verbindung mit dem Kontrollturm in Mansfield auf. Nachdem sich der Tower gemeldet hatte, brach die Funkverbindung ab.

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Auch auf anderen Frequenzen kam keine Verbindung mehr

zustande. Nach Schätzung von Coyne jagte das rote Licht mit 1100 Kilometer pro Stunde auf den Hubschrauber zu, stoppte plötzlich, schwebte über dem Helikopter und paßte sich dessen Geschwindigkeit an, Gelegenheit für die Besatzung, das Objekt zu erkennen.

Der Flugkörper wirkte wie eine 15 bis 20 Meter lange, an beiden Enden etwas abfallende Zigarre mit einer kuppelartigen Wölbung und hob sich gegen den sternklaren Nachthimmel metallgrau ab. Yanacsek wollte zudem eine Reihe von Fenstern um die Kuppel gesehen haben.

Das vorher beobachtete rote Licht befand sich am vorderen Teil des Flugkörpers, hinten leuchtete ein weißes Licht. Vom hinteren Rand aus richtete sich eine Art Suchscheinwerfer auf den Hubschrauber, wodurch dessen Cockpit in grünes Licht gehüllt wurde. Gleichzeitig fing die Kompaßnadel an, langsam im Kreis zu rotieren.

Als das Flugobjekt höher stieg, wurde der Hubschrauber, „als hinge er am Schleppseil“, nach oben gezogen. Innerhalb von vier bis fünf Minuten war der Helikopter von 500 Meter auf 1350 Meter laut Höhenmesser.

Plötzlich gab es einen Ruck, und der mysteriöse Flugkörper entfernte sich.

Der Zwischenfall hatte etwa fünf Minuten gedauert und war völlig geräuschlos verlaufen. Die Besatzung beobachtete dann, wie das grüne Licht erlosch und das Objekt mit hoher Geschwindigkeit in westlicher Richtung davonflog und später nach Nordwesten abdrehte.

Mit offensichtlich zunehmender Geschwindigkeit leuchtete es immer heller auf, bis es vom Nachthimmel verschwand. Erst zu diesem Zeitpunkt normalisierten sich die Kontrollgeräte des Helikopters wieder, und der Funkverkehr funktionierte wieder.

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Der Condon-Bericht und der

Geheimdienst Nichts beschreibt das Meinungschaos „Ufo ja - Ufo nein“ besser als die Gegenüberstellung des sogenannten Condon-Reports und eines geheimen Berichts des obersten US-Geheimdienstes „National Security Agency“ (NSA). Mit einem Aufwand von 500000 Dollar und zweijähriger Arbeitszeit behauptete die nach dem Leiter und Physiker Dr. Edward Condon benannte Arbeitsgruppe der Universität Colorado im Auftrag des US-Luftwaffenamtes auf gut tausend Seiten: „Es gibt keine Beweise zur Rechtfertigung der Annahme, daß außerirdische Besucher in die Erdatmosphäre eingedrungen sind - und nicht genügend Beweise, um weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet verantworten zu können.“ Condon und seine Mitarbeiter hatten von Anfang an erst gar kein Hehl daraus gemacht, daß sie an Ufos nicht glaubten.

Parallel zum Condon-Projekt nahm die NSA in einem Geheimbericht für die Regierung zum Ufo-Phänomen Stellung. Darin wird die außerirdische Herkunft von Ufos ernstlich für möglich gehalten und ein für die Regierung gedachtes Verhaltensszenario entwickelt. Laut v. Buttlar heißt es darin:

1. Alle Ufos sind Schwindel.

Im Jahr 1953 wurden innerhalb von drei Monaten (Juni, Juli, August) in Berichten der Luftwaffe 35 Sichtungen von Flugobjekten unbekannter Herkunft gemeldet. Falls sich erweisen sollte, daß es sich bei diesen Ufos wider alle Erwartungen und Anhaltspunkte um Schwindel handeln sollte - einen Schwindel von weltweitem Ausmaß, Schwindel, der sich zunehmend häuft -, dann schiene

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sich eine Verwirrung des menschlichen Geistes von alarmierendem Ausmaß zu entwickeln. Ein solche geistige Verwirrung würde ernsthafte Konsequenzen für Nationen bedeuten, die über „nukleares Spielzeug“ verfügen, und sorgfältige Untersuchungen durch Wissenschaftler erforderlich machen.

2. Alle Ufos sind nur Halluzinationen. Menschen können natürlich Sinnestäuschungen zum Opfer fallen. Obwohl nur selten ganze Menschengruppen derselben Halluzination unterliegen, kann dergleichen geschehen. Es gibt aber eine beachtliche Anzahl von Beispielen, denen zufolge dasselbe Ding gleichzeitig von Personengruppen und auf einem oder mehreren Radarschirmen gesehen wurde. Die Anzahl solcher Beweise scheint ein wichtiges Argument gegen die Behauptung zu sein, alle Ufos seien Halluzinationen.

3. Alle Ufos sind Naturphänomene. Falls diese Hypothese zutreffen sollte, muß die Tauglichkeit von Frühwarnsystemen zur Bestimmung einer Angriffssituation in Frage gestellt werden.

4. Einige Ufos sind geheime irdische Projekte. Ein Wiedereintrittsflugkörper der US-Luftwaffe wie z. B. eine Raketenstufe und das oft publizierte kanadische „Untertassen“-Projekt lassen über diese Hypothese kaum Zweifel offen. Es sollen alle Ufo-Berichte sorgfältig untersucht werden, damit solche Feind- (oder freundlichen) Projekte ausgeschlossen werden können. Andernfalls wäre eine Nation gefährdet, durch eine neue, geheime „Weltuntergangswaffe“ eingeschüchtert zu werden.

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5. Einige Ufos sind mit außerirdischen Intelligenzen in

Zusammenhang zu bringen. Einigen bedeutenden Wissenschaftlern zufolge kann diese Hypothese nicht ausgeklammert werden. Diese These beinhaltet eine ganze Reihe weitreichender Folgerungen für das Überleben der Menschheit. a) In der Menschheitsgeschichte findet man immer wieder die

tragischen Resultate einer Konfrontation zwischen einer technologisch überlegenen Zivilisation und einer technisch unterlegenen Zivilisation. Gewöhnlich ist die „unterlegene“ einer Eroberung ausgesetzt.

b) Bei Konfrontationen von Menschen mit unterschiedlichem kulturellem Niveau leiden meist jene unter einem tragischen Identitätsverlust, die den unterlegenen oder schwächeren Kulturen angehören. Sie werden gewöhnlich von anderen absorbiert.

6. Kommentar

Eine verstärkte Notmaßnahme muß die gründliche Untersuchung sein, um die Drohung auszuschließen und ihren genauen Charakter zu bestimmen. Alles sollte darauf ausgerichtet werden, in kürzester Zeit hinreichende Verteidigungsmaßnahmen zu entwickeln. Es erscheint notwendig, im Umgang mit Ufos der Einstellung zum Überleben etwas mehr Beachtung zu schenken.

Ufos hinter dem Eisernen Vorhang Während die Sicherheitshysterie der Amerikaner in den fliegenden Untertassen zu Beginn des kalten Krieges unheimliche Geheimwaffen der Russen sah, scherten sich die Ufos keineswegs um die Politneurosen der Menschheit. Als der Condon-Bericht in den USA immer mehr ins Gerede

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kam, geriet der sowjetische Geheimdienst KGB immer stärker ins Schleudern, das Sowjetvolk ruhig zu halten. Immer mehr Ufo-Sichtungen über dem Riesenreich gefielen den Machthabern nicht. Im Oktober 1967 wurde deshalb die ständige kosmonautische Kommission der UdSSR gegründet. Unter Leitung des Generalmajors der Luftwaffe Porfiri Stoljarow war Ufo-Forschung angesagt. Nach Meinung von Kennern der Materie leistete dieses Gremium sachliche Arbeit. Untersucht wurden z. B. folgende Fälle:

Passagiere und Besatzung einer TU-104 hatten im September 1964 ein scheibenförmiges, metallenes Objekt mit einer Kuppel beobachtet. Das Ufo flog unterhalb der Verkehrsmaschine parallel zu dieser auf der Strecke Moskau-Leningrad.

Im Juli 1965 sah der Direktor einer ionosphärischen Beobachtungsstation im lettischen Ogra durch ein Teleskop eine fliegende Scheibe mit einem Durchmesser von etwa 100 Metern. Drei kleinere Scheiben begleiteten sie. Besondere Bedeutung maß Untersuchungsleiter Stoljarow dem Bericht des Kosmonauten Valerij Bykowskij zu, der in seiner Wostok-VI-Kapsel im Juni 1963 von einem eiförmigen Flugobjekt verfolgt wurde. Übrigens hatten auch amerikanische Astronauten wiederholt Begegnungen mit unidentifizierten Flugobjekten gemeldet. Bykowskijs Beschreibung deckte sich mit der von Lonnie Zamora knapp ein Jahr später in Socorro/New Mexico.

Damals hatte der Streifenpolizist Zamora eine Begegnung mit einem eiförmigen Flugkörper. Auffällig daran war, daß die Beobachtung des Polizisten mit der des Kosmonauten ein Jahr vorher übereinstimmte, Zamora davon jedoch keine Ahnung haben konnte, da die Sowjets den Vorfall geheimgehalten hatten. Beide Beobachter sprachen von einer auffälligen roten Markierung: ein unten mit einem Querbalken

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abgeschlossener Halbkreis, in dem ein auf den Kopf gestelltes „V“ mit einem senkrechten Strich in der Mitte gezeichnet war. Mit der Zeit bekam die CIA von dem sowjetischen Ufo-Forschungsprojekt Wind und unterrichtete die NASA. Die Sowjets wiederum sahen sich in Zugzwang und ließen die Sowjetische Akademie der Wissenschaften nach außen hin erklären: Fliegende Untertassen existieren nicht. Stoljarow und seine Gruppe analysierten hingegen weiter. In einem 1970 abgeschlossenen geheimen Zwischenbericht stellte man fest, es gebe so viele gut belegte Sichtungen und Radaraufzeichnungen, daß optische Illusionen ausgeschlossen werden könnten. Es handle sich um reale Objekte, deren Ursprung nur durch weitere systematische Forschung geklärt werden könne. Neben der Empfehlung, alle verfügbaren Meß- und Beobachtungsstationen einzuschalten, vertrat die Untersuchungsgruppe die Ansicht, daß unbekannte Flugobjekte außerirdischen Ursprungs sind. Die gespeicherten Daten ließen sich am besten mit dieser Hypothese in Einklang bringen. Offiziell herrschte in Sachen Ufos im Ostblock jedoch Funkstille. Von Buttlar gelang es aber, Stimmen von Wissenschaftlern zusammenzutragen. So erklärte Professor Dr. Felix Zigel vom Institut für Flugwesen in Moskau: „Aus der UdSSR liegen zuverlässig belegte Ufo-Beobachtungen vor. Es ist kaum anzunehmen, daß es sich durchweg um optische Täuschungen handeln könnte. Denn optische Täuschungen erscheinen wohl kaum auf Filmen und werden nicht durch Radar registriert. Daher ist die stichhaltigste Hypothese: Ufos sind Vehikel extraterrestrischer Zivilisationen.“

Zur gleichen Auffassung gelangte offenbar der Präsident der Sowjetrussischen Akademie der Wissenschaften, Professor V. F. Kuprewitsch: „Wer weiß, vielleicht besuchen diese Wesen von anderen Planeten unsere Erde bereits,

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wollen aber keinen Kontakt mit uns aufnehmen. Warum? Ich vermute, da unser gegenwärtiger Entwicklungsstand z. B. von diesen Intelligenzen weit überschritten ist und wir ihnen vorkommen wie die ersten Höhlenmenschen.“

Der sowjetische Raketenexperte Professor Ananoff sagte: „Ich bin nicht abgeneigt, an fliegende Untertassen zu glauben. Kein Grund zur Verwunderung, wenn es außer uns noch andere Wesen im Universum gibt.“

Nach Darstellung von Professor Wladarow ist die Moskauer Akademie für Weltraumforschung zu dem Ergebnis gekommen, daß es sich nicht um Sinnestäuschungen, astronomisch, geologisch oder meteorologisch erklärbare, natürliche Erscheinungen handeln könne. Es handele sich vielmehr um Fluggeräte verschiedenster Formen, die aus einer unbekannten, konkreten Materie bestehen müßten.

Ufos in sechs Dimensionen

Das Lager der Ufologen ist im Grunde dreigespalten. Die Skeptiker beurteilen Erlebnisberichte aufgrund der ungenauen Daten gern als Verwechslung oder gar Schwindel. Andere meinen, das Phänomen könne physikalisch nicht erklärt werden, und sehen darin eher einen psychologischen bis parapsychologischen Vorgang. Der Astrophysiker Dr. Jacques Valée gehört zu jener Gruppe, die in den unbekannten Flugobjekten Produkte einer fremden Technologie sieht, und beurteilt sie nach sechs Dimensionen.

Das Hauptgewicht liegt dabei seiner Ansicht nach auf der physikalischen Dimension, da das Objekt nach den meisten Schilderungen eine wahmehmbare Position im Raum einnimmt, die es mit der Zeit verändert. Zudem beeinflußt es durch Wärme, Licht und Turbulenzen die Umgebung. Aus Lande- und Brandspuren könne die ungefähre Masse und

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Energie geschätzt werden. Fotos, Radarechos und magnetische Störungen seien ebenfalls physikalisch überprüfbare Hinweise.

Es gibt laut Dr. Valée aber auch eine Dimension, die nicht physikalischen Ursprungs ist: Ein solches Objekt hinterläßt zwar ein ähnliches Muster wie eines der physikalischen Kategorie, kann jedoch mit der herkömmlichen Physik nicht erklärt werden - z. B. wenn ein als materiell beschriebenes Ufo in den Boden sinkt, dabei undeutlich und schließlich transparent wird, um augenblicklich an anderer Stelle wieder aufzutauchen. Hinzu kommt, daß ein solches Ufo durch Radar nicht zu orten ist.

Für die dritte Erklärungsdimension zieht auch Valée die psychische Veranlagung und die soziale Stellung des Augenzeugen heran.

Vor diesem Hintergrund wird ein Beobachter zwar erkennen, daß er das Objekt konventionell nicht einstufen kann, trotzdem aber zunächst versuchen, das Gesehene irgendwie abzutun. Schließlich kommt er aber doch nicht um die Schlußfolgerung herum, daß es sich tatsächlich um ein ihm unbekanntes Objekt handelt.

In der vierten Kategorie sind Ufo-Zeugen, wohl auch in Wechselwirkung zur psychischen Dimension, mit persönlich spürbaren Auswirkungen konfrontiert. Dafür sprechen Zeugenaussagen, die von Schüttel- und Lähmungserscheinungen, Hitzewellen und Prickeln berichten. Einige Personen erblindeten sogar vorübergehend, andere litten unter Atemnot, Übelkeit und Apathie. Bereits in den Bereich der Parapsychologie ordnet der Astrophysiker Erscheinungen der fünften Dimension ein. Damit meint er telepathische Ereignisse, die Aufhebung der Schwerkraft von Gegenständen, Tieren oder Menschen in der Nähe von Ufos, aber auch Poltergeisterphänomene.

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Die sechste Dimension hängt für ihn mit der

Kulturzugehörigkeit des Augenzeugen zusammen. Hier spielen Religion und die Medien bei der Meinungsbildung eine wichtige Rolle. Valee definiert daher laut Johannes v. Buttlar einen Orientierungsrahmen zur Einschätzung des Ufo-Phänomens:

1.Dieses Phänomen muß als Erzeugnis einer Technologie betrachtet werden. Ein beobachtetes Ufo stellt ein reales, physikalisch-materielles Objekt dar. Entweder verfügt es über ein sehr gutes „Tarnvermögen“ oder wendet physikalische Prinzipien an, die „antiphysikalische“ Auswirkungen zur Folge haben. 2.Entweder verursacht diese Technologie beabsichtigte PSI-Auswirkungen, oder aber sie treten als Nebenerscheinungen auf. Paranonnale Auswirkungen wurden zu häufig festgestellt, als daß sie ignoriert werden könnten. 3.Diese Technologie setzt physiologische und psychologische Mittel zur kulturellen Manipulation ein, die möglicherweise durch außerirdische Intelligenzen gesteuert werden.

Ein Besuch an Bord Wenn es Ufos und Außerirdische wirklich gibt, so ist der Streit darüber, warum sie die Erde besuchen, noch lange nicht gelöst. Die Berichte von angeblich Entführten lösen lediglich weitere Spekulationen und Phantasien aus. Der US-Luftwaffensergeant Charles Moody will am 13. August 1975 Genaueres erfahren haben, als er nachts in der Wüste von New Mexico einen Meteoritenschauer beobachten wollte.

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Statt der Sternschnuppen sah er aber plötzlich ein scheibenförmiges Objekt in hundert Meter Entfernung vor sich. Es hatte einen Durchmesser von etwa 18 Metern, war rund sieben Meter hoch und teilweise erleuchtet. Als die Scheibe auf ihn zuflog, wollte Moody mit seinem Wagen die Flucht ergreifen, aber der Motor sprang nicht an, die Armaturenbeleuchtung blieb dunkel, obwohl die Batterie neu war. Kurz darauf verlor Moody das Bewußtsein. Als er wieder zu sich kam, sah er gerade noch, wie das Flugobjekt am Himmel verschwand. Noch den Schrecken in den Gliedern, stellte er zu Hause fest, daß es bereits drei Uhr morgens war. Das Objekt hatte er um 1.15 Uhr entdeckt. Was während der Zwischenzeit geschehen war, wußte er nicht mehr. Tage später klagte der Sergeant über einen unerklärlichen Hautausschlag und Schmerzen im Unterkörper. Ratlos ging er zu einem ehemaligen Kameraden, den Psychologen und Neurologen Dr. Abraham Goldman, der ihn hypnotisierte. Während einiger Wochen kehrte langsam seine Erinnerung zurück. Ihm fiel ein, daß einige Gestalten in schwarzen, overallähnlichen Anzügen auf ihn zugekommen waren. Der offenkundige Anführer trug einen silberfarbenen Overall. Alle hatten übergroße, kahle Köpfe, kleine Nasen und fast lippenlose Münder. In seinem Buch „Sie kommen von fremden Sternen“ beschrieb von Buttlar das Erlebnis des Luftwaffensoldaten dann so:

Der Sergeant sah sich benommen und jeder Bewegung unfähig auf einem Metalltisch liegen, während sich ihm der Fremde im hellen Overall näherte. Moody erinnerte sich, „in seinem Kopf“ die beruhigenden Worte vernommen zu haben: „Dir passiert nichts, Charles“, obwohl der Fremde die Lippen nicht bewegt hatte. Er sei verwundert gewesen, daß der Fremde seinen Namen kannte, ihn aber nicht mit seinem Spitznamen „Chuck“ ansprach. Plötzlich habe er sich wieder

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bewegen können und sei aufgestanden. Er habe jede Einzelheit des Raums, in dem er sich befand, wahrgenommen. Moody meinte, daß seine Gedanken anscheinend gelesen wurden, denn bevor er eine Frage habe aussprechen können, sei sie schon beantwortet worden. Der Fremde im hellen Overall habe ihn dann in einen anderen Raum geführt, der ausgesehen habe wie ein Operationssaal mit Wänden und Inventar wie aus mattem Metall oder Kunststoff. Die Quelle der indirekten Beleuchtung habe Moody nicht ausmachen können. Als er sich in Gedanken gewünscht habe, den „Maschinenraum“ zu sehen, habe ihm der Fremde die Hand auf die Schulter gelegt und bedeutet, mit ihm zu kommen.

Sie seien dann in einen kleinen, schwach beleuchteten Raum gegangen, wohl eine Art Aufzug. Als sich die Tür wieder öffnete, hatte Moody in einen runden Raum von etwa acht Meter Durchmesser geblickt, in dessen Mitte eine dünne Säule stand, die sich oberhalb der Decke fortzusetzen schien. Rings um die Säule bargen drei mit Glaskuppeln verschlossene Einbuchtungen große Kristalle, die jeweils mit zwei Stäben versehen waren. Außer einem großen schwarzen Kasten befand sich nichts mehr in diesem Raum, und nichts wies auf Kabel hin.

Moody sagte, der Fremde habe ihm klargemacht, daß sie sich nur in einem kleinen Beobachtungsschiff befanden. Das Mutterschiff umkreise die Erde in einer Entfernung, die zwischen 600 und 10 000 Kilometern variiere.

Nach einer Weile betraten beide wieder den sogenannten Aufzug. Moody erinnerte sich, daß ihm der Fremde die Hände auf den Kopf gelegt und zu verstehen gegeben habe, daß er dieses Erlebnis nun vergessen würde. Erst zwei Wochen später könne er sich wieder daran erinnern und würde dann auch verstehen, was er an Bord des Ufos gesehen und gehört habe. Einen Augenblick später habe Moody wieder

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in seinem Wagen gesessen. Ein Lügendetektortest ergab, daß die Aussagen des Sergeants der Wahrheit entsprachen. Diesen Aussagen zufolge habe der Außerirdische erklärt, daß die Menschen Ufos und deren Intentionen mißverstünden. Die Erde würde zum Studium verschiedenster außerirdischer Zivilisationen aufgesucht, deren heimatliche Planetensysteme viele Lichtjahre voneinander entfernt lägen. Das Problem liege nicht darin, von der Menschheit akzeptiert zu werden, sondern sei umgekehrt zu sehen.

Die Heimat der Außerirdischen Zu den wohl berühmtesten Unheimlichen Begegnungen der vierten Art zählt der Bericht des Ehepaares Hill, den Skeptiker ins Reich der Phantastereien verweisen. Er beschreibt aber auch, worum es - wie andere Entführungsschilderungen auch berichten - den Außerirdischen ebenfalls geht - um medizinische Untersuchungen. Außerdem wurde unter Hypnose etwas zutage gefördert, was auf die Herkunft der Ufos hindeutet.

Betty und Barney Hill waren demnach 1961 zwei Stunden an Bord eines Ufos, nachdem ihr Wagen in New Hampshire nachts von einigen etwa 1,50 Meter großen Männern, die fremdartig wirkten, gestoppt worden war. Die fast schwarzen Augen waren viel größer als menschliche. Die Haut war grau, die Nase nur angedeutet, und Ohrmuscheln schienen sie nicht zu haben. Wenn die Wesen miteinander sprachen, bewegten sie den Mund, die Worte waren aber unverständlich. An Bord des Ufos wurde das Ehepaar getrennt. Betty mußte sich einer schmerzlosen Untersuchung von Hals, Nase, Ohren und Zähnen unterziehen. Als offensichtlich ein Arzt mit einem langen, nadelartigen Instrument kam, das er „wegen eines Schwangerschaftstests in ihren Nabel einführen

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wollte“, wie er Betty erklärte, wehrte sie sich vergeblich und weinte vor Schmerzen, als er die Nadel einführte. Darüber seien die Fremden erstaunt gewesen, und der Anführer habe ihr seine Hand über die Augen gelegt. Sofort klang der Schmerz ab. Aufgrund weiterer Episoden schloß Betty, daß die Fremden auch mit dem Begriff Alter nichts anzufangen wußten. Beispielsweise sei ihnen unverständlich gewesen, warum sie bei ihrem Ehemann das Gebiß entfernen konnten, bei ihr jedoch nicht. Als die Frau wissen wollte, woher die Fremden gekommen waren, wurde ihr eine dreidimensionale Sternkarte gezeigt. Der Anführer erklärte ihr, die stark eingezeichneten, von einem Punkt zum anderen führenden Linien würden ständige Handelsrouten darstellen. Dünne Linien seien gelegentliche Reisestrecken und die gestrichelten Expeditionsrouten. Auch unsere Sonne sei auf der Karte verzeichnet, wurde ihr gesagt. Die Punkte trugen jedoch keine Namen. Insgesamt waren 15 schwebende, leuchtende Kugeln zu sehen. Die Frage nach der Herkunft der Außerirdischen wurde nicht beantwortet. Unter Hypnose erinnerte sich Betty Hill, die Fremden hätten beschlossen, sie müßten alles vergessen. Bis 1969 wurde um die Glaubwürdigkeit der Hypnoseprotokolle gestritten. Die Lehrerin und Amateurastronomin Marjorie Fish brachte schließlich neue Bewegung in den Fall, nachdem sie sich in fünfjähriger Arbeit mit der Beschreibung der dreidimensionalen Sternenkarte beschäftigt hatte. Das Problem hierbei: Die Karte mußte zwangsläufig andere Sternkonstellationen zeigen, als sie von der Erde aus sichtbar sind. In dem Modell hatte Fish die Sterne Ceta Reticuli I und II, Alpha Mensae, die Sonne, 82 Eridani, Tau-Ceti und Gliese 86 als Ausgangspunkte rekonstruiert. Es stellte sich heraus, daß die von Frau Fish entworfene Karte einen Ausschnitt unserer Milchstraße zeigte, wie er von dem 36 Lichtjahre entfernten Stern Ceta Reticuli I aus

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gesehen wird. Prof. Walter Mitchell, Astronom an der Ohio State University, überprüfte mit Hilfe von Computerberechnungen die Rekonstruktion und bestätigte sie.

Das Problem von Zeit und Raum Wenn Betty Hills Außerirdische von einem Sonnensystem namens Ceta Reticuli I kamen, so fragt sich, wie sie diese für galaktische Verhältnisse noch geringe, für menschlichen Verstand jedoch unvorstellbare Entfernung so einfach überwinden konnten. Immerhin kann es physikalisch nichts Schnelleres als das Licht geben, das in der Sekunde 300000 Kilometer zurücklegt. Wie solche Entfernungen in kürzester Zeit bewältigt werden, wissen Science-fiction-Autoren schon längst - die Raumschiffe nutzen den Hyperraum. Sie verschwinden aus dem physikalischen Universum sozusagen im Nichts und materialisieren nach dem Raumsprung kurz vor ihrem Zielort. Der deutsche Physiker Dr. Kurt Gödel dachte sich 1949 ein Modell des Universums aus und zog hierbei Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie zu Rate. Darin könnte ein Wesen theoretisch in die Zukunft wie in die Vergangenheit reisen. Albert Einstein und Nathan Rosen veröffentlichten 1935 eine Arbeit, die darauf hinausläuft, daß das Universum von zeitlosen Querverbindungen durchzogen ist. Diesen Gedanken griff der amerikanische Physiker John Archibald Wheeler auf, der sich ein von „Wurmlöchern“ durchzogenes Universum vorstellte, die zu einem zeitlosen Superraum führen.

Ufos - Tausende an der Zahl Wie viele Ufos bislang gesichtet wurden, weiß kein Mensch. Eine exakte Statistik existiert nicht. Wie viele fliegende

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Untertassen die Erde besuchen, dies jedoch hat die französische Ufo-Gruppe GABRIEL unter der Annahme verschiedener Faktoren berechnet.

Geht man davon aus, daß die Erde in gleichmäßigem Rhythmus von Ufos besucht wird, würde nur einer von 16 Besuchen von Menschen bemerkt, weil der Rest über dem Meer oder unbewohnten Gebieten stattfindet. Die Tageszeit, die in Schlaf- und Arbeitszeit eingeteilt wurde, reduziere die Beobachtungszahl auf einen von 64 Besuchen. Schließlich müsse noch berücksichtigt werden, daß wohl die Hälfte der unidentifizierten Flugobjekte dunkle, geräuschlose Formen sind, die damit nachts praktisch nicht zu erkennen sind. Der Umstand, daß in etwa zwei Dritteln der Länder kein funktionierendes Informationssystem besteht, führte dazu, daß die Zahl auf eins von 384 herabgesetzt werden müsse. Außerdem schätzten die Franzosen, daß nur eine von zehn Beobachtungen berichtet und nur einer von zehn Berichten veröffentlicht wird. Unterm Strich würde dies bedeuten: Die Welt erfährt nur von einem von 38400 Ufos, die die Erde besuchen. Tatsächlich ist dies sicherlich eine abenteuerliche Rechnung, da sie praktisch nur von Annahmen ausgeht. Immerhin fand jedoch eine andere Untersuchung heraus, daß sogar von den Fällen, über die in einer regionalen Zeitung berichtet wurde, nur jeder zwanzigste von anderen interessierten Gruppen aufgegriffen und so Forschungszwecken zugänglich gemacht wird.

Die Botschaft der Außerirdischen Die Mehrheit der Ufo-Anhänger ist der Überzeugung, die Außerirdischen seien uns freundlich gesinnt. Andere aber fürchten Ufos wie der Teufel das Weihwasser. In den frühen Jahren der Ufo-Beobachtungen herrschte die

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Bedrohungstheorie eindeutig vor. Bücher und Filme zeigten Ufos als Invasoren, zunächst natürlich aus der Sowjetunion, dann aus dem All. Trotz aller Hysterie war jedoch nie eine feindliche Absicht eindeutig auszumachen. Selbst das Ufo-Geschwader im gesperrten Luftraum über Washington verhielt sich friedlich. Eine Minderheit jener, die Ufos fürchten, sieht sie als Instrumente geistiger Mächte, die in einem kosmischen Konflikt um die Seelen der Menschheit kämpfen und deren Schlachtfeld das gesamte Universum ist. Der Physiker und Astronom Arthur Eedle behauptet: „Der allen Ufo-Erscheinungen heute zugrunde liegende Zweck ist die Vorbereitung auf das Kommen des Antichrists und die Errichtung der Weltherrschaft des Teufels.“

Vielleicht aber wollen die Ufos von der Menschheit überhaupt nichts und benötigen die Erde lediglich als Navigationspunkt. Der neuseeländische Pilot Bruce Cathie ist von der Existenz eines weltweiten Gitters überzeugt, das seit vorgeschichtlicher Zeit die Erde mit einem Netzwerk von „Straßen“ überzieht und das von interplanetarischen Raumschiffen für Navigationszwecke und als Triebkraft genutzt wird.

Manche Theoretiker sehen in diesem geophysikalischen Ansatz sogar die Lösung des Ufo-Rätsels und entwickelten drei Möglichkeiten:

-Ufos sind ein physikalisches Produkt von Erdkräften, vielleicht

kugelblitzartiges Plasma, das durch piezoelektrische Wirkungen entsteht und in die Atmosphäre entweicht.

-Ufos werden von Orten, an denen sich Erdkräfte äußern, wie

z.B. von Verwerfungen, angezogen. Sie interessieren sich für sie, oder haben enge Beziehungen zu ihnen.

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-Erdkräfte rufen in dem Augenzeugen einen geistigen Zustand hervor, der für Ufo-Beobachtungen entweder günstig ist oder sie sogar bewirkt. Gegenüber religiösen Vorstellungen von der Botschaft der Außerirdischen muten derartige Ufo-Hintergründe geradezu sachlich und nüchtern, wenn auch nicht real beweisbar, an. Daß der religiös angehauchte Botschaftsgedanke gerade im sektenanfälligen Amerika zahlreiche Spielarten entwickelte, ist für distanzierte Beobachter kein Wunder. Hatten dort doch Prediger zu allen Zeiten leichtes Spiel, eine den gesellschaftlichen Nöten angepaßte Botschaft an den Mann zu bringen - warum also nicht auch eine dem Raumzeitalter entsprechende Religion. Ein Beispiel ist die kolportierte Lehre von Ashtar, einem hochrangigen Mitglied eines angeblichen intergalaktischen Bundes und des „Vereinigten Rates der Universalen Bruderschaft“, der mehreren irdischen Kontaktleuten anvertraute, daß eine neue Weltordnung kommen werde. „Sie wird nichts, das jemals auf eurem Planeten stattgefunden hat, gleichen. Euer Planet wird sich dann in einer höheren Schwingung befinden. Euer Bewußtsein wird erweitert sein.“

Für Ashtar sind die Bewohner Amerikas das auserwählte Volk: „George Washington und Abraham Lincoln waren durch uns inspiriert.“ Nachdenklich darüber geworden, daß die USA wohl doch nicht allein die Welt sind, noch eine globale Ergänzung: „Jesus war einer von uns. Er kam als unser Botschafter zur Erde.“ Sei es, wie es sei, die Botschaft kündigt viele Veränderungen an. „Sobald sich die Bürger eures Landes und die der anderen Staaten der Welt zusammengeschlossen haben, können wir offen landen und mit euch sprechen. Wir wollen euch aus der Sklaverei befreien und uns mit euch hier zwischen den Sternen vereinen.“

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Manche Kontaktgeschichten sind wohl auch erst nach einem gewissen zeitlichen Abstand als pure Erfindungen einzustufen. Manches, was noch in den 60er Jahren als irgendwie möglich erschien, entpuppte sich im Licht der fortschreitenden Kenntnisse in der Raumfahrt und Astronomie als purer Schwindel, zumindest als phantasiereiche Einbildung. So behaupteten ein Gynäkologe und zwei Konzernbosse, alle drei Venezolaner, am 7. August 1965 eine Unheimliche Begegnung der dritten Art gehabt zu haben. Sie hätten jedoch zunächst einige Jahre darüber geschwiegen, weil sie befürchteten, lächerlich und unglaubwürdig zu sein. 1969 war dann die deutsche Übersetzung in der Zeitschrift „Die andere Welt“ zu lesen. Demnach trafen sie 50 Kilometer von Caracas entfernt Außerirdische, die einem Ufo entstiegen und mit ihnen auf telepathischem Weg sprachen. Die zwei Wesen seien über zwei Meter groß gewesen, hätten schulterlanges, helles Haar gehabt und einteilige, metallisch glänzende Anzüge ohne Nähte getragen. Dem Bericht der drei Venezolaner nach entwickelte sich dann eine richtiggehende Unterhaltung. Dabei stellte sich heraus, daß die Fremden vom Orion kamen und eine Mission des Friedens hätten. „Wir studieren die menschliche Psyche, um uns ihr anzupassen.“ Außerdem verrieten sie, daß es sieben bewohnte Planeten gibt. In leicht verärgertem Ton korrigierten sie den Begriff fliegende Untertasse. „Wir haben keine fliegenden Untertassen. Es sind Anti-Schwerkraft-Flugapparate (Gravitelides). Sie bewegen sich mittels eines Kerns konzentrierter Sonnenenergie, die eine gewaltige magnetische Kraft produziert.“ Zudem hätten sie die Schwerkraft überwunden. Gesteuert würden die Flugapparate von Espacitomeles und von Mecanisoteles, wobei es sich um Wesen aus dem Weltraum, aber auch um Roboter handle. Dann erfuhren die drei Venezolaner, daß jeder Planet, der eine Expedition zur Erde

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aussendet, mindestens ein Schiff von der halben Mondgröße hat, das sich hinter dem Mars aufhält. „Das ist auch der Grund, warum so viele unserer Fahrzeuge gesehen werden, wenn der Mars in Erdnähe ist.“ Außerdem würden bereits mehr als zwei Millionen Außerirdische auf der Erde leben, ohne sich mit den Erdbewohnern zu vermischen. „Aber wir erwägen die Möglichkeit, die eine ganz neue Rasse hervorbringen würde.“ Bisher hätten sie auch noch keine Menschen von der Erde mitgenommen, nur Tiere. „Wir haben sie auf einem Planeten, den ihr nicht kennt, in dem größten zoologischen Garten untergebracht, wo Tiere sind, die ihr nicht kennt.“ Aus dem weiteren Verlauf der Unterhaltung ging hervor, daß sie künstliche Nahrung zu sich nehmen, die irdische Raumfahrt für primitiv halten und eine Waffe besitzen, den Strahlenkompressor, „der mit einem Schlag den Mond zerstören könnte“. Ihre Waffen hätten sie jedoch nicht mitgebracht. „Unsere Mission ist eine des Friedens, aber wir haben kleine tragbare Waffen, die stark genug sind, die Explosion einer Plutoniumbombe zu verhindern.“

Der Steckbrief eines Außerirdischen Der Phantasie bei der Beschreibung von Außerirdischen war bislang keine Grenze gesetzt. Quallenartige Kreaturen geisterten ebenso durch die Berichte wie bösartige Riesenspinnen oder engelsgleiche Geschöpfe. Die Mehrzahl der Augenzeugen berichtete jedoch von überraschend menschenähnlichen Geschöpfen, die sich in drei Kategorien einteilen lassen. Johannes v. Buttlar entwarf daraus einen Steckbrief, der die meistbeobachtete Rasse betrifft:

Art: Humanoides Lebewesen Größe: Zwischen 1,10 und 1,40 Meter

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Gewicht: Etwa 25 Kilogramm Kopf: Im Vergleich zum Rumpf und den

Gliedmaßen außergewöhnlich groß Haarlos oder mit leichtem Flaum

Gesicht: Herzförmig mit mongolischen Zügen Ohren: Kleine Öffnungen im Kopf ohne

Ohrmuscheln und -läppchen Augen: Groß, weit auseinanderstehend, schräg

und tiefliegend Nase: Kaum ausgeprägt. Hauptsächlich zwei

Nasenlöcher unter einer leichten Erhöhung

Mund: Lippenlos. Ein schmaler Schlitz oder Spalt im Gesicht

Hals: Wirkt dünn. Infolge der hochgeschlossenen Kleidung meist nicht erkennbar

Rumpf: Wirkt kindlich schmal und unausgeprägt. Steckt unter metallisch schimmernder, flexibler Kombination (overallähnlich)

Arme: Dünn, lang, reichen bis zu den Knien Finger: Beschreibungen zufolge meistens vier, von

denen zwei länger als die anderen sind Fingernägel: Nur andeutungsweise vorhanden. Dünne

Häute zwischen den Fingern, ähnlich einer Schwimmhaut

Beine: Dünn und kurz Füße: Unter der Bekleidung nicht erkennbar Hautfarbe: Wird als beige, hellgrau bzw. lehmfarben

beschrieben Haut: Schuppig Zähne: Mund wirkt zahnlos

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Geschlechtsmerkmale: Nicht erkennbar

Den zweiten Grundtyp schilderten Kontaktpersonen als einen über zwei Meter großen Riesen, der stets einen Schutzanzug mit Vollvisier trägt und sein Gesicht niemals zeigt. In den sogenannten Händen bewegt er ferngesteuerte Greifwerkzeuge. Er bewegt sich schwerfällig und verrichtet offenbar roboterähnlich nur schwere und offensichtlich gefährliche Arbeiten.

Der dritte Grundtyp ist etwa 1,80 Meter groß, hat menschliche Gesichtszüge und ist meist bartlos. Er spricht eine unbekannte Sprache, kann sich aber auch der Landessprache des jeweiligen Sichtungslandes bedienen. Er steckt in einer Kombination und trägt mitunter einen Helm mit Vollvisier. Im großen und ganzen unterscheidet er sich den Schilderungen zufolge grundsätzlich nicht vom Menschen. In den USA hat sich anderen Berichten zufolge offenbar der Typ des embryonenhaften Außerirdischen durchgesetzt, wohl nicht zuletzt vor dem Hintergrund einschlägiger Spielfilme wie „Unheimliche Begegnung der dritten Art“.

So sieht ein Ufo aus

„Fliegende Untertassen“ werden meist als scheiben- oder kugelförmig, elliptisch, oval oder zigarrenförmig beschrieben. Diese Vielfalt muß aber gar keine sein, da sie möglichweise nur durch optische Täuschung aufgrund des Blickwinkels des Betrachters zustande kam.Glaubt man den Schilderungen, so liegt die Durchschnittsgröße der diskusförmigen Objekte bei zehn bis 13 Metern Durchmesser. Daneben sollen auch Scheiben beobachtet worden sein, die im Durchmesser nicht größer als 20 Zentimeter bis einen Meter waren.

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Ufos, die bei Tageslicht gesichtet wurden, hatten für den Beobachter durchweg eine metallische Oberfläche. Größere Objekte fielen durch einen kuppelartigen Aufbau, Fensterluken und rotierende, verschiedenartige Lichter auf. Auffallend ist, daß nie von konventionellen Flügeln oder Rädern berichtet wird. Die Flugeigenschaften von Ufos müssen bestechend sein. Sie können auf der Stelle schweben, blitzschnell steile Winkel fliegen und wie ein im Wind treibendes Blatt wirken. Für das menschliche Verständnis für technische Transportmittel völlig verblüffend ist ihre Eigenschaft, aus dem Stand ungeheure Geschwindigkeiten zu erreichen und in Sekundenbruchteilen zum Stillstand zu kommen. Radarmessungen ergaben, daß unidentifizierte Flugobjekte Geschwindigkeiten bis zu 70000 km/h erreichten.

Dabei verblüfft den Augenzeugen, daß bis zu 70 Prozent aller Ufos sich lautlos bewegen. Nur 15 Prozent summen wie ein Transformator. Weitere zehn bis 15 Prozent pfeifen. Die meisten Ufos umgibt eine strahlende Lichthülle, deren Farbe sich mit der Geschwindigkeit ändert - dunkelrot bei langsmem oder Schwebeflug, orange bei mittlerer Geschwindigkeit und weiß-grün-blauweiß bei voller Beschleunigung. Dieses Phänomen könnte auf eine Wechselwirkung zwischen der unbekannten Antriebsenergie und der irdischen Atmosphäre zurückzuführen sein.

Im Innern eines Ufos Die scheiben-, kugel- und zigarrenförmigen Ufos sind im Innern meist rund, fugenlos und kühl bis kalt, berichten Entführte. Manchmal hält sich der Zeuge in mehr als einem Raum auf, jedoch sind alle Kammern hell erleuchtet, ohne daß der Entführte die Lichtquelle entdecken kann. Türen und andere Öffnungen sind nicht sichtbar, erscheinen aber einfach,

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wenn die Fremden eintreten. Tische, medizinische Apparate und Bildschirme scheinen nicht befestigt zu sein, sondern organisch aus dem Hüllenmaterial herauszuwachsen. Wird von mehreren Räumen berichtet, sprengt deren Ausmaß meist den von außen beobachteten Durchmesser des Raumschiffes. In seltenen Fällen werden höhlenartige Räume in dem Ufo beobachtet.

Sex mit ET Glaubt man den Entführungsgeschichten, so scheinen die Extraterrestrischen ein außerordentliches Interesse am menschlichen Körper zu haben. Immer wieder wird von schmerzhaften medizinischen Untersuchungen berichtet. Aber auch sexuelle Inhalte spielen in praktisch allen Entführungsbehauptungen eine wichtige Rolle, fand der Fachautor Ulrich Magin heraus.

Bei den medizinischen Untersuchungen wird meist mit langen Nadeln in den Bäuchen der Menschen herumgestochen, Augen werden aus den Höhlen herausgeholt, den Frauen werden Eizellen, den Männern Spermien entnommen. Einige Frauen berichteten, von außerirdischen Männern vergewaltigt worden zu sein. Männer wiederum wollen mit Ölen eingerieben worden sein, um dann mit außerirdischen Schönheiten den Geschlechtsakt zu vollziehen. Manche Frauen erklärten, sie seien von Außerirdischen künstlich oder durch Geschlechtsverkehr geschwängert worden. Monate später habe man sie dann erneut entführt, um den Embryo zu entfernen.

Bei den sexuellen Schilderungen fällt auf, daß sie meist stark von der kulturellen Herkunft des oder der Entführten geprägt sind. So kommen beispielsweise in brasilianischen Berichten immer erotische Abenteuer mit außerirdischen

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Pin-up-Girls vor. Eine Südafrikanerin will sogar ein außerrirdisches Kind geboren haben. Die Entführten erinnern sich nur in den wenigsten Fällen bewußt an ihre Erlebnisse. Sie rätseln jedoch über einen unerklärlichen Zeitverlust von wenigen Minuten bis zu einem Tag. Meist erwachen sie nach ihrer Entführung im Bett oder befinden sich plötzlich wieder in ihrem Auto. Erst unter Hypnose kommt das Erlebnis zum Vorschein. Man kann sich allerdings fragen, warum die Humanoiden die Erinnerung im Gedächtnis dieser Menschen nur so stümperhaft löschen können, daß sie unter Hypnose doch noch existent ist. Andererseits wird spekuliert, daß dieses angeordnete Vergessen eines Kontaktes mit dem Übernatürlichen dem Gebot Gottes im Alten Testament, seinen Namen weder zu schreiben noch auszusprechen, vergleichbar wäre. Bedenkenswert ist auch der Umstand, daß praktisch alle amerikanischen Entführungsberichte aus einer einzigen Quelle stammen, von dem Ufo-Forseher Budd Hopkins. Er läßt systematisch alle Leute hypnotisieren, von denen er annimmt, sie hätten ein Entführungserlebnis.

Kritiker wie der kalifornische Psychologe Alvin Lawson vermuten, daß ein Großteil der Entführten-Erfahrungen erst unter Hypnose entsteht. Er hat Studenten hypnotisiert, die noch nie ein Ufo gesehen haben, und erhielt Geschichten, die jenen angeblich wirklich Entführter verblüffend ähnelten. Auch andere Wissenschaftler kamen zu der Erkenntnis, daß Entführungsvorstellungen durchaus auf Streß und ungewöhnliche Belastungen zurückzuführen sind, ein wirkliches Ufo-Erlebnis also gar nicht vorhanden ist. Es gibt auch Psychologen und Hypnosespezialisten, die einräumen, daß sich auch im Unterbewußten verborgene Erinnerungen unter dem Einfluß neuer Erkenntnisse und Erfahrungen allmählich verändern.

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Das Abenteuer des Antonio Villas Boas

Ein wohl typisch brasilianischer Bericht beweist Skeptikern, wie sehr Ufo-Erlebnisse mit der Persönlichkeit des Menschen und dessen kulturellem Umfeld verwoben sind. Der untersuchende Arzt in Rio de Janeiro war von der Glaubwürdigkeit des Mannes überzeugt, für andere liest sich die Geschichte des Antonio Villas Boas, eines damals 23 Jahre alten Landwirts nahe der Stadt Säo Francisco de Sales im Bundesstaat Minas Gerais, wie eine phantasiereiche Erfindung. Er will am Nachmittag des 22. Februar 1958 folgendes erlebt haben:

„Ich habe zwei Brüder und drei Schwestern, die alle in der Nachbarschaft leben; zwei weitere Geschwister sind gestorben. Alle männlichen Familienmitglieder arbeiten auf dem Hofe mit. Es gehören viele Felder und Pflanzungen dazu, die bearbeitet werden müssen. Zum Pflügen haben wir einen benzinbetriebenen Traktor, Marke International, den wir in zwei Schichten benutzen, wenn die Äcker bestellt werden. Tagsüber arbeiten die dafür eingestellten Landarbeiter. Nachts pflüge ich meistens allein oder mit einem meiner Brüder. Ich bin ledig und gesund, arbeite schwer, beteilige mich an einem Femkurs und lerne, sooft ich kann. Es war für mich ein Opfer, nach Rio zu kommen, da ich auf der Farm dringend gebraucht werde. Aber ich dachte, es sei meine Pflicht, von den ungewöhnlichen Geschehnissen zu berichten, in die ich verwickelt wurde. Ich war zusammen mit meinem Bruder Joao in meinem Zimmer. Weil es sehr heiß war, öffnete ich die Läden des Hoffensters. Da sah ich mitten im Hof einen blendenden Lichtschein, der den ganzen Boden hell erleuchtete. Er war viel heller als der Mondschein, und ich konnte mir seinen Ursprung nicht erklären. Aber er mußte irgendwo von hoch oben kommen und wirkte so, als

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würden nach unten gerichtete Scheinwerfer alles erleuchten. Doch am Himmel war nichts zu sehen. Ich rief meinen Bruder und machte ihn darauf aufmerksam, aber den bringt nichts aus der Ruhe, und er meinte nur, es sei besser zu schlafen. Darauf schloß ich die Läden, und wir legten uns beide hin.

Aber es ließ mir keine Ruhe, und von Neugier geplagt, stand ich nach einer Weile wieder auf und öffnete die Läden noch einmal. Das Licht war unverändert am selben Platz. Ich starrte weiter hinaus, und plötzlich bewegte es sich auf mein Fenster zu. Vor Schreck schloß ich die Läden und machte dabei in der Eile so viel Lärm, daß mein Bruder, der schon eingeschlafen war, wieder aufwachte. Gemeinsam verfolgten wir nun im dunklen Zimmer, wie der Lichtschein durch die Schlitze der Läden drang, in Richtung auf das Dach weiterwanderte und schließlich durch die Dachziegel schimmerte. Schließlich verschwand das Licht und kam nicht mehr zurück. Am 14. Oktober ereignete sich der zweite Vorfall. Es muß zwischen 21.30 Uhr und 22 Uhr gewesen sein. Ich arbeitete mit einem anderen Bruder auf dem Feld mit dem Traktor. Plötzlich sahen wir ein sehr helles Licht, so gleißend, daß die Augen schmerzten. Als wir zuerst darauf aufmerksam wurden, stand es groß und rund etwa wie ein Wagenrad am nördlichen Ende des Ackers. Es war hellrot und beleuchtete eine große Fläche. Irgend etwas war in dem Licht erkennbar, aber ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob das stimmt, denn ich war viel zu sehr geblendet. Ich bat meinen Bruder, mit mir hinzugehen und nachzusehen. Aber er wollte nicht. Da ging ich allein. Als ich dichter an das Ding herankam, bewegte es sich plötzlich und wechselte mit enormer Geschwindigkeit zum südlichen Ende des Feldes hinüber, wo es wieder stehenblieb. Ich lief ihm nach, und das gleiche Manöver wiederholte sich. Diesmal bewegte es sich

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zu seinem anfänglichen Standort zurück. Ich versuchte es wieder, aber das gleiche Manöver wiederholte sich zwanzigmal. Langsam wurde ich es leid und ging zu meinem Bruder zurück. Ein paar Minuten blieb das Licht in der Entfernung unbeweglich. Von Zeit zu Zeit schienen von ihm Strahlen in alle Richtungen auszugehen, die wie die Strahlen der untergehenden Sonne aussahen. Dann verschwand es plötzlich, als sei es ausgeschaltet worden.

Ich bin aber nicht ganz sicher, ob alles wirklich so gewesen ist, denn ich weiß nicht mehr, ob ich ununterbrochen in diese Richtung gesehen habe. Vielleicht habe ich auch für kurze Zeit weggesehen, und es könnte gerade dann schnell aufgestiegen sein und war verschwunden, als ich wieder hinsah.

Am nächsten Tag, dem 15. Oktober, pflügte ich allein mit dem Traktor auf demselben Feld. Es war eine kalte Nacht, und der klare Himmel war mit Sternen übersät. Genau um ein Uhr sah ich plötzlich einen roten Stern, der genauso aussah wie einer dieser großen hellen Sterne. Aber ich merkte schnell, daß es gar kein Stern war, denn er wurde immer größer und schien sich zu nähern. In wenigen Augenblicken wurde er zu einem leuchtenden, eiförmigen Ding, das mit rasender Geschwindigkeit auf mich zugeflogen kam. So schnell, daß es über dem Traktor war, bevor ich darüber nachdenken konnte, was ich tun sollte. Plötzlich blieb das Ding stehen und senkte sich bis auf etwa 50 Meter oder so über meinem Kopf herab. Der Traktor und das Feld lagen in so hellem Licht, als sei es mitten am Tag. Das Scheinwerferlicht meines Traktors wurde von dem gleißenden hellroten Schein vollständig verschluckt. Ich hatte schreckliche Angst, weil ich keine Ahnung hatte, was das sein konnte. Ich wollte mit dem Traktor auf und davon, aber im Vergleich zu dem Ding über mir war er viel zu langsam. Es hatte keinen Sinn.

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Während ich unsicher zögerte und vielleicht zwei Minuten nachdachte, bewegte sich das Ding schon wieder und hielt etwa zehn bis 15 Meter vor dem Traktor. Dann senkte es sich ganz langsam zu Boden. Es kam näher und näher, bis ich erkennen konnte, daß es sich um eine ungewöhnliche, beinahe runde Maschine mit kleinen roten Lichtern ringsum handelte.

Mir gegenüber strahlte ein riesiger roter Scheinwerfer, der mich geblendet hatte, als das Ding von oben kam. Jetzt sah ich die Form der Maschine ganz genau. Sie glich einem langgestreckten Ei mit drei Stacheln vorn, einer davon in der Mitte und je einer an den Seiten. Es waren spitz zulaufende Metallspieße mit breitem Ansatz. Die Farbe war nicht zu erkennen, da sie in rötliches Licht getaucht war. Obenauf drehte sich irgend etwas sehr schnell, das ebenfalls rötlich fluoreszierendes Licht ausstrahlte. In dem Moment, als die Maschine langsamer wurde, um zu landen, änderte sich das Licht im Verhältnis zur verringerten Umdrehung des rotierenden Teils ins Grünliche. Dieser rotierende Aufsatz wirkte in diesem Augenblick wie ein Teller oder eine flache Kuppel. Ob er nun wirklich so aussah oder ob der Eindruck nur durch die Bewegung hervorgerufen wurde, weiß ich nicht. Denn dieser rotierende Teil stand nicht eine Sekunde still, auch nicht, nachdem das Flugobjekt gelandet war. Die meisten Einzelheiten habe ich natürlich erst später beobachtet, denn anfangs war ich dazu viel zu aufgeregt. Den letzten Rest meiner Selbstbeherrschung verlor ich, als wenige Meter über dem Boden aus der Unterseite des Objekts drei Metallstützen erschienen wie bei einem Dreifuß. Metallbeine, die offensichtlich das Gewicht der Maschine bei der Landung zu tragen hatten.

Aber darauf wollte ich nicht warten. Der Traktor hatte die ganze Zeit mit laufendem Motor dagestanden. Ich gab Gas,

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lenkte ihn um eine Seite des Flugobjektes herum und versuchte zu fliehen. Aber nach ein paar Metern setzte der Motor aus, und die Scheinwerfer erloschen. Ich weiß nicht, warum, denn der Zündschlüssel steckte, und die Scheinwerfer waren eingeschaltet. Ich drückte auf den Anlasser des Traktors, aber der Motor sprang nicht an. Daraufhin sprang ich auf der dem Objekt abgewandten Seite vom Traktor und rannte los.

Aber es war schon zu spät, denn schon nach wenigen Schritten packte mich jemand am Arm, ein kleines, fremdartig angezogenes Wesen, das mir bis zur Schulter reichte. Ich drehte mich in meiner Verzweiflung um und versetzte ihm einen Stoß, der es aus dem Gleichgewicht brachte. Der Fremde ließ los und fiel rücklings zu Boden. Ich wollte davonlaufen, wurde aber zur gleichen Zeit von drei weiteren Fremden hinten und seitlich gepackt. Sie hielten mich an Armen und Beinen fest und hoben mich hoch, ohne daß ich mich wehren konnte. Ich wand mich zwar und strampelte, aber sie hielten mich fest und ließen nicht los. Da schrie ich laut um Hilfe, verfluchte sie und forderte sie auf, mich freizulassen. Mein Geschrei muß sie überrascht oder neugierig gemacht haben, denn auf dem Weg zur Maschine blieben sie jedesmal stehen, wenn ich den Mund aufmachte, und starrten mir ins Gesicht. Ihren Griff lockerten sie dabei nicht um einen Deut. Daraus konnte ich in etwa auf ihre Einstellung mir gegenüber schließen und war deswegen etwas erleichtert. Sie schleppten mich zu ihrer Maschine, die etwa zehn Meter über dem Boden auf den bereits beschriebenen Metallfüßen stand. Am hinteren Teil der Flugmaschine war eine Tür, die von oben nach unten herunterklappte und so zu einer Art Rampe wurde. An ihrem Ende stand eine Metalleiter. Sie war aus dem gleichen silbrigen Material wie die Wände der Maschine und reichte bis zum Boden. Für die

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Fremden war es sehr anstrengend, mich da hinaufzuschieben, denn dort konnten gerade zwei Personen nebeneinander stehen. Außerdem war diese Leiter nicht starr, sondern elastisch und schwankte durch meine Versuche, mich loszureißen, stark hin und her. Auf beiden Seiten war ein Geländer von der Stärke eines Besenstiels, daran klammerte ich mich fest, um nicht weiter hinaufgezerrt zu werden. Sie mußten daher ständig stehenbleiben, um meine Hände vom Geländer zu lösen. Dieses war ebenfalls elastisch, und später, als ich wieder hinunterstieg, hatte ich den Eindruck, daß es aus ineinandergeschobenen Gliedern bestand.

Schließlich hatten sie es geschafft und mich in einen kleinen, quadratischen Raum gebracht. Das schimmernde Licht der Metalldecke spiegelte sich in den polierten, metallenen Wänden und hatte seinen Ursprung in vielen viereckigen Lämpchen, die ringsum unterhalb der Decke angebracht waren.

Ich wurde auf den Boden gestellt. Die Eingangstür mitsamt der eingezogenen und daran befestigten Leiter klappte hoch und schloß sich. Der Raum war taghell erleuchtet, doch selbst in diesem blendenden Licht war nicht zu sehen, wo die Tür eingelassen war, denn nach dem Schließen verschmolz sie vollständig mit der Wand. Ich wußte nur durch die Metalleiter, wo sie sich befinden mußte.

Von den insgesamt fünf Personen deutete eine mit der Hand auf eine offene Tür und gab mir zu verstehen, daß ich ihr in diesen anderen Raum folgen sollte. Ich gehorchte, denn ich hatte keine andere Wahl.

Wir gingen also gemeinsam in diesen Raum, der größer war als der andere und die Form eines Halbovals hatte. Die Wände glänzten dort genauso. Ich glaube, daß es das Zentrum der Maschine war, denn in der Mitte stand eine runde, scheinbar massive Säule, die sich in der Mitte verjüngte. Es

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ist kaum anzunehmen, daß sie nur zur Zierde dort stand. Meiner Meinung nach trug sie die Decke. Möbliert war der Raum nur mit einem ungewöhnlich geformten Tisch und mehreren Drehstühlen, die unseren Barhockern glichen. Alles bestand aus dem gleichen Metall. Tisch und Stühle hatten nur einen Mittelfuß, der beim Tisch fest mit dem Boden verbunden war, während er bei den Stühlen durch drei auf jeder Seite herausstehende Verstrebungen mit einem beweglichen Ring verbunden und in den Boden eingelassen war. Auf diese Weise konnte sich jeder Sitzende nach allen Richtungen drehen.

Sie hielten mich immer noch fest und schienen sich offensichtlich über mich zu unterhalten. Wenn ich sage, sie, sprachen, so hatte das, was ich hörte, nicht die geringste Ähnlichkeit mit menschlichen Lauten. Ich kann sie auch nicht nachahmen. Plötzlich schienen sie einen Entschluß gefaßt zu haben. Alle fünf fingen an, mich auszuziehen. Ich wehrte mich, schrie und fluchte. Sie hörten auf, sahen mich an und wollten mir damit zu verstehen geben, daß sie höfliche Leute sind. Das hinderte sie aber trotzdem nicht, mich bis auf die Haut auszuziehen. Dabei taten sie mir weder weh, noch zerrissen sie meine Sachen.

Schließlich stand ich nackt da und fürchtete mich zu Tode, da ich nicht wußte, was sie als nächstes mit mir vorhatten. Einer von ihnen kam dann mit irgend etwas in der Hand auf mich zu. Es muß eine Art nasser Schwamm gewesen sein, denn er rieb damit meinen ganzen Körper mit einer Flüssigkeit ein. Ein ganz weicher Schwamm, keiner von den üblichen Gummischwämmen. Die Flüssigkeit war ganz klar und geruchlos, nur dickflüssiger als Wasser. Zuerst glaubte ich, es sei eine Art Öl, aber das konnte nicht sein, da die Haut nicht ölig oder fettig wurde. Als sie meinen Körper damit einrieben, fror ich, denn die Nacht war ohnehin kalt und die

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beiden Räume in der Maschine noch viel kälter. Nackt zu sein war da schon schlimm genug, aber die Flüssigkeit machte es noch viel ärger. Ich zitterte am ganzen Körper, so fror ich. Die Flüssigkeit trocknete schnell, und bald merkte ich nichts mehr davon.

Nun führten mich drei dieser Leute zu einer Tür gegenüber von der, durch die ich die Maschine betreten hatte. Einer von ihnen berührte irgend etwas in der Mitte der Tür, die sich daraufhin nach beiden Seiten öffnete, wie die Flügel einer Bartür, die geschlossen vom Boden bis zur Decke reichte. Darüber war eine Art Inschrift aus roten Leuchtzeichen. Durch den Lichteffekt wurde die Wirkung erzielt, als seien diese Zeichen erhaben, etwa ein bis zwei Zentimeter hoch auf die Tür aufgesetzt. Sie hatten nicht die geringste Ähnlichkeit mit irgendwelchen Schriftzeichen, die ich kenne. Ich versuchte, sie mir einzuprägen, habe sie aber inzwischen vergessen.

Jedenfalls betrat ich mit zweien dieser Personen einen kleinen, viereckigen Raum, der ebenso beleuchtet war wie die anderen. Sobald wir dort waren, schloß sich die Tür hinter uns. Als ich mich umsah, war nichts mehr von einer Tür zu erkennen. Da war nur noch eine Wand zu sehen, die sich von den anderen in nichts unterschied.

Diese Wand öffnete sich plötzlich wieder, und durch die Tür kamen zwei weitere Personen herein. Sie hatten zwei ziemlich dicke, rote Gummischläuche in der Hand, von denen jeder einzelne länger war als einen Meter. Einer dieser Schläuche wurde mit einem Ende an einen becherförmigen Glasbehälter angeschlossen. Am anderen Ende befand sich ein Mundstück, das wie ein Schröpfglas aussah. Es wurde mir auf die Haut am Kinn gedrückt, hier, wo Sie noch die dunkle Stelle erkennen können, die als Narbe zurückgeblieben ist. Bevor der Mann damit anfing, drückte er mit der

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Hand den Schlauch so zusammen, als wolle er die Luft herauspressen. Anfangs spürte ich weder Schmerzen noch ein Prickeln, ich merkte nur, daß meine Haut angesaugt wurde. Später fing die Stelle dann an zu brennen und zu jucken. Schließlich entdeckte ich, daß die Haut verletzt und aufgeschürft war. Nachdem bei mir der Gummischlauch angesetzt worden war, sah ich, wie sich der Becher langsam bis zur Hälfte mit meinem Blut füllte.

Dann hörten sie auf, nahmen diesen Schlauch ab und ersetzten ihn durch den anderen. Dann wurde mir auf der anderen Seite des Kinnes noch einmal Blut abgenommen. Sie können dort die gleiche dunkle Stelle wie auf der anderen Seite sehen. Diesmal wurde der Becher bis zum Rand gefüllt. Dann wurde der Behälter abgenommen. Auch an dieser Stelle war die Haut abgeschürft, sie brannte und juckte. Dann gingen die Männer hinaus. Die Tür schloß sich hinter ihnen, und ich war allein. Eine ganze Weile kümmerte sich niemand um mich, sicher länger als eine halbe Stunde. In dem Raum stand nichts als eine große Liege, eine Art Bett, aber ohne Kopfteil oder Rahmen. Da sich die Liege in der Mitte hochwölbte, war sie nicht besonders bequem, aber sie war wenigstens weich, so wie Schaumgummi, und mit einem dicken, grauen, ebenfalls weichen Stoff bedeckt. Da ich nach dem Gerangel und der ganzen Aufregung müde war, setzte ich mich darauf. In diesem Augenblick bemerkte ich einen eigenartigen Geruch, von dem mir schlecht wurde. Ich hatte das Gefühl, dichten, beißenden Rauch einzuatmen, der mich zu ersticken drohte. Vielleicht war es wirklich so, denn als ich die Wand untersuchte, bemerkte ich zum ersten Mal eine Anzahl kleiner, am Ende geschlossener Metallröhrchen, die in Höhe meines Kopfes aus der Wand ragten, aber wie bei einer Dusche viele kleine Löcher hatten. Aus diesen Löchern quoll grauer Rauch, der sich in der Luft auflöste. Daher kam

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der Geruch. Ich fühlte mich gar nicht gut, und mir wurde so schlecht, daß ich mich übergeben mußte. Ich stürzte in eine Ecke des Raumes und erbrach mich. Danach konnte ich wieder ohne Schwierigkeiten atmen. Aber vom Rauchgeruch war mir immer noch übel. Ich war sehr niedergeschlagen. Was mochte mir noch bevorstehen?

Bis dahin hatte ich übrigens nicht die leiseste Ahnung, wie diese Fremden eigentlich aussahen. Alle fünf trugen sehr eng anliegende Overalls aus dickem, grauem Stoff, der sehr weich und an einigen Stellen mit schwarzen Streifen versehen war. Am Hals setzte ein Helm von der gleichen Farbe an. Dieser war aus festerem Material, woraus, konnte ich nicht feststellen, und wurde hinten durch dünne Metallstreifen verstärkt. Bis auf die Augen, die durch zwei brillenartige, runde Gläser zu erkennen waren, verbarg dieser Helm fast alles. Mit ihren hellen, meiner Meinung nach blauen Augen starrten mich die Außerirdischen durch diese Gläser an. Über den Augen war der Helm doppelt so hoch wie ein normaler Kopf.

Wahrscheinlich befand sich oberhalb des Kopfes im Helm noch etwas anderes, das von außen nicht sichtbar war. Drei runde, silberne Röhren, von denen ich nicht weiß, ob sie aus Gummi oder Metall waren, liefen von der Mitte des Kopfes den Rücken hinunter und verschwanden in Rippenhöhe im Anzug. Die mittlere Röhre lief am Rückgrat entlang. die beiden anderen links und rechts etwa zehn Zentimeter unter den Achselhöhlen. Ich konnte weder eine Ausbuchtung noch einen Vorsprung erkennen, die auf eine Verbindung zu einem Behälter oder einem unter dem Anzug verborgenen Instrument schließen ließen.

Die Ärmel der Overalls waren lang und eng. An den Handgelenken gingen sie in dicke, gleichfarbige Fünffingerhandschuhe über, die die Bewegung der Hände sicherlich

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hinderten. Ich bemerkte nämlich, daß die Außerirdischen ihre Handflächen mit den Fingerspitzen kaum berühren konnten. Das hinderte sie allerdings nicht, mich kräftig zu packen und die Gummischläuche geschickt zu handhaben, als sie mir Blut abzapften.

Bei den Anzügen mußte es sich um eine Art Uniform handeln, da alle Besatzungsmitglieder ein Schild von der Größe einer Ananasscheibe trugen. Von dort führte ein silberfarbener Stoffstreifen oder eine Metallfolie zu einem engen, schnallenlosen Gürtel. Keine der overallartigen Uniformen hatte Taschen oder Knöpfe. Die Hosen waren hauteng und gingen ohne wahrnehmbare Unterbrechung in eine Art Tennisschuhe über. Allerdings hatten sie, anders als bei uns, vier bis sieben Zentimeter dicke Sohlen. An den Spitzen bogen sich die Schuhe leicht nach oben, aber nicht so wie die Schnallenschuhe in den Geschichtsbüchern. Die Fremden liefen flink und unbehindert darin herum. Nur der vollständig geschlossene Overall schien ihre Bewegungen zu beeinflussen, da sie stets etwas steif wirkten. Bis auf einen, der mir nicht einmal ans Kinn reichte, hatten sie alle meine Größe. Sie wirkten ohne Unterschied recht kräftig, aber auch wieder nicht so, daß ich mich vor ihnen gefürchtet hätte. Einzeln und im Freien hätte ich es mit jedem aufgenommen.

Nach einer Ewigkeit riß mich ein Geräusch von der Tür aus meinen Gedanken. Ich fuhr herum und sah, daß von dort eine Frau langsam auf mich zukam. Sie war splitterfasernackt und barfuß, genau wie ich. Ich war sprachlos, und sie schien über meinen Gesichtsausdruck belustigt zu sein. Sie war sehr schön, ganz anders als die Frauen, die ich kenne. Ihr Haar war weich und blond, beinahe weißblond, wie gebleicht, und fiel an den Spitzen nach innen gerollt in den Nacken. Sie trug einen Mittelscheitel und hatte große, blaue Augen, die mandelförmig waren. Ihre Nase war gerade. Mit

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den ungewöhnlich hohen Backenknochen war ihre Gesichtsform andersartig; viel breiter als die südamerikanischer Indianerinnen. Durch das spitze Kinn wirkte ihr Gesicht fast dreieckig. Sie hatte dünne, wenig ausgeprägte Lippen, und ihre Ohren (die ich erst später sah) waren genau wie die unserer Frauen. Sie hatte den schönsten Körper, den ich je bei einer Frau gesehen habe, mit hochangesetzten, wohlgeformten Brüsten und schmaler Taille. Sie war breithüftig, hatte lange Schenkel und kleine Füße, schmale Hände und normale Fingernägel. Sie war viel kleiner als ich, und ihr Kopf reichte mir nur bis zur Schulter.

Diese Frau kam schweigend auf mich zu und sah mich an, als ob sie etwas von mir wolle. Plötzlich umarmte sie mich und begann ihr Gesicht an meinem zu reiben. Gleichzeitig preßte sie ihren Körper an mich. Sie hatte die weiße Haut unserer blonden Frauen und Arme, die mit Sommersprossen übersät waren. Ich bemerkte nur ihren typisch weiblichen Geruch, aber sonst weder auf ihrer Haut noch in ihren Haaren irgendein Parfüm.

Die Tür hatte sich wieder geschlossen. Allein mit dieser Frau, die mir deutlich zu verstehen gab, was sie wollte, wurde ich sehr erregt. In meiner Lage klingt das zwar ganz unwahrscheinlich, aber ich glaube, daß die Flüssigkeit, mit der ich eingerieben wurde, daran schuld war. Sie müssen es vorsätzlich getan haben. Ich weiß nur noch, daß ich meine sexuelle Erregung nicht mehr beherrschen konnte. Das war mir vorher noch nie passiert. Zum Schluß vergaß ich alles, ergriff die Frau und erwiderte ihre Zärtlichkeiten. Es war ein normaler Akt, und sie benahm sich wie jede andere Frau auch nach wiederholten Umarmungen. Schließlich wurde sie müde und atmete schwer. Ich war zwar immer noch erregt, aber nun verweigerte sie sich mir. Als ich das merkte, war ich ernüchtert. Das war es also, wozu sie mich gebraucht

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hatten, als guten Deckhengst zur Auffrischung ihres Bestandes. Ich ärgerte mich zwar, machte aber gute Miene zum bösen Spiel, denn ich hatte immerhin ein durchaus angenehmes Erlebnis gehabt. Aber gegen eine von unseren Frauen möchte ich sie nicht eintauschen, da ich eine Frau vorziehe, mit der man sprechen kann und die einen versteht. hn übrigen irritierten mich ihre grunzenden Laute in bestimmten Augenblicken ganz entschieden. Küssen konnte sie anscheinend auch nicht, es sei denn, ihre leichten Bisse in mein Kinn hätten die gleiche Bedeutung. Aber da bin ich mir nicht so sicher. Eigenartigerweise waren ihre Achselhaare und die an einer anderen Stelle rot, fast blutrot.

Kurz nachdem wir uns voneinander gelöst hatten, öffnete sich die Tür, und einer der Außerirdischen rief die Frau zu sich. Bevor sie hinausging, drehte sie sich noch einmal um, zeigte zuerst auf ihren Bauch, dann mit einer Art Lächeln auf mich und schließlich zum Himmel, in südliche Richtung, glaube ich. Dann ging sie hinaus. Diese Geste verstand ich als Warnung, daß sie wiederkommen und mich dorthin mitnehmen würde, wo immer es auch sein mochte. Noch heute zittere ich davor, denn wenn sie wiederkommen und mich noch einmal fangen, bin ich verloren. Ich möchte um keinen Preis von meiner Familie und meiner Heimat getrennt werden.

Dann kam einer der Außerirdischen mit meinen Kleidern unter dem Arm zurück, und ich zog mich wieder an. Außer meinem Feuerzeug fehlte nichts. Es konnte beim Kampf verlorengegangen sein. Wir gingen in den anderen Raum zurück, wo drei der Besatzungsmitglieder auf den Drehstühlen saßen und miteinander grunzten (sie unterhielten sich, glaube ich). Derjenige, von dem ich geholt worden war, ging zu ihnen und ließ mich einfach stehen. Während sie miteinander „sprachen“, versuchte ich, mir jede Einzelheit genau

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einzuprägen und alles zu beobachten. Dabei fiel mir auf dem Tisch neben den Außerirdischen ein viereckiger Kasten mit einem Glasdeckel auf. Er schützte eine Scheibe, die dem Zifferblatt eines Weckers glich. Es gab einen Zeiger, und an Stelle der Drei, Sechs und Neun war eine schwarze Markierung. Nur dort, wo normalerweise die Zwölf ist, waren nebeneinander vier kleine, schwarze Zeichen. Wofür, weiß ich nicht, es war nun mal so. Zuerst dachte ich, das Instrument sei eine Art Uhr, weil einer der Außerirdischen von Zeit zu Zeit einen Blick darauf warf. Aber das konnte nicht sein, denn obwohl ich eine ganze Weile daraufsah, rührte sich der Zeiger nicht von der Stelle. Dann kam mir der Einfall, das Ding zu schnappen, denn ich brauchte einen Beweis für mein Abenteuer. Mit diesem Kasten wäre mein Problem gelöst gewesen. Wenn die Männer mein Interesse daran bemerkten, entschlossen sie sich vielleicht, ihn mir zu schenken. Ich schob mich vorsichtig immer näher heran, während die Außerirdischen nicht zu mir hinsahen, und riß das Instrument dann schnell mit beiden Händen vom Tisch.

Es war schwer und wog sicher mehr als zwei Kilo. Aber ich hatte nicht einmal genug Zeit, es genauer anzusehen, denn blitzschnell sprang einer der Außerirdischen auf, stieß mich zur Seite, riß mir den Kasten wütend aus den Händen und stellte ihn wieder an seinen Platz.

Ich wich bis zur nächsten Wand zurück und blieb dort regungslos stehen. Ich fürchte mich zwar vor niemandem, aber in diesem Falle verhielt ich mich lieber ruhig. Denn es hatte sich erwiesen, daß sie mich nur dann freundlich behandelten, wenn ich mich ordentlich benahm. Warum also ein Risiko eingehen, wo ohnehin kein Erfolg zu erwarten war. Ich blieb also einfach stehen und wartete.

Die Frau sah ich nicht wieder, weder nackt noch angezogen. Aber ich entdeckte, wo sie sich aufhalten mußte. Im

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vorderen Teil des großen Raumes gab es eine weitere Tür, sie war nicht ganz geschlossen, und ab und zu waren hin und her gehende Fußtritte vernehmbar. Da sich alle anderen mit mir im selben Raum befanden, konnte es sich nur um die Schritte der Frau handeln. Ich vermute, daß es sich bei diesem vorderen Teil um den Navigationsraum der Maschine handelte. Aber natürlich kann ich das nicht beweisen.

Endlich stand einer der Außerirdischen auf und gab mir zu verstehen, daß ich ihm folgen sollte. Die anderen nahmen keine Notiz von mir. Wir liefen durch den kleinen Vorraum bis zur geöffneten Außentür mit der bereits wieder heruntergelassenen Leiter. Aber wir gingen nicht hinunter, sondern mir wurde bedeutet, mit auf die Plattform zu kommen, die sich beiderseits der Tür befand. Sie war zwar schmal, aber man konnte darauf in jeder Richtung um die Maschine herumlaufen.Wir gingen zuerst nach vorne, und ich sah einen viereckigen, metallenen Vorsprung, der aus der Maschine herausragte, auf der gegenüberliegenden Seite befand sich genau das gleiche Ding. Aus der Form schloß ich, daß es vielleicht Start und Landung der Maschine kontrollierte. Ich muß zugeben, daß ich diesen Teil niemals in Bewegung gesehen habe, auch dann nicht, als die Maschine abhob. Daher kann ich mir seinen Sinn und Zweck nicht erklären.

Vorn deutete der Mann auf die von mir bereits erwähnten Metallspitzen, besser gesagt Metallsporne. Alle drei waren fest mit der Maschine verbunden, der mittlere davon direkt mit dem Vorderteil. Sie hatten alle drei die gleiche Form, die sich von einem breiten Ansatz zu einer feinen Spitze verjüngte, und standen waagrecht heraus. Ob sie aus dem gleichen Metall waren wie die Maschine, kann ich nicht beurteilen. Sie leuchteten zwar wie glühendes Metall, strahlten aber keine Hitze aus. Etwas darüber befanden sich rötliche Lichter. Die beiden seitlichen waren klein und rund, das am

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Vorderteil angebrachte dagegen riesengroß. Es war der bereits von mir beschriebene Frontscheinwerfer. Oberhalb der Plattform gab es rundum zahllose viereckige Lampen, die in den Rumpf der Maschine eingelassen waren. Ihr rötlicher Schein fiel auf die Plattform. Diese endete vorn an einer großen, dicken Glasscheibe, die tief in das Metall eingebettet, etwas erhaben und seitlich verjüngt war. Da es nirgends Fenster gab, diente diese Scheibe wohl zum Durchsehen, obwohl das meiner Ansicht schwierig gewesen sein muß, da das Glas von außen sehr trübe wirkte.

Meiner Meinung nach mußten die Sporne an der Vorderfront etwas mit der Antriebsenergie zu tun haben, da ihr Leuchten beim Start der Maschine ganz intensiv wurde und vollständig mit dem Licht des Hauptscheinwerfers verschmolz.

Nach Besichtigung des vorderen Teiles der Maschine gingen wir wieder nach hinten (dieser Teil war stärker gewölbt als der vordere), aber vorher blieben wir noch stehen, denn der Außerirdische deutete nach oben, wo die riesige, tellerartige Kuppel rotierte. Während sie sich langsam drehte, war sie ständig in grünliches Licht getaucht, dessen Herkunft ich nicht ausmachen konnte. Verbunden damit war eine Art Pfeifen, das wie das Geräusch eines Staubsaugers klang oder so, als ob durch viele kleine Öffnungen Luft angesaugt würde.

Als die Maschine später vom Boden abhob, wurden die Umdrehungen der Kuppel schneller und schneller, bis sie nicht mehr zu sehen waren, sondern nur noch ein hellroter Lichtschein übrigblieb. Gleichzeitig verstärkte sich das Geräusch zu einem lauten Heulen, und damit war für mich klar, daß die Drehgeschwindigkeit der Kuppel in ursächlichem Zusammenhang mit dem Geräusch stand. Nachdem ich alles gesehen hatte, brachte mich der Außerirdische schließlich

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zur Metallstufenleiter und gab mir zu verstehen, daß ich nun gehen könne. Als ich wieder unten auf dem Boden stand, sah ich noch einmal nach oben. Dort stand der Fremde immer noch, zeigte zuerst auf sich selbst, dann zu mir hinunter und schließlich in südliche Richtung himmelwärts. Danach bedeutete er mir, zurückzutreten, und verschwand in der Maschine. Die metallene Stufenleiter verkürzte sich, die Stufen schoben sich wie ein Bretterstapel ineinander, und als die Leiter oben angekommen war, hob sich die Tür, die in geöffnetem Zustand die Rampe bildete, bis sie sich unsichtbar wieder in die Wand der Maschine eingefügt hatte. Die Lichter der Metallsporne, des Hauptscheinwerfers und der Kuppel wurden mit deren zunehmender Rotation immer heller. Langsam stieg die Maschine senkrecht aufwärts, gleichzeitig schob sich das dreibeinige Landegestell wie ein Stativ in den Boden der Maschine, und danach sah die Unterseite des Flugkörpers so glatt aus, als sei dort niemals ein Landegestell gewesen.

Das Flugobjekt stieg langsam weiter, bis es etwa 30 bis 50 Meter hoch war. Dort verhielt es für ein paar Sekunden, während sich seine Leuchtkraft verstärkte. Das Surren wurde lauter, die Kuppel begann sich in rasender Geschwindigkeit zu drehen, dabei änderte sich ihr Licht ständig, bis es hellrot war.

In diesem Moment neigte sich die Maschine leicht zur Seite, ein klopfendes, rhythmisches Geräusch wurde hörbar, und plötzlich schoß sie in südlicher Richtung davon. Schon nach wenigen Sekunden war sie außer Sicht.

Nun ging ich zu meinem Traktor zurück. Nachdem ich um 1.15 Uhr in die fremde Maschine verschleppt worden war, hatte ich sie nun morgens um 5.30 Uhr wieder verlassen. Sie hatten mich also 4 Stunden und 15 Minuten dort festgehalten. Eine lange Zeit.

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Außer meiner Mutter habe ich niemandem von meinem

Erlebnis erzählt. Sie sagte, es sei besser, nie mehr mit solchen Leuten zu tun zu haben. Meinem Vater wagte ich nicht, etwas davon zu sagen. Ich hatte mit ihm schon über das Licht auf der Kuppel gesprochen, aber er glaubte mir nicht und behauptete, daß ich mir alles nur eingebildet hätte.

Später entschloß ich mich, an Senhor Joao Martins zu schreiben. Ich hatte im November seinen Artikel im „Cruzeiro“ gelesen, in dem er seine Leser aufforderte, ihn über alle Fälle im Zusammenhang mit fliegenden Untertassen zu unterrichten. Hätte ich genügend Geld gehabt, wäre ich früher nach Rio gekommen. Aber so mußte ich warten, bis er mir mitteilte, daß er einen Teil der Reisekosten übernehmen wolle.

Entführungen in Deutschland

Für Außerirdische wohl weniger interessant als die Amerikaner oder Südamerikaner scheinen die Deutschen zu sein. Vielleicht fehlt es aber auch nur an der nötigen Phantasie. Bekanntgeworden sind lediglich etwas mehr als ein Dutzend Entführungen, wobei nur wenige Berichte einigermaßen detailliert sind. Auffallend ist auch hier, daß die Entführungen erst nach dem Bekanntwerden des Hill-Falles berichtet wurden, obwohl sie angeblich vorher stattgefunden haben. Mit dem Hill-Fall aber war, so betonen Skeptiker, das Entführungsmuster erstmals ausführlich festgelegt.

Zwischen 1952 und 1954 will ein Hamburger Ingenieur in der Nähe von Billwerder auf Venus-Wesen getroffen sein, die ihn zu ihrem Planeten mitnahmen. Eines Sonntags überkam ihn eine eigenartige Unruhe. Trotz Erkältung verließ er sein Bett und fuhr ziellos eine halbe Stunde lang durch die Gegend. Als er instinktiv hielt, warteten da schon zwei

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menschliche Gestalten auf ihn, die ihn mit in eine fliegende Untertasse nahmen, die einen Durchmesser von 3,50 Metern hatte. Im Innern befanden sich Schaltbrett, Hebel und Knöpfe. Ein leichtes Vibrieren zeigte an, daß das Ufo flog. Es landete auf einem fremden Planeten mit gartenähnlicher Oberfläche. Die Häuser waren halbkugelförmig, „im Innern saßen verschiedene Personen beim Essen; in ihrem Eßgeschirr lagen merkwürdig aussehende braune Brocken in einer Sauce“. Zwischen diesen Personen und seinen Begleitern kam es bald zu einem heftigen Wortwechsel, und schließlich gingen die drei wieder zurück zu ihrem Ufo. Nach einem kurzen Flug landete man in der Nähe seines Wagens. Am nächsten Tag litt der Hamburger unter Rückenschmerzen und Blutergüssen.

Ebenfalls nicht sonderlich aufregend klingt der nächste Fall: An einem Tag im März und zwei Tagen im April 1959 will Horst Raps aus Lampertheim bei Mannheim mit gelandeten Raumschiffen und deren Besatzung zusammengetroffen sein: „In der Türöffnung erschien eine große Gestalt, schlank und uns Menschen absolut ähnlich. Diese Gestalt trug eine kombinationsähnliche Kleidung, die regenbogenfarbig schillerte. Zu meinem Erstaunen konnte ich diese Gestalt deutschsprachig reden hören.“ Der Außerirdische spricht zu Raps über Liebe und Zuneigung und weist ihn an, zu einem zweiten Termin zu erscheinen. Dann, wie auch bei der dritten Begegnung, wird Raps zu einem Raumflug mitgenommen. Für Ulrich Magin ist auch Raps´ Abenteuer ein typisches Kontaktlermärchen. Wie viele Entführte sah auch er später häufig weitere Ufos und litt unter geistiger Verwirrung.

Virginia Horten wurde nach eigenen Angaben im Jahr 1959 „80 Kilometer von Frankfurt entfernt im Rheintal“ von Außerirdischen gekidnappt. Magin: Hopkins, der den Fall

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durch Hypnose entdeckte, plaziert die Gegend im Elsaß, doch das ist geographisch nicht möglich. Virginia konnte einen Traum aus ihrer Kindheit nicht vergessen, sie hatte unter ungewöhnlichen Umständen einen wunderschönen Hirsch gesehen. Budd Hopkins vermutet dahinter eine Schutzerinnerung, die eine Entführung unterdrücken soll, und läßt die Frau von der Psychologin Dr. Clamar hypnotisieren. Virginia erinnert sich nun, daß sie nach der Sichtung des schönen Hirsches mit einer blutigen Bluse aufgewacht war. In Wirklichkeit, das ergibt die Hypnose weiter, ist sie von Außerirdischen entführt worden.

Sie hält Kontakt mit ihren Entführern durch eine Art Gegensprechanlage, gleichzeitig werden ihr im Raum dreidimensionale Bilder gezeigt. Der Außerirdische sagt Virginia, daß er „von weit her gekommen wäre, von einem fremden Gestirn, dessen Anblick mich in höchstes Erstaunen versetzen würde. Dann erklärte er mir, er hätte Arme und Beine wie Menschen, und während er das sagte, sah ich im Geiste eine Hand vor mir. Ich glaube, sie hatte sechs Finger, lange dünne Finger, und sie waren fast weiß. Komisch, ich bin gar nicht erschrocken. Seine Augen waren anders als unsere. Ich glaube, sie hatten keine Lider. Arme und Beine und überhaupt der ganze Körper waren sehr dünn. Am auffälligsten war die Haut. Sie wirkte wie weiches, weißes Leder.“ Nach dieser holographischen Vision folgte die medizinische Untersuchung.

Irgendwann in den fünfziger Jahren will auch die Hausfrau Elisabeth Weindt in einem Ufo geflogen sein. Das ist der letzte bekannte Kontaktlerfall aus Deutschland, der nicht dem Muster der amerikanischen Entführungen folgt. Frau Weindt will im Harz auf eine außerirdische Dame namens Libenia, die sie an ihre Lieblingslehrerin erinnerte, zu einem Flug zum Mond mitgenommen worden sein. „Als sie eines

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Tages zu ihrem Fenster hinaussah, bemerkte sie eine Dame. Man kam ins Gespräch. Die Dame stellte sich vor, sie hieß Libenia und stammte aus einem anderen Milchstraßensystem.“ Zusammen gehen die beiden Damen auf eine Anhöhe im Harz, wo eine Art Wolke landet, in der sich ein gotischer Spitzbogen öffnet. Im Innern des Ufos setzt sich Frau Weindt auf einen bequemen Sessel, nun betritt „Ramon“ den Raum, „von großer Hoheit und Würde“, der seine Stirn auf die Hände der Zeugin legt. Das Mobiliar des Ufos ist bernsteinfarben. „Auch ein Fernsehschirm war da. Ich mußte dreimal ausatmen, da hatte ich den Geruch von Ozon um mich. Die Wände des Raumschiffes öffneten sich, und wir konnten den Mond ganz groß sehen mit seinen Kratern und den hohen Bergen. Nach einer halben Stunde war ich wieder zu Hause.“

Im Januar 1962 will der 18jährige Norbert Hoffmann bei Stendhal in der ehemaligen DDR entführt worden sein. Er bemerkte zuerst ein helles Licht und erkannte dann, daß es ein 20 Meter breites Ufo war, das fünf Meter über dem Boden schwebte. Er spürte ein Kribbeln am ganzen Körper und verlor dann das Bewußtsein. Später kam er wieder zu sich, sein Gesicht rot wie bei einem Sonnenbrand. Das Gesicht war mit Blasen bedeckt, über der Nase befand sich eine Wunde, von der heute noch eine Narbe zeugt.

Am nächsten Morgen wurde der junge Mann von seinem Hausarzt untersucht, der sich die Verletzungen nicht erklären konnte und den 18jährigen in ein Krankenhaus überwies. Dort sollen ihn zwei Beamte der Stasi verhört haben. Psychologen aus Leipzig sollen ihn drei Tage lang mehrere Stunden hypnotisiert haben, dabei wurden „sieben oder acht Tonbänder“ aufgenommen. Buttlar schreibt, Norbert behauptete unter Hypnose, er sei von fremdartigen, schlanken Menschen in weißen Overalls in das fremde Flugobjekt gebracht worden. Dort hätten sie ihn auf eine Art Tisch

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gelegt, untersucht und Gewebeproben entnommen. Eine andere Quelle gibt als Datum den Februar 1962 und als Alter 16 an, sonst gleichen sich die Geschichten. Sie fügt noch an, der junge Mann habe nach seiner Entführung über Gott, bevorstehende Erdveränderungen und einen notwendigen Bewußtseinswandel bei den Menschen gesprochen, ebenso litt er unter mysteriösen Träumen.

Irn November 1978 wollen der amerikanische Soldat Chris Owens und seine schwangere Frau Pam in der Nähe von Trier von Außerirdischen entführt worden sein. Sie fuhren mit ihrem Baby von einem Besuch bei einem Freund zurück. Diese Fahrt dauerte gewöhnlich 30 Minuten. Ihre letzte Erinnerung war ein großes, ovales Ufo, das über ihrem Auto schwebte, die nächsten 100 Minuten waren verloren.

Durch die Hypnose kam ans Licht, daß Pam aus dem Auto gestiegen war, als das Ufo über dem Wagen schwebte. Sie kam auf einem Tisch im Innern des Raumschiffes wieder zu sich.

Der Raum war fahlgelb erleuchtet. Zwei 75 Zentimeter große haarlose Wesen mit einem großen Kopf, großen tiefliegenden Augen und einer rauhen, grauen Haut führten die medizinische Untersuchung durch. Ihre Finger schienen doppelt so lang wie die eines Menschen, sie stachen Pam eine etwa acht Zentimeter lange Nadel oberhalb des Nabels in den Unterleib.

Beunruhigt fragte Pam nach ihrem kleinen Sohn Brian. „Wir passen auf“, beruhigten sie die grauen Wesen. Pam bemerkte, daß sich ihre Lippen beim Sprechen nicht bewegten, und schloß daher auf telepathische Konversation. Sie verlor erneut das Bewußtsein und kam neben dem Wagen stehend wieder zu sich. Als erwiesenen Schwindel stuft Ulrich Magin die Erzählung von Andreas Schneider ein, der auf Teneriffa angeblich entführt wurde. Er habe sich seine

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Geschichte aus etlichen Ufo-Büchern ganz einfach zusammengebastelt. Der junge Mann befand sich am 18. November 1982 im Haus seiner Eltern auf Teneriffa, als er ein Ufo gesehen haben will. Beim Anblick der hell erleuchteten Untertasse verlor er das Bewußtsein. Ein Lichtstrahl zog ihn in das Innere des Raumschiffes, wo mehrere kleine Männer auf ihn warteten, die häßliche Gesichter und rauhe Elefantenhaut hatten. Zwei der Wesen hielten Instrumente in der Hand, in der Mitte des Raumes befand sich ein leuchtender Pfeiler. Die Wesen teilten dem Entführten mit, er möge nicht erschrecken, sie kämen in friedlicher Absicht vom Planeten Humo zur Erde.

Seit dieser Zeit sieht der angebliche Augenzeuge regelmäßig Ufos und hält telepathischen Kontakt zu seinen Freunden aus dem All. Tatsächlich beruhe diese Entführung auf einem spanischen Schwindel der 60er Jahre.

Die Geburt einer Kontaktlerin

Als Beispiel, was von Kontaktberichten zu halten ist, arbeitete das „Centrale Forschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänomene“ (CENAP) in Mannheim das Erlebnis von Adele Holzer am 12. Dezember 1978 in der Nähe des bayerischen Burghausen auf. R. Henke und Werner Walter schreiben dazu im CENAP-Report vom März 1993:

„Die ehemals bei einem Rechtsanwalt beschäftigte Sekretärin Adele Holzer fährt am Morgen des 12. Dezember 1978 gegen acht Uhr mit ihrem Auto, wie jedenWochentag, von Neuötting in südöstlicher Richtung nach Burghausen ins Büro zur Arbeit. Etwa auf halber Strecke in der Nähe von Emmerting in Höhe der Alzkanalbrücke bemerkt sie über der aufgehenden Sonne eine weißglühende Scheibe, nicht größer als eine Handbreit. Das Objekt scheint sich kraulartig

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zu bewegen. Frau Holzer nimmt das Objekt derart gefangen, daß sie, obwohl sie schon etwas spät dran ist, auf einen Parkplatz fährt, um sich das Phänomen in Ruhe anzusehen.

Noch im Wagen sitzend, bemerkt sie, daß das Objekt mit rasendem Tempo lautlos auf sie zufliegt - erst noch in ziemlicher Höhe, vielleicht 700 Meter. Die Zeugin steigt aus. Im selben Moment senkt sich das Objekt von Osten her und bleibt in vielleicht 70 Meter Höhe stehen. Es scheint, als ob es direkt über den Baumkronen des Parkplatzes steht.

Jetzt erkennt Adele Holzer auf der „Unterseite“ drei Halbkugeln, wobei die mittlere davon größer als die beiden anderen zu sein scheint. Weiter nimmt die Zeugin am Objekt drei gelbe bzw. orangene Punkte wahr. Sie wünscht sich, auch einmal die „Seitenfront“ zu sehen - und schon scheint sich das Objekt entsprechend zu drehen, so daß sie nun ca. zehn oder zwölf runde Luken, hinter denen es grünlich schimmert, wahrnimmt.

Doch damit nicht genug: Plötzlich schießen grelle, grünliche Lichtstrahlen aus dem Flugobjekt und geben sechsmal im Abstand von etwa einer Sekunde Signale.

Die Zeugin scheint wie gelähmt und verspürt seltsamerweise keine Angst: „Ich hatte das Gefühl, jemand will mit mir telepathischen Kontakt aufnehmen. Ich bekam diesen Kontakt auch. Mir wurde mitgeteilt: Keine Angst, wir sind friedlich, wir wollen euch nur beobachten! Wir wollen euch vor Unglück bewahren! Wir wollen verhindern, daß ihr euren Planeten kaputtmacht! Wir wollen Frieden, seht, daß ihr euch nicht selbst vernichtet!

Eigentlich war alles nur positiv. Ich kann das nicht so beschreiben und wörtlich wiedergeben. Ich hörte weder eine Stimme, noch sah ich irgendwelche Wesen. Nur das Flugobjekt sah ich fest und greifbar nahe über mir. Währenddessen hatte ich kein Zeitgefühl; und auch darüber wurde mir

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kurz etwas mitgeteilt, daß irgend etwas mit der Zeit anders sei.“ Dann schießt das Objekt förmlich lautlos in die Höhe, um rasend schnell zu verschwinden.

Ein weiterer, aber anonymer Autofahrer befindet sich auf dem Parkplatz, doch die Zeugin traut sich nicht, ihn anzusprechen. Sie glaubt, daß auch er von dem Objekt beeindruckt ist und es ihm genauso ergeht. Frau Holzer berichtete, daß ihre Timex-Uhr auf 8:01 stehengeblieben sei (was sie im Büro festgestellt habe), obwohl die Batterie kurz zuvor gewechselt worden sei. Auch sei ihr Zündschlüssel während der Beobachtung stark verbogen worden.

Hesemann erhält zwei Jahre später von der Zeugin einen verbogenen Schlüssel, auf dem Kratzer zu sehen sind, deren Ursprung er jedoch auf die Versuche der Zeugin, den Schlüssel ins Schloß zu stecken, zurückführt.

Obwohl Adele Holzer gegenüber Hesemann einerseits behauptete, sich vorher mit Ufologie überhaupt nicht befaßt zu haben, war sie doch Mitglied einer Burghausener „Astro“-Gruppe (es handelte sich hierbei um eine DUIST-Ortsgruppe rund um Dr. Wolfram Fragner, der stark esoterisch angeregt war). Just zum Sichtungszeitpunkt von Frau Holzer ereignete sich kaum ein paar Dutzend Kilometer entfernt nahe Saaldorf eine Welle von Sichtungen fliegender Untertassen, die sich überregional in den deutschen Zeitungen niederschlug und selbst das Fernsehen des Bayerischen Rundfunks zu mindestens zwei Beiträgen anregte. Der ganze Spuk klärte sich am 30.12.1978 auf, als das „Reichenhaller Tagblatt“ meldete, daß ein paar Saaldorfer Jugendliche einen Massenstart von Mini-Heißluftballons veranstaltet hatten, um die Bevölkerung mit gefälschten Ufos zu narren - und dies mit offensichtlichem Erfolg. Auch hatte Frau Holzer wie die meisten Ufo-Melder bereits vor ihrer Sichtung an Ufos geglaubt. Doch nicht nur das: Gleichzeitig hatte sie sich

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auch mit Astronomie und auch der Frage nach der Bewohnbarkeit des Universums auseinandergesetzt ...

Doch dies ist nur die halbe Wahrheit. Walter hatte als erster erfahrener Ufo-Phänomen-Untersucher bereits früh im Jahre 1979 mit Frau Holzer zu ihrem Sichtungsfall Kontakt aufgenommen, daraus resultierte eine Untertassenskizze der Zeugin. Auffällig auch, wie Hesemann seinerzeit in seinem Bericht ebenfalls festgestellt hatte, daß Frau Holzers Ufo mit seinen drei Halbkugeln auf der Unterseite der berühmten Adamskischen Untertasse gleicht. Daß sich Frau Holzer ausgerechnet von diversen DUIST-Druckschriften, die ihr Hesemann seinerzeit zugesendet hatte, angesprochen fühlte, spricht ebenfalls eine deutliche Sprache. Der ausschlaggebende Punkt dürfte jedoch ihre Aktivität in der Fragnerschen DUIST-,Astro“-Gruppe zuvor gewesen sein, wo man nicht umhinkommt, entsprechende Fliegende-Untertassen-Literatur nach Adamskischer Lesart und Beweisführung zu sehen, zu lesen und auch zu absorbieren. Auch Beiträge in Funk und Fernsehen über Parapsychologie habe sie damals bereits schon seit Jahren mit Interesse verfolgt gehabt und interessierte sich intensiv für Telepathie und das „Leben nach dem Tode“.

In dieser Zeit auch konvertierte die „Zeugin“ scheinbar von der Rechtsanwaltssekretärin zur Klavierlehrerin und schließlich zur Kunstmalerin - ein Zeichen des Umbruchs in ihrer persönlichen Lebensgestaltung. Damals bereits schon erklärte Frau Holzer gegenüber CENAP im entsprechenden Fragebogen: „Ich halte es durchaus für möglich, daß es Leben auf anderen Planeten gibt. Daß es fremde Intelligenzen geben kann, die versuchen mit uns Kontakt aufzunehmen, halte ich sogar für wahrscheinlich.“

Kein Wunder also, wenn sie sich dann selbst zur QuasiKontaktlerin wandelte. Es geht noch weiter: Frau Holzer ist

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ein Wiederholungszeuge. Bereits um 1975 hatte sie angeblich über dem oberbayerischen Ruhpolding nicht nurein Ufo gesehen, sondern auch fotografiert. Die Dia-Aufnahme sei nicht „sonderlich scharf“ ausgefallen, und auch hier wieder war das Objekt „sonderlich grün“, „ob die Färbung mit der Strahlung der Erdatmosphäre zusammenhängt, weiß ich nicht“.

Das Dia wurde uns bereitgestellt und von Kollege Klaus Webner (Wiesbaden, Filmproduzent) aufgehellt, da es kaum eine Frage der Bildschärfe war, sondern eine der Bildhelligkeit, die Probleme machte, etwas zu erkennen (Originaldia und Aufhellung im CENAP-Archiv vorhanden). Was schließlich zu sehen war, schlug uns vor Lachen die Hände auf die Schenkel: Eine vom Fernsehschirm abfotografierte russische Venus-Sonde als Modell sollte uns hier als Ufo verkauft werden.

Auch der Sohn hat schon fliegende Untertassen gesehen, wie Frau Holzer kundtat. Sie wurde natürlich über den Inhalt ihres Fotos nicht im unklaren gelassen. Daraufhin verbog sie völlig die Logik zu ihren Gunsten: Möglich sei es schon, daß das abgebildete Objekt ein Modell sei, aber es „ähnelte mehr dem Raumschiff Enterprise. Ich habe dieses Objekt damals über Ruhpolding fotografiert“, blieb sie dabei.

Gewiß, da war von einer stehengebliebenen Uhr die Rede sowie von einem verbogenen Zündschlüssel. Da die Uhr laut Hesemann „erst wieder ging, als sie gestellt wurde“, kann ein Bedienungsfehler nicht ausgeschlossen werden. Ähnliches trifft für die Verbiegung des Schlüssels zu: Auch der Autoschlüssel von Henke hat sich, wie er jüngst feststellte, verbogen. Sollte er, ohne es zu merken, einmal in den Einflußbereich einer Untertasse gelangt sein, oder ist es nicht mindestens ebenso wahrscheinlich, daß er, den Schlüssel unabsichtlich selbst verbogen hatte?

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Ist es nur Zufall, daß drei Jahre vor Frau Holzers Erlebnis der

Schlüsselverbieger und Uhrenanhalter Uri Geller in Deutschland eine wahre PSI-Hysterie entfachte, die jahrelang anhielt?

Der Stimulus Wie die langjährige Erfahrung von CENAP und anderen Ufo-Phänomen-Untersuchungsgruppen zeigt, sind selbst bei Ufo-Berichten mit psychologischer Komponente fast immer objektive Stimuli im Spiel. Henke: Wir müssen also fragen, ob auch in diesem Fall ein bekannter Ufo-Stimulus als Auslöser für Frau Holzers Wahrnehmung im Spiel gewesen war. Rekonstruieren lassen sich - rund 14 Jahre später - allein die astronomischen Gegebenheiten zum Ort, Zeitpunkt, zur Himmelsrichtung und -höhe - dies aber absolut exakt. Etwaige Flugbewegungen lassen sich dagegen nach so langer Zeit natürlich nicht mehr ermitteln, werden doch Flugdaten schon nach kurzer Zeit gelöscht. Stand also am Sichtungsort zur Sichtungszeit in der angegebenen Himmelsrichtung und -höhe ein astronomischer Ufo-Stimulus am Himmel, der nachweislich bereits in anderen Fällen zu Untertassen-Sichtungen führte? Die Antwort ist ein klares Ja:

Wie die astronomische Computersimulation zeigte, stand a) in südöstlicher Richtung - also in Fahrtrichtung der Zeugin b) rechts oberhalb der gerade aufgehenden Sonne c) exakt zum Zeitpunkt der Beobachtung d) am Beobachtungsort der häufigste astronomische Ufo-Stimulus überhaupt: die hellstrahlende Venus, die auch zutreffend als weißglühende Scheibe geschildert wird. Daß Venus und „Ufo“ identisch waren, belegt zudem die simple Tatsache, daß Frau Holzer - trotz angeblicher astronomischer Kenntnisse - die Venus mit keinem

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Wort erwähnte, ganz im Gegenteil im CENAP-Fragebogen gar erklärte, daß da kein Himmelskörper sonst am Himmel zu sehen war, obwohl sich das Ufo in ihrer unmittelbaren Nähe befunden haben mußte. Mit anderen Worten, die Zeugin hätte zwei Objekte angeben müssen - nämlich das Ufo und die Venus. Somit sollte auch für den weniger kritischen Ufo-Phänomen-Untersucher feststehen, daß auch in diesem Fall Ufo-Stimulus und Ufo identisch waren.

Daß relativ unscheinbare Lichter - also auch Planeten wie Venus und Jupiter - von einzelnen Beobachtern durchaus auf höchst ungewöhnliche Weise wahrgenommen werden können, besonders wenn wie im Falle Adele Holzer eine thematische Prädispositionshaltung vorliegt, belegen zahlreiche - darunter auch von CENAP untersuchte – Fälle. Rekonstruktion Rekonstruieren wir die Beobachtung der Zeugin: Frau Holzer befindet sich zunähst im fahrenden Auto. Aufgrund des allseits bekannten autokinetischen Effektes ist es kein Wunder, daß sie das Objekt selbst als bewegt wahrnimmt: Die kraulartigen Bewegungen (vorher im übrigen in den Zeitungen für die rund um Saaldorf gestarteten „Ufos“-Heißluftballone als Merkmal dargestellt) resultieren einfach aus den Fahrtbewegungen ihres Autos, das sich ja nicht auf absolut planer Fläche bewegt. Somit ist es auch kein Wunder, daß das Objekt, nachdem die Zeugin zur Ruhe gekommen ist, mit einem Male stillsteht, so daß sie es nun in Ruhe (im doppelten Wortsinn) beobachten kann.

Die nun beobachteten Feinstrukturen (Kugeln, Lichter, Luken) kann mit ein klein wenig Phantasie jeder Beobachter „erkennen“. Gleiches trifft für die Strahlen zu, die besonders

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beim Zusammenkneifen der Augen deutlich sichtbar werden.

Wer die Venus oder den Jupiter einige Zeit beobachtet, hat zeitweise den Eindruck, eine Ellipse, dann wieder eine Scheibe zu sehen. Somit kann auch den beschriebenen Umklappeffekt jeder Beobachter nachvollziehen.

Es muß noch bemerkt werden, daß all diese Effekte besonders stark bei Kurzsichtigkeit mit und ohne Brille auftreten (ob Adele Holzer zum Zeitpunkt der Beobachtung sehbehindert war, geht aus dem Hesemann-Bericht leider nicht hervor, der CENAP-Fragebogen ging damals noch nicht darauf ein.)“

Die psychischen und physikalischen Effekte

Das Holzer-Erlebnis nahm die CENAP zum Anlaß, auf einige weitere Effekte zu verweisen, die ihrer Meinung nach bei der Bewertung von Ufo-Sichtungen nicht außer acht gelassen werden dürfen.

Die psychischen Effekte Daß Menschen beim Anblick der aufgehenden Sonne oder auch beim Anblick der Venus Gefühle empfinden, ist nichts Ungewöhnliches. Wer eine derartige Erscheinung jedoch auf ungewöhnliche Weise wahrnimmt, wird auch dazu passende ungewöhnliche Gefühle empfinden. Gefühle kommen ja von innen und nicht von außen: Wir selbst sind es, die Gefühle erzeugen. Daß unsere Gefühle nicht , immer der objektiven Realität - falls es die überhaupt gibt - entsprechen, ist ebenfalls klar: So lassen uns bereits einfachste Bleistiftstriche Gefühle erleben. Ein Hund ist da viel objektiver: Wenn er z. B. die Strichzeichnung eines Artgenossen sieht,

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erkennt und fühlt er gar nichts; er sieht nur das, was tatsächlich auf dem Papier vorhanden ist - nämlich Striche. Wahrnehmung und die damit verbundenen Gefühle entstehen - was leider oft vergessen wird - erst in unserem Gehirn; wir konstruieren uns unsere Wirklichkeit selbst.

Auch Adele Holzer spricht von einem Gefühl, einer telepathischen Botschaft. Und auch heute noch drückt sie sich über ihre Erlebnisse vorsichtig aus, spricht von Eindrücken usw. Sie gab an, weder eine Stimme gehört zu haben noch wörtlich wiedergeben zu können, was sie zu jener Zeit wahrnahm.

Die Wahrnehmungen, die sie empfand, entsprechen den typischen Kontaktler-Botschaften, oder sollte man lieber sagen, -Sehnsüchten? Und diese können durchaus von der ufologischen Gruppe genährt worden sein.

Zumindest vergangene Gefühle lassen sich nicht mehr verobjektivieren. Es läßt sich nicht feststellen, ob vergangene Gefühle selbst erzeugt wurden oder ob sie durch hypothetische Energien über- bzw. außersinnlicher Kräfte induziert wurden. Daher können auch Berichte über stärkste Gefühlsregungen niemals noch nicht einmal als Indiz für diverse Ufo-Hypothesen dienen. Die physikalischen Effekte Nicht nur im Falle Holzer, sondern auch bei anderen x-beliebigen Fällen, in denen von physikalischen Effekten die Rede ist, läßt sich im nachhinein nachprüfen, ob solche Effekte tatsächlich auftraten und - falls ja - ob sie ursächlich auf ungewöhnliche äußere Einflüsse zurückgehen.

Daß im Falle Holzer zu einer Zeit, in der zumindest in Ufo-Kreisen eingehend über die PSI-Phänomene des Uri Geller diskutiert wurde, ausgerechnet zwei typische Geller-Phänomene auftraten, muß schon nachdenklich stimmen.

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Selbstverständlich ist es untersagt, die Behauptung aufzustellen, daß Frau Holzer die von ihr berichteten Phänomene einfach nur erfand (Uhr) bzw. selbst erzeugte (Schlüssel). Dennoch kann auch diese Möglichkeit nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden: Gerade im Bereich des Esoterischen erzeugen sich so manche Medien, wie allseits bekannt ist, ihre „Beweise“ selbst.

Ganz gleich, was es im Falle Holzer mit der stehengebliebenen Uhr und dem verbogenen Schlüssel auf sich gehabt haben mochte - Beweise für Außergewöhnliches sind auch das keine.

Wie aus einer Ufo-Zeugin eine Kontaktlerin wurde

„Das kann doch nicht alles gewesen sein“, wird sich so mancher „Ufo“-Zeuge, der nur auf einen gewöhnlichen Stimulus hereingefallen war, im nachhinein sagen. Daß Wunschglaube und unerfüllte Sehnsüchte eine Ufo-Wahrnehmung überhöhen bzw. überdecken, erleben die Falluntersucher ständig, heißt es im CENAP-Report weiter. Es sind in den seltensten Fällen die Objekte selbst, die bei Ufo-Meldern Erstaunen auslösen, sondern es ist die im Bewußtsein vorgeprägte Ideologie, die nach objektiver Bestätigung sucht. Ein Beispiel: Es störte die Flugzeug-Ufo-Zeugin von Hemsbach nicht im geringsten, zu erfahren, daß sie auf ein Flugzeug hereingefallen war. Sie sucht einzig und allein nach Bestätigungen für ihre religiösen Überzeugungen, die auch nach „Auflösung“ des Ufos unvermindert weiterbestehen. Eine andere bekannte Ufo-Zeugin aus der Nähe von Ludwigshafen störte es gleichfalls nicht zu erfahren, daß zumindest eines ihrer vielen Ufos auf einer Venus-Täuschung beruhte. Die Ursachen für solche Verhaltensmuster

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sind wohl in einem geringen oder nicht vorhandenen Selbstwertgefühl zu suchen, und sie sind das Resultat eines unstillbaren Verlangens, ein einziges Mal in einem sonst dürftigen Leben Anlaß für eine Schlagzeile zu sein.

Daß man dabei mehr und mehr den Sinn für die Realität verliert, nimmt man zumindest dann in Kauf, wenn man die Erfahrung macht, daß die eigenen Wunschphantasien sogar dem Fernsehen wert sind, einem Millionenpublikum präsentiert zu werden. Und schon gibt es kein Zurück mehr: Selbst wenn man es wollte - man kann nach ersten Fernsehauftritten nicht mehr behaupten, nur wunschgeträumt zu haben - zumal das sowieso niemanden interessieren würde: Mag ein ehemaliger Fixer interessant genug sein, um im TV präsentiert zu werden - ein Ufologe, der plötzlich nicht mehr mit irrsinnigen Geschichten aufwarten würde, wäre ein höchst langweiliger Unterhalter.

Will man also weiterhin - zumindest scheinbar - im Mittelpunkt des Interesses stehen, muß man seine Phantasien beibehalten oder gar weiterspinnen. Daß dabei zumindest am Anfang einer Kontaktlerkarriere Widersprüche auftreten, macht Frau Holzer besonders deutlich:

Da erklärte sie als erstes, daß sie erst durch die vor kurzem erfolgte Hypnose Gewißheit über die Phaeton-Geschichte erlangt habe. Dann wieder gesteht sie, bereits vor 14 Jahren alle Inhalte einem Ufologen anvertraut zu haben. Dann wieder erklärte die Kontaktlerin, nicht gewußt zu haben, woher die Burghausen-ETs gekommen waren, um schließlich das Gegenteil zu behaupten. Ufos - verkaufsträchtige Zeitungsenten Ohne die Medien gäbe es keine Ufos - ein Satz, der zumindest noch eher beweisbar ist als Ufos selbst. Seitdem fliegende

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Untertassen durch die Welt geistern, hat es immer wieder Journalisten gegeben, die mit kräftiger Feder zu wahren Höhenflügen ansetzten - zur Freude manches Verlegers, stieg doch mit jedem gesichteten Ufo gleichzeitig die Auflage. Daß die journalistische Sorgfalt dabei nicht gerade der Maßstab war und ist, scheint niemanden zu kümmern. Insgeheim wird wohl selbst in den Medien der Unterhaltungswert höher angesetzt als Tatsachen. Was für die Verleger die Auflagenhöhe, sind für die Fernsehanstalten die Einschaltquoten. Diese Entwicklung ist nicht nur bedauerlich, sondern erschreckend zugleich. Gerade in den neuen Bundesländern hat sich, laut CENAP, die „Bild“-Zeitung zum Promotor für derlei Zeitungsenten gemacht. So berichtete sie am 17. Dezember 1992 von einem Augenzeugen aus Leipzig, der angeblich einen Flugkörper gesichtet haben wollte, der „wie zwei fliegende Untertassen übereinander“ aussah, darunter ein „riesengroßes Dreiecksfenster, ringsherum Bullaugen“. Obwohl „Bild“ bei der Polizei nachfragte, die eine solche Erscheinung dementierte, wurde der Artikel gedruckt. Die Reihe solcher Vorkommnisse lasse sich beliebig fortsetzen. CENAP - eine deutsche Ufo-Meldestelle

Wer glaubt, ein Ufo gesehen zu haben, oder gar den Verdacht hat, von Außerirdischen entführt worden zu sein - dem kann geholfen werden. Er kann sich an das „Centrale Forschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänomene“, kurz CENAP, in Mannheim wenden (Werner Walter, Eisenacher Weg 16, 68309 Mannheim, Tel. 0621/701730). CENAP ging im März 1976 aus der im Herbst 1973 gegründeten „Privaten UFO-Forschungsgruppe Mannheim“ hervor. Nach eigenen Aussagen wurde CENAP als Anlaufstelle für Ufo-Meldungen vom Stuttgarter Innenministerium empfohlen und dient

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der Deutschen Agentur für Raumfahrtangelegenheiten (DARR) als Berater.

1984 seien CENAP-Vertreter ins Bonner Verteidigungsministerium zu vertraulichen Gesprächen mit der Luftwaffenführung eingeladen worden. Die Organisation ist in die gemeinnützige Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften GWUP (Postfach 122, 64380 Roßdorf) integriert.

Für Interessenten hält die CENAP zahlreiche Dokumentationen bereit. In Konkurrenz zu anderen internationalen Ufo-Gruppen, wie z. B. MUFON, wird der CENAP oftmals vorgeworfen, eine „mächtige Anti-UFO-Lobby“ zu sein, „was wir natürlich nicht sind“.

Ufos und deutsche Politiker . Im Gegensatz zu Amerika ist Deutschland ein Ufo-Entwicklungsland. In den USA glaubt mehr als die Hälfte an das Ufo-Phänomen. Über 15 Prozent der amerikanischen Bevölkerung haben Meinungsumfragen zufolge Ufos gesehen. Selbst der frühere US-Präsident Jimmy Carter glaubte an die fliegenden Untertassen, er will sogar eine gesehen haben. Von Buttlar hat sich noch zu Zeiten der sozialliberalen Koalition unter deutschen Politikern umgehört und aus dem Bundeskanzleramt erfahren, daß für den damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt Ufos wohl kein Thema sind.

Als das Thema einmal aufgrund einer Anfrage des CDU-Bundestagsabgeordneten Johann Peter Josten ganz offiziell auf der Tagesordnung des Bundestages stand, erklärte Verkehrsstaatssekretär Karl Witt, der Sinn der Frage sei nicht ganz klar: Wenn nämlich Tatsachen über Flugkörper bekannt sind, dann sind die Flugkörper nicht unbekannt, sondern bekannt.

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Hans Apel, ehedem Bundesverteidigungsminister, ließ durch

den Leiter seines Informations- und Pressestabes, Kapitän zur See Kurt Fischer, auf eine Anfrage erklären: Mangels besonderer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland gibt es offenbar weder im Bundesministerium der Verteidigung noch in anderen Ressorts Untersuchungen, die sich mit dem Thema Ufo befassen. Auch Minister Dr. Apel habe bisher keinen Grund, sich dazu eine Meinung zu bilden, aber, fügte er hinzu, „in die Kategorie Glauben fällt es meines Erachtens auch nicht“. Möglicherweise sei dieses Phänomen eine Besonderheit der Vereinigten Staaten.

Volker Hauff, damals Bundesminister für Forschung und Technologie, gab unumwunden zu, er glaube nicht, daß an dem Ufo-Phänomen etwas dran ist. „Die vielfach aufgestellte Behauptung, es handle sich um außerirdische Flugkörper, läßt sich - nach dem heutigen Stand der Erkenntnisse - wissenschaftlich nicht beweisen.“

Seither scheint niemand mehr auf den Gedanken gekommen zu sein, deutsche Politiker mit dem Ufo-Phänomen zu konfrontieren. Angesichts der gravierenden Probleme, die Massenarbeitslosigkeit, Rezession usw. ist nicht zu erwarten, daß Politiker für Ufo-Fragen ein offenes Ohr haben.

Das Präsidenten-Erlebnis

Unbeschwertes Ufo-Bekennertum können offenbar die Amerikaner von ihren Politikern erwarten. 1973, drei Jahre bevor er Präsident wurde, berichtete Jimmy Carter nach einer Rede vor dem Lions-Club in Thomaston (Georgia) ohne Zögern von seinem Erlebnis:

„Es war eine ganz eigenartige Erscheinung, aber etwa 20 Leute haben sie gesehen“, sagte er. „Es war das Tollste, was ich jemals erlebt habe. Es war sehr hell, wechselte die Farben

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und hatte etwa die Größe des Mondes. Wir haben es zehn Minuten beobachtet, aber keiner von uns konnte herausbekommen, was es war. Eins ist sicher: Ich werde niemals über Leute lachen, die sagen, sie hätten Ufos am Himmel gesehen.“ Jimmy Carters 25 Jahre alter Sohn Jeff gab laut v. Buttlar während der Präsidentschaftskampagne für seinen Vater weitere Einzelheiten über das Erlebnis des früheren Gouverneurs von Georgia bekannt:

„Nach seiner Rede in Thomaston war mein Vater zusammen mit einigen Geschäftsleuten zum Parkplatz des Clubs gegangen, als sie das Ufo entdeckten“, berichtete er. „Es hatte drei Lichter, die zusammen so groß wie der Mond waren. Dad sagte, ihre Farbe änderte sich von Rot nach Grün, und es befand sich in der Nähe des Mondes. Er wußte, daß es nicht irgendeiner unserer Flugzeugtypen sein konnte. Vergessen Sie nicht, mein Vater ist Kernphysiker, der in der Kriegsmarine gedient hat. Er ist nun der Ansicht, daß man diesen Dingen nachgehen sollte.“

Auch Jimmy Carters damals 79 Jahre alte Mutter erinnert sich: „Das Ufo machte einen gewaltigen Eindruck auf Jimmy, er hat mir mehrfach davon erzählt. Schließlich ist er immer ein ernsthafter Junge gewesen, der mit beiden Beinen auf der Erde steht. Und was er gesehen hat, ist, soweit ich es beurteilen kann, so sicher wie das Geld auf der Bank.“

Kurze Zeit nach seinem Erlebnis kündigte Carter an: „Wenn ich ins Weiße Haus einziehe, werde ich dafür sorgen, daß alle Informationen, die es in diesem Lande über Ufo-Sichtungen gibt, der Öffentlichkeit und den Wissenschaftlern zugänglich gemacht werden.“

Dazu soll der Leiter eines Ausschusses vom Nationalen Untersuchungskomitee zur Erforschung von Phänomenen im Luftraum (National Investigation Committee on Aerial Phenomena), Jack Acuff, gesagt haben: „Sollte ein Präsident

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der Vereinigten Staaten jemals das bisher noch nie veröffentlichte Material über Ufos freigeben, das in den nationalen Archiven unter Verschluß liegt, wird es eine Sensation für die wissenschaftliche Welt und zugleich von unübersehbarem Nutzen für die Allgemeinheit sein. Es ist von größter Wichtigkeit, daß eine Persönlichkeit wie Carter eine solche Erklärung abgegeben hat.“ Nun ja, Amerika wartet immer noch auf die Sensation.

In Sachen Ufos scheinen Amerikas Politiker keine Berührungsängste zu haben. 1954 bezweifelte Dwight D. Eisenhower, daß die fliegenden Untertassen nur von einem einzigen Planeten stammen. Und John F. Kennedy 1961: „Ich bin zu der Überzeugung gelangt, daß Raumschiffe aus anderen Welten zu uns kommen.“ Nelson Rockefeller forderte als Gouverneur des Staates New York sogar: „Das amerikanische Volk sollte über jede Angelegenheit von nationaler Bedeutung entsprechend informiert werden, daher ist es lebensnotwendig für unsere Demokratie, daß die breite Öffentlichkeit auch darüber unverzüglich und rückhaltlos aufgeklärt wird.“

Dem deutschen Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ riß hingegen 1978 der Geduldsfaden. In der Ausgabe vom 24. April hieß es u. a.: „Gegenwärtig gelangt der Aberglaube zu neuer, beinahe mittelalterlich anmutender Hochblüte ... Der Rückfall in den Irrationalismus als Massenphänomen läßt sich an Bestsellerlisten ebenso ablesen wie am wachsenden Zulauf zu mystischen Vereinigungen und am neu erwachten Ufo-Kult.“

Das Däniken-Phänomen

Obwohl Kritiker 98 Prozent aller Ufo-Beobachtungen und Ufo-Fotos als Mißverständnisse, Fälschungen oder auch als Mißdeutungen natürlicher Lichterscheinungen einstufen,

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gibt es dennoch einen gewissen Prozentsatz, der nicht 100% geklärt werden konnte, zumindest bis jetzt noch nicht. Dennoch sollte eifrigen Ufo-Verfechtern eine Zahl der amerikanischen Foto-Industrie zu denken geben. Allein in 30 Jahren, von 1950 bis 1980, wurden 50 Milliarden Amateurfotos in den USA geschossen. Auf keinem ist ein Objekt zu erkennen, das man als außerirdisches Raumschiff bezeichnen könnte.Trotzdem, die mystische Veranlagung des Menschen stellt ihm selbst ein Bein. Je unbeweisbarer und phantastischer eine Spekulation ist, um so vernarrter ist er in sie. Glaubt man Erich von Däniken, dann sind Ufos und die gesamte Raumfahrt ein alter Hut und die Götter unserer kulturellen Entwicklung nichts anderes als Raumfahrer. Die Sehnsucht nach Erklärung ist nicht neu. Schon 1897 hat Kurt Laßwitz mit seinem Roman „Auf zwei Planeten“ einer ganzen Reihe von Autoren Denkanstöße und Material geliefert. Und als die Raumfahrt ihre ersten Triumphe feierte, spekulierte der Mensch mit grenzenlosen Möglichkeiten. 1969 erklärte der Sozialpsychologe an der Universität Köln, Prof. Hans Anger: „Diese Literatur entspricht modernen Bedürfnissen, indem sie eine Art populärer Entmythologisierung vornimmt, also etwa biblische Berichte naturwissenschaftlich uminterpretiert und damit glaubwürdig erscheint.“ Und: „Der Mensch von heute findet einen besonderen Reiz darin, in seiner Phantasie die Möglichkeiten der Technik auszuspinnen.“

Herbert Kühns, der ehemalige Professor für prähistorische Archäologie an der Universität Mainz, erinnerte 1970 an das Goethe-Wort: „Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.“ Oder anders gesagt: Wer das Wunder liebt, sehnt es herbei. An dieser Stelle setze von Däniken nach Meinung Kühns an. Auf der Suche nach Herkunft und Zukunft gibt Däniken seinen Gläubigen bestimmte Theorien mit auf den Weg.

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Danach haben vor rund 10000 Jahren fremde Lebewesen aus einer fernen Milchstraße die Erde besucht, möglicherweise nicht ganz unfreiwillig, sondern weil sie nach einer intergalaktischen Schlacht auf diesen Planeten verschlagen wurden. Dann hätten die Außerirdischen den intelligenten Menschen durch Veränderung der Gene von Affen nach ihrem Ebenmaß erschaffen. Zahlreiche, bisher nicht identifizierte archäologische Funde könnten Erinnerungsstücke an den Besuch der außerirdischen Astronauten sein. Und: Sowohl die Mythen als auch die Bibel und andere heilige Bücher müsse man als Berichte von Aufenthalten der Götter auf Erden betrachten.

Neben den alten Mythen sind es vor allem Felsbilder vorgeschichtlicher Epochen, die Däniken anregten. Auch Herbert Kühns prähistorische Kunstforschung wurde von Felsbildern bestimmt. In Bezug auf Dänikens Vision sagt er weiter:

„Wenn auf den Bildern Kreise vorkommen, dann sind das die kugeligen Raketen. Wenn Götter dargestellt werden mit ihren Symbolen, wie etwa bei dem keltischen Gott Kernunnos das Geweih des Hirsches, dann sind das Antennen. Wenn die Gottheit mit Strahlen auf dem Kopf wiedergegeben ist, dann sind das Raumfahrer. Wenn die Strahlen in den Kopf eingezogen sind, dann sind das Gestalten wie unsere Mondfahrer. Wenn über dem Körper der Gottheit das Zeichen für Wasser eingraviert ist, dann ist das nicht göttlich, sondern technisch.

Wenn um die Göttergestalt die Beter stehen, dann sind das Marsmenschen. Wenn ein Mensch fast horizontal dargestellt ist, offenbar ein Schwimmer, dann hat er einen enganliegenden Raumfahreranzug mit Steuergeräten und Antennenstäben am Schutzhelm. Wenn eine Negermaske gemalt ist, dann ist das ein kosmischer Besucher mit antennenähnlichen Auswüchsen.

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Sein Helm hat Schlitze für Augen, Nase und Mund.“ Tatsache ist, daß in Sagen und Mythen vieler Völker Götter

und Engel herrschen, die in „feurigen Wagen“ vom Himmel kamen. Für die Phantasie heutiger Menschen sind diese Berichte nach wie vor eine wahre Fundgrube der Spekulation, zumal es noch zahlreiche nicht gelüftete Geheimnisse alter, längst versunkener Kulturen gibt.

Dazu zählen die bis zu 50 Tonnen schweren und zehn bis 20 Meter hohen Statuen auf den Osterinseln im Pazifik. Wie konnten primitive Inselbewohner eine solche Herkulesarbeit nur bewältigen? Da können doch nur Außerirdische ihre Hand im Spiel gehabt haben. Thor Heyerdahl, der mit akribischer Genauigkeit schon manches alte Geheimnis durch folgerichtiges Nachahmen lüftete, bestreitet dies energisch. Ähnliches gilt auch für die Hochebene von Nazca in Peru in 4000 Meter Höhe. Sie wird von schnurgeraden, bis zu acht Kilometer langen Bahnen durchzogen. Außerdem sind riesige Tierfiguren auf den Boden gezeichnet, die nur vom Flugzeug aus erkennbar sind. Während Däniken darin eindeutig eine Landebasis für Raumschiffe sieht, denken Wissenschaftler eher an einen Sonnenkult und einen damit verbundenen Kalender. Auch die jahrtausendealten Werke von Künstlern in Afrika, Asien und Südamerika regen heute noch die Phantasie an. Sie zeigen oftmals seltsame Wesen, die an heutige Astronauten erinnern, damals aber Götter zeigten, die „vom Himmel kamen“. In Japan wurde eine 60 Zentimeter große bronzene Statue gefunden, die wie ein Astronaut mit Helm und Weltraumanzug aussieht. Ebensogut könnte die merkwürdige Kleidung aber auch eine Rüstung oder ein zeremonielles Gewand sein. In einem Maya-Grab in Mexiko fand sich eine 1300 Jahre alte Zeichnung, auf der man, wenn man will, einen Mann in einem startenden Raumschiff erkennen

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kann. Diese Beispiele zeigen, daß es oft auf das Auge des Betrachters ankommt, um bestimmte Phänomene zu erklären. Es sei daher dem Leser selbst überlassen, zu welcher Theorie er tendiert.

Ufos - ein alter Hut in Tassenform Als der amerikanische Pilot Kenneth Arnold am 24. Juni 1947 neun seltsame fliegende Scheiben über dem Mount Ranier im US-Bundesstaat Washington beobachtete und ein Journalist den Begriff „fliegende Untertassen“ erfand, ist das Ufo-Zeitalter geboren worden. Tatsache aber ist, daß unidentifizierte Flugobjekte schon damals ein alter Hut waren. Eine 230 Jahre alte Ufo-Beschreibung stammt aus der Schweiz. Am 9. August 1762 sah der Basler Astronom de Rostan, wie ein gewaltiges spindelförmiges Objekt, das von einem glühenden äußeren Ring umgeben war, langsam vor der Sonnenscheibe vorbeizog. Dasselbe Objekt wurde noch von einem zweiten Astronomen beobachtet. 120 Jahre später sah man von mexikanischen Observatorien aus Hunderte von Flugkörpern, die genau der Beschreibung der beiden Schweizer Astronomen entsprachen. Am 12. August 1883 fotografierte Professor Bonilla eines dieser Objekte.

Mönche des Klosters St. Albans in Hertford, England, könnte man vermutlich zu den Urahnen der Ufo-Beobachter zählen. Sie notierten in ihrer Klosterchronik, am l. Januar 1254 ein mysteriöses farbiges Schiff über ihrem Kloster gesehen zu haben.

1290 gerieten die Mönche von Bylands Abbey in Yorkshire in Aufregung, als sie eine Scheibe sahen, die langsam über die Abtei flog.

Bis zum 18. Jahrhundert geben dann alte Aufzeichnungen immer wieder Auskunft über seltsame Himmelserscheinungen.

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Besonders mit dem Aufkommen der ersten Zeitungen im 17./18. Jahrhundert, als schon viele Menschen lesen und schreiben konnten, finden sich wieder vermehrt Berichte.

So sah am 11. Dezember 1741 Lord Beauchamp um 21.45 Uhr über London einen kleinen ovalen Feuerball herabsinken. In etwa 800 Meter Höhe stoppte er, richtete sich nach Osten und verschwand schließlich mit einem langen Rauchund Feuerschweif.

Wenige Jahre später, am 19. März 1748 um 19.45 Uhr, sah Sir Hans Sloane in London ein blendendes blauweißes Licht mit rötlich-gelbem Schweif durch den Abendhimmel fallen. Nach einer halben Minute versank es in der Dunkelheit.

Am 7. September 1820 flog eine Formation von untertassenförmigen Objekten auf die französische Stadt Embrun zu. Genau über der Gemeinde änderte die Formation ihre Flugrichtung, machte eine exakte Wendung von 90 Grad und verschwand.

Ein viereckiges, leuchtendes Objekt interessierte sich offenbar am 13. November 1833 für die Niagarafälle. Mehr als eine Stunde soll es nach alten Zeitungsberichten über diesem Naturwunder geschwebt haben.

Geheimwaffe Ufo

Zu Ende des Zweiten Weltkrieges tauchten ebenfalls Berichte über merkwürdige Flugobjekte auf. Man kann darüber streiten, ob diese Beobachtungen Ergebnisse der deutschen Propagandamaschinerie von immer wieder neuen Wunderwaffen waren oder Produkte einer Angstpsychose. Tatsache ist, daß Amerika noch in den 50er Jahren bei Ufo-Meldungen an Geheimwaffen der Sowjets aus ehemaligen deutschen Beständen dachten. Dabei waren es nicht nur alliierte Piloten, sondern auch deutsche, die von eigenartigen, scheibenförmigen

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Flugobjekten hin und wieder bei Einsätzen begleitet wurden. Die alliierten Bomberpiloten nannten sie bald „foo fighter“, was sich am ehesten mit „Feuerreiter“ übersetzen läßt. „Sie sahen aus wie Kristallkugeln und hatten die Größe von Basketbällen. Besonders oft wurden sie über München, Wien und anderen wichtigen Abwurfzielen beobachtet. Sie näherten sich einer Bomberformation nie auf mehr als etwa 100 Meter. Dann schienen sie von unserer Formation angezogen zu werden wie ein Magnet und flogen Seite an Seite mit uns. Nach einer Weile scherten sie wie ein Flugzeug aus und verschwanden“, schilderte der ehemalige amerikanische B-17-Pilot Charles Odom seine Beobachtungen während seiner Einsätze im Herbst und Winter 1944/45 über Deutschland. Hatten sich die Beobachter bei der Größe verschätzt und nur die ersten Raketenflugzeuge der Welt, die Messerschmitt 163, gesehen, die mit einer Länge von etwa fünf Metern gegenüber einem Bomber wie ein Spielball wirken mußten? Und hatten die Bordwaffen der Raketenjäger nur Ladehemmung, oder waren es gar nur Testflüge ohne Bewaffnung? Aber auch die Deutschen, die in den letzten Kriegsmonaten an die Wunderwaffen ihres Führers glauben sollten, hatten merkwürdige Erlebnisse. So habe es im Herbst 1944 bei einer Flakeinheit in Polen Alarm gegeben, weil Suchgeräte in 15000 Meter Höhe ein Flugobjekt ausgemacht hatten. So hoch flog damals keine russische Maschine. Einem Augenzeugenbericht zufolge eröffnete die schwere Flak bei 8000 Meter das Feuer, worauf „das Ding“ nur noch schneller wurde. „Die Entfernungsmesser glaubten ihren Augen nicht und brüllten die gemessenen Geschwindigkeiten in die Mikrofone: „2000, 3000, 5000 Kilometer pro Stunde.“ Auch die leichte Vierlingsflak blieb wirkungslos. In 2000 Meter Höhe machte das rundliche Objekt eine Wendung und verschwand vor den Augen von 65 verblüfften

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Kanonieren spurlos. Auf jeder Seite der kriegführenden Mächte hielt man diese seltsamen Erscheinungen für Geheimwaffen des Gegners. Auffallend war jedoch, daß sie niemals in Kämpfe eingriffen, sondern sich friedlich verhielten. In einem Untersuchungsbericht kam die B. amerikanische Armee zu dem Ergebnis, es könne sich nur um eine Massenhalluzination gehandelt haben. Die ständige deutsche Propaganda von kriegsentscheidenden Geheimwaffen hatte schließlich die Alliierten verunsichert. Immerhin versuchten sich deutsche Flugzeugingenieure an einer kleinen Propellermaschine, genannt „Fliegender Pfannkuchen“, die einem Ufo ähnlich war. Sie kam jedoch nie über das Versuchsstadium hinaus.

Wenn die Amerikaner bei Ufo-Sichtungen in den 50er Jahren noch eher an Geheimwaffen dachten als an Außerirdische, so hatten sie gar nicht so unrecht. Immerhin wurde damals in den USA an allerhand eigenartigem Fluggerät gebastelt.

1959 wurde in den USA eine scheibenförmige Maschine namens Avro Avrocar erprobt, die jeder Ufo-Gläubige als Ufo identifizieren würde. Die Konstrukteure hatten einen vertikalen Start und eine Geschwindigkeit von 480 km/h vorgesehen. Die Maschine sollte in der Luft anhalten und auf jeder beliebigen Flughöhe schweben können. Ein zentrales Turbinenblatt, das von drei Düsenmotoren angetrieben wurde, sollte der Untertasse die Auftriebskräfte geben. Das Projekt wurde jedoch aufgegeben, weil die Maschine sich als flugunfähig erwies. Gefahrlos konnte sie nur in einer Höhe von rund 1,20 Meter fliegen. Ein eiförmiger Mini-Hubschrauber wurde in den USA häufig für ein Ufo gehalten. In Wirklichkeit war es der ferngelenkte Helikopter Westland Wisp. Der Wisp konnte mit einem Jeep transportiert werden, startete senkrecht und erreichte eine Geschwindigkeit von

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130 km/h. Mit einer Fernsehkamera ausgerüstet, diente er militärischen Aufklärungszwecken.

Die Jagd auf Ufos Bis in die 70er Jahre hinein stiegen immer wieder Kampfflugzeuge auf, um verdächtigen Radarsignalen nachzuforschen. Wenn es dann tatsächlich mal kein Wetterballon oder Trümmer eines Satelliten waren, entkam das unbekannte Flugobjekt mit überlegener Geschwindigkeit. Hier einige Berichte aus den Ufo-Jagdannalen.

Es mag jeder selbst entscheiden, ob es dabei um etwas tatsächlich Außergewöhnliches ging, ob Sinnestäuschungen im Spiel waren oder ganz einfach nur Jägerlatein angesagt ist.

So kam es am 13. August 1956 über Suffolk, England, zu einer Ufojagd nachdem mehrere unbekannte. Flugobjekte gesehen wurden, die auch auf dem Radarschirm erschienen. Das erste Ufo blitzte auf einem Radarschirm in Bentwaters in Ostengland auf. Seine Geschwindigkeit wurde auf über 8000 km/h geschätzt. Einen Überschallknall hatte jedoch niemand gehört. Kurz darauf erschienen auf dem Schirm ein gutes Dutzend weiterer unbekannter Lichtpunkte, angeführt von drei unbekannten Flugobjekten in Dreiecksformation. Etwa eine halbe Stunde nach der ersten Sichtung meldete gegen 22:00 Uhr ein Soldat in der Nähe der Landebahn von Bentwaters „ein Licht in der Größe eines Nadelkopfes“, das mehr als eine Stunde lang in der Luft hing. Tatsächlich aber hat er aller Wahrscheinlichkeit nach nur den Mars gesehen. Nichtsdestotrotz wurde ein T-33-Düsenjäger in die Luft geschickt. Der Pilot sichtete aber nichts Außergewöhnliches. Nach 45 Minuten kehrte er ergebnislos zurück. Um 22:55 Uhr jedoch flog ein Ufo genau über Bentwaters hinweg und

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wurde von zwei Zeugen als verschwommenes Licht beschrieben.

Am 9. September 1976 kurz nach Mitternacht wurde das iranische Luftwaffenkommando alarmiert, nachdem über Teheran ein helleuchtendes Objekt gesehen wurde. 110 Kilometer weiter nördlich startete um 1:30 Uhr ein F4-Phantom-Jäger. Als sich das Flugzeug Teheran auf 50 Kilometer näherte, brach der Funkkontakt ab. Der Pilot kehrte um. Als er sich von dem leuchtenden Objekt entfernte, funktionierte plötzlich wieder der Funk. Um 1:40 Uhr startete Leutnant Fafari mit seiner Phantom und schoß mit Überschallgeschwindigkeit auf das Objekt zu. Doch das Ufo beschleunigte und flog mit schnell nacheinander aufleuchtenden blauen, grünen, roten und orangen Lichtern davon. Dann löste sich ein kleines leuchtendes Objekt vom Ufo und raste auf die Phantom zu. Fafari wollte eine AIM-9-Rakete abfeuern, doch sämtliche Kontrollinstrumente und die Funkverbidung waren ausgefallen. Mit einem Sturzflug entkam er dem kleinen Objekt, das daraufhin zu seinem Mutterschiff zurückkehrte. Gleichzeitig funktionierten an Bord des Jagdflugzeuges wieder alle Instrumente. Fafari nahm die Verfolgung wieder auf und konnte sogar eine Weile dem Ufo folgen. Wegen der großen Helligkeit konnte er schwer die Größe des Objekts schätzen. Auf dem Radar wirkte es so groß wie ein Jumbo-Jet. Dann beobachtete der Pilot, wie sich ein zweites Objekt löste und sanft auf der Erde landete. Seine Helligkeit erleuchtete ein Gebiet von zwei bis drei Quadratkilometern. Fafari überflog die Gegend mehrmals. Dann erlosch das Licht. Als die Phantom zum Stützpunkt zurückkehrte, näherte sich ihr ein zylindrisches Gefährt und raste über den Düsenjäger hinweg. Dieses Objekt wurde auch von Leuten auf dem Flugplatz gesehen. Bei Tageslicht wurde das Gebiet untersucht, wo in der Nacht das leuchtende Objekt

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niedergegangen war - vergebens. Lediglich ein Bauer berichtete, nachts einen lauten Krach und ein Licht gesehen zu haben.

Astronauten und Ufos Seit Menschen in den Weltraum vorgestoßen sind, müßte dieser der beste Ort sein, um Ufos beobachten zu können. Zumindest würden hier allerhand irdische Gründe für Sinnestäuschungen entfallen. Und tatsächlich gibt es Berichte amerikanischer Astronauten über rätselhafte Objekte und Lichtstrahlen. Das Ufo-Geheimnis lüfteten sie jedoch auch nicht. Die erste Ufo-Beobachtung im Weltraum machte der Astronaut James McDivitt im Juni 1965 von der Gemini-4-Kapsel aus. Während des viertägigen Fluges nahm er eines Morgens in etwa 15 Kilometer Entfernung ein Flugobjekt wahr. Der Bodenstation meldete er, das Objekt habe „lange Arme, die herausragen“. Bevor es aus seinem Blickfeld verschwand, fotografierte McDivitt den Raumkörper. Nach dem Entwickeln der Filme konnte jedoch auf keinem der Fotos das Objekt ausgemacht werden.

Wenig später erschien in der Presse ein Bild, das angeblich McDivitts Ufo zeigte. Erkennbar war ein eiförmiger Lichtklecks. McDivitt widersprach: Das sei nicht das, was er gesehen habe.

Die NASA deutete den Lichtklecks als Reflektion des Sonnenlichts auf der schmutzigen Fensterscheibe der Gemini-Kapsel. Ein NASA-Angestellter mutmaßte, McDivitt habe nichts anderes gesehen als die zweite Stufe der Titan-Rakete, die die Gemini-Kapsel in die Umlaufbahn gebracht hatte.

Einige der seltsamsten Beobachtungen wurden während der Apollo-Mondflüge gemacht. So entdeckte die Apollo-11-Mannschaft

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ein großes Objekt, das in der gleichen Richtung flog wie sie. Für Neil Armstrong sah es wie „ein offener Koffer“ aus. Zunächst nahmen sie an, es handelte sich um ihre eigene abgeworfene Startrakete. Von der Bodenstation erfuhren sie aber, daß die Rakete 10 000 Kilometer von ihnen entfernt war.

Ungeklärt ist auch das Erlebnis der Mannschaft von Apollo 12. Sie berichtete, von einem leuchtenden Objekt begleitet worden zu sein, bis es plötzlich mit hoher Geschwindigkeit davonflog. Manche von Astronauten beobachtete Ufos verwandelten sich im nachhinein allerdings in Ifos - Identifizierte Fliegende Objekte.

So entdeckte die Mannschaft der Gemini-11-Kapsel ein Ufo, das Jahre später als der sowjetische Satellit Proton 3 identifiziert wurde. 36 Stunden nachdem ihn die amerikanischen Raumfahrer gesehen hatten, verglühte er in der Erdatmosphäre.Von Bord der Gemini-12-Kapsel wurde ein Ufo fotografiert, das sich schließlich als die Agena-Startrakete herausstellte. Ein anderes Foto der Gemini-12-Mannschaft wurde zunächst auch als mysteriös eingestuft. Bei genaueren Analysen kamen die Bildauswerter jedoch zu dem Schluß, bei dem Ufo handelt es sich um nichts anderes als um ein Stück Abfall aus dem Gemini-Raumschiff.

Die abenteuerlichste Ufo-Idee kreierten jedoch zwei russische Wissenschaftler, Michail Wasin und Alexander Schtscherbakow.

Sie sahen im Mond ein einziges großes Raumschiff. Er sei ein künstlicher Satellit, von Lebewesen einer anderen Welt in die Erdumlaufbahn geschossen, als ihr eigener Planet lebensfeindlich geworden war. Die beiden Wissenschaftler behaupteten, der Mond könne hohl sein und unter seiner äußeren Hülle eine ganze Zivilisation jahrtausendelang beherbergt haben. Die bemannte und unbemannte Raumfahrt

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zum Mond hat diese Phantasie längst ins Reich der Märchen verwiesen.

Verwechslungen und Sinnestäuschungen

Die Mehrzahl der Ufo-Beobachtungen beruht auf Verwechslungen und Sinnestäuschungen. Schon vor Jahren wurden in „Rätselhafte Flugobjekte – Ufos“ die wichtigsten Täuschungsursachen zusammengestellt.

So zogen 1951 Schwärme von V-förmig angeordneten Lichtern mehrmals über Texas. Nach Jahren des Rätselns entdeckten Experten die Wahrheit. Die vermeintlichen Ufos waren Gänse, deren weiße Körper die Lichter am Boden reflektierten.

Riesige Wetterballons werden in aller Welt immer wieder für Ufos gehalten. In 15 bis 20 Kilometer Höhe reflektiert ihre Aluminiumhaut jedoch immer noch das Sonnenlicht, während es am Boden bereits dunkel ist. Ohne jede Möglichkeit, die Höhe zu schätzen, erscheint der strahlend silbrige Flugkörper am Nachthimmel als unbekanntes Flugobjekt. Kugelblitze sind eine weitere Quelle der Täuschung. Bei Gewittern kann man manchmal eine oder mehrere Lichtkugeln im Durchmesser von zehn bis 20 Zentimetern sehen, die knisternd langsam am Himmel dahinrollen - für unbedarfte Beobachter ein perfektes Ufo.

Kondensstreifen von Flugzeugen bilden lange, vom Wind durchbrochene Wolkenbänder. Zigarrenförmige Teilstücke leuchten noch lange, nachdem die Erde im Dunkeln liegt, in der Sonne und vermitteln den Eindruck zeppelinartiger Ufos. Durch steigende Luftströme über Hügeln entstehen oft untertassenförmige Wolken, die sowohl bei klarem als auch bei bedecktem Himmel zu sehen sind. Manchmal häufen sie sich

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zu Formationen, die dann wie Gruppen von Ufos aussehen. Kometen, Sternschnuppen und sogar Leuchtsignale werden immer wieder als Ufos angesehen. Schuld daran sind Un-kenntnis und die Schwierigkeit, nächtliche Wahrnehmungen richtig einschätzen zu können. Sogar der Mond wird für fünf Prozent aller Ufo-Berichte verantwortlich gemacht, vor allem dann, wenn er, teilweise von Wolken oder dem Horizont verdeckt, optisch seltsame Farben und Formen annimmt. 17 Prozent der beobachteten Ufos stellten sich als tieffliegende Flugzeuge heraus. Die Positionslichter rot, grün und weiß, dazu noch blinkend, verführten zu dem Gedanken. Der Planet Venus wird am häufigsten mit einem Ufo verwechselt und ist die Ursache für 27 Prozent aller geklärten Beobachtungen. Nach Sonne und Mond ist die Venus das hellste Gebilde am Himmel. Das Rätsel um die „Bamberger Platte“

Daß manche rätselhaften Phänomene oft durch einen Zufall gelöst wurden, zeigt das folgende Fallbeispiel. Ein deutsches Mitglied der amerikanischen Ufo-Gruppe MUFON-CES hatte behauptet, an der Universitätssternwarte Bamberg werde eine rätselhafte Aufnahme unter Verschluß gehalten. In „Der Stand der UFO-Forschung“ (Frankfurt a. M. 1991) berichtete er: „Zu meiner Überraschung fand ich im Katalog zu diesen Platten einen Hinweis auf ein fotografiertes Objekt, zu dem die Professoren und Assistenten Anmerkungen geschrieben hatten.

Jemand vermutete „Plattenfehler?“, ein anderer kommentierte „Nein! Auf anderer Platte ebenfalls aufgenommen“, und ein dritter hatte „Supernova?“ notiert.

Die Platte zeigte einen ovalen Lichtfleck. Der Direktor der Sternwarte, den ich dann fragte, nahm daraufhin die Platte aus

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dem Plattenarchiv zu sich, „um künftigen dummen Fragen“ auszuweichen.“

In einer am 5. November 1992 vom Bayerischen Fernsehen ausgestrahlten Talksendung vertrat der Ufologe gegenüber dem Astronomen Prof. Rudolf Kippenhahn vehement seine Theorie. Letzterer hingegen bestand auf einem Plattenfehler. Rudolf Henke von CENAP Heidelberg ging der Sache nach und erhielt von Kippenhahn mit Brief vom 16. November 1992 folgende Stellungnahme:

„Die Geschichte der Bamberger Platte ist länglich und geht so: Ich war von 1951 bis 1957 Assistent an der Sternwarte in Bamberg, und es zählte damals zu meinen Aufgaben, das Programm der Himmelsüberwachung weiterzuführen, bei dem man in jeder geeigneten Nacht möglichst viel vom Himmel in ein- oder halbstündigen Aufnahmen auf Platten bringt. Die Platten werden im Archiv gesammelt. Ich hatte aber auch das zeitliche Verhalten veränderlicher Sterne auf den Platten des sich ständig vergrößernden Archivs zu untersuchen. Der damalige Direktor Ernst Zinner erzählte mir damals von einer Aufnahme, die vor meiner Zeit in Bamberg gewonnen worden war und die im Archiv aufbewahrt wurde. Auf dieser Platte war an einer Stelle ein Stern, der nie vorher und nie nachher an dieser Stelle fotografiert worden ist. Eine gleichzeitig in Sonneberg (55 Kilometer von Bamberg entfernt) aufgenommene Platte derselben Himmelsgegend zeigte nichts. Da das schwarze Pünktchen des sonderbaren Objektes auf der Platte sich im Mikroskop in nichts von den anderen Sternen unterschied, schloß Zinner einen Plattenfehler aus. Damit blieb als einzige Erklärung - so unwahrscheinlich sie auch war -, daß es sich um einen Meteor gehandelt haben muß, der genau auf die Kamera geflogen ist und deshalb statt einer Spur auf der Platte nur einen Punkt gezeichnet hat. Zinner hatte auch in irgendeinem Jahresbericht

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seines Instituts darüber etwas geschrieben und die Erscheinung und die Uhrzeit der Aufnahme angegeben. So, jetzt komme ich ins Spiel: Ich kannte die Geschichte der merkwürdigen Erscheinung, hatte mir aber nicht die Mühe gemacht, mir die fragliche Aufnahme einmal anzusehen. Es wäre nicht mühsam gewesen, die Platte aus dem Archiv zu holen, wohl aber, unter den vielen Tausenden von kleinen schwarzen Sternpünktchen auf der Platte das richtige herauszusuchen.

Eines Tages untersuchte ich einen anderen Stern und hatte einen großen Stapel von Platten der betreffenden Himmelsgegend auf meinem Schreibtisch liegen. Es war Mittagspause, die Sonne schien in mein Zimmer, und ich nahm spielerisch eine der Platten in die Hand. Das Sonnenlicht fiel auf die Schichtseite, und ich sah, daß die belichteten Stellen, also die kleinen schwarzen Pünktchen, gleichzeitig kleine Hügelchen auf der Schicht haben.Vielleicht lag es an der Luftfeuchtigkeit, jedes Sternpünktchen hob sich erhaben aus der Schicht hervor, im schräg einfallenden Sonnenlicht konnte ich das sehr schön sehen - und dann sah ich ein Hügelchen mit einem weißen Kopf. Die vielen tausend anderen waren schwarz, nur das eine war oben weiß. Ich sah mir das im Mikroskop an - der Weißkopf sah genauso aus wie alle anderen Sterne. Auf anderen Platten war das Objekt nicht zu sehen, und es gab dort auch keine anderen Sterne mit weißen Köpfen in der Schicht. Dann fand ich heraus: Ich hatte genau die fragliche Platte in der Hand, auf der Zinnners „Meteor“ erschienen war, und mein Stern mit weißem Kopf war tatsächlich das rätselhafte Objekt. Der weiße Kopf zeigte deutlich, daß die Platte dort irgendwie chemisch verschieden war: Es war ein Plattenfehler.

Ich erzählte das meinem Chef Zinner, der davon gar nicht angetan war, denn er hatte ja selbst nicht bemerkt, daß er

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einem Plattenfehler aufgesessen war, und hatte sich auch noch durch eine Veröffentlichung exponiert. Wahrscheinlich habe ich dann eine entsprechende Bemerkung im Plattenbuch gemacht, das weiß ich nicht mehr genau.

Die Platte blieb im Bamberger Archiv, und ich hatte die Episode schon fast vergessen, als ich durch die entsprechende Stelle (S. 20) im Buch des Herrn von Ludwiger wieder daran erinnert wurde. Es ist völlig unmöglich, daß noch auf einer zweiten Aufnahme das Objekt drauf ist, denn erstens lege ich meine Hand ins Feuer, daß es ein Plattenfehler war, und zweitens hatte Sonneberg nichts, und in der Gegend von Bamberg hatte niemand ähnliche Aufnahmen gemacht. Was nach meiner Zeit mit der Platte geschehen ist, weiß ich nicht.“

Nach Ansicht von CENAP, die den Fall aufdeckte, ist damit verständlich, warum der Sternwartendirektor die Platte unter Verschluß genommen hat: Nicht weil er nicht wahrhaben wollte, daß sich darauf ein Ufo befand, sondern weil ihm die ganze Angelegenheit wegen der Veröffentlichung unangenehm gewesen war. Daß die Platte bei enthusiastischen Ufo-Anhängern Neugierde weckte, sei auch klar. Immerhin gibt es, soweit bekannt, keine von astronomischen Observatorien angefertigten Ufo-Fotos.

Glatter Betrug Aufnahmen von unbekannten Flugobjekten, deren irdischer Ursprung zu 100% ausgeschlossen werden kann, existieren nicht, dafür aber umso mehr einwandfreie Fälschungen. 1952 fotografierte George Adamski in Kalifornien ein Ufo. Er behauptete, er habe ein Ufo-Besatzungsmitglied getroffen und erfahren, das Ufo komme von der Venus. Einige Jahre später fand man den Deckel eines alten Wasserkühlers, der dem Weltraumschiff von der Venus haargenau glich. 1966

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bannte der Fotograf Steven Pratt gleich drei Ufos über Yorkshire, England, auf den Film. Ufo-Experten sprechen jedoch von einer Fälschung, weil die Flugobjekte ziemlich verschwommen sind, ein Turm und entfernte Häuserdächer jedoch recht klar zu erkennen sind. Furore mit einem Ufo-Foto machte der Pilot der Fluggesellschaft Avena Airways 1963. Er behauptete, die fliegende Untertasse beim Flug über Venezuela fotografiert zu haben. Einem genauen Betrachter fällt jedoch die Fälschung sofort auf. Im Vergleich zum Schatten des Flugzeuges ist der Schatten des Ufos vom Objekt viel zu weit entfernt.

Tatsachen oder Spinnereien Auch wenn Ufo-Geschichten nicht selten an Jägerlatein erinnern, so gibt es doch viel Merkwürdiges und bis heute nie völlig geklärte Phänomene.

So fand der französische Ufo-Forscher Jean Bedet ein seltsames Bild mit einer Notiz an der Windschutzscheibe seines Autos. Den wenigen Zeilen war zu entnehmen, daß das Foto am 23. März 1974 um 23.30 Uhr in der Nähe von Albiosc in den Vogesen aufgenommen worden war. Der Fotograf selbst wollte anonym bleiben, beschrieb aber, er sei Arzt und habe das Flugobjekt entdeckt, als er nachts nach einem Krankenbesuch auf dem Weg nach Hause war. Das Bild zeigte eine rotglühende Scheibe mit vier weiß bis gelb leuchtenden Stäben an der Unterseite. Bei Nachforschungen stellte sich heraus, daß am gleichen Tag das gleiche Objekt im nahe gelegenen Dorf Thillot ebenfalls gesichtet worden war. 1946 beunruhigten etwa tausend Ufo-Sichtungen die Schweden. Die unbekannten Flugobjekte wurden meist als raketenförmig geschildert und nie identifiziert. Entsprechende Beobachtungen stammen auch von einem Astronomen,

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der zunächst an ein Flugzeug dachte. Dafür flog das Objekt jedoch viel zu schnell. Nach zehn Sekunden konnte er sehen, daß es mehr einem Projektil ähnelte, torpedoförmig war, metallisch aussah und eine Länge von etwa 30 Metern hatte. Obwohl es nur zwei Kilometer entfernt war, verursachte es . kein Geräusch. Plötzlich explodierte es mit solcher Helligkeit, daß der Astronom vorübergehend geblendet wurde. Feuer, Funken oder Rauch waren jedoch nicht zu beobachten, obwohl es vor der Explosion blauen und grünen Rauch ausgestoßen hatte. Trümmer hat man nie gefunden. Nachdem sich die Beobachtungen häuften, sprach man in ganz Skandinavien bald von Geisterraketen. Am 16. Juni 1963 will der Amerikaner Paul Villa eine Botschaft aus dem All erhalten haben. Die Außerirdischen hatten demnach herausgefunden, wie sie sich in das Funk- und Telefonnetz der Erde einschalten konnten. Villa forderten sie auf, am selben Tag um 2:00 Uhr morgens an einem Treffpunkt 15 Meilen von Albuquerque in New Mexico zu sein, um ihr Raumschiff bei der Landung zu fotografieren. Villa war pünktlich da und schoß sieben Fotos.

Danach hielt er sich seiner Aussage zufolge eineinhalb Stunden an Bord des Ufos auf. Die Männer und Frauen aus dem Weltall beschrieb er als menschenähnlich, sehr hübsch und weiter entwickelt. Sie erzählten ihm, sie hätten die Lichtgeschwindigkeit überwunden und könnten die Entfernung von ihrem Heimatplaneten bis in eine andere Galaxis in kürzester Zeit zurücklegen. Zweck ihrer Kontaktaufnahme sei, die menschliche Rasse von ihrer Existenz wissen zu lassen - allerdings solle dies nur nach und nach geschehen, damit sich die Menschen an den Gedanken gewöhnen könnten, daß es im Weltall auch noch anderes intelligentes Leben gibt. Ufo-Fachleute waren bald der Meinung, daß diese Kontaktgeschichte hübsch, aber erlogen war.

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Am 17. Juni 1957 wurde ein Jet der US-Luftwaffe von einem Ufo über eine Strecke von tausend Kilometern verfolgt. Besonders irritiert war die sechsköpfige Flugzeugbesatzung durch den Umstand, daß das Ufo immer wieder kurzzeitig unsichtbar war und auch von den Radarschirmen an Bord wie in der Bodenstation sekundenlang verschwand.

Im Herbst 1967 gab das Oberkommando der kanadischen Marine Alarm. Über dem Nordatlantik war ein Objekt mit verschiedenen farbigen Lichtern entdeckt worden, das mit einem pfeifenden Geräusch ins Meer glitt. Suchschiffe und Marinetaucher fanden jedoch weder Überreste noch Wrackteile eines Flugkörpers.

Auffallend ist auch, daß die meisten Ufos zwischen 21.00 und 22:30 Uhr gesichtet werden. Den Geschwindigkeitsrekord hält eine fliegende Untertasse, die im Januar 1977 über Südamerika beobachtet wurde. Sie flog mit einer Geschwindigkeit von 28000 Kilometern pro Stunde.

Konjunktur für den Aberglauben

Da staunte US-Astronaut Gordon Cooper nicht schlecht, als er hörte, was er einer deutschen Boulevardzeitung gesagt haben soll: „Intelligente Wesen von anderen Planeten besuchen regehnäßig unsere Welt in der Absicht, mit uns Kontakt aufzunehmen. Ich bin verschiedenen Schiffen während meiner Raumfahrten begegnet.“ So war es am 2. April 1978 zu lesen, was heißt, daß dieses Zitat am 1. April in Druck gegangen ist. Diesen abergläubischen Aprilscherz stellte Cooper auf Nachfrage des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ überrascht richtig: „Das ist eine totale Lüge, ich habe so etwas nie gesagt, irgend jemand hat sich diesen Quatsch aus den Fingern gesogen.“

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Doch nicht nur manche Zeitungsblätter haben mit Blick auf verkaufsträchtige Schlagzeilen besten Kontakt zu außerirdischen Phantasien. In ständiger Verbindung mit Außerirdischen will auch der Schweizer Eduard Meier aus Hinterschmidrüti gestanden haben. Bei seinen Freunden vom anderen Stern handelt es sich um Plejadier, so benannt nach den etwa 450 Lichtjahre von der Erde entfernten Plejaden, dem Siebengestirn, einer Ansammlung von mehr als hundert Sternen am Rücken des Stiers, von denen die sieben hellsten sichtbar sind. Der Schweizer verblüffte die Öffentlichkeit damit, daß die Plejadier in den Alpen und an anderen Stellen der Erde Basen errichtet hätten.

Als ganz besonderer Kronzeuge für die interplanetarischen Gäste präsentierte sich der Ex-Kriminalbeamte und Privatdetektiv Frank E. Stranges, der als Priester einer Erwekkungssekte und Präsident des sogenannten „US-Ufo-Forschungskomitees in Kalifornien“ den Aberglauben kräftig schürte. Mit Doktortiteln der Philosophie, Psychologie und Theologie vermittelte er zusätzlich den Eindruck der Seriosität. Im Zeitalter von Mars- und Venussonden mußte aber auffallen, daß seine Berichte über Venusianer blanker Unsinn sind. Wissenschaftliche Forschungsergebnisse kümmerten den sendungsbewußten Verkünder außerirdischer Heilslehren jedoch herzlich wenig. 1967 berichtete er beim „VII. Weltkongreß der Ufologen“ in Mainz 350 begeisterten Teilnehmern aus aller Welt über seine Begegnung mit Venusianem. Er war ihnen nicht auf irgendeiner einsamen nächtlichen Landstraße begegnet - nein, seiner Bedeutung entsprechend war der Treffpunkt das amerikanische Verteidigungsministerium, in das er im Dezember 1959 gerufen worden sei. Im Pentagon sei er in ein Zimmer geführt worden, in dem ein Stabsoffizier und ein Sergeant saßen. Ein dritter Mann habe am Fenster gestanden, der ihn anlächelte.

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„Es war, als ob er durch mich hindurchschaute. Mit ausgestreckter Hand kam er direkt auf mich zu. Er war 1,90 Meter groß, hatte braune Augen und brünettes Haar. Sein Blick ging mir bis in die Seele. Sein Händedruck war kalt und fest. Er sah aus wie ein irdischer Mensch. Mit einer Ausnahme: Er hatte keine Linien an den Fingerspitzen.“ Als ehemaliger Kriminalist hat er dieses fehlende Merkmal natürlich sofort bemerkt. „Hallo, Frank“, sagte der Unbekannte. „Wie geht es Ihnen?“ - „Woher kommen Sie?“ fragte Stranges zurück. „Von jenem Planeten, den eure Bibel den Abend- oder Morgenstern nennt, von der Venus. Ich heiße Valiant Thor.“

Er sei am 16. März 1957 in Alexandria, im Staat Virginia, gelandet, mit einer fliegenden Untertasse. „Meine Begleiter sind mit dem Raumschiff zur Venus zurückgekehrt.“ Stranges fragte: „Warum sind Sie auf der Erde geblieben?“ Die Antwort: „Um den Menschen zu helfen, zum Herrn zurückzukehren.“ Und im Pentagon arbeite er als Berater für Weltraum-Medizin.

Stranges will dann erfahren haben, daß „es zur Zeit 77 Venusianer“ auf der Erde gibt. „Es ist ein Kommen und Gehen. Die Regierung hält sie streng geheim, um keine Panik auszulösen.“

Und dann will der gelernte Detektiv von dem Venus-Mann wissen, warum er keine Fingerabdrücke hinterläßt. Nachsichtig lächelnd habe dieser erläutert: „Fingerabdrücke sind das Mal, mit dem die Menschen seit dem Sündenfall gezeichnet sind. Als früherer Kriminalbeamter müssen Sie doch wissen, daß der erste Blick des Kriminalisten am Tatort stets den Fingerabdrücken gilt.“

Ganz im Vernehmungsstil will der Ex-Kripomann wissen: „Wie lange bleiben Sie noch auf der Erde?“ Die Anwort: „Frank, es wird nicht mehr lange dauern. Am 16. März 1960 kehre ich zur Venus zurück.“

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Thor von der Venus zeigte dem Ufologen noch seinen Raumanzug, den Stranges wie folgt beschrieb: „Er sah aus wie flüssiges Sonnenlicht. Man hat ihn hier auf der Erde getestet. Man hat ihn Temperaturen ausgesetzt, die Stahl zum Schmelzen bringen, aber er wurde nicht einmal warm. Man hat Säure darübergekippt, aber sie richtete keinen Schaden an. Man versuchte, den Raumanzug mit einem Diamantbohrer zu durchdringen, aber der Bohrer brach ab.“

Und so fabulierte Stranges munter weiter. Ihn kümmerte nicht, daß Forschungskapseln, die von Venussonden per Fallschirm auf dem Planeten abgesetzt worden waren, längst Daten übermittelt hatten, die eine absolut lebensfeindliche Umwelt beschrieben. Sie meldeten nicht nur einen ungeheuren Druck, sondern auch wahre Höllentemperaturen von 400 bis 530 Grad Celsius, die Blei und Zinn schmelzen ließen und die Entstehung jeden Lebens verhindern. Derlei Einwände gegen seine Glaubwürdigkeit wischte Stranges mit der Bemerkung vom Tisch: „Wir wissen nicht, ob diese Messungen wirklich korrekt sind.“ Fest steht, daß solche Erzählungen mit Sicherheit alles andere als korrekt sind, daß es geschäftstüchtige Machwerke von modernen Rattenfängern sind. Johannes von Buttlar, der dem Ufo-Phänomen nahesteht, räumt ein: „Diese Kontaktgeschichten, diese sogenannten nahen Begegnungen, sind die größte Belastung für das Ufo-Verständnis, da sie die Schattenseiten eines sonst durchaus respektablen Phänomens repräsentieren. Es waren vor allem Kontaktgeschichten, die zu einer Art Ersatzreligion, einem Ufo-Sektierertum, führten und nicht zuletzt das ganze Ufo-Gebiet in Mißkredit brachten.“ Überzeugte Ufologen finden die Erklärung für solches Sendungsbewußtsein in Vereinsamung, Komplexen, Geltungsdrang, im Verlangen nach einem Erlöser, einer Ersatzreligion.

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Die religiöse Hoffnung aus dem All Mit zahlreichen Ufo-Zeugengeschichten sind religiöse oder

weltanschauliche Offenbarungshoffnungen verbunden. Hilary Evans, Sozialwissenschaftler und Gründungsmitglied der amerikanischen Ufo-Forschungsgruppe ASSAP, führt den Fall von Clermont-Ferrand in Frankreich an. Am 13.12.1973 sah der erfolgreiche Rennfahrer und Herausgeber eines Rennsportmagazins, Claude Vorilhon, im französischen Zentralmassiv plötzlich „eine Art Hubschrauber“, der sich aus dem Nebel heraus zu Boden senkte. Er hatte einen Durchmesser von ungefähr sieben Metern, eine flache Unter- und eine kuppelförmige Oberseite, ein rotes Licht am Boden und ein sehr helles weißes Licht an der Spitze. Das Fluggerät senkte sich bis zwei Meter über dem Boden und blieb so in der Schwebe, während sich eine Tür an der Unterseite öffnete, aus der eine Gestalt herauskam. Sie war knapp über einen Meter groß, hatte langes schwarzes Haar und einen Bart und trug einen grünen Overall. Der Mann blieb etwa zehn Meter vor Vorilhon stehen und begann, auf französisch mit ihm zu sprechen.

Der 27jährige Vorilhon, verheiratet und Vater zweier Kinder, erfuhr, daß der Fremde alle Sprachen der Erde beherrsche, obwohl er von einem anderen Planeten komme. Sein Volk habe ihn seit langem beobachtet.

Er nahm ihn mit in das Raumschiff und erklärte ihm, daß Vorilhon zum Boten auserwählt worden sei, um die Erdbewohner von den freundlichen Absichten der Besucher zu unterrichten. Sie seien zur Erde gekommen, um zu sehen, wie die Menschen leben, und um über sie zu wachen. Während der nächsten sechs Tage diktierten sie Vorilhon mehrere Botschaften und enthüllten ihm viele Wahrheiten, so daß es ihm gelang, auf der Grundlage ihrer Lehren ein Buch zu

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schreiben und eine Sekte zu gründen, die unter dem Namen Raeliten bekannt wurde.

Vorilhon gab seinem Werk den Titel „Das Buch, das die Wahrheit sagt“. Es beinhalte „die wichtigste Offenbarung in der Geschichte der Menschheit“. Der Sozialwissenschaftler Evans gesteht dem Buch dies auch durchaus zu, falls der Inhalt wahr ist. Das „Aber“ blieb jedoch. Trotzdem fielen die Offenbarungen auf fruchtbaren Boden. Denn als Vorilhon einen Vortrag ankündigte und einen Raum mit 150 Sitzplätzen mietete, kamen 3 000 Zuhörer.

Da Vorilhons Geschichte nicht die einzige ihrer Art ist, sind jedoch Zweifel angebracht. In den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche Offenbarungsgeschichten veröffentlicht, die alle in etwa das gleiche Muster aufweisen:

Ein Mensch ist allein, meist in einer abgeschiedenen Gegend. Da erscheint plötzlich ein Raumschiff, Außerirdische steigen aus, und man sagt ihm, daß er von den Fremden, die den Menschen in einer besonders schwierigen Phase ihrer Existenz beistehen wollen, als eine Art Mittelsmann auserwählt worden sei. So wurde beispielsweise 1954 der Londoner Taxifahrer George King von Außerirdischen angewiesen, sich darauf vorzubereiten, Sprachrohr des interplanetarischen Parlaments zu werden.

Seit dieser Zeit fühlte er sich als Gründer der „ätherischen Gesellschaft“ als Bindeglied zwischen seinen kosmischen Herren und der Menschheit.

Berühmt wurde das außerirdische Sendungsbewußtsein von George Adamski, einem Amateurastronomen und Leiter einer mystisch-philosophischen Gruppe namens „Königlicher Orden von Tibet“. Er behauptete zwei Monate nach Kenneth Arnolds Beobachtung vom Juni 1947, die die moderne Ufo-Welle ins Rollen gebracht hatte, über dem Mount Palomar 184 fliegende Untertassen gesehen zu haben. Im

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November 1952 trat er aus einer Eingebung heraus persönlich

in Kontakt zu dem Venusianer Orthon, der ihm bestätigte, daß Adamski zu ihrem Repräsentanten auf Erden auserwählt sei. Daraufhin fanden laut Adamski weitere Treffen und interplanetarische Flüge statt, die er in einer Reihe von Büchern beschrieben hat.

1965 starb Adamski, aber noch heute ist er für manchen Ufologen eine bedeutende Kultfigur. Viele Ungereimtheiten und Widersprüche taten seinem Nimbus keinen Abbruch. Einer seiner engsten Vertrauten berichtete, Adamski sei Mitglied des interplanetarischen Rats gewesen, dem er so treu diente, daß ihm bei seinem Tod ein neuer Körper versprochen wurde, durch den er wirken könne, und so spiele er nun seine wichtige Rolle in einer anderen (unbekannten) Identität.

Evans, der sich an den offensichtlichen Widersprüchen in Adamskis Behauptungen und seiner zweifelhaften Rolle als selbsternannter Guru stört, fand darüber hinaus noch einen weiteren Haken an der Geschichte: Adamskis Abenteuer decken sich mit einer Science-fiction-Geschichte aus dem Jahre 1946, der Story von Harold Sherman: „The Green Man“.

Sie beschreibt, wie ein Astronomieprofessor eines Nachts allein nach Hause fährt und sein Auto plötzlich stehenbleibt. Als er zu Fuß weitergeht, sieht er plötzlich ein großes silbernes, zigarrenförmiges Objekt hinter ein paar Bäumen in der Luft schweben.

Es ähnelt denen, von denen Adamski später behauptet, er habe sie fotografiert und sei in ihnen gereist.

Dann taucht eine beeindruckende Gestalt auf und bittet den Professor, sich als besonderer Mittelsmann zwischen der Menschheit und einer fremden Zivilisation zur Verfügung zu stellen - eben so, wie „Orthon“ Adamski anwarb.

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Evans meint nun, es könne durchaus möglich sein, daß

Shermans Kurzgeschichte, die bereits viele Elemente enthält, welche später zu immer wiederkehrenden Motiven wurden, alle späteren Geschichten über Kontakte inspiriert hat. Dazu zählt auch die ganz besonders abenteuerliche der 44jährigen Elizabeth Klarer aus Drakensberg in Südafrika. An der Ufo-Forschung interessiert, hatte sie ihren angeblichen Erlebnisbericht 1954 der amerikanischen Forschergruppe NICAP eingereicht. Die Frau hatte verschiedentlich Ufos beobachtet und sich schließlich mit einem Außerirdischen namens Akon getroffen, einem Astrophysiker, der vom Planeten Meton im Sonnensystem Proxima Centauri gekommen sei. Die Beziehung sei letztlich so eng gewesen, daß sie ihm einen Sohn gebar, der bei seinem Vater auf Meton lebte. Sie selbst sei zur Geburt nach Meton gereist, mußte danach aber wieder zur Erde zurückkehren.

Forschungen in Frankreich und Italien haben einen statistischen Zusammenhang zwischen Ufo-Beobachtungen und Erscheinungen der Heiligen Jungfrau Maria ergeben. Der Franzose Gilbert Cornu fand heraus, daß 1947, als das Arnold-Ufo Furore machte, die Zahl von Berichten über Erscheinungen der Heiligen Jungfrau deutlich anstieg. 1954 gab es einen weiteren ungewöhnlichen Anstieg. Gleichzeitig herrschte in Frankreich und Spanien eine außergewöhnliche Ufo-Welle.

Zufall kann dies sicher nicht sein. Hilary Evans findet dafür drei Erklärungsmöglichkeiten: -Die Jungfrau Maria ist für die Ufo-Erscheinungen

verantwortlich. -Unter den Ufos gibt es auch Erscheinungen, die man mit der

Jungfrau Maria verwechseln kann.

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-Ein und dieselbe Ursache läßt manche Leute die Jungfrau Maria sehen, andere aber Ufos. Diese Thesen aus dem Munde eines Wissenschaftlers zu hören

mag den nüchtern denkenden Leser verwundern, aber vielleicht kann man sie als Ausdruck der Hilflosigkeit gegenüber Massenhysterie verstehen.

Und weiter ließe sich spekulieren: Jemand, der glaubt, daß Ufos Werkzeuge des Teufels sind, könnte anführen, daß die Jungfrau immer dann zusätzlich erscheint, wenn sich Ufos in besonders hoher Zahl zeigen, um dem diabolischen Einfluß entgegenzuwirken und ihre Verehrer zu trösten.

Ufos - Wirklichkeit oder Phantasie? Ob es Ufos und außerirdische Erdenbesucher gibt oder nicht,

ist unbewiesen. Die Entscheidung darüber bleibt letztlich jedem selbst überlassen. Vielleicht mag die persönliche Einschätzung von Hilary Evans weiterhelfen. Der Referent für außergewöhnliche Phänomene und Vorstandsmitglied der Society for Psychical Research hat zu diesem Thema zahlreiche Bücher verfaßt. Er schreibt u.a.:

„Nur ein kühner und leichtsinniger Ufo-Forscher würde mehr als eine ganz vorläufige Vermutung über die wahre Natur von Ufos wagen. Aber seit Jahrzehnten sammelt sich unablässig Beweismaterial an. Wenn nicht wir selber, dann sehen unsere Nachbarn und Freunde die Dinger und fragen sich, was sie sind. Es ist unsere Pflicht, ihnen wenigstens eine vorläufige Antwort anzubieten.

Hier also, mit allen Vorbehalten, ist meine Antwort. Erstens habe ich nicht den geringsten Zweifel, daß das Ufo-Problem existiert. Die Berichte zeigen, wie mehrdeutig und oft wie zweifelhaft das Phänomen ist, aber auch, daß es häufig in bekannten Begriffen erklärt werden kann. Ich glaube

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aber auch, daß man etlichen Zeugen im großen und ganzen glauben sollte. Unter den Fällen, die sie berichten, sind viele, die mir höchst zwingend erscheinen. Was nun folgt, scheint mir das mindeste zu sein, wenn man dem Beweismaterial gerecht werden will.

Ich glaube, zunächst ist klar, daß Ufos kein einzelnes Phänomen sind. Ich denke, es gibt mehrere Dinge, die wir irrtümlich zusammenfassen und mit einem gemeinsamen Etikett versehen, was ein Grund dafür ist, daß sie uns so lange unverständlich geblieben sind. Ich nehme an, daß es nicht weniger als vier Quellen für Berichte über Ufos gibt:

1. Ich glaube, daß eine ganze Anzahl psychologischen Ursprungs ist. Wir wissen, daß das in den Fällen wahrscheinlich ist, in denen gezeigt werden kann, daß der Zeuge nicht die Erfahrungen hatte, die er zu haben behauptete. Ich denke, die Unterstellung ist vernünftig, daß ähnliche Vorgänge bei vielen anderen Gelegenheiten eine Rolle spielten.

Das heißt nicht, daß man solche Fälle unbeachtet lassen sollte. Im Gegenteil, sie sind von größtem Interesse. Denn wenn auch der psychologische Prozeß bekannt sein mag, das Ergebnis dieser Vorgänge, die besondere Form der Erscheinungen - die einzigartige Komposition aus dem, was den individuellen Zeugen beschäftigt, seinem kulturellen Hintergrund und unserer gegenwärtigen Mythologie des Raumfahrt-Zeitalters, mit den konkreten Umständen von Zeit und Ort des Ereignisses zu einer zusammenhängenden und einsichtigen Phantasie verwoben, die so viele Einzelheiten enthält und so lebendig ist, daß der Zeuge selber sie ernsthaft für real hält und oft andere auch davon überzeugen kann - das alles ist ein Phänomen von höchster Bedeutsamkeit, das uns aufregende neue Einsichten in das menschliche Denken bietet. Jedoch würde ich keinen Moment lang unterstellen, daß diese Erklärungsmöglichkeit mehr als einem kleinen Teil

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des Beweismaterials Rechnung trüge. Sie nimmt dem Material

nur etliche Unklarheiten, weil sie zeigt, daß einige angebliche Ufo-Fälle in Wirklichkeit „Pseudo-Ufo-Fälle“ sind, in denen der Zeuge - der eigentlich nur ein „Pseudo-Zeuge“ ist - die „Sprache“ der Ufos benutzt, um eine Geschichte zum Ausdruck zu bringen, die sein Unterbewußtes loswerden muß.

2. Ich glaube, daß ein Teil der Ufos natürliche biologische Objekte sind, die sich im allgemeinen als Lichtbälle zeigen, die aber möglicherweise auch andere Formen annehmen können. Mehr noch, ich denke, daß diese Lichtbälle intelligent sind. Vielleicht nicht sehr, aber wahrscheinlich mehr, als es die meisten Tiere sind. Ich lasse mich gern davon überzeugen, daß es eine Verbindung zwischen diesen Geschöpfen und geophysikalischen Kräften gibt, aber bislang erscheinen mir die Beweise dafür nicht sehr überzeugend. Die weitere Forschung auf diesem Gebiet mag einen solchen Zusammenhang nachweisen können oder auch nicht. Trotzdem glaube ich wiederum nicht, daß diese Erklärung für mehr als einen kleinen Prozentsatz des Beweismaterials zutrifft.

3. Ich glaube, es besteht die Wahrscheinlichkeit, daß manche angeblichen Ufos unter Geheimhaltung von Regierungen der Erde erprobte oder betriebene Geräte sind. Das könnten von Menschen hergestellte Entwicklungen im experimentellen Stadium sein oder - obwohl das weniger wahrscheinlich ist - außerirdische Maschinen, die mit Duldung irdischer Regierungen arbeiten. Aber ich glaube, es ist nicht vorstellbar, daß solche Operationen in einem Umfang durchgeführt werden, der sie für mehr als ein Tausendstel aller Fälle zutreffen ließe. Eine solche Erklärung kann die Ufo-Akten von ein paar besonders aufregenden Fällen reinigen, die im Moment das Gesamtbild stören.

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4. Ich glaube, es besteht allen Einwänden zum Trotz eine reale Wahrscheinlichkeit, daß eine große Zahl der Ufos gestaltete künstliche Gegenstände außerirdischen Ursprungs sind. Ich glaube nicht, daß uns unbedingt eine fremde Invasion bevorsteht oder daß wir eine drohende Machtübernahme befürchten müßten. Schlimmstenfalls wäre es möglich, daß eine Art von Überwachungsoperation stattfindet, obwohl auch sie bemerkenswert unregelmäßig und unfachmännisch durchgeführt erschiene. Ich bin mir des Mangels an unterstützendem Beweismaterial wohl bewußt und auch der Unvereinbarkeit dieser Ansicht mit vielem Beweismaterial, das uns vorliegt. Besonders stört mich das Fehlen eines klaren Hinweises auf ihren Zweck.“

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UNGEHEUER Märchen, Legenden und Phantasie

Wie die Gespenster gehören die Ungeheuer zu den umheimlichen Begleitern der Menschen. Im Gegensatz zum Mittelalter oder archaischen Abschnitten der Menschheitsgeschichte spielen Ungeheuer im modernen Industriezeitalter kaum mehr eine Rolle. Je aufgeklärter die Menschen wurden, um so schneller starben die Ungeheuer aus - in dem Sinne, daß ein Ungeheuer früherer Generationen, seines Schreckenszaubers entkleidet, bestenfalls ein ganz normales Lebewesen wurde. Darüber hinaus liegt die Existenz vieler Ungeheuer in der Phantasie und Psyche des Menschen verborgen, sie sind Hauptbestandteile von Sagen und Legenden, deren parabelhafter Inhalt oftmals in Vergessenheit geraten war.

Vor allem die menschliche Eigenschaft, schreckliche Ereignisse ob ihrer Unfaßbarkeit unbewußt noch schrecklicher zu beschreiben, ließ tatsächlich existierende große Kraken zu wahren Monstern wachsen oder Echsenformen zu feuer-speienden Drachen werden. Die meist gutmütigen Riesen dürften letztlich auch nichts anderes gewesen sein als für die damalige weitaus geringere Durchschnittsgröße außerge-wöhnlich große Menschen. Nur, das Wissen um solche Vor-gänge und Zusammenhänge fehlte den damaligen Menschen.

Was also Ungeheuer sind oder nicht, liegt wohl eher im Auge des Betrachters und im Wissen kulturgeschichtlicher Entwicklung. Die wahren Ungeheuer unserer heutigen Zeit dürften für kommende Generationen jedenfalls kein Stoff für Märchenbücher mehr sein, sondern vielmehr Bestandteil der Kriminalgeschichte, wenn es um bestialischen Mord, unverantwortliche

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Umweltverschmutzung und menschenverachtende

Wirtschaftsmachenschaften geht.

Riesenkraken - das Grauen aus der Tiefe

Die Existenz von noch nicht identifizierten Meeresungeheuern in den Tiefen der Ozeane halten viele für keineswegs unwahrscheinlich, vor allem auch nicht in den zahlreichen unterseeischen Höhlen und Spalten des ohnehin mysteriösen Bermudadreiecks, in dem schon zahllose Schiffe und Flugzeuge spurlos verschwanden.

Charles Berlitz, Autor zahlreicher Bücher über die Rätsel dieser Welt, berichtet im Zusammenhang mit angeblich entdeckten Steinruinen von Städten auf dem Meeresboden vor den Bahamas, daß Taucher manchmal „furchterregenden Meeresungeheuern“ begegnet seien, „die so gar nicht in unsere heutige Zeit passen und einer fernen Vergangenheit anzugehören scheinen“. So zitiert er den Bericht eines erfahrenen Berufstauchers aus Miami, der 1968 einen gräßlichen Unterwasser-Menschenaffen gesichtet haben will:

„Wir waren südlich von Great Isaac Light dicht an der Abbruchkante des Kontinentalsockels. Ich ließ mich langsam an einer Schleppleine von einem zehn Meter langen Boot ziehen, das speziell für Tauch- und Rettungsarbeiten konstruiert war, und sah mir den Boden an, einen sandigen Boden in bis 13 Meter Tiefe. Ich war selbst tief genug, um unter dem Boot nach vorne durchschauen zu können. Auf einmal wurde eine Art runde Schildkröte oder ein großer Fisch - ungefähr 180 Pfund schwer - sichtbar. Ich ging tiefer, um besser sehen zu können. Das Tier drehte sich um und blickte mich in einem Winkel von 20 Grad an. Es hatte das Gesicht eines Affen und einen weit nach vorn gestreckten

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Kopf. Der Hals war viel länger als bei einer Schildkröte -

mindestens viermal so lang wie der eines Menschen. Das Ungeheuer wand den Hals wie eine Schlange, während es mich beäugte. Die Augen glichen denen eines Menschen, waren aber größer. Es sah aus wie das Gesicht eines Affen mit speziell für das Leben im Wasser angepaßten Augen. Nach einem letzten prüfenden Blick entfernte es sich durch eine von unten kommende Antriebskraft.“

Dazu paßt eine Legende, die auf den Bahamas erzählt wird. Sie berichtet von einem derartigen Meeresungeheuer namens Luska, mit einem Schlangenhals, das in Höhlen hausen und Menschen fressen soll. Berlitz ist jedoch nicht der einzige, der von Meeresungeheuern zu berichten weiß. Schon der römische Schriftsteller Plinius brachte seinen Lesern Gänsehaut bei, als er schrieb: „Kein Tier im Wasser bringt den Menschen auf eine grausamere Weise um als der Polyp. Wenn er Schiffbrüchige oder Taucher anfällt und mit ihnen kämpft, saugt er sich mit seinen vielen Saugnäpfen fest und zieht sie in die Tiefe hinab. Bei Carteja drang ein Polyp in die Behälter der Fischhändler, um sich über die eingesalzenen Fische herzumachen. Er kroch an einem Baum hoch und überstieg hohe Zäune.

Die Hunde riefen durch ihr Bellen die Aufseher herbei. Diese waren entsetzt, denn der Polyp war von unerhörter Größe. Er sah wie von Salzlake überzogen aus und verbreitete einen fürchterlichen Gestank. Das Ungeheuer trieb die Hunde mit schrecklichem Blasen von sich, peitschte sie mit den Armspitzen und schlug mit den stärkeren Armen wie mit Keulen auf sie ein. Viele Dreizacke bohrten sich in seinen Leib, und das Tier wurde schließlich getötet. Der Polypenkopf war so groß wie ein Faß. Seine keulendicken Arme waren von einem Mann kaum zu umspannen und dreißig Fuß lang.“

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Eine besonders gruselige Geschichte gab sogar „Brehms Tierleben“ wieder. Sie stammte von dem norwegischen Bischof Eric Pontoppidan aus dem Jahre 1753. Danach entdeckten Fischer vor der Küste Norwegens plötzlich, daß die Wassertiefe unter ihren Booten ständig abnahm, weil ein Krake auftauchte, was die entsetzten Fischer eiligst zur Flucht veranlaßte. „Dann erhebt sich aus der Flut ein breites unebenes Feld von einer halben Stunde im Durchmesser, welches nicht selten 30 Fuß über die Oberfläche steigt. In den Vertiefungen, welche die Unebenheiten des Felsrückens bilden, ist Wasser zurückgeblieben, in diesem sieht man Fische springen. Nach und nach entwickeln sich die Hügel und Berge dieser Insel zu immer steilerer Höhe. Von innen heraus, wie die Fühlhörner einer Schnecke, steigen Arme empor, stärker als der stärkste Mastbaum des größten Schiffes, mächtig genug, um einen 100 Kanonen führenden Koloß zu erfassen und in den Abgrund zu ziehen. Sie dehnen sich nach allen Seiten aus, spielen gleichsam miteinander, neigen sich zur Wasserfläche, richten sich langsam wieder empor.“

1680 soll sich ein Junges eines solchen Riesentieres im norwegischen Nordland zwischen die Felsen eines engen Fjords eingeklemmt haben. Der ungeheure Körper füllte die Bucht ganz aus, die Arme waren um Felsen und Bäume geschlungen, hatten dieselben entwurzelt und sich an dem unzerstörbaren Gestein so festgehangen, daß man sie auf keine Weise lösen konnte, berichtete ein Zeitgenosse.

Solch Schauergeschichten machten sich zu allen Zeiten gut, sind aber wohl nichts anderes als gewaltige Übertreibungen, so als würde aus einer Mücke ein Elefant gemacht. Tatsache ist jedoch, daß Riesenkalmare und Riesenkraken im Meer vorkommen. Zweifellos sind auch ihre Ausmaße furchterregend. Eine Länge von 15 Metern können allein ihre mit Saugnäpfen besetzten Fangarme zum Festhalten

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von Beutetieren erreichen. Der größte bisher aufgebrachte Riesenkalmar war 22 Meter lang, und seine Saugnäpfe hatten einen Durchmesser von zehn bis 15 Zentimetern. Man glaubt sogar, es könnte 30 bis 40 Meter lange Riesenkalmare geben, da man auf der Haut gefangener Walfische 45 Zentimeter große Narben von Saugnäpfen gefunden hat. Die Kalmare gehören zu den wirbellosen Meeresweichtieren und sind mit den Tintenfischen verwandt. Da ihre Fangarme - zwischen vier und fünf Paar - aus dem Kopf zu entspringen scheinen, nennt man sie auch Kopffüßer oder Cephalopoden. Der Körper der achtarmigen Tintenfische, der eigentlichen Kraken, ist mehr sackartig geformt, während er bei den zehnarmigen langgestreckt ist wie ein Torpedo.

Die kleinsten Formen der Tintenfische von etwa 20 Zentimeter sind wohl allseits bekannt, und sei es nur von der Speisekarte. Die Chance, einem Riesentintenfisch im Mittelmeer zu begegnen, dürfte jedoch gleich Null sein, da sie in Meerestiefen von 200 bis 500 Meter und noch tiefer leben. Das schließt man unter anderem aus den Funden unverdauter Hornkiefer von Tintenfischen in den Mägen von Pottwalen, die bis über 1500 Meter hinabtauchen, denn deren Lieblingsspeise sind Riesenkalmare. Allein in einem einzigen Pottwalmagen hat man einmal 14000 solcher Hornkiefer gefunden.

Viele Geheimnisse dieser fangarmbewehrten Riesentiere sind noch ungelüftet. Sicher aber ist, daß sie auch Menschen gefährlich werden können. Als während des Zweiten Weltkrieges, am 25. März 1941, der englische Truppentransporter „Britannia“ im Atlantik versenkt wurde, reichten die Rettungsboote bei weitem nicht aus. Auch die ganz kleinen und großen Rettungsflöße waren so sehr überfüllt, daß sie tief im Wasser lagen. Einer der Schiffbrüchigen, der am Rand eines Zweimann-Floßes saß, wurde plötzlich von zwei

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riesigen Fangarmen eines Tintenfisches umschlungen und in die Tiefe gezerrt. Ein anderer Soldat konnte sich nur noch mit Hilfe seiner Kameraden gerade mit knapper Not vor einem zweiten Kalmar retten, der schon mit einem Fangarm das Bein seines Opfers gepackt hatte.

Eine ältere Ausgabe von „Brehms Tierleben“ erzählt von dem Überfall eines riesenhaften Tintenfisches, welcher sich am 30. November 1861 in der Nähe von Teneriffa ereignete und von Kapitän Bouyer berichtet worden ist:

„Das Schiff traf zwischen Madeira und Teneriffa einen riesenhaften Polypen, der an der Oberfläche des Wassers schwamm. Das Tier maß fünf bis sechs Meter an Länge, ohne die acht furchtbaren, mit Saugnäpfen versehenen Arme. Seine Farbe war ziegelrot. Seine Augen waren ungeheuer und zeigten eine erschreckende Starrheit. Das Gewicht seines spindelförmigen, in der Mitte sehr angeschwollenen Körpers mußte an die 2000 Kilogramm betragen, und seine am Hinterende befindlichen Flossen waren abgerundet und von sehr großem Volumen. Man suchte das Tier in einer Tauchschlinge zu fangen und durch Schüsse zu töten, doch wagte der Kapitän nicht, das Leben seiner Mannschaft dadurch zu gefährden, daß er ein Boot aussetzen ließ, das das Ungeheuer mit seinen furchtbaren Armen leicht hätte entern können. Nach dreistündiger Jagd erhielt man nur Teile vom Hinterende des Tieres.“

Seeschlangen - der Schrecken der

Seefahrer Wie die Riesenkraken zählen Seeschlangen zu den

Monsterschrecken der Seefahrer. Aus dem Jahr 1852 ist ein Fall bekannt, der Seemannsgarn offenbar zur Wahrheit werden ließ. Die Besatzung eines Segelschoners hatte damals im

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Pazifik Jagd auf ein plötzlich aufgetauchtes Ungeheuer gemacht, das sich gegen die Harpunenangriffe heftig wehrte. Allein sein Kopf soll drei Meter lang gewesen sein. Ein zeitgenössischer Bericht beschreibt die „Schlange“, die größer als der 35 Meter lange Segler war. In der Mitte maß sie zehn Meter im Durchmesser. An einem langen, drei Meter dicken Hals baumelte ein riesiger Kopf, einem Alligator gleich. Der gesamte Körper war schmutzigbraun mit einem weißen, meterbreiten Streifen auf dem Rücken. Das Tier hatte weder Beine noch Flossen. Der Besatzung war es gelungen, das Tier zu erlegen. Da die Haut weitaus härter als die eines Wales war und das Tier auch kein brauchbares Fett zu haben schien, ließ der Kapitän lediglich den Kopf abhacken und an Bord hieven. Im Gaumen saßen 94 etwa zehn Zentimeter lange Zähne, hakenförmig gekrümmt wie bei Schlangen. Bekannt geworden ist der Fall, weil der Kapitän einen Bericht verfaßte und ihn einem anderen Segelschiff mitgab - denn sein eigenes Schiff ging auf der weiteren Fahrt unter. Überlebende gab es keine.

Seeleute berichteten immer wieder von seltsamen Begegnungen mit Meeresungeheuern. 1908 brachte die „Balmedic“ aus Grimsby im Schleppnetz den Kopf eines Ungeheuers aus der Nordsee mit. Nur die Augenhöhlen maßen mehr als 30 Zentimeter im Durchmesser. Zwischen den Kiefern hing eine dicke, einen Meter lange Zunge. Das Britische Museum konnte das Tier nicht identifizieren, Forscher meinten jedoch aufgrund der Größe des Kopfes, es müsse so groß wie ein Elefant gewesen sein. Die Japaner kennen seit jeher Umi Bozu, ein riesiges Meeresungeheuer. Einer alten Überlieferung nach erscheint es, um Seeleute zu erschrecken. Dieses schreckliche Phantom ist von schwarzer Farbe, hat einen rasierten Kopf und riesige Glotzaugen. Der Name bedeutet übrigens „Priester“ oder „Mönch des Meeres“.

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Das Ungeheuer von Loch Ness Was wäre die Welt ohne „Nessie“? Seit den 30er Jahren ist das

Ungeheuer von Loch Ness in Schottland überhaupt nicht schottisch sparsam mit Geschichten. Ganze Generationen von Journalisten und Zeitungsverlegern müßten Nessie dankbar sein, daß es jahrzehntelang immer zur sogenannten „Sauregurkenzeit“ im Sommer auftauchte und die Spalten der Zeitungen füllte. Die scheint Nessie, über menschlichen Erfindergeist amüsiert, wohl auch zu lesen. Denn seit etlichen Jahren überläßt das schottische Seegespenst den Politikern die Ehre, das journalistische Sommerloch zu stopfen. Als wohlerzogener dienstbarer Geist hält sich Nessie trotz hohen Alters aber nach wie vor für den Fall bereit, daß ein Journalist mal von anderen Legenden als politischen berichten möchte. Dann ist Nessie zur Stelle und kommt an die Oberfläche seiner Heimat, des Loch Ness. Seine Heimat ist ein See - schottisch „Loch“ - von 37 Kilometern Länge, eineinhalb Kilometern Breite und bis zu 250 Metern Tiefe im nördlichen Schottland.

Das Loch ist ein Bestandteil eines vor etwa 300 Millionen Jahren aufgebrochenen Grabens. Viele ernstzunehmende Leute schwören Stein und Bein, das „Ungeheuer vom Loch Ness“ mit eigenen Augen gesehen zu haben. Manche vermuten, es handelte sich um eine angeblich längst ausgestorbene Schlangenhalsechse.

Auffällig an Nessie ist zumindest: Es läßt sich gern fotografieren, aber nie scharf. Nach der Volkslegende sollen sich unter dem anrainenden Berg riesige unterirdische Höhlen hinziehen, in denen eine ganze Kolonie von Nessies haust. Wie sollte auch ein solch riesiges Tier womöglich Jahrmillionen ganz allein ohne Liebe als einziger Vertreter seiner Art überlebt haben? Skeptische Zoologen berechneten, es

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müßten wenigstens 20 solcher Tiere sein, um die Spezies über Jahrmillionen zu erhalten. Und der gesamten urweltlichen Tiersippe gelingt es immer noch, sich einer zuverlässigen Beobachtung zu entziehen. Nie hat man eine konkrete Spur von ihnen gefunden; kein Kadaver und kein Skelett wurden ans Ufer geschwemmt.

Die Nessie-Gemeinde kann da nur lächeln. Sie weiß: Loch Ness zieht durch geheimnisvolle Strömungen alles in seine unergründliche Tiefe. Der erste verbürgte Beobachter des Ungeheuers war der heilige Columban, ein irischer Missionar, der das heidnische Schottland zum christlichen Glauben bekehren wollte. „Das grimmige Ungeheuer“, weiß Abt Adamus, sein Biograph, zu berichten, habe im Jahre 565 einen Mann „mit einem grausamen Schlag“ zur Strecke gebracht und sich gerade einem anderen zugewandt, als der Gottesstreiter beherzt eingriff. „Er schlug ein Kreuz, rief den Namen Gottes aus und sprach zum Monster: „Denk ja nicht daran, auch nur einen Schritt weiter zu machen noch diesen Mann zu berühren. Schnell, weiche zurück“. Erschrocken verschwand die Bestie.“

Erst tausend Jahre später wird das Fabeltier wieder in der im 16. Jahrhundert erschienenen „Geschichte Schottlands“ erwähnt. Danach soll das Ungeheuer an einem schönen Sommermorgen aus der Tiefe des Sees an Land gestiegen sein, mit seinem mächtigen Schwanz mehrere starke Eichen entwurzelt und drei Männer erschlagen haben.

Wohl erschreckt über die eigene Gewalttätigkeit, verkroch sich das Ungeheuer für die nächsten vier Jahrhunderte. Erst als 1933 am Loch Ness eine Uferstraße gebaut wurde, war es offenbar wegen des Lärms von Sprengungen und Baumaschinen vorbei mit dem schlechten Gewissen. Seither wurde Nessie mehrere tausendmal gesehen, in mannigfaltiger Gestalt.

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Der langjährige Fischereiaufseher Alex Campbell hatte Mitte Mai 1934 eine Begegnung der ungeheuren Art. Als Lokalreporter wußte er auch um die Nöte seines Berufsstandes während der ereignislosen Sommerzeit. Innerhalb von 40 Jahren bat er Nessie 18mal quasi zum Interview. Dem heiligen Columban verwandt fühlen mußte sich 1972 Pater Gregory vom Kloster Fort Augustus an der Südspitze von Loch Ness. Plötzlich sahen er und sein Begleiter „eine starke Bewegung auf dem See, und dann erschien ein schwarzer Hals, etwa 15 Zentimeter im Durchmesser und zwei bis drei Meter lang, gefolgt von einem Höcker. Es erhob sich, dann tauchte es schräg nach hinten unter. Es war kein Boot, kein Holzklotz und kein Fisch. Es war ohne jeden Zweifel ein anderes Tier.“ Und so weiter und so weiter - die Nessie-Schilderungen sind Legion.

Übereinstimmend sprechen alle Beobachter von der gewaltigen Größe und dem unheimlichen Aussehen des Ungeheuers. Es handle sich um ein schlangenartiges Wesen mit meterlangem Körper und zwei Buckeln, manche wollen auch drei, fünf, sogar sieben Höcker gesehen haben. Es trage einen saurierkleinen Kopf, sagen die einen, oder den eines Riesenpferdes, berichten andere.Wenn das nicht stimmt, dann hat Nessie runde Köpfe, manchmal mit wulstigen Augen und Warzen. Nach einigen Berichten soll das Ungeheuer einen eckigen Schädel haben, versehen mit keulenförmigen Fühlern oder mit Augen, die wie U-Boot-Periskope ausfahren. An den Kopf schließe sich ein langer, allmählich dicker werdender Hals an, der in etwas übergeht, was einige als dicken Wanst bezeichnen, andere hingegen als mehrere Fleischberge. Der Bauch soll einen weißen Streifen haben, an den Seiten stünden Stummelfüßchen oder rhombenförmige Watschelflossen heraus. Man will ferner einen spitz zulaufenden Schwanz und außerdem auch Schuppen erkannt

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haben. Das geschätzte Gewicht des Ungeheuers, das schnell wie ein Motorboot sei, schwankt von einer bis zu 20 Tonnen. Alles in allem: der bayerische Wolpertinger als bodenständiges Fabelwesen ist dagegen ein Schmusetier.

Falls das Ungeheuer vom Loch Ness tatsächlich existiert, würde es wahrscheinlich zu den Schlangenhalsechsen, den Plesiosauriern, zu rechnen sein, die vor rund 200 Millionen Jahren gelebt haben und vor 65 bis 70 Millionen Jahren ausgestorben sein sollen. Sie galten als geschickte Unterwasserjäger. Eine besondere Eigenschaft von Nessie ist allerdings zu Genüge bekannt, seine Abneigung gegenüber Fotografen. Trotz aller nur erdenklichen Tricks waren auf den Filmen bislang nie mehr als verschwommene Umrisse zu sehen, die alles mögliche sein konnten. Immer, wenn irgendwo auf der Welt ein Tier aus grauer Vorzeit entdeckt wird, bekommen die Nessie-Fans Auftrieb. Nicht zuletzt profitiert natürlich auch der Fremdenverkehr von Nessie. Auf den Spuren des Schneemenschen Für die Völker der Himalaja-Bergwelt ist der Schneemensch so

etwas wie der Rübezahl im Erzgebirge. Für sie ist der „Yeti“ Wirklichkeit. Trotz etlicher Expeditionen ist die Frage jedoch ungelöst, ob es ihn tatsächlich gibt, zu wem die riesigen Fußspuren im Schnee, die durch die Presse geisterten, gehören. Trägt man die Berichte über den Schneemenschen zusammen, dann handelt es sich um ein abscheuliches, blutrünstiges, affenartiges Wesen mit fletschenden Zähnen. Es könnte aber genausogut scheu und ängstlich zurückgezogen leben. Obwohl die Bewohner Tibets, Nepals, Sikkims und Bhutans schon seit vielen Generationen glauben, das Zottelwesen mit den langen äffischen Armen, dem plumpen Körper und dem trotzdem so behenden, aufrechten Gang

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hause in schwer zugänglichen Höhenregionen des Gebirges, erfuhr die westliche Welt erst vor hundert Jahren von dem Fabelwesen. Seitdem wollen immer wieder Wissenschaftler auf Fußspuren dieses großen behaarten Zweibeiners gestoßen sein.

Über die Ursprünge des Yetis erzählen sich die Bergbewohner in Sikkim eine schaurige Geschichte, nach der ein chinesisches Mädchen in den tibetanischen Batan-Dschungeln einst zur Strafe für ein Vergehen nackt an einen Baum gebunden und dann von einem Gorilla entdeckt worden sein soll - gewissermaßen die Geburtsstunde des Yetis, den viele als Menschenaffen identifizieren.Wie immer, wenn man nichts Genaues weiß, werden die Geschichten darüber mit der Zeit immer schillernder. So soll ein tibetanisches Hirtenmädchen im Juli 1974 von einem Schneemenschen überfallen und bewußtlos geschlagen worden sein. Dann habe das zottige Wesen fünf Yaks - das sind sehr langhaarige Rinder - aus ihrer Herde getötet.

Mit Eispickel und Fadenrolle maß die Schweizer Mount-Everest-Expedition die legendären Fußspuren des Yetis, eines riesigen Wesens mit schwarzer Haut und feuerrotem Haarbusch, halb Mensch, halb Tier.

Voller Schrecken erzählt man sich in zwei Himalaja-Dörfern von dem grauenvollen Wüten mehrerer Yetis. Innerhalb von vier Jahren hätten die geheimnisvollen Schneemenschen mindestens fünf Nepalesen gegen Felswände oder Baumstämme geschmettert und ihren Opfern anschließend Augen, Finger und Zehen ausgerissen.

Die ersten bemerkenswerten Fotos waren am 8. März 1951 dem englischen Himalaja-Experten Eric Shipton in 6000 Metern Höhe gelungen. Drei Jahre später erhofften sich die Engländer Ralph Izzard und Gerald Russell mit ihrer Expedition den Durchbruch in diesem Rätselraten. Zwar

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bekamen sie kein lebendes Exemplar zu Gesicht, dafür aber stießen sie auf Fährten, über die Izzard im Frühjahr 1954 in der „Daily Mail“ berichtete:

„Zwischen hohen Bergen, schroffen Felswänden, Gletschern und vereisten Wasserfällen im Gebiet des oberen Dudhkosi-Tales haben Gerald Russell und ich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die Spuren von mindestens zwei Yetis über die Entfernung von etwa 13 Kilometern verfolgt. Nach meiner Kenntnis hat noch nie ein Mensch einer Yeti-Spur so lange und auf solche Entfernung hin nachgespürt.“

Die beiden Engländer hörten auch von den Yeti-Skalpen, die man in den Klöstern von Khumjung und Pangboche aufbewahrt. Pangboche ist ein Wallfahrtsort inmitten des Gebirges, und die Kopfhaut des Yetis, die dort zu sehen ist, stammt aus der Amtszeit des fünften Lama und wurde vor etwa 350 Jahren erworben. Sie dient bei den Ritualtänzen als Kopfschmuck. Wie sprödes Leder fühlt sich die schwärzliche Haut heute an. Der ovale Skalp ist an vielen Stellen kahl, doch kann man an den Poren noch deutlich erkennen, daß er einst dicht behaart gewesen sein muß. Das noch verbliebene fuchsrote, schwarz untermischte Haar steht wie bei einem Menschen von der Stirn nach hinten und an den Seiten leicht abwärts. Auffällig ist eine Art Kamm, der sich über die Scheitellinie des Kopfes zieht. An einem solchen knöchernen Scheitelkamm sind beim Gorilla und Orang-Utan die mächtigen Backen- und Kaumuskeln verankert.

Während 1959 eine russische Expedition neun Monate lang im Pamirgebirge keine einzige Spur des gesuchten Bergbewohners fand, urteilte der britische Zoologe Wladimir Tschernezki anhand der Fotos von Shipton:

„Der Schneemensch ist ein riesiges, schwer gebautes, zu den Menschenaffen gehörendes Wesen, das wahrscheinlich dem Gigantopithecus ähnelt, einem besonders großen Menschenaffen

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, der die Erde schon vor einer Million Jahren bewohnt hat.“ Auch für Sir Edmund Hillary, den ersten Bezwinger des

Mount Everest, war der Yeti ein Thema. Bei einer Expedition in Nepals Bergen entdeckte 1960 der Expeditionsbiologe Lawrence Swan prächtige Spuren am Ripimu-Gletscher. Bei näherer Untersuchung zeigte sich, daß sie auf dem überwiegend schattigen Teil des Hügels wie Fuchsspuren aussahen, auf der sonnenzugewandten Seite aber länger wurden und sich erst hier in die bekannten Yeti-Spuren verwandelten. Ein Stück weiter um den Schneehügel herum, wohin die Sonnenstrahlen wieder weniger vordrangen, wurden die Fährten erneut kürzer und wieder schmäler, was einen Expeditionsteilnehmer zu der Feststellung veranlaßte: „Das ist die Erklärung: Die Fuchs-, Schneeleoparden-, Bären- oder Wolfsspuren, oder was immer man annehmen mag, werden von der Sonne zu denen des sagenhaften Yetis ,umgeschmolzen'.“

Viele glaubten es nicht, und so erwarb Hillary nach langem Feilschen schließlich von einer Nonne ein angeblich echtes Yetifell. Nach genauer Untersuchung entpuppte es sich als die Haut eines seltenen tibetanischen Blaubären. Auch der Yetiskalp im Kloster Khumjung erwies sich als Fälschung. Wissenschaftliche Untersuchungen in Chicago und London identifizierten das angebliche Yetifell als die gestreckte Halshaut einer Himalaja-Bergziege. Dagegen schwor ein Dorfabgesandter Stein und Bein: „Meine Kinder haben den Yeti gesehen und seine Schreie gehört. Sie riefen ihn an, und er rannte davon, er sah aus wie ein Hund mit einem menschlichen Kopf.“

Fälschung, Aberglaube oder ungelöstes entwicklungsgeschichtliches Rätsel - egal, für die Touristik existierte der neue Nationalheilige Nepals. 1964 erklärte der nepalesische

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Abgeordnete auf der UN-Welthandelskonferenz in Genf: „Wir werden Kapital aus dem Yeti schlagen. Wir glauben, daß er existiert.“

Und die Wissenschaft mischt kräftig mit, z. B. als es um das Skelett einer Hand ging. Der englische Zoologe Professor Hill meinte, die Hand stammte „von einem unbekannten menschenähnlichen Wesen“, das mit dem Gorilla eng verwandt sei. Der russische Forscher Prof. Porschnew blies ins gleiche Horn. Bei der Hand handle es sich um ein Greiforgan, das wesentlich von der Hand eines Menschen abweiche. Dagegen stimme es fast vollständig mit der Hand des vor 40000 Jahren ausgestorbenen Neandertalers überein. Nach seiner Meinung gebe es Lebewesen, die auch heute noch auf der Entwicklungsstufe von Steinzeitmenschen stünden.

Existiert nun der Yeti in Wirklichkeit oder nur in der Phantasie der Bergbewohner im Himalaja?

Antworten suchten auch die angelsächsischen Zoologen Charles Stonor und John Napier. Sie verwiesen darauf, daß der im Dschungel von Borneo und Sumatra lebende Orang-Utan noch im 19. Jahrhundert auch auf dem Festland Südostasiens vorgekommen sei. Ebenso ließen Fossilfunde darauf schließen, daß der rötlich-braune „Waldmensch“, wie die Übersetzung des malaiischen Wortes Orang-Utan lautet, bereits vor zwei Millionen Jahren sowie auch in historischer Zeit auf dem südasiatischen Festland beheimatet war. Die Tiere hätten damals eine Größe von 2,20 bis 2,30 Metern erreicht. Die heutigen Orang-Utans würden dagegen in der Regel nur 1,25 bis 1,50 Meter groß.

Erhebt sich also die Frage: Könnte sich vielleicht eine Spielart des urweltlichen Orang-Utans im Laufe der Zeit an die Hochgebirgskälte gewöhnt und tatsächlich in wenigen Exemplaren bis heute im Himalaja erhalten haben? Oder stammen die merkwürdigen Fußspuren im Schnee von anderen

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Tieren, in denen man nur deshalb Fährten des Yetis vermutet, weil durch die Schmelzvorgänge die Abdrücke vergrößert worden sind? All das sind Fragen, auf die es bislang keine Antwort gibt.

Übrigens - unabhängig vom Schneemenschen soll auf dem Mount Everest, dem mit 8848 Metern höchsten Berg der Erde, der Geist eines Kletterers spuken, der dort ums Leben kam und nun Bergsteigern Mut zuspricht. Dougal Haston und Doug Scott sollen 1975 seine Bekanntschaft gemacht haben, als sie eine schwere Nacht an der Südwestseite des Everest durchmachten. Dieser geisterhafte dritte Mann habe ihr Lager in einem Schneeloch geteilt und sie in den Stunden vor ihrem erfolgreichen Aufstieg zum Gipfel ermutigt.

Vampire - Ungeheuer in Menschengestalt mit Lust auf Blut

Christopher Lee ist wohl der bekannteste Vampir, wenigstens als Schauspieler. Keiner verkörperte den berühmtesten Vampir aller Zeiten, den rumänischen Grafen Dracula, so intensiv wie er. Bei Graf Dracula soll es sich im übrigen um den lebenden Leichnam des Fürsten Vlad gehandelt haben, der wegen seiner Gewohnheit, Gegner zu pfählen, unter dem Beinamen „der Pfähler“ bekannt wurde. Was aber sind Vampire nun tatsächlich?

In der Volkskunde gilt ein wiederkehrender Toter, der Lebenden das Blut aussaugt, als Vampir. Schon Luther zweifelte nicht daran, daß die blutsaugenden Wesen Verstorbene sind, die Opfer des Teufels wurden. Über 100 Jahre später, nämlich 1694 wird von wiederkehrenden Blutsaugern in Rußland und Polen berichtet. Die Bezeichnung „Vampir“ taucht in Deutschland ab 1732 in philosophischen

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und medizinischen Abhandlungen auf, die sich mit Fällen von Vampirismus auf dem Balkan beschäftigen.

Als Vorläufer der Vampire gelten die Lamien. Im griechischen Volksglauben handelt es sich dabei um gespenstische Frauen, die durch allerlei Blendwerk Kinder, vorzugsweise schöne Jünglinge, anlocken, ihnen das Blut aussaugen und ihr Fleisch genießen. In nachklassischer Zeit vermischen sich die Lamien mit den Vampiren der slawischen Einwanderer.

Auch die sogenannten Empusen, sehr verwandlungsfähige Spukgeister, töten Kinder und saugen ihnen das Blut aus. Dieter Sturm und Klaus Völker berichten in ihrem Buch über das Erscheinen von Vampiren auch von einer Empuse, einem Ungeheuer, das immer wieder andere Gestalt annimmt. Einmal erscheint es als Ochse, dann als Maultier, bald als schönes Weib und schließlich als Hund. Das Gesicht der Empuse leuchte feuerrot, ein Bein sei aus Erz, das andere aus Eselsmist. Mit Lamien und Empusen eng verwandt ist dieser mythologischen Arbeit zufolge Gello, ein Gespenst, das Kinder, vor allem Neugeborene, bedroht. Die Striges wiederum sind dämonische Nachtvögel oder räuberische Menschen in Vogelgestalt. Sie haben einen dicken Kopf, starre Augen, einen Krummschnabel, graues Gefieder und lange Krallen. Der Sage nach fliegen sie nachts umher, rauben Kinder aus der Wiege, zerfleischen sie und saugen ihr Blut aus. In orientalischen Ländern kennt man leichenfressende Ghoulen, die werwolfartig auf Friedhöfen ihr Unwesen treiben. Vampire scheinen beileibe keine bulgarische oder rumänische Spezialität zu sein. Viele Völker kennen eigene Schreckenssagen über Blutsauger. In Indien sind blutgierige, faunartige Buhlgeister, die Gandharven, bekannt, die Frauen im Schlafe heimsuchen. Diesen ähnlich sind die Pisachas, über die in der „Indischen Bibliothek“ von A. W.

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Schlegel zu lesen ist: „Sie sind feindselige Wesen, lüstern nach Fleisch und Blut lebendiger Kreaturen und büßen ihre grausame Lust an Weibern im Zustande des Schlafs, der Trunkenheit und des Wahnsinns.“ In Armenien bedroht der Berggeist Daschnavar die Wanderer, indem er ihnen das Blut aus den Fußsohlen saugt, bis sie tot sind. In Finnland treibt der blutdürstige Sohn des Herrschers der Unterwelt bei den Finnen sein Unwesen. Mit Eisenspitzen seiner Krallen tötet er Menschen und ist rotwangig vom Blut seiner Opfer. Auch in Thessalien, in Epirus und bei den Wlachen glaubte man an Vampire, die mordlüstern nachts umherstreifen, um Menschenblut zu saugen. Alle Merkmale eines lebenden Leichnams hat der einst in Island sehr gefürchtete Neuntöter, der neun Jahre als Wiedergänger Angst und Schrecken verbreitete. Er gilt als gierig und boshaft und kommt aus dem Grabe zu den Menschen zurück, um sich für vorzeitigen Tod im Kindbett, auf See oder durch anderes Unglück zu rächen. Naht der Neuntöter, so die Sage, beginnt sich das Blut des Opfers zu wehren und fängt an zu fließen.

Vampirismus wurde im Mittelalter auch den Hexen vorgeworfen. In Frühlingsnächten sollen sie auf Bergeshöhen Menschen geschlachtet und ihr Fleisch, besonders die Herzen, verzehrt haben. Im „Handbuch der deutschen Mythologie“ ist zu lesen: „Wenn der Vampir Lebenden Blut entsaugt, um selbst wieder ins Leben zurückzukehren, so hängt dies mit dem Glauben der Alten zusammen, wonach Odysseus den Schatten im Hades Blut zu trinken gibt, damit ihnen Seele und Bewußtsein zurückkehren.“ Die Kraft des Lebenden soll sich auf den Toten übertragen, und umgekehrt hofft der Wiedergänger oder Vampir, seine Kraft auf den Lebenden zu übertragen. In den Balkanländern wird meistens der Werwolf mit dem Vampir verwechselt. In Danziger Sagen wird berichtet, daß Menschen, die im Leben Werwölfe gewesen

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sind, nach dem Tode dazu bestimmt sind, Wiedergänger zu werden. Deshalb pflegte man ihre Leichen vorsichtshalber zu verbrennen. Ähnliche Vorsichtsmaßnahmen werden auch in weißrussischen und kaschubischen Sagen geschildert. Nach den Recherchen von Dieter Sturm und Klaus Völker saugt ein Werwolf kein Blut, sondern fällt Menschen an, zerreißt sie und frißt ihr Fleisch. Er ist ein Lebender, der Wolfsgestalt annimmt und sich immer wieder zurückverwandelt. So kann ein Mann ein Doppelleben führen als harmloser Hirte und reißender Wolf, wie es in etlichen Filmen immer wieder dargestellt wird.

In der Normandie kannte man den Werwolf auch als wandelnde Leiche eines Verstorbenen, der Sarg und Grabhügel durchbricht, um umherzuschweifen. Man vernahm Klagetöne aus der Erde und sah Höllenflammen aus Gräbern auflodern, man öffnete sie, und der Pfarrer schnitt die Köpfe der Leichen ab.

Vampire als Märchenfiguren In ihrer Dokumentation „Vom Erscheinen der Vampire“

finden die Herausgeber Dieter Sturm und Klaus Völker auch zahlreiche Beispiele in Märchen, in denen Vampire meist als Brautwerber auftreten. Sie fressen Menschenfleisch und saugen nur selten Blut. Der Schluß der Märchen entfernt sich fast immer vom eigentlichen Vampirstoff. Folgende Märchentypen kommen der Dokumentation zufolge für Vampir-Märchen in Betracht:

Der Leichenfresser: Der Bräutigam frißt in der Kirche Leichen, er erscheint seiner Braut in Gestalt ihres Vaters, ihrer Mutter usw. und frißt sie schließlich auf.

Lenore: Der tote Bräutigam entführt die Braut bei Vollmond.

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Der Mann vom Galgen: Ein Mann raubt das Herz, die Leber oder den Magen eines Gehängten und gibt sie seiner Frau zu essen. Der Tote kommt, um sein Eigentum zurückzufordern, und führt den Mann bzw. die Frau mit sich fort.

Vampirismus in England und Deutschland

Ende des 12. Jahrhunderts gibt es mehrere Belege für vampirisches Wiedergängertum in England. So wird berichtet: „Ein Waliser, der in einem Dorfe der Grafschaft Hereford verstorben war, kehrte vier Tage nach seinem Tode allnächtlich zurück und rief einzelne Bewohner mit Namen, die dann erkrankten und nach drei Tagen starben.“ Der Bischof von Hereford gibt dem ratsuchenden Dorfherrn, Wilhelm Laudun, lateinischen Rat, der aber nichts hilft. „Das Dorf verödet mehr und mehr, und endlich wird der Gutsherr selbst von dem Toten gerufen. Dieser indes springt unerschrocken aus dem Hause, verfolgt letzteren mit entblößtem Schwert bis zum Grabe und spaltet dem bereits Hineinsinkenden den Kopf bis ins Genick, worauf er nicht mehr wiederkehrt und auch Laudun keine weiteren schlimmen Folgen empfindet.“

Um 1337 wird in Deutschland von wiederkehrenden Toten berichtet, die den Lebenden Schrecken eingejagt haben sollen. Wer von Wiedergängern mit seinem Namen angesprochen wurde, soll acht Tage danach gestorben sein. Bekannt ist der Fall des Hirten Myßlata in dem böhmischen Dorf Blow bei Cadan geworden:

„Solches Übel zu dämpfen, kamen die Nachbarn desselben Dorfs sowohl als auch aus den umliegenden Dörfern zusammen, berieten sich, ließen ihn ausgraben und ihm einen eichenen Pfahl durch den Leib schlagen: Dessen er aber nur gelacht (oder vielmehr sein Gespenst; denn ihm

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selbsten wird in der Höllen nicht viel Lachens zu muthe mehr gewesen seyn) und gesprochen: Ihr meynet, ihr habt mir einen gewaltigen Possen gerissen, allein ihr habt mir nur einen Stecken gegeben, damit ich mich desto besser der Hunde erwehren kan; und gieng folgendes dieselbige Nacht herum, und bethörte die Leute vielmehr als zuvor.“

Erst nach der Verbrennung der Leiche auf einem Scheiterhaufen hörte das vampirische Tun des Hirten auf. Wie ein Ochse soll die Leiche beim Verbrennen gebrüllt haben.

Um 1345 soll das Weib des Töpfers Duchacz in Levin ihr Unwesen als Nachzehrer getrieben haben. Im Leben war sie eine Zauberin. Es heißt, daß sie in Tiergestalt nach ihrem Tod umherging, die Hirten erschreckte und ihr Vieh verjagte. Da zu dieser Zeit auffällig viele Menschen starben, wurde ihre Leiche gepfählt. Es soll ihr gelungen sein, den Pfahl wieder aus ihrem Herzen zu reißen, und an der Verbrennungsstätte will man später einen Wirbelwind gesehen haben.

In Schlesien fürchtete man lange Zeit die Nachzehrer. Angeblich hörte man das Kauen und Schmatzen der Toten in ihren Gräbern. Der sogenannte einfache Nachzehrer frißt nämlich seine Leichentücher und manchmal auch Teile seines Körpers. Erst als Wiedergänger wird er zum Vampir. Im Gegensatz zum Vampir saugt der Nachzehrer den Lebenden jedoch nicht das Blut aus.

Gegen sogenannte plagende Tote fanden 1612 und 1614 sogar Prozesse statt. Später datierte Berichte belegen dann auch den offensichtlich blutsaugenden Nachzehrer. Um 1740 starben in der Familie Wollschläger in Westpreußen mehrere Mitglieder kurz nacheinander. Der Erstgeborene wurde daraufhin für einen Blutsauger gehalten. Der Familienrat beschloß, ein Neffe solle der Leiche des Verstorbenen den Kopf abschlagen. Er fing das Blut der unverwesten

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Leiche in einem Becher auf, und die Familie trank die rote Flüssigkeit als Immunisierungsmittel.

Zahlreiche derartige Fälle sind im 18. und 19. Jahrhundert belegt. Noch Ende des vorigen Jahrhunderts fanden in Preußen mehrere „Vampirprozesse“ statt gegen Menschen, die aus Furcht vor Vampiren Gräber öffneten und Leichen pfählten oder ihnen die Köpfe abschlugen.

Dokumentiert sind die Prozesse gegen die Familien Gehrke und Poblocki. Sie endeten schließlich laut Urteil eines Appellationsgerichtes in beiden Fällen mit Freispruch. Den Angeklagten wurde zugebilligt, daß sie in gutem Glauben gehandelt hätten.

Aus einer Zeitungsnotiz von 1913 geht hervor, daß in Sensburg zur Steuerung der Sterblichkeit in einer Familie, die neun Angehörige innerhalb kurzer Zeit verloren hatte, eine Leiche enthauptet wurde, der das vampirhafte Treiben unmöglich gemacht werden sollte.

Auf dem Balkan sind Vampire blutdürstig

In den Balkanländern begnügten sich die Toten nicht mit bloßem Kauen und Schmatzen in ihren Gräbern. Sie kehrten wieder, um den Lebenden das Blut auszusaugen. Berühmtheit erlangten die Vampirberichte aus Ungarn und Serbien. Im Mittelpunkt des Interesses standen der Fall des Peter Plogosovitz 1725 in Kisolova und der Fall des Amod Paole 1732 in Medvegia. Beide hielt man aufgrund mehrerer Zeugenaussagen für die Urheber von Vampirplagen. Die des Vampirismus Verdächtigten wurden gepfählt oder verbrannt. Grabfunde zeugen noch heute von diesen Bräuchen. Die amtlich bestätigten Zeugenaussagen führten zu heftigen Diskussionen in vielen europäischen Ländern. In den Dokumenten

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wird behauptet, die Verstorbenen hätten bis zu 90 Tage urverwest im Grab gelegen. Ihr Blut sei frisch gewesen, als man sie fand. In der Abhängigkeit des Vampirs vom Blut spiegelte sich eine Grundüberzeugung der Menschheit. Von alters her wurde die magische, lebenspendende Kraft des Blutes verehrt. Mit dem Blut lebender Wesen wurden die größten Opfer gebracht. So bedeckte sein Rot die Altäre der Götter, es tränkte die Erde, bevor die Bauern ihre Felder pflügten. Bei den nordischen Völkern erflehte man mit Blut den Schutz des Himmels sogar für Schiffe: Die Wikinger zogen ihre Langschiffe über die Körper von Gefangenen, bevor sie sie zu Wasser ließen, so daß sich der Kiel zu Ehren ihrer Meeresgötter blutrot färbte. In der Schiffstaufe mit einer Flasche Sekt hat sich dieser Brauch auf humanere Weise bis heute erhalten.

Wer wird Vampir? Vampir kann man der Sage nach schnell werden, man braucht nur von einem Vampir gebissen zu werden; seine Eckzähne sind ja aus zahlreichen Filmen hinlänglich bekannt. Die letzte Chance, dem Schicksal zu entkommen, besteht darin, den Blutsauger vor dem Tod des Opfers unschädlich zu machen. Vampire werden den Überlieferungen zufolge vor allem Verbrecher, unehelich Geborene und Menschen, die sich zu ihren Lebzeiten mit Hexerei oder Zauberei abgegeben haben. Auch Christen, die sich zum Islam bekehren ließen, Priester mit Todsünden, Exkommunizierte und Menschen, die keine Sterbesakramente empfangen haben, werden blutsaugende Ungeheuer. Nach orthodoxem Glauben kann der Exkommunizierte nicht in den Himmel eingehen. Er bleibt unverwest im Grabe, bis der Bann von ihm genommen wird. Diese Behauptung ist auch die Erklärung dafür, daß der Vampirglaube gerade in Ländern mit orthodoxer Religion außergewöhnlich verbreitet ist.

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Vampire können auch an Unglückstagen Geborene werden. In manchen Gegenden glaubte man an den Doppelsauger, einen Vampir, der als Kind so lange geschrien hat, bis die Mutter ihn zum zweiten Mal an die Brust legte. Die Kaschuben glaubten, wer mit Zähnen oder mit einem roten Fleck am Körper zur Welt kommt oder im Groll stirbt, werde unvermeidbar nach dem Tod zum Vampir.

Knoblauch als beste Abwehrmaßnahme Als das wirksamste Abwehrmittel gegen Vampire gilt

Knoblauch. Doch war die vor allem in der Küche des Balkans sowie in südlichen Ländern so beliebte Knolle nicht die einzige Waffe, die Menschen gegen Vampire einsetzten. Man beugte beispielsweise vor, indem man Fischernetze und Mohnkörner als Grabbeilage gab. Man nahm nämlich an, daß die Toten jedes Jahr vom Netz einen Knoten auflösten und ein Mohnkorn aßen. Um das Nachzehren zu verhindern, wurde auch oft zwischen Kinn und Brust der Leiche ein Brett gelegt. Bestand der Verdacht, daß ein Verstorbener zu Lebzeiten mit einem Blutsauger in Berührung gekommen war, mußte beim Hinaustragen der Leiche die Hausschwelle entfernt werden, damit der Tote nicht als blutsaugendes Ungeheuer den Weg zurück ins Haus fände. Der Sarg durfte auch nicht mit dem Kopfende zuerst aus dem Haus getragen werden. Der Tote könnte sonst den Blick auf das Haus richten und später dorthin zurückkehren. War die Leiche erst einmal aus dem Haus, brachte man über der Tür ein Messer an. Nach der Vorschrift des Titinius wurde Kindern Knoblauch um den Hals gehängt, um sie vor den Nachstellungen der Striges, einer Vampirart, zu schützen.

Auf dem Balkan hängt man noch heute vielfach Knoblauch ins Fenster. Wo der Vampir nur für eine Verkörperung

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des Teufels gehalten wird, genügt auch ein Kruzifix als sichere Abwehrmaßnahme.

Die schauerlichsten Geschichten werden von dem Blutsauger erzählt. So schläft er beispielsweise mit offenen Augen im Grab, das er am liebsten nachts bei zunehmendem Mond verläßt.

Er hat kein Spiegelbild, und er kann keine Nahrung zu sich nehmen. Er erscheint in den unterschiedlichsten Gestalten, einmal als Mensch, dann als Wolf, Pferd, Ziege, Frosch, Henne, Katze, Hund, Esel, Schwein, Schlange oder Schmetterling und sogar als Heuschober. Am bekanntesten ist er jedoch als Fledermaus. Der Vampyr, eine Fledermausart in Südamerika, verdankt sogar seinen Namen dem Auftreten des Vampirs als Fledermaus. Er ist allerdings völlig ungefährlich. Er ernährt sich von Insekten und saftigen Früchten. Es gibt jedoch Fledermausarten, die gelegentlich Blut an Pferden, Rindern und anderen Tieren saugen, ganz selten auch an schlafenden Menschen. Ihr Biß ist nur für kleine Tiere gefährlich, weil sich die Wunde durch Nachblutungen entzünden kann.

Vampirgeister

Neben den „lebenden“ Vampiren gibt es aber auch noch die Vampirgeister. Von ihnen wird in mehreren europäischen Ländern, besonders aber in Indien erzählt. Sie sollen in der Regel unsichtbar sein, greifen mitunter Menschen an und hinterlassen dann Bißmale. In Indien sind sie als Virikas bekannt. Geben sie sich zu erkennen, dann haben sie offenbar einen kleinen, roten Körper und Zähne wie Löwen. Streifen sie durch die Nacht, sollen sie unheimlich schnatternde Geräusche von sich geben. In manchen Teilen des Landes werden kleine Altäre errichtet, auf denen Lebensmittelgaben

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für die Virikas hinterlassen werden, damit sie sich nicht auf die Suche nach menschlichem Blut machen. Auch aus Europa sind Schilderungen bekannt, wonach derartige Geistervampire wiederholt zugebissen haben. Bekannt wurde 1926 der Fall einer Rumänin. Das Mädchen wurde jahrelang von einem Vampirgeist gequält. Erst nach einer umfangreichen Teufelsaustreibung verschwand der bösartige Geist, der auf ihren Armen und ihrem Hals rote Bißspuren hinterlassen hatte.

Lebende Vampire - Kriminelle Es gibt allerdings auch eine Art von Vampiren, die mit Sagen

und Märchen überhaupt nichts zu tun hat, deren Geschichte vielmehr in Polizeiakten und Prozeßprotokollen nachzulesen ist, oder in den Werken des Marquis de Sade. In der Sexualpathologie wird dann meist von Blutfetischisten und „lebenden Vampiren“ gesprochen.

Als die beiden schrecklichsten Vampire unseres Jahrhunderts gingen Peter Kürten und John Haigh in die Kriminalgeschichte ein. Kürten, der „Vampir von Düsseldorf“, wurde 1883 geboren und 1931 hingerichtet. Seinem Arzt, Professor Berg, erklärte er: „Das Bluten kann ich hören. Das Blut ist ausschlaggebend in den meisten Fällen, das bloße Würgen genügt meist nicht, um zum Samenerguß zu kommen.“ Kürten war empfänglich für Wachträume und Autosuggestion. Seine ersten Opfer waren Tiere: „Sie können sich nicht vorstellen, Herr Professor, aber Sie müssen mal probieren, einer Gans den Kopf abzuschneiden, wenn das Blut so ganz leise rauscht.“

In der Nacht vor seiner Hinrichtung schrieb John Haigh, der „Vampir von London“, der 1949 gehängt wurde, seine Beichte nieder, in der er sich vom Blut fasziniert gibt. Als er

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sich als Junge einmal die Hand verletzte und sein Blut leckte, hatte er zum ersten Mal ausgesprochenes Lustempfinden, „und das bewirkte eine Revolution in meinem ganzen Wesen“. Er stellte damals fest, daß er zur „Familie der Vampire“ gehört. Zuerst brachte er sich selbst Wunden bei, dann lockte er Männer und Frauen in sein Atelier, ermordete sie und trank Blut aus ihrer Kehle. Bei vielen Vampirmördern ist die Mordlust mit dem Leichenkult verbunden. Der „Vampir von Hannover“, der 1925 enthauptet wurde, lud seine Opfer, junge Männer, zum Essen ein und tötete sie beim Nachtisch mit einem Biß in die Kehle. Die Leichen verarbeitete er dann in seiner Metzgerei.

Das Weib mit dem Stierkopf Selbst Neugeborene waren in alten Zeiten von allerlei

Ungeheuern bedroht. In Bulgarien beispielsweise ging ein häßliches altes Weib mit Stierkopf um. Die Unholdin kroch auf allen vieren in die Hütten und erhob sich gerade so weit, daß sie in die Wiegen sehen konnte. Ihr fauliger, verpesteter Atem verbreitete sich über die Opfer, die einen Tag lang oder zwei dahinsiechten und dann elend starben. In den Wäldern und auf den Feldern Polens, der Tschechei und Rußlands hauste ein ähnliches Geschöpf, das als Nachtweib bezeichnet wurde. Es quälte Kinder, deren Mütter versäumt hatten, zu beten, nachdem sie ihre Kleinen zu Bett gebracht hatten. Das Nachtweib kitzelte die Kinder, stach mit spitzen Fingern in deren Bäuche und trank sogar Blut aus ihren Adern, um sich am Weinen der Kinder zu weiden. Die Alte verschwand, sowie ein Erwachsener den Raum betrat, hinterließ aber Spuren: Fieber und Krankheiten. Mit einem runzligen Kind auf dem Arm durchstreifte der Legende nach in Schottland eine grüngekleidete Gestalt die Dörfer zu nachtschlafender

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Zeit. Sie drang in Häuser ein, um sich das Blut von Neugeborenen zu verschaffen.

Nachtmahre ängstigten in alten Zeiten überall in der Welt die Menschen. Auf dem Land versuchten sie, den gespenstischen Ungeheuern durch allerlei Tricks den Zutritt zu den Schlafkammern zu verwehren. Die einen schliefen nie mit dem Kopf nach Norden, wo das Land des Todes und der Finsternis lag. Die anderen stellten ihre Schuhe mit den Spitzen nach außen vor das Bett. Wieder andere legten einen Sargnagel unter den Bettpfosten, da sie glaubten, daß Eisen die Wesen der anderen Welt abschrecke.

Das Tier im Menschen: Werwölfe und

andere Ungeheuer Die Legenden aller Völker berichten von Menschen, die ein

Doppelleben führten - halb Mensch, halb Tier. Meist nahmen sie die Gestalt jener Tiere an, die in ihrer jeweiligen Heimat eine Bedrohung darstellten. Weit verbreitet war deshalb z. B. der Werwolf. In China und Japan fürchtete man die Werfüchse. Todesqualen waren der Preis, den Werwölfe dafür bezahlten, die Kraft des Tieres zu erlangen. Während der Verwandlung drangen Borstenhaare aus der Haut, scharfe Reißzähne brachen aus dem Kiefer hervor, und der Drang zu töten wurde übermächtig. Einige dieser Wesen waren von Geburt an dazu verdammt, in regelmäßigen Abständen in ihr tierisches Ich zu schlüpfen. Andere entschieden sich bewußt dafür. Von bestimmten Zauberern und Hexen glaubte man, daß sie sich in Tiere verwandeln konnten. Sie rieben sich mit Salben ein, für die sie sich Zutaten wie das Fett von Kleinkindern, giftigen Schierling, Bilsenkraut und die tödliche Tollkirsche besorgten. In genmanischen Landen glaubte man, daß aus Wolfspelz oder der Haut eines Gehenkten

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angefertigte Riemen die Wandlung bewirkten. Auf dem Balkan genügte ein Schluck Wasser aus dem Fußabdruck eines Tieres oder ein Bissen von seinem Hirn. Hintergrund dieser Sagen dürfte wohl auch sein, daß den Menschen die Macht reißender Tiere schon immer faszinierte. Es gab viele Stämme, in denen die jungen Männer in Häuten von Tieren zum Kampf antraten, weil sie hofften, so deren Kräfte zu erlangen. Die einst in ganz Europa gefürchteten Wölfe beflügelten die Phantasie der Menschen. Wölfe, so hieß es, verkörpern die Seelen urzeitlicher Barbaren. Es war unvermeidlich, daß manche Menschen alles daransetzten, die Macht des Wolfes zu erlangen. Gelang es ihnen, wurden sie zu Werwölfen, die tückischer und bösartiger waren als Wölfe. Von den Menschen unerkannt, gingen sie tagsüber ihren Geschäften nach, um nachts zu reißenden Bestien zu werden. Werwölfe blieben jedoch die Personen, die sie waren, mit dem gleichen Körper und der gleichen Seele, auch wenn sich ihre äußere Erscheinung veränderte. So zeigte sich eine Verletzung, die sich ein Werwolf zuzog, auch nach der Rückverwandlung zum Menschen. Eine Sage aus der französischen Auvergne weiß davon zu berichten. Dort befahlt ein Edelmann seinem Jagdaufseher, einen Wolf zu erlegen, der unter seiner Schafherde wütete. Der Jäger spürte das Tier auf, wurde von diesem aber angegriffen. In höchster Not zog der Mann sein Messer und schlug dem Wolf die Vorderpfote ab. Das Tier rannte jaulend davon. Der Jäger legte die Pfote in einen Kasten, um sie stolz seinem Dienstherrn zu zeigen. Als er jedoch den Kasten öffnete, lag da keine Pfote mehr, sondern eine Frauenhand mit einem Siegelring - und der gehörte der Gemahlin des Edelmannes. Dieser ging in ihre Gemächer und stellte fest, daß seine Frau von Ärzten behandelt worden war, weil sie angeblich einen Unfall gehabt hatte. Tatsächlich war ihre linke Hand am Gelenk abgetrennt.

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„Hier hast du deine Hand, Weib“, rief der Edelmann und befahl, seine Frau als Werwolf auf dem Scheiterhaufen verbrennen zu lassen.

In vielen traditionellen Legenden tauchen geisterhafte Hundemeuten auf. Sie sollen zur Jagdmeute des Teufels zählen. Bei vielen Völkern gelten sie als Todesboten. Als die berühmtesten derartigen Meuten gelten die „kopflosen Hunde von Dartmoor“. Eine Legende besagt, daß der Geist von Sir Francis Drake gesehen wurde, wie er an der Spitze dieser Ungeheuer einen Leichenwagen nach Plymouth fuhr.

In Südafrika ist der Wollhaarhond bekannt, ein großes, wolliges Wesen, das in der Dunkelheit leuchtet. Aus der Ferne sieht er wie ein rotes Licht aus. Er materialisiert sich erst, wenn er sich einem Menschen nähert, um ihn anzufallen und zu zerfleischen.

Riesen - ungeheuerlich groß Als Überlebende der Urzeit waren Riesen geheimnisumwitterte

Wesen. Furcht und Ehrfurcht mischten sich in Ritualen fast aller Völker.

Im germanischen Glauben war das erste Wesen, das sich im Kosmos regte, der Urriese Ymir, geboren aus den widerstreitenden Reichen des Feuers und des Eises. Aus Ymirs Körper ging ein ganzes Geschlecht von Frost- und Reifriesen hervor, das wiederum die Götter zeugte.

Schließlich wurde der Urvater aller Lebewesen geopfert. Aus seinem gewaltigen Körper wurden die Erde, das Meer und der Himmel geschaffen. Auch die griechische Mythologie kennt Riesen. So wurde zur Strafe für seine Auflehnung gegen die Götter Griechenlands der Titan Atlas dazu verurteilt, die Ewigkeit als lebende Säule zu verbringen. Mit gewaltigen Annen bewahrte er den sternübersäten Himmelsvorhang

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davor, herabzufallen und die Erde zu zermalmen.

In hinduistischen Sagen tritt der Riese Kumbhakarna als furchterregender Krieger auf, der allerdings viel lieber schlief. Als die Heere des Bösen seine Unterstützung benötigten, hatten sie alle Mühe, ihn zu wecken. Erst mit Lanzenstichen, Hörnerschall und Fluten kalten Wassers gelang dies. Ebenso gutmütig schien ein russischer Koloß, der Riese Swjatogor. Er nahm sogar ein mitleiderregendes Ende. Eines Tages fand er einen riesigen Sarg, in den er sich lachend legte. Kein Sterblicher konnte je den schweren Deckel wieder öffnen. Ein gefürchteter Gigant war das japanische Ungeheuer Schitenkoji. Es entführte unschuldige junge Männer, um sich an ihrem Fleisch zu laben. Das grausige Treiben beendete schließlich ein Krieger namens Raiko. Er spürte den Riesen in seinem Unterschlupf auf, schüttete ein Schlafmittel in seinen Wein und schlug ihm den Kopf ab. Die ersten Riesen sollen Meister der Verwandlung gewesen sein. Zu wahrer Meisterschaft brachte es Thiassi, der in Gestalt eines Adlers den Gott Loki über Klippen und Gletscher schleifte, bis er das Geheimnis der ewigen Jugend preisgab. Der dänische Historiker Saxo Grammaticus schilderte die Riesen im 12. Jahrhundert als zottige Ungeheuer, die ihre Größe und Form verändern konnten. So hatten einige viele Arme, andere viele Köpfe. In den skandinavischen Bergen Utgards hausten Steinriesen, deren Köpfe und Herzen aus Stein waren. Ihre Feinde bekämpften sie mit Steinschilden und Steinschwertern. An den Gestaden Utgards warteten leichenfressende Riesen auf Schiffe, die im Sturm gesunken waren. Manche Riesen benahmen sich allerdings ganz und gar nicht ungeheuerlich. Einige wenige Sagen wissen um Riesen, die den Menschen nicht nur gelegentlich begegneten, sondern Könige ganzer Nationen, Helden, Lehrer und

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Väter ihres Volkes waren. So konnten sich die Armenier, bedrängt von Assyrern, Persern, Griechen, Römern, Hunnen und Arabern, des Schutzes ihres ersten Führers und Helden Haikh gewiß sein.

In der Schweiz und in Tirol wirkten Riesen dem Volksmund nach als Lehrmeister. Wer sich in der Schweiz auf die Heilkräfte der Kräuter verstand, war nach Meinung der Bevölkerung von Riesen unterrichtet worden. In Tirol hieß es, die Riesen hätten den Menschen gezeigt, wie Butter und Käse gewonnen werden. In Kärnten sorgten scheue Bergriesen für reiche Getreide- und Obsternte, indem sie die Felder und Obstgärten bewachten. In den böhmischen Wäldern hauste die Riesin Mordion, die werdenden Müttern beistand. Auf der dänischen Hauptinsel Seeland holten sich Riesen bei den Menschen selbstgebrautes Bier und brachten später die siebenfache Menge zurück. Isländische Fischer fürchteten sich vor riesenhaften Trollen, von denen sie aber offenbar beschützt wurden. Als im Winter ein Fischerhafen zufror und bald Hungersnot herrschte, beobachteten sie eine riesige Trollfrau, die ihre Götter beschwor, ein großer Fisch möge zu ihnen kommen. Am nächsten Morgen lag ein sterbender Wal auf dem Eis des Hafens. Friedliebend war auch der wohl bekannteste deutsche Riese, der schlesische Berggeist Rübezahl, der Herr des Riesengebirges und Hüter der dortigen Bodenschätze. Mit seinem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn half er den Armen und Bedrückten, bestrafte aber die Unmäßigen und Habgierigen. Zornig schickte er schwere Unwetter, die jene bestraften, die ihn erzürnt hatten. Wanderer begleitete er mitunter als geselliger Spaßvogel. Auch er hatte der Sage nach die Gabe, sich zu verwandeln. Gesehen wurde er in menschlicher Gestalt, manchmal als Riese, dann wieder als Zwerg, Mönch oder in Tiergestalt. Die letzten Zufluchtsgebiete der Riesen und Trolle lagen den Sagen nach offenbar

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in Lappland. Besonders gefährlich schienen den Menschen kleine Tümpel. Gegen alle Naturgesetze änderten dort scheinbar leblose Dinge ihre Gestalt und ihr Verha lten. Bäume streckten ihre Wurzeln in die Höhe und tanzten auf Befehl der Riesen, oder Tiere begannen zu sprechen, weil sie verzauberte Menschen waren. Wollten die Riesen schnell, wild und gefährlich sein, verwandelten sie sich in Falken, Löwen oder Schlangen. Je mehr sich die Menschheit ausbreitete, um so mehr ging die Macht der Riesen zurück, um so grausamer wurden sie aber auch. Sie verschleppten Menschen, verzauberten oder fraßen sie. In Norwegen fürchtete man riesige Trolle, die unter Brücken lagerten und sich an Vieh und Bauern vergriffen.

Der irische Riese des Braunen Buchenwaldes hielt sich sogar menschliche Sklaven. Er nahm drei Frauen gefangen, von denen er eine in einen Schoßhund und die andere in ein Fohlen verwandelte. Seine Schreckensherrschaft wurde beendet, als ein tapferer Ritter in seine Burg eindrang und sein Schwert an sich nahm.

Das Ungeheuer vom Brocken Über viele Generationen hinweg war das Ungeheuer vom

Brocken in aller Munde. Viele mieden den Berg, aus Angst, der riesigen turmhohen Gestalt plötzlich gegenüberzustehen, zumal der höchste Berg im Harz (1142 Meter) lange Zeit als Treffpunkt von Hexen und Dämonen galt, die vor allem in der Walpurgisnacht furchterregende Orgien feierten. 1818 machte Gustav Jordan dem Brockengespenst ein Ende, nachdem er systematisch vorgegangen war. Nachdem er es mehrmals gesehen hatte, kam er auf des Rätsels Lösung: Es war eine optische Täuschung. In seinem Bericht heißt es: „Nachdem ich die Möglichkeit hatte, das Geheimnis

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dieses Phänomens im vollen Umfang aufzudecken, kann ich denjenigen meiner Leser, die begierig sein mögen, es selbst zu sehen, folgende Mitteilung machen. Wenn die aufgehende Sonne - und in Analogie dazu verhält es sich im Falle der untergehenden Sonne gleichfalls so - ihre Strahlen über den Brocken auf den Körper eines Menschen wirft, der zarten, leichten Nebelwänden gegenübersteht, deren Schwaden um ihn herum oder hinter ihm schweben, muß er nur seine Augen ganz fest auf sie richten und wird dann aller Wahrscheinlichkeit nach das einzigartige Schauspiel erleben, wie sich sein eigener Schatten auf eine Länge von 150 bis 180 Meter vergrößert, ungefähr drei Kilometer von ihm entfernt.“

Unheuer Tierisches: Der Vogel Rock Der Vogel Rock ist ein ins Riesenhafte vergrößerter Adler

oder Geier, und man glaubt, daß ein Kondor, der sich bis zum Meer von China oder Hindostan verirrt hat, ihn den Arabern suggeriert habe. Abendländischen Ruhm erlangte er durch die Märchen aus „Tausendundeiner Nacht“. Marco Polo schreibt in seinem Reisebericht über ihn: „Die Bewohner der Insel Madagaskar berichten, daß zu einer bestimmten Jahreszeit ein außergewöhnlicher Vogel - Rock genannt - aus den südlichen Regionen kommt. Sein Aussehen ähnelt demjenigen des Adlers, aber er ist um ein Vielfaches größer als dieser. Die Körperkraft des Vogels Rock ist derart, daß er einen Elefanten mit seinen Klauen heben und mit ihm durch die Luft fliegen kann, worauf er ihn aus großer Höhe herniederfallen läßt, um ihn dann zu verschlingen.

Wer den Rock gesehen hat, versichert, daß seine Flügel von einem Ende zum anderen sechzehn Schritt messen können.“

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Der Basilisk Der Basilisk änderte über die Jahrhunderte hinweg seine

Gestalt, wurde dabei aber immer häßlicher und grauenvoller. Plinius der Ältere beschrieb ihn als eine Schlange, die auf dem Kopf einen hellen, kronenförmigen Fleck hatte. Im Mittelalter wandelte er sich zu einem vierfüßigen Hahn mit Schopf, gelbem Gefieder und breiten, dornigen Flügeln. Sein Schwanz glich einer Schlange und endete in einer Klaue oder einem zweiten Hahnenkopf.

Gefürchtet war die tödliche Kraft seines Blickes. Wer seine Augen sah, erstarrte zu Stein. Sein Lebensumfeld ist die Wüste, die er sich erschafft. Die Vögel fallen ihm tot zu Füßen, die Früchte faulen, das Wasser der Flüsse, aus denen ertrinkt, ist auf Jahrhunderte hinaus vergiftet. Daß sein Blick Steine bricht und das Gras verbrennt, ist von Plinius bestätigt worden.

Gefährlich kann dem Basilisken der Geruch des Wiesels werden, an dem er stirbt. Irn Mittelalter behauptete man auch, das Krähen des Hahnes bringe ihn um. Kluge Wanderer nahmen deshalb Hähne auf Streifzüge in unbekannte Gegenden mit. Der Basilisk muß so häßlich gewesen sein, daß auch noch ein anderes Mittel todsicher wirkte - ein Spiegel, denn sah er sich darin, fiel er tot um. Bei seiner mutmaßlichen Herkunft dürfte dies auch kein Wunder gewesen sein. So wurde beispielsweise angenommen, daß ein Hahn ursprünglich ein unförmiges Ei gelegt hat, das dann von einer Schlange oder einer Kröte ausgebrütet worden ist.

Der Höllenhund Zerberus 50 Köpfe hatte ursprünglich der Höllenhund Zerberus. Die

bildende Kunst schlug ihm im Lauf der Zeit die meisten aus

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profaner Bequemlichkeit ab und ließ ihm drei. Dante verleiht ihm menschliche Merkmale, um sein höllisches Naturell noch stärker zu unterstreichen: einen schmutzigen, schwarzen Bart, Hände mit langen Krallen, mit denen er die Seelen der Verdammten zerreißt. Aus alten Texten geht hervor, daß der Zerberus mit dem Schlangenschwanz jene begrüßt, die die Hölle betreten, und jene verschlingt, die zu entkommen versuchen. Später glaubte man, er beiße die Höllenankömmlinge. Um ihn zu besänftigen, legte man deshalb eine Honigspeise in den Sarg.

Drachen Von Drachen hat die Menschheit eine ziemlich genaue

Vorstellung: eine dicke und große Schlange mit Klauen und Flügeln und zudem Feuer und Rauchwolken speiend. Im Abendland wurde der Drache von jeher als ein böses Ungeheuer betrachtet. Einen Drachen zu töten zählte zu den klassischen Ruhmestaten der Helden wie Herkules, Sigurd, Erzengel Michael und Ritter St. Georg. In den germanischen Legenden bewacht der Drache kostbare Gegenstände. Im englischen Heldenepos Beowulf aus dem 8. Jahrhundert bewacht ein Drache 300 Jahre lang einen Schatz. Als ihm ein Sklave einen Krug raubt, zieht der Drache zerstörungswütig durch das Königreich, bis Beowulf ihn stellt und tötet. Andererseits schien der Drache, zumindest tot, für die Menschen auch nutzbringend zu sein, frei nach dem Motto „Nur ein toter Drache ist ein guter Drache“. So sollten getrocknete Drachenaugen vermischt mit Honig ein probates Mittel gegen Alpträume sein. Das Fett vom Herzen des Drachen, in der Haut einer Gazelle bewahrt und mit den Sehnen eines Hirsches an den Arm gebunden, bedeutete sicheren Sieg im Streit. Die Zähne, gleichermaßen an den Körper gebunden,

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bewirkten angeblich, daß die Gebieter nachsichtig und die Könige gnadenreich sind. Zu militärischen Ehren gelangte der Drache unter den Römern. Bei ihnen war der Drache das Abzeichen der Kohorte - übrigens der Ursprung der späteren Dragonerregimenter - so wie der Adler das der Legion.

Der Greif Als geflügelte Ungeheuer werden die Greife beschrieben, die

nach einer alten Reisebeschreibung manchmal auf dem Festland, manchmal im Wasser leben, die halb Mensch und halb Tier sind und sich ausschließlich von Menschen ernähren. Dann wieder sei der vordere Teil ihres Körpers adlergleich, der hintere hingegen ähnle dem eines Löwen. Gewaltige Kräfte besitze der Greif, sei er doch größer als acht Löwen und stärker als hundert Adler. Er besitze Krallen so groß wie Ochsen. Dante träumte von einem Triumphwagen, der von einem Greif gezogen wird.

Der Acheron Nur ein einziges Mal soll ein Mensch das Ungeheuer Acheron

gesehen haben, und zwar im 12. Jahrhundert im gälischen Cork. Im zehnten Gesang der Odyssee ist der Acheron ein Höllenfluß, an den westlichen Grenzen der bewohnbaren Erde. Überlieferungen zufolge war er ein bestrafter Titan, später tauchte er unweit des Südpols unter den Sternbildern der Antipoden auf. Nach und nach wurde Acheron gleichbedeutend mit Hölle.

Ein junger irischer Ritter namens Tundal soll nun der einzige Mensch gewesen sein, der Acheron gesehen hat. Fast dem Tode nahe, habe ihm ein Schutzengel das Jenseits gezeigt und auch Acheron. Das Ungeheuer sei größer als ein

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Berg. Seine Augen lodern, und sein Mund ist so groß, daß neuntausend Menschen darin Platz finden würden. Zwei Verdammte halten ihn wie Stützbalken ständig geöffnet, heißt es in der Überlieferung.

Drei Kehlen führen ins Innere, und sie speien Flammen, die niemals erlöschen. Aus dem Leib des Ungeheuers dringe das nie endende Wehklagen der Verdammten, die es verschlungen hat. Die Dämonen erklärten Tundal, daß die Bestie Acheron heiße. Und als der Schutzengel verschwand, wurde Tundal in den Schlund gerissen. Im Inneren des Acheron gibt es nur Tränen, Dunkelheit, Zähneknirschen, unerträgliches Brennen, Eiseskälte, Hunde, Bären, Löwen und Schlangen, weiß die Legende.

Bogie, der Kinderschreck In England diente der Bogie Eltern dazu, ungezogene Kinder

zur Räson zu bringen. Dem Bogie, der angeblich Menschen quälte, wurde die Macht zugeschrieben, Kinder zu entführen. Eltern drohten deshalb ihren Kindern: „Sei anständig, sonst holt dich der Bogie.“

Selbst in der britischen Folklore hat der Bogie seinen Platz. Danach sind Bogies sehr gefährliche Geister, die jeden, der ihnen keinen Respekt entgegenbringt, entweder angreifen oder zumindest das Fürchten lehren. Und ihr Äußeres war auch dazu angetan: schwarz, ziemlich gedrungen, behaart und mit häßlichen, grinsenden Gesichtern. Dem Volksmund nach haben diese Ungeheuer offenbar die Fähigkeit, in andere Gestalten zu schlüpfen. Manche wollen ihr Wehklagen gehört haben, das klinge, als würden sie sagen: „Ich will meine Knochen.“ Um sich vor einem Bogie zu schützen, hielten die Schotten dem Unwesen eine aufgeschlagene Bibel entgegen.

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Der Hund von Baskerville Ein Phantomhund, der in Norfolk und anderen Gegenden Ostenglands sein Unwesen treibt, soll Sir Arthur Conan Doyle zu seinem Sherlock-Holmes-Roman „Der Hund von Baskerville“ inspiriert haben. In der Legende handelt es sich um Old Shuck, der die Größe eines Kalbes hat. Völlig schwarz lauert er auf Reisende. Wer dem Ungeheuer begegnet, soll innerhalb eines Jahres sterben. Er soll der schwarze Jagdhund Odins sein, der vor Jahrhunderten mit den einfallenden Wikingern nach Ostengland kam. Phantomhunde geistern überall auf den Britischen Inseln. Für manche sind sie Geister, für andere wiederum auch Ungeheuer.

Japanische Ungeheuer Japanische Ungeheuer und Geister haben's schwer. Die

Filmindustrie degradierte sie in der Gestalt von Godzilla zum tölpelhaften Riesengespenst. Ob Geister oder Ungeheuer, je nachdem, wie sie erscheinen, sind sie meist häßlich, deformiert, haben keine oder nur unvollständige Gliedmaßen. Die schrecklichsten sollen nur ein oder aber drei Augen haben, hinzu kommen lange, schlangenartige Hälse und lange Zungen. Unter den ganzen Schreckensgestalten taucht immer wieder koki-teno, der Fuchsgeist, auf. Er besitzt die Macht, sich in schöne weibliche Erscheinungen zu verwandeln, um die Männer zu verhexen. Ganz weltlichen Genüssen verfallen scheinen die Shojos, friedliche Seegeister mit rotem Haar. Überlieferungen zufolge lieben sie Alkohol, sind sehr lustig und tanzen auf den Wellen. Es soll sogar möglich sein, einen Shojo an Land zu locken und dann zu fangen. Man brauche ihn nur mit einem Krug Sake, seinem Lieblingsgetränk, zu locken.

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DUNKLE MÄCHTE Vom Aberglauben bis zur

Parapsychologie Die Menschheit wird in ihrer gesamten Entwicklungs- und

Kulturgeschichte von dunklen Mächten begleitet. Wie ein roter Faden zieht sich der Aberglaube über die Jahrtausende durch die Geschichte. Neu hinzugekommen ist die Parapsychologie, die sich mit Außersinnlichen Wahrnehmungen (ASW) beschäftigt. Gedankenlesen, Hellsehen, Geisterbeschwörungen, Reinkarnation und vieles mehr soll erklärbar werden. Letztlich bleibt es nach wie vor eine Glaubensfrage. Für die einen sind dunkle Mächte am Werk, die ihn bedrohen, für den anderen ist es die Erleuchtung, die ihn aus den Zwängen des rationalen Lebens befreit. So halten 48 Prozent der Deutschen ein Leben nach dem Tode für möglich.

Etwa jeder siebte Deutsche glaubt beispielsweise an Geister und intelligente Wesen ohne Körper. Jeder zehnte Bundesbürger ist davon überzeugt, daß man mit Wesen aus dem Jenseits Kontakt aufnehmen kann, ergab eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach bei 2100 Bürgern. Die Bundesbürger in den alten Bundesländern scheinen besonders esoterisch angehaucht zu sein: 17 Prozent der Befragten glauben an Geister, in Ostdeutschland sind es sechs Prozent. Von einem Leben nach dem Tod sind 44 Prozent der Befragten überzeugt.

Ob es nun um Hellsehen, Geisterbeschwörung, Reinkarnation oder den Teufelsglauben geht - immer scheinen die Unsicherheit des Lebens und der Wunsch nach Wissen um ein besseres Leben der unausgesprochene Hintergrund zu sein. Deutlich tritt die Sehnsucht, von aller Last und Bürde

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befreit zu sein, im Glauben an die Wunderheiler zutage. Bei einer repräsentativen Stichprobe unter 1795 westdeutschen Jugendlichen und Erwachsenen fand das Wickert-Institut heraus, daß sich 65 Prozent „einem medizinischen Laien mit besonderer Heilfähigkeit anvertrauen würden, wenn sie unheilbar erkrankt sind“. 18 Prozent sind von der Wirksamkeit der Fernheilung überzeugt. Drei Prozent glauben sogar, selbst „heilende Hände“ zu haben. Für andere wiederum ist ganz schlicht und einfach der Teufel am Werk.

In Hexen und Hexern sah das Mittelalter die Ausgeburt des Teufels, heute sind Hexen in und für manche ein neues Lebensgefühl. Spiritistische Gruppen gehen noch einen Schritt weiter und huldigen dem Satanskult. In Seancen versuchen sie, mit überirdischen Mächten, unter denen man sich vornehmlich den Teufel vorstellt, Kontakt aufzunehmen, um Anweisungen für das eigene Tun zu erhalten oder Aufschluß über die Zukunft zu erhalten. Nicht selten geschieht dies in Form von obskuren „Schwarzen Messen“, deren wahrer Hintergrund sexuelle Abartigkeiten sind. Dann kann wohl wirklich von dunklen Mächten gesprochen werden, ebenso wenn spiritistische Quacksalber mit allerhand Hokuspokus Ratsuchenden mit Weissagungen das Geld aus der Tasche ziehen. Auch die Presse macht sich teilweise aus Sensationslust zum Werkzeug dunkler Mächte und schürt kräftig den Gespensterglauben. Kreise in Kornfeldern oder fein säuberliche große Löcher im Erdreich, deren Herkunft niemand zu erklären vermag, machen eben neugierig. Daß so mancher Geisterspuk gut erfunden war, wird meist erst später aufgeklärt. Scharlatane und Sensationslust behindern nach wie vor die Arbeit ernsthafter PSI-Forscher und schüren den Aberglauben. Zu jenen Forschergruppen, die jede Übertreibung ablehnen, zählt beispielsweise die „Society for Scientific Exploration“ (SSE), in der nur Wissenschaftler,

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Mitglieder von Hochschulen, Vertreter von Forschungseinrichtungen und Behörden die Vollmitgliedschaft erhalten. Sie zählt derzeit 440 Mitglieder, davon sind 70 Europäer. Zielsetzung der SSE ist: Von Schulwissenschaftlern soll mittels herkömmlicher wissenschaftlicher Methoden die ganze Palette jener Phänomene angegangen werden, die im Widerspruch zur gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis zu stehen scheinen, aus der Wissenschaft ausgeklammert und in die Ecke jener Psychologie gedrängt wurden, die sich selbst vor rund 100 Jahren die Vorsilbe „Para“ gab. Selbst Teile der Kirche, für die der Teufel zwar ein dunkles Kapitel ist, dem mit dem Mittel des Exorzismus im Notfall begegnet werden muß, denken bereits über parapsychologische Erklärungsversuche nach. Dies alles kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß manche Phänomene in den Köpfen der Menschen unheimlich bleiben, auch wenn sie längst natürliche Erklärungen gefunden haben. So ist das Schiffe und Flugzeuge verschluckende Bermudadreieck für Meteorologen längst kein Teufelsloch mehr. Der Fluch des Pharaos ist weiter nichts als eine einträgliche Zeitungsente. Die Erinnerung an das Grauen wird trotzdem wachgehalten, geben doch beispielsweise allein diese beiden Themen immer wieder genügend Stoff für Filmphantasien.

Das Bermudadreieck Die wohl bekannteste von den unheimlichsten Gegenden der

Welt ist das sogenannte Bermudadreieck, in dem Schiffe und Flugzeuge spurlos verschwunden sind. Diese oft als Todesdreieck apostrophierte Seegegend liegt zwischen Florida, Bermuda und Puerto Rico und ist keineswegs abgelegen. Tag und Nacht herrscht reger Verkehr zu Wasser und in der Luft, und trotzdem verschwinden immer wieder Schiffe und

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Flugzeuge, ohne daß ihr Schicksal restlos geklärt werden kann. Auch nach Norden und Osten im Atlantik, nach Süden in der Karibik und nach Westen im Golf von Mexiko haben sich derartige Fälle abgespielt. Unter allen Meeren der Welt sind nur in einem zweiten begrenzten Gebiet ebenso mysteriöse Verluste dieses Ausmaßes vorgekommen, nämlich im weit entfernten „Teufelsmeer“ des Pazifiks südlich von Japan und östlich der Bonin-Inseln.

Die Geschichte der verschollenen Patrouille ist wohl die berühmteste, die sich um das Bermudadreieck rankt. Am 5. Dezember 1945 waren fünf Torpedobomber in Fort Lauderdale (Florida) zu einem Routineerkundungsflug gestartet, vorgesehene Flugzeit etwa zwei Stunden. Aus den späteren Zeugenaussagen ging hervor, daß Motoren, Steuerung, Instrumente und Kompaß der Flugzeuge einwandfrei funktionierten. An Bord jeder Maschine war ein automatisches Rettungsfloß, die Besatzung trug Schwimmwesten. Alle Männer hatten zwischen 13 Monaten und sechs Jahren Flugerfahrung. Ein drei viertel Stunden nach dem Start fing der Tower in Fort Lauderdale einen Notruf auf: „Wir scheinen vom Kurs abgekommen zu sein. Sehen kein Land.“ Trotz idealer Flugbedingungen konnten die Besatzungen auch ihre Position nicht angeben. Auf die Anweisung, direkt Westkurs zu nehmen, kam die Antwort: „Wir wissen nicht, wo Westen ist. Alles ist verkehrt und seltsam. Sogar das Meer sieht anders aus, als es sollte.“ Um 16.25 Uhr brach die Funkverbindung ab.

Ein riesiges Flugboot startete zur Such- und Rettungsaktion. Nach vorübergehendem Funkkontakt mit der Maschine herrschte plötzlich auch hier Funkstille. Hektik brach aus. Innerhalb weniger Stunden durchkämmten 21 Schiffe die See, 300 Flugzeuge starteten zur Suche. Das Suchgebiet wurde immer weiter ausgedehnt. Bodentrupps suchten in

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Florida 300 Meilen Küstengelände nach Wrackteilen ab - nichts. Tag für Tag ging die Suche weiter, bis 280000 Quadratkilometer erfaßt waren, was die bislang größte Luft- und Wasserfahndung bedeutete. Doch von den vermißten Flugzeugen oder deren Wracks keine Spur. Wie konnten sechs Flugzeuge und 27 Mann Besatzung in einem solch relativ begrenzten Gebiet verschwinden? Vincent Gaddis ging in seinem Buch „Invisible Horizons“ den Recherchen der Militärs nach und mutmaßte, daß irgend etwas die Kompasse der Maschinen gleichartig gestört hat, so daß sie zwischen Florida und den Bahamas im Kreis flogen. Andernfalls hätten sie in relativ kurzer Zeit Land sehen müssen. Zudem muß irgend etwas die Funkstörung verursacht haben. Gaddis: „Fügt man zu diesen Überlegungen das seltsame Aussehen des Meeres sowie die unsichtbare Sonne, die zur Navigation hätte verwendet werden können, hinzu, dann könnte man zu der Auffassung kommen, daß irgendeine atmosphärische Störung vorgelegen hat, eine Art Loch im Himmel.“ Für die Presse ist das Bermudadreieck ob der spektakulären Ereignisse über Jahre hinweg immer wieder ein dankbares Objekt gewesen. Über geheimnisvolle, dunkle Mächte wurde ebenso ausführlich spekuliert wie über Ufos, die dort ihre Basis haben und nicht entdeckt werden wollen.

Für alle aufgetretenen Merkwürdigkeiten im Bermudadreieck gibt es nach Ansicht von Dr. Claes Rooth, ehemals Meteorologe an der Universität Miami, durchaus Erklärungen. Hauptursache für Unfälle in diesem Gebiet seien die im dort herrschenden Klima urplötzlich und ungewöhnlich heftig hereinbrechenden Unwetterkatastrophen, meistens örtlich eng begrenzt und ganz rasch. Auch andere Meteorologen sehen als Hauptursache die Kräfte der Natur und die Unberechenbarkeit der menschlichen Reaktion. So verursachte ein Orkan Anfang Mai 1975 für drei Millionen Dollar

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Schaden an abgestellten Flugzeugen auf dem Flugplatz Fort Lauderdale, obwohl sich in der Stadt selbst kein Lüftchen regte.

„Wir machen viele Male im Jahr die Erfahrung, daß die Kräfte der Natur und die Unberechenbarkeit der menschlichen Reaktion sogar die phantastischsten Science-fiction-Geschichten übertreffen“, bestätigte ein Sprecher der Küstenwacht. Der 7. Bezirk der US-Küstenwache in Miami, der für den größten Teil des Bermudadreiecks zuständig ist, erhält jährlich mehrere tausend Notrufe aus dieser Region - und in den meisten Fällen finden die Retter die Gesuchten. „Mysteriös, mystisch, übernatürlich? Sehr unwahrscheinlich!“ versicherte schon vor Jahren ein Küstenwacht-Sprecher. „Dieses Gebiet, als dessen Grenzen man üblicherweise Bermuda, Florida und Puerto Rico betrachtet, mag auf den ersten Blick eine sehr hohe Verlustquote aufweisen; aber andererseits muß man auch den Flug- und Schiffsverkehr in diesem Bereich in Betracht ziehen. Tausende von Schiffen, kommerziellen und privaten Flugzeugen überqueren die Gewässer vor Floridas Ostküste. Die Mehrzahl aller Vermißtenmeldungen in diesem Bereich kann man auf seine einmaligen Naturgegebenheiten zurückführen: Erstens kann der Golfstrom, turbulent und reißend, rasch alle Anzeichen eines Unglücks verwischen; zweitens schlägt das Wetter im Karibischen Meer oft so schnell um, daß ohne Vorwamung Gewitter und Wasserhosen entstehen und Piloten oder Navigatoren plötzlich mit einer Katastrophe konfrontiert werden. Die Topographie des Meeresbodens im Bereich zwischen San Juan und Bermuda schwankt von ausgedehnten Untiefen bei den Inseln bis zu einigen der tiefsten Gräben der Welt.

Durch das Zusammenwirken starker Strömungen über vielen Riffen verändert sich die Topographie ständig und

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kann dem Seefahrer schnell zum Verhängnis werden. Nach Ansicht der Küstenwache ist nichts daran geheimnisvoll, wenn Schiffe oder Flugzeuge gerade in diesem bestimmten Teil des Ozeans verschwinden.“

Nicht das Geheimnisvolle, sondern das Außergewöhnliche war es, das zahlreiche Forscher ihr Interesse am Bermudadreieck entdecken ließ. „Eddies“ ist beispielsweise der Name, den Ozeanographen gewaltigen, oft Hunderte von Seemeilen umfassenden Wasserrotationen gegeben haben. Forschungsprogramme unter amerikanischer, sowjetischer, kanadischer, britischer, französischer und deutscher Mitwirkung waren in den letzten Jahren diesen Riesenwirbeln und Strömungen im östlichen Nordatlantik und im berüchtigten Bermudadreieck gewidmet. Fomin, der Leiter einer sowjetischen Forschergruppe, erklärte, in dem legendären Seedreieck gebe es nichts, was einen Wissenschaftler in Erstaunen versetzen könne. „Nichts erscheint und verschwindet plötzlich“, sagte er und wies jede übernatürliche Erklärung für die Meereswirbel im Seegebiet zurück.

Auch plötzlich weit ausschlagende oder kreisende Kompaßnadeln, durch heftige Turbulenzen oder unverhofft auftretende grobe See beeinträchtigt, gelten unter geschulten Navigatoren nicht als problematisch.

Natürlich konnten die tatsächlichen Unglücksursachen vor allem in den Fällen, in denen es keine Überlebenden gab oder keine Wrackteile gefunden wurden, nicht mit Sicherheit geklärt werden. Recherchen von interessierten Joumalisten, Buchautoren und Forschern ergaben aber, daß die Meere nicht nur im Bermudadreieck viele Geheimnisse bergen. So sind seit 1850 auf dem Nordatlantik nahezu 200 Schiffe verschwunden oder aus unbekannten Gründen von ihren Besatzungen aufgegeben worden. „Was mich so bestürzt“, sagte Rooth, „ist der pseudowissenschaftliche Anstrich

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dieses Partygeschwätzes - aber die Leute wollen es ja glauben.“

Geisterschiffe auf allen Meeren Auf allen Meeren sind Geisterschiffe unterwegs, die Seefahrer

aller Nationen erschauern lassen. Allein die Durchsicht der Logbücher verschiedener europäischer Kauffahrteischiffe zwischen 1831 und 1885 ergab zahlreiche Meldungen über derartige Erscheinungen. Der Fliegende Holländer zählt zu den berühmtesten Seegeschichten. Seit Jahrhunderten segelt dieses Unglücksschiff auf den Meeren rund um das Kap der Guten Hoffnung und bringt Tod und Verderben über jedes Schiff, das seinen Weg kreuzt. Unsterblich wurde die Legende vom Fliegenden Holländer durch die gleichnamige Oper von Richard Wagner.

Der Legende zufolge geriet das Schiff 1641 von Ostindien kommend auf der Heimfahrt nach Amsterdam in einen fürchterlichen Sturm. Kapitän Hendrik Vanderdecken hatte nicht warten wollen, bis er sich legte, und statt dessen Gott und die Welt mit den Worten verflucht, er wolle lieber bis zum Jüngsten Tag unterwegs sein, statt die Segel zu reffen. Für diese Blasphemie wurde er damit bestraft, immer weitersegeln zu müssen, ohne jemals einen Hafen erreichen zu können, es sei denn, er fände einen anderen Kapitän, der bereit wäre, einen Brief von ihm anzunehmen, in dem er um Vergebung bittet. Im Laufe der Jahre stellte es sich heraus, daß jeder Seemann, der mit dem Holländer in Berührung gerät, dem Untergang geweiht ist. Die berühmteste Begegnung mit dem Schiff erlebte 1881 Prinz Georg, der spätere König Georg V. von Großbritannien, als Augenzeuge. Er befand sich an Bord des MS „Bacchante“ auf einer Kreuzfahrt um die Welt. Seine Eintragung ins Logbuch: „11. Juli 1881.

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Während der Mitternachtswache kreuzte der sogenannte Fliegende Holländer unseren Bug. Sie erschien zuerst als merkwürdig rotes Licht, wie von einem vollständig glühenden Schiff, in dessen Mitte Masten, Spieren und Segel, scheinbar die einer normalen Brigg, leuchteten, ungefähr 180 Meter von uns entfernt, und trat deutlich hervor, als sie herankam. Unser Ausguck auf dem Vorderdeck berichtete, sie sei ganz nahe an unserem Backbordbug, wo sie auch der Wachoffizier auf der Brücke ganz deutlich sehen konnte und ebenso unser Achterdeckleutnant zur See, der sofort nach vorn zum Vorderdeck geschickt wurde, um Bericht erstatten zu können. Aber als er dort anlangte, fanden sich weder ihre Spuren noch irgendwelche Anzeichen eines wirklichen Schiffes, weder in der Nähe noch entfernt am Horizont.“

Die Begegnung hatte ein tragisches Nachspiel, das der Prinz ebenfalls festhielt: „Während der Vormittagswache fiel der Seemann, der heute morgen als erster von dem Phantomschiff berichtet hatte, von der Quersaling der Vormarsstenge und war sofort tot.“ Und der Kommandant der „Bacchante“ erlag nach der Ankunft im Hafen einer lebensgefährlichen Krankheit.

Zuletzt soll das Geisterschiff im Oktober 1959 vom Kapitän eines niederländischen Frachters gesehen worden sein. „Es gab ein komisch sausendes Geräusch, dann sahen wir einen riesigen Windjammer genau auf uns zukommen. Seine Segel waren bauchig gefüllt, und wir konnten ganz deutlich einen Mann am Ruder erkennen. Er war so plötzlich und schnell erschienen, daß es keine Ausweichmöglichkeit mehr gab. Aber gerade in dem Moment, in dem er mit unserem Schiff hätte zusammenstoßen müssen, verschwand er in der Dunkelheit.“

Auch Amerika hat sein Geisterschiff, die“ Palatine“, die seit 200 Jahren die nordamerikanische Küste befährt. Ihr

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besonderes Kennzeichen: Sie scheint vom Vordersteven bis zum Heck zu brennen. Bei der „Palatine“ soll es sich um ein holländisches Auswandererschiff handeln, das 1752 über den Atlantik nach Amerika segelte. Vor Rhode Island geriet es in einen Sturm, bei dem der Kapitän ums Leben kam und das Schiff fast völlig zerstört wurde. Die Mannschaft meuterte offensichtlich anschließend, stahl alles, was ihr in die Hände fiel, besetzte die Rettungsboote und überließ die Passagiere ihrem Schicksal. Steuerlos trieb das Schiff einige Tage auf See, bis es vor Long Island auf Grund lief und die erschöpften Passagiere an Land taumelten. Einheimische glaubten, an Bord reiche Beute plündern zu können. Die Meuterer hatten jedoch alles Wertvolle mitgenommen. Wutentbrannt steckten die Plünderer das Schiff in Brand und ließen es auf die offene See hinaustreiben. Seitdem soll die „Palatine“ immer am Jahrestag der Tragödie brennend gesichtet worden sein.

Seit hundert Jahren symbolisiert die „Mary Celeste“ alle auf rätselhafte Weise verlassenen Schiffe. Die Literatur über dieses Rätsel ist so umfangreich, daß die Marinebibliothek der Atlantic Mutual Insurance Company in New York damit einen ganzen Raum füllte. 1861 war die amerikanische Brigantine zunächst auf den Namen „Amazon“ getauft worden.

Am 5. Dezember 1872 war sie als „Mary Celeste“ von einem Briten völlig verlassen zwischen Lissabon und den Azoren mit gesetzten Segeln durch die ruhige See fahrend aufgefunden worden. Der ziellose Kurs war dem britischen Kapitän eigenartig vorgekommen. Als er ein Kommando an Bord schickte, fanden die Männer alle Anzeichen dafür, daß die Mannschaft die „Mary Celeste“ plötzlich und unter dramatischen Umständen verlassen haben mußte - und aus unverständlichen Gründen. Essensreste, halb gerauchte

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Pfeifen und Tabak sowie nicht zu Ende geführte Arbeiten lagen herum.

Das Logbuch verriet, daß bis zum 25. November alles normal verlaufen war - und dann: kein weiterer Eintrag. Was sich in den darauffolgenden zehn Tagen abspielte, ist unbekannt. Weder vom Kapitän noch von der Mannschaft wurde je eine Spur gefunden.

Weshalb das Schiff von seiner Besatzung aufgegeben worden war und selbst spurlos verschwand, dafür fanden Untersuchungskommissionen mehrere relativ sachliche Erklärungen, ohne sie jedoch beweisen zu können. Der Engländer Peter Haining spekuliert in seinem Buch „A Dictionary of Ghosts“ über Poltergeister.

So könnte ein Poltergeist die Männer veranlaßt haben, das Schiff zu verlassen. Er beruft sich dabei auf andere Quellen, die meinen, wenn Poltergeister Menschen dazu bringen könnten, ihre Häuser aufzugeben, dann könnten sie das Leben an Bord eines Schiffes ähnlich unerträglich machen. Ähnliches könnte auch auf anderen verlassenen Schiffen geschehen sein, wie auf der französischen „Rosalie“, die 1840 entdeckt wurde, oder auf der amerikanischen „Carol Deering“, die 1922 menschenleer gefunden wurde. Auch das weitere Schicksal der „Mary Celeste“ war nicht gerade normal.

Zwölf Jahre, nachdem sie verlassen gefunden wurde, lief sie vor Haiti auf ein Riff. Ein mißtrauischer Versicherungsagent in Boston sammelte Beweise dafür, daß Kapitän Parker in betrügerischem Einvernehmen mit anderen eine falsch ausgewiesene Fracht befördert und das Schiff absichtlich auf Grund gesetzt hatte.

Der Kapitän wurde mit drei weiteren Angeklagten wegen Baratterie vor den Bundesgerichtshof in Boston gestellt. Ein Schuldspruch im Sinne der Anklage hätte die Todesstrafe

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nach sich gezogen. Der alte reumütige Parker erweckte aber das Mitleid der Geschworenen, die ihn freisprechen, die anderen aber verurteilen wollten, was der Richter nicht zuließ.

Das Verfahren endete mit einem uneinigen Geschworenengericht. Die Angeklagten wurden freigelassen. Kurz darauf wurde ein Angeklagter wahnsinnig. Ein Mitarbeiter eines der beteiligten Schiffahrtsunternehmen beging Selbstmord. Sämtliche Firmen, die in den Betrug verwickelt waren, gingen rasch pleite, die letzte schon sechs Monate nach dem Prozeß.

Der Fluch des Pharaos Was wäre die Filmwelt ohne den „Fluch des Pharaos“? Was ist

er aber wirklich? Alles andere als ein dunkler Fluch. Er ist vielmehr ein gruseliger Unterhaltungsstoff wie der „Fluch des Hope-Diamanten“ und ähnliche schicksalsschwere Märchenflüche.

Entstanden ist er wohl durch den frühen Tod Lord Camarvons, der als Geldgeber zusammen mit dem englischen Archäologen Howard Carter 1922 die Mumie des jugendlichen Pharaos Tut-ench-Amun entdeckte. Unwissenheit, Aberglaube, Nervenkitzel und eine mit der Sensationslust spekulierende Presse waren die Schöpfer dieses Fluchs. Von der „Strafe für den Frevler“ wurde gesprochen, als Carnarvon am 6. April 1923, drei Wochen nach einem Moskitostich, starb. Die Schlagzeilen der Presse dazu: „Die Rache des Pharaos“ oder „Ein neues Opfer des Tut-ench-Amun-Fluches“.

Die Botschaft kam an; war die Entdeckung des Königsgrabes damals doch eine Weltsensation, über die Presse, Film und der damals entstehende Rundfunk ausführlich

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berichteten. Und wie konnte es anders sein, als daß den Berichterstattern mangels Kenntnisse in Ägyptologie mancher Fehler unterlief. Der eine oder andere hielt sich auch schon mal an seine Phantasie, um Unkenntnis zu übertünchen oder trockene Nachrichten aufzumöbeln.

Die Mär vom Pharaonenfluch war perfekt, als nach dem Tod Carnarvons die Nachricht auftauchte, bei den Ausgrabungen sei auch eine Tontafel gefunden worden, mit der Inschrift: „Der Tod wird auf schnellen Schwingen zu demjenigen kommen, der die Ruhe des Pharaos stört.“

Es störte sich jedoch niemand daran, daß es auch andere Fassungen dieses angeblichen Fluches gab - und schon gar nicht daran, daß es dieses Tontäfelchen nicht mehr gibt. Es ist noch nicht einmal fotografiert worden wie sonst all die anderen Fundstücke. Dennoch - der Glaube ist mächtig. Und somit glauben auch heute noch viele, dieser Fluch wirke bis in unsere Tage. So mancher billige Film- oder Fernsehkrimi machte sich dies zunutze, um auf den bewußten schnellen Schwingen zu schnellem Geld zu kommen, was wohl eher dunklen Mächten entspricht. Der Tod des ach so „verfluchten“ Lord Carnarvon führte zu einer Automation des Fluchs. Die weiteren Opfer wurden schlichtweg numeriert, so wie in den 80er Jahren die Presse die Starfighter-Abstürze der Bundesluftwaffe zählte. Da sprang der 78jährige Lord Westbury aus dem Fenster seiner im siebten Stock gelegenen Wohnung und war auf der Stelle tot. Sein Sohn, angeblich ehemals als Sekretär Carters an den Tut-ench-Amun-Ausgrabungen beteiligt, lag tot in seiner Wohnung, „obwohl er abends in bester Gesundheit zu Bett gegangen war. Die genaue Todesursache konnte nie festgestellt werden.“

Dann starb Archibald Douglas Reid, als er eine Mumie röntgen wollte. Als Nummer 21 auf der Todesliste des Pharaos registrierte die Presse den Ägyptologen Arthur Weigall,

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der plötzlich einem „unbekannten Fieber“ erlag. Eine Zeitung schrieb angesichts des mysteriösen Todesreigens: „Ein Gruseln geht durch England.“ Und das Gruseln wurde kräftig weitergeschürt. Als A. C. Mae, der zusammen mit Carter die Grabkammer geöffnet hatte, starb, wurde kurzerhand verschwiegen, daß er schon lange Zeit vorher krank gewesen war. Durch „Selbstmord in geistiger Umnachtung“ setzte Aubrey Herbert, ein Halbbruder Lord Carnarvons, seinem Leben ein Ende. Gleichfalls ein „Insektenstich“ soll dann im Februar 1929 für den Tod von Lady Elizabeth Carnarvon verantwortlich gewesen sein. Mehr als 20 Menschen waren bis dahin dem „Fluch des Pharaos“ angeblich zum Opfer gefallen. Der tatsächliche Fluch des Pharaos dürfte aber wohl darin gelegen haben, die britische Presse durcheinandergebracht zu haben - sie war sich nicht so recht einig über die tatsächliche Anzahl derer, die ;,ihrem“ Fluch zum Opfer gefallen waren. Auch spätere Veröffentlichungen setzten auf die dunkle Macht des Fluches. Meist schrieben sie die rätselhaften Todesfälle unbekannten, geheimnisvollen und stets todbringenden Sicherungen zu, wie z. B. Gift, Bakterien, Radioaktivität, kosmische Strahlung und anderes, mit denen die alten Ägypter ihre Königsgräber geschützt hätten. Ausgerechnet Howard Carter, der eigentliche Entdecker, war es, der von den engeren Beteiligten noch 1930 von der Rache Tut-ench-Amuns verschont geblieben war. Das konnte und durfte nach dieser beispiellosen Pressekampagne nicht sein. Und prompt warf das „Schicksal seine Schatten voraus“, wie es in einer Meldung über ein weiteres Opfer des Pharaos hieß. Der Unglückliche hieß ebenfalls Carter, lebte aber in den USA und war unter ungeklärten Umständen tödlich verunglückt. Unheilschwanger orakelte die englische Presse, mit dieser Züchtigung seiner Familie warne der Pharao den Entdecker seines Grabes.

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Jetzt endlich platzte einigen ernsthaften Archäologen der Kragen, und die Sensationsjournalisten traf der Fluch der Experten. Howard Carter sprach von „lächerlichen Geschichten“ und einer „Abart der gewöhnlichen Geistergeschichten“. Ein Forscher gehe „an seine Arbeit gewiß mit Ehrfurcht und heiligem Ernst, aber ohne jenen gruseligen Schauer, dessen geheimnisvollem Reiz die nach seelischen Sensationen dürstende Menge so leicht erliegt“. Lebensgefahr beim Überschreiten der Grabesschwelle habe nie bestanden, da das Grab erwiesenermaßen auf seine Keimfreiheit sorgfältig untersucht worden sei.

Der deutsche Ägyptologe Prof. Georg Steindorff räumte 1993 mit einer Reihe von Falschmeldungen auf. So war der Mr. Carter aus Amerika nicht im geringsten Grade mit Howard Carter verwandt, sondern hatte für die Presse glücklicherweise nur den gleichen Namen. Auch die beiden Westburys, Vater und Sohn, hatten überhaupt nichts mit dem Grab, seiner Ausräumung oder mit der Mumie zu tun gehabt. Und schließlich führte Steindorff den schlagendsten Beweis gegen den „Fluch des Pharaos“: Er besteht in keiner Inschrift und wurde auch nie ausgesprochen. Vor lauter Sensationslust fragte auch kaum jemand danach, wie alt eigentlich jene Wissenschaftler geworden sind, die eines „vorzeitigen oder unnatürlichen Todes“ starben, weil sie mit Grab und Mumie Tut-ench-Amuns zu tun hatten. Prof. James H. Breasted wurde 70 Jahre, Prof. Norman de Gans Davies 71 Jahre, Georges Foucart 81 Jahre, Sir Alan Gardiner Ranze 84 Jahre und Prof. Herbert Winlock 66 Jahre. Letztlich errechnet sich bei den „verfluchten Grabschändern“ ein durchschnittliches Lebensalter von 74,4 Jahren. Für die damalige Zeit lag es damit deutlich höher als bei den nicht verfluchten Durchschnittseuropäern. Trotzdem, der Mythos hielt sich und wurde gepflegt - ungeachtet der Aufklärung von Carter: „Das

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ägyptische Totenritual hat für den Lebenden keinen Fluch dieses Inhalts, sondern nur eine Aufforderung, dem Toten fromme und wohlwollende Wünsche nachzusenden.“

Astrologie - die Kunst des Glaubens

Sterndeuter und ihre Kunst, die Astrologie, sind fester Bestandteil menschlicher Kulturentwicklung. Je nach Entwicklungsstand dieser Kultur verstanden es deren Verfechter, ihre Wissenschaft mit geheimnisvollen Mächten zu umgeben. Heute haben sie den Computer - für viele immer noch ein unbegreifliches Ding - zum Fenster in die Zukunft gemacht. Letztendlich ging und geht es aber um die Kunst des Glaubens, und für nicht wenige Wahrsager um die Kunst, ihr Geld zu mehren. Denn wer möchte nicht glauben, eine glückliche Zukunft stehe ihm bevor? Schrecknisse zu prophezeien, lehnen Astrologen in der Mehrzahl ohnehin ab, weil sie befürchten, die Verantwortung aus den Reaktionen der Betroffenen nicht tragen zu können. Der kulturelle Umgang mit der Astrologie macht den Stellenwert ihrer Bedeutung aus. Wenn in der indischen Kultur sogar wichtige Geschäftsentscheidungen nur nach Beratung mit einem Astrologen getroffen werden, jedes bessere Hotel einen Hausastrologen engagiert, hat dies für diesen Kulturkreis wohl seine tiefere Bedeutung. Wenn Jimmy Carter als US-Präsident nicht abgeneigt war, auf die Macht der Sterne zu hören, so hat der glücklose Präsident wohl die Quittung bekommen. Die mittelalterliche Entscheidungsfindung á la Wallenstein ist heute sicher nicht mehr als das Klammern an die Hoffnung. Trotzdem, die geheimnisvolle Macht der Astrologie, die gerne den Nimbus einer Wissenschaft hätte, ist ungebrochen. Mittlerweile gibt es in Europa wie in den USA dreimal so viele eingetragene Astrologen wie Chemiker

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und Physiker. Lawinenartig zugenommen hat die tägliche Veröffentlichung von Horoskopen, nicht weil die Zeitungsredaktionen davon überzeugt sind, sondern weil es aus Konkurrenzgründen fester Bestandteil des Leserservice wurde. Die Urheber dieser Zeitungshoroskope haben oftmals mit Astrologie wenig am Hut, vielmehr mit ihrem Bankkonto, das dann aus im dunkeln bleibenden Quellen gespeist wird. So wunderte sich Anfang der 70er Jahre eine Münchner Zeitung, warum sich laut Horoskop ihre Leser immer wieder mal gegen mannigfache Gefahren versichern lassen sollten. Der Horoskopautor mußte dann erfahren, daß ihn die Sterne selbst belogen hatten - er verlor den Auftrag. Mit dem Aufruf, astrologischen Voraussagen und Empfehlungen keinen Glauben mehr zu schenken, hatten sich schon im Herbst 1975 in den USA 186 führende Wissenschaftler, darunter 18 Nobelpreisträger, an die Öffentlichkeit gewandt. Die Astrologie entbehre jeder, selbst der geringsten wissenschaftlichen Grundlage, sie sei nichts als Aberglaube. Der Erfolg war gleich Null, Glaube oder Aberglaube waren stärker. Auch heute noch gilt: Astrologen lassen sich durch Widersacher und Widerlegungen nicht von ihrem Kurs abbringen. Die Sterne lügen nicht, beharren ihre Deuter.

Aber auch beim 5. Astrologie-Weltkongreß in Luzern im Mai 1993 gelang der Beweis nicht, daß der Charakter eines Menschen vom Tierkreiszeichen seines Geburtsdatums beeinflußt wird. Obendrein haben die besten Interpreten von Sternenkonstellationen in wissenschaftlich kontrollierten Experimenten der vergangenen zehn Jahre kläglich versagt, dem Anspruch der Astrologie gerecht zu werden, berichtete der Kongreßbeobachter und Journalist Manfred Poser.

Prognosen künftiger Ereignisse sind demnach schon gar nicht gelungen. „Was vorhergesagt wurde, traf nicht ein, und was eintraf, war nicht vorhergesagt worden“, schrieb der

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Australier Geoffrey Dean, der seit 20 Jahren kritisch die Astrologie begleitet, nach einem seiner Versuche. Seine Quintessenz formuliert er in seinem zum Standardwerk gewordenen Buch „Recent Advances in Natal Astrology“: „Astrologie braucht nicht wahr zu sein, um zu funktionieren; und entgegen den Behauptungen der Astrologen sind authentische Geburtsdaten unnötig.“

Dennoch glaubt nach Umfragen jeder dritte erwachsene Mitteleuropäer an Astrologie. Einer von 10000 Menschen bemüht sich im Durchschnitt ernsthaft, die Sterndeutung zu erlernen. Mondknoten-Astrologie, Uranus/Neptun-Konjunktion, Astrologische Psychosynthese und Solarhoroskop sind Themen für Partygespräche und waren es auch in Luzern.

Wozu die Astrologie imstande ist, bewies der im Mai 1991 gestorbene Franzose Michel Gauquelin. Er hatte seit 1955 etwa 50000 Geburtsdaten gesammelt und die entsprechenden Planetenkonstellationen mit dem Computer überprüft. Das Ergebnis - von manchen als Sensation gewertet - war der „Mars-Effekt“, den er an 570 Spitzensportlern demonstrierte: Sie werden demnach überzufällig häufig geboren, wenn der rote Planet gerade aufgeht oder im Zenit steht.

Bei 508 deutschen Nazigrößen stand nach seinen Berechnungen öfter als erwartet Jupiter im Zenit oder ging auf. Bei 3142 Offizieren und Befehlshabern erwies sich nach Gauquelin der nach dem Kriegsgott Mars benannte Erdnachbar als entscheidend. Gauquelin ließ in seiner „Neo-Astrologie“ nur noch die vier Planeten Mars, Venus, Jupiter und Satum sowie den Mond als charakterprägend gelten; die „Häuser“ ersetzte er durch „Plus-Zonen“: Aszendent, Deszendent, Kulminationspunkt und sein Gegenüber.

Dafür wurde er von Kollegen wie ein Aussätziger behandelt. Zermürbt schied er aus dem Leben. Was bleibt von

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seiner Arbeit? Der „Mars-Effekt“ bröckelte bei Nachprüfungen bereits und ließ sich nur für prominentere Sportler (noch) nicht widerlegen. Dennoch bleiben Gauquelins Theorien Gegenstand von Kontroversen, Modifikationen und Neuüberprüfungen.

Die meisten Astrologen operieren laut Poser mit dem Leitsatz „wie oben, so unten“. Die „Synchronizität“ - der zeitliche Zusammenhang von Unzusammenhängendem - des Schweizer Psychologen Carl Gustav Jung wird gern zitiert, und auch der „Himmel im Menschen“ (Astrum in corpore), an den der vor 500 Jahren geborene Medizin-Reformer Paracelsus geglaubt hat.

Astrologen sind heute keine mythenumwogten Geheimwissenschaftler mehr, sie haben nach Jahrhunderten des Mystizismus Licht ins Dunkel ihrer Macht gebracht und sich mit Institutionen gesellschaftsfähig gemacht. Führende Institutionen in Deutschland und den Alpenländern sind der Deutsche Astrologen-Verband in Freiburg, die Kosmobiologische Gesellschaft in Wuppertal, die Astrologische Studiengesellschaft in Hamburg und das Astrologisch-Psychologische Institut (API) in Adliswil (Schweiz). Mehrere Denkschulen vertreten eigene Thesen und haben treue Anhänger, deren Glaube anscheinend Planeten bewegt. Geoffrey Dean schreibt, dieser Glaube entstehe, „weil astrologische Interpretationen dazu neigen, allgemein gültig zu sein, und wir dazu neigen, eine Interpretation mit Strategien zu überprüfen, die dazu bestimmt sind, jene zu bestätigen“.

Der Erfolg der Astrologie dürfte wohl letztlich in dem Umstand liegen, daß Menschen sich eher an eintreffende Voraussagen erinnern und Unzutreffendes vergessen, wenn sie an die Astrologie glauben. Sie laufen sogar Gefahr, sich unbewußt so zu verhalten, wie ihr Tierkreiszeichen es will. Astrologen müßten ihre Verantwortung kennen, meinte

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Dean, und Erich Modersohn von den Kosmobiologen riet, die modernen Sterndeuter sollten ehrlich zugeben: „Von da ab ist entscheidend, inwieweit der von mir beurteilte Mensch mitwirkt.“

Nostradamus und die

Wiedervereinigung Zu den größten prophetischen Sehern der Weltgeschichte

zählt Michael Nostradamus, am 14. Dezember 1503 in St. Remy in der Provence als Sohn eines Notars geboren. Ursprünglich Pharmazeut, fand er sogar ein Mittel gegen die Pest seiner Zeit. 1529 bestand er an der Universität von Montpellier sein Doktorexamen der Medizin mit größter Auszeichnung. Zunächst Universitätsdozent, später praktischer Arzt, überkam den berühmten Pestarzt um 1550 das Faustische. Beim Lesen okkulter Schriften, die er dem Feuer übergab, überfiel ihn die erste Inspiration, und plötzlich hatte er die Fähigkeit, Ereignisse der Zukunft zu erkennen. Er wurde weltberühmt, vor allem durch seine Centurien. Immer wieder wurden seine bis ins Jahr 2050 reichenden Voraussagungen der Weltgeschichte interpretiert. Und wie es Interpretationen so an sich haben, findet sich immer etwas, was, man glauben will. So gilt beispielsweise N. Alexander Centurio als einer der bedeutendsten Nostradamus-Interpreten. Joachim G. Leithäuser läßt ihn in seinem Werk „Das neue Buch vom Aberglauben“ die Nostradamus-Weissagung zur Wiedervereinigung Deutschlands deuten:

„Deutschland, von Nostradamus wiederholt der Bronzebart genannt, wird nach seiner Wiedervereinigung etwa im Jahre 1955 noch eine Weile abseits stehen und sich selbst am Bratspieß rösten“. Das scheint auf allerlei innenpolitische Auseinandersetzungen und Umwälzungen hinzuweisen. Jedenfalls:

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in den Konflikt der Westmächte mit den Arabern greift Deutschland hier noch nicht ein, weil es mit diesen Völkern in ihrem Kampf um Freiheit und Lebensraum sympathisiert. Dann aber kommt ein deutscher Fürst aus den entferntesten Gegenden auf einen goldenen Thron; das heißt mit anderen Worten: ein deutscher Herrscher, der im Ausland weilte, wird sehr wahrscheinlich mit Hilfe der anglikanischen Mächte als Regent eingesetzt, und zwar in einem Deutschland, dessen wirtschaftliche Verhältnisse sich ganz bedeutend gehoben haben. Das geschieht in der Zeit, „in der die Dame nach schweren Prestigeverlusten auf dem Meere dient“, also wenn sich Frankreich (die Dame Marianne) im katastrophalen Niedergang befindet. Diese Prophezeiung dürfte sich etwa um 1970 erfüllen. Dieser deutsche Fürst stellt dann das Machtpotential seines Landes den anglikanischen Mächten zur Verfügung. Wir finden daher gegen Ende des 20. Jahrhunderts Frankreich nicht nur völlig isoliert, sondern zu einer Macht zweiten Ranges herabgesunken.“

Diese Nostradamus-Deutungen enthüllen nach Meinung von Leithäuser einen Grundzug des Aberglaubens, der in alten Zeiten ebenso deutlich erkennbar ist wie in der Gegenwart. Wilhelm Gubisch, der Entlarver des Hellseh-Schwindels, spricht vom „Verifikationsphänomen“ bei den Aussagen der Hellseher: die Glaubensbereitschaft der Anhänger wirkt sich so stark aus, daß sie - ohne betrügen zu wollen - den Angaben des Hellsehers einen richtigen Inhalt beilegen. Gubisch sagt in diesem Zusammenhang: „Das Denken ist, seines kritischen Charakters beraubt, zum traumanalogen Denken geworden. Zweifel und Nachprüfungswille, wie sie normalerweise zu wirken pflegen, sind herabgemindert oder annulliert.“

Wenn in der Nostradamus-Prophezeiung die Wiedervereinigung Deutschlands „etwa im Jahre 1955“ stattfindet, dann

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ist es gleich, ob sie sich in Wirklichkeit mit der Wende in der DDR 1989 anbahnte. Als die Wiedervereinigung noch nicht Realität war, saß für den „Gläubigen“ Ludwig Erhard auf dem „goldenen Thron“, und Willy Brandt war der „Herrscher, der im Ausland weilte“. Bei genügender Interpretationsphantasie wird Nostradamus wohl auch im Jahr 2050 noch recht behalten.

Träume und ihre Deutung

Die Traumdeutung ist aus der menschlichen Kulturgeschichte nicht mehr wegzudenken. Man mag davon halten, was man will. Den meisten geht es damit wie mit Zeitungshoroskopen - sie werden gelesen, und man ist versucht, daran zu glauben. Seit alters her waren Träume für die Menschen etwas Unheimliches. Erst die Wissenschaft hat ihren den Schatten des Unheimlichen genommen, was dem Reiz der Traumdeuterei zumindest den Unterhaltungswert nicht genommen hat. So glaubte man, Träume seien am wahrhaftigsten, wenn sie nach Mitternacht gegen Morgen geträumt werden. Nach einem anderen Glauben sind Träume in der ersten Nacht nach dem Vollmond am bedeutsamsten, oder auch in der Weihnachts- oder Neujahrsnacht. Auch Träumen in einem neuen, oder fremden Bett sowie in einer neuen Wohnung wurde besondere Bedeutung beigemessen.

Der Volksmund weiß: Träume gehen in Erfüllung, wenn man sie dreimal oder in der Geburtstagsnacht träumt. Wenn man um Mitternacht einen Fisch ißt, so sollte der nächste Traum in Erfüllung gehen.

Vor schlimmen Träumen glaubte man sich bewahren zu können, wenn man abends vor dem Zubettgehen an die Bettlade klopfte. Lattich sowie den Wurzeln der weißen Seerose schrieb man vorbeugende Wirkung gegen sexuell

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erregende Träume zu, Sellerie sollte dagegen solche Träume auslösen. Mädchen legten entweder Leinsamen oder vierblättrigen Klee oder einen nicht berührten Kranz unter das Kopfkissen und erwarteten daraufhin, ihren künftigen Ehemann im Traum zu sehen.

Die Bedeutung der einzelnen Gegenstände und Motive, die in Träumen erscheinen können, liegt nicht eindeutig fest, da ganz offensichtlich auch regionale Unterschiede eine Rolle spielen. Helmut Hiller, der alte Bräuche und Volksweisheiten zu einem Lexikon des Aberglaubens zusammenstellte, listet einige auf:

-Äpfel, im Winter geträumt, bedeuten Ankündigung des Todes,

nach anderem Glauben jedoch Liebesglück. -Betrunkensein bedeutet Übel, Schande und Laster;

verschiedentlich Reichtum. Trunkenheit ohne Wein verheißt Unglück. Trunkenheit von süßem Wein Glück.

-Bier bringt Streit. -Birnen: Gelbe Birnen bedeuten Tod in der nächsten

Verwandtschaft. -Blut kündigt Feuer oder Tod eines Blutsverwandten an. -Blutegel versprechen finanziellen Gewinn. -Bohnen künden Streit, Verdruß, Not. -Butterbrot: Ein Brief ist zu erwarten. -Dach: Fällt man vom Dach, so wird man wachsen.

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-Dampf kündigt eine Beerdigung an. -Eier lassen Streit erwarten, zumal faule Eier; nach

andererDeutung bringen geträumte Eier jedoch Glück. -Elstern bedeuten Unheil. -Erdbeeren: Sicheres Geld ist zu erwarten. -Essig: Streit und Verdruß, wenn Essig getrunken wird. -Rauchendes Feuer: Streit und Verdruß, auch Prügel; nach

anderem Glauben jedoch Glück und große Freude. -Fische: Kleine Fische bedeuten Streit und Verdruß. Wer faule

Fische fängt, dessen Streit endet schlimm, bei frischen gibt es ein gutes Ende. Nach anderem Glauben soll man mit Schlangen zu tun bekommen. Von Fischen zu träumen sollte auch auf den Tod eines Bekannten oder Hausgenossen hindeuten. Träumt eine Schwangere von einem Fisch, so glaubte man, daß ihr Kind stirbt. Anderwärts meinte man, daß von Fischen kommende Träume gute Nachrichten anzeigten, auch Geld. Verschiedentlich galten diese Träume als Regenankündigung.

-Fleisch: Ißt man im Traum selbst zubereitetes Fleisch, so

verheißt das Glück. -Fuchs bedeutet Gesundheit und Wohlergehen, aber man

bekommt es mit hinterlistigen Leuten zu tun. -Geld bedeutet Streit und Verdruß.

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-Gold verheißt Glück. Goldstücke, die man armen Leuten geschenkt hat, künden großes materielles Glück.

-Grün deutet auf eine Leiche hin. -Haare: Ihr Verlust kündigt einen Todesfall an. -Hochzeit: Todesfall in der näheren Umgebung. -Honig verheißt Dinge, auf die man vorher nicht zu hoffen

gewagt hatte, auch Klugheit. -Hunde bedeuten Streit und Verdruß. -Kamm: Großer Ärger steht bevor. -Kleider: Findet man die eigenen nicht, so wird man

irgendwohin gehen wollen, aber nicht ankommen. -Leiche: Eine Hochzeit steht bevor. -Mahlzeit: Eine große Mahlzeit deutet auf Tod in der näheren

Umgebung. -Mäuse: Streit und Verdruß. -Musik: Streit, der den Träumenden nichts angeht; macht er aber

selbst Musik, dann wird ihn der Streit betreffen. -Perlen kündigen Tränen an. -Schlangen: Streit und Verdruß sowie Tod im näheren Umkreis.

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-Zwiebel: Träumt ein Kranker, er esse viele Zwiebeln, so wird er

gesund; träumt er aber, er esse wenig Zwiebeln, so stirbt er, denn die Verstorbenen weinen wenig. Träumt man, man werde mit Zwiebeln gekrönt, so bedeutet das Gewinn, für die Nahestehenden aber Schaden.

Dr. Faustus: Die Literatur gewordene

dunkle Macht Kein anderer repräsentiert die dunklen, teuflischen

Magiermächte wie Georg Faust, Generationen als Dr. Faustus literarisch bekannt. Georg Faust, der von etwa 1480 bis 1536 oder 1539 lebende, legendäre Magier und stets um neue Erkenntnisse Ringende, fesselt die Menschen seit Jahrhunderten. Historiker, Literaten, Maler und Musiker schlug der „Teufelsbündler“ in seinen Bann.

Faust ist längst gesellschaftsfähig geworden, gehört zur guten Bildung. Sein Pakt mit dem Teufel, dem Inbegriff dunkler Macht, muß hier nicht beschrieben werden, seine literarische Gegenwart ist mindestens ebenso interessant.

Wer faustische Neigungen verspürt, vergräbt sich am besten in der Anna-Amalia-Bibliothek der Stiftung Weimarer Klassik. Mit rund 13000 Bänden in der Faust-Abteilung und kostbaren Ausgaben in anderen Spezialsammlungen besitzt sie einen der vielfältigsten Bestände zum Thema.

Von der ersten literarischen Erwähnung 1565 im Frankfurter „Locorum Communium“ über die Goethesche Schöpfung bis zur neuesten Ausgabe des „Faust“ als Comic seien fast lückenlos alle Varianten und Bearbeitungen des historischen Faust-Themas in Weimar zu finden, erklärte Günther Mühlpfordt einer Journalistin der „Ärzte-Zeitung“, die sich Anfang 1993 in einem Kulturbeitrag mit Faust befaßte. Seltene Erstausgaben wie die des holländischen Faustbuches

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von 1592 gehören dazu, aber auch Faksimiledrucke wie die „Historie Von Doctor Fausten“ aus dem Jahr 1587 von Johann Spieß, von der es weltweit nur noch drei vollständige Exemplare gibt. Faustlieder und Puppenspiele, Buchillustrationen und Bühnenentwürfe beweisen den literarischen Rang faustischer Macht. Christopher Marlowes Drama „Doktor Faustus, das den Faust erstmals tragisch sieht, findet sich ebenso, wie Werke von Gotthold Ephraim Lessing, Christian Dietrich Grabbe, Nikolaus Lenau, Heinrich Heine, Thomas Mann und Michail Bulgakow dort ihren Platz haben.

Weltweite Berühmtheit erlangte der Faust-Stoff gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als sich Johann Wolfgang von Goethe seiner annahm. Bereits 1790 schrieb er „Faust. Ein Fragment“; „Faust I“ erschien 1808; am zweiten Teil der Tragödie arbeitete der greise Dichter bis in sein Todesjahr 1832.

Musiker wie Franz Schubert und Carl Friedrich Zelter, Hector Berlioz, Franz Liszt und Richard Wagner wurden von Faust inspiriert. Zu großer Bedeutung gelangten auch bildliche Darstellungen des Stoffes.

Goethe, der anfangs seinen „Faust“ für malerisch nicht umsetzbar hielt, akzeptierte schließlich Illustrationen von Moritz Retzsch und Eugene Delacroix. Auch im 20. Jahrhundert griff die bildende Kunst das Thema auf, so Ernst Barlach in seinem Holzschnittzyklus „Walpurgisnacht“.

Das besondere Interesse heutiger Besucher gilt jedoch nach den Recherchen der Zeitung den Faust zugeschriebenen Zauberbüchern wie „Höllenzwang“ und „Praxis magica“, von denen die Weimarer Bibliothek allein 20 besitzt. Diese Werke des Aberglaubens, die zumeist als handgeschriebene Exemplare verbreitet waren, fesseln durch ihre magischen Zeichen, seltsamen Figuren und Geheimschriften. Christliche Symbole, Tierkreise und Drudenfüße sollten Teufel abwehren, bestimmte

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Formeln einen Pakt mit überirdischen Mächten herbeizaubern. Während die Weimarer Schätze unter Gelehrten einen weltweiten Ruf haben, sind sie in der Stadt selbst vielen unbekannt. Selbst zu einwöchigen Schülerveranstaltungen der Bibliothek meldeten sich bisher fast nur Gymnasiasten aus den alten Bundesländern, um bestimmten Themen nachzugehen und wissenschaftliches Arbeiten zu erlernen. Das soll sich nach dem Willen von Bibliotheksdirektor Michael Knoche ändern, berichtete die „Ärzte-Zeitung“. Er hofft auf einen Erweiterungsbau, um die Sammlung der Öffentlichkeit nicht nur im Lesesaal zugänglich machen zu können.

Die Macht der Magier Die Praktiken der Magier zur Erzeugung von hypnotischen

oder hypnoseähnlichen Zuständen und zur Erregung von Suggestionen und Halluzinationen - Dampf von starkriechenden Kräutern, Verwendung von Gift und Rauschmitteln, Starren auf Kristall oder blinkende Gegenstände, Erzeugung monotoner Rhythmen - erinnern an die Mittel der Zauberer und Medizinmänner in primitiven Kulturen. Der Magier des Mittelalters und der Medizinmann im Urwald scheinen verwandt, etwa wenn sie eine gespannte Zuhörerschaft durch stundenlanges monotones Murmeln in jenen Zustand versetzen, der sie zu willfährigen Werkzeugen des Beschwörers macht. Diese Suggestibilität des Menschen, die besonders deutlich in Angst-, Erregungs- und Übermüdungszuständen hervortritt, ist keineswegs von der Höhe der Intelligenz oder des Bildungsgrades abhängig und ist heute ebenso wie einst vorhanden. Schon Aldous Huxley schrieb im Nachwort seines Buches „Die Teufel von Loudun“: „Kein Mensch, so hochzivilisiert er sein mag, kann lange afrikanischen Trommeln,

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indischem Psalmodieren oder walisischem Kirchenliedersingen zuhören und seine kritische und bewußte Persönlichkeit unbeeinträchtigt bewahren. Es wäre interessant, eine Gruppe der hervorragendsten Philosophen der besten Universitäten zu nehmen, sie in einen heißen Raum mit marokkanischen Derwischen oder haitischen Voodooisten einzuschließen und mit einer Stoppuhr die Stärke ihres psychischen Widerstandes gegen die Wirkungen rhythmischer Klänge zu messen. Wir können mit Sicherheit voraussagen, daß jeder einzelne unserer Philosophen, wenn er den Tamtams und dem Singsang lange genug ausgesetzt wäre, dabei enden würde, im Verein mit den Wilden umherzuspringen und zu heulen.“ Über solche hintergründigen Gedanken grübelte man in früheren Zeiten nicht nach. Die magischen Experimente wirkten direkt auf die Gesellschaft. Sollte jemand, etwa am Hofe des Kaisers, die Geistererscheinungen nicht wahrgenommen haben, so würde er sich wohlweislich gehütet haben, das auszusprechen, um nicht unangenehm aufzufallen. Als einer der bekanntesten Magier der Geschichte gilt Cornelius Agrippa, 1486 als Heinrich Cornelius in Köln geboren. Er schrieb das dreibändige Werk „De occulta philosophia“, das zum Standardwerk der Magie wurde. Revolutionär war, daß Agrippa versuchte, die Zauberkunst zu entzaubern und als Wissensystem darzustellen. Kein Wunder, daß er als Hexenverteidiger oft im Widerspruch zur herrschenden Klasse stand.

Geistheiler im Bunde mit dunklen Mächten?

Geistheiler - für jeden Schulmediziner ein Reizwort, für Todkranke oftmals die letzte Hoffnung. Sind sie im Bunde mit Mächten, die sich einer rationalen Erklärung entziehen, oder

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sind sie mit außergewöhnlichen Kräften gesegnet? Ihre Erfolge sind jedenfalls nicht so einfach von der Hand zu weisen. Ein Londoner Psychiater wies die Schulmedizin, die sich über Jahrhunderte hinweg ohnehin als engstirnig erwiesen hat, mit einem biblischen Beispiel in ihre Schranken:

„Ich bin das Licht der Welt“, sagte der Heiler zum Blinden. Dann spuckte er auf die Erde. Mit dem Speichel knetete er einen Teig, strich ihn dem Blinden auf die Augen und wies ihn an, sich in einem nahe gelegenen Teich zu waschen. Der Mann tat wie geheißen und konnte schlagartig sehen.

Wäre ein westlicher Schulmediziner des 20. Jahrhunderts dabeigewesen - er hätte den Heiler, nämlich Jesus Christus (Johannes-Evangelium 9,1-2), möglicherweise wegen eines Verstoßes gegen das Arzneimittel- und Heilpraktikergesetz angezeigt, schrieb der Medizinautor Harald Wiesendanger Anfang 1993 in einer Fachzeitschrift. Den wundersamen Heilerfolg selbst täte er vermutlich unter Hinweis auf Spontanremissionen, Suggestionen und Placeboeffekte ab: Denn dafür, daß „Geistheilung“ per se wirkt, fehle doch jeglicher wissenschaftliche Beweis. Den Hauptgrund einer solchen Abwehrhaltung sieht der Londoner Psychiater Dr. Daniel Benor wissenssoziologisch: „Nach wie vor weigern sich die meisten medizinischen Fachzeitschriften, Studien über geistiges Heilen zu veröffentlichen, deshalb ist die Ärzteschaft mehrheitlich nicht mit ihnen vertraut.“ Dabei gebe es etliche randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien unvoreingenommener Mediziner, Biochemiker, Physiker und Psychologen, an deren wissenschaftlicher Qualifikation kaum zu zweifeln ist.

131 davon, neben zehn Dissertationen vor allem Forschungsberichte in fünf angesehenen Fachzeitschriften für Parapsychologie seit Anfang der 60er Jahre, hat Benor durchgearbeitet.

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Sein Fazit: In 65 Veröffentlichungen fand er hochsignifikante Ergebnisse, in weiteren 21 immerhin noch bemerkenswerte.

So seien in zehn Experimenten mit bis zu 250 Versuchspersonen u. a. Erkrankungen der Herzkranzgefäße, Asthma, Epilepsie, Leukämie, Migräne und postoperative Schmerzen per Handauflegen, Gebet oder Fernheilung behandelt worden - und dies, verglichen mit unbehandelten Kontrollgruppen, oft mit verblüffendem Erfolg. Dabei wußten die Probanden und die Versuchsleiter oftmals gar nicht, wer wann und wie „geistig“ behandelt wurde.

Das Phänomen der Geistheilung beschäftigt längst aufgeschlossene Forscher auf der ganzen Welt. Um vor allem Suggestions- und Placeboeffekte auszuschließen, ist sogar an isolierten Enzymen, Pilzen und Bakterien, Blut- und Tumorzellen experimentell untersucht worden, ob sie auf „Heilenergien“ meßbar ansprechen.

So beeinflußte der britische Heiler Matthew Manning in 16 von 18 Versuchen in vitro signifikant das Enzym Monoaminoxidase (MAO) in Blutzellen, wenn er seine Hände jeweils vier bis fünf Minuten lang in die Nähe der Reagenzgläser brachte. Die mittlere Überlebensrate von isolierten Tumorzellen änderte sich unter seiner Einwirkung um 200 bis 1200 Prozent - selbst von einem anderen, elektrisch abgeschirmten Raum aus, berichtet Wiesendanger.

Das Verdauungsenzym Trypsin regte der kanadische Heiler Oskar Estebany zu einer zehnprozentigen Aktivitätserhöhung an, indem er bis zu 75 Minuten lang seine Hände in die Nähe einer Trypsinlösung brachte. Dieser Effekt trat auch dann ein, wenn das Trypsin zuvor mit UV-Licht bestrahlt wurde, das es gewöhnlich inaktiviert.

Olga Worrall, legendäre Gesundbeterin aus Baltimore, ließ Kulturen des Ruhrerregers Salmonella typhimurium

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schneller wachsen, machte sie beweglicher und widerstandsfähiger gegen Antibiotika.

Auch in Tests mit Pflanzen leisteten Heiler vielfach Erstaunliches: Getreidekörner oder Grassamen keimten und wuchsen erheblich schneller, verglichen mit Kontrollproben gleicher Samen, die ansonsten in derselben Erde gleich tief gepflanzt und gewässert wurden.

Am physikalischen Institut des Agnes-Scott-College in Atlanta, Georgia, wurde bei Gräsern ein vorübergehender Wachstumsschub von durchschnittlich 0,15 auf 1,3 Millimeter pro Stunde festgestellt, nachdem eine Heilerin, 950 Kilometer entfernt, mit gefalteten Händen aktiv wurde. „Wäre Geistheilung ein Medikament - es hätte angesichts dieser Beweislage längst die Zulassung“, meint der Londoner Psychiater Benor.

Soweit also die wissenschaftliche Beweislage. Und wie denkt der Normalbürger darüber? Dieser Frage ging das Luzerner Institut für Markt- und Meinungsforschung nach. Das Ergebnis: Jeder dritte Schweizer zwischen 15 und 75 Jahren glaubt an Geistheilung.

Mehr als jeder zehnte Befragte hat sich schon mindestens einmal „geistig“ behandeln lassen: sei es von Handauflegern, Fernheilern, Gesundbetern, Exorzisten oder „Psychochirurgen“. Unter ihnen bezeichnen mehr als die Hälfte ihre Behandlung als „erfolgreich“ (58 Prozent) insofern, als ihre Beschwerden seither „abgenommen“ haben.

Eine Abkehr von der Schulmedizin will das Institut in seiner Studie allerdings nicht erkennen. 78 Prozent der 513 Befragten gaben an, in sie „größeres Vertrauen“ zu haben. Nur knapp vier Prozent hielten die Kräfte von Geistheilern für überlegen. Ähnlich hohes Ansehen genießen Geistheiler auch in Deutschland, fand das Wickert-Institut bei einer repräsentativen Stichprobe von 1 795 westdeutschen Jugendlichen und

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Erwachsenen 1991 heraus. Demnach würden sich 65 Prozent „einem medizinischen Laien mit besonderen Heilfähigkeiten anvertrauen, wenn sie unheilbar erkrankt sind“. 18 Prozent sind von der Wirksamkeit der Fernheilung überzeugt. Drei Prozent glauben sogar, selbst „heilende Hände“ zu haben. Wunderheilerin mit staatlichem Segen In Bulgarien gelangte eine Heilerin, die noch 1989 im Alter

von 42 Jahren als Journalistin mit Paramedizin und Esoterik überhaupt nichts am Hut hatte, zu staatlicher Anerkennung. Sie, die in Sofia und Dresden Germanistik und bulgarische Literatur studiert hatte, schrieb für die Lokalzeitung von Rousse, einer kleinen Industriestadt nahe der rumänischen Grenze, regelmäßig über Ethik, Erziehung, Kultur und Brauchtum.

Ein grauer Oktobertag 1989 brachte die Wende für Krassimira Dimova. Bei Malerarbeiten im Bad verspürte sie plötzlich einen Stromschlag, der sie innerlich erzittern ließ. Ihr wurde schwindlig. Augen und Stirn schmerzten heftig. Dann erblindete sie vorübergehend. Der Arzt stellte Blutdruck- und Herzrhythmusstörungen fest.

Als Dimova wieder zu sich kam, sah sie die Hand des Arztes in einem Verband und erfuhr von ihm, daß er seit zwei Wochen an einer schmerzhaften Sehnenscheidenentzündung litt. Unwillkürlich legte sie eine Hand auf den Verband. Der Arzt will sofort „ein starkes Brennen“ gespürt haben. Er zuckte zusammen. „Im nächsten Moment waren meine Schmerzen verschwunden.“ Damit hatte ihre Karriere als „die Dschuna Bulgariens“, als Geistheilerin, begonnen. Wenn sie zu „heilen“ beginnt, scheinen sich ihre Hände selbständig zu machen. „Verwundert schaue ich zu, wie sie Bewegungen ausführen, die

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ich niemals vorher gemacht hatte.“ Die Behandelten spüren Kälte, Wärme, Stechen, einen „Stromfluß“, einen undefinierbaren Schmerz an der betreffenden Stelle. Ein Gerichtsmediziner sowie eine Chirurgin wurden auf das Phänomen aufmerksam. Sie werteten 146 Fälle aus, in denen Kranke im Alter von drei bis 82 Jahren vor und nach Behandlungen bei der Heilerin klinisch untersucht worden waren: Dabei ging es u. a. um Bettnässen, Sehstörungen, Asthma, tiefe Schnittwunden und Muskeldystrophie bis hin zu Krebs.

In ihrem Gutachten vom B. Mai 1990 bescheinigen sie der Heilerin, daß sie fast immer „eine positive Wirkung erzielt“ habe: „Eine Verschlechterung des Zustandes ist bei keinem der Patienten festgestellt worden. Nur bei zwei Kranken blieb die Behandlung ohne Einfluß.“

Im Juni des gleichen Jahres stellte sich Krassimira Dimova einem mehrwöchigen Test im Militärkrankenhaus von Rousse, wobei sie 40 Patienten mit teilweise schwersten chronischen Erkrankungen fünf- bis zehnmal die Hände auflegte. Das abschließende Gutachten „No. 463“ vom 2. Juli 1990 bescheinigt Dimova, sämtliche Behandelten „positiv beeinflußt“ zu haben. Auch habe sie bei einem Diagnosetest mit fünf zuvor ärztlich untersuchten Krebspatienten Lage und Größe, Gut- oder Bösartigkeit der Tumoren ausnahmslos zutreffend beschreiben können. Dimovas Fähigkeiten seien „sowohl für diagnostische als auch für therapeutische Zwecke bei akuten und chronischen Erkrankungen“ verwendbar.

Die Kommission kam zu der Überzeugung, „daß große Chancen in der Zusammenarbeit zwischen der Schulmedizin und Frau Dimova liegen“.

Wenige Monate später zog der bulgarische Staat eine sensationelle Konsequenz daraus: Am 10. Dezember 1990, so berichtete die „Ärzte-Zeitung“, stellte das „Nationale Zentrum

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für Phytotherapie und Volksmedizin“ eine amtliche Urkunde „Nr. 289-BT“ aus, in der „hiermit bestätigt wird, daß Frau Krassimira Dimova... ihre Heilungs- und Diagnosefähigkeiten bewiesen hat“. Deshalb „darf sie ihre Tätigkeit in jeder öffentlichen Krankenanstalt ... in Bulgarien ausüben“.

Ihr Segen scheint allerdings auch gleichzeitig ihr Leid zu sein. „Oft fühle ich mich sehr schlecht. Ich habe starke Schmerzen in der Stirngegend, erblinde minutenlang, habe extrasystole Arrhythmien. Manchmal schwellen meine Hände an und platzen auf.

Bei einem Krebskranken lief Blut aus den Poren meiner Handfläche.“ Die Ärztekommission stellte während des Handauflegens „große Schwankungen des Blutdrucks“ fest, „bis zum Kollaps mit Verlust der Bewegungsaktivität“, ebenso wie Phasen „kurzfristiger Blindheit für fünf bis zehn Minuten“.

PSI-Heilung

Als eines der heikelsten Themen auf dem Gebiet des Paranormalen gilt die PSI-Heilung, da die Schulmedizin für deren Erfolge keine Erklärung hat. Nach Prof. Holzer gibt es verschiedene Verfahren, so beispielsweise das mediale Heilen im engeren Sinn, das heißt durch das direkte Einwirken eines Mediums, in dessen Gegenwart die Heilung stattfindet. In allen Fällen bewirke ein Energiestrom Veränderungen im körperlichen und geistigen Zustand des Patienten, wenn die Heilung erfolgreich ist.

Beim physischen Heilen findet fast immer eine Berührung durch den Heiler statt, und zwar durch Handauflegen, Streicheln und manchmal durch Manipulationen, die denen eines Chiropraktikers ähneln.

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Schließlich gibt es Heiler, die sich nur als Vermittler betrachten

und die Heilwirkung einer übernatürlichen Kraft zuschreiben. Eine dieser Heilenden ist Kathryn Kuhlman aus Pittsburgh, die leugnet, selbst irgendwelche heilenden Fähigkeiten zu besitzen, und alles der Gottheit zuschreibt. Hier scheint die Grenze zwischen dem medialen Heilen und der religiösen Ekstase fließend zu sein. Schulmediziner betrachten Heilungen, die unter solchen Bedingungen erfolgten, als Folge von Autosuggestion. Zu einer verwandten Gruppe zählen die medialen Chirurgen, wie der bereits verstorbene Arigo in Brasilien oder der Filipino Tony Agpao, der von manchen allerdings auch als Betrüger bezeichnet wird.

Die überwiegende Mehrheit der Heiler zählt zur medialen Gruppe. Ihre Gedankenemanationen bewirken die Heilung, wobei mitunter der Patient nicht einmal anwesend sein muß, wenn er im richtigen Augenblick auf die Gedankenfrequenz des Heilers eingestimmt ist.

Daß an außergewöhnlichen Heilungen etwas sein muß, können selbst gläubige Katholiken kaum in Abrede stellen. Immerhin gibt es einige Heilstätten, die Kranken, denen die Schulmedizin keine Hilfe mehr angedeihen lassen kann, ohne Zutun eines menschlichen Mediums immer wieder Heilung bringen. Der bekannteste dieser Orte ist der katholische Wallfahrtsort Lourdes.

Umstritten ist, wodurch Geistheilung wirkt. Holzer verweist auf die Körperelektrizität, die von manchen Menschen zum Zwecke der Heilung gesteigert werden kann. Wenn man die Existenz der menschlichen Aura als den Sitz der Persönlichkeit akzeptiere, dann werde die Heilmethode klar.

Demnach sendet der Heiler, der über genügend Kraft verfügt, seine Energie in die Aura des Patienten, und zwar in jene Gebiete, von denen seine hellsichtige Fähigkeit ihm sagt, daß dort eine Störung vorliegt.

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Krankheit ist in den Augen des Heilers nur eine Störung in der

Aura und kann dadurch beseitigt werden, daß man den normalen Zustand der Aura wiederherstellt. Der Körperteil, der dem behandelten Teil der Aura entspricht, werde daraufhin rasch genesen.

Die Magie der Kurpfuscher

Vor allem in ländlichen Gebieten war eine Magie verbreitet, die schlichtweg kriminelle Züge aufwies. Diese Form der Volksmedizin hatte nichts mehr mit der Weisheit von Kräuterweiblein zu tun, vielmehr mit Widerwärtigkeiten. Einige Beispiele der Magie dieser Kurpfuscher:

-Leidet jemand an Bettnässen, rührt man mit dem Urin des

Betreffenden einen Pfannkuchen an, den er essen muß. Drei Wochen lang muß diese Kur alle zwei Tage wiederholt werden.

-Gegen andere Krankheiten wird dem Leidenden von seinem

Urin eingegeben, der vorher gekocht sein muß. Gegen Nierensteine: Kot von dreijährigem Kind in der Sonne einige Tage in Wasser destillieren lassen und hiervon morgens nüchtern und abends vor dem Schlafengehen einnehmen. Das zerbricht den Stein im Menschen.

-Gegen entzündete Augen: Blase dem Patienten pulverisierten

Menschenkot in die Augen. -Gegen Mandelentzündung: Wickle einer Natter einen

rotseidenen Faden einige Male um den Hals, daß sie damit stranguliert wird und erstickt, und binde dann diesen Faden dem Kranken um den Hals.

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-Gegen die Gelbsucht: Läuse, auf Butterbrot genossen,

vertreiben die Krankheit.

Das Geheimnis der Steine Steine, besonders wenn sie wertvoll funkelnd Begehrlichkeit

weckten, verzauberten zu allen Zeiten die Menschen. Manche schreiben ihnen auch heute noch heilsame Wirkungen zu. Esoteriker wollen sie vor allem aus Quarz, Diamant, Opal und Turmalin gewinnen.

Der Achat soll beispielsweise Mut verleihen und das Herz stärken, Regen anziehen und Schlangenbisse heilen. Der Bergkristall sei gut gegen Schwindelanfälle und Seekrankheit, stille Blutungen und stoppe Durchfall. Der Rubin wehre Fieber ab, verhüte Fehlgeburten und vertreibe Melancholie. Auffallend ist aber, daß sich die Kristallanbeter recht uneinig über die Wirkung der einzelnen Steine sind - und so erinnert wohl eher alles an die alten Aberglauben-Rezepte. Trotzdem: Wie man Stein-Energien zur Meditation und zum Heilen nutzt, können Gläubige in teuren Kursen lernen. Da werden die Steine mit Wasser oder Eukalyptus „gereinigt“, mit Sonnenlicht „aufgeladen“, mit Gedanken „programmiert“ und bestimmten Energiezentren des Körpers zugeordnet. Wissenschaftler halten die Lehre von den verborgenen Energien der Steine für Spinnerei. Neu ist dieser Aberglaube keineswegs, nur die Vermarktungsmethoden sind andere geworden. Denn schon im Altertum galt der Diamant z. B. als unbezwingbar, nur frisches, warmes Bocksblut sollte ihn erweichen können. Er galt daher als Sinnbild heroischer Tugenden und als siegbringend. Seinen Träger sollte er unbezwingbar und unverwundbar machen. Wegen seines feurigen Glanzes trugen ihn die Menschen auch als Abwehrmittel gegen böse Dämonen und die von ihnen verursachten

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Krankheiten. Auch vor Hundebiß und vor wilden Tieren sollte der Diamant schützen sowie Schwangeren eine gute Niederkunft sichern. Auch die oben angeführte neue Weisheit über den Bergkristall ist alles andere als neu. Nicht nur gegen Schwindelanfälle wurde er im Altertum eingesetzt, sondern, pulverisiert, auch gegen Ruhr und Brüche.

Vorsicht vor Unglückstagen Tage, an denen der Mond abnimmt, galten vielfach als

Unglückstage. Dazu kamen - regional unterschiedlich - die geraden oder ungeraden Monatstage, wobei aber überwiegend die ungeraden Daten als unheilvoll galten. Besonders unglücklich sind die Siebenertage: der 7., 17. und 27. jedes Monats, vor allem aber der 7. und auch der durch sieben teilbare 28., selbstverständlich aber auch der 13. Unter den Wochentagen hat man den Montag, Mittwoch und Freitag häufig als Unglückstage angesehen, dazu den Aschermittwoch und den Karfreitag. Die christliche Überlieferung machte den letzten Montag im April zum Unglückstag, weil Kain seinen Bruder Abel an diesem Tag erschlagen haben soll, den ersten Montag im August, an dem angeblich die Städte Sodom und Gomorrha untergingen, und den letzten Montag im November, der als Geburtstag von Judas Ischarioth gilt. Nach anderen Versionen gilt allerdings der 1. April als Geburtstag des Judas, zuweilen auch als Tag, an dem er sich erhängt habe oder an dem der Teufel aus dem Himmel gestoßen worden sein soll. Für dieses letzte Ereignis wird auch der 1. August genannt, wie auch der 1. Dezember als Datum der Zerstörung Sodoms und Gomorrhas bekannt ist. Alle diese Tage galten da und dort als Unglückstage. Auch Peter und Paul am 29. Juni wurde zum Unglückstag erklärt, „weil da zwei regieren“, was eben nicht gutgehen kann.

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Spezielle Tage, an denen man nicht reisen sollte, waren

landschaftlich verschieden - der 3. März, der 17. August sowie der 1., 2. und 30. September. In früheren Jahrhunderten waren handschriftliche und gedruckte Verzeichnisse und Kalender in Umlauf, die 42 Tage des Jahres zu Unglücks-oder verworfenen Tagen erklärten:

Januar: 1., 2., 6., 11., 17., 18. Februar: 8., 16., 17. März: 1., 12., 13., 15. April: 3., 15., 17., 18. Mai: 8., 10., 17., 30. Juni: 1., 7., 10. Juli: 1., 5., 6. August: 1., 3., 18., 20. September: 15., 18., 30. Oktober: 15., 17. November: 1.,7.,11. Dezember: 1., 7., 11.

Man prophezeite für diese Tage allgemein Unheil; alles mißlingt, was man unternimmt. Besonders die an diesen Tagen Geborenen sollten entweder nicht lange leben oder arm und glücklos bleiben. Hochzeiten an diesen Tagen hätten schlechte Ehen mit Streit, Armut und Treulosigkeit zur Folge. Reisen an diesen Tagen würden krank und unglücklich enden, und an diesen Tagen begonnene Bauten, Saaten und Pflanzungen würden mißlingen. Wenn man sich an einem Unglückstag Haare schneiden läßt, wachsen sie nicht mehr, sagte man.

Unheimliche Kommunikation Manchen Menschen scheinen Kommunikationsmittel zur

Verfügung zu stehen, die unerklärlich erscheinen, gleichwohl funktionieren sie offenbar. Am ehesten sind wir noch

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bereit, Instinkte zu akzeptieren. Geht es um Telepathie, Gedankenlesen oder Hellsehen, dann herrscht Skepsis.

Telepathie Als Telepathie wird eine Form der Gedankenübertragung

bezeichnet, die sich offenbar direkt von Verstand zu Verstand vollzieht. Dazu gehört auch das Gedankenlesen. Wird über Telepathie gesprochen, tauchen als Beweise unvermeidlich militärische Versuche auf, die in den USA und der ehemaligen Sowjetunion zur Nachrichtenübermittlung angestellt worden sind oder sein sollen. Berichte sprechen von Versuchen mit mehr als 90prozentigem Erfolg zwischen Sendern auf dem Festland und Empfängern an Bord von getauchten U-Booten. In der UdSSR sollen sogar einmal fast 100prozentige Resultate zwischen Moskau und Wladiwostok erzielt worden sein.

Möglicherweise stellt die Telepathie einen heute verkümmerten Teil unserer Sinne dar. Allein die Tatsache, daß manche Tiere Empfindungsmöglichkeiten haben, deren Funktionen heute noch nicht völlig geklärt sind, könnte nachdenklich machen. Von Thomas von Aquin geht die Rede, er habe mühelos die Gedanken der Menschen lesen können.

Ahnungen und Visionen

„Ich hab's doch geahnt“ - heute nichts weiter als eine Redensart, ursprünglich aber vielleicht weitaus mehr. Wer hat nicht schon davon gehört, daß jemand den Tod eines nahestehenden Verwandten als Vision oder Ahnung voraussah? Anhänger der Theorie von den Ahnungen meinen, daß bei einem solch elementaren Ereignis wie dem Tod Kräfte

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freigesetzt werden, die die vergessene Gabe der Telepathie für einen Augenblick wieder durchbrechen lassen. Eigenartig ist auch, daß diese Phänomene offenbar besonders häufig in Kriegszeiten erlebt werden und sich Ahnungen vom Tod eines Angehörigen wenig später amtlich bestätigten. Es gibt kaum eine Familie der Kriegsgenerationen, in der solches nicht erlebt worden ist. Auch die Ahnung vom bevorstehenden eigenen Tod scheint in Kriegszeiten keine Seltenheit zu sein. Freud zitiert den Fall einer Tschechin, die in die Vereinigten Staaten emigriert war. Eines Tages im Jahre 1939 empfand sie plötzlich große Angst, sie war verzweifelt, denn sie glaubte zu wissen, daß ihre Mutter in der Heimat in diesem Augenblick starb. Zwei Tage später traf ein Telegramm ein und bestätigte den Tod der Mutter zu dem Zeitpunkt, als die Tochter ihre Angstzustände hatte.

Auch von unerklärlichen Hilferufen ist immer wieder die Rede. In der einschlägigen Literatur findet man beispielsweise folgende Geschichte:

Der Ruf eines Kindes Als Fred Trusty eines Tages in seinem Garten in Panesville bei Cleveland (USA) arbeitete, überkam ihn plötzlich eine eigenartige, unerklärliche Empfindung. Er drehte sich um und blickte über den kleinen See am Ende seines Gartens. Alles war ruhig. Er wollte gerade seine Arbeit Wiederaufnehmen, als er das Gefühl hatte, auf geheimnisvolle Weise gerufen zu werden. Wieder blickte er über den See. Jetzt entdeckte er eine Kappe, mitten auf dem Wasser.

Ohne zu zögern, rannte der Mann hin und sprang ins Wasser. Auf dem Seegrund sah er den Körper eines Kindes. Es war sein Sohn, dem er das Leben retten konnte. Einen erstaunlichen Fall von Telepathie im Jahre 1937 recherchierte der amerikanische Journalist George Langelaan. Demnach interessierte sich der

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Polarforscher Sir Hubert Wilkins sehr für dieses Phänomen. Eines Tages beauftragte man ihn, schnellstens eine Arktis-Expedition vorzubereiten, um den sowjetischen Flieger Lewanewsky zu retten. Dieser war bei einem Flug von Rußland nach Amerika über dem Pol verschwunden. Einer von Wilkins' Freunden, Harold Sherman, der gleichfalls Experimente mit Gedankenübertragung machte, schlug Wilkins vor, mit ihm während der Dauer seiner Reise in telepathischer Verbindung zu bleiben.

Dreimal wöchentlich sollte sich Sherman zwischen 18.30 und 19 Uhr „empfangsbereit“ halten. An den vereinbarten Tagen sollte der Forscher zur verabredeten Zeit Einzelheiten über den Verlauf der Expedition gedanklich ausstrahlen. Außerdem vereinbarten sie, daß Sherman seine „Eindrücke“ jedesmal schriftlich niederlegen und sofort an Dr. Gardner Murphy, Chef der parapsychologischen Forschungen an der Universität von Columbia, weitergeben solle. Außerdem wurden noch zwei Zeugen für das Experiment gewonnen. Nachdem die Expedition aufgebrochen war, erschwerten die atmosphärischen Bedingungen die Übertragung, außerdem ließen sich die vereinbarten Zeiten nicht immer einhalten.

Trotzdem: Sherman fing die wesentlichen Gedanken von Wilkins erstaunlich genau auf, was seine Aufzeichnungen bewiesen. Ein Vergleich aus den Tagebüchern: In der Nacht des 14. März 1938 hatte Sherman geschrieben: „Ich glaube, Sie haben einen Riß am Schwanz des Rumpfes entdeckt und haben ihn reparieren können. Dann scheint es mir, als sähe ich, wie Sie im vollen Flug eine Handpumpe betätigen. Einer der Motoren qualmt, schwarzer Rauch steigt daraus auf, und ich höre, wie Ihr Motor spuckt, als ob Sie mit dem Vergaser Schwierigkeiten hätten.“

Wilkins' Tagebuch bestätigt den Riß. Weiter liest man: „Im Laufe des Tages, als wir während des Fluges den Tank

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wechseln wollten, habe ich etwas zu lange gewartet und mußte dann wie wild pumpen, um einen Motor wieder anzuwerfen, weil er stillzustehen drohte. Das alles dauerte nur eine oder zwei Minuten, aber ich mußte den ganzen Tag an diesen Vorfall denken.“

Und so gibt es eine Reihe von Beispielen telepathischer Kommunikation während dieser Expedition.

Charles-Dickens-Roman aus dem

Jenseits „Geist, bist du da? Ein Klopfzeichen bedeutet ja, zwei Zeichen

nein.“ So beginnen die meisten spiritistischen Sitzungen, bei denen ein Medium Kontakt mit dem Jenseits aufnimmt, während die Interessierten mit ihm am runden Tisch die Hände haltend, gespannt der Dinge harren. Wem fällt da schon die Unlogik dieser Frage und Aufforderung auf? Ist der Geist nun da oder nicht, wenn es zweimal klopft? Denn wie kann er mit einem „Nein“-Zeichen antworten, wenn er gar nicht da ist?

In dieser Szene tummeln sich allerhand Scharlatane, bei denen der Geist nirgends außer im Geldbeutel sitzt. Trotzdem gibt es seltsame Fälle, die man glauben mag oder nicht. Zu den berühmtesten zählt die Behauptung, daß einer der größten englischen Schriftsteller des letzten Jahrhunderts, Charles Dickens, seinen letzten Roman nach dem Tode diktierte. Diese Möglichkeit schien auch noch deshalb wahrscheinlich, weil Dickens zu Lebzeiten selbst vom Geheimnisvollen und Phantastischen angezogen war. Mitten in der Arbeit an seinem Roman „Das Geheimnis des Edwin Drood“ starb er 1870. Bis dahin war das Werk als Fortsetzungsroman in einer Zeitschrift veröffentlicht worden. Und plötzlich war Schluß. Die Leser waren enttäuscht, die Zeitung ratlos, bis der junge Drucker

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Thomas P. James, der bei einer alten, der Geisterbeschwörung nachhängenden Dame wohnte, eines Tages behauptete: Er sei in direkte Verbindung mit Charles Dickens getreten und sei von ihm beauftragt worden, seinen Roman zu Ende zu schreiben. Zahlreiche Zeugen berichteten, daß der junge Mann wie ein Wilder, ohne groß nachzudenken, schrieb, so als würde ihm diktiert werden. Niemals verbesserte oder veränderte er etwas. Als Begründung gab er an, er habe hierzu kein Recht. Im November 1873 war der Roman fertig, die Kritiker waren mißtrauisch und bereit, das Werk zu verreißen. Nichts wurde daraus: Der Roman wurde zu einer der großen literarischen Überraschungen jener Zeit. Das Werk las sich so, als hätte Dickens es geschrieben. Und der junge Mann beteuerte erneut, Dickens habe ihm diktiert.

Sir Arthur Conan Doyle schrieb 1927 in einer englischen Literaturzeitschrift, daß Thomas James weder vor noch nach diesem Manuskript jemals irgendein literarisches Talent zeigte. Im Alter von 13 Jahren hatte er die Schule verlassen und war Druckerlehrling geworden. Für ein einziges Buch also schien der junge Amerikaner sowohl den Stil, den Wortreichtum wie auch die Denkweise des Engländers Charles Dickens zu beherrschen.

Kommissar Hellseher

Manche glauben, das Hellsehen zählte zu jenen Fähigkeiten des Menschen, die er im Laufe seiner Entwicklungsgeschichte verloren hat. Unterschwellig kann sich vermutlich kaum ein Mensch dem Glauben an diese Fähigkeit entziehen. In ausweglosen Situationen nehmen sogar Menschen, die sich von Berufs wegen nur an Tatsachen halten dürfen, wie z. B. Kriminalbeamte, die Dienste von Hellsehern an. In Großbritannien hat der Kommissar Hellseher schon Tradition.

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Auch in Deutschland kommt es hin und wieder vor, daß sich ein Hellseher der Polizei zur Verfügung stellt.

Aus dem England des letzten Jahrhunderts stammt denn auch ein klassischer Fall von kriminalistischer Hellseherei, als Scotland Yard den Mord an einem alten Mann aufzuklären versuchte. Den Polizisten kam ein junger Mann zu Hilfe, der am Tatort eine Blutspur betrachtete und plötzlich sagte: „Meine Herren, der Mörder ist ein ganz junger Mann aus guter Familie, ein naher Verwandter des Opfers. Erträgt eine kleine goldene Uhr in der linken Hosentasche.“ Die Polizei war skeptisch, zwei anwesende Journalisten aber neugierig. Sie fragten, wer er sei. Die Antwort: „Cheiro, der große Cheiro.“ Zwei Tage später war Cheiro tatsächlich groß. Die Polizei hatte den mutmaßlichen Täter festgenommen. Es handelte sich um den Sohn des Opfers, und die Beschreibung des Hellsehers paßte genau auf ihn. Dies war der Beginn einer einträglichen Karriere für Graf Louis de Hamon, genannt Cheiro, in London und New York.

Cheiro scheint ein Beispiel dafür zu sein, daß die Fähigkeit des Hellsehens - wenn es sie tatsächlich gibt - tief verborgen ist und auch wieder verschüttet werden kann. Er verlor seine Gabe 1906, worauf er sich zurückzog. 1936 starb er. Andererseits wurde Peter van der Hurk 1943 in einem deutschen Kriegsgefangenenlager bei Rotterdam mit einem Schlag zum Hellseher, als er von einer hohen Leiter fiel und seinen Schädelbruch überstanden hatte. Eine Probe seiner neuen Gabe lieferte er noch im Krankenhaus von Den Haag, als er den Mann im Nachbarbett sah. Er sagte ihm ruhig ins Gesicht, er sei ein schlechter Mensch, sein Vater sei eben erst gestorben und habe ihm eine goldene Uhr vermacht, die er gleich versetzt habe.

Große Aufregung in der Klinik, der verblüffte Patient ergriff die Flucht, ein Psychiater wurde neugierig – das Ergebnis: Einer

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der größten Hellseher war geboren, Peter Hurkos. Er verblüffte vor allem mit seiner Fähigkeit, beim Berühren von Gegenständen, den Besitzer beschreiben zu können. In den Kriegswirren seines Landes kamen zahllose Menschen zu ihm, die Auskunft über den Verbleib von Angehörigen haben wollten. Die holländische Widerstandsbewegung ließ sich Verräter und Spitzel nennen. Angeblich soll Hurkos sich nie geirrt haben.

Mord unter Hypnose Kann man unter Hypnose gegen den eigenen Willen ein

Verbrechen begehen? Dies ist eine Frage, die Wissenschaftler und Psychiater strikt verneinen. Ein dänisches Schwurgericht war 1951 anderer Ansicht und verurteilte den Hypnotiseur Bjorn Nielsen zu einer lebenslangen Haftstrafe. Er war für schuldig befunden worden, den 33jährigen unbescholtenen Arbeiter Palle Hardrupp hypnotisiert und zu einem Banküberfall gezwungen zu haben.

Außerdem sollte er alle töten, die sich ihm in den Weg stellten. Nach Zeugenaussagen wirkte Hardrupp wie ein Betrunkener, als er mit zwei Schüssen den Kassierer tötete. Panik brach aus.

Als der Zweigstellendirektor auf den Bankräuber zuging, wurde er ebenfalls erschossen. Danach zögerte der 33jährige kurz, steckte den Revolver ein und ging ohne Beute auf die Straße hinaus, wo er nach wenigen Metern festgenommen wurde.

Vor Gericht schilderte der Mann, wie es zu diesen Bluttaten kommen konnte. Ein Vierteljahr lang sei er dreimal pro Woche von dem Hypnotiseur bearbeitet worden, die Tat zu begehen. Er habe dagegen angekämpft, sei aber immer wieder gegen seinen eigenen Willen zu ihm gegangen.

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Bjorn Nielsen selbst befand sich zum Tatzeitpunkt mehrere Kilometer von der Bank entfernt und glaubte, damit ein sicheres Alibi zu haben. Doch das Gericht erkannte in ihm den eigentlich Verantwortlichen. Aus einem Zeugen wurde ein Angeklagter. Der ursprüngliche Angeklagte mußte in eine Heilanstalt.

Todesurteil - doch der Tod will nicht Manche Menschen tun sich schwer mit dem Sterben, selbst

wenn sie zum Tode verurteilt worden sind. John Lee wurde am 23. Februar 1895 im Gefängnis von Exeter zum Schafott geführt, weil er eine alte Dame mit 50 Messerstichen getötet hatte.

Die Hinrichtung war wie üblich sorgfältig vorbereitet. Der Strick wurde um den Hals des Todeskandidaten gelegt, mit dem Knoten unter seinem linken Ohr, so daß sein eigenes Gewicht ihm die Wirbelsäule brechen würde. Als der Henker den Hebel für die Klappe betätigte, geschah jedoch nichts. Der zum Tode Verurteilte stand unbeweglich unter seinem baumelnden Strick.

Der Henker ließ den Delinquenten zur Seite führen, kontrollierte den Mechanismus - und da funktionierte er, vor den Füßen des Verurteilten. Die Klappe wurde wieder geschlossen und Lee nochmals daraufgestellt. Ohne das Zeichen des Gefängnisdirektors abzuwarten, zog der Henker an seinem Hebel, der Riegel unter der Klappe sprang wieder mit einem leichten Klick zur Seite, aber die Klappe öffnete sich nicht. Die Prozedur wiederholte sich mehrmals, doch die Klappe blieb geschlossen. Daraufhin hob der Vertreter der englischen Krone das Todesurteil auf. Untersuchungskommissionen und Parlamentsdebatten befaßten sich mit dem Ereignis. Schließlich wurde die Todesstrafe in eine lebenslängliche Gefängnisstrafe

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umgewandelt. Nach einigen Jahren wurde Lee sogar begnadigt. Hatte da der Teufel seine Hand im Spiel? Lee hatte nie geleugnet, die Mordtat begangen zu haben. Er selbst meinte zu seiner Hinrichtung: „Ich glaube, an diesem Tag hat mir eine Macht geholfen, die stärker ist als die Erdanziehung.“ Eine zumindest gerechte Macht schützte 1803 in Sydney einen Einbrecher vor dem Tod durch den Strang. Laut Gerichtsurteil hatte der Mann einen Polizisten erschlagen, der ihn beim Einbruch überrascht hatte. Der Komplize des Einbrechers, der jegliche Beteiligung leugnete, sollte die Hinrichtung mit ansehen. Alle letzten Beteuerungen des Todeskandidaten, nicht er, sondern sein Komplize habe den Mord verübt, halfen nichts - der Strick lag um seinen Hals, die schaulustige Menge wurde ungeduldig, der Mann mußte hängen.

Aber es kam anders. Beim ersten Versuch riß das Seil. Beim zweiten Versuch drehte sich das Seil Faser um Faser auf, so daß es immer länger wurde - bis der Gehängte mit den Füßen den Boden erreichte. Jetzt wurde es der Menge unheimlich. Sie glaubte an ein Gottesurteil, wonach der Einbrecher des Mordes unschuldig war. Ehe es zu einem blutigen Tumult kam, knüpfte der Henker mangels eines neuen Stricks das marode Seil mit einem Knoten zusammen; der Strick riß kurz über dem Hals des Verurteilten. Bevor das vormals schaulustige Publikum seinen Zorn gewalttätig gegen die Staatsmacht richtete, wurde der vergeblich Gehenkte ins Gefängnis geschafft. Spätere Untersuchungen brachten dann tatsächlich seinen Komplizen als Polizistenmörder an den Galgen. Angesichts des Todes gestand er die Tat. Sein verhinderter Vorgänger am Galgen wurde indes gefeiert und aus dem Gefängnis entlassen, was ihn nicht hinderte, seiner Einbruchleidenschaft erneut nachzugehen. Er ertrank bei der Flucht aus der Zwangsarbeit.

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Unruhige Särge Friedhöfe haben für die meisten Menschen ebenjene

Ausstrahlung, die schon im Wort begründet liegt - Frieden. Nachts hingegen entwickeln Friedhöfe in der Phantasie mancher Menschen ein unheimliches Eigenleben. Die besinnliche Ruhe tagsüber wird von undefinierbaren Ängsten abgelöst. Relikte alter Totenkulte scheinen aus dem Unterbewußtsein hervorzukriechen. Das Schaudern und Gruseln ist perfekt, wenn Friedhofswärter von wandernden Särgen erzählen.

Das an Spukgeschichten bestimmt nicht arme England hat auch auf diesem Gebiet einiges zu bieten. So findet sich im Archiv der kleinen Kirche von Stanton in der Grafschaft Suffolk der Bericht über die Beisetzung eines Mitglieds der Familie French im Jahre 1755. Als man die Familiengruft öffnete, fand man alle Särge in Unordnung. Ursprünglich hatte man sie auf Eichengerüsten in zwei Reihen auf beiden Seiten der Gruft aufgestellt. Nun herrschte ein wahres Durcheinander, als hätte man sie hochgehoben und in alle Richtungen geworfen. So stand beispielsweise ein schwerer Bleisarg fast aufrecht an der gegenüberliegenden Wand. Und bei alldem: es gab keinerlei Spuren von Einbrechern, Schloß und Siegel waren intakt.

Mit dem Tanz der Särge kann der Friedhof von Arensburg, einer Gemeinde auf der Insel Ösel vor der Bucht von Riga, aufwarten. Die Legende geht auf den Juni 1884 zurück, als die Pferde von Friedhofsbesuchern schlichtweg in Panik verrückt spielten und zur Ader gelassen werden mußten. Dorfbewohner erinnerten sich, mitunter eigenartige Geräusche aus der Gruft der Buxhoewdens gehört zu haben. Also wurde die Gruft geöffnet, um die Leute zu beruhigen. Doch aus der Beruhigung wurde Aufregung. Alle Familiensärge standen auf einem Haufen

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zusammengedrängt in der Mitte der Gruft. Kein Sarg schien geöffnet. Ratlos schaffte man wieder Ordnung und versiegelte den Eingang zur Gruft. Das half den Pferden der Friedhofsbesucher jedoch überhaupt nichts. Sie gerieten wenig später wieder in Panik. Die Klage der Gemeinde auf Öffnung der unsäglichen Gruft erübrigte sich, die Familie Buxhoewden war aufgrund eines Todesfalles selbst dazu gezwungen. Zeitzeugen zu dem Anblick: Als hätte jemand die Särge tanzen lassen, lagen sie alle in der Gruftmitte auf einem Haufen. Verstört setzte die Familie den Verstorbenen in einer leeren Nische bei und rückte alle Särge wieder an ihren Platz. Nunmehr endgültig ins Gerede gekommen, mußte eine offizielle Untersuchung her.

Der Vorsitzende des Kirchenrates wollte zusammen mit dem Familienältesten dem Spuk ein Ende bereiten. Die Gruft war ordnungsgemäß verschlossen und versiegelt. Und trotzdem - drei Tage nach der Beerdigung waren alle Särge, auch der letzte, in der Mitte des Raumes übereinandergetünnt. Also mußte wieder Ordnung geschaffen werden. Das kümmerte die Särge jedoch wenig, am nächsten Tag boten sie das gleiche Bild, trotz Gruftversiegelung und Wache. Nur zwei Kindersärge und der einer Großmutter hatten diesmal nicht mitgespielt. Nun wollte man den tanzenden Särgen auf den Grund gehen und öffnete sie. Ärzte stellten fest, daß die Leichen nicht berührt waren. Auch alle Schmuckstücke waren vorhanden. Da auch Boden und Mauern der Gruft unbeschädigt waren, schieden Verrückte oder Grabschänder als Spukgeister aus.

Mit kriminalistischem Spürsinn ließ die geplagte Familie eine feine Schicht Holzasche verstreuen, ehe die Gruft erneut versiegelt und bewacht wurde. Auch draußen sollte Holzasche die gespenstischen Scherzbolde überführen. Drei Tage später: Die Wachen meldeten keine außergewöhnlichen

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Vorkommnisse, rund um die Gruft keine Spuren in der Asche, das Siegel intakt. Und in der Gruft selbst? Alle Särge standen aufrecht, mit dem Kopfende nach unten, im Hintergrund der Gruft.

Das Rätsel wurde nie gelöst. Die Arensburger bekamen allerdings insofern Ruhe, als die Familie die Särge an einen anderen Ort bringen und die Gruft zerstören ließ. Ähnlich Schauriges gehört auf der Antilleninsel Barbados zur Kulturgeschichte, ohne daß die Vorgänge jemals enträtselt wurden.

Das Nah-Todeserlebnis

„Plötzlich verließ ich meinen Körper, schwebte an der Decke des Operationssaales, sah meinen Körper unten auf dem Operationstisch liegen, sah, wie Ärzte und Krankenschwestern sich um ihn bemühten, wußte, was sie sagten, und wußte, was meine auf dem Flur wartenden Angehörigen sprachen. Dann befand ich mich in einem langen, dunklen Tunnel, an dessen Ende ein helles Licht leuchtete, dem ich entgegenschwebte. Liebe und Geborgenheit umfingen mich, und ein starkes Glücksgefühl bemächtigte sich meiner. Doch eine Stimme sagte freundlich und mit großer Wärme, daß ich hier noch nicht bleiben könne, sondern wieder umkehren müsse; meine Zeit sei noch nicht gekommen. Ich verspürte einen starken Ruck und befand mich wieder in meinem Körper auf dem Operationstisch.“

So beschrieb ein reanimierter Patient sein Nah-Todeserlebnis während seines klinischen Todes mit Atem- und Herzstillstand nach einem schweren Autounfall.

Bis zu einem Drittel aller Menschen, die schon einmal wiederbelebt wurden oder dem Tode sehr nahe waren, hatten ein Nah-Todeserlebnis. Dies hat die etwa 1000 Mitglieder

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zählende „International Association for Near Death Studies“ (IANDS) herausgefunden. Präsident der amerikanischen Muttergesellschaft ist der Psychiater Bruce Greyson von der Universität von Connecticut.

Das Gallup-Institut sei bei einer Repräsentativumfrage zu ähnlichen Ergebnissen gekommen, berichtete Michael Schröter-Kunhardt, Assistenzarzt am Psychiatrischen Landeskrankenhaus Weinsberg, bei der ersten europäischen Tagung der „Society for Scientific Exploration“ (SSE), Gesellschaft für wissenschaftliche Erforschung, 1993 in München. Menschen, die Nah-Todeserlebnisse gehabt hätten, zeigten nach ihrer Genesung auffällige Veränderungen, berichtete die renommierte deutsche „Ärzte-Zeitung“ von der Tagung: größere Verbundenheit, Toleranz und Mitgefühl mit anderen Menschen, Hinwendung zu sozial-karitativen Tätigkeiten, Abkehr von materialistischen, äußerlichen Wertvorstellungen und Konkurrenzdenken. Es sei sogar zur Heilung psychischer Krankheiten gekommen, zuweilen auch zur völligen Kehrtwendung von Verbrechern.

In verschiedenen kontrollierten Studien ist eine statistisch signifikante Abnahme der Angst vor dem Tod (als Ende) festgestellt worden und auch eine Abnahme neurotischer (Lebens-)Ängste. Fast immer ist damit die absolute Gewißheit verbunden gewesen, daß es ein Leben nach dem Tode gibt, berichtet der Medizinkorrespondent Karl-Heinz Franke.

Nach Schröter-Kunhardt weisen nicht nur in westlichen Kulturen Nah-Todeserlebnisse verblüffende Ähnlichkeiten auf; es handele sich dabei um ähnlich strukturierte Erfahrungen von Menschen aller Zeiten und Kulturen kurz vor dem Tod. Der psychiatrische Assistenzarzt führte bei der Tagung einige Punkte auf, was Nah-Todeserlebnisse seiner Meinung nach nicht sind: So sind sie beispielsweise kein Ausdruck einer psychischen

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Störung, keine Folge einer Vorinformation des Reanimierten, keine Wunscherfüllung, nicht nur ein Archetyp des „kollektiven Unbewußten“ nach C. G. Jung, kein Wiedererleben der Geburt.

Nah-Todeserlebnisse seien auch nicht durch subliminale Wahrnehmung (intraoperative Wahrnehmungen oder im Koma) zu erklären. Im Gegensatz hierzu bestehe während der Nah-Todeserlebnisse stets Schmerzfreiheit.

Unwiderlegbar sei auch die Behauptung, daß Teile der Nah-Todeserlebnisse Realitätswahrnehmungen sind und keine Halluzinationen, war in dem Ärzte-Fachblatt zu lesen. „Wenn ein Patient nach seiner Wiederbelebung nachprüfbar Wahrnehmungen seiner realen Umgebung schildern kann, die er während seines klinischen Todes, also bei Herz- und Atemstillstand und in einigen Fällen auch Aussetzen der Hirnströme, hatte, und wenn der Patient nachher von Handlungen und dem Inhalt von Gesprächen und Gedanken Lebender weiß, dann sind dies keine Halluzinationen“, stellte Schröter-Kunhardt fest.

Wodurch Nah-Toderlebnisse entstehen, ist weitgehend ungeklärt. Es gebe keine Nah-Todeserlebnis-spezifischen Untersuchungsergebnisse, was die beteiligten Neurotransmitter angehe. Die körpereigenen Opiate hätten keine halluzinative Wirkung; ihre Wirkung bei den ersten Stadien der Nah-Todeserlebnisse sei überdies auch nichts Besonderes, da sie bei vielen wichtigen Erfahrungen des Menschen beteiligt seien.

Dagegen scheine die Beteiligung des Serotonins besser gesichert zu sein: Werden serotoninhaltige Neuronen im Mittelhirn beispielsweise durch LSD enthemmt, wird eine „Aktivation des temporolimbischen Systems bewirkt“. Und durch Elektrostimulation des Temporallappens konnten dann auch Lebensfilm- und andere Nah-Todeserlebnis-Bruchstücke

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erzeugt werden. Paranormale Phänomene sind auch im Zusammenhang mit (möglichen) Temporallappen-Epilepsien beobachtet worden.

Da auch bei Patienten, die Nah-Todeserlebnisse hatten, anschließend eine signifikante Zunahme paranormaler Leistungen (beispielsweise Telepathie) festgestellt worden sei, spreche einiges dafür, daß auch in diesen Fällen das temporolimbische System beteiligt sei, sagte der Psychiater. NahTodeserlebnisse seien aber keinesfalls Temporallappen-Epilepsien, die klinisch ein ganz anderes Bild zeigten. Eine Nullinie im Elektroenzephalogramm, also ein Aussetzen der Gehirnströme, sei bei Epilepsien undenkbar, sei jedoch bei einigen Patienten, die Nah-Todeserlebnisse hatten, beobachtet worden.

Insgesamt, so Schröter-Kunhardt, sprächen die vorliegenden Befunde für eine selektive Aktivierung bestimmter neuronaler Strukturen und damit für eine biologisch-genetische Basis von Nah-Todeserlebnissen.

Nah-Todeserlebnisse ließen sich aufgrund dieser Beobachtungen keinesfalls psychopathologisieren, betonte er. Im Gegenteil: „Tatsächlich kommt es ja bei den Nah-Todeserlebnissen, als einer schon phänomenologisch völlig unerwarteten Höchstleistung des menschlichen Gehirns, bei allen Menschen überraschend zu einer extremen Zunahme außersinnlicher und damit außerkörperlicher Wahrnehmung. Die Nah-Todeserlebnisse könnten die biologische Basis aller religiösen Erfahrungen und Vorstellungen von einer unsterblichen Seele sein.“

Nah-Todeserlebnisse im Krankenhaus Dem Tode nahe, soll eine 50jährige Amerikanerin in einem

Krankenhaus in Seattle ihren Körper verlassen haben: Eine

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„unmögliche“ Wahrnehmung scheint dafür zu sprechen, berichtete die „Ärzte-Zeitung“ Mitte 1993. Nachdem die Assistenzärztin Kimberley Clark-Sharp einen Notruf ans Krankenbett von Maria erhalten hatte, stellte sie einen Herzstillstand fest. „Auch die Atmung hatte bereits ausgesetzt“, so die Ärztin. Im letzten Moment konnte Maria wiederbelebt werden. Kaum zu sich gekommen, erzählte sie, sie habe ihren Körper verlassen und sei an die Zimmerdecke geschwebt, von wo aus sie dem Klinikpersonal bei seinen Bemühungen zugesehen habe.

In allen Einzelheiten schilderte sie Art und Abfolge der ärztlichen Maßnahmen. Dann will Maria „zum Fenster hinausgesehen“ haben, „nach unten auf den Parkplatz“: Zum Beweis schilderte sie, welche Autos (Marken und Farben) nacheinander parkten oder wegfuhren. Dann sei sie „nach draußen geschwebt, mehrere Stockwerke entlang“. Dabei habe sie „auf der dritten Etage einen Tennisschuh auf dem Fenstersims liegen“ sehen. Er sei „blau“ gewesen. Ungläubig prüfte die Ärztin nach: Tatsächlich fand sie im angegebenen Stockwerk einen blauen Tennisschuh auf einem Fenstersims. „Mir blieb keine andere Wahl, als dieser Frau Glauben zu schenken“, erklärte Kimberley Clark-Sharp in einem Interview mit dem britischen Fernsehsender BBC 2, der Marias „außerkörperliche Erfahrung“ in seiner Dokumentarreihe vorstellte. „Denn die betreffende Etage hat Maria mit Sicherheit nie betreten, seit sie bei uns eingeliefert worden war. Also muß sie ihren Körper verlassen haben. Denn der war, nach ärztlichen Kriterien, klinisch tot, während Maria ihre Beobachtungen machte.“

Das Gefühl, außerhalb des eigenen Körpers zu sein, erleben Krankenhauspatienten erstaunlich häufig: Fast jeder zehnte berichtet von mindestens einer „außerkörperlichen Erfahrung“ (englisch OBE: out-of-the-body-experience)

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während eines stationären Klinikaufenthalts. Das entdeckte die amerikanische Ärztin Dr. Melodie Olsen, außerordentliche Professorin an der Medical University von South Carolina in Charleston, als sie 200 zufällig ausgewählte Patienten der angeschlossenen Uniklinik befragte.

Von den 109 Frauen und 91 Männern erinnerten sich 31 (15,5 Prozent), sie hätten mindestens schon einmal in ihrem Leben den Eindruck gehabt, ihr Bewußtsein verlasse ihren Körper; 17 von ihnen (8,5 Prozent) wollten dies während des aktuellen oder eines früheren Klinikaufenthalts erlebt haben. „Wenn OBEs derart häufig vorkommen, muß das Pflegepersonal auf sie stärker eingehen als bislang üblich“, meint Olsen. Solche Erlebnisse müßten als eigenständiges Phänomen ernst genommen werden. Olsen: Anders als bei Halluzinationen oder einer schizophrenen Auflösung von Körpergrenzen „scheint die geistige Verfassung eines OBE-Erfahrenen vollkommen intakt“.

Im Unterschied zur Depersonalisation werde eine außerkörperliche Erfahrung „kaum je von starker Angst begleitet - im Gegenteil, sie beruhigt und erfüllt“. Ebensowenig sei sie im allgemeinen als bloßer „Traum“ abzutun. Denn OBEs „sind nicht nur wesentlich realistischer und lebhafter als Träume - häufig treten sie auch im Wachzustand auf“.Verifizierbare Angaben, die nur durch außersinnliche Wahrnehmungen erklärbar sind, können OBE-Erfahrene allerdings nur selten machen. Insofern bleibt Maria ein bemerkenswerter Einzelfall.

Ein Medium spricht mit Sigmund

Freud Plötzlich sagte eine männliche Stimme: „Ich bin Sigmund

Freud.“ Seither fühlt sich ein britisches Medium vom Totengeist Sigmund Freuds geführt. Mit dem Vater der Psychoanalyse

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stehe er in ständiger Verbindung, versichert der Seher Ray Gordon aus Worthing.

Derart fachmännisch unterstützt, eröffnete der psychologische Laie eine Beratungspraxis, in der er „vor allem Menschen mit sexuellen Problemen“ zu helfen versucht - und dies mit psychoanalytischen Mitteln, die ihm Freud aus dem Jenseits „durchgibt“. Im Monatsmagazin „Sussex Live“ erklärte er Anfang 1993 seinen Freudschen Kontakt.

„Kürzlich suchte mich eine junge Frau auf, die an Panikattacken litt. Plötzlich hörte ich eine männliche Stimme sagen: „Ihre Probleme rühren daher, daß sie orgasmusunfähig ist.“ Durch behutsames Nachfragen fand ich daraufhin heraus, daß dies tatsächlich der Fall war.“ Nachdem die Frau gegangen war, hat sich die Stimme zu erkennen gegeben: „Ich bin Sigmund Freud.“

Englands Ärzteschaft ist seither entrüstet. Sie sieht die Gefahr, daß labile Patienten in zu starke Abhängigkeit von einem Therapeuten geraten, der sich auf Ratschläge einer derartigen Autorität beruft. Allerdings ist sich auch Gordon unschlüssig, ob er wirklich die Stimme Freuds hört oder „die eines niederen Geistwesens, das sich wichtig machen will“. Am erstaunlichen Erfolg der Therapien bestehe jedoch kein Zweifel. Und Gordon setzt zum Schrecken der Schulmediziner noch eins drauf: Er will einen Band mit Aufsätzen veröffentlichen, die ihm Freud per automatischer Schrift diktiert haben soll.

Freud contra Jung - ein jenseitiger

Kampf Die beiden großen Kontrahenten der Psychoanalyse, Sigmund

Freud und C. G. Jung, scheinen auch noch nach ihrem Tod als Geister verfeindet zu sein. Wenn sich Freud nun neuerdings

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über das englische Medium Gordon zu Wort meldet, so griff sich sein abtrünniger Schüler Carl Gustav Jung 1985 das österreichische Medium Mirabelle Coudris aus Seewalchen am Attersee. Ende 1990 erschien der dritte Band einer siebenteiligen Buchreihe mit „medialen Botschaften“, in denen der 1961 gestorbene Schweizer Psychoanalytiker zu psychologischen Fragen Stellung nimmt. In der Beratungspraxis von Frau Coudris fungiert er auch als Mentor und Supervisor. Ein langjähriger enger Mitarbeiter C. G. Jungs, seit 1963 Leiter der Züricher „Klinik und Forschungsstätte für Jungsche Psychologie“, Dr. C. A. Meier, räumt bei der Beurteilung des Bandes ein: „Es könnte aus seiner Quelle stammen.“ Uneingeschränkt begeistert ist Rene Coudris, Ehemann des Mediums: „Inzwischen schicken uns aufgeschlossene Psychotherapeuten sogar schon ihre schwierigsten Fallgeschichten. Jung nimmt dann Stellung dazu.“

Es sei jedem selbst überlassen, an den geisterhaften Kampf der beiden Psychoanalytiker zu glauben. Die Fachwelt jedenfalls weiß sich keinen Reim, ihre psychoanalytischen Fähigkeiten versagen.

Der Zauber der Liebe

Je mehr Emotionen im Spiel sind, desto eher ist der Mensch geneigt, an übersinnliche Kräfte zu glauben. Für Liebesangelegenheiten hat das zu allen Zeiten gegolten: Das Geheimnisvolle, Rätselhafte der Liebe legte stets den Gedanken an Zauberei nahe, sei es, daß man erfolgreichen Liebeskünstlern magische Kräfte zuschrieb, sei es, daß man mit Hilfe von Hexen, Zauberern und magischen Mitteln Liebe erwecken wollte. Je nach Zeitalter und Kultur spielen ganz bestimmte Rezepte eine bedeutende Rolle. Am beliebtesten

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sind magische Liebestränke oder der Versuch, mit Hilfe des Bildes der begehrten Person oder eines ihr gehörenden Gegenstandes eine Bezauberung zu bewerkstelligen. Der Glaube an den Liebeszauber hat sich jahrtausendelang bis in unsere Tage erhalten.

Die Rezepte für den Liebeszauber sind meist recht umständlich. So muß man z. B. der geliebten Person, deren Gegenliebe man gewinnen will, heimlich einen Tropfen des eigenen Blutes in eine Speise oder ein Getränk tun. Noch komplizierter sind die Praktiken, wenn ein Mädchen ihren Zukünftigen im Traum zu sehen verlangt.

Danach soll das Mädchen „einen kleinen Zweig von dem Baume nehmen, den man Pappel nennt, denselben mit einem Bande aus ungeteertem Garn mit ihren Strümpfen zusammenbinden, und wenn sie ihn unter das Kopfkissen gelegt hat, auf dem sie die Nacht schlafen soll, so muß sie sich die Schläfe mit ein wenig Blut von dem Vogel reiben, den man Wiedehopf nennt, und beim Niederlegen folgendes Gebet sprechen: Kyrios clementissime, qui Abraham servo tuo dedisti uxorem Sarem et filio eius obiedentissimo per admirabile signum indicasti Rebeccam uxorem: indica mihi ancillae tuae, quem sim nubtura virum per ministerium tuorum spirituum Balideth, Assaibi, Abumalith. Amen.“

Aberglaubenforscher halten solcherlei Riten für primitiven Hokuspokus, der nicht mehr erkennen läßt, daß der Liebeszauber einstmals sehr ernst genommen wurde und einen außerordentlichen Kenntnisreichtum erfordert. Der Volksaberglaube machte es sich da wesentlich einfacher, drastischer und nicht gerade appetitlich. Um in einem anderen Menschen Liebe zu erwecken, sollte man einen Apfel oder eine Semmel in den Kleidern tragen, bis diese Gegenstände vom eigenen Schweiß durchnäßt waren, und dann der geliebten Person zu essen geben.

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Ein Mädchen, das die Liebe eines Mannes gewinnen wollte, sollte ein Halstuch durchschwitzen, es zu Asche verbrennen und diese dann dem Mann ihrer Zuneigung ins Essen oder ins Getränk streuen. Das war dann das Ende einer Magie, die einst als wichtiger Faktor im menschlichen Zusammenleben galt. In der Form des Volksaberglaubens sind die Versuche, Liebeszauber auszuüben, relativ ungefährlich. In der Blütezeit des Zauberglaubens hatten solche Dinge aber ein ganz anderes Gewicht, wie das tragische Schicksal der Agnes Bernauer, der Baderstochter aus Augsburg, beweist. Sie wurde in der Donau ertränkt, weil sie laut Richterspruch den Herzog Albrecht durch böse Künste und Tränke zu sündiger Liebe betört und dadurch gegen den Herzog Ernst ein Staatsverbrechen begangen hatte.

Hexen - mit dem Teufel im Bund

Als Ausbund an Teufelei galt den Menschen die Hexe. Mit dem Teufel im Bunde, bedrohte sie das christliche Leben. Die Folge: 300000 bis 500000 verhexte Menschen wurden während des 15., 16. und 17. Jahrhunderts verbrannt, vor allem Frauen, aber auch Männer und Kinder. Die Massenhysterie kannte keine Grenzen. Manche Historiker schätzen die Opferzahl sogar auf eine Million. Noch heute wird um die Ursachen gestritten. Da viele sog. Hexen Hebammen waren, besagt eine Theorie, daß die Ausrottung der ehemals als „weise Frauen“ bezeichneten Hexen aus bevölkerungspolitischen Gründen geschah, um das Wissen um Verhütungsmöglichkeiten auszumerzen. Im Grunde ging es aber wohl darum, daß die Hexen und Hexer mit dem Teufel im Bunde standen.

Hexen sind auch nicht gerade eine Erfindung des Mittelalters. Ihre direkten Vorfahren waren Zauberinnen, Unholdinnen,

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Druden oder Galsterweiber. Aus der Bibel ist die Hexe von Endor bekannt, die dort als „ein Weib, das einen Wahrsagergeist hat“, bezeichnet wird und König Saul, der zuvor gegen alle solche Frauen schonungslos vorgegangen war, den Tod in der Schlacht voraussagte. Von unheimlichen und bösen Frauen wird zu allen Zeiten erzählt; schon im alten Babylon hieß es, daß Krankheiten von Dämonen und heimtückischen Weibern verursacht würden. In Rom hat im zweiten Jahrhundert nach Christi Geburt der Schriftsteller Lucius Apulejus in seinem Werk „Über die Magie“ eine Fülle von Einzelheiten über den damaligen Zauberglauben zusammengetragen; in anderen seiner Bücher hat er Frauen auftreten lassen, die sich mit Hilfe von Salben in Vögel verwandelten und davonflogen, Liebeszauber trieben oder aber rudelweise in Mordlust, zu Wölfen verwandelt, über einsame Wanderer herfielen.

Über die Jahrhunderte hinweg war der Hexenglaube nicht auszurotten, also rottete die Kirche die Hexen aus. Als erste traf es die alten Frauen, die als weise, heilkundige Helferinnen im Volksglauben eine besondere Stellung einnahmen. Nach offizieller Lesart konnte ihre Kunst nur vom Teufel stammen. Schon im 11. Jahrhundert gewann der Teufel die Oberhand. So erzählte Johann von Salisbury vom Hexensabbat, bei dem der Teufel in Gestalt eines Ziegenbocks oder einer Katze erschien. Im 13. Jahrhundert war die Teufelslehre perfekt. Vinzenz von Beauvais berichtete von „herumziehenden Damen“, die zu ihren Versammlungen fliegen. Wilhelm von Auvergne wußte um die Flugmittel dieser Damen, nämlich Stöcke und Stiele. Der Hexenritt auf dem Besenstiel war erfunden. Sexuelle Motive spielen überdies eine bedeutende Rolle im Hexenglauben. Wenn der Teufel Hexen begattet hatte, kamen Schlangen, Kröten, Frösche, Ungeziefer oder mißgestaltete Wesen, Wechselbälge, zur Welt.

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Von letzteren ist manche Abscheulichkeit berichtet worden. So hatte ein Wechselbalg Wolfskopf und Schlangenschwanz und fraß jede Nacht ein Kind. Viele Hexen sammelten den Sagen zufolge männliche Glieder, die sie in Vogelnestern aufbewahrten und sie, damit sie lebendig blieben, mit Körnern fütterten. Irn wahrsten Sinn des Wortes übten die Hexenjäger eine dunkle Macht aus - und nicht die von ihnen Verfolgten und Ermordeten. Die Grausamkeit der Hexenverfolgung ist kaum zu beschreiben. Ehe es überhaupt zu einem Prozeß kam, wurden die Verdächtigen allerlei Hexenproben unterzogen: Feuer- und Wasserproben, Wiegen, Suchen nach Teufelsmalen usw. In England wurde eine besonders einfache Methode, das Hexenstechen, praktiziert. Ein Augenzeugenbericht beschreibt:

„Sobald der Hexenschnüffler erschien, schickten die Stadtrichter ihre Ausrufer durch die Straßen, die mit Geschrei und Schellengetöne die Leute aufforderten, daß jeder, der eine Frau als Hexe anklagen wolle, dies bei der dazu ernannten Person tun solle. 30 Frauen wurden auf das Rathaus gebracht und nackt ausgezogen. Dann wurden ihnen in aller Öffentlichkeit Nadeln in den Körper getrieben. Die meisten wurden für schuldig befunden und verurteilt. Der Hexenschnüffler bekam 20 Schillinge für jede überführte Frau.“

Um Hexengeständnisse zu erpressen, war keine teuflische Folter sadistisch genug. Waren dem Opfer erst einmal die Arme aus den Gelenken gerissen oder die Beine zerquetscht, sah es schließlich im Tod eine Erlösung und legte ein Schuldbekenntnis ab. Wer also unter der Folter nicht starb, wurde bei lebendigem Leib verbrannt. Richter, die die Hexe vorher enthaupten oder erdrosseln ließen, galten als mild. Es gab aber auch Strafverschärfungen, wie z. B. das Schleifen zum Richtplatz, wobei den Verurteilten unterwegs mit glühenden

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Zangen Fleischstücke aus dem Körper gerissen oder die Hände abgehackt und die Brüste ausgerissen wurden. Und während die Verurteilte an einen Pfahl gekettet im brennenden Holstoß stand, betete die schaulustige Menge und intonierte fromme Gesänge. Hatte die Hexenjagd auf dem Land begonnen, so wütete sie bald auch in den Städten unter allen Ständen. Selbst Geistliche wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt, vermutlich weil sie den Mut aufbrachten, gegen das abergläubische Morden zu predigen. Reale Angst vor dem Teufel und seinen Helfershelfern, Glaubensfanatismus und die Prozeßautomatik, die bei den sogenannten Vernehmungen immer neue Hexen zutage förderte, waren sicher die tragenden Säulen dieses Massenmordens. Daneben war die Hexenjagd aber auch ein einträgliches Geschäft. Die Hexenverfolgung geriet bald zum lukrativen Gewerbe, das Richter, Gefängniswärter, Folterer, Exorzisten, Holzspalter für den Scheiterhaufen und Gerichtsschreiber sowie allerhand sonstige „Fachleute“ beschäftigte. Wäre dieser Erwerbszweig abgeschafft worden, wäre es zu einer wirtschaftlichen Krise gekommen. Ein gewisser Kanonikus Loss nannte die Hexenprozesse eine neue Art der Alchimie, die aus Menschenblut Silber und Gold macht. Das Gewerbe blühte derart üppig, daß sich die Frauen der Henker in Seide kleideten, auf prächtig geschirrten Pferden ritten oder in prächtigen Kutschen ausfuhren. Und damit die Kasse weiterhin kräftig klingelte, preßten die Folterer aus jedem Opfer die Namen von angeblich Mitschuldigen heraus. Für die Hexen selbst war der qualvolle Tod keineswegs kostenlos. Manche Verwandte und Kinder hatten noch schwer an den Schulden zu tragen, die ihnen aufgebürdet wurden. Im Verfahren gegen die Ehefrau Aldigunda Heimes machten die Hexenprofiteure 1652 eine Rechnung auf, die auch zeigt, daß die Herren Vernehmungsrichter auf Kosten der eingekerkerten und

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gefolterten Angeklagten sich allerhand Reisen leisteten, um angeblich belastendes Material zu recherchieren. Selbstverständlich stellten sie die besten Gasthäuser und opulente Mahlzeiten ebenfalls in Rechnung. 56 verschiedene Posten tauchen auf, bis eine Endsumme von mehr als 300 Gulden abgerechnet wird - ein Betrag, der für die damalige Zeit ein kleines Vermögen bedeutete. Besonders teuer kam der zum Tode Verurteilten ihr eigener Scheiterhaufen, allein die Bestellung kostete vier Gulden. Andere Unterlagen beweisen auch, daß selbst die Geistlichen in ihrem Kampf gegen den Satan für ihren Beistand und ihre Anwesenheit bei der Hinrichtung kräftig zulangten.

Erst als immer mehr Zeitgeister gegen die teuflische Unmenschlichkeit aufstanden, ebbte die Hexenverfolgung ab. 1782, als Goethe vom Kaiser geadelt wurde und der Mathematiker Laplace eine Differentialgleichung der Mechanik aufstellte, wurde im Schweizer Städtchen Glarus unweit von Zürich gegen mannigfaltigen Protest die letzte Hexe, Anna Göldi, enthauptet. Als 1789 wieder einmal ein Kind Nadeln und Nägel ausspie und behauptete, verhext zu sein, brachten die Untersuchungsbehörden niemanden mehr auf die Folter. Statt dessen wurde der Vorgang genau untersucht. Das Ergebnis: Der Junge wurde als Betrüger entlarvt.

Der Teufel im Volksmund

Man soll den Teufel nicht rufen oder an die Wand malen, sonst komme er, sagt man noch heute. Trank man nachts Wasser, so sollte man dreimal in das Glas blasen, weil sonst der darin sitzende Teufel Macht über einen bekäme. Aber wer eine Wurzel des Türkenbundes bei sich trug oder ein in den „Frauendreißigern“ - also zwischen Mariä Himmelfahrt und Mariä Geburt - gesammeltes Immergrün, dem würde der Teufel

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nichts anhaben können, ist dem „Lexikon des Aberglaubens“ von Helmut Hiller zu entnehmen. Auch Salz sowie verschiedene stark riechende Pflanzen galten als Schutzmittel gegen Teufel und Dämonen. Bei nächtlichem Klopfen an die verschlossene Tür sei es ratsam, erst nach dem Namen des Klopfenden zu fragen, um nicht etwa dem Teufel zu öffnen. Geraten wurde auch, beim Gähnen die Hand vor den Mund zu halten, damit nicht der Teufel in Gestalt einer Mücke hineinfliegen könne. Auch beim Niesen bestand Gefahr.

Eine Reihe von Tieren wurde gelegentlich als Verkörperungen des Teufels angesehen, so der Rabe, der Kuckuck, die Hummel. Wer eine Biene tötete, sollte dem Teufel verfallen. Aber wer das Ei einer schwarzen Henne sieben Tage lang unter seiner linken Achsel trug, sollte dadurch einen kleinen schwarzen Teufel ausbrüten können, der ihm dienen mußte.

Auch an Ostern war angeblich Ähnliches möglich. Wer sich jedoch mit dem Teufel verbunden hatte, konnte nur wieder loskommen, wenn er sich sieben Jahre lang weder wusch noch kämmte. Katzen wurden zum Zwecke der Teufelsaustreibung getötet.

Amerikanischer Exportschlager - der

Spiritismus klopft an Landläufig ist es ja wohl England, in dem die Geister zu Hause

sind. Das große Geschäft mit ihnen machten aber die Amerikaner. Sie entwickelten den Spiritismus zum Exportschlager. Provision hätten sie eigentlich einem Klopfgeist zahlen müssen, der 1848 ein Haus im Dorf Hydeville nicht in Ruhe ließ. Danach sollen die Kinder der Hausbewohner im Bett gelegen haben, als das Klopfen begann. Eines von ihnen machte

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sich den Spaß, mit Fingerschnipsen auf das Geräusch zu antworten - und das Klopfgeräusch ertönte nun als Antwort auf dieses Schnipsen im gleichen Rhythmus. Eine Verständigungsmöglichkeit mit der Geisterwelt war gefunden. Das Kind rief: „Zähle eins, zwei, drei“, und klatschte dazu in die Hände, und der unbekannte Pochgeist gehorchte und zählte mit. Nun fragte Frau Fox den Geist nach dem Alter ihrer Kinder, gehorsam klopfte dieser die Anzahl der Jahre. Verblüfft fragte sie, ob hier ein Geist antworte, und wenn ja, dann möge er zweimal klopfen. Prompt klopfte es zweimal. Das Frage- und Antwortklopfspiel setzte sich munter fort. Schließlich sei dabei herausgekommen, daß der Geist ehemals Kaufmann von Beruf gewesen sei, in besagtem Haus gewohnt habe, dort ermordet worden sei und nun im Keller liege. Wie es sich für eine anständige Gruselgeschichte gehört: es wurde im Keller gegraben, und man fand ein Skelett.

Als die Familie auf Druck der Methodistengemeinde auszog, zog der Klopfgeist nach Rochester mit. Aufgeschlossenere Mitbürger stellten allerhand Tests an, um zu überprüfen, ob die Kinder vielleicht schummelten. Es half alles nichts, es klopfte munter aus Wänden und Fußboden weiter.Vom Geist begeistert, versammelten sich bald zahlreiche Menschen im Hause Fox um einen großen runden Tisch - und der Klopfgeist gesellte sich dazu, denn das Klopfen ertönte plötzlich aus dem Tisch, der sich zudem unversehens bewegte.

Das Tischrücken war erfunden. Als etliche Gäste der Familie Fox ebenfalls ihre Kontaktfähigkeit mit Klopfgeistern entdeckten und ihre Tische wackelten, war das Phänomen des „Mediums“ in aller Munde. Kommenden Generationen von Spiritisten blieb nur mehr die Vervollkommnung im Vorführen und Dressieren von Geistern. Bald sprach sich auch herum, daß

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sich Geister im Dunkeln noch zu viel mehr Spukkunststückchen überreden ließen, wie Musizieren, Sprechen, Gegenstände-durch-die-Luft-fliegen-lassen usw. In welcher Weise es da nicht mit rechten Dingen zuging, versuchten vor allem die Gegner der neuen Mode zu beweisen, indem sie mit Tricks, Suggestionen und Hypnosen die gleichen Kunststücke zauberten wie die angeblichen Geister.

War Rochester die Wiege der Klopfgeister und des Tischrückens, so machte Stratford in Ontario von sich reden, weil es dort bei dem Prediger Phleps nicht nur klopfte, sondern regelrecht spukte. Wahre Varietevorstellungen gaben die Geister im Hause des Predigers, wenn sie Gegenstände durch die Luft warfen, Kleider aus dem Schrank holten, sie aufpusteten, daß sie menschlichen Gestalten glichen, und Tänze aufführten. Der Schabernack kannte keine Grenzen. Als Medium bedienten sie sich des elfjährigen Sohnes des Predigers. Sie zerrissen ihm die Kleider, warfen ihn wiederholt in den Brunnen, hängten ihn an einem Baum auf. Ein andermal zerstörten sie Möbel und Fenster, zerrissen Seiten des Notizbuches und legten Feuer im Schreibtisch.

Selbst einem angesehenen „Seher“ kam die Szenerie reichlich gespenstisch vor. Durchaus vom Unheimlichen überzeugt, überführte er trotzdem den Buben in manchen Fällen als geisterhaften Spaßvogel, bei anderen Anlässen einige einfallsreiche Bürger. Spiritismus war „in“ und wurde schnell zum amerikanischen Exportschlager. Über Europa brach eine wahre Invasion der Geister herein. 1849 bildeten sich auf Veranlassung einer aus den USA zurückgekehrten Dame in Paris die ersten spiritistischen Zirkel, die Tische schweben ließen. Mit den beiden Schwestern Fox, die Engländer geheiratet hatten, kehrten die Geister wohl in ihre Urheimat zurück und trieben dort munter ihr Wesen.

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Eine wahre Tischtanzepidemie wütete in ganz Europa, bis sie offenbar langweilig wurde.

Okkultismus - Spiritismus mit wissenschaftlichem Anstrich

Um 1870 bekam der Spiritismus mit dem Okkultismus einen wissenschaftlichen Anstrich. Eine honorige Gesellschaft angesehener Engländer diskutierte das Phänomen des Spiritismus, gründete ein Untersuchungskomitee, stellte zahlreiche Versuche an. Ein dicker Untersuchungsbericht brachte nichts Neues, konstatierte aber eine rätselhafte „Kraft`. Damit war 1870 eine neue Richtung entstanden, der Okkultismus, der sich vom bisherigen Spiritismus grundsätzlich unterschied.

Nicht mehr der Umgang mit Geistern stand im Mittelpunkt, sondern die Erforschung dieser „Kraft“. Der Okkultismus tat sich allerdings anfänglich recht schwer, da ein Teil des Untersuchungskomitees die Dinge etwas nüchterner sah und eine abweichende Stellungnahme veröffentlichte: „Alle Leistungen der sogenannten Trancemedien, die wir gesehen haben, waren aller Wahrscheinlichkeit nach in den meisten Fällen weiter nichts als gewöhnliche hysterische Affektionen, während sie in anderen Fällen das Gepräge eines absichtlichen Betruges hatten; außerdem waren die Äußerungen, welche die Medien im Trancezustand machten, meist unzusammenhängend und platt.

Die schreibenden und zeichnenden Medien, die wir gesehen haben, benutzten Feder und Bleistift in gewöhnlicher Weise, nur mit dem Unterschied, daß die Medien sich bisweilen von phantastischen Impulsen leiten ließen.

Wir haben niemals durch Klopflaute oder in anderer Weise Mitteilungen von unbekannten Tatsachen, die später als

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richtig nachgewiesen werden konnten, erhalten können; die Mitteilungen haben niemals eine Belehrung von praktischer Bedeutung oder irgendeinen neuen Gedanken enthalten, sie warm im Gegenteil entweder frivol oder absurd.

Wenn die Mitteilungen als Nachrichten von Geistern Verstorbener aufgefaßt werden sollen, so stehen sie im Widerspruch zu unseren natürlichen erhabenen Vorstellungen vom Zustande der Seelen nach dem Tode; die angeblichen Offenbarungen waren für intelligente, religiöse Menschen geradezu anstößig.

Alle Phänomene, die Gegenstand unserer Untersuchungen gewesen sind, waren derartig, daß sie leicht durch Betrug hervorgerufen werden konnten: Sie stellten große Forderungen an die Leichtgläubigkeit der Menschen. Aber die meisten Spiritisten besitzen einen solchen Glaubenseifer, daß ihr Zeugnis dadurch unzuverlässig wird; außerdem ist die Grenze zwischen willkürlichem Betrug und Selbstbetrug keine scharfe, sondern ein breites Gebiet, auf dem sehr viel populäres Blendwerk eine Zeitlang freies Spiel haben kann. Dessenungeachtet sind mehrere von uns Zeugen von merkwürdigen Phänomenen gewesen, die wir doch nicht auf bewußten oder unbewußten Betrug zurückführen konnten.“ Viele vermeintlich geheimnisvolle Vorgänge haben einen recht weltlichen Hintergrund, wenn nur genügend ernsthaft recherchiert wird.

Sigmund Freud erzählt z. B. einmal den Fall eines einfachen Mannes, der in Narkose in einer fremden Sprache redete.

Man fand schließlich heraus, das es althebräische Talmudverse waren, und stand vor einem Rätsel, bis sich herausstellte, daß er vor vielen Jahren als Diener bei einem jüdischen Gelehrten beschäftigt gewesen war, der diese Verse laut zu rezitieren pflegte.

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Der Geist erscheint leibhaftig Die Geister, die sich mit den Geistern beschäftigen, sind sich

auch heute je nach Standort nicht gewogen. Beide Seiten suchen nach Beweisen für ihre Überzeugung. Schon im vergangenen Jahrhundert stand fest: Der beste Beweis wäre eine unwiderlegbar echte Fotografie eines Geistwesens. Die erste Aufnahme einer Geistererscheinung entstand 1855 und zeigte nicht mehr als einen Nebelstreifen. In Europa wurde das Geisterfotografieren zuerst 1872 versucht, und zwar von einem gewissen Hudson in England, dessen Bilder so schlecht gefälscht waren, daß selbst die Spiritisten nicht darauf hereinfielen. Raffinierter ging ein Pariser Fotograf 1873 ans Werk. Er fotografierte seine Kunden gemeinsam mit einem in seinem Atelier anwesenden Geist. Tatsächlich aber hatte der einfallsreiche Geisterfotograf das Gespenst schon vorher auf der Platte. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung entdeckte die Polizei noch allerhand andere irdische Utensilien, wie Leichentücher, Puppen, ausgeschnittene Fotos, die zur Zitierung der Geister benötigt worden waren.

Um die Jahrhundertwende setzte sich die Meinung durch, daß es keine „Manifestationen“ der Geister und keine Existenzbeweise für sie gab. Die Fachwissenschaftler hatten inzwischen auch weitgehend geklärt, was bei den Sitzungen mit den Medien außer den betrügerischen Tricks noch vonstatten ging: Die Medien, psychisch gestörte Personen mit ungewöhnlich starker Suggestibilität, sind von dem Verlangen besessen, Sprachrohr von Geistern zu werden, und versetzen sich in einen autohypnotischen Zustand (Trance), in welchem sie die autosuggerierte Persönlichkeit durch Rede, Schrift oder sogar leibliche Verkörperung zum Ausdruck bringen. Seiner Handlungen ist sich das Medium meist nicht

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bewußt, weshalb man es von der Absicht des Betruges zwar freisprechen kann, nicht aber von der Mitwirkung an einem allgemeinen Bestreben, leichtgläubige Menschen irrezuführen und zu betrügen.

Es poltert allerorten Menschen, die in Schrecken leben, scheinen für

Geistergeschichten besonders anfällig zu sein. Das scheinen dann wohl auch die Geister auszunutzen. So tauchten die Gespenster während des Zweiten Weltkrieges und danach ungeniert in aller Öffentlichkeit auf, wenn auch nicht leibhaftig. Oder hatten sich die Menschen in ihrer Angst und Not unbewußt in uralten Aberglauben geflüchtet? Die neue Geisterwelle nahm ihren Ausgang von London, das 1940 in ständiger Furcht vor einer deutschen Invasion unter schweren Luftangriffen gelitten hatte und gegen Kriegsende unter dem Beschuß deutscher Raketen lag. Eine Frau, die bei einem Luftangriff ihre Wohnung verloren hatte, war - wie die „Gesellschaft fürpsychische Forschung“ feststellte - das „unbewußte Zentrum von Poltergeist-Erscheinungen geworden; die Störungen hörten auf, als sich der große Kummer über den Verlust allmählich gelegt hatte. So gelangte die forschende Gesellschaft zu der Erkenntnis, daß sich seelische Qualen im Auftreten von Poltergeistern entladen könnten.

Die Entladungsformen entbehrten allerdings nicht einer gewissen Seltsamkeit und traten um so reichlicher auf, je bekannter sie in der Öffentlichkeit wurden. Im Falle der Frau, die ihre Wohnung verloren und eine andere bezogen hatte, flogen Kohlenstücke, Krüge, Messer und Pfannen in der Küche umher. Bei der wachsenden allgemeinen Verbreitung derartiger Phänomene kamen die Spiritisten bald dahinter, daß es zwei verschiedene Arten von Poltergeistern

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gibt - die ansässigen, die am gleichen Ort bleiben, und die sporadischen, die in Verbindung mit einer bestimmten Person auftreten und verschwinden.

Beide Arten beziehen ihre Energie von Menschen, hauptsächlich von Jugendlichen, deren Instinkt, Gefühl und religiöses Ideal noch nicht voll ausgereift sind. Die ortsgebundenen Poltergeister verbrauchen die entnommene Energie lediglich für ihren eigenen Unfug, die sporadischen aber kann man als den geheimnisvollen körperlichen Ausdruck eines psychologischen Konflikts innerhalb der Person erklären, in deren Gegenwart die störenden Erscheinungen auftreten. Solche Erklärungen sollen also glauben machen, daß durch starke Gemütsbewegungen und innere Konflikte Poltergeister in Bewegung gesetzt werden, die nichts Besseres zu tun haben, als Glocken zu läuten, zu hämmern, Feuer zu legen oder Haushaltsgegenstände durch die Luft segeln zu lassen. Die Wechselwirkung zw ischen starken seelischen Belastungen und dem Aberglauben wird außer acht gelassen.

Auf Geisterjagd

Geisterjäger sind vor allem im Film mit allerhand technischem Gerät ausgerüstet. Manche mögen's aber weniger technisch und sind auf den Hund gekommen, wohl in der Erkenntnis, daß sich Geisterforscher vor allem in England immer wieder mit sogenannten Phantomhunden beschäftigen mußten, die die Menschen ängstigten.

Sie glauben, daß lebende Hunde die Fähigkeit besitzen, Geister zu sehen, und sie mit Gejaule ankündigen. Einer dieser Geisterforscher mit dem Namen Elliot O'Donnell schrieb 1913: „Meiner Ansicht nach bestehen kaum Zweifel daran, daß Hunde tatsächlich irgendeine Art Geist sehen,

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der, wenn er weiß, daß sich ein Sterbefall ereignen wird, das Haus des Todgeweihten aufsucht und neben seinem Lager steht. Mir ist diese Erscheinung von Menschen, die behaupteten, sie gesehen zu haben, als sehr große, vermummte Gestalt beschrieben worden, die in dunkle, lose flatternde Gewänder gehüllt ist, stets mit unkenntlichem Gesicht.“

Deshalb sei der Hund ein unverzichtbarer Begleiter des Geisterjägers. „Wenn ich ein Haus untersuche, in dem es spukt, nehme ich im allgemeinen einen Hund mit, weil ich die Erfahrung gemacht habe, daß ein Hund auf die eine oder andere Weise immer zu erkennen gibt, ob ein Geist in der Nähe ist - sei es durch Winseln oder Knurren, oder daß er einem zitternd vor die Füße kriecht oder auf den Schoß springt und versucht, seinen Kopf im Mantel zu vergraben.“

Übrigens wird auch Pferden die Gabe nachgesagt, die Anwesenheit von Geistern zu spüren. Es soll Fälle von Pferden geben, die wiederholt vor dem Haus, in dem jemand stirbt, wiehern und Angst zeigen, wenn sie in die Nähe des Hauses geführt werden.

Geister am Geruch erkannt

Eine wohl eher amüsante Form von Geisterspuk beschreibt Peter Haining in „Das große Gespensterlexikon“. Danach ist Edith Cave aus Devon in England überzeugt, daß Geister häufig in der Form eines Phantomduftes erscheinen. Als Resultat einer landesweiten Untersuchung im Jahre 1978 veröffentlichte sie zahlreiche Fälle von Leuten, die plötzlich einen Duft wahrgenommen hatten, den sie sofort mit jemandem identifizieren konnten, der gestorben war. Unter anderem führt sie das Beispiel einer Frau aus Bristol an, die das von ihrer Mutter benutzte Parfüm, dessen Duft durch ihr Treppenhaus wehte, riechen konnte. Ein Mann aus Devon

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gab an, eines Nachts aufgrund „des schönsten, unbeschreiblichen Dufts, ich empfand völligen Frieden und keine Angst“, aufgewacht zu sein. Das war genau drei Wochen nach dem Tod seines Vaters. Noch seltsamer klingt der Fall einer schottischen Mutter. Die Frau sagte, daß ihr kleiner Junge starb, nachdem er in ein Desinfektionsbad für Schafe gefallen war. Danach war mindestens einmal wöchentlich der scharfe Geruch des Desinfektionsmittels durchs Haus gezogen. Ein Ehepaar aus Northampton berichtete, häufig Treibstoff gerochen zu haben, nachdem sein Sohn bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war.

Der Spuk vom Chiemsee Es muß nicht immer England sein, auch Oberbayern hat mehr

zu bieten als Krachlederne und Schuhplatteln. So beispielsweise 1946 einen aufsehenerregenden Spukfall im Dörfchen Lauter am Chiemsee. Betroffen war ein Ehepaar, das wegen der Luftangriffe aus dem Rheinland nach Bayern evakuiert worden war und nun gemeinsam mit seinen beiden angenommenen Kindern in zwei kleinen Kammern, geplagt von Existenzsorgen, hauste. Hinzu kam eine besondere Problematik: Das Ehepaar hatte zwei Pflegekinder, die 13jährige Irma, die aber nicht adoptiert worden war, weil nach Ansicht der Hauptperson, der Ehefrau Carola Schrey, „ihre charakterlichen Anlagen wenig günstig waren“, und die viereinhalb Jahre alte, „liebe, herzige“ Edith, genannt Ditti, „unsere ganze Freude“, ein adoptiertes Kind, das Frau Schrey als geistig weit entwickelt bezeichnete, obwohl es trotz seines Alters die Sprache „noch nicht ganz beherrschte“.

Die aufsehenerregenden Spukfälle, die sich in ihrer Wohnung ereigneten, nachdem Ditti einen Wutanfall bekommen

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hatte und ständig ihr Bett beschmutzte, hat Frau Schrey zunächst im „Benediktusboten“ 1950 und dann in dem Buch „Die Wahrheit über den Spukfall am Chiemsee“ geschildert: „Zu dieser Zeit wurde in schneller Folge alles viel schlimmer und unwirklicher. Die Schmutzhaufen wurden riesenhaft, und die Urinlachen hatten oft die Menge eines mittelgroßen halben Eimers, so daß das Kind die Menge nie gemacht haben konnte. Ich gab daher probeweise der kleinen Ditti von Donnerstag abend bis Freitag gegen Abend nichts zu trinken. Obwohl das Bett fürchterlich beschmutzt war, standen an dem Tage drei riesige Schmutzhaufen und zehn Urinlachen in unseren kleinen Räumen. Die Exkremente hatten die Eigenart, daß man nie roch, wo und wann sie gemacht wurden.

Stand ein Schmutzhaufen (oft in Papier eingeschlagen) unter dem Sofa oder Bett, dann roch man nichts, und wenn er einen Tag stand, ehe er gefunden wurde. Aber rührte man den Dreck an, um ihn wegzuschaffen, gab es einen scheußlichen Gestank, der nicht wegzubringen war. Vor diesen Schmutzhaufen war man nirgends sicher, sie standen nicht nur überall auf der Erde, unter den Möbeln, sondern in den Betten, unter der Chaiselongue-Decke, auf dem elektrischen Kocher, in den Schränken usw.

Hätte am Anfang die Kleine den Schmutz wirklich gemacht, so konnte man im September schon feststellen, daß das Kind gar nicht mehr in Frage kam.“

Frau Schrey nennt auch Zeugen. Zwei junge Damen und ihre Hauswirtin, Frau H., waren zugegen, als es wieder spukte. „Die beiden jungen Damen, die beiden Kinder und ich saßen am Frühstückstisch, Frau H. mitten in der Tür zum Schlafzimmer. Wir saßen kaum fünf Minuten, da rann im Schlafzimmer, etwa einen halben Meter neben Frau H., eine große Urinlache. Nach weiteren zehn Minuten rann eine

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weitere Urinlache von doppelter Größe mitten durch das Schlafzimmer, etwa zweieinhalb Meter von Frau H.s Platz auf uns zu.Von unserem Platz waren beide Stellen gut zu übersehen. Aber niemand hat gesehen, wie es geschah. Keiner hatte den eingenommenen Platz verlassen, und niemand war außer uns im Hause.

Als wir dann die Sitzung abbrachen und die beiden Mädel alles durchsuchten, stand dicht neben meinem Stuhl, unter dem Anfang des Sofas ein Schmutzhaufen in Papier eingewickelt. Dieses Papier hatte, bevor wir uns niedersetzten, noch im Schlafzimmer auf meinem Nachttisch gelegen. Niemand hatte einen Geruch wahrgenommen, obwohl es frische Exkremente waren. Dazu sagte Edith in leisem, etwas monotonem Ton, der an Trancezustand erinnerte: „Hat Ditti tan, Schaufel vom Herd geholt, Papier von Muttis Nachttisch, Großi drauf gemacht und unter Sofa geworfen.“

An einem anderen Tag kam es noch schlimmer: „Da sah ich, wie plötzlich in der Wohnküche auf der Erde ein großer Schmutzhaufen entsteht. Ich war so erschrocken und entsetzt, daß ich ein kribbelndes Gefühl auf dem Rücken verspürte. Ich sagte kein Wort zu den Kindern, sondern dachte für mich, es ist ja nicht möglich, es muß ein Trugbild sein und ist vielleicht gleich wieder weg. Aber nein, der Haufen blieb, und man roch wieder nichts, obwohl es dicht neben uns war. Es war das erste Mal, daß mir einwandfrei klar wurde, es muß eine böse übernatürliche Macht sein.“

Schließlich wurde Ditti eine angeblich wundertätige Medaille umgehängt. Und siehe da, schlagartig war das Kind geheilt. Es konnte ruhig schlafen und hat keinen unkontrollierten Schmutzhaufen mehr gemacht.

Doch es spukte auf andere Weise weiter. Es verschwanden alle Lebensmittel spurlos, die nicht eingeschlossen waren, oder sie wurden angebissen; auch andere Gegenstände verschwanden.

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Jetzt war es Irma, die von dem Spuk besonders stark heimgesucht wurde:

„Am B. Dezember, es war ein Sonntag, und mein Mann war daheim. Irma, die ihr ungewöhnlich langes schweres Haar in zwei Zöpfen trug, kam mit einem Korb voll Holz herein, den sie in beiden Händen trug und mir übergeben wollte. Da fiel ein Zopf, von Geisterhand in Schulterhöhe abgeschnitten, in den Korb.

Mein Mann und ich standen neben dem Mädel und konnten nur zusehen, wie dies schwere Haar in einem Schnitt geräuschlos niederfiel. Wir überlegten noch, wie wir das Haar nun ordnen sollten, wollten aber zuerst Mittag essen. Irma hielt die Schüssel, die ich einfüllte, und mein Mann wollte sie annehmen, da fiel der andere Zopf, auf gleicher Höhe abgeschnitten, zu Boden.

Vier Wochen später wurde Irma in meinem Beisein, als ich ihr die Bluse zuknöpfte, eine scheußliche Kopfwunde beigebracht. Irma bückte sich plötzlich und faßte an ihr Bein (sie glaubte, es habe jemand sie ins Bein gestochen), und in ihrer gebückten Haltung schießt ein Blutstrahl aus ihrem Kopf. Das Blut floß so schrecklich über Kopf, Brust und Rücken, daß ich nur mit Mühe in dem blutdurchtränkten Haar feststellen konnte, daß ihr etwa sieben Zentimeter lang die Kopfhaut durchschnitten war. Nachdem ich das Mädel, das bis auf den Körper mit Blut durchtränkt war, verbunden und gewaschen hatte, schickte ich sie zum Arzt. Ich nahm hier die Blutlachen auf und hatte schon zum dritten Mal die Stelle trockengewischt, da lag auf dem sauberen Boden, genau an dem Tatort, eine blutbefleckte Rasierklinge.“

Geister scheinen auch stets auf der Höhe der Zeit zu sein. Frau Schrey: „Die Neuauflage für den Januar war, daß die elektrischen Kocher, es handelte sich um einen elektrischen Kocher und eine Heizplatte, ohne daß diese angeschlossen

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waren, kochten und glühten. Ich hatte schon bemerkt, daß das elektrische Bügeleisen ohne Verbindungsschnur heiß wurde, und hielt alle Verbindungsschnüre eingeschlossen. Trotzdem kochte im Kocher zu vielen Malen irgendeine Suppe, die von kochfertigen Suppen, Kartoffeln oder Milch, von allem, was übersehen wurde, gleich einzuschließen, hergestellt war.“ Um den Spuk zu beseitigen, bat Frau Schrey Geistliche und kirchliche Stellen um Hilfe, ohne aber emst genommen zu werden. Aus einem Antwortschreiben des erzbischöflichen Ordinariats München-Freising zitiert sie einen einzigen Satz: „Daß es Dämonen und die Möglichkeit von dämonischen Einwirkungen gibt, ist nach unserer Glaubenslehre sicher.“

Schließlich fand sich aber ein Pater im Heilig-Kreuz-Kloster von Scheyern bei Pfaffenhofen, der sich auf Austreibungen verstand und von Ferne einen mit Exorzismus verbundenen Segen schickte sowie mehrere geweihte Scheyrer Kreuzlein. Kaum waren diese heimlich in der Wohnung aufgehängt, als der Spuk endete. „Von dem Augenblick an hat hier kein Kothaufen und keine Urinlache mehr gestanden.“

Dafür wurde dann ein altes Ehepaar in einem Nachbardorf geplagt. „Da kommt aus einem Dorf acht bis zehn Kilometer entfernt die Nachricht von spukartigen, diabolischen Umtrieben bei einem über 60 Jahre alten Flüchtlingsehepaar. Es konnte sich dort jeder davon überzeugen, wie die Haushaltsgegenstände lautlos und unsichtbar durch die Luft flogen, mit lautem Knall an den Kopfenden der beiden Betten aufschlugen und zum Teil zerschellten. Mehrmals wurden die Leute erheblich verletzt, so bekam der Mann einen Zwei-Pfund-Gewicht-Stein ins Genick und a.m. ... Er erzählte von der letzten Nacht, daß sie wie seit Wochen keinen Schlaf hätten finden können, daß, als sie kaum im Bett lagen, der

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Inhalt der Weckgläser (Johannisbeeren) vom Schrank ins Bett geschüttet wurde und die leeren Gläser durchs Fenster geworfen wurden. Dann flogen Schuhe, die im Schrank standen, durch die Fensterscheiben. Kaum waren die Betten gereinigt, flog ein Wassereimer mit Inhalt in die Betten, auch eine Kohlenkanne. Die Bettücher rutschten unter ihren Körpern weg, und Kot wurde ihnen ins Gesicht geschmiert.“

Auf Empfehlung von Frau Schrey schritt erneut der hilfreiche Pater mit Erfolg ein - außer daß der Geist nun wohl aus Rache zu Frau Schrey zurückkehrte. Letztlich gelang es dem Exorzisten wiederum aus der Ferne, dem Spuk endgültig ein Ende zu bereiten.

Der Geist vom Chiemsee interessierte auch die Wissenschaft, unter anderem auch den Parapsychologen Hans Bender aus Freiburg. In fünftägiger Arbeit mit den modernsten Mitteln und Apparaten konnte kein Schwindel entdeckt werden. Dagegen schrieb ein Kriminalbeamter 1953 in der Fachzeitschrift „Der Deutsche Polizeibeamte“, er könne nur irdische Vorkommnisse erkennen: Die Lebensmittel seien schnell aufgegessen worden, das Bügeleisen in praller Sonne heiß geworden, das Mädchen hatte sich schon immer einen kurzen Haarschnitt gewünscht usw. Immer wieder mußten sich seither landauf, landab Behörden mit Spukhäusern beschäftigen, in denen Poltergeister die Menschen bedrängten. Untern Strich fällt auf, daß meist das gleiche passiert - Türen schlagen, Messer fliegen, Telefone klingeln usw. usw.

Spuk in Rosenheim Ein weiterer Fall der modernen Parapsychologie dauerte vom

Sommer 1967 bis zum Januar 1968 in einer Rosenheimer Anwaltskanzlei. Im Mittelpunkt stand die 27jährige Annemarie S. Fast die gesamte Weltpresse war aufmarschiert und gab den

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eigentlich einfachen Vorkommnissen Gewicht und Bedeutung.

Etwa ab Juni 1967 kam es in der Anwaltskanzlei zu „technischen Versagern“, die den Betrieb empfindlich störten. Zunächst überprüfte man die Stromleitungen, ließ die Lichtschalter unter Putz legen. Im August lief der Bürobetrieb wieder normal, bis im September die Telefone verrückt spielten. Mitte Oktober spielte auch die Elektrizität wieder nicht mit. Danach begannen sich die Bilder an den Wänden zu drehen. Höchste Zeit, daß sich nun auch die Öffentlichkeit dafür interessiert, meinten die Medien. Auffällig war, daß der Spuk nur wochentags „arbeitete“, und dies nur zu den Bürostunden.

Der Tatort war ein altes Haus mit Toreinfahrt und einem gefliesten Innenhof, von dem ziemlich düstere Treppen zu Privatwohnungen und Büros führten. Schilder an der Einfahrt verrieten, daß in dem Gebäude ein Arzt, ein Rechtsanwalt und ein Fotograf lebten. Die Nummer des Hauses war medienwirksam auch noch die“ 13“. In dieser Kanzlei also war zeitweise das Arbeiten völlig unmöglich geworden. Sicherungen flogen heraus, das Licht flackerte, ging willkürlich aus und an, die Telefonleitung war mitunter völlig blockiert, selbst eine eigens von der Post gelegte Direktleitung spielte verrückt, dann lief der Gebührenzähler, ohne daß telefoniert wurde. Plötzlich drehten sich die Neonröhren an der Decke und gingen aus. Das Kopiergerät bespritzte Besucher mit der Tonerflüssigkeit. Zweimal wurde das Gerät ausgetauscht, der Kopierer spuckte weiter. Am 4. Dezember wollte der Anwalt nach Köln fahren.Vor seiner Abreise sagte er: „Jetzt bin ich neugierig, ob sich nicht bald auch die Bilder an den Wänden drehen.“ Und wie auf Stichwort drehten sich die Bilder. Auch ein Zurechtrücken half nicht, die Bilder machten sich selbständig. Am 19. Dezember

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erreichte der Spuk einen Höhepunkt. In der Kanzlei knallte es an allen Ecken und Enden. Lampen schwangen, Bilder drehten sich, das Telefon war tot, Glühbirnen und Neonröhren zerknallten, Sicherungen flogen heraus. Ein zufälliger Besucher verließ fluchtartig die Kanzlei.Wer die Untersuchungsakten genau las, dem mußte auffallen, daß sich das unerklärliche Treiben hartnäckig gegen Geräte und Instrumente richtete, die zur Funktion des Büros unerläßlich waren. Sieht man von den sich drehenden Bildern ab, zielte offenbar alles darauf ab, die Inhaber der Kanzlei zu ärgern und ihre Arbeit zu stören. Auffällig auch, daß sich der Geist exakt an die Bürostunden hielt - von acht bis zwölf und von zwei bis sechs Uhr.

War es nun tatsächlich ein Poltergeist, oder steckte eine Angestellte dahinter, wie immer vermutet wurde, die von Parapsychologen als besonders sensitiv eingestuft wurde?

Dem Chopper den Zahn gezogen

Medienfurore machte 1982 der sogenannte Chopper in einer bayerischen Zahnarztpraxis in Neutraubling. Das offensichtlich in die Arzthelferin Claudia verliebte Gespenst verfolgte die Angebetete mit Anträgen, Versprechungen und allerlei Scherzen, sogar Obszönitäten, die auch die behandelten Patienten mithören konnten. Wochenlang suchten Polizisten, Abhörspezialisten der Post und Experten des Freiburger Instituts für Grenzfragen der Psychologie nach der Herkunft der Stimme, die einmal am Telefon war, dann aus Waschbecken und sogar aus der Toilettenschüssel klang.

Schließlich wurde dem Geist, der sich Chopper nannte, der Zahn gezogen. Die Verfolgte selbst hatte zusammen mit ihrem Chef und dessen Frau Presse, Öffentlichkeit und Fachleute genarrt. Das Gelächter war groß, die Staatsanwaltschaft

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unerbittlich. Die drei Gespenster landeten auf der Anklagebank, wegen Vortäuschung einer Straftat. Hinzu kam eine Schadenersatzforderung in Höhe einer fünfstelligen Summe für die langwierige Geisterjagd.

Der Poltergeist ist anhänglich Nach allgemeiner Auffassung zählt das Poltergeistphänomen

zur Gruppe des „personengebundenen Spuks“. Die Frage bleibt aber offen, ob eine Person allein ausreicht, den ganzen Apparat in Bewegung zu setzen. Viel deutet darauf hin, daß die Zentralfigur, das Medium, auf die Mitarbeit anderer angewiesen ist, daß es sich nicht um eine Einzelleistung handelt, sondern eher um eine Form der Gruppendynamik. Dabei ordnet sich die Gruppe im Verlauf des kleinen Dramas immer stärker dem „außersinnlichen Geschehen“ unter und scheint auf dem Höhepunkt mehr damit beschäftigt zu sein, die Kapriolen des Poltergeistes zu fördern, als ihre tägliche Arbeit zu verrichten. Der normale Poltergeistfall beginnt mit einer Reihe akustischer Signale. Lange bevor etwas gesehen wird, treten Geräusche auf, die niemand erklären kann: Kratzen, Schaben, besonders an Bettfedern oder Türen, dumpfes Pochen aus der Zimmerdecke oder der Wand. Nach dieser ersten Phase sucht jeder nach natürlichen Erklärungen, wie Katzen, Ratten oder andere Tiere. Der Schweizer Tierpsychologe Professor Heini Hediger hat einmal die Rolle des Hausmarders als Hausgespenst beschrieben: „Ich bin fest davon überzeugt, daß mindestens 80 Prozent von nächtlichem Spuk in alten Häusern von Hausmardern besorgt worden sind. Ein gewisser Prozentsatz mag außerdem auf das Konto von Eulen gehen.“ Er hat dabei leider übersehen, daß Marder und Eulen wohl kaum in Büros vorkommen.

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An einem bestimmten Punkt der Entwicklung werden die Signale so deutlich, daß man sie nicht mehr verwechseln kann. In abgeschlossenen Zimmern ertönen Schritte, Fußtritte werden auf Treppen gehört, ein Rascheln von Gewändern, nicht selten auch Ächzen oder Stöhnen. Für Psychologen beginnt nun die Unterwanderung der kleinen Gruppe. Das Gefühl, einem unerklärbaren Phänomen ausgeliefert zu sein, kann nicht länger verdrängt werden, die Vorgänge beschäftigen das Bewußtsein, ein Teil der Gruppe verspürt Angst, ein anderer Teil versucht die Ursachen mit Taschenlampe und Revolver zu ergründen. Doch die Suche nach den Ursachen bleibt ergebnislos. Man glaubt aber bereits, daß es „nicht mit rechten Dingen zugeht“. Die Menschen rücken zusammen und vermeiden es, in der Wohnung allein zu sein.

Der Poltergeist gewinnt langsam die Oberhand, wird für jedermann sichtbar aktiv. Steine fliegen durch Türen und Fenster, fallen durch Kaminschächte oder vom Dach. Hebt man sie auf, sind sie mitunter warm. Woher sie kommen, wer sie geworfen hat, weiß keiner. Man könnte den Eindruck haben, der Poltergeist gewinnt an Selbstvertrauen. Auf die Steine folgen andere Gegenstände. Kissen werden in Zimmern einer verschlossenen Wohnung umhergeworfen, Bilder abgehängt, Gegenstände versteckt. Eine Axt verschwindet und taucht in einem Heuhaufen wieder auf, verschlossene Türen öffnen sich, Fenster werden aufgerissen, obwohl niemand im Raum ist, und Türen entriegelt. An natürliche Erklärungen ist nicht mehr zu denken. Einige der Betroffenen werden trotzdem mißtrauisch und beobachten die übrigen Mitbewohner. Was man zunächst nicht glauben wollte, hält man nun für möglich - nämlich daß ein Familienmitglied die Macht hat, Gegenstände durch Fernwirkung zu bewegen. Die Parapsychologie spricht von „spontaner Psychokinese“. Weitere Begriffe tauchen auf: „Apportationen“ nennt man

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das willkürliche Bewegen, besonders das Heranführen von Gegenständen durch das Medium; von „Perforation“ wird gesprochen, wenn der apportierte Gegenstand dabei einen festen Körper durchfliegt, ohne ihn zu zerstören.

Das alles geschieht nicht lautlos. Die Zeugen der Vorgänge rennen umher und schreien, das Poltern und Pochen nimmt zu und wird auch außerhalb des Hauses gehört. Die Nachbarn werden aufmerksam und betrachten die betroffene Familie reichlich scheel. Die Gerüchteküche entsteht. Je nach Bildungsstand wird vom Teufel, einer Heimsuchung Gottes, von Schwindel und Betrug gesprochen. Mißtrauen, Verachtung oder Hohn begegnen den vom Poltergeist Heimgesuchten.

Der Geisterexperte Harry Price beschrieb Poltergeister schon 1945 folgendermaßen: „Ein Poltergeist ist ein angeblicher Geist, ist Element, Ding, Werkzeug, zweitrangige Persönlichkeit, Intelligenz, Macht, Geist, Kobold oder Vertrauter, mit gewissen unerfreulichen Eigenschaften. Während der gewöhnliche Geist unserer Geschichtensammlung ein ruhiger, passiver, schwacher, geräuschloser und ziemlich wohlwollender Geist ist, mit gewöhnlich freundlichen Gefühlen gegenüber den leibhaftigen Bewohnern jedes Ortes, wo er haust, ist der Poltergeist genau das Gegenteil davon. Den vielen Berichten über seine Aktivitäten zufolge, und zwar in allen Ländern und zu allen Zeiten, ist der Poltergeist mißgünstig, destruktiv, lärmend, grausam, unberechenbar, diebisch, protzig, ziellos, listig, nutzlos, hämisch, unverfroren, neckisch, übelwollend, boshaft, mitleidlos, einfallsreich und ein Blutsauger dazu.

Ein Geist „spukt“, ein Poltergeist „verseucht“. Ein Geist liebt die Einsamkeit, ein Poltergeist zieht die Geselligkeit vor. Ein Geist sucht das Dämmerlicht, ein Poltergeist produziert sich im Tageslicht.

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Poltergeister sind aufgrund von Gesetzmäßigkeiten, die unseren Physikern bislang unbekannt blieben, in der Lage, von lebenden Personen Energie zu beziehen, häufig von Jugendlichen, auffallend oft von weiblichen Heranwachsenden, besonders dann, wenn sie an irgendeiner Geistesstörung leiden. Sie scheinen die Fähigkeit zu besitzen, junge Menschen als Stützpunkt, Hebel oder Rückhalt auszunutzen, um diese Energie zu steigern oder zu erhalten sowie ihre Kraft intelligent einzusetzen. Sie sind in der Lage, diese Macht auf telekinetische Weise zur gewaltsamen Fortbewegung oder Verlagerung von Gegenständen auszuüben, mit dem Ziel der Zerstörung und insbesondere zur Erzeugung der unterschiedlichsten Geräusche - vom Knistern eines Seidenhemdes bis zur Explosion, die die Fensterscheiben klirren läßt.“

Poltergeister und die Justiz An die Existenz von Poltergeistern mag man glauben oder

nicht. Wer mehr für Fakten ist, sollte daran denken, daß sich damit schon Gerichte beschäftigten, und zwar nicht nur dann, wenn es schlicht und einfach um betrügerische Machenschaften aus mannigfaltigen Gründen ging, wie im Fall der Neutraublinger Zahnarztpraxis.

Der englische Schriftsteller Peter Haining fand in Gerichtsakten einen Vorgang, der der Geschichte des Poltergeistes sogar einen gewissen Rechtsstatus verlieh. Demnach mietete der englische Dichter Stephen Phillips (1864 -1915) ein abgelegenes Haus in der Nähe von Windsor. Doch mit der Ruhe war es nichts. Innerhalb weniger Tage wurde er von unzähligen Geräuschen geplagt: Schritte dröhnten durchs Haus, Türen öffneten und schlossen sich ohne Grund, Schmerzens- und Verzweiflungsschreie schreckten den Mann auf. An Arbeit war nicht zu denken. Phillips zog aus,

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die Presse stieg mit Schlagzeilen groß ein, und der Hauseigentümer ging ob solcher abträglichen Publizität vor Gericht. Er verklagte zwei Zeitungen, gewann den Fall und erhielt eine Entschädigung. Als jedoch eine der Zeitungen Widerspruch einlegte, wurde der Beschwerde vom Hohen Gerichtshof stattgegeben. Fazit: Ein Poltergeist hatte Justizgeschichte geschrieben.

Streit wegen eines „wertmindernden Geistes“ gab es auch in Chicago. 1912 setzte dort ein Hausbesitzer durch, daß der Taxwert seines Hauses gemindert wurde, weil ein Geist in ihm umging. Der Mann hatte vor Gericht Protest gegen die Höhe der Besteuerung seines Grundstücks eingelegt. Seine Begründung lautete: „Ein Geist hat es für mich unprofitabel gemacht.“ Er erzählte dem Gericht, daß ein Mädchen unter mysteriösen Umständen in dem Haus gestorben sei und man vermute, daß sie umgebracht wurde. Danach habe sich jeder neue Mieter über fürchterliche Geräusche und Schmerzensschreie beklagt und das Grundstück innerhalb weniger Tage verlassen. Ergebnis der Beschwerde war, daß das Gericht den Taxwert des Hauses um die damals horrende Summe von 4000 Dollar senkte.

Besonders schlechte Erfahrungen mußten Geister auf Island mit der Justiz gemacht haben. Laut Peter Haining gab es dort ein Gesetz, wonach ein von einem Geist verfolgter Bürger das Gericht anrufen konnte. Erkannten die Richter die Klage als rechtens, wurde der Geist dazu verurteilt, Frieden walten zu lassen. Ob die Geister, davon beeindruckt, sich daran hielten, ist allerdings nicht bekannt.

Exorzismus - die Teufelsaustreibung

Der Teufel und die Exorzisten der Kirche sind immer wieder beliebte Hauptfiguren von Gruselfilmen. Neben den

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Leinwandphantasien wirkt die Wirklichkeit oftmals noch viel gruseliger, wenn eine Familie jahrelang von dämonischen Kräften geplagt wird, immer wieder Feuer ausbricht, Mann und Frau bis zur Bewußtlosigkeit gewürgt und von umherfliegenden Messern bedroht werden. Der amerikanische Parapsychologe Martin Ebon zeichnete einen solchen Fall nach, bei dem ein Priester aus San Francisco, Reverend Karl Patzelt, zwischen dem 19. August und dem 8. September 1974 in Daily City 14 Austreibungen vornahm. Reverend Patzelt berichtete, es habe sich bei dem Fall nicht um eine „Besessenheit“ gehandelt, bei der man, traditionellen Vorstellungen zufolge, richtig vom Teufel beherrscht wird, sondern vielmehr um eine „Heimsuchung“, also um einen Angriff auf die Familie „von außen“. Aufgrund dieses Charakteristikums schließen Parapsychologen auf Poltergeistphänomene, die für sie in erster Linie das Ergebnis einer komplizierten Wechselwirkung zwischen psychischen und physischen Kräften sind.

Patzelt sah weniger einen parapsychologischen Bezug als vielmehr den Beweis dafür, daß der Teufel von hoher Intelligenz ist und über tausenderlei Tricks verfügt. Er berichtete u. a. von einem 25 Zentimeter hohen Kreuz, das sich von der Wand gelöst hatte und auf ein vier Meter entferntes Bett gefallen war. Die ersten Phänomene traten im Frühjahr 1972 auf, als im Haus der jungen Familie ohne jeden ersichtlichen Grund Feuer ausbrach und Gegenstände, darunter ein Steakmesser, durch die Luft flogen.

Das junge Paar hatte schon zahllose Medien zu sich eingeladen, bevor es sich an die Kirche um Hilfe wandte. Die Medien hatten derartig verschiedene Erklärungen für die Ereignisse gegeben, daß die jungen Leute überhaupt nicht mehr wußten, woran sie waren, zumal keine der empfohlenen Abhilfen einen dauerhaften Erfolg brachte. Dann ging

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Reverend Patzelt nach den Regeln des Exorzismus ans Werk. Die römisch-katholische Kirche bevorzugt beim Exorzismus

die lateinische Sprache, gelegentlich werden Teile jedoch auch in der jeweiligen Landessprache gelesen. Vom Exorzisten wird verlangt, daß er fromm, umsichtig und rechtschaffen ist und nicht ohne weiteres an eine Besessenheit glaubt. Hält er Besessenheit dennoch für erwiesen, so ist er gehalten, sich - mit einem Chorrock und einer purpurnen Stola bekleidet - vor dem Leidenden aufzustellen und eine Vielzahl von Gebeten zu sprechen, die in dem Befehl an den Dämon gipfeln, durch irgendein Zeichen seinen Namen sowie den Tag und die Stunde seiner Verdammnis mitzuteilen. Er fordert ihn dann auf, ihm, einem unwürdigen Diener Gottes, in allem zu gehorchen, und spricht schließlich die Austreibungsformel, die in dem Befehl an den „unreinen Geist“ gipfelt, auszufahren.

Zu der Zeit, als die Austreibungen publik wurden, trat der Familienvater, ein 28jähriger in Großbritannien geborener Transportarbeiter, vom orthodoxen Judentum zum Katholizismus über. Seine 26jährige Frau war eine irische Katholikin. Ihr gemeinsamer Sohn war damals zwei Jahre alt. Es ist nach Meinung von Martin Ebon nicht auszuschließen, daß die Mischehe die beiden zumindest unbewußt psychisch belastete, besonders nach der Geburt des Babys. Vielleicht löste der Übertritt des Vaters, der wahrscheinlich zum Teil auf die Besessenheit und die Exorzismen zurückging, die inneren Konflikte und machte so den Poltergeistphänomenen ein Ende. In den meisten derartigen Fällen gehört ein Teenager zur Familie. Man nimmt an, daß sich seine oft verdrängten Feindseligkeiten psychophysisch in solchen Phänomenen manifestieren. Das Ende der Pubertätskrise bedeutet häufig auch das Ende der Vorfälle.

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Bei den beschriebenen Geschehnissen handelte es sich nach Meinung der Parapsychologen wahrscheinlich um ein Poltergeistphänomen in einem ganz spezifischen religiöspsychischen Rahmen. Hilfe wurde der Familie durch das zielstrebige und entschlossene Vorgehen Patzelts zuteil, der dafür die Erlaubnis des zuständigen Erzbischofs eingeholt hatte.

Die Familie selbst war jedenfalls völlig hilflos. Manchmal glaubte sie, der Teufel sei am Werk, dann wieder hatte sie den Eindruck, „ein ganzes Heer von Dämonen“ bedrohte sie. „Oft flogen im ganzen Haus die Sachen gleichzeitig durch die Luft. Daraus schloß ich, daß es ziemlich viele waren“, erklärte der Ehemann.

Ab und zu trafen die Geschosse auch. „Sie warfen mit Schuhen, Messern, einem Schürhaken, Essen, Tellern - mit allem, was sie bewegen konnten - sie packten es und schleuderten es durch die Luft.“ Richtig zu sehen oder zu hören waren der Teufel oder die Dämonen jedoch nie, man nahm lediglich manchmal „einen schwarzen Schatten“ wahr, „der durchs Zimmer flitzte und einen frösteln ließ, wenn er an einem vorbeikam“.

Die Para-Forschung kennt laut Ebon zwei Spukformen, die eine steht im Zusammenhang mit Orten, beispielsweise Häusern, die andere mit Personen. Die Vorkommnisse von Daily City fielen offensichtlich in die zweite Kategorie. Die Familie zog zweimal um, mußte aber feststellen, daß sie damit gar nichts erreichte. „Wir konnten ihnen einfach nicht entfliehen, sie folgten uns überallhin nach.“

Die Rückkehr der Phänomene kündigte sich 1974 an, als plötzlich die Brenner des Gasherdes an waren, obwohl sich niemand daran erinnern konnte, sie angezündet zu haben. John und seine Frau schauten sich an: sie waren überzeugt davon, daß die Besessenheit von neuem einsetzte. Es kam

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jedoch nicht zu einem „plötzlichen Trommelfeuer“, es dauerte vielmehr „ein, zwei Wochen“, bis sich die Phänomene wieder „in voller Stärke“ bemerkbar machten.

Erneut wurden Gegenstände nach John und seiner Frau geworfen. Die beiden erlitten auch körperliche Schmerzen, sie wurden gewürgt, und die Arme wurden ihnen auf dem Rücken verdreht. Mit zu den beunruhigendsten Vorkommnissen gehörte, daß überall im Haus Feuer ausbrachen, die das Baby gefährdeten. John erzählte dem „San Francisco Examiner“:

„Handtücher, Kleider, Tapeten wurden in Brand gesetzt. Sie warfen die Kleider auf den Boden und zündeten sie an. Sie verbrannten auch eine Matratze. Sie umschlangen unseren Hals, drückten, bis wir nicht mehr atmen konnten. Je intensiver wir beteten, desto härter wurden wir geschlagen. Das dauerte etwa 22 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche.“

Schließlich bekam Reverend Patzelt von seinem Bischof die Genehmigung zum Exorzismus am 16. August. Er bediente sich dabei des Rituale Romanum, das 1614 unter Papst Paul V. formuliert und eingeführt worden war. Die Vorstellung einer teuflischen Besessenheit sowie die Notwendigkeit des Exorzismus werden übrigens nicht nur von der römisch-katholischen Kirche und der anglikanischen Hochkirche akzeptiert, sondern auch von verschiedenen protestantischen Glaubensgemeinschaften. Sie gehen zurück auf die Bibel, nach der auch schon Jesus Austreibungen vornahm. Die ausführlichsten Berichte - zu finden bei Matthäus, Markus und Lukas - befassen sich mit einem Gardarener, der von so vielen Teufeln besessen war, daß ihre Zahl „Legion“ war. Das Ritual bestimmt, daß erst einmal mit aller Sorgfalt festgestellt werden muß, ob es sich bei dem Zustand eines gestörten Opfers nicht um eine physische oder psychische Krankheit handelt, bevor

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eine Besessenheit angenommen werden kann. Abgesehen von einigen modernen Anpassungen gelten die Prinzipien aus dem 17. Jahrhundert auch heute noch. Eine maßgebliche Persönlichkeit des Vatikans, Monsignore Corrado Balducci, hat jedoch schon 1959 auf das mögliche Vorhandensein von Elementen außersinnlicher Wahrnehmung (ASW) bei Fällen hingewiesen, die nach Besessenheit aussehen. Balducci plädierte dafür, auch parapsychologische Erkenntnisse zu berücksichtigen. Demnach soll der Priester beispielsweise feststellen, ob der angeblich Besessene über „ungewöhnliche Kräfte“ verfügt, ob er Sprachen spricht, die ihm sonst fremd sind, oder ob er um „verborgene“ Fakten weiß. All diese Elemente lassen sich nach Meinung des Parapsychologen Ebon auch parapsychologisch erklären. So wurde der Begriff „ungewöhnliche Kräfte“ in der Vergangenheit ausschließlich physisch interpretiert, was verständlich schien, denn anscheinend Besessene, selbst verhältnismäßig zarte Frauen, entwickeln oftmals derartige Kräfte, daß sie nur von mehreren Leuten überwältigt werden können. In letzter Zeit dehnt man den Begriff aber auch auf „ungewöhnliche“ geistige Kräfte aus. „Verborgene“ Fakten kann man sich laut Ebon auch dadurch aneignen, daß man jemandes Gedanken liest (Telepathie) oder man einen räumlich weit entfernten Vorgang durch Hellsehen empfindet. Plötzliche Sprachkenntnisse, die man bewußt nicht hat (Xenoglossie), können auch auf ein anderes Phänomen zurückzuführen sein. Von spiritistischen Medien wird gesagt, daß sie ihre Botschaften oft in ihnen sonst unbekannten Sprachen übermitteln. Derartige Behauptungen sind zwar nur sehr schwer zu beweisen, immerhin sind sie aber schon so häufig aufgestellt worden, daß Bedenken bei der Diagnose „Besessenheit“ angebracht sind. Die Berichte über den von Patzelt in San Francisco durchgeführten Exorzismus geben

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keinen Hinweis darauf, daß die Familie all den vom Rituale Romanum verlangten Prüfungen unterzogen wurde. Nach Ansicht Ebons fällt das, was Patzelt als „Besessenheit“ bezeichnete, mit einiger Wahrscheinlichkeit unter die Psychokinese und somit auch in die Poltergeistkategorie. Patzelt erzählte Reportern, er habe schon bei seinem ersten Besuch der Familie mit Sicherheit gewußt, daß es sich um dämonische Einflüsse handele. „Ich sah sofort“, sagte er, „daß ein Exorzismus vonnöten war. Die Schlafzimmerwände waren mit schwarzen Spuren bedeckt, die von den nachts durch die Luft fliegenden Schuhen stammten. Außerdem zeigte man mir im Bad, wo ein Handtuch angezündet worden war, die verbrannte Tapete.“

Der Fall von Daily City zeigt nach Meinung des amerikanischen Parapsychologen ganz deutlich, wo sich die Grenzen von Religion, Psychologie und Parapsychologie überschneiden. Es genüge nicht, nur in Kategorien zu sprechen, also von „Besessenheit“ (Religion), „infektiöser Psychose“ (Psychologie) oder von „Poltergeistphänomenen“ (Parapsychologie). Ideal wäre es, wenn derjenige, der mit der Lösung eines solchen Falles beauftragt wird, auf allen drei Gebieten firm wäre und auch noch über die neuesten Erkenntnisse der Soziologie und Anthropologie Bescheid wüßte.

Kurz nach Patzelts offensichtlich erfolgreichem Exorzismus wurden in der Presse weitere Fälle von Besessenheit bekannt. Psychiatrie-Professoren sahen darin eine hysterische Nachahmung.

In jüngerer Zeit regten sich auch unter den römisch-katholischen Spezialisten Stimmen, die den komplexen Themenkreis „Besessenheit“ differenzierter sehen wollen. Der französische Dominikanerpriester Reginald Omez erklärte gegenüber Ebon, die Kirche sei bestrebt, alle „normalen“ Erklärungen aus solchen Gebieten wie Wunderheilung und

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Besessenheit zu eliminieren. Der Priester habe hinzugefügt: „Wir verdanken es der Para-Forschung, daß sich unser Horizont auf diesen Gebieten erweitert hat. Wir müssen uns über die neuesten Erkenntnisse auf den Gebieten der Telepathie, Hellsichtigkeit, Präkognition und Psychokinese auf dem laufenden halten.“

Der Fall Anneliese Michel

Einer der bekanntesten Exorzismusfälle ereignete sich Mitte der 70er Jahre im unterfränkischen Klingenberg am Main. Als Anneliese Michel am 1. Juli 1976 starb, kam es zu einer heftigen Kontroverse über den Sinn exorzistischer Praktiken. Anneliese Michel, die bei ihrem Tod 23 Jahre alt war, hatte sich über zehn Monate hinweg einer Reihe von Austreibungen unterzogen. Die Pater Ernst Alt und Wilhelm Arnold Renz hatten insgesamt 67 Exorzismen mit dem Ziel durchgeführt, eine Vielzahl von Teufeln, Dämonen und bösen Geistern auszutreiben, und folgten damit den Anweisungen des Würzburger Bischofs Josef Stangl. Theologisch überwacht wurden ihre Bemühungen von einer Autorität auf dem Gebiet der Besessenheit und des Exorzismus, Pater Adolf Rodewyk.

Die mit Anneliese Michel praktizierten Austreibungen erregten weltweites Aufsehen. Die Medizin führte den Tod der jungen Frau auf Unterernährung zurück, da sie nur noch 31 Kilo wog. Im Prozeß vor dem Landgericht Aschaffenburg im Frühjahr 1980 äußerten Psychiater und Mediziner die Ansicht, Anneliese Michel habe an psychotischer Epilepsie gelitten. Die beiden Exorzisten wurden auch wie die Eltern der jungen Frau zu sechs Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt. Die Kontroverse zwischen Ärzten, Theologen und Parapsychologen war damit aber nicht beigelegt, sondern ist trotz dieses Richterspruchs noch in vollem Gang.

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Geister wissen nicht, daß sie tot sind Für Außenstehende erscheint der Disput darüber, ob es

Geister gibt oder nicht und ob sie wissenschaftlich beweisbar sind, im wahrsten Sinn des Wortes wie eine Geisterdiskussion. Für die Mehrheit der Menschen sind Geister wohl eher eine emotionale Einstellungsfrage. So gehen die Engländer seit jeher mit ihren Geistern immer etwas ehrfürchtiger um als anderswo. In den USA gilt es als schick und vornehm, einen Geist im Haus zu haben - wohl aber eher mangels Tradition im europäischen Zeitsinn. In Irland deutet es darauf hin, daß möglicherweise mit den Vorfahren eines Menschen etwas nicht ganz stimmt.

Prof. Dr. Hans Holzer, einer der führenden Parapsychologen, hat sich mit der Frage, was Geister sind, auseinandergesetzt. Hier sein Ergebnis:

Ein Geist ist für den Parapsychologen die überlebende geistige Erinnerung an jemanden, der auf tragische oder gewaltsame Weise gestorben ist. Im Augenblick des Todes wird die Trennung der Seele, die manche als Geist bezeichnen, vom leiblichen Körper durch einen emotionalen Schock gestört, der den normalen Übergang verhindert. Infolgedessen wird der Tod im Bewußtsein desjenigen, der stirbt, nicht registriert.

Statt dessen besteht das Leben sozusagen in seinem Geist fort, und derjenige, dem dies widerfährt, kann die Realität nicht erkennen. Die Geister wissen selten, daß sie tot sind, aber manchmal empfinden sie, daß sie nicht das sind, was sie vorher waren. Sie können sich dunkel der Tatsache bewußt sein, daß eine Veränderung eingetreten ist und daß

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manche Dinge nicht so sind wie vorher, aber sie sind sich über ihren Zustand niemals ganz im klaren. Sie ähneln in der Tat sehr den Neurotikern.

Geister sind niemals rational. Sie sind immer bis zu einem gewissen Grad unfähig, sich mit der Realität ihres Seins, ihrer Existenz auseinanderzusetzen. Daher sind sie auch nicht in der Lage, etwas für sich selbst zu tun. Sie können sich nicht fortbewegen, sie können nichts unternehmen, um sich zu helfen. Sie sind in der Tat einzig und allein auf Hilfe von unserer Seite des Lebens angewiesen. Sie können nicht von denen gerettet werden, die hinübergegangen sind und jetzt in der sogenannten Geisterwelt leben, weil sie dort noch gar nicht angelangt sind.

Geister leben in einer physischen Welt, aber sie gehören nicht zu dieser physischen Welt. Deshalb gleichen sie ein wenig einem Fisch auf dem Trockenen. Sie kommen mit ihrem Zustand des Seins nicht zurecht. Sie empfinden wie lebende Menschen; sie glauben, sie seien, was sie einmal waren, aber sie sind es nicht. Daher sind sie verwirrt, wenn sie nicht andere Menschen auf sich aufmerksam machen können, die sie selbst schwach wahrnehmen. Sie stellen fest, daß sie bestimmte Dinge nicht tun können. Sie sind beispielsweise nicht mehr in der Lage, Gegenstände hochzuheben. Allmählich geraten sie in eine immer größere Panik.

Geister sind eher die Ausnahme als die Regel, aber sie sind kein Produkt der Einbildungskraft, so Holzer weiter. Sie sind nicht Erfindungen von Menschen mit üppiger Phantasie. Ebensowenig kehren Geister wieder, einfach deshalb tun sie das nicht, weil sie nirgendwo hingegangen sind. Sie sind auch nicht das, was die Franzosen „revenants“ (Gespenster) nennen. Nur diejenigen können aus der nichtkörperlichen Welt wiederkehren, die normalerweise dort sind - aber nicht Geister. Für einen Außenstehenden ist es sehr schwer zu

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verstehen, daß es einen deutlichen Unterschied gibt zwischen Erscheinungen der Toten und den sogenannten Geistererscheinungen. Darin sieht Holzer zwei völlig verschiedene Phänomene. Wenn Tote erscheinen, so haben sie die volle Freiheit, zu kommen und zu gehen, die Freiheit, sich zu manifestieren, und im allgemeinen auch die volle geistige und emotionale Kraft. Bei Geistem ist nichts davon zu finden. Geister sind abgesplitterte Teile der Persönlichkeit, besser nur von den letzten Momenten des Lebens. Sie können ihre früheren Erinnerungen nicht wiedererlangen, bis man ihnen aus ihrem Zustand der Psychose herausgeholfen hat.

Friedliche Geister Es gibt noch viele andere falsche Vorstellungen von Geistern.

Vor allem sind Geister nichts Erschreckendes, außer wenn man über ihre wahre Natur nicht Bescheid weiß, erläutert der Parapsychologe. Geister können einem nichts anhaben, weil sie nicht in der Lage sind, mit Menschen in irgendeiner ernsthaften Weise in Beziehung zu treten. Es gibt einige ganz seltene Ausnahmen. Es kann geschehen, daß ein Mensch, der den Tod eines anderen verschuldet hat, von seinem Opfer wiedererkannt wird, wenn er an den Ort des Geschehens zurückkehrt. Das Geisterwesen sammelt dann große emotionale Kraft und kann die Energie haben, den leiblichen Menschen zu töten. Ein solcher Fall geschah auf den Philippinen, wo ein Mörder an den Ort seines Verbrechens zurückkehrte. Ein zweiter Fall ereignete sich im nordnorwegischen Trondheim in einer früher katholischen, jetzt lutherischen Kirche. Ein ehemaliger Abt, der im Wahnsinn gestorben war, wurde gesehen und versuchte tatsächlich, Menschen zu erwürgen, die sich auf der oberen Galerie der

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Kirche befanden, weil er sie mit jemandem aus der Vergangenheit verwechselte. Im allgemeinen jedoch seien Geister nicht in der Lage, in der Weise nach den Lebenden zu greifen, daß sie diese berühren oder ihnen gar Schaden zufügen können. Immer sind es die Lebenden, die sich ängstigen. In Wirklichkeit muß man Geister nicht fürchten, sondern bemitleiden und ihnen helfen, meint Holzer.

Ein anderes häufiges Mißverständnis lautet, daß Geister sich fortbewegen und Menschen verfolgen können. Das tun sie nicht. Wenn ein Geist außerhalb eines bestimmten Gebäudes oder der gleichen unmittelbaren Umgebung noch an anderen Orten gesehen wird, so haben wir es nicht mit einem Geist zu tun, sondern mit der Erscheinung eines Toten.

Eine weitere irrige Meinung sei, daß Geister in der Nacht erscheinen, besonders um Mitternacht. In Wirklichkeit haben Geister nicht einmal nebelhafte Zeitvorstellungen. Sie kennen keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht. Wenn sie überhaupt gegenwärtig sind, sind sie immer gegenwärtig. Menschen, die in einem Spukhaus wohnen, können allerdings zu bestimmten Stunden empfänglicher sein. In England ist es zum Beispiel sehr schick, von Geistern zu sprechen, die zu bestimmten Zeiten erscheinen. Das hat mit der Wiederkehr der Stunde ihres Ablebens oder der Tragödie zu tun, die sie zu Geistern gemacht hat. Der genaue Augenblick eines Unheils löst die Erinnerung aus und steigert das Bedürfnis, sich zu manifestieren. Es spiele keine Rolle, ob es Tag oder Nacht ist, allerdings werden in der Nacht die medialen Schwingungen weniger durch weißes Licht und Geräusch gestört. Weißes oder gelbes Licht zerstöre die Bewegung der medialen Emanationen, weil es offenbar mit etwa der gleichen Geschwindigkeit schwingt wie diese. Je dunkler es ist, um so eher werden die medialen Schwingungen stark genug sein.

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Seine Erfahrungen mit Geistern beschreibt Holzer so: „Ich war bis jetzt in fast tausend Spukhäusern auf der ganzen Welt. Man bekommt dadurch eine gewisse Routine. Ich weiß heute ziemlich genau, daß ich höchstwahrscheinlich irgendeine arme Seele finden werde, die sich im Augenblick ihres Todes in ihr Problem verstrickte, ihren Tod nicht hinnehmen will oder kann und nach jemandem sucht, mit dem sie sprechen kann. Also sucht man eine Möglichkeit, mit ihm zu sprechen. Man leiht ihm die Stimme eines Mediums, hört sich seine Geschichte an, und dadurch, daß er seine Geschichte ausspricht, befreit er sich von dem Bedürfnis, sie ständig zu wiederholen, und man befreit ihn. Es ist ebenso wie bei der Psychoanalyse, nur daß der Patient nicht auf einer Couch liegt. Der Patient ist nichtmateriell. Er ist nur dank der Fähigkeiten eines Mediums gegenwärtig. Der Forscher muß dem Wesen erklären, daß die Zeit weitergegangen ist oder daß die Situation, die seine Qual verursacht hat, nicht mehr besteht. Dabei kommt es viel auf die Geschicklichkeit des Betreffenden an, denn Geister sind nicht vernünftig, und ihre erste Reaktion ist es stets, daß sie glauben, sie lebten noch und ich erzähle ihnen Lügen. Sie glauben, sie seien in Wirklichkeit gar nicht tot, da sie ja mit jemandem sprechen und den Körper des Mediums spüren, in den sie eingedrungen sind. Man muß Schritt für Schritt vorgehen, um sie davon zu überzeugen, daß sie „tot“ sind, und man muß ihnen ihren Zustand erklären.

Sobald dies gelungen ist, kann man sie veranlassen, zu gehen. Das ist nicht immer einfach, weil sie vielleicht nicht wissen, wo sie hingehen könnten. Sie erinnern sich vielleicht nicht an eine große Zuneigung zu einem anderen, nach dem sie nun greifen könnten. Aber schließlich bringt man sie doch so weit, daß in ihnen der Wunsch entsteht, einen geliebten Menschen irgendwo „dort außen“ zu treffen. Sobald man sie soweit

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Gebracht hat, werden sie von den Spukplätzen weggezogen. Sie werden dann in jene andere Welt versetzt, in die sie gehören, da sie jetzt nur Gedankenform sind und sich fortbewegen können, wenn sie emotional dazu bereit sind.“

Geister lassen sich fotografieren

Auch mit der Beweisbarkeit von Geistern hat sich Prof. Holzer befasst. Fotos würden hier ein Stück weiterhelfen.Es sei deshalb wichtig, eine zuverlässige Aufnahmetechnik für übersinnliche Phänomene zu entwickeln. Holzer: „Als ich mich mit diesem Probelm zu beschäftigen begann, lag an ernsthafter Literatur über Geisterfotografie fast nur spiritistisches Material vor.“ Seine eigenen Aufnahmen wertet der Parapsychologe als wichtigen Schritt zu dem Beweis dafür, dass Geister objektive Realitäten sind.

Alles deute darauf hin, dass sie Elektromagnetische Felder, die einen engumgrenzten Gebiet anhaften und einer beschränkten Bewegung fähig sind, darstellen; dass sie diese Gebiet jedoch nicht von sich aus verlassen können. Es sind elektromagnetische Felder, die Gedächtnisimpulse enthalten. Sie reagieren jedoch auf Menschen in ihrer unmittelbarer Nähe. Das bedeute nicht, dass sie sich so frei wie normale menschliche Wesen benehmen können, sondern dass alle echten Phantome nur begrenzte Handlungsspielräume haben.

Holzer betont dies, weil es zwei verschiedene Arten von Geisterfotos gebe – erstens die Aufnahme eines Individuums an jenem Ort, wo ihm ein Unheil zugestoßen ist, und zweitens die Prägung der Vergangenheit, ohne dass ein Wesen gegenwärtig ist. Die einzige Möglichkeit, Klarheit zu schaffen, bestehe darin, das Phänomen bei verschiedenen aufeinanderfolgenden

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Anlässen zu prüfen. Wenn mehrere Individuen genau die gleiche Szene zu verschiedenen Zeiten ohne die geringste Abweichung sehen, dann haben sie es mit einem Abdruck der Vergangenheit zu tun, ähnlich einer Fotografie, die in der Atmosphäre zurückgelassen wurde. Wenn jedoch Abweichungen vorkommen, dann deutet dies auf eine tatsächliche Gegenwart, auf eine Person hin. So will Holzer festgestellt haben, dass ungefähr zehn Prozent aller Erscheinungen, über die berichtet wurde, echte Geister waren; bei 90 Prozent handelte es sich um Eindrücke ohne die Anwesenheit von Individuen

Wenn man versuchte, solche Erscheinunge zu fotografieren, dürfe man sich nicht absichtlich und hoffnungsvoll auf ein bestimmtes Phantom abzielen. Fast alle Geisterfotos entstehen zufällig und ungeplant.

Drei Voraussetzungen seien dazu erforderlich. Erstens müsse man an einem Ort sein, wo tatsächlich ein Spuk stattgefunden hat und der Geist noch aktiv ist. Zweitens müsse in dem Raum oder in dem Gebäude ein fotografisches Medium anwesend sein, das genau das richtige biochemische System im Körper hat, um dies zu ermöglichen. Der Körper dieser Person ist die eigentliche Kamera. Die technische Kamera banne den Vorgang letztlich nur auf den Film. Ohne die Anwesenheit eines fotografischen Mediums wird kein Resultat zu erzielen sein. Drittens müsse man eben zur richtigen Zeit in die richtige Richtung zielen.

Trotz allem sei es sehr schwierig, einen geist zu fotografieren. Laut Holzer kann man mit Resultaten rechnen, wenn man an einem Spukort zwei oder drei Filmrollen in alle Richtungen belichtet. Ungefähr ein Prozent alller Fotografien, die er an Spukorten in der Gegenwart eines Menschen, der das richtige biochemische Etwas hatte, geschossen hat, hätten ein Erlebnis gezeigt. Das habe übrigens nichts mit

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dem Experiment zu tun, bei dem mit der Polaroidkamera sogenannte Gedankenbilder aufgenommen werden. Letztere seien viel leichter zu beeinflussen. Man versucht dabei, die Bilder einzufangen, die von einer anderen Dimension aus projiziert werden. Solche Fotografien gebe es in großer Zahl.

Einen prominenten Hintergrund erlangte die Geisterfotografie 1925, als eine Lady Palmer, begleitet von einer Miss Townsend, die Basilika von Domremy besichtigte, die Jeanne d'Arc, der Nationalheiligen Frankreichs, geweiht ist. Die heilige Johanna hatte ja stets behauptet, all ihre Taten seien von geisterhaften Stimmen und Visionen inspiriert worden. Während also Lady Palmer vor der in der Kirche aufgehängten britischen Flagge stand, wurde sie von ihrer Bekannten fotografiert. Obwohl sonst niemand in der Kirche war, entdeckte man nach dem Entwickeln des Filmes das geisterhafte Abbild zweier Priester in Chorhemden, darauf das Lilienwappen der Jungfrau von Orleans. Verschiedene Experten untersuchten das Foto, fanden jedoch keinen Beweis für einen Betrug.

Kontakt mit den Toten

Zu allen Zeiten verspürten die Menschen das Verlangen, mit ihren Toten in Kontakt zu treten. Tief verwurzelte Emotionen stecken dahinter, nicht zuletzt auch die Neugierde, was nach dem diesseitigen Leben ist. Aber auch unter jenen, die die Kommunikationskanäle zwischen den beiden Welten wissenschaftlich zu erforschen versuchen, gibt es verschiedene Ansichten.

Der konservative Parapsychologe wird nicht von vornherein die Ansicht akzeptieren, daß es ein Jenseits gibt. Prof. Dr. Hans Holzer kritisiert denn auch Mitglieder seiner Zunft, die gelegentlich vor nichts zurückschrecken, um die Hypothese

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eines Fortlebens zu widerlegen. Seiner Meinung nach existiert ein Jenseits, und zwar deshalb, weil es bereits überzeugende Beweise dafür gebe. Zwei völlig verschiedene Arten der Kommunikation könnten die Verbindung hierzu herstellen. Zum einen gehe die Kommunikation von den Toten aus. Hierbei handle es sich um dramatische, oft unerwartete, oft überraschende und gelegentlich erschreckende Verbindungen zwischen den beiden Welten. In den Augen der PSI-Wissenschaftler liegt der Vorteil solcher spontanen Phänomene in der Verfassung des Empfängers. Da er die Kommunikation nicht von sich aus gesucht hat, fehlen in den meisten Fällen die Elemente der Wunscherfüllung. Das Unbewußte spiele bei dieser Art von Kontakt keine so große Rolle wie bei Kommunikationen, die von den Lebenden ausgehen.

Der Sender in der nichtphysischen Welt habe den Wunsch oder das Verlangen, mit der lebenden Person, für die die Mitteilung gedacht ist, in Verbindung zu treten. Der Empfänger ist in seiner Psyche vom Inhalt und von der Form der Mitteilung und den sich daraus ergebenden Konsequenzen beeindruckt. Unter Laborbedingungen solche Vorgänge zu Beweiszwecken zu bewirken sei so gut wie unmöglich. Holzer geht davon aus, daß bei der Verbindung gewisse Voraussetzungen gegeben sein müssen. Sie werde erst dann hergestellt, wenn ein wirkliches Bedürfnis danach besteht. Andernfalls, so mutmaßt er, hätten wir den ganzen Tag lang Gespräche zwischen den Toten und den Lebenden.Von den Lebenden in die Wege geleitete Kommunikationen stellen die zweite große Gruppe dar. Als Mittler zur nichtphysischen Welt dient ein Medium. Es gibt berufsmäßige Medien und Amateurmedien. Sogenannte mentale Medien sind während einer Seance bei vollem Bewußtsein, im Gegensatz zu Trancemedien.

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Bedient man sich der Dienste eines Trancemediums, so wird der Verstorbene mit den Stimmbändern des Mediums sprechen, und es kann sogar sein, daß er den Gesichtsausdruck des Mediums so verändert, daß dieser seinem eigenen Gesicht ähnelt. Auch durch Körperbewegungen kann der Verstorbene seine Identität beweisen wollen; oft werden ganz bestimmte Redewendungen oder Wörter sowie Spitznamen und persönliche Informationen als Identitätsnachweis übermittelt, berichtet Holzer.

Allerdings gebe es nicht sehr viele gute Trancemedien in der Welt. Die große Mehrheit der Mittler bestehe aus mentalen Medien, die als Verbindungsglieder fungieren und Botschaften von den vermeintlich Toten an die Lebenden weitergeben. Es komme auf die Fähigkeit des einzelnen Mediums an, ob die Botschaften unverstümmelt oder verstümmelt sind. Wenn es sich um symbolische Botschaften und Bilder handelt, hängt für den Erfolg des Unternehmens viel von der Interpretation durch das Medium ab. Unter den medialen Medien gibt es sehr viele psychometrische. Sie berühren einen Gegenstand, der sich einmal im Besitz eines Verstorbenen befunden hat, und können von ihm gewisse Visionen und Eindrücke empfangen.

Nach Holzer gibt es noch eine Reihe anderer Möglichkeiten, mit dem Jenseits Kontakt aufzunehmen, beispielsweise sog. Do-it-yourself-Medien, die die Gabe des Hellsehens oder des übersinnliches Fühlens besitzen. Eine weitere Form sei das automatische Schreiben, wobei ein Verstorbener angeblich die Hand des Mediums führt und sich somit schriftlich mitteilt.

Eine große Zahl von Schreibmedien werde tatsächlich von toten Korrespondenten kontrolliert. Beweisen lasse sich das durch die Art und den Inhalt der Niederschriften, durch das Schriftbild und durch die Tatsache, daß das Schreibmedium

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keine detaillierte Kenntnis vom Leben und von den Gewohnheiten des Verstorbenen hat.

Tonbandprotokolle aus dem Jenseits Jede Zeit scheint je nach technischem Stand ihre eigenen

Kommunikationsmittel mit dem Jenseits zu entwickeln. Ein relativ junger Zweig ist die Tonbandstimmenforschung. Zu den ersten, die Stimmen auf dem Tonband empfingen, zählt Friedrich Jürgenson, der am 12. Juni 1959 im Garten seines Wochenendhauses Vogelstimmen auf Band aufnahm. Plötzlich war ein sturmähnliches, vibrierendes Brausen zu hören, und dann erklang ein Trompetensolo. Ein Mann sprach unvermittelt norwegisch und wies auf „nächtliche Vogelstimmen“ hin. Jürgenson vernahm eine Reihe schnatternder, pfeifender Laute, u. a. auch die Stimme einer Rohrdommel. Jürgenson konnte sich nicht erklären, wie gerade in dem Augenblick norwegische Nachtvogelstimmen auf sein Band kamen, als er schwedische Tagvogelstimmen aufnahm.

Einen Monat später, als er an einem Rundfunkmanuskript über den Fall „Anastasia“ arbeitete, meldete sich wieder eine Männerstimme und sprach in eigenartiger Intonation in deutscher Sprache: „Zarengebiet müssen wir noch Frühling besprechen“, und fügte mit Nachdruck hinzu: „Friedrich - du wirst beobachtet.“ Und so ging's weiter.

Seither hat die Gemeinde der Tonbandstimmenanhänger zahllose Anhänger gefunden; eine eigene Technologie entwickelte sich, die mit dem Psychofon des Wiener Ingenieurs Franz Seidl begann. Eine Tonbandstimmenanhängerin erzählt:

„Ein gutes Gespräch und das gemeinsame Abhören schaffen bereits die richtige Atmosphäre. In manchen Kreisen wird ein Gebet gesprochen oder ein Musikstück, ein Choral,

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gespielt. Es bleibt jedem überlassen, was er für sich und seine Teilnehmer am besten hält. Eine kurze Sammlung und ein „Sicheinstellen“ auf die Jenseitigen sind auf alle Fälle vorteilhaft. Das aufmerksame Abhören erfordert meist eine Stunde Zeit.

Dann beginnen wir mit der ersten Einspielung. Wir löschen das Licht und entzünden eine Kerze. Ich messe dem Kerzenlicht keinerlei Bedeutung bei und experimentiere allein ohne Kerzenlicht, bei voller Beleuchtung. Das Entzünden einer Kerze hat nicht das geringste mit Mystifikation oder theatralischem Brimborium zu tun; Ich glaube nur, daß man sich in einem Kreis von mehreren Personen besser konzentrieren und auf die Jenseitigen einstellen kann, wenn man im Dunkel oder zumindest im Halbdunkel sitzt.

Das Zählwerk steht auf Null. Meist spielen wir mit der Geschwindigkeit 9,5, manchmal auch mit 19 ein, doch konnte ich bisher keinen Unterschied im Ergebnis feststellen. Wenn wir die Radiomethode verwenden, wird der Sender auf die richtige Lautstärke eingestellt, das heißt, nicht zu laut und nicht zu leise, so, daß er auf dem Tonband gut hörbar ist, aber die Stimmen der Teilnehmer nicht übertönt. Ich beginne mit einer kurzen Ansprache an die Jenseitigen, ich begrüße sie, danke für den Kontakt bei der letzten Einspielung und bitte um gute Verbindung an diesem Abend. Ich gebe Datum und Zeit bekannt, und jeder der Anwesenden nennt seinen Namen.

Wir haben zu unserem Schutz- und Schirmherrn, unserem Helfer und Vermittler Konstantin Raudive erwählt. Daß er dieses „Amt“ angenommen hat, beweist der gute Kontakt mit ihm. Es ist Brauch, daß wir zunächst ihn ansprechen, ihn grüßen, ihm danken und Fragen und Bitten an ihn richten. Da er unser bevorzugter Gesprächspartner ist, ist es deshalb nicht verwunderlich, daß wir ihn vorwiegend auf unseren

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Bändern haben. Meist ist schon am Anfang zu hören: Ich bin da, ich komme, ich bin doch hier, ich helfe euch - usw. Sehr wichtig ist, daß man ganz langsam und deutlich spricht und sehr genau zuhört. Erfahrungsgemäß lassen sich aber bei diesem ersten Abhören höchstens 50 bis 70 Prozent aller Stimmen verifizieren. Wir gehen dann zur zweiten Einspielung über.

Die Fragen, die nun gestellt werden, beziehen sich meist auf das vorher Gehörte oder Halbverstandene. Jeder Teilnehmer spricht natürlich diejenigen an, mit denen er Kontakt wünscht, aber ich halte es für ratsam, nicht nur Familienangehörige zu rufen, sondern sich auch an solche Jenseitige zu wenden, die mit Technik und Wissenschaft vertraut sind. Die Ergebnisse verdeutlichen, daß auf allgemeine Fragen allgemeine Antworten erteilt werden, doch auf intelligente, spezifische Fragen mitunter recht bemerkenswerte Mitteilungen auf das Band gelangen.

In der Regel können wir an einem Abend nicht mehr als drei Einspielungen vornehmen, denn jede erfordert zusammen mit dem Abhören einen Zeitaufwand von etwa 30 bis 45 Minuten. In den nächsten Tagen beginnt dann die Haupt - und Schwerstarbeit des Abhörens. Glaubt man, beim besten Willen nichts mehr aus dem Band heraushören zu können, geht man an das Protokollieren.“

Als Tonbandstimmen bezeichnen die Anhänger dieser Kommunikationsart mit dem Jenseits Stimmen auf dem Band, die weder von den Menschen, die durch das Mikrofon auf das Tonband sprechen, noch von irgendwelchen Rundfunk- oder Fernsehstationen stammen, physikalisch daher nicht erklärbar sind und als paranormale Stimmen gelten. Sie sind im allgemeinen nicht während der Aufzeichnung, sondern erst bei der Wiedergabe hörbar. Es soll aber auch Ausnahmen geben.

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Bis heute ist ungeklärt, wodurch sich die Stimmen manifestieren, ob sie über den Tonkopf auf das Band gelangen oder ob sie sich durch Ätherwellen über das Radio auf dem Band manifestieren.

Mitte der 80er Jahre waren Tonbandstimmenforscher beliebte Interviewpartner in Funk und Fernsehen. Ihre Botschaft fiel auch auf fruchtbaren Boden, hatte doch jeder Normalhaushalt die notwendigen Kommunikationsgeräte fürs Jenseits ohnehin. Wie häufig es aber tatsächlich klappte, weiß niemand.

Als Grundausstattung wurde empfohlen: ein Tonbandgerät, ein gutes Mikrofon, ein Radioapparat, ein Kassettenrekorder zum Überspielen und ein Kopfhörer. Ab da ging es dann in die technischen Höhen moderner Elektroakustik, je nach Geldbeutel und Glaube. Eine Aschaffenburger Firma konstruierte sogar ein Spezialtonbandgerät.

Voodoo-Zauber Zombies - die lebenden

Toten Zu den geheimnisumwittertsten Gruselzaubern gehört der

Voodoo-Kult. Sein Produkt sind die Zombies, wie sie in zahlreichen Filmen über die Leinwand geistern. Tatsächlich aber soll es Zombies geben.

Das Wort Voodoo stammt aus der westafrikanischen Fong-Sprache und bedeutet Schutzgeist. Afrikanische Sklaven brachten ihren Glauben an den Gott Godun nach Haiti, wo er sich mit dem christlichen Glauben vermischte. Der Voodoo-Glaube hat heute mehr als 50 Millionen Anhänger in Lateinamerika, der Karibik und Afrika.

ZDF-Reporter berichteten im Juli 1993 von ihren Recherchen auf Haiti und versuchten zu klären, wie man zum Zombie wird. Demnach droht dieses Schicksal beispielsweise einem Sohn,

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der seiner Familie Schande bereitet. Sie engagiert daraufhin einen Hexer, der den jungen Mann gewissermaßen vergiftet. Der Scheintote wird in einen Sarg gelegt und beerdigt. Nach der Kulthandlung wird der „Tote“ wieder ausgegraben, denn der Sauerstoff im Sarg reicht nur für fünf bis sechs Stunden.

Damit hat die Familie ihr Ziel erreicht: Der Sohn wurde bestraft, ist von den Toten wieder auferstanden und mithin ein willenloser Zombie, den der Hexer als Sklaven behalten darf.

Das gefürchtete Ritual wird heute nur noch selten zelebriert. Geblieben ist jedoch der überaus geschickte Umgang mit Tier- und Pflanzengiften, die von den Houngans, den Priestern, oder den Mambos, den Priesterinnen, gemixt werden. Sie verwenden dazu meist das Gift aus dem Kugelfisch, das 160mal stärker als Kokain ist, dann Planzenextrakte und zerriebene Teile von Menschenknochen, Kröten, Würmern, Eidechsen und Taranteln. Aus diesem Gemisch entsteht ein Pulver, das in die Haut gerieben oder mit Flüssigkeit vermischt getrunken wird. Das Giftgebräu macht willenlos, verursacht Gedächtnisverlust und kann zu Psychosen führen. Der lebende Tote wird lenkbar wie ein Roboter.

Es wird gemunkelt, daß auf den Plantagen Haitis etwa 200 Zombies als Sklavenarbeiter gehalten werden. Das Opfer des ersten wissenschaftlich festgehaltenen Zombiefalles war Narcisse Clairvius. Er wurde 1962 von einem amerikanischen Arzt auf Haiti für tot erklärt und beerdigt. 20 Jahre später tauchte er in seiner Heimatstadt quicklebendig wieder auf.

Medizinische und kriminalistische Untersuchungen ergaben keinerlei Zweifel an seiner Identität. Seiner Aussage nach hatte er seit seiner „Beerdigung“ als Sklave arbeiten müssen.

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Tobende Geisterschlachten 1869 tobte am Paß von Killiecrankie eine schreckliche

Schlacht zwischen Engländern und Schotten, in deren Verlauf die Schotten unter Führung von John Graham, des Viscount von Dundee, die Engländer niedermachten. Wenig später wurde der Viscount getötet, und die Highlander zogen sich in ihre Bergschlupfwinkel zurück. Vorher aber plünderten die Schotten die toten Engländer aus.

Aus unerfindlichen Gründen hatte sich das Gemetzel in die Landschaft eingeprägt. Der Überlieferung nach trafen die Geisterheere der Toten immer wieder nachts aufeinander, gefolgt von gespenstischen Räubern.

Im Laufe der Jahrhunderte gab es viele Berichte von solchen Geisterschlachten. Auf den Kreidehügeln von Woodmanton in Wiltshire, wo die Briten viele Generationen vor der Schlacht von Killiecrankie gegen die Römer gekämpft hatten, galoppierten nachts kopflose Pferde über das ehemalige Gefechtsfeld. In Glastonbury in Somerset, einer geheiligten, oft zu verteidigenden Stätte, zitterte die Erde unter dem Schritt unsichtbarer Marschkolonnen. St. Albans in Hertfordshire wurde im 15. Jahrhundert zweimal zum Schlachtfeld. Noch Jahre danach hallte in einem bestimmten Haus das Krachen und Klirren von stählernen Klingen.

Die erste große Schlacht und die erste große Niederlage der Royalisten im englischen Bürgerkrieg 1642 in Edgehill, bei denen 4 000 Männer starben, kamen offenbar ebenfalls nicht zur Ruhe. Schäfer im Cotswoldgebiet sahen am darauffolgenden Weihnachtsabend, wie Gespenster das mörderische Gemetzel aufführten, und alarmierten entsetzt den Pfarrer.

In der Nacht darauf beobachten sie das Schauspiel erneut. Eine alte Schrift berichtet: „In der Luft erschienen jene

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unkörperlichen Soldaten, die das Wehgeschrei von sich gegeben hatten, und gleich darauf wurde unter dem Flattern der Fahnen, dem Schlagen der Trommeln, dem Krachen der Musketen und Kanonen und dem Wiehern von Pferden, die die Männer ebenfalls sahen, zum Angriff oder zum Beginn dieses tödlichen Spiels geblasen.“

Die gesamte Schlacht wurde wiederholt. Eine Woche später erlebten Beobachter, die Karl I. beauftragt hatte, das gleiche Geschehen und erkannten sogar die Geister ihrer gefallenen Kameraden wieder. Danach fand die Gespensterschlacht seltener statt.

Berichte über Geisterheere sind jedoch keineswegs nur eine englische Spezialität. Assyrische Aufzeichnungen berichten von Geisterbanden, die phantomhafte Wüstenstädte angriffen.

Was die Lebenden zu sehen bekommen, ist oftmals schwer zu deuten. So rätselten die Leute im Bergbaugebiet Flintshire in Wales über einen Geist, der auf einem Erdhügel zwischen den Schlackenhalden in Gestalt eines altertümlichen Kriegers auf und ab marschierte. Jahrzehntelang zog er jede Nacht seine gespenstische Runde, in dunklen Nächten leuchtete seine Rüstung.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts machten sich Archäologen daran, das Phänomen zu klären, und fanden heraus, daß die Anhöhe ein Grabhügel war. Bei den Ausgrabungen fand man in einem Durcheinander von Menschenknochen das vollständige Skelett eines großgewachsenen Mannes, der einen Harnisch aus Bronze trug. Die Rüstung hatte einen Goldüberzug.

Die Rüstung erinnerte an etruskische Kampfkleidung, wie sie im l. Jahrhundert n. Chr. bei den römischen Legionen, die ins südliche Wales vordrangen, beliebt gewesen war. Das Skelett wurde samt der Rüstung ins Britische Museum gebracht.

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Als der Hügel abgetragen und die sterblichen Überreste entfernt worden waren, verschwand nach 40 Jahren auch der Geist.

Die Engel von Mons - zuerst erfunden,

dann angeblich bestätigt Die Engel von Mons, die im Ersten Weltkrieg unterlegene englische Truppen vor deutschen Divisionen retteten, waren zunächst eine gut erfundene vaterländische Legende. Der walisische Schriftsteller und Journalist Arthur Machen verhehlte dies auch gar nicht. Nach seiner Veröffentlichung mehrten sich aber plötzlich die Berichte von Soldaten, die die geisterhaften Bogenschützen tatsächlich gesehen haben wollten.

Machens Kurzgeschichte beschrieb die Schlacht bei Mons am 13. August 1914. Britische Truppen deckten, den Deutschen im Verhältnis eins zu zehn unterlegen, verlustreich den Rückzug der Franzosen. Der Schriftsteller war davon so beeindruckt, daß er die Geschichte eines britischen Soldaten erfand, der in Todesangst ein lateinisches Gebet stammelte und plötzlich sah, wie eine Gruppe von Phantomschützen silberne Pfeile auf die anstürmenden deutschen Soldaten abschoß, die zu Hunderten fielen. Als später die Leichen untersucht wurden, stellte man erstaunt fest, daß an keiner irgendeine Verwundung zu sehen war.

Die englische Öffentlichkeit war von der gut erfundenen patriotischen Geschichte begeistert, der Autor feierte seinen Erfolg. Ins Grübeln kamen er und seine Leser jedoch, als die ersten Berichte von der Schlacht in England eintrafen. Die Truppen hatten tatsächlich geisterhafte Retter am Himmel gesehen. Es habe sich allerdings nicht um Bogenschützen gehandelt, sondern um Engel. Zahlreiche Soldaten bezeugten

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die Erscheinung von Phantomgestalten am Himmel, die den Feind stoppten.

Arthur Machen protestierte dagegen und betonte immer wieder, daß er die Geschichte erfunden hat. Doch die Engländer wollten davon nichts hören, sondern sahen sich vielmehr darin bestätigt, daß Gott auf seiten der Verbündeten ist.

Unfreiwillig zum Gespenst geworden

Marwell Hall in Hampshire ist einer jener zahlreichen englischen Landsitze, in denen das Gespenst praktisch zum Inventar gehört. In diesem Fall stieß man jedoch auf einen besonders tragischen Vorfall.

In ausgelassener Stimmung hatte die Braut an ihrem Hochzeitstag den Gästen vorgeschlagen, Verstecken zu spielen. Sie wählte ihr Versteck allzu gut. Weder an diesem Tag noch an den darauffolgenden wurde sie gefunden. Statt dessen schwebte ihr Geist durch die Korridore und machte sich an Türen und Schlössern zu schaffen.

Jahre später löste sich das Rätsel. Ein Diener brach beim Herumstöbern auf dem Dachboden eine eichene Truhe auf und fand ein Skelett in Brautkleidung. Offenbar war der Deckel der Truhe ins Schloß gefallen, und die junge Braut konnte sich nicht mehr befreien. Nachdem die Truhe nun geöffnet war, verschwand auch der Geist.

Das Anhaltergespenst

Eine der geläufigsten Geistergeschichten Amerikas wurde durch die Fernsehserie „Hitchhiker“ auch hierzulande bekannt. Sie beschreibt, wie jemand mit einem Auto fährt und ein Mädchen mitnimmt, das per Anhalter reisen will. Die junge Frau bittet

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schließlich, an einem bestimmten Haus abgesetzt zu werden. Dort steigt der Fahrer aus, um an der Tür zu klingeln, die junge Frau bleibt im Wagen. Als er zurückkommt, ist sie verschwunden.

William Oliver Stevens merkt in seinem Buch „Unbidden Guests“ dazu an: „Es stellt sich heraus, daß sie kürzlich auf der Autobahn in der Nähe der Stelle, wo sie mitgenommen werden wollte, bei einem Autounfall getötet wurde. Wahrscheinlich hat fast jeder im Lande irgendwann einmal eine abgewandelte Form dieser Geschichte gehört.“

In der amerikanischen Fernsehserie handelt es sich allerdings nicht um eine Anhalterin, sondern um einen Anhalter, der in zahllosen Folgen letztlich nichts anderes tut, als immer wieder den moralischen Zeigefinger zu heben.

In Süddeutschland berichteten 1982 übrigens zahlreiche Autofahrer von ähnlichen Erlebnissen mit einem Anhalter in Jeans, der sich nach einem anregenden Gespräch während der Fahrt buchstäblich in Luft auflöste.

Gespensterschrecken als

Millionenerfolg Noch weitaus erfolgreicher konnte der Schrecken des Städtchens Amityville vermarktet werden. Er gilt als berüchtigtster angeblicher Spuk, der in den 70er Jahren in den USA in aller Munde war. Das Buch darüber von Jay Anson wurde weltweit ein Millionen-Bestseller, der Film dazu ebenfalls ein Kassenschlager. Möglicherweise ist die Story aber auch nur gut erfunden.

Der Spuk soll sich im Dezember 1975 in einem Vorstadthaus von Amityville auf Long Island ereignet haben, nachdem dort eine Familie mit drei Kindern eingezogen war. Innerhalb von 28 Tagen wurde die Familie von allen nur

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erdenklichen Geistererscheinungen gequält, bis sie entsetzt auszog. Hintergrund dieser poltergeistartigen Geschehnisse soll die Tatsache sein, daß dort ein früherer Bewohner seine schlafenden Eltern und zwei Geschwister ermordet hatte.

Gremlins - die Maschinengeister Aus einschlägigen Filmen kennt fast jeder die Gremlins, jene

Kobolde, die allerhand Schabernack treiben. Der Begriff Gremlin entstand bereits im Zweiten Weltkrieg. Die ersten Berichte über Gremlins stammen von Piloten, die bei Feindflügen plötzlich bemerkten, daß in ihren Flugzeugen koboldartige Gestalten lauerten, denen sie den Spitznamen Gremlin gaben.

Sie schienen eher freundlich als feindlich gesinnt, da sie den Besatzungen nur gelegentlich harmlose Streiche spielten. Der Geisterjäger Alasdair Alpin MacGregor berichtete: „Angehörige der Royal Air Force, die an der Schlacht um England teilnahmen, haben mir von ihnen erzählt. Und obwohl das Oxford English Dictionary das Wort nicht kennt, erzählt ein Professor in Oxford seinem Freund, dem berühmten A. L. Rowse, daß die Gremlins mein ganzes Leben lang bei mir gewesen sind“`.

Ende der 70er Jahre tauchten dann Berichte über Gremlins auf, die in Fabriken ihre Scherze trieben. Manche vermuteten daraufhin, daß sie Wesen sein könnten, die irgendwie durch das Wirken der Maschinen geformt werden.

Das spukreichste Haus Englands

Das Pfarrhaus von Borley an der Grenze von Essex und Suffolk galt jahrelang als das spukreichste Haus Englands, berichtet Peter Haining in seinem „Gespensterlexikon“. Da

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es nicht mehr existiert, trat der Herrensitz „Sauford Orcas“ in der Nähe von Sherborne in Dorset die Nachfolge an. Das Haus soll laut Haining von nicht weniger als 14 Geistern heimgesucht werden.

Unter ihnen befinden sich zwei Frauen, eine völlig in Grün gekleidet; die andere, die „Dame in roter Seide“, rührt sich verführerisch genau vor Mitternacht. Zur geselligen Geisterrunde zählen u. a. auch ein schwarzer Jagdhund, ein Mönch und der Geist von Sir Hubert Medlycott, einem früheren Besitzer, der im Pförtnerhaus des Herrensitzes Selbstmord beging. Alles überragend, geistert ein über zwei Meter großes Gespenst durch die Räume, allerdings nur, wenn ein jungfräuliches Mädchen anwesend ist. Es soll als Lakai im Herrenhaus beschäftigt gewesen seiln und die Mägde verführt haben.

Auch Geister fliegen gern

Berührungsängste mit neuen Techniken scheinen Geister nicht zu haben. In den 70er Jahren tauchten sie sogar in Flugzeugen auf. 1974 berichteten die Medien, das Reinigungspersonal auf dem Londoner Flughafen Heathrow behaupte, in bestimmten Flugzeugen sei eine böse Macht am Werke. Ein Angestellter des Flughafens sagte aus: „Wir haben Gerüchte über irgendeine merkwürdige Erscheinung in den Jumbo-Jets gehört, im Augenblick gibt es keine Erklärung dafür.

Einige Angehörige des Reinigungspersonals haben gesagt, daß sie von etwas Unsichtbarem umhergeschleudert worden seien, und andere, daß sie unfähig gewesen seien, sich zu bewegen, als hätte sie etwas festgehalten.“

Den bekanntesten Flugzeugspuk schilderte der amerikanische Schriftsteller John G. Fuller in seinem Buch „The Ghost

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of Flight“, in dem er auf merkwürdige Phänomene an Bord von Maschinen der Eastern Airlines eingeht. Die Geschichte begann 1973 mit dem Absturz einer TriStar in der Nähe von Florida, wobei fast hundert Menschen, darunter der Pilot und der Techniker, ums Leben kamen.

Wenig später berichteten andere TriStar-Besatzungen der Eastern Airlines von geisterhaften Gestalten, die dem umgekommenen Piloten und Techniker verblüffend ähnlich sahen. In allen Fällen machten die Gestalten einen freundlichen Eindruck und erschienen nur, um andere TriStars vor einer ähnlichen Tragödie zu bewahren, wie sie ihnen zugestoßen war.

John Fuller zu diesem ungeklärten Fall: „Wenn man daran glaubt, daß Geister in alten Häusern spuken, warum dann nicht auch in Jumbo-Jets?“

Weiße Damen

Aus der Terminologie der unheimlichen Phänomene sind die „Weißen Damen“ nicht wegzudenken. Sie gelten als eine Geisterart, die häufig auf den Britischen Inseln in Burgen und sehr alten Häusern auftaucht. Dabei soll es sich um Edelfrauen handeln, die ermordet wurden oder unter anderen tragischen Umständen starben. In Frankreich werden diese Geister als sehr schön beschrieben und in der Nähe von Brücken gesehen. Die Erklärung ist einfach: Nach einer Legende war es üblich, den Flüssen junge Frauen zu opfern, damit die Menschen sie sicher überqueren konnten. Wie in England wurden die Weißen Damen Frankreichs aber auch in alten Burgen und.Schlössern beobachtet, manchmal mit Giftfläschchen in ihren Händen.

Prominent ist die „Weiße Dame der Hohenzollern“, die in einigen ehemaligen königlichen Wohnsitzen in Deutschland

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erschienen sein soll. Am häufigsten wurde sie angeblich im Schloß Neuhaus gesehen, aber auch in Berlin, Bechin und Tretzen. Vermutet wird, daß es mehr als nur ein einziger Geist ist, der die nicht gerade glückliche Geschichte der Hohenzollem bereichert. Die geisterhafte Dame soll stets gänzlich in Weiß gekleidet sein und eine Kopfbedeckung tragen, die an einen Trauerschleier erinnert.

Zeitgenössischen Berichten zufolge, die sich auf Augenzeugen stützen, könnte es sich bei dem Geist um Prinzessin Bertha oder Perchta von Rosenberg handeln, die von ihrem Ehemann, Baron Steyermark, grausam behandelt wurde und nach ihrem Tode im Jahre 1451 aus Rache zurückkehrte, um in Neuhaus zu spuken. Man sagt auch, daß ihre Erscheinung gewöhnlich unmittelbar mit dem Tod eines Mitglieds der preußischen Königsfamilie oder einem anderen für diese Dynastie schrecklichen Ereignis zusammenhängt.

Ganz in Schwarz geistert hingegen die „Schwarze Dame von Darmstadt“. Sie ist der Geist von Marianne, der Frau des ehemaligen Großherzogs Ferdinand, weiß der Volksmund. Mit Vorliebe besucht sie Mitglieder des Hauses Hessen. Wenn sie erscheint, sei dies ein Todesomen, wird gemunkelt.

Mord durch gedungene Geister

Überlieferungen zufolge verstand man es auf Island, durch Zauberkraft aus einem Menschenknochen Geister zu erschaffen. Diese sogenannten Sendlinge begingen auf Befehl Morde, waren jedoch nicht unbezwingbar.

Der Volksmund erzählt beispielsweise von einer hübschen Witwe, die alle Freier abwies. Darunter war auch einer, der sich auf die Zauberkunst verstand, was die Witwe wußte, weshalb sie sich vorsah.

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An einem Nachmittag, als sie allein in der Küche saß, beschlich sie eine unbestimmte Ahnung. Sie drehte sich zur Tür um und sah einen Schatten, der bis auf einen weißen Fleck in der Mitte schwarz und so vage wie Rauch war. Die Frau erkannte in ihm den Sendling des abgewiesenen Freiers.

Als sich der Schatten näherte, stieß sie ihr Messer in die offenbar einzige verletzliche Stelle, den weißen Fleck. Am Morgen fand sie das Messer auf dem Hof - es steckte in einem zersplitterten Menschenknochen.

Unheimliche Todesboten

Die Angst des Menschen vor dem Tod nahm zu manchen Zeiten gespenstische Züge an. Eine plötzlich erlöschende Kerze deutete einen bevorstehenden Todesfall an. Floß geschmolzenes Wachs breitbahnig an einer Kerze herab, so war dies ein Zeichen dafür, daß bald ein Leichentuch benötigt würde.

Es gab aber auch noch weitaus schrecklichere Sendboten des Todes. Hierzu zählten schwarze Hunde, deren Begegnung man in England nachts besonders fürchtete. In Lancashire meinten die Leute, ein solcher Hund wachse beim Herannahen bis zur Größe eines Kalbes an und seine tellergroßen Augen glühten in der Dunkelheit vor Bosheit und Hunger rot. Meist streifte er den Menschen nur mit einem Blick. Das genügte, der Betreffende wußte, seine Zeit war gekommen.

Unheimlich waren auch die banshees, Todesfeen auf den Britischen Inseln und in Frankreich. Sie schienen bestimmten Familien anzugehören und stimmten ihren Jammergesang an, wenn der Sippe ein Todesereignis bevorstand. Dann hörte die Familie nachts furchtbare Schreie, die das ganze

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Haus erschütterten. Es hatte den Anschein, als käme das Wehklagen aus den Wänden und dem Boden. Manchmal erscholl das Geklage von draußen. Überlieferungen zufolge sah man dann eine spindeldürre Frau mit weißem Gesicht, langem, fließendem Haar und vom Weinen geröteten Augen. Sie schwebte in der Luft, sah durch die Fenster und suchte den Menschen, dessen Tod sie erwartete. Fand sie ihn und winkte ihm zu, wußte dieser, was ihm bevorstand.

Ähnliches wurde aus Schottland berichtet. Dort hieß die Todesfee bean-nighe. Man glaubte, es handelte sich um den Geist einer im Kindbett gestorbenen Frau. Dieser vorzeitige Tod wurde als Eingriff in den normalen Lebenslauf empfunden. Die tote Frau mußte deshalb den Lebenden Zeichen geben und so lange die Leichentücher von Todgeweihten waschen, bis der Zeitpunkt ihres natürlichen Todes gekommen war.

Die Macht des Mondes

Der Mond, zu allen Zeiten von Dichtern besungen, in allen Kulturen mit magischen Kräften versehen, wirkt gerade dann, wenn er am hellsten strahlt, als Vollmond, auch in unserer technisch-wissenschaftlichen Zeit besonders geheimnisvoll auf die Menschen. Manche wälzen sich unruhig im Bett, bei anderen wächst die sexuelle Lust. Auch wenn sie von Wissenschaftlern ausgelacht werden, sie wissen, beim nächsten Vollmond geht's wieder los.

Schon Buddha verschloß einer alten Legende zufolge bei Vollmond die Klöster, damit ihm die Mönche nicht ausrissen. Dem chinesischen „ Tao der Liebe“ zufolge bringt der Vollmond die Männer in Wallung, und „der volle Mond läßt die Säfte unruhig werden und macht die Frauen lüstern“. Eine wissenschaftliche Studie, veröffentlicht im „New England

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Journal of Medicine“, bestätigt: Bei Vollmond zeigen mehr Frauen erotische Aktivität. Da nach okkulter Anschauung auch im Körper, vor allem im weiblichen, das Kosmische wirkt, gilt es nur als natürlich, daß der Mond oder Luna den weiblichen Zyklus steuert, meinen mondliebende Frauen. Für die Luna-Frauen symbolisiert der Mond das verdrängte weibliche Prinzip: Sanftheit, Intuition, das Unbewußte, Übersinnliches und dunkle Kräfte, denen sie sich gern überlassen wollen. Dazu trinkt man Tee vom Rosmarinstock, den man dem Licht des Vollmondes ausgesetzt hat, damit Wunderkräfte in die grünen Spitzen ziehen.

In England lockt es im Sommer bei vollem Mond LunaAnbeterinnen zum Nacktbaden in Weihern und Seen. Das mache schön. Außerdem wirke die mondbestrahlte Wasseroberfläche wie die Kristallkugel einer Wahrsagerin, gebe Geheimnisse über die Badende preis. In der Mythologie wird deshalb von „Dianas Spiegel“ gesprochen.

In den meisten Indianermythen ist der Mond männlich und jagt und schändet Frauen. Bei vielen Stämmen, z. B. den Cherokesen in Nordamerika und den Uaupe am Amazonas, gilt er als Bruder von Schwester Sonne, die er defloriert hat und heiraten will. Er büßt zur Strafe an Leuchtkraft ein und wird verbannt.

Der Zauber mit dem Mond ist längst nicht nur mehr mythischer Glaube, sondern handfestes Geschäft mit dem Aberglauben. In Neuengland und an der US-Westküste pilgern Zivilisationsmüde zu Hexen-Herrinnen, die teure Wochenendseminare mit Mondenergie, Kartenlegen, Kristallen und erotischem Hokuspokus bieten. Um die Jahrhundertwende entblößten Neapolitanerinnen im Mondschein ihren Busen, damit er sich voller runde.

Nach der Lehre des österreichischen Anthroposophen Rudolf Steiner sollte man an Tagen, an denen der Mond auf

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seiner Umlaufbahn von der Erde wegzieht, keine Möhren pflanzen, da sie sonst leicht verholzen. Unter einem solchen Mond gepflanzte Kartoffeln hingegen würden hervorragend gedeihen. Auch die Sternzeichen spielen mit. Mond im Sternbild Löwe bringe das beste Saatgut. In ländlichen Regionen Niederbayerns, dem Elsaß und einigen anderen Regionen Frankreichs wird gern bei zunehmendem und vollem Mond geschlachtet. Die Nonne und Seherin Hildegard von Bingen, wohl eine Urahnin der esoterischen Heilkunst, lehrte im 12. Jahrhundert, daß solches Fleisch nahrhafter und schmackhafter ist. Immer wieder wird gemeldet, daß bei Vollmond, wenn die „Säufersonne“ strahlt, der Alkoholkonsum und die Schlägerreienquote in den Kneipen ansteigen.

In keltischen und germanischen Elfen- und Feenmärchen werden im Mondschein die Männer herangelockt und, wenn sie nicht willig sind, umgebracht. Schließlich läßt der Vollmond die Augen der Werwölfe rot glimmen und die blutrünstigen Zähne Draculas wachsen.

Schlafwandeln ist ein weiteres Mond-Phänomen. Beim durchschnittlich 15 Minuten dauernden nächtlichen Wandeln, auch Mondsüchtigkeit genannt, ereignen sich außergewöhnliche elektrische Entladungen bestimmter Gehirnwellen. Das Bewußtsein ist völlig ausgeschaltet, und trotzdem finden koordinierte Bewegungen statt. Nach altem Glauben ist die Mutter schuld, wenn jemand mondfühlig ist: Sie hatte die Wäsche des Kindes bei Vollmond auf der Leine hängenlassen.

Schlafforscher stehen nach einem Bericht der Zeitschrift „Stern“ der Mondfühligkeit zwiespältig gegenüber. Psychobiologische Forschungen trauen dem hellen Vollmondlicht eine unterschwellige Wirkung zu: Es könnte, wie alle starken Hell-Dunkel-Veränderungen, zu einer Irritation im biologischen Rhythmus führen.

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Der Mond als Entschuldigung für Aggressionen

Was der Volksmund seit Jahrhunderten weiß, glaubt ein amerikanischer Psychiater nachgewiesen zu haben: Der Mond beeinflußt menschliche und tierische Verhaltensweisen ganz entscheidend. Dr. Arnold L. Lieber, Angehöriger der Klinischen Fakultät der Medizinischen Hochschule Miami, behauptet: „Unsere Untersuchungen ergaben, daß eine statistisch signifikante Mondperiodizität im gewalttätigen Verhalten beziehungsweise in der menschlichen Aggression als Trieb nachweisbar ist.“

So wurde von dem Wissenschaftler immer zu Zeiten bestimmter Mondphasen ein dramatisches Ansteigen von Mordfällen, schweren Körperverletzungen, Selbstmorden, psychiatrischen Notfällen und tödlichen Autounfällen registriert.

Indische Ärzte fanden heraus, daß bei Vollmond auffällig mehr Patienten mit Vergiftungen in ihre Klinik in Patna gebracht werden als an anderen Tagen. Ihrer Meinung nach könnte die Ursache in größeren „Gezeitenwellen“ im menschlichen Körper zu suchen sein.

Die besondere Konstellation von Sonne und Mond erzeugt auf der Erde an Vollmondtagen größere Gezeitenunterschiede. Da unser Körper zu etwa 60 Prozent aus Wasser besteht, könnte er - ähnlich wie Meerwasser - einen Gezeitenunterschied besitzen, der an Vollmondtagen besonders groß ist. Dadurch könnten physikalische, physiologische und biochemische Veränderungen im Organismus entstehen, die auch das Gehirn betreffen, mutmaßen die indischen Ärzte, die sich auf eine vierjährige Beobachtungsreihe stützen.

Arnold L. Lieber vertritt die Ansicht, daß alle sexuellen und aggressiven Triebe in gewisser Weise vom Mondzyklus

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beeinflußt werden. Manche Menschen seien auch mondabhängiger oder mondanfälliger als andere. Vor allem Menschen mit emotionaler Instabilität und erregenden Stimmungsschwankungen sowie labile Persönlichkeiten jeder Art und Schizophrene unterliegen seiner Meinung nach geophysikalischen Einflüssen weit stärker als emotional Ausgeglichene. Auch ältere, schon zur Senilität neigende Leute, die unter dem Druck einer Krankheit stehen, hätten unter dem Mond zu leiden.

Darüber hinaus seien weitere Aspekte zu nennen. Psychologen und Psychiater wußten davon zu berichten, daß sie ihre Patienten zu gewissen Mondphasen leichter hypnotisieren können. Die Forschungsarbeiten mit Hilfe ausgedehnter Computerprogramme hätten allerdings auch gezeigt, daß Menschen oder Tiere unter Streßbedingungen empfänglicher für den negativen Einfluß sind.

Da Beobachtungen zeigten, daß sich der Einfluß des Mondes in Abhängigkeit vom Breitengrad des Ortes ändert, hält Lieber einen internationalen Erfahrungsaustausch für erforderlich, zumal noch sehr wenig Studien über diese Phänomene vorhanden sind.

Er räumt auch ein, daß die meisten Untersuchungen mehr Fragen aufwerfen als beantworten. Eines ist für ihn jedoch sicher, und damit bestätigt er die Vermutung der indischen Ärzte: „Da der menschliche Organismus zu einem erheblichen Teil aus Wasser besteht, könnte er auf Gravitationskräfte genauso reagieren wie die Erde. Durch die Schwerkraft des Mondes könnte der Flüssigheitshaushalt zwischen Blut, Körpergeweben und Zellen gestört werden. Dieser Prozeß bewirkt, daß sich die Persönlichkeit verändert, wobei es zu hoher psychischer Anspannung und zu Gefühlsausbrüchen gerade bei jenen Menschen kommt, die ohnehin schon zu abwegigem Verhalten und Gewalttätigkeit neigen.“

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Der Wissenschaftler gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken: „Erwiesenermaßen gibt es in Gesellschaften, die den Mondkalender benutzen, weit weniger Gewaltverbrechen.“

Auch auf eine andere Auswirkung des durch den Mondzyklus gestörten Flüssigkeitshaushaltes weist Lieber hin. So sei gut belegt, daß Frauen in den Tagen vor der Blutung mehr zu körperlichen Erkrankungen und zu Launenhaftigkeit neigen und daß Klinikeinweisungen, Geistesstörungen und Gewalttätigkeiten dann weit häufiger vorkommen. Und was meint er über die Männer?

Männliche Hormone haben weniger mit dem Flüssigkeitsund Elektrolythaushalt zu tun, und „es scheint kein männliches Gegenstück zum prämenstruellen Spannungssyndrom zu geben“.

Reinkarnation - Fluch oder Trost?

Was ist das Leben, was ist der Tod, oder ist alles das gleiche? Gibt es vor dem Leben bereits ein Leben und nach dem Tod wieder ein Leben? Die Anhänger der Reinkarnationstheorie sehen einen Kreislauf der Erneuerung. Thorwald Dethlefsen, Diplompsychologe, Psychotherapeut und Vertreter der esoterischen Psychologie, entwickelte mit Hilfe von Experimenten ab 1968 eine Reinkarnationstherapie.

In diesen Experimenten gelang es nach seiner Auffassung, Versuchspersonen durch die hypnotische Altersregression nicht nur ihre eigene Geburt, ihre Entwicklung im Mutterleib und ihre Empfängnis, sondern auch frühere Inkamationen wiedererleben zu lassen. Als Hilfsmittel diente ihm die Hypnose.

Dabei machte er zunächst die Erfahrung, daß zwischen heutigen Symptomen und früheren Leben ein offensichtlicher

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Zusammenhang besteht. Daraus entstand seine Idee, das Bewußtmachen früherer Inkarnationen therapeutisch anzuwenden. Schließlich verzichtete er auf die Hypnose, so daß es möglich wurde, „jedem Menschen die Erinnerung an seine früheren Leben bewußtzumachen“.

Dethlefsen ging davon aus, daß sich der Vorgang des Hypnotisierens der Suggestion von Müdigkeit, Dösigkeit und Schläfrigkeit bedient. Das Ziel einer therapeutischen Sitzung zur Problembewältigung müsse aber Wachsamkeit sein. Außerdem mache die Hypnose den Patienten leicht zu einem passiven Verbraucher.

Bereits nach zwei bis drei Sitzungen wird der Patient „in die Geburt eingefädelt“. Er erlebt seine erste Zeitregression, indem er seine eigene Geburt wiedererlebt, dabei die Schmerzen noch einmal fühlt, alles riecht, sieht, hört und wahrnimmt, was während und nach seiner Geburt geschah.

Hat der Patient gelernt, die Geburt in allen Einzelheiten und Phasen bewußt zu erleben, so wird er in die Zeit bis zu seiner Empfängnis zurückgeführt.

Hier erlebt er nun, wie er bereits als wahrnehmendes und erlebendes Bewußtsein bei der Zeugung seines späteren Körpers anwesend war, er kann den Raum und seine zukünftigen Eltern sehen, erlebt den Geschlechtsakt mit, spürt dann plötzlich, wie „eine Art Wirbel ihn trichterförmig einsaugt“, und findet sich eingeengt wieder in etwas Begrenztem, Materiellem, Dunklem.

Nach der Erfahrung der Empfängnis wird, so der Psychologe, die Zeitspanne zwischen Empfängnis und Geburt durchforscht, die eine Quelle vieler, meist unangenehmer Erfahrungen für das Kind darstellt. „Was in dieser Zeit an Ängsten, Schmerzen und Abtreibungsversuchen vom Embryo miterlebt wird, glaubt wohl keiner, der es nicht selbst erfahren hat.“

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Gemessen an diesen vorgeburtlichen Erfahrungen seien die Kindheitserlebnisse der ersten Lebensjahre harmlose Episoden. Das bewußte Überblicken des Zeitraumes von der Empfängnis bis zur Geburt bringe dem Patienten bereits mehr Klarheit als einige hundert Stunden Analyse. Dethlefsens Erfahrungen laufen letztlich darauf hinaus, daß pränatale Erlebnisse wie die Kindheitserlebnisse nur die Glieder einer Problemkette sind, die sich noch durch viele Inkarnationen ziehen.

Die Seele bringe die Reife vieler Jahrtausende mit. Es sei durchaus möglich, daß ein Neugeborenes seelisch älter ist als seine Eltern. Eltern gibt der Therapeut den Rat, dem Kind im Mutterleib die Freude auf seine Ankunft zu vermitteln. „Ein klares Gespräch mit dem Embryo über die Geburt hat mehr Erfolg als viele Wochen Gymnastik.“

Alle Schwierigkeiten und Zwischenfälle bei der Geburt gehen seiner Meinung nach auf den Versuch des Kindes zurück, die Geburt zu verhindern.

Die Angst, geboren zu werden, beziehe sich nicht so sehr auf den Geburtsvorgang als solchen, sondern auf die Meisterung des Lebens, das hiermit beginnt. Der Embryo besitze noch keinen eigenen Atemrhythmus und sei daher noch nicht gänzlich in der Polarität gefangen.

Das habe zur Folge, daß der Embryo noch einen Zugang zu Vergangenheit und Zukunft hat, er überblicke sein zukünftiges Leben in den wichtigsten Phasen, ähnlich wie ein Sterbender, vor dessen geistigem Auge sein Lebensfilm abläuft.

Gelöscht werde dieses Wissens mit dem ersten Atemzug, weil durch den Atemrhythmus der Mensch voll in die Polarität und in die Abhängigkeit der Zeit eingegliedert wird. Deshalb werde auch ein Horoskop auf den ersten Schrei beziehungsweise Atemzug berechnet.

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Sind dem Patienten die Phasen seiner Geburt, der Empfängnis und der Embryonalentwicklung bewußtgeworden, „so lassen wir den Patienten in ein früheres Leben regredieren“. Hier erlebe er sich nun in einer früheren Zeit und lerne, dieses Leben von der Geburt bis zum Tode zu überblicken. „Selbstverständlich lassen wir immer auch den Tod einer früheren Inkarnation bewußt durchleben, um den Patienten mit dem meist verdrängten Gegenpol des Lebens, dem Tod, auszusöhnen.“

Nach dieser Therapie kennt der Patient laut Dethlefsen keine Todesangst mehr. Die Schilderungen des Sterbevorganges der Patienten gleichen angeblich ziemlich genau auch den Aussagen klinisch Toter, die reanimiert wurden.

Falsche Vorstellungen mache man sich über die Zahl der vergangenen Inkarnationen. „Viele berichten stolz, sie wüßten, daß sie schon viermal gelebt hätten. Die wahre Anzahl vergangener Leben ist in Wirklichkeit fast unüberschaubar groß.“

Ebenfalls unvorstellbar für den Außenstehenden seien die Zeiträume, die in einer Therapie durcheilt werden. „Es ist schwierig, Zahlen zu nennen, aber wir bewegen uns wesentlich weiter zurück als die moderne Geschichtsforschung. Atlantische Inkarnationen, die etwa 12000 Jahre zurückliegen, gelten bei uns keineswegs als besonders alt.“

Letztlich glaubt Dethlefsen, Anzeichen dafür entdeckt zu haben, das die Ansichten über das Alter der Menschheit und deren Abstammung gründlich revidiert werden müssen. „Die Menschheit ist wesentlich älter, als heute angenommen wird, und hat rhythmisch schon manche Hochkulturen, die unserer Zeit sehr ähnlich waren, durchlaufen. Das Gesetz des Rhythmus gilt auch hier, so daß jeder Hochentwicklung auch deren Untergang und Vernichtung folgt. Die Menschheit baut immer noch am Turm von Babel.“

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Die Reinkarnationstherapie habe auch aufgedeckt, daß das aktuelle Problem oder Symptom bereits uralt ist und fast in jedem Vorleben in ähnlicher Form auftrat.

„Haben wir in der Therapie eine solche Symptomkette bis zu einem vermutlichen Ende durchlaufen, leiten wir den für die Therapie entscheidenden Schritt ein: Wir lassen den Patienten in jene Situation regredieren, in der er selbst die Ursache für die später folgende Leidenskette setzte und den Inhalt für die später eingelösten Formen legte.“ Der Patient werde in diesem Schritt konfrontiert mit seiner karmischen Schuld, durch die er alle Erleidenssituationen selbst notwendig machte. Denn bis zu diesem Zeitpunkt erlebe der Patient sich ewig nur als armes Opfer, die Schuld liege bei anderen.

Etwas völlig anderes jedoch geschehe bei der Konfrontation mit der eigenen karmischen Schuld. „Der Patient muß seinen Schatten integrieren, er erlebt sich als Handelnder, der anderen das zufügt, worüber er sich selbst seit ein paar tausend Jahren ständig beklagt, es zu erleiden. Die Konfrontation mit der Schuld ist für den Patienten kein einfacher Schritt - aber ein gewaltiger in Richtung Heilung, wenn er ihn tut.“

Kleines Lexikon des Aberglaubens

Einige Stichworte von A-Z, die einen Überblick über alle Formen des Aberglaubens unserer Vorfahren geben:

-Augenbrauen:

Zur Behandlung verschiedener Krankheiten wurden Haare aus der rechten Augenbraue und Krähenblut verwendet. Drei Augenbrauenhaare der Geliebten in einem Amulett getragen sollten für ihre Treue bürgen. Blieb ein Augenbrauenhaar am Rock eines anderen Menschen hängen, so

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galt dieser als von dem anderen behext. Er konnte sich davon nur durch Verbrennen des Haares befreien. So viele Falten sich beim Zusammenziehen der Augenbrauen zwischen denselben bilden, so oft würde man heiraten. Eine dunkle Querader zwischen den Augenbrauen sollte auf baldigen Tod hindeuten. Von den Augenbrauen schloß man auch auf den Charakter des Menschen: stark, borstig: gedankenvolle, melancholische Menschen lang: hochmütig und rücksichtslos spärlich, dünn: nachgiebig und weich innen abwärts: bedenkenlos und unvernünftig innen aufwärts: ehrgeizig und stolz zusammengewachsen: verschlossen, mürrisch

-Bier: Wer zu Fastnacht viel Bier trank, meinte, damit sein Leben verlängern zu können. Wer an Neujahr Bier trank, glaubte sich zu verjüngen. Waschungen mit Weißbier sollten die Haut verschönern. Magenbeschwerden wollte man heilen können, indem man über ein gefundenes, glühend gemachtes Hufeisen Bier goß und dieses warme Bier dann trank. Träumte jemand vom Bier, dann gab's Streit im Haus. Bläst man vor dem Trinken den Schaum nicht ab, dann bekommen die Hexen Gewalt über einen - aber nicht, wann man betrunken ist. Wird bei einer Hochzeit ein Glas nachgeschenkt, ehe es ganz leer ist, so bringt das dem Trinker unglückliche Liebe. Warf ein Mädchen in einer Gesellschaft ein Bierglas um, dann hat man ihm ein uneheliches Kind prophezeit.

-Cholera: Sie sollte heilbar sein, wenn man Wasser, Milch oder Wein trank, worin ein glühendes Eisen gelöscht worden

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war. Als Vorbeugemaßnahme legte man ein Stück Schwefel auf die Brust.

-Daumen: Diesem stärksten Finger schrieb man überirdische Kräfte zu. Um sich vor Hexen und dem Albdruck zu schützen, hat man im Bett den Daumen eingeknickt; der linke sollte besonders vor Beschreien und Berufen bewahren. Jemandem den Daumen zu halten sollte diesem Glück bringen, vor allem beim Spiel. Beim Kegeln meint man jedoch, dem Gegner mit dem Daumen Mißerfolg aufzuhalsen. Der geknickte Daumen sollte auch vor Hundebiß bewahren, und das Festhalten eines Daumens half angeblich gegen Seitenstechen. Hielt man einem Schlafenden den Daumen, so glaubte man, ihm jedes Geheimnis entlocken zu können. Daumendrehen galt als Spiel mit dem Teufel.

-Essen: Wird bei einer Mahlzeit alles aufgegessen, so ist schönes Wetter zu erwarten. Wer jedoch beim Essen Messer und Gabel fallen läßt, solle nicht weiteressen, da nun seine Verdauung gestört sei. Fällt jemand beim Essen ein Stück aus der Hand oder drückt die Speise im Magen, ist die Mißgunst eines anderen dafür verantwortlich. Ließ man den abnehmenden Mond in den Teller schauen, so sollte eine schwere Krankheit zu befürchten sein, da man den schwindenden Mond mitgegessen hatte.

-Frauen: Standen mehrere Frauen beim Klatsch zusammen, so sollte es regnen. Begegnete man einer Frau, die etwas trug, so hatte man Glück zu erwarten, trug sie nichts, so war Unglück zu befürchten. Wo die Frau die Herrschaft im

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Hause hat, da wackeln die Tische und schneiden die Messer nicht, lästerte der Volksmund. Sträubte sich eine Frau, mit Kümmel und Koriander gewürztes Brot zu essen, so galt sie als Hexe.

-Gläserrücken: Gläserrücken galt als der Versuch, in die Zukunft sehen zu können. Auf einem Tisch werden Zettel mit den Buchstaben des Alphabets kreisförmig ausgelegt. Die anwesenden Personen legen jeweils einen Zeigefinger auf ein in der Mitte des Buchstabenkreises umgekehrt aufgestelltes Trinkglas. Dieses rückt zur Beantwortung einer gestellten Frage zu verschiedenen Buchstaben. Gläubige sehen darin das Wirken überirdischer Kräfte, Skeptiker sind von der Manipulation überzeugt. Ähnlich umstritten sind Tischrücken und Pendeln.

-Haare: Wie die Haare, so der Sinn, lautete ein alter Spruch. Und so entwickelten sich allerlei Deutungen der Haarpracht: Gelockte, krause Haare sollten zu mutigen Menschen gehören. Schlechte, lange und weiche Haare deuten auf Furchtsamkeit hin. Kurze, stehende Haare gehören einem gesunden Menschenverstand. Empfindliche Haare deuten auf eifersüchtige Veranlagung. Starke Behaarung läßt Glück und reiche Heirat erwarten. Strahlenförmig auseinanderwachsende Haare gehören zu einem gelehrsamen Menschen. Dichter Haarwuchs bedeutet langes Leben. Wer glänzende Haare hat, kommt auf dem oder im Wasser ums Leben.

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Menschen mit weichen, schmiegsamen Haaren sind verträglich. Wirre Haare deuten auf einen behexten Menschen. Menschen mit zwei Wirbeln sind geschickt, klug, werden reich, aber auch liederlich. Haare, die sich beim Ausziehen kräuseln, verraten Reizbarkeit. Rote Haare lassen auf Jähzorn schließen, es sollen schlechte, untreue Menschen sein, die man oft des bösen Blicks verdächtigte. Viele Haare am Bauch verraten Lasterhaftigkeit. Viele Haare auf der Brust künden von Kühnheit. Viele Haare auf Brust und Bauch zeigen jedoch Unverstand an.

-Irrsinn: Verrückt wurde man angeblich, wenn man einen Fischkopf aß. Wer angebissene Brotreste liegenließ, die dann von einem Hund gefressen wurden, sollte den Verstand verlieren. Ebenso würde es auch Leuten ergehen, die sich Kleider auf dem Leib flicken ließen. Eine treulose Braut glaubte man in den Wahnsinn treiben zu können, indem man ein Haar von ihr um einen Palmzweig wickelte und beides ins Feuer warf.

-Johannisfeuer: Johannisfeuer werden am Johannistag, dem 24. Juni, oder am Vorabend angezündet. Das Überspringen des Feuers sollte Gesundheit für das jeweilige Jahr bringen, insbesondere vor Fieber, Koliken und Rückenschmerzen bewahren. Das Schauen ins Johannisfeuer diente der Stärkung der Augen, vor allem, wenn man durch Rittersporn oder Blumenkränze blickte.

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-Katzen: Im Mittelalter galten Katzen als Hexentiere, die man zur Teufelsaustreibung und zur Abwehr von Unheil tötete, von Türmen warf, in offenem Feuer verbrannte, röstete und in Feldern und Bauten zur Abwehr von Schäden teilweise lebend begrub. Heutzutage kündigen Katzen Besuch an, gelten als Wetterpropheten und zeigen, besonders schwarze Katzen, Glück und Unglück an. Putzt sich eine Katze von vorn, kommt ein Mann. Putzt sie sich von hinten, kommt eine alte Frau. Leckt sie sich den Schwanz, ist ein unsympathischer Besuch zu erwarten. In der Volksmedizin werden Kot, Harn, Fell, Asche und anderes mehr gegen mancherlei Krankheiten angewandt.

-Liebe: Wollte man Liebe beim anderen Geschlecht erregen, standen viele Mittel zur Verfügung. Die stärksten und wirksamsten waren angeblich, etwas von seinem eigenen Körper - Haare, Nägel, Schweiß, Blut, Speichel, sogar männlichen Samen oder weibliches Menstrualblut - in die Speisen oder die Getränke der über alles geliebten Person zu mischen. Drei Haare aus den Augenbrauen der Geliebten, in ein Amulett gefaßt, sollten dem Liebhaber ihre Treue verbürgen. Gähnten zwei Personen verschiedenen Geschlechts gleichzeitig, so galt das als Zeichen gegenseitiger Zuneigung. Und Liebende durften ihre Hände nicht mit dem gleichen Handtuch abtrocknen, sonst entzweiten sie sich.

-Meineid: Um den Folgen des Meineids zu entgehen, bog.man beim Eid den Daumen ein oder hielt die linke Hand hinter den

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Rücken bzw. die erhobene Schwurhand von sich abgewandt. Manche Überlieferungen berichten, daß das Gras verdorrt sei, auf dem ein Meineidiger stand. Ist dieser gestorben, so wird seine Leiche schwarz, und er findet keine Ruhe im Grab, sondern wird als Spukgeist umhergetrieben. Die meineidige Hand rage aus dem Grab her aus.

-Neumond: Die Zeit des Neumondes galt als schlechte Zeit. Die bis zu sechs Stunden vor und nach Neumond Geborenen sollten nicht lange leben und darüber hinaus impotent sein. Vor Heiraten bei Neumond und abnehmendem Mond wurde gewarnt. Unglück, Armut und Kinderlosigkeit wären die Folgen. Ein in der Neumondnacht gezeugtes Kind sei fast immer männlichen Geschlechts. Ließ man den Neumond in den Geldbeutel schauen, sollte es weiterhin an Geld nicht fehlen.

-Ohren: Menschen mit großen Ohren sollten zwar töricht sein, aber lange leben. Nach einem anderen Glauben hat man diesen Menschen jedoch ein gutes Gedächtnis nachgerühmt und gemeint, sie seien aufmerksam und sorgfältig. Kleine, enganliegende Ohren sollten böse, tückische und ungerechte Menschen kennzeichnen. Später hat man in kleinen Ohren das Zeichen für Reichtum, in abstehenden Ohren die Ankündigung eines kurzen Lebens gesehen. In Asien ist die Meinung weit verbreitet, daß kleine Ohrläppchen auf wenig Aktivität in der Liebe schließen lassen.

-Pferdemist: Pferdemist wurde, wie anderem Kot auch, Heilkraft

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nachgesagt. Er sollte sowohl gegen Koliken als auch gegen Fieber und Ruhr helfen. Eine Mixtur aus dem Saft von frischem Pferdemist und Branntwein verabreichte man gegen die Impotenz des Mannes. Sommersprossen wurden mit Pferdeharn weggewaschen.

-Quark: Glaubt man der Müsligeneration, sind Vollkornbrot und Quark die besten Schönheitsmittel.

-Rausch: Der Rausch galt als ein Zustand, in dem göttliche Kraft auf

den Berauschten übergeht.

-Satt: Satt werden Gäste nicht, sagte man, wenn das Tischtuch verkehrt auf dem Tisch liegt.

-Schwarz: Schwarz war die Farbe der Dämonen und des Teufels, später ist daraus die Farbe des Todes und der Trauer geworden. Aus schwarzen Hähnen würden sich dämonische Drachen und Basilisken entwickeln, hat man geglaubt. Den Eiern schwarzer Hennen traute man allerlei geheimnisvolle Wirkungen zu. Der schwarze Mann ist eines der bekanntesten magischen Symbole. Gegen Kopf-, Hals- und Zahnschmerzen sollte ein schwarzes Band helfen.

-Tote: Wer viel von Toten spricht, stört ihre Ruhe. Vor allem durfte man nichts Böses über sie sagen, weil sie sich sonst rächen. Zudem war man überzeugt davon, daß nicht wenige

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Verstorbene als Vampire oder Spukgeister unter die Lebenden zurückkehrten.

-Unwetter: Vor Unwetter war man sicher, wenn man eine rote Katze und eine rosa blühende Hauswurz hatte. Zog aber eine Wetterwolke mit einer darin vermuteten Hexe herauf, so sollte man zweimal auf einen Spiegel hauchen und „Azod, Ariel, Mirei“ sagen und den Spiegel gegen die Wolken halten. Sah sich die Hexe darin, so würde sie erschrecken und verschwinden, ohne Schaden anzurichten.

-Vampire: Vampire sollten aus ihrem Grab auferstandene Menschen sein, die nach dem B lut der Lebenden trachten. Man glaubte, daß bei Neumond Geborene Vampire würden. Auch wer ein vom Wolf erwürgtes Lamm aß, drohte ein Vampir zu werden. Mit dem Wolfsbild auf dem Grabstein versuchte man, Tote ins Grab zu bannen. Die landläufigere Methode, Vampire im Grab festzuhalten, war das Pfählen.

-Werwolf: Menschen sollten sich zeitweise in einen Werwolf verwandeln können, wenn sie einen Gürtel aus gegerbter Menschenhaut oder einen Wolfspelz anlegten. In der Antike glaubte man, wer die menschliche Gesellschaft verläßt oder aus ihr ausgeschlossen wird, verwandelte sich in einen Werwolf. - Zahlen: Ungerade Zahlen entsprechen dem Mann, denn beide seien „stärker als gleich“ und „unspaltbar“. Die geschmeidigeren geraden Zahlen sollten den weicheren Frauen

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entsprechen. Im römischen Kalender hatten die Monate 29 oder 31 Tage, weil die geraden Zahlen verpönt waren. In der antiken Heilkunde galten die ungeraden Zahlen als gefahrvoll. Ist bei mehrstelligen Zahlen oder Daten die Quersumme durch drei teilbar, gilt dies als gute Vorbedeutung. (aus „Lexikon des Aberglaubens“)

Das Tier als Symbol des eigenen Selbst Seit frühesten Zeiten ist das Tier eng einbezogen in das Denken der Menschen. Das Bild dieser Kreatur fand vielfältigen Ausdruck in Mythen und in der darstellenden Kunst, in Religion und Aberglauben, in der Gestaltung eines Gesamtkunstwerkes des menschlichen Geistes: im Symbol. Je nach Kulturkreis und Religion wurde diesem Symbol unterschiedliche Bedeutung zugeschrieben.

Der Ausgangspunkt dieser Sinnbilder aber ist der gleiche: Das Tier wurde aufgrund dem Menschen verwandter äußerer Formen und analoger Verhaltensweisen zum Symbol des eigenen Selbst.

In einem Vortrag vor dem Zoologischen Institut der Universität München erläuterte Prof. Dr. G. Steger schon vor Jahren den Ursprung dieser Symbolik: Danach verkörpern Tiere die Kräfte der Erde, sind aber auch Ausdruck ursprünglichster Kräfte kosmischer Abläufe.

Tiere, Menschen und Gott wurden als variierbare Verkörperungen ursprünglich verwandter Lebensenergien gesehen. So fortgeführt, konnte das Tier zum metaphysischen Sinnbild des Gottes oder gar selbst zu einem Gott werden. Selbst das Christentum konnte daran nicht vorbeigehen. Es nahm dem Tier zwar das Gottsein an sich, beließ jedoch die transzendente Wirklichkelt des Symbols. So wird die

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Dreifaltigkeit auch mit drei Hasen dargestellt, die gemeinsam an drei Ohren hängen. Eine kaum mehr erkennbare Auswirkung der Tiersymbolik

findet man in Schriftsystemen. So geht beispielsweise unser Buchstabe „A“ auf das alte, konventionelle Bildzeichen für Rind zurück. Die nordische Rune für den Laut „u“ heißt „uruz“, also Urstier, der wiederum die männliche Kraft versinnbildlicht.

Unsere moderne Welt käme ohne die „tierische“ Symbolsprache als Kennzeichnungssystem gar nicht mehr aus. Da streiten sich in der Politik die Falken mit den Tauben, die Tierzucht greift zu Brandmarken und Tätowierungen, die analphabetische Verkehrsschildersprache warnt beispielsweise mit einem Rind vor Viehtrieb oder weist mit einem Greifvogel auf ein Naturschutzgebiet hin.

Eine besondere Eigenart der Tiersymbolik ist der Zodiakus, der Tierkreis. Bereits 2400 v. Chr. war in Babylon und Assur die Einteilung der scheinbaren jährlichen Sonnenbahn in zwölf Tierkreise bekannt. In den Handschriften der Azteken und Mayas hatten die Tage Tiersymbole. So wurde der elfte Tag durch einen Affen dargestellt, der gleichzeitig das Symbol des Ehebruchs, der Lust und der Kurzweil war.

Die Entstehung des heute noch gebräuchlichen Tierkreises liegt etwa 2500 Jahre zurück und hängt mit dem platonischen Jahr, das sind 25800 Jahre, zusammen, während deren sich aufgrund der Präzession die Ekliptik verschiebt, indem sie nach dieser Zeitspanne wieder den Ausgangspunkt einnimmt. Damit hat sich der Tierkreis um etwa einen Monat verschoben. Er stimmt (nach Prof. Steger) also nicht mehr. Wer z. B. glaubt, ein Widder zu sein, steht in Wirklichkeit den Fischen viel näher.

Als ältestes Tiersymbol überhaupt gilt der Stier. Schon um 8000 v. Chr. wurden Stiergötter verehrt, weil der Stier

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furchterregend kräftig und besonders fruchtbar war, beide Eigenschaften aber als domestizierte Kreatur nicht verlor, was ihn am gottähnlichsten erscheinen ließ. Am Nil, Euphrat und Tigris und auf der anatolischen Hochebene standen die ersten Altäre für heilige Stiere und Kühe. Jahrtausendelang zählten sie zu den segenbringenden und fruchtbaren Göttern.

In den Sagen Kretas nimmt Zeus Stiergestalt an, um die Europa nach Kreta zu entführen. Sie gebiert ihm Minos, der seinerseits Frauen mit Stierkindern beschenkt. Der Minotaurus schließlich ist nach Meinung von Prof. Steger keine Schöpfung der griechischen Sage. Das Zwitterwesen Mensch-Stier gibt es schon in der Vorstellung des altbabylonischen Ostens.

Vielfältige symbolische Bedeutung hat die Schlange, der zweitälteste Tierkult: im biblischen Sinne als Trägerin des Fluches, als Symbol Satans und allen Übels seit der Verführung Evas. Als Sinnbild der heilbringenden Kraft des Wassers wird sie hingegen in Indien verehrt. Als Symbol des Gottes der Heilkunst, Asklepios, wurde sie ärztliches Berufszeichen und fand bei den Römern hohe Achtung.

Von ältester Zelt her war die Schlange der Ausdruck der List wie der Weisheit. Der Äskulapstab der Ärzte findet sich zuerst um 2350 v. Chr. auf einem steinernen Becher des sumerischen Königs Gudea von Lagasch. Die Ärzte verdanken ihr Symbol vermutlich frühen Medizinmännern, die ihre Patienten von einem Parasiten, dem Medinawurm, befreiten. Gelockt mit kühlem Wasser, durchbrach der Wurm die entzündete Haut des Menschen und wurde schnell auf ein geschlitztes Stäbchen aufgerollt.

Der Löwe ist eines der Christussymbole, aber auch das Zeichen königlicher Macht, im Gegensatz zur kaiserlichen Macht, die vom Adler gekennzeichnet ist. Seine ursprüngliche Funktion war die Abschreckung. Und so wurden im

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gesamten vorchristlichen Mittelmeerraum Löwen zum Abschrecken der Feinde in Kolossalfiguren vor die Tore der Städte gesetzt. Der Löwe schützt auch die Toten, so daß Bahren - auch häufig noch in unseren Gemeinden - mit Löwenköpfen versehen werden.

Der Hund ist nach Kirchenvater Gregor dem Großen der Wächter, der treue Prediger. Ein weißer Hund auf Hochzeitsbildern und in Schlafgemächern soll auf eine gute Ehe hindeuten. Die Indogermanen verehrten diesen Vierbeiner als Opfertier. Die Orientalen dagegen verachteten ihn als Aasverzehrer und machten ihn zum Balsamierer der Toten und Seelenbegleiter, zum Wächter der Unterwelt, zum Kerberos.

Das Schaf wird meist als Lamm dargestellt und bedeutet Christus. Dieses Symboltier verdankt seinen Platz in der christlichen Lehre nicht zuletzt der Vorstellungswelt des alten Nilreiches, in der der Widdergott Chnum eine hohe Bedeutung hatte. Ziegenbock und Steinbock waren seit ältester Zeit Kulttiere. Im Mittelalter wurden Teufel und Ziegenbock verquickt. So bekam Mephisto Bocksfuß und angedeutete Hörner. Der Steinbock war eine Spezialität der Alpenländer, die in ihm die männliche Kraft verehrten. Abgewandte Pferde bedeuten in der christlichen Symbolik das Verharren im Unglauben. Das Kamel ist Sinnbild der Wahrnehmung, die stets zum Wasser, zur Quelle findet. Es kann auch Gedächtnis oder Gehorsam bedeuten. Der Esel ist Ausdruck der friedlichen Mission, so wie Jesus vom Ölberg kommend durch das Goldene Tor in Jerusalem einreitet. Bei den Römern war der Esel der Göttin Vesta geweiht, der Göttin des reinen Ehestandes.

Offenbar keine besondere Beziehung hatten die Vögel in den frühen Perioden der Menschheit zum Menschen. Im Mittelalter symbolisieren Vögel allgemein die Himmelssehnsucht.

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Der Mensch braucht Symbole Symbole haben für die Menschheit zu allen Zeiten mythische,

unheimliche, aber auch wegweisende Bedeutung gehabt und spielen noch heute in der Traumdeutung eine herausragende Rolle. Henry G. Tietze stellte als Leiter des Instituts für kooperative Psychologie in München hierzu ein kleines Lexikon zusammen, aus dem nachfolgend auszugsweise die wichtigsten Begriffe verkürzt dargestellt werden.

Abgrund Das Grund- und Bodenlose symbolisiert Zustände, die nicht oder noch nicht Gestalt gewonnen haben oder vom Standpunkt des durchschnittlichen Bewußtseins aus unvorstellbar sind: also sowohl die im dunkeln liegenden Ursprünge der Welt als auch ihr Ende; die Unbestimmtheit der frühen Kindheit und die Auflösung der Person im Tod; es steht aber auch für das Einswerden des Individuums mit dem Absoluten.

Das Bild des Abgrundes kann ein Gefahrensignal sein. Es kommt jedoch stets auf den gesamten Bildzusammenhang an. Führt der Weg an einen Abgrund und nicht weiter, ist Umkehr angezeigt.

Andererseits kann ein schmaler, steiniger, beschwerlicher Weg in einen Abgrund eine Aufforderung sein, die Beschwerlichkeit und Tiefe einer Situation zu erkennen und anzunehmen. Gibt es eine Brücke über einen Abgrund, ist das ein positives Zeichen, im Sinne überbrückbarer Lebensschwierigkeiten.

Acker Ein gepflügter Acker symbolisiert den weiblichen Schoß, ein ungepflügter kann gelegentlich Symbol für Jungfräulichkeit sein.

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Der Acker kann ein Hinweis darauf sein, daß ein bestimmtes Problem noch bearbeitet werden muß. Apfel Im Urtext der Bibel ist vom Apfel als der „verbotenen Frucht“ die Rede. Dort wird nur von der „Frucht“ gesprochen. Mittelalterliche Bilddarstellungen zeigen Christus, wie er von seiner Mutter Maria einen Apfel annimmt. So gesehen, hat der Apfel die positive Bedeutung eines Erlösungssymbols.

Für die Freudsche Psychoanalyse gilt der Apfel als ein typisches Sexualsymbol. Das mag richtig sein, wenn der Apfel in den Traumbildern jüngerer Personen in einem erotischen Zusammenhang erscheint. Für die Deutung ist dann wichtig, ob es sich um reife oder unreife Äpfel handelt und ähnliches mehr. In den Bildern reifer Menschen hat der Apfel jedoch die Symbolbedeutung geistiger Fruchtbarkeit.

Baum Der Baum ist ein uraltes archetypisches Symbol des Lebens. Bei fast allen Völkern hat er die Bedeutung des Lebensbaumes. Da das Leben des Menschen aus der Mutter hervorgeht, kommt dem Baum auch der Aspekt eines Muttersymbols zu. Die Erdfruchtbarkeitsrituale und -mythen der ganzen Welt fußen auf diesem archetypischen Zusammenhang. Der Baum ist jedoch auch ein Erdphallus, der männlich aus der Erde herausragt. In dieser Bedeutung überwiegt der Zeugungscharakter den des Geborgenseins und des Enthaltens. Dies gilt besonders für Bäume, die, wie Zypressen, im Gegensatz zu den weiblich betonten Wipfeln der Frucht- und Laubbäume ihrer Form nach stammbetont und phallisch sind. Diese phallische Natur des Baumes, die den Gefäßcharakter nicht ausschließt, wird am deutlichsten bei dem Begriff

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Stammbaum und Wörtern wie „entstammen“, „abstammen“ und „Stammhalter“. Als Imaginationssymbol kann der Baum auf die persönliche Entwicklung und das Wachstum des Imaginierenden hindeuten. Er kann aber auch auf die Familiensituation über mehrere Geschlechter hin anspielen. Zu beachten sind die Art des Baumes - Laubbaum oder immergrüner Nadelbaum oder andere Arten von Bäumen -, die Gestaltung von Wurzeln, Stamm und Krone und die Beziehung der Imaginationshandlung zu dem Baum. Wenn es sich um einen Obstbaum handelt, ist es wichtig zu wissen, ob er Früchte trägt. Sind die Äste verdorrt oder gar abgebrochen? Alle diese Merkmale haben eine Bedeutung hinsichtlich vergleichbarer Situationen im Leben des Imaginierenden oder seiner Familie.

Berg Im religiösen Empfinden sind Berge dem Göttlichen näher als die Ebene. Uralt ist die Vorstellung, daß der Hügel als Kraftzentrum der Erde einen Anspruch auf Verehrung hat. Der Weg auf einen Berg deutet in der Imagina auf die Annäherung an ein wichtiges Problem hin. Beschwerlichkeit des Weges versinnbildlicht entsprechende Schwierigkeiten in der Lebenswirklichkeit. Eine schroffe Felslandschaft kann innere Verhärtung andeuten. Die Bergbesteigung selbst kann aber auch eine Identifikation mit dem Vater (Gott) oder einer anderen väterlichen Figur bedeuten. Indem jemand den Gipfel eines Berges anstrebt und erreicht, stellt er sich gewissermaßen an den Platz, der dem (Gott-)Vater zusteht. Das zeigt dann ganz deutlich Konflikte mit dem eigenen Vater auf.

Die Unfähigkeit, einen Berg zu besteigen, weist auf erhebliche Störungen hin. Der weite, freie Ausblick vom Gipfel reflektiert innere Weite und Harmonie.

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Blitz und Donner Hilflos ist der Mensch dem zuckenden Blitz ausgesetzt, zumal man in ihm die Waffe Gottes erblickte. Das Zucken des Blitzes und das Grollen des Donners galten als mahnende Zeichen des himmlischen Strafgerichts. Beobachtet der Mensch ein heraufziehendes Gewitter, so meint er, es braute sich etwas zusammen. Genauso ist allgemein das Gewitter in der Imagination zu deuten.

Es symbolisiert eine Konzentration des Konflikts oder einen Energiestau. Ebenso aber steht es für die Lösung von Spannungen, denn ein „Gewitter reinigt die Luft“. Auch drückt das Gewitter manchmal die intuitive oder „blitzartige“ Erkenntnis aus.

Je nach Gesamtzusammenhang bedeutet das Gewitter also, daß die seelischen Spannungen unerträglich werden oder, im Gegenteil, daß sich eine Lösung dieser Spannungen anbietet.

Erde Der Boden trägt den Menschen, er trägt alles Lebende schlechthin. Die Erde ist das Symbol der Wandlung. Das Symbol Erde versinnbildlicht die Bedeutung unermeßlichen Reichtums sowie des Wachsens und der Fruchtbarkeit. Alles Lebendige wird genährt von dem, was die Erde hervorbringt. So kommt es zu der Vorstellung von der nährenden, helfenden, allgegenwärtigen Mutter Erde und ihrem fruchtbaren Schoß. Aber: Am Ende kehrt auch alles zur Erde zurück. Leben mischt sich mit Tod. Das Wort „Erde“ ist uraltes Synonym für das Vergängliche, Unbeständige, Trügerische. Feuer Die zwei Wirkungen des Feuers - die wärmende und erleuchtende sowie die zerstörende - ließen es zum Symbol des

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Göttlichen wie auch des Dämonischen werden. Vielen Völkern gilt das Feuer als heilig, reinigend, erneuernd. Das ist der positive Aspekt im Feuersymbol. Das Feuer steht aber auch mit dem Destruktionskomplex in Zusammenhang, mit dem Krieg, dem Bösen, Teuflischen, der Hölle oder dem göttlichen Zorn. Allgemein gesehen ist das Feuer ein Symbol psychischer Energie.

Es kann auch als Symbol seelischer Reinigung auftauchen und ebenso als ein Erneuerungs- und Wiedergeburtssymbol. Die positive, lebenserhaltende Bedeutung des Feuers findet sich auch in der Gleichsetzung des Lebens mit dem Bild der Lebensflamme. Ein zerstörender Brand signalisiert dagegen stets eine Gefahr. Das kann eine verzehrende Leidenschaft sein, aber auch anzeigen, daß starke negative Energien sich freisetzen wollen.

Fluß Die Umgangssprache kennt den Ausdruck „Strom des Lebens“. In dieser Bedeutung tauchen auch Flüsse und Ströme in der Imagination auf. Allgemein symbolisieren sie den Strom psychischer Energie.

Die Fahrt auf ihnen - in einem Boot oder Schiff - stellt gleichnishaft die Lebensreise dar. Andererseits ist Wasser auch Symbol des Unbewußten. Ausufernde Flüsse oder reißende Ströme und Bäche, die sich dem Imaginierenden als Hindernisse entgegenstellen, deuten auf Hindernisse aufgrund von Vorstellungen oder Verhaltensweisen, die unbewußt sind.

Zu beachten ist bei derartigen Traumbildern die Gestaltung des Ufers. Ist es unzugänglich, so ist ein tief im Unbewußten verankerter Komplex zu vermuten. Ist das Ufer dagegen kultiviert und durch Stein- oder Betonmauern eingefaßt, so wäre dies ein Hinweis auf eine Einengung der

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Persönlichkeit des Imaginierenden. Wichtig für die Interpretation ist, ob in der Imagination eine Brücke erscheint, die die beiden Ufer verbindet. In einem solchen Fall ist eine Überbrückung der Schwierigkeiten im Leben angezeigt. Der Fluß symbolisiert auch eine Änderung der Lebenseinstellung. Garten Der Garten kann als Symbol der ehelichen Verbindung gelten. Im positiven Sinn zeigt er Wachstum, Fruchtbarkeit und Lebensfreude an. Umgekehrt kann, was im Garten wächst, welk, wüst und verdorrt sein. Solche Öde bzw. Unordnung deutet regelmäßig auf tiefere Konflikte hin. Höhle Die Symbolbedeutung der Höhle hängt sowohl mit dem Bereich des Todes wie mit dem der Geburt zusammen.

Sie kann auch als Wiedergeburtssymbol interpretiert werden. In der Imagination deutet die Höhle meist auf Schwierigkeiten mit dem Urweiblichen hin.

Meer Das Meer ist in den Weltentstehungsmythen das weibliche Gegenstück zum männlichen Himmel. Wegen der Unergründlichkeit seiner Tiefe und seiner endlosen Weite ist es in der Imagination ein Symbol des Unbewußten, und zwar des kollektiven Unbewußten.

Ansonsten ist seine Bedeutung äußerst vielfältig. Es kann den Aufbruch zu neuen Ufern, in seelisches Neuland ebenso symbolisieren wie gefährliche Situationen, die eine Reise über das Meer in sich birgt.

Bezieht sich die Imagination auf eine Situation am Meeresufer, so informiert sie über eine Problematik im Grenzbereich

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zwischen dem persönlichen und dem kollektiven Unbewußten. Mond Der Mond spielt im magischen und bildhaft-religiösen Symboldenken der meisten Völker eine bedeutende Rolle. Entscheidend ist dabei vor allem, daß er wegen seiner ständig wechselnden Gestalt „lebt“, daß er mit verschiedenen Lebensrhythmen auf der Erde in offensichtlicher Verbindung steht.

Der Mond steht in Verbindung mit der Fruchtbarkeit und dem Regen, den er schickt, überhaupt mit allem Feuchten sowie mit allem Werden und Vergehen.

Als Fruchtbarkeitssymbol ist er ebenso wie die Erde dem Ewigweiblichen und Ewigmütterlichen zugeordnet.

Quelle In alter Zeit wurden Quellen oft als göttlich verehrt. Die Quelle ist primär ein Fruchtbarkeitssymbol.

Sie ist Signal für die Zufuhr seelischer Energie. Eine verstopfte Quelle kann hingegen auf blockierte Emotionen hinweisen, jedoch auch auf Impotenzängste oder Frigidität.

Regen Der Regen ist ein Fruchtbarkeitssymbol. In der Imaginationstherapie hat der Regen vorwiegend die Bedeutung einer geistigen Befruchtung im Sinne neuer schöpferischer Ideen. Rose Die Rose gilt schon seit Urzeiten als Blume der Liebe. In ihr ist der Hinweis auf seelische Entfaltung zu sehen. In Form des Rosenkranzes symbolisiert die Rose die volle, blütenhafte Entfaltung der seelischen und geistigen Kräfte.

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Wenn Rosen sich nicht öffnen, ist das ein Zeichen für starke innere Widerstände. Das gleiche ist der Fall, wenn eine Rose verwelkt oder sich nicht deutlich zeigt. Sonne Insgesamt ist die Sonne eines der positivsten Imaginationssymbole. Sie versinnbildlicht stets produktive, schöpferische Energie, die geistige, künstlerische oder Bewußtseins-prozesse in Gang setzt. Den bedrohlichen Charakter der versengenden Tropen- und Wüstensonne hat sie in unseren Breitengraden kaum.

Stein Steine galten von jeher als Ausdruck der Verbindung zwischen Himmel und Erde. Als Imaginationssymbol kann der Stein auf innere Verhärtungen und Verödungen hinweisen.

Wald Der Wald spielt in den religiösen Vorstellungen und im Glauben zahlreicher Völker eine bedeutende Rolle als heiliger und geheimnisvoller Bereich, in dem gute und böse Götter, Geister und Dämonen, wilde Männer, Holz-, Moosund Waldweiblein, Feen und andere geheimnisvolle Wesen wohnen. Darstellungen des Waldes weisen häufig symbolisch auf Irrationales, aber auch auf Geborgenheit. Psychologisch gesehen steht der Wald für das Unbewußte. Unter diesem Gesichtspunkt ist er häufig ein mit Angst besetztes Symbol.

Wasser Das Wasser symbolisiert, wenn es in Imaginationserlebnissen auftritt, unbewußte psychische Energie. Es ist ein archetypisches Sinnbild des Lebenswassers. Wegen seiner Formlosigkeit ist das

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Wasser auch Symbol des Chaos, des ungestalten Anfangs und sich auflösender Formen. Weil es sich rasch verflüchtigt, kann es auch ein Symbol des Unbeständigen, Vergänglichen, Trügerischen sein, ja sogar als Todessymbol gelten. Wiese Zunächst gehört die Wiese zu den positiven Symbolen und steht für neues Wachstum und Fortschritt. Sie kann aber auch, zumal im herbstlichen oder winterlichen Bild, auf Gefühlskälte und innere Vereinsamung hinweisen. Außerdem ist zu beachten, daß Grün zwar einen Zustand des Wachsens anzeigt, aber noch nicht der Reife. Deshalb muß das Gesamtbild der Wiese nach ihrer jeweiligen Erscheinung und der Problematik des Imaginierenden individuell interpretiert werden.

Wüste Das Bild der Wüste ist immer ein Warnsignal. In seltenen Fällen signalisiert sie eine notwendige Askese. In der Regel deutet sie aber auf seelische Vereinsamung hin. Sie ist Ausdruck der Unfruchtbarkeit und des geistig-seelischen Stillstandes.

Die Macht der Farben Die Psyche des Menschen liegt trotz aller Psychologie für den

Normalbürger im Dunkel seiner archaischen Vergangenheit. So wie Himmel, Erde, Feuer und Wasser für ihn mehr als nur physikalisch beschreibbare Erscheinungsformen sind, so haben auch Farben weit mehr als nur optische Bedeutung. Wer mit der Macht der Farben spielen kann, kann mit Hilfe der Farben mit Menschen spielen, sie manipulieren. Nicht umsonst spricht der

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Volksmund vom „Farbe-Bekennen“. So warnt die Farbpsychologie vor einem Arzt, der seine Praxis

mit einem burgunderroten Teppichboden ausgelegt hat. Derart viel „Blut“ am Boden könne mangelndes Einfühlungsvermögen verraten. Dagegen sei ein feierliches Burgunderrot am Boden dort durchaus prächtig und angebracht wo repräsentative Empfänge stattfinden.

Wer mit der unterschwelligen Bedeutung von Farben umzugehen versteht, weiß sich nicht nur in seinen privaten vier Wänden angenehmer einzurichten, sondern kann auch als Chef seinen Mitarbeitern den grauen Berufsalltag aufhellen. Vorsicht hingegen ist wiederum vor einem Vorgesetzten geboten, der glaubt, er müsse seinen grauen Bodenbelag mit hochgelben oder -roten Dekorplatten auflockern. Damit legt er nämlich Stolpersteine in den Weg, schirmt sich sozusagen gegen jeden Besucher furchtsam ab.

Prompt hat vor allem jeder, der den Raum zum ersten Mal betritt, das Gefühl, ständig Hindernisse überwinden zu müssen. Solchen Chefs geben Farbwissenschaftler den Rat: Wählt man schon quadratische oder rechteckige „Bausteine“, so sollten diese sehr nah verwandte Tönungen haben und den Raum fein vom Boden her beleben.

Der Farbe des Bodens kommt für die Psyche vor allem des arbeitenden Menschen eine wichtige Bedeutung zu. Denn der Boden ist das erste und letzte Blickerlebnis des Menschen beim allgemeinen Raumerlebnis. Wer einen Raum betritt, hat zunächst Kontakt mit dem Boden, muß auf ihm Halt finden. Und so kann durchaus ein Violettschimmer daran schuld sein, daß die Füße sich plötzlich bleiern anfühlen.

Farbe allein kann allerdings auch noch kein angenehmes Bodengefühl vermitteln. Allgemein anerkannt und als wichtig

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eingestuft ist „Grün“ als „natürliche“ Farbe. Aber ein hartglatter Bodenbelag im schönsten mittleren Grün wird nicht mehr das Gefühl von weichem Rasen oder Moos vermitteln können. Dagegen kann ein wolliger Teppich in Blau durchaus eher warm als kalt wirken. Dieselbe Farbe wird aber auf glattem Grund stets als recht kalt und fremd empfunden, wobei es allerdings noch auf die Farbnuancen ankommt.

Typisch wird die Farbpsychologie beim berühmten „roten Teppich“. Ein roter Boden wird stets als etwas Besonderes empfunden. Ihn aber einfach als rot eingefärbten Kunststoffbelag auszulegen ist nach Meinung von Fachleuten eigentlich eine Art von Majestätsbeleidigung, „denn Rot ist ja pracht- und machtvoll, es hebt das Bewußtsein wie eben der rote Teppich, den man einer Prominenz zu Ehren ausrollt“.

Aufgrund mannigfaltiger Kriterien haben Farbpsychologen einige Faustregeln aufgestellt. So empfehlen sich für sonnige Arbeitsplätze kühle Farben, für schattige warme. Selbst der Lärmpegel in einem Großraumbüro läßt sich psychologisch eindämmen, indem man beispielsweise für grüne Teppichböden sorgt. In Chefzimmern ist zu vornehmen und zurückhaltenden Farben zu raten. Immer aber soll der Bodenbelag in ein Verhältnis zu Funktion und Inhalt des Raumes stehen. Danach sind in Fluren dynamische Farben wie gedeckte Orange- und auch Blaunuancen sowie Rasentöne geeignet, in Pausen- und Erholungsräumen wirken weiche Grüntöne, aber auch Farben in Sand- und Erdnuancen angenehm. Sowenig wie man moderne Stahlmöbel wohl auf bäuerliche Dielen stellen wird, sowenig paßt ein hellblauer Boden zu soliden Eichenmöbeln. Sie werden dann eher den Eindruck von Treibholz auf dem Meer vermitteln. Ein dunkleres und gedämpfteres Blau hingegen vermag solchen Möbeln durchaus ihre Eigenbedeutung zu lassen.

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Wie Farbe zum unterdrückenden Schock werden kann, verdeutlicht die Farbwissenschaft an einem Beispiel: Wer über knarrende Dielen plötzlich in einen rein weiß gehaltenen Raum mit ebenso kalt-sachlich geformten Tischen und Stühlen tritt, bekommt das unbehagliche Gefühl, eigentlich vorher die Schuhe ausziehen zu müssen. Gelangt man aber von einer mit Keramik belegten Diele in einen Raum mit bequemen Ledersesseln auf moos- oder olivgrünem Teppich, fühlt man sich gleich zu Hause. In beiden Fällen aber hat der aufmerksame Beobachter bereits viel von der Psyche des Bewohners erfahren - der hatte Farbe bekannt, ob er es wollte oder nicht.

Kornkreise - die Forscher drehen sich

im Kreis Seit 1980 beschäftigt die Welt ein Phänomen, das als

„Kornkreise“ Schlagzeilen machte, auch wenn es sich nicht immer nur um Kreise, sondern auch um mannigfaltige andere geometrische Formen handelte. Allen Erscheinungen gemeinsam ist jedoch ihr häufiges Auftreten in Südengland und die Tatsache, daß Korn nach exakten geometrischen Figuren niedergedrückt war, ohne daß sich klären ließ, wodurch. Vereinzelt wurden zwar Scherzbolde aufgegriffen. Es stellte sich aber jedesmal heraus, daß sie lediglich das Phänomen zum Anlaß ihrer Aktivitäten genommen hatten.

Die Kornkreisforscher haben seither zahlreiche Fakten zusammengetragen und Theorien entwickelt, ohne aber tatsächlich der Lösung näher gekommen zu sein. Die Palette der Mutmaßungen reicht praktisch von dunklen Mächten bis hin zur Ufologie, letztlich bleibt aber nicht recht viel mehr anderes übrig als die beobachtete Geschichte der Kornkreise, samt ihren Widersprüchlichkeiten.

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Angefangen hat offenbar alles im August 1980, als die „Wiltshire Times“ von drei seltsamen, kreisförmigen Zeichen berichtete, die in Haferfeldern in der Nähe von Westbury in der Grafschaft Wiltshire entdeckt worden waren. In unmittelbarer Nähe, so der Zeitungsbericht, befinde sich das berühmte „Weiße Pferd“ von Westbury. Jeder der Kreise habe einen Durchmesser von fast 20 Metern. Etwas Ähnliches sei nie zuvor gesehen worden.

Die Charakteristik der Kreise wiederholte sich in den folgenden Jahren zahllose Male: die scharfe Abgrenzung zwischen der betroffenen Stelle und dem Rest des Feldes, die spiralförmig flachgedrückten Getreidehalme, das Weiterwachsen der Pflanzen - noch lange über den Zeitpunkt des Ereignisses hinaus.

Bei genauer Vermessung kam etwas Verblüffendes zutage. Tatsächlich handelte es sich nicht um geometrisch reine Kreise, sondern leicht elliptische oder ovale Gebilde. Bei den meisten später entdeckten „Kreisen“ verhält es sich ebenso. Ralph Noyes, Autor grenzwissenschaftlicher Berichte, sieht darin einen Beweis, daß Kornkreise kein Scherz irgendwelcher Zeitgenossen sind. Derart exakte Ellipsen im Korn zu produzieren, ohne jemals dabei beobachtet zu werden, sei einfach unmöglich.

1981 bekamen die Kreisforscher ein Problem hinzu. In der Grafschaft wurden sie zu drei Kreisen gerufen, die offenbar ein Muster bildeten. In der Mitte lag ein fast 20 Meter im Durchmesser großer Kreis, zwei kleinere Kreise auf einer geraden Linie flankierten ihn.

Eine der bisherigen Theorien, die Wirbelwindmöglichkeit, kam gewaltig ins Schleudern. Als 1983 dann auch noch sogenannte Fünflinge in einem Gebiet auftauchten, aus dem bisher zahlreiche angebliche Ufos gemeldet worden waren, gerieten die Spekulationen in der Presse außer Rand und

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Band, auch die ersten Komkreisfälscher wurden entlarvt. Der Phantasie der unbekannten Kreismacht tat dies aber keinen Abbruch. Bis heute kennt man weit mehr als zwei Dutzend unterschiedlicher Kreisformen und -konstellationen. So fand man Kreise mit dreifachem Ring, Strahlenkreise, verschiedene Formationen mit umringtem Mittelring, die Nachbildung verschiedener Kreuzarten und durch Bahnen verbundene Kreise.

Das totale Rätsel kam 1989 auf die Forscher zu, als nicht weit von Stonehenge in Wiltshire im Korn ein Gebilde entstand, das einem Hakenkreuz ähnelte.

Der Erklärungsnotstand wurde eklatant und ist bis heute nicht behoben. Den Kreisforschern blieb bislang nicht viel mehr übrig, als alle möglichen Fakten zu sammeln und daraus Theorien zu entwickeln. So fiel ihnen beispielsweise auf, daß bemerkenswerte Parallelen zu altertümlichen Zeichen und Symbolen bestanden, die in Mythen in den Haupterscheinungsgebieten der Kreise zu den ältesten der Menschheit zählen.

Ralph Noyes fragt: Hat es vielleicht vor langer Zeit schon einmal eine Epoche gegeben, in der durch unbekannte Kräfte Muster in wachsendes Getreide „gestempelt“ wurden? Haben sie vielleicht eine solche Ehrfurcht bei den Menschen ausgelöst, daß durch den Bau steinerner Denkmäler, kreisförmiger Tempel und Begräbnisstätten an sie erinnert werden sollte? Wurde ihrer in Mythen und Erzählungen, in den Mustern auf den Mosaikböden von Heiligtümern, bei der Gestaltung buddhistischer Mandalas gedacht?

Auffällig ist ebenfalls, daß Kornkreise zwar auch in anderen Teilen der Welt entdeckt wurden, die interessantesten und meisten sich jedoch auf Südengland konzentrieren. Wenig erfreut waren die Kreisforscher, als sich Ufo-Anhänger der Phänomene annahmen. Sie sahen in den 80er Jahren in

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den Korngebilden die Landespuren außerirdischer Raumschiffe.

1990 - Kreise außer Rand und Band 1990 gerieten die Kornkreise buchstäblich außer Rand und

Band. Allein in diesem Jahr wurden etwa tausend Kreisphänomene entdeckt. Auch die Vielfalt der Formen nahm sehr zu, z. B. Hanteln, Rechtecke, Dreiecke und halbierte Ringe. Zudem überstiegen die Größenausmaße alles bisher Beobachtete. Am erstaunlichsten aber waren bis zu 150 Meter lange Kreiskonstellationen, die wie Piktogramme wirkten. Die Vorstellung, eine unheimliche Intelligenz sei hier am Werk, gewann immer mehr Anhänger.

Das Kreisfieber brach in England aus und erinnerte fatal an die Ufo-Hysterie der Amerikaner. Den Medien war's recht, ein geschäftstüchtiger Bauer verlangte sogar Eintrittsgeld für die Besichtigung „seiner“ Kornkreise, und die ernsthaften Kreisforscher waren auf den Rummel sauer. Und dann kam der unausweichliche Medienknüller: Am 25. Mai verkündete die BBC, daß ein „bedeutendes Ereignis“ auf Video aufgezeichnet worden sei - blinkende, orangefarbene Lichter im Himmel über einem Feld, in dem während der Nacht eine große, neue Kreisformation entstanden sei.

Doch Kreisspezialisten entlarvten die Sensation als plumpen Schwindel. Zudem hatten die unbekannten Scherzbolde spiritistische Alphabettafeln und hölzerne Kreuze genau in der Mitte der sechs Kreise hinterlassen. Unbestätigt blieb das Gerücht, daß hier ein Sonderkommando der Armee am Werk gewesen war, das auf diese Weise einer Massenhysterie begegnen sollte. Deshalb auch die spiritistischen Hinterlassenschaften. Sie sollten offensichtlich verhindern, die Kreise als echt einzustufen.

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Manche Medien kochten daraufhin das Thema ebenso verkaufsträchtig ganz einfach auf andere Weise weiter. So waren plötzlich Anleitungen für „Kornkreise zum Selbermachen“ zu lesen; ein anderes Blatt stellte einen Mann vor, der schon als Zwölfjähriger angeblich nichts Besseres zu tun wußte, als Kornkreise herzustellen.

Die Frage nach dem Sinn - ungelöst

Das Phänomen „Kornkreise“ entwickelte über die Jahre hinweg eine solch unglaubliche Vielfalt, daß die Frage nach Sinn und Bedeutung immer schwieriger wurde.

Glaubte man anfänglich, die Gebilde würden lautlos entstehen, vernahm man wenig später ein Summen oder Zirpen, das auch noch zu hören war, als man die Kreise untersuchte. Sie entstanden auch plötzlich nicht mehr nur nachts, sondern auch in der Abenddämmerung und im Morgengrauen.

Schließlich geriet auch die Theorie eines der bekanntesten Kreisforscher, Dr. Terence Meaden, ins Wanken. Er hatte die These aufgestellt, daß die Spuren in den Feldern auf eine unbekannte meteorologische Ursache zurückzuführen seien, nämlich auf einen elektromagnetischen Plasmawirbel. Kaum hatte er seine Theorie veröffentlicht, tauchte ein Kreis auf, der Meaden offenbar widerlegte. Auch anderen Beobachtern erging es so. Kaum hatten sie sich eine Meinung gebildet, wurde diese von einem neu entstandenen Kreis „angezweifelt“.

Selbst gegen die Ufo-Theorie wußten die Kreise sich offenbar zu wehren. 1988 produzierten sie sich genau unter einer Überlandstromleitung, wohl auch für ein Ufo ein ziemlich schwieriger Landeplatz. Andererseits wissen viele, die sich mit dem Kreisphänomen beschäftigen, davon zu berichten, daß die Kreise sogar auf ihre Wunschvorstellungen

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eingehen, z. B. unvermittelt dort erscheinen, wo man gerne welche sehen würde.

Bis heute ist man bei der Frage nach Sinn und Botschaft der Kreise keinen Schritt weiter, steckt im Dunkel der Phantasie und Spekulation. Theorien über ihre Entstehung haben demgegenüber zumindest den Vorteil, auf mehr oder weniger gesicherten Fakten aufzubauen.

Geheimnisvolle Energien

So könnte nach Meinung mancher Forscher aufgrund gewisser Anhaltspunkte auf die Art der Kräfte geschlossen werden, die den Kreisen zugrunde liegen. Eine wichtige Rolle könnte demnach die Erde spielen, deren Energien bei den Erscheinungsorten aktiviert worden seien. In diesem Zusammenhang wurde immer wieder festgestellt, daß die jungen Getreidehalme, die spiralförmig nach unten gedrückt worden sind, waagrecht weiterreifen, so als würden sie zur Erde hingezogen.

Wünschelrutengänger bestätigten, daß im Umfeld der Kreise starke Energiefelder vorherrschen. In einem Fall brach ein erprobter Wünschelrutengänger ob der Energiewellen fast entkräftet zusammen. Weitere Hinweise auf geheimnisvolle Energien am Ort des Geschehens geben Erzählungen, wonach Meßinstrumente und Aufnahmegeräte versagten, Tiere sich merkwürdig benahmen, Summ-, Zirp- und Knistergeräusche gehört und elektrische Entladungen gesehen wurden.

Der Forscher Paul Devereux spekuliert mit der Möglichkeit, daß Energien die Erdoberfläche durchziehen, die die wesentliche Lebenskraft dieses Planeten bilden. Diese Energien erzeugen manchmal kurzlebige, leuchtende Phänomene, sogenannte Erdlichter, die laut Devereux vor allem im

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Bereich geologischer Spalten und Verwerfungen beobachtet werden. Auch die Stätten altertümlicher Steinformationen und Erdbauwerke häufen sich demnach in Gebieten geologischer Spannungen. Zudem würden Archäologen zahlreiche Anekdoten über Fotoapparate und Instrumente kennen, die in der Umgebung von Altertümern verrückt spielten.

Devereux verweist noch auf ein anderes Phänomen: Das Realitätsempfinden von Augenzeugen, die über geheimnisvolle Lichterscheinungen berichteten, war offensichtlich beeinträchtigt. Manche sprachen von Visionen und psychischen Erleuchtungen, sie empfanden eine Art Geistesübertragung zwischen sich und den Phänomenen. Devereux kommt gar zu der Ansicht, daß den wesentlichen Energien der Erde eine intelligente Komponente innewohnt, die unserer Intelligenz ähnelt und mit ihr in Verbindung treten kann.

Insofern greift er Gedanken der Geomantie auf, die von einer geistigen Verbindung zwischen Mutter Natur und ihren menschlichen Sprößlingen ausgeht. Die Energien in den Kornfeldern sind wohl in der Erde selbst zu orten. Verfolgt man die Energietheorie weiter, muß aber unweigerlich auch die Energie aus dem All mit einbezogen werden. Wünschelrutengänger brachten noch andere Gedanken ein. Sie behaupten, daß Erdströmungen auf Klänge und Musik reagieren, also auch auf Kornkreise wirken könnten.

Der Getreidekreis-Experte John Michell mutmaßt eine geistige Bedeutung hinter dem Problem, so wie C. G. Jung Ufos als Vermittler und Vorboten menschlicher Bewußtseinsveränderungen deutete. Diese Funktion hätten nun die Getreidekreise übernommen. Immerhin hätten viele Forscher, die den Einflüssen der Kreise ausgesetzt waren, grundlegende Veränderungen ihres Standpunktes und ihrer Anschauungen erfahren müssen. Es sei durchaus möglich, Jungs Ufo-Deutung auf die Getreidekreise zu übertragen und

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diese als Zeichen „großer sich anbahnender Umwälzungen, die das Ende einer Epoche kennzeichnen“, zu betrachten. Außergewöhnliche Naturerscheinungen könnten durchaus Botschaften an das Gewissen der Menschen sein. Kein Wunder, daß viele Menschen Getreidekreise mit der ökologischen Krise in Verbindung bringen und sie als spontanen Ausdruck des Protestes seitens der mißhandelten Erde auffassen.

Augen- und Ohrenzeugen Augenzeugenberichte über gerade entstehende Kreise gibt es genug, und sie gaben ebensoviel Anlaß für neue Theorien. In „The Cropcircle Enigma“, einer von Ralph Noyes herausgegebenen zusammenfassenden Darstellung des Phänomens, wird u. a. auf die Entstehung von Kreisen bei Nacht eingegangen, die mit leuchtenden Begleiterscheinungen verbunden war.

So beobachtete Roy Lucas aus Yatesbury, Wiltshire, am frühen Morgen des 16. Juni 1988 dreimal hintereinander, wie sich eine schmale, kreisende „Rauchwolke“ über einem Weizenfeld bildete und wieder auflöste. Das Ereignis fand bei fast vollkommener Windstille südlich von Windmill Hill statt. Es waren aufwärts gerichtete Leeseiten-Wirbel, die aufgrund der Kondensation in der sehr feuchten Luft des frühen Morgens sichtbar geworden waren.

In anderen Fällen haben Ohrenzeugen von akustischen Nebeneffekten bei der Bildung von Kreisen berichtet, wobei ein Summen typisch zu sein scheint, „das dem Korona-Effekt bei elektrischen Entladungen ähnelt“. Die Autoren meinen, diese Geräusche deuteten auf die Anwesenheit und den Fluß von Elektrizität, wie bei den besser bekannten Phänomenen des Wirbelwindes und des Tornados, hin.

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Nach amerikanischen Forschungen erzeuge auch ein gewöhnlicher Wirbelwind ein elektrisches Feld. Obwohl es eigentlich elektrostatisch ist, entstehe es durch Staubpartikel, die von der Reibung des Windes gegen den Boden elektrisch aufgeladen und von der Drehung des Windes hochgeschleudert werden. Es könnten sehr starke elektrische Energiewerte gemessen werden, die gegenpolig zum normalerweise positiv geladenen elektrischen Feld der Erde stünden. Das elektrische Feld von Tornados erzeuge zudem akustische und leuchtende Nebenwirkungen. Und all dies treffe auch für Kornkreis-Wirbel zu. So seien riesige Lichtkugeln beobachtet worden, als im Juni 1989 in Wiltshire und Kent Kornkreise entstanden.

Für die Kreistheoretiker besonders reizvoll sind jene Kreise, die von mehreren Ringen umzogen sind. Diese sind meist schmal, konzentrisch mit dem Hauptkreis und scharf geschnitten. Die verursachende Kraft müsse also über einen erstaunlich genauen Kontrollmechanismus verfügen. Denn unerklärlich sei, wie ein rotierender Wirbel das Korn an den Rändern der Hauptkreise und der Ringe so haarscharf trennen und mehrfache Ringe bewerkstelligen kann.

Manche Forscher denken dabei an eine Ionisierung der Luftströme sowie an eine Wechselwirkung des elektrischen und magnetischen Feldes der Erde. Auf diese Weise könnten auch die selbstleuchtenden Röhren entstanden sein, die sich vom Boden bis zur Wolkendecke erstreckten, als wieder einmal das Entstehen von Kornkreisen beobachtet wurde. Verfechter der Wirbelwindtheorie berufen sich auf einen Augenzeugen, der in Schottland 30 Sekunden lang aus 15 Metern Entfernung sah, wie ein heftiger Wind das Korn in einer kreisförmigen Fläche verwehte, dabei ein seltsames Geräusch machte, während dort, wo er stand, absolute Windstille herrschte. Plötzlich stürzte „eine Kraft“ nach unten,

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und ein Kornkreis war geboren. Dabei habe es sich um das klare Beispiel des Zusammenbruchs eines stehenden Leeseiten-Wirbels gehandelt. Die entsprechende Theorie besagt denn auch, daß sich solche Wirbel unter den entsprechenden Bedingungen auf der Leeseite von Hügeln und Abhängen entwickeln können - und daß daraus grundsätzlich kreisförmige Spuren resultieren.

Die Vertreter dieser Theorie nehmen an, daß für einen solchen Wirbel eine ruhige Luftmasse mit guter, stabiler Schichtenbildung, die auch in Gegenwart einer ständigen schwachen Luftströmung in sich erhalten bleibt, notwendig ist. Dann nähere sich eine neue Luftmasse, eine kleine Front mit klarer Grenze und höherer Geschwindigkeit. In der Regel komme dieser Ausläufer aus einer anderen Richtung und habe andere thermohygrometrische, verstäubende und elektrische Eigenschaften. Während die Windgeschwindigkeit zunehme, entwickeln sich Wirbelschläuche an der Windschattenseite kritisch herausragender Hindernisse (runde Hügel und Spitzen steiler Böschungen).

Schließlich breche das System zusammen und jage einen Wirbel oder einen Ringwirbel mit kreisförmiger Wirkung nach unten. Die Energie in dem Wirbel sei zusammen mit Staubpartikeln oder Wasserdampf möglicherweise die Ursache der rotierenden elektrischen Ladungen und des kräftigen magnetischen Feldes. Gelegentlich scheint eine Abstoßung stattzufinden, so daß das Getreide nur leicht berührt wird und lediglich schwach erkennbare Ringe produziert werden.

Die Suche nach der Kreis-Intelligenz

Einig scheinen sich die Kreisforscher zu sein, daß hinter diesem Phänomen eine irgendwie geartete Intelligenz stecken muß. Auf der Suche danach kampierten sie in drei

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Wochen vorher entstandenen Kornkreisen, um zu sehen, was passiert - so z. B. im Juni 1989 bei Cheesefoot Head. Die Teilnehmer, darunter ein Medium, wollten sehen, ob es durch entspanntes Abwarten gelingt, mit dieser vermutlichen Intelligenz auf irgendeine Weise Kontakt aufzunehmen. Einer der Teilnehmer berichtet in „The Cropcircle Enigma“:

„Einige Stunden vorher war ein Sonnensturm gemeldet worden, so daß das Erscheinen des Nordlichts im Bereich des Möglichen lag. Wir setzten uns nieder und überließen es Rita, Kontakt mit allem Kontaktwilligen aufzunehmen.

Nach etwa 20 Minuten vernahm ich ganz in der Nähe ein eigenartiges Trillergeräusch. Es schien mir, als käme es aus dem Kreis selbst oder aus den Köpfen der sechs Personen, die sich in ihm aufhielten. Verblüfft blickten wir uns an und erkannten, daß wir alle es hörten. Zu sehen war indes nichts.

Das Trillern schien sich nun umherzubewegen und kam bald in ungefähr 50 Metern Entfernung vom Kreis zum Stillstand. Es war intensiv, aber nicht laut und besaß eine ausgesprochen penetrante, surrende Qualität; ein solches Geräusch hatte ich bisher noch nie vernommen. Zikaden oder Heuschrecken waren es auf keinen Fall. Colin Andrews sagte sofort, daß es das gleiche Geräusch sei, das er am 30. Juni 1987 in der Nähe von Getreidekreisen bei Kimpton in Hampshire für kurze Zeit gehört hatte. Er beschrieb es als ein Knistern, wie es von den Elektroden eines Lichtbogens ausgehen kann, kurz bevor sich der Bogen schließt. Auch wenn es sich nur um eine Spekulation handeln kann: Könnte dies nicht das Geräusch des tatsächlichen Kraftfeldes sein, das für das Flachdrücken des Korns in den Kreisen verantwortlich ist?

Einen Augenblick lang verharrte das Geräusch in einiger Entfernung; es glich einem vorsichtigen Tier, das herumschleicht,

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sich aber nicht nähern will. Rita versuchte mit ihm - wer auch immer „es“ war - zu reden, aber die einzige positive Reaktion, an die ich mich erinnere, geschah, als sie sagte: „Wenn du uns verstehst, hör auf.“ Tatsächlich verstummte das Trillern für einige Sekunden, blieb aber sonst konstant. Allmählich näherte es sich uns durch das stehende Korn, schließlich kam es bis an den Rand des Kreises. Wir konnten nicht erkennen, ob es eine oder mehrere Quellen hatte, aber ich glaube, keiner von uns hegte Zweifel, daß ein solches Verhalten auf ein lebendiges und geradezu intelligentes Wesen schließen lassen mußte. Etwas Gegenständliches jedoch, das ein solches Geräusch hätte erzeugen können, habe ich zu keinem Zeitpunkt gesehen.

Als das Trillern in unmittelbarer Nähe war, wurde es intensiver und zeitigte hypnotische Wirkung. Einige von uns standen auf und gingen langsam auf den Rand des Kreises zu, wo sich diese unsichtbare Präsenz hin und her bewegte. Überraschenderweise schien niemand Angst zu verspüren. Nur wenige Meter von der Quelle des Geräusches entfernt, rief ich: Kannst du für uns bitte einen Kreis machen?`

Im nachhinein erscheint diese an ein leeres Kornfeld gerichtete Bitte ziemlich lächerlich. Aber es hat den Anschein - mehr kann man dazu nicht sagen -, daß unserer Bitte entsprochen wurde: Am frühen Morgen des nächsten Tages wurde - ungefähr 500 Meter weit entfernt - in der Richtung, in die sich das Trillergeräusch zum Schluß entfernt hatte, ein neuer umringter Kreis entdeckt, der am Vorabend noch nicht dagewesen war.

Kurz darauf betraten drei weitere Teilnehmer des Projektes den Kreis. Sie hatten das geheimnisvolle Trillergeräusch von der Straße aus gehört. Ich winkte ihnen zu und bedeutete ihnen, daß sie stehenbleiben sollten - aber anscheinend hatte ihre Ankunft unseren unsichtbaren Besucher schon veranlaßt,

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sich zu einer Hecke zurückzuziehen, die in einer Entfernung von etwa 50 Metern an einem leichten Abhang stand. Obwohl wir versuchten, das Trillern zu uns zurückzulocken, war uns allen klar, daß wir uns umsonst bemühten; und wir kehrten zum Wohnwagen zurück, der für das Projekt als Hauptquartier dient.

Es war zwei Uhr morgens; eineinhalb Stunden waren verstrichen, seitdem wir das Trillern zum ersten Mal gehört hatten. Diese Erkenntnis verblüffte uns alle. Jenen sechsen, die sich zusammen in den Kreis begeben hatten, schien es, als hätten diese Vorgänge kaum die Hälfte der Zeit gedauert, aber wir wollten partout nicht zugeben, eine „Zeitlücke“ erlebt zu haben.

Ron Jones, eine der drei Personen, die später dazugestoßen waren, sagte uns hinterher, daß er - zunächst allein - das Trillergeräusch von der Straße aus gehört habe. Er sei daraufhin auf den Kreis zugegangen - und habe etwas gänzlich Unerwartetes gesehen. Unmittelbar über den sechs Menschen, die im Kreis saßen, sei am Himmel ein leuchtendes Objekt gestanden, das so hell wie der Mond war und die Form zweier Hörner hatte. Verängstigt und verunsichert sei er einen Augenblick lang stehengeblieben, während das Trillern den Höhepunkt seiner Lautstärke erreichte.

Soweit ich weiß, hat niemand im Kreis das Licht über unseren Köpfen gesehen. Offenbar war es kurz danach verblaßt und verschwunden. Dann waren Ron Jones und die beiden anderen in den Kreis gekommen. Angesichts der Vorhersage von Nordlicht könnte man meinen, daß dies eine Erklärung dafür gibt, was Ron Jones gesehen hatte; andere Möglichkeiten sind aber keineswegs auszuschließen.

Man könnte meinen, daß das, was wir gesehen und erlebt hatten, eine Art psychisches Wesen war, das von der gestrengen Rita Goold herbeigerufen worden war. Es ist auch

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Möglich, daß Rita eine Verbindung herstellte, die diese Manifestation überhaupt erst erlaubte. Was es auch immer war, es hat dann unweigerlich autonome Züge angenommen. Lange nachdem Rita und Steve nach Leicester zurückgefahren waren, und eine gute Stunde nachdem wir alle den Kreis verlassen hatten, habe ich mit Colin Andrews und Ron Jones den Kreis erneut aufgesucht. Wir horchten - und konnten das Trillern erneut hören, jetzt jedoch etwas schwächer und auch weiter entfernt.

Colin und ich schnappten uns ein Tonbandgerät und machten uns auf in das Feld, der Hecke entlang, dem Geräusch hinterher.

Wir folgten einer Traktorspur und kamen immer näher, aber das Trillern war uns immer ein Stück voraus. Plötzlich holte uns Ron Jones ein. Er hatte von der Hecke aus wieder ein lautes Knacken und Knistern gehört und sofort das Gefühl bekommen, daß er zu uns „in die Herde getrieben“ werden sollte.

Wir hielten inne; am östlichen Himmel wurde es allmählich hell. Wir entschlossen uns zur Rückkehr, da es unwahrscheinlich war, daß das Trillern, das bereits über drei Stunden andauerte, noch bis zum Tagesanbruch fortbestehen würde.

Diesen Entschluß habe ich später bitter bereut; wären wir dem gefolgt, was „gemeint“ gewesen zu sein scheint, wären wir vielleicht Zeugen des Erscheinens eines Kornkreises geworden.“

Die Tonbandaufnahme jener Nacht wurde an der Universität Sussex ausgewertet. Das Geräusch habe jedoch nicht identifiziert werden können. Es habe keinen von bekannten Insektenarten verursachten Geräuschen geähnelt, heißt es in dem Augen- und Ohrenzeugenbericht. Seine höchste Frequenz lag bei etwa 5,2 Kilohertz.

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Und noch eine Theorie Dr. George Terence Meaden, Entwickler der Plasma-Theorie,, zählt zu den Vätern der Getreidekreisforschung. An der Universität Oxford hatte er über das Thema „Physikalische Erforschung niedriger Temperaturen in körperlichen Substanzen“ promoviert, an der Dailhousie-University im kanadischen Halifax erhielt er den Lehrstuhl für Physik. In zahlreichen Publikationen profilierte er sich als Physik- und Meteorologieexperte.

In seiner Theorie will Meaden gar nicht erst bezweifeln, daß das Kornkreisphänomen die Phantasie jener anstachelt, die für das Mystische, Paranormale und Extraterrestrische ein Faible haben. „Doch glaube ich, daß es sich um ein natürliches (obwohl kompliziertes und bislang unverstandenes) Phänomen handelt. Indem wir es begreifen lernen, könnten wir auch einige der Faktoren entdecken, die so viele Mythen, übernatürliche Glaubensbekenntnisse und andere soziopsychologische Erscheinungen erzeugt haben.“

Seine Hypothese lautet, daß es einen bislang unbekannten energetischen Wirbel gibt, eine gewaltige, spiral- oder ringförmige Kraft, die auf das Getreidefeld einwirkt und unerwartete elektromagnetische Eigenschaften hat. Ungeachtet der Interpretationsschwierigkeiten, die über die Jahre hinweg immer größer wurden, ist Meaden zuversichtlich, daß die Kreise mit den Mitteln herkömmlicher wissenschaftlicher Forschung zu erklären sind.

Meaden in dem von Ralph Noyes herausgegebenen Buch: „Ich plädiere grundsätzlich für die Wirbel-Theorie, obwohl sich diese zunehmend kompliziert gestaltet; immer wesentlicher erscheint mir der elektromagnetische Aspekt des Phänomens, der auf einer Selbstelektrifizierung beruht.“ Auch zahlreiche andere Naturwissenschaftler seien einhellig der

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Meinung, daß das Erscheinen der Kreise keinerlei physikalische Gesetze verletzt.

Der Wissenschaftler geht davon aus, daß die Kreisformationen auf das Herabsinken eines energetischen Wirbels aus der Atmosphäre zurückzuführen sind, „eines Wirbels, der so stark ionisiert ist, daß man ihn besser als eine Art kühlen Plasmas geringer Dichte bezeichnen sollte, welches ein starkes elektromagnetisches Feld verursacht“. Meaden weiter:

„Alle verzeichneten Hinweise deuten nicht nur auf eine Plasmaquelle elektromagnetischer Strahlung - mit den entsprechenden Auswirkungen in Form von Störungen der Radiokommunikation, Geisterbildern an Radarschirmen, Defekten an Fahrzeugmotoren durch Ionisation sowie Störungen im Verhalten von Tieren und Menschen.“

Seine Arbeiten erklären „auch Tausende von Meldungen über bisher unidentifizierte leuchtende Erscheinungen in Bodennähe oder am Himmel. Obwohl man einen kleinen Prozentsatz dieser Erscheinungen in der Vergangenheit fälschlich als Kugelblitze bezeichnete, wurden viele in die Kategorie der Ufos gepreßt. Meine Arbeiten werden vermutlich Auswirkungen auf den Bereich der Ufo-Forschung haben, die in der Regel bislang dazu neigte, unerklärte Erscheinungen extraterrestrischen intelligenten Wesen zuzuschreiben.“

Im Fall der Kornkreise finde man am häufigsten einen begrenzten, ungefähr kreisförmigen „Schaden“, bei dem die Halme des wachsenden Korns von einer intensiven, axial rotierenden Kraft flachgedrückt worden sind. Oft seien die biegsamen Halme nicht gebrochen, sondern nur knapp über der Bodenoberfläche gekrümmt. Meistens erkenne man deutlich einen spiralförmigen Strudel, der sich aus einer dichten Mitte bis zu einem Durchmesser von 60 Metern oder mehr auszudehnen vermag und eine scharfe Außenkante

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aufweist. Die Rotation könne in beiden Richtungen vorliegen, bei manchen Fundorten allerdings finde sie sich ausschließlich im Uhrzeigersinn. In einigen Fällen sei der abwärts gerichtete Luftstoß geradezu von gewaltiger Kraft.

„Es fällt oft auf, daß die Lage des Korns in manchen mittleren und größeren Kreisen mehrschichtig ist. Wenn man die Schwaden über breiten Flächen hochhebt, stellt man fest, daß das Korn darunter in einer ganz anderen Richtung liegt. Einige Kreise haben zwei Mittelpunkte, was auf eine Abtrift oder Strömungsverschiebung während der wenigen Sekunden des Einfalls schließen läßt. So entsteht eine Mehrschichtigkeit.

Der Mittelpunkt selbst wird nicht immer zerdrückt. Er kann als kleine Pyramide oder Kegel aus krummen und geraden Halmen stehengelassen werden. Gelegentlich wird die Pyramide schräg zur Seite gekippt. Dieser Auswirkung liegt die kreisende Luft eines herabsinkenden „hohlen“ Wirbels oder „Wirbelringes“ zugrunde. Beim Eintreffen rollt die zerquetschte Luftmasse nach außen, dehnt sich und drückt das Getreide praktisch in die waagerechte Ebene.“

Die Analyse der vorliegenden Daten habe bestätigt, daß die Wirbel eindeutig von oben kommen und sich beim Eintreffen waagerecht ausbreiten. Auf diese Weise unterscheide sich der neue Wirbeltypus von gewöhnlichen Tornados, Wasserhosen und Staubstürmen, die aus ansteigenden Säulen oder Schläuchen aus Luft bestehen und sich zugleich spiralförmig nach innen drehen.

Von den Spekulationen um irgendwelche Erdenergien hält Meaden nichts. In diesem Zusammenhang führt er die Dreierreihe von Kreisen an. So habe eine Studie anderer Wissenschaftler gezeigt, daß ein einzelner Wirbel in einer schnell kreisenden Flüssigkeit in eine tripolare Wirbelreihe verwandelt wird. Dieses Laborergebnis lasse vermuten, daß

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die Stabilität eines dreifachen Wirbels eine Eigenschaft sein könnte, die auch Wirbel besitzen, die in atmosphärischen Umfeldern auftreten und einer Schubwirkung ausgesetzt sind.

Parallelen zum Ufo-Phänomen

Kornkreisforscher ziehen aber auch Parallelen zum Ufo-Phänomen. Dabei postulieren sie, daß Ufos kein Unsinn seien, vielmehr sei ihre Natur viel komplizierter als die simple Idee von Raumschiffen aus fernen Welten. Die Literatur der modernen Ufologie zeige deutlich, daß bei unmittelbaren Begegnungen mit Ufos starke psychische Komponenten vorherrschen. „Diese Erlebnisse bleiben nur bestimmten Menschen vorbehalten.“ Häufig seien dies Personen, die auch von anderen psychischen Erlebnissen betroffen sind.

Zum „Beweis“ wird der Bericht von Ed Walters herange-zogen, der Ufos in Gulf Breeze, Florida, gesehen haben will. Demnach war 1989 in hohem Gras bei Gulf Breeze ein geheimnisvoller Kreis erschienen, nicht weit von der Stelle entfernt, an der Ed Walters seinen Ufos begegnet war. Dieser einfache Strudel im Uhrzeigersinn hatte einen Durchmesser von zwei Metern und sah den englischen Kornkreisen sehr ähnlich. Außerdem sei bei einer Kreisentstehung im Juli 1988 in der Nähe von Silbury Hill ein großer, stark leuchtender Gegenstand gesehen worden. „Ein langer, eng gebündelter Lichtstrahl zielte von ihm schräg nach unten auf ein Feld in der Nähe von Silbury Hill.“ Dort entdeckte man später zwei riesige Fünfling-Formationen.

Eine weitere Ufo-Beobachtung wurde mit dem Erscheinen eines umringten Kreises bei Silbury Hill im Juni 1989 in direkte Verbindung gebracht. Diesmal hatte ein ortsansässiger Mann

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eine orangefarben leuchtende Kugel gesehen, die sich auf ein Feld südlich des Hügels niedersenkte, anscheinend einen Sprung machte, eine Weile schwebte und dann erlosch. Von diesem Ereignis offenbar stark betroffen, soll der Mann eine tiefgehende Persönlichkeitsveränderung erfahren haben.

1990 gingen dem Erscheinen von Kreisen bei Bickington in Devon und bei Hopton in Norfolk ebenfalls Ufo-Beobach-tungen voraus. Bei Bickington wurde ein geheimnisvolles Objekt mit hellen, bunten Blitzlichtern über jener Stelle gesehen, an der am nächsten Tag ein Kreis mit sieben Trabanten entdeckt wurde. Nach zahlreichen weiteren Berichten scheint auch auffällig, daß solche Ufo-Sichtungen dort stattfanden, wo vorher noch keine Kornkreise waren. Mitunter seien Ufo-Formationen gemeldet worden, die den Mustern des Fünflings, der Dreierlinie oder des Drillings im Dreieck ähnelten, Figuren also, die mehrere Kornkreise der 80er Jahre kennzeichneten. Merkwürdig sei auch, daß diese Meldungen aus Orten wie Warminster, Upton Scudamore und Westbury stammten, also aus den Gegenden, in denen die Kornkreise später auftauchten.

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Noch ein Wort zum Schluß: Nach der Lektüre dieses Buches wird vielleicht manch kritischer Leser enttäuscht sein, weil es nicht gelungen ist, die Existenz von Ufos, Ungeheuern und dunklen Mächten eindeutig zu beweisen oder zu widerlegen. Das war auch nicht die Absicht. Vielmehr sollte dem interessierten Laien nur ein Einblick in eine Thematik gegeben werden, die die Gemüter der Menschen immer wieder aufs neue beschäftigt. Dafür hat der Autor Augenzeugenberichte, wissenschaftliche Aussagen, Vermutungen und Fakten zu einzelnen Geschehnissen zusammengetragen, die ihm wichtig und interessant erschienen. Die Auswahl ist also willkürlich und erhebt weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Wissenschaftlichkeit. Außerdem muß in Betracht gezogen werden, daß eine Diskussion über außergewöhnliche Phänomene - gerade weil ihnen der Schleier des Geheimnisvollen anhaftet - sehr stark mit Emotionen verbunden ist. Diese Tatsache hat es auch dem Autor nicht immer leicht gemacht, stets objektiv zu bleiben. Wenn daher manche Textstellen einen leicht ironischen Unterton haben, so nur deshalb, um zu verdeutlichen, daß eine große Zahl von Augenzeugenberichten in der Tat auf Sinnestäuschungen zurückzuführen ist oder aus kommerziellen Gründen bewußt manipuliert wurde. Andererseits ist sich der Autor sehr wohl bewußt, daß es einige außergewöhnliche Phänomene gibt, die mit rein rationalen, naturwissenschaftlichen Methoden bis heute nicht einwandfrei geklärt werden konnten. Über deren Ursachen kann also nur spekuliert werden, und so muß es im Endeffekt dem Leser selbst überlassen bleiben, ob er an solche Dinge glauben mag oder nicht. Wenn dieses Buch hierfür vielleicht eine kleine Hilfestellung ist, dann hat es sein Ziel erreicht.

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Index A Aberglaube 241 Cholera 298 Acheron 165 Chopper 250 Aerial Phenomena Research Christussymbol 308 Organization (APRO) 27 CIA 29,41 Agrippa, Comelius 197 Close Encounters 21 Aktivation des temporolim- CE I (siehe bischen Systems 222 Nahe Begegnung der ersten Art) Allgemeine Relativitätstheorie 49 CE II (siehe American Astronomical Society 34 Nahe Begegnung der zweiten Art) APRO (siehe Aerial Phenomena CE III (siehe Research Organization) Nahe Begegnung der dritten Art) Augenbrauen 297 CE IV (siehe

Unheimliche Begegnung der vierten Art) B Condon-Report 30 f., 37 Bamberger Platte 110 ff. Basilik 163 D Beowulf 164 Dämonen 234 Berlitz, Charles 130 Däniken, Erich v. 98 f. Bermudadreieck 130, 171 ff. Daumen 299 Bernauer, Agnes 229 Daylight Discs (DD) 21 Besessenheit 260 Der Fliegende Holländer 176 Bier 298 Dickens, Charles 212 Bogie 166 Doyle, Arthur Conan 213 Buttlar, Johannes v. 33, 44, 54 Dr. Faustus 194 Drachen 164 C Druden 230 ,Carol Deering` 179 DUIST 84 Carter, Jimmy 95, 184 CENAP (siehe Centrales For- E schungsnetz außergewöhnlicher Einstein, Albert 49 Himmelsphänomene) Eisenhower, Dwight D. 97 Center for UFO -Studies 31 Empusen 145 Centrales Forschungsnetz Epilepsie 223 außergewöhnlicher Himmels- Essen 299 phänomene 82, 85, 87 ff., 93, Evans, Hilary 14 f., 120, 123 f. 111,113 Exorzismus 255 ff., 262 F Farben 318 f. Farbenpsychologie 319,320

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FBI 13 Hurkos, Peter 215 fliegende Untertassen 11, 13, Huxley, Aldous 196 56,101 Hynek, J. Allen 20 Ford, Gerald 30 Hyperraum 49 Frauen 299 Hypnose 215, 236, 293 Freud, Sigmund 225, 238 I G Ifos 108 Galsterweib 230 Internat. Association for Geister 253, 263, 264 ff., 284 f. Near Death Studies Geisterforscher 241 (IANDS) 221 Geisterfotografie 268, 270 Irrsinn 301 Geisterjagd 241 Geisterjäger 242, 283 J Geistheiler 197 Jenseits 270 ff. Geistwesen 239 Johannisfeuer 301 Gespenster 264,281 Jung, C. G. 226 Gezeitenunterschiede 291 Gezeitenwellen 291 K Gläserrücken 300 Katzen 234, 302 Gödel, Kurt 49 Kennedy, John F. 97 Godzilla 167 KGB 40 Göldi, Anna 233 Klopfgeist 236 Greif 165 Kornkreise 321, 323 ff. Gremlins 283 Kurpfuscher 205 H L Haare 300 Lamien 145 Haining, Peter 254 Liebe 302 Halluzination 222 Lieber, Arnold L., Dr. 291 Heimes, Aldigunda 232 Liebeszauber 228 ff. Hellseher 213, 215 Loch Ness 136 ff. Hexen 170, 229, 231 Hexenglaube 230 M Hexenprozesse 232 Marco Polo 162 Hexenritt 230 ,Mary Celeste` 178, 179 Hexensabbat 230 mediale Emanation 266 Hexenstechen 231 Medium 212, 225, 227, 235, 267, Hexenverfolgung 231 ff. 271,272 Hexer 229 Meineid 302 Heyerdahl, Thor 100 Michel, Anneliese 262 Höllenhund Zerberus 163 Mond 288,289,291 Holzer, Hans, Prof. Dr. 263,270 Horoskop 295

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Mondphasen 292 Q Mutual UFO Network Quark 304 (MUFON) 32 f., 94 R N Radar-Visuelle Sichtungen Nachtmahre 156 (RV) 21 Nah-Todeserlebnis Rausch 304 220 ff. Reinkamation 293 Nahe Begegnung der Riesenkalmar 132 dritten Art 22 Riesenkrake 132 Nahe Begegnung der Riesentintenfisch 133 ersten Art 22 Rock 162 Nahe Begegnung der Rockefeller, Nelson 97 zweite n Art 22 ,Rosalie` 179 NASA 41, 107 Rosen, Nathan 49 National Investigation Rübezahl 160 Committee an Aerial Phenomena 96 S National Security Agency satt 304 (NSA) 37 schwarz 304 Neumond 303 schwarze Damen 286 Neuntöter 146 schwarze Munde 287 NICAP 11, 29 schwarze Messen 170 Nocturnal Light Seance 271 (NL) 20 Seeschlange 134 Nostradamus 188, 189 Seher 236 Society for Scientific Exploration O (SSE) 170, 221 Odyssee 165 Spielberg, Steven 31, 32 Ohren 303 Spiritismus 234, 236 Okkultismus 237 Steine 206 out-of-the-body-experience Stevens, William Oliver 282 (OBE) 224 f. Stimulus 20,87 Suggestibilität 239 P Symbole 310 ,Palatine` 177, 178 Symbol Abgrund 310 Parapsychologie 169 ff. Symbol Acker 310 Pferdemist 303 Symbol Apfel 311 Phantomhunde 167 Symbol Baum 311 Pharaonenfluch 181 Symbol Berg 312 Poltergeist 179, 236 f., Symbol Blitz und Donner 313 240 ff., 251 ff. Symbol Erde 313 Polyp 131 Symbol Feuer 313 PSI-Heilung 203

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Symbol Fluß 314 V Symbol Garten 315 Vampir 144, 151, 305 Symbol Höhle 315 Vampire, lebende 154 Symbol Meer 315, 316 Vampirgeister 153 Symbol Mond 316 Visionen 209 Symbol Quelle 316 Vollmond 288,291 Symbol Regen 316 Voodoo-Zauber 276 Symbol Rose 316 Symbol Sonne 317 W Symbol Stein 317 Wagner, Richard 176 Symbol Wald 317 Weiße Damen 285 Symbol Wasser 317 Werwolf 147, 156, 157, 290, 305 Symbol Wiese 318 Wheeler, John Archibald 49 Symbol Wüste 318 X T Xenoglossie 260 Telepathie 209 ff., 223, 260 Teufel 233 Y Teufelsaustreibung 234 Yeti 139 Teufelsmeer 172 Tiersymbolik 307 Z Todesboten 287 Zahlen 305 Todesfeen 287 Zauberin 229 Tonbandstimmen- zeitloser Superraum 49 forschung 273 ff. Zombies 276 Tote 304 Trance 239 Trancezustand 237 Traumdeutung 190 U Ufo 11 ff. Ufo-Mythos 24 Ufos 338 Unglückstage 207 Unheimliche Begegnung der dritten und vierten Art 31 Unheimliche Begegnung der vierten Art 23 Unholdin 229 UNO 35 Unwetter 305 Urriese Ymir 158 US-Luftwaffe 24 ff. US-Militär 24

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