für die nächste ausgabe der msh-info brauchen wir … · heft 19 - 2015 r e g i e r u n g v o n o...
TRANSCRIPT
Heft 19 - 2015
R E G I E R U N G V O N O B E R B A Y E R N
Rundbrief Mobile Sonderpädagogische Hilfe
und
Schulvorbereitende Einrichtung für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf
im Vorschulalter
Redaktionsteam
Dirndorfer Anita
Fritzenwenger Bettina
Stockinger Stephanie
Schwerpunkt
emotionale und soziale
Entwicklung
Heft 19 - 2015
MSH-Rundbrief 19 2015 VORWORT / IMPRESSUM ...................................................................................................... 2
Vorwort .......................................................................................................................... 2 Vorwort der Redaktion ................................................................................................... 3 Impressum..................................................................................................................... 4
INTERN ............................................................................................................................... 5
Danksagung Fortbildungs-CD ....................................................................................... 5 Auswertung MSH Jahresbericht Schuljahr 2014/15 ....................................................... 7
FACHBEITRÄGE .................................................................................................................. 9
Entwicklung der emotional-sozialen Kompetenzen ........................................................ 9 Kindern einen sicheren Halt geben .............................................................................. 11 Kurzdarstellung ausgewählter kinder- und jugendpsychiatrischer Störungsbilder ........ 17 Kinder in ihrer Trauer begleiten ................................................................................... 20 Praktische Erfahrungen im Umgang mit „schwierigen“ Schülerinnen und Schülern ..... 23
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS ...................................................................................... 27
Die Förderung exekutiver Funktionen im Kontext der Prävention von Verhaltensauffälligkeiten in der KiTa ........................................................................... 27 Präventionsprogramm „Mit mir nicht!“ .......................................................................... 30 Respektvoll miteinander sprechen - Konflikten vorbeugen ........................................... 34 Kindergarten plus ........................................................................................................ 36 Mutig werden mit Til Tiger ........................................................................................... 38 Die Kieselschule .......................................................................................................... 39 STOPP – Kinder gehen gewaltfrei mit Konflikten um ................................................... 41 Präventionsprogramme ............................................................................................... 42 Verhaltenstraining im Kindergarten .............................................................................. 43 Freiheit in Grenzen ...................................................................................................... 44
DIAGNOSTIK ..................................................................................................................... 45
Sozial-emotionale Entwicklung in Kuno Bellers Entwicklungstabelle ........................... 45
FÖRDERMATERIAL & LITERATUR ....................................................................................... 47
kindergarten heute....................................................................................................... 47 Erste Hilfe für traumatisierte Kinder ............................................................................. 48 Grundformen der Angst ............................................................................................... 48 Bilderbücher und Fachliteratur ..................................................................................... 49 Kinderbücher zum Thema Tod und Sterben ................................................................ 51 Bilderbücher zur Förderung der Sozialkompetenz ....................................................... 53 Ich sehe, was du fühlst ................................................................................................ 54 Jolante sucht Crisula ................................................................................................... 55 Wut und andere Gefühle.............................................................................................. 56
FORTBILDUNGEN & TERMINE ............................................................................................. 57
VORWORT/IMPRESSUM
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 2
Vorwort / Impressum
Vorwort
Irmgard Doll-Edlfurtner Telefon 089/2176 - 3105
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Bei der Zusendung der „Rohfassung“ des Rundbriefes hat Frau Fritzenwenger angefügt: „Ich
finde, wir haben wieder einen richtig guten Rundbrief zusammengestellt.“ Finde ich auch! Zu
danken ist dies allen Autoren, allen Kolleginnen, die einen Beitrag für den Rundbrief verfass-
ten. Mein herzlichster Dank hierfür.
Der aktuelle Rundbrief Nr. 19 steht unter dem Themenschwerpunkt emotional-soziale Ent-
wicklung. Kinder mit dem Förderschwerpunkt emotional-soziale Entwicklung stellen alle, die
mit der Erziehung und Förderung dieser Kinder betraut sind, vor große Herausforderungen.
Im Artikel von Frau Geiger-Kraus werden die Entwicklung der emotional-sozialen Kompeten-
zen und deren Ursachen aufgezeigt. Mit dem Wissen um die einzelnen Entwicklungsstufen
kann frühzeitig Fehlentwicklungen entgegengewirkt werden. Frau Wölfl stellt in ihrem Beitrag
„Kindern einen sicheren Halt geben“ ausführlich die Aspekte der Bindungstheorie und die
gezeigten Verhaltensmuster dar und benennt anschließend die pädagogischen Konsequen-
zen für Einrichtungen und Schule.
Einen Überblick über ausgewählte Kinder- und jugendpsychiatrische Störungsbilder gibt uns
die Zusammenstellung von Frau Lammel. Den Focus auf die Begleitung von Kindern in ihrer
Trauer lenkt Frau Jahn-Erbe mit ihrem Fachbeitrag „Kinder in ihrer Trauer begleiten“.
Konkrete Hinweise für den Umgang mit „schwierigen Schülerinnen und Schülern“ und über-
sichtliche Darstellungen zur Erscheinungsform der Aggression finden wir im Artikel von Frau
Schneider.
In der Rubrik aus der Praxis für die Praxis finden wir zahlreiche Beiträge, die sich mit dem
bedeutsamen Thema der Prävention befassen.
Zur Thematik Prävention erhielten wir Artikel von Frau Zieglgänsberger, Frau Dr. Trattnig,
Frau Göttler, Frau Jachthuber-Kirmeier, Susanne Debold, und Frau Geiger-Kraus. Ergänzt
durch Literaturhinweise von Frau Gradl-Dirndorfer und Frau Stockinger. Praktische Anregun-
gen zur Diagnostik kann uns die Entwicklungstabelle von Kuno Beller geben, vorgestellt von
Frau Fritzenwenger.
Zahlreiche Literatur- und Materialhinweise bilden wie immer den Abschluss des Rundbriefes.
Kein Vorwort ohne meine Bitte an Sie, verehrte MSH-Kolleginnen und Kollegen:
Unterstützen Sie das Redaktionsteam durch Ihre Mitarbeit, Artikel, Anregungen und The-
menvorschläge in seiner Aufgabe.
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Freude und Erfolg in Ihrer umfangreichen und vielgestalti-
gen Arbeit in der Mobilen Sonderpädagogischen Hilfe.
Ihre Irmgard Doll-Edlfurtner
VORWORT/IMPRESSUM
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 3
Vorwort der Redaktion
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Die letzten Ausgaben haben wir je einem neuen Förderschwerpunkt gewidmet. Das Thema
„sozial-emotionale Entwicklung“ wurde nicht umsonst an das Ende der Themenreihe gestellt,
da es sich um ein schwieriges und sehr umfangreiches Feld handelt.
Wenn in meiner Arbeit als Mobile Sonderpädagogische Hilfe (MSH) in Kindertagesstätten ein
Kind mit dem Förderschwerpunkt esE vorgestellt wird, bin ich mir darüber im Klaren, dass
die Diagnostik schwierig ist und anstehenden Aufgaben sehr umfangreich sein werden.
Verhaltensauffälligkeiten können höchst unterschiedlich sein. Sie reichen von Mutismus,
Hyperaktivität (in Verbindung mit einer körperlichen- und verbalen Aggressivität), emotionaler
Verunsicherung (mit geringer Frustrationstoleranz und Schwierigkeiten in der Affektsteue-
rung), geringer sozialen Kompetenz, Tics, Autismus, Ängsten usw. Die Ursachen für diese
Verhaltensstörungen sind ebenso sehr unterschiedlich: verursacht durch ein Trauma, Gewalt
in der Familie, Vernachlässigung, Erkrankungen, Bindungsstörung, sprachliche und kognitive
Entwicklungsstörungen, …. Das bedeutet, dass Verhaltensstörungen nie eindimensional
betrachtet werden können. Die Auffälligkeiten werden von uns beobachtet, wir geben Emp-
fehlungen und begleiten das Kind, die Erzieher und beratungswillige Eltern. Dennoch stellt
uns der Förderbedarf „sozial-emotionale Entwicklung“ vor eine große Aufgabe.
Ich erinnere mich hier an einen Jungen, der mir vor etlichen Jahren im Kindergarten auf-
grund seiner Verhaltensauffälligkeiten und seiner kognitiven Probleme vorgestellt wurde. Zu
Beginn gestaltete sich die Zusammenarbeit mit der Mutter schwierig, da sie ihr Kind, das
zwischenzeitlich schon stigmatisiert und ausgeschlossen wurde, beschützen wollte. Zudem
kamen Selbstzweifel über die eigenen erzieherischen Fähigkeiten. Nach einem Jahr in einer
heilpädagogischen Vorschule besuchte der Junge eine Regelschule, da die Mutter eine Di-
agnose-Förderklasse ablehnte. Die erste Diagnose einer Kinderpsychologin/-psychiaterin
war ADHS in Verbindung mit einer Lernschwäche. Die Medikation verschlimmerte das Ver-
halten des Jungen. Nach vielen Gesprächen, unterstützt durch eine tolle Zusammenarbeit
mit der Klassenlehrkraft, stellte die Mutter den Jungen in einer Fachklinik vor, in der das Kind
teilstationär aufgenommen wurde. Die Enddiagnose: Tourette in Verbindung mit ADHS und
einer Lernbehinderung. Die Schullaufbahn gestaltete sich trotz inkludierender Maßnahmen
als schwierig.
Unser Redaktionsteam möchte sich herzlich bei allen Beteiligten bedanken, die uns durch
ihre Artikel halfen, einen umfangreichen und interessanten Rundbrief entstehen zu lassen.
Stephanie Stockinger
VORWORT/IMPRESSUM
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 4
Redaktionsschluss für den MSH-Rundbrief Nr. 20: 30.3.2016 Der Themenschwerpunkt der nächsten Ausgabe wird voraussichtlich sein:
10 Jahre MSH-Rundbrief Formatierungshinweis:
Word-Dokument, Arial 11, Zeilenabstand 1,15 Seitenrand oben: 2,5 cm, unten 2 cm, links / rechts 2,5 cm
Artikel sind gerne willkommen. Wir behalten uns vor, unter Umständen kleine Korrekturen und redaktionelle Veränderungen vorzunehmen. Dafür bitten wir um Verständnis. Und nun: Viel Spaß beim Lesen von Heft 19! Ihr Redaktionsteam
Impressum MSH Rundbrief – der Rundbrief für die „Mobile Sonderpädagogische Hilfe“ – erstellt im Auf-trag der Regierung von Oberbayern, SG 41.6, Irmgard Doll-Edlfurtner, ROB, Maximilianstr. 39, 80538 München, Tel. 089/2176-3105, Fax 089/2176-3101 eMail: [email protected]
Anita Dirndorfer Sonderpädagogisches Förderzentrum Innsbrucker Ring 75 81673 München
eMail Tel. Fax eMail
[email protected] 089 / 40 71 64 089 / 49 00 30 60
Bettina Fritzenwenger SFZ Wasserburg Kaspar-Aiblinger-Platz 4 83512 Wasserburg
eMail Tel.
[email protected] 08071 / 59707– 29
Stephanie Stockinger SFZ Fürstenfeldbruck Theodor-Heuss-Straße 1 82256 Fürstenfeldbruck
eMail Tel. Fax
[email protected] 08141 / 12324 08141 / 16325
Aus rechtlichen Gründen sind wir zu folgenden Hinweisen verpflichtet:
Hiermit distanzieren wir uns ausdrücklich von allen Inhalten aller angegebenen Links. Haftungsausschluss: Für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der in diesem Heft gemachten Angaben kann keine Garantie übernommen werden.
Der MSH Infobrief kann auch herunter geladen werden unter: http://www.regierung.oberbayern.bayern.de/aufgaben/schulen/foerder/mobil/
INTERN
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 5
Intern
Stephanie Stockinger
Danksagung Fortbildungs-CD Im Oktober hatten wir Regionalteamtreffen und ich konnte die Fortbildungs-CD-Rom unseren
MSH Kollegeninnen vorstellen und weitergeben. Meine Kolleginnen waren hellauf begeistert
und bedankten sich mehrfach für die CD-Rom.
Auch von den anderen MSH Koordinatorinnen hörten wir ein unglaublich positives Echo für
diese Arbeitserleichterung.
Mir möchten uns recht herzlich bei allen Beteiligten bedanken:
Bei Frau Elisabeth von Gamm für die einleitenden Worte.
Bei allen Kolleginnen, die ihre PowerPoints, Skripte usw., in die sie so viel Arbeit hinein
steckten, offenherzig zur Verfügung stellten.
Und nicht zuletzt bei Frau Bettina Fritzenwenger, die viele Stunden damit verbracht hat, die
CD-Rom inhaltlich zu strukturieren, Korrektur zu lesen und zu erstellen.
Inhaltsverzeichnis:
Elterngespräche
- Elterngespräche kooperativ und lösungsorientiert führen
- Elterngespräche lösungsorientiert führen
Emotionale und soziale Entwicklung
- ADHS Kiga Schule
- Entwicklung der em.-soz. Kompetenzen
- Entwicklungs- und Resilienzförderung im Kleinkindalter
- Info-Nachmittag em.-soz. Entwicklung
- Kinder stärken
- Umgang mit AD(H)S Kindern
Erziehung
- Mut zur Erziehung
- Was Kinderohren brauchen
Familienergo
- FamilienErgo
- Lernräume – Räume zum Lernen im Alltag
- SVE FamilienErgo
- Und bald bin ich ein Schulkind
Mathematik
- Checkliste zu „Zahlen in ihren Beziehungen zu fünf und zehn“
- Checkliste zur Zählentwicklung
- Wir entdecken das Zahlenland
INTERN
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 6
- Räumliche Beziehungen
- Zählentwicklung und Zahlverständnis
Motorik
- Die sensomotorische Entwicklung des Kindes
- Fein- und Grafomotorik im Kindergartenalter beobachten und fördern
- Praxisideen Grafomotorik
- Wie kann ich linkshändige Kinder in der Kindertagesstätte unterstützen
Spiele
- Fortbildung Tischspiele
- Spielentwicklung
Sprache
- Mit Kindern sprechen und lesen
- Portfolio Sprache
- Sprachförderung durch Bilderbücher
- Sprachverständnis
- Sprachverständnisschwierigkeiten
- Tipps für Kindergarten und Elternhaus zur Erzählförderung
- Wie kann ich die Sprache meines Kindes fördern
Übergang Kita Schule
- Bausteine für einen erfolgreichen Schulanfang
- FIT für die Schule
- Grundlegende Arbeitstechniken
- Info-Abend Übergang Kita Schule
- Mein Kind kommt in die Schule
Die CD kann bei den zuständigen MSH-Koordinatorinnen angefordert werden.
INTERN
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 7
Irmgard Doll-Edlfurtner
Auswertung MSH Jahresbericht Schuljahr 2014/15
Für das Schuljahr 2014/15 erfolgte über 1709 UZE eine Rückmeldung von Seiten der in der MSH eingesetzten Kolleginnen und Kollegen. Somit erhöhte sich Zahl der Meldungen im Vergleich zum Schuljahr 2013/14 weiterhin. Die Zusammenfassung der zugesendeten Dateien bildet die Grundlage für die im Folgenden dargestellten Auswertungen. Im Rahmen der 1709 gemeldeten UZE wurden im Schuljahr 2014/15 insgesamt 5473 Jungen und Mädchen betreut. Interessant ist natürlich der Vergleich mit den Ergebnissen der vorherigen Jahre.
Verteilung Erstsprache:
Unverändert zeigt sich die Verteilung von Jungen (2/3) zu Mädchen (1/3) im Vergleich der vergangenen Jahre. Eine geringfügige Verschiebung ist bezüglich der Erstsprache zu ver-zeichnen. Gemäß den Meldungen liegt bei 59 % der Schüler Deutsch als Erstsprache vor. (Jahresbericht 2012/13: Erstsprache Deutsch 62 %; Jahresbericht 2013/14: Erstsprache Deutsch 62 %)
Verteilung der Förderschwerpunkte:
dt.; 3216; 59% andere; 2224;
41%
dt.
andere
L; 2466; 21%
Spr; 3541; 30% esE; 2893; 25%
kmE; 1314; 11%
gE; 726; 6%
H; 493; 4% S; 395; 3%
L
Spr
esE
kmE
gE
H
S
INTERN
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 8
Wie bereits in den vergangenen Jahren wurde der Förderschwerpunkt Sprache mit 30% am häufigsten benannt (2014/15: 32%). Unverändert mit 25% steht an zweiter Stelle der Förder-schwerpunkt emotional-soziale Entwicklung. An dritter Stelle folgt der Förderschwerpunkt Lernen mit 21 Prozent (2014/15: ebenfalls 21%). Die übrige Verteilung der Förderschwer-punkte kann der Graphik entnommen werden.
Alter:
Mit 39% sind weiterhin die Fünfjährigen die zahlenmäßig größte Gruppe, die eine Betreuung durch die MSH erfahren. Ein Anstieg um 3% ist in der Gruppe der Vierjährigen zu verzeich-nen.
Empfehlung: Folgender Graphik kann entnommen werden, in welcher Einrichtung die Kinder im Schuljahr 2015/16 betreut bzw. beschult werden.
Wer seine Ergebnisse mit der Gesamtauswertung vergleichen möchte, kann diese per Mail anfordern bei: [email protected]
Herzlichen Dank an alle Kolleginnen und Kolleginnen für die zunehmend zuverlässige Bear-
beitung und Zusendung der MSH-Jahresberichte.Die
<3 Jahre; 137; 3%
3 Jahre; 354; 6%
4 Jahre; 1097; 20%
5 Jahre; 2122; 39%
6 Jahre; 1556; 29%
7 Jahre; 162; 3%
<3 Jahre
3 Jahre
4 Jahre
5 Jahre
6 Jahre
7 Jahre
GS; 1325; 24%
DFK SFZ; 424; 8%
FöZ; 210; 4%
Verbleib Kita; 2066; 38%
SVE; 864; 16%
Z; 532; 10% GS
DFKSFZ
FöZ
Kita
SVE
Z
FACHBEITRÄGE
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 9
Fachbeiträge
C. Geiger-Kraus, StRin FS, SFZ München Ost
Entwicklung der emotional-sozialen Kompetenzen (Info-Nachmittag für Kitas im Sprengel)
Eine gelungene emotional-soziale Entwicklung ist für Kinder und Erwachsene die Basis für
subjektives Wohlbefinden, für eine erfolgreiche Regulation von Gefühlen und für befriedigen-
de zwischenmenschliche Beziehungen.
Emotionalität in Zusammenhang mit Lernen und Verhalten ist ein relativ neues Forschungs-
gebiet. Die frühzeitige Förderung von emotionalen und sozialen Fertigkeiten wirkt sich lang-
fristig positiv auf die Gesamtentwicklung und die Leistungsfähigkeit eines Kindes aus. Wis-
senschaftliche Studien (Joseph/Strain 2003) belegen den engen Zusammenhang zwischen
sozialen und emotionalen Kompetenzen und den kognitiven und schulischen Kompetenzen.
Entwicklung emotionaler Kompetenzen:
Die emotionale Kompetenz eines Kindes entwickelt sich vor allem in der Familie und wird
beeinflusst durch das Temperament des Kindes und den Umgang der Eltern mit Gefüh-
len.
Zusammenfassend benennt Saarni (2002) folgende emotionale Schlüsselfertigkeiten:
- Achtsamkeit (Wahrnehmung eigener Gefühle und der Gefühle anderer)
- Empathie (sich in andere einfühlen können und verstehen, was sie empfinden)
- Kommunikation (über Gefühle sprechen können)
- Emotionsregulation (Gefühle und Ausdruck von Gefühlen wie Mimik, Gestik, Ver-
halten verändern können: Stichwort: Frustrationstoleranz)
Zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr ist bei Kindern in der Regel eine rasante emotionale
Kompetenzentwicklung zu beobachten, die vor allem auf die zunehmenden kognitiven und
sprachlichen Fähigkeiten zurückzuführen ist.
Folgende Basisemotionen müssten sicher unterschieden und benannt werden können:
Freude, Ärger, Traurigkeit, Angst, Überraschung und Interesse (nach Peter-
mann/Wiedebusch 2003).
Die Entwicklung selbstbezogener, sozialer Gefühle wie Stolz, Scham, Schuld, Neid, Verle-
genheit, Empathie hat ihren Höhepunkt im Vorschulalter (Beginn schon im 2. Lebensjahr) bis
ins Grundschulalter hinein.
Besonders Empathie, d. h. sich in den Gefühlszustand anderer einfühlen zu können und ein
ähnliches Gefühl zu erleben, entwickelt sich erst während des Vorschulalters und bildet die
Voraussetzung für sozial kompetentes Verhalten.
Um das 5./ 6. Lebensjahr können Kinder gleichzeitig auftretende Gefühle, z.B. Ärger
und Belustigung (Humor verstehen!), verstehen und erleben.
Gegen Ende des Vorschulalters entwickelt sich die Fähigkeit, nicht erlebte Gefühle vorzutäu-
schen, um etwas Bestimmtes zu erreichen.
Während der Kindergartenzeit entwickeln Kinder die Fähigkeit zur Emotionsregulation
weiter, indem sie selbstständiger ihre Gefühle regulieren lernen und nicht mehr die Bezugs-
person dazu brauchen.
Emotionale Fähigkeiten sind nicht angeboren, sondern müssen früh erworben und geübt
werden. Gerade das Vorschulalter als „sensible Phase“ für die Ausbildung emotionaler
Kompetenzen bietet viele Möglichkeiten der Förderung: Mitgefühl zeigen, tolerantes Klima
FACHBEITRÄGE
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 10
erleben, Unterstützung bei der Bewältigung negativer Gefühle, Reden über Gefühle und sich
in andere hineinversetzen (Bilderbücher!)
Entwicklung sozialer Kompetenzen:
Soziale Kompetenz, häufig auch synonym mit sozialen Fertigkeiten verwendet, ist ein zu-
sammenfassender Begriff, der Verhaltensweisen umschreibt, die ein Einzelner zeigen muss,
um bestimmte Aufgaben kompetent durchführen zu können. Im Begriff Sozialkompetenz sind
auch motorische, sprachliche, kognitive Verhaltensweisen und Wahrnehmungsfertigkei-
ten beinhaltet, da auf den Anderen zugegangen werden muss, der andere wahrgenommen
werden muss.
Soziale Kompetenz lässt sich unterteilen in (Caldarella/Merell1997/ Petermann 2002)
- Bildung positiver Beziehung zu Gleichaltrigen (Hilfe, Empathie, loben)
- Selbstmanagement (Ärgerkontrolle, Konfliktfähigkeit, Kompromissfähigkeit)
- Frustrationstoleranz
- Akademische Kompetenzen (Anweisungen verstehen und umsetzen können)
- Kooperative Kompetenzen (mit Regeln, Grenzen)
- Durchsetzungsfähigkeit im Sinne von Selbstbehauptung und Selbstsicherheit
Mit dem Eintritt in die Kita müssen Aufgaben im sozialen Kontext gelöst werden, z.B. sozi-
ale Problemlösefähigkeit. Die Kinder erwerben neue Fähigkeiten und Kompetenzen, die für
die Bewältigung zukünftiger Entwicklungsaufgaben notwendig sind (z.B. peerbezogenene –
also in Bezug zu Gleichaltrigen - wichtige Kompetenzen sind: Mitglied einer Gruppe sein,
zuhören, kooperieren, Konflikte lösen, Mitgefühl zeigen).
Zusammenfassend kann man sagen:
Emotional-soziale Kompetenzen, die sich ein Kind im Laufe seiner Entwicklung aneignet,
beinhalten die Fähigkeiten eines Kindes, „in der Interaktion mit anderen eigene Emotio-
nen auszudrücken und die des Gegenübers zu erkennen“ sowie „mit diesen Emotio-
nen angemessen umzugehen“ (Petermann/Wiedebusch, 2003, 9)
Die emotional-soziale Kompetenzentwicklung hat im Vorschulalter eine sehr hohe Be-
deutung. Aus diesem Grund ist es wichtig, diese Entwicklung im Vorschulalter zu unterstüt-
zen. Das Vorschulalter ist ein günstiger Zeitpunkt, besonders gerade bevor sich negative
Entwicklungen verfestigen können. Viele Erzieherinnen und Erzieher berichten zudem, dass
auffällige Verhaltensweisen in der Kita eine große Belastung darstellen. Darum ist es wichtig,
hier präventiv einzuwirken. Wissenschaftliche Studien bestätigen, dass inzwischen bereits
20%-25% (vgl. Beelmann 2000; Bundschuh 2003) der Kinder im Kindergartenalter Verhal-
tensprobleme zeigen. Wie viele werden es wohl HEUTE sein?
Ursachen für mangelnde Ausbildung emotional-sozialer Kompetenz können sein:
Gesellschaftlich und familiäre Veränderungen
- berufstätige Eltern, die weniger Zeit für ihre Kinder haben;
- Zunahme von Kleinstfamilien,
- Wohnbedingungen ohne Freiräume für Bewegung, Körpererfahrung,
- Wenig Sozialkontakte;
Risikofaktoren für mangelnde Ausbildung von emot.-sozialer Kompetenz können
- beim Kind liegen (z.B. genetisch, prä-, perinatale Faktoren);
- in der Familie zu finden sein (z.B. Trennung, Erziehungsstil);
- ein weiterer Risikofaktor kann in der sozialen Umwelt des Kindes begründet sein
(z.B. Bildungsangebot, soziale Integration);
- materielle Bedingungen (z.B. Arbeitslosigkeit)
FACHBEITRÄGE
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 11
Dr. Edith Wölfl, SoRin i. R.
Kindern einen sicheren Halt geben
Aspekte der Bindungstheorie zur Förderung von Kindern
mit emotionalen und sozialen Störungen
Die emotionale und soziale Entwicklung eines jungen Menschen ist nicht isoliert zu betrach-
ten, sondern immer in Wechselwirkung mit der Bindungssituation in der Familie und hier vor
allem auch mit den frühen Bindungserfahrungen und der Lebenssituation eines Kindes, also
seinem sozialen Umfeld.
Kinder bringen unterschiedliche Dispositionen für die emotionale und soziale Entwicklung
mit. So können sie bereits in ihren Anlagen verletzlicher oder weniger verletzlich sein und
ihre individuellen Resilienzfaktoren, also ihre Widerstandsfähigkeit im Umgang mit emotiona-
len und sozialen Herausforderungen, die dem Lernen und dem Bestehen in einer Gruppe
oder einem Klassenverband immanent sind, sind unterschiedlich.
Bindung und Entwicklung Sicher gebundene Kinder können Distanz und Nähe angemessen regulieren und erleben
sich infolgedessen selbstwirksam und selbstsicher und sie entwickeln ein positives Selbst-
bild. Sichere Bindung entsteht durch elterliche Feinfühligkeit. Diese wirkt sich auf die Bin-
dungsqualität aus. Dabei spielt auch das Temperament des Kindes eine Rolle, das die Bin-
dungsqualität auch von sich aus ebenfalls beeinflussen kann.
Das Bindungssystem wird aktiviert, wenn das Kind inneren oder äußeren Stress spürt. Das
zeigt sich bei einem sicher gebundenen Kind durch Weinen in einer Trennungssituation und
schnelle Beruhigung, wenn die Bindungsperson wieder kommt.
Haben oder hatten Eltern, vor allem Mütter, große emotionale oder soziale Herausforderun-
gen, Gewalterfahrungen oder Schicksalsschläge zu verkraften oder waren sie selbst unsi-
cher gebunden, kann dies die elterliche Feinfühligkeit beeinträchtigen. Je nach Bewälti-
gungsstrategie reagieren sie dann überfordernd oder vernachlässigend auf das Kind. Dies
hat Bindungsstörungen zur Folge.
Unsicher gebundene Kinder können Nähe und Distanz zur Bezugsperson nur einge-
schränkt angemessen regulieren.
Sie können weniger gut
spielen
lernen und sich dabei konzentrieren
Gefühle erleben und ausdrücken
sich selbst regulieren
Erinnerungen zeitlich zuordnen
ausdrücken, was in ihnen vorgeht
Vor allem haben die Kinder eine geringere Fähigkeit zu Stressregulation, geringere soziale
Kompetenzen insgesamt, verarbeiten soziale Informationen schlechter oder unterstellen
Feindseligkeit bei Anderen. Die Vorstellung der Kinder von Selbstwirksamkeit und von
FACHBEITRÄGE
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 12
Selbstsicherheit ist eingeschränkt und ihr Selbstbild weniger positiv. Die Kinder sind wegen
ihrer Unsicherheit schneller alarmiert und sie versichern sich häufiger der Beziehung.
Bindungsstörungen sind somit als ein Versuch zu verstehen, sich an als bedrohlich erlebte
Situationen anzupassen.
Je nach Bindungssituation sind drei unterschiedliche unsichere Bindungsmuster zu beobach-
ten:
Unsicher-vermeidend gebundene Kinder, unsicher-ambivalent gebundene Kinder und
Kinder mit einem unsicher-desorientierten Verhaltensmuster.
Diese Bindungsmuster bleiben stabil auch wenn die Kinder älter werden.
Unsicher-vermeidend gebundene Kinder sind als Kleinkinder daran erkennbar, dass sie
bei der Trennung von der Bindungsperson wenig protestieren, am Platz bleiben und weiter
spielen, allerdings mit weniger Neugier und Ausdauer.
Bei der Wiederkehr der Bindungsperson reagieren sie eher mit Ablehnung, wollen nicht auf
den Arm und getröstet werden und suchen keinen intensiven Körperkontakt.
Sind die Kinder älter haben sie Angst vor zu viel Nähe. Sie wirken zunächst selbstständig
und unabhängig. Sie zeigen wenig Schwäche und haben Angst vor Ablehnung, wenn sie
Trost brauchen. Eigene Schwächen oder Schwächen von Anderen fordern sie heraus und
lehnen sie oft ab. Ein „guter“ Eindruck ist ihnen besonders wichtig.
Gefühle wie Schmerz, Trauer oder Angst zu Versagen werden zurückgedrängt. Entsteht zu
viel Nähe, erleben sie diese als bedrohlich und zeigen ein Verhalten, das diese Nähe wieder
zerstört. Das Einhalten von Regeln ist ihnen sehr wichtig und sie reagieren mit verdeckten
oder offenen Aggressionen, falls diese in ihren Augen nicht richtig eingehalten werden.
Manchmal übernehmen sie dann auch für den Erwachsenen die Chefrolle und sorgen für die
Wiederherstellung von Regelsicherheit. Sie erliegen dabei leicht einem Freund-Feind-
Schema.
Unsicher-ambivalent gebundene Kinder geraten als Kleinkinder bei der Trennung von der
Bindungsperson in größten Stress und heftiges Weinen.
Bei der Wiederkehr können sie kaum beruhigt werden und brauchen längere Zeit, bis sie
wieder einen emotional stabilen Zustand erreicht haben. Sie drücken den Wunsch nach Kör-
perkontakt aus, verhalten sie jedoch gleichzeitig aggressiv. Sie strampeln mit den Beinen,
schlagen, stoßen oder wenden sich ab.
Größere Kinder mit unsicher-ambivalentem Bindungsmuster haben Angst vor zu viel Distanz
und neigen dazu, sich stark an den Erwachsenen oder an anderen Kindern zu orientieren.
Sie verhalten sich oft klammernd und haben Trennungsängste, wenn sich der Erwachsene
Anderen zuwendet. Sie wirken bedürftiger als sie eigentlich sind. Sie können schlechter Kon-
flikte lösen und die eigene Beteiligung daran erkennen. Vielfach ist ihnen die Absicherung
der Bindung so wichtig, dass sie schlechter lernen und immer wieder erneut Zuwendung
suchen, statt selbstständig zu spielen oder zu arbeiten. Sie provozieren eher Zurückweisung
und benötigen klare Grenzen und Zuverlässigkeit, um sich sicher zu fühlen.
FACHBEITRÄGE
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 13
Kinder mit unsicher-desorganisiertem (desorientiertem) Verhaltensmuster reagieren
als Kleinkinder bei einer Trennung von der Bindungsperson wie unsicher-vermeidend ge-
bundene Kinder.
Bei der Wiederkehr sind sie jedoch sehr auffällig. Sie laufen zur Bindungsperson hin, bleiben
stehen, drehen sich um, laufen wieder weg. Ihre Bewegungen können mitten im Bewe-
gungsablauf erstarren (freeze). Außerdem sind stereotype Verhaltens- und Bewegungsmus-
ter zu beobachten. Es finden sich Anteile von beiden unsicheren Bindungsmustern.
Dieses Bindungsmuster wurde überzufällig häufig bei Kindern aus klinischen Risikogruppen
wie auch bei Kindern von Eltern gefunden, die ihrerseits traumatische Erfahrungen wie Ver-
lust- und Trennungserlebnisse, Misshandlung und Missbrauch mit in die Beziehung zum
Kind einbrachten.
Kinder mit einem desorganisierten Bindungsmuster haben Angst vor der Bindungsperson
und vor Bindung selbst. Sie sind stets in Alarmbereitschaft. Sie reagieren oft unangemessen
heftig und können Gefühle nicht integrieren. Sie schwanken zwischen ganz geringen Selbst-
wertvorstellungen, unrealistischen Selbstansprüchen und völlig überhöhten Selbstvorstellun-
gen. Oft zeigen sie auch hartnäckige Verweigerung oder Fluchttendenzen oder fühlen sich
dermaßen bedroht, dass sie ständig in Kämpfe auch aus einem geringfügigen Anlass verwi-
ckelt sind. Ihre Bindungsverwirrung fordert ihnen so viel Kraft ab, dass Schulversagen droht.
Da sich die Kinder ständig in einer sie zu vernichten drohenden Angst befinden, meinen sie
auch, sich ständig verteidigen zu müssen. Körperliche Sicherheit, absolute Verlässlichkeit,
empathische Zuwendung auch bei provokantem Verhalten und zugleich Abgrenzung sind
Fördervoraussetzungen.
Sozial-emotionale Störungen als Folge von Bindungsstörungen
Bindungsstörungen lösen ambivalente Gefühle und Gedanken bei den PädagogInnen oder
Lehrkräften aus. Sie geraten leicht in ein emotionales Wechselbad und von ihnen werden
andere Antworten auf das Verhalten verlangt, als die Kinder bisher erfahren haben. Nur
wenn wir das Bindungsmuster erkennen, können wir uns entsprechend konstruktiv verhalten
und werden nicht selbst komplementär oppositionell.
Die erste Voraussetzung dafür ist die Anerkennung der Anpassungsleistung der Kinder, die
ihr Bindungsmuster oder ihr Bindungsverhalten bedeutet.
Zugleich geht es darum, die Folgen von Bindungsstörungen zu lindern, indem die Ich-
Kompetenzen systematisch gestärkt werden und zwar entsprechend dem jeweiligen Bin-
dungsmuster. Bei einem unsicher-desorientierten Bindungsmuster gelten die gleichen Ziele
wie bei den beiden anderen Bindungsmustern, die Lernschritte sind jedoch langsamer und
benötigen gegebenenfalls auch eine psychotherapeutische oder kinder- und jugendpsychiat-
rische Unterstützung.
Für die Stärkung der Ich-Kompetenzen sind vier Bereiche von besonderer Bedeutung:
1. Gefühle erleben und ausdrücken Sehr häufig ist eingeschränktes Einfühlungsvermögen bei den unsicher-vermeidend gebun-
denen Kindern zu beobachten. Sie nehmen durchaus eigene Gefühle wahr, sind jedoch nicht
so gut darin, sich in die Gefühle anderer hineinzuversetzen. Negative Gefühle wie Traurigkeit
FACHBEITRÄGE
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 14
oder Angst und vor allem Hilflosigkeit oder auch nur Unsicherheit, also solche, die ihre Ver-
letzbarkeit vermuten lassen, werden oft hinter aggressivem oder dominierendem Verhalten
versteckt.
Unsicher-ambivalent gebundene Kinder hingegen sind mit ihren Gefühlen oft stark bei den
anderen, wenn sie jedoch eigene Gefühle mitteilen sollen, verstummen sie und brauchen
jemanden, der die Gefühle für sie verbalisiert. Sie können sich schlechter ablenken bei Irrita-
tionen und Konflikte schlecht lösen. Sie haben Angst vor dem Alleinsein oder auch alleine
Position zu beziehen.
2. Selbstwirksamkeit erleben
Sowohl unsicher-vermeidend als auch unsicher-ambivalent gebundene Kinder haben eine
eher geringe Vorstellung der Selbstwirksamkeit. Sie erkennen schlechter den Zusammen-
hang zwischen ihrem eigenen Verhalten und den Folgen und zwar sowohl in sozialer Hin-
sicht als auch beim Lernen. Deshalb ist es ihnen oft auch nur mit viel Hilfe und Unterstützung
möglich, den eigenen Anteil an einem Konflikt zu erkennen und darüber hinaus auch noch
zuzugestehen.
Während unsicher-ambivalent gebundene Kinder in Konflikten andere anklagen, reagieren
unsicher-vermeidend gebundene Kinder verbal und auch oft körperlich aggressiv. Beiden
Gruppen gelingt es schlecht, eigene Anteile an Konflikten zu erkennen, wobei unsicher-
vermeidend gebundene Kinder oftmals gar nicht bemerken, dass sie andere kränken und
durch ihr Verhalten Konflikte auslösen.
3. Selbstsicherheit gewinnen
Spielen und Lernen ist ohne die Überwindung von Hindernissen und Herausforderungen
nicht möglich. Kinder mit Bindungsstörungen schwanken vielfach zwischen Selbstüberschät-
zung und Ohnmachtsgefühlen. Eine realistische Selbsteinschätzung fällt ihnen sehr schwer.
Nicht Zuversicht bestimmt die Handlungen sondern eine Grundangst zu versagen. Die Kin-
der sind deshalb auf ein ständiges Feedback über ihr Verhalten angewiesen um sich siche-
rer zu fühlen und erst dann können sie lernen oder sich auf Neues einlassen. Von sich aus
suchen sie eher selten Herausforderungen. Sie gehen jedoch auch immer wieder Risiken
ein, die auf eine wenig ausgeprägte Gefahreneinschätzung schließen lassen.
4. Ambiguitätstoleranz entwickeln
Ein gemeinsames Merkmal von Kindern mit Bindungsstörungen ist, dass sie Widersprüch-
lichkeiten und Unklarheiten sehr viel schlechter als sicher gebundene Kinder ertragen. Sie
fühlen sich schneller bedroht davon und verlieren den Boden unter den Füßen. Oft beharren
sie auf Polarisierungen wie gut - böse, schwarz – weiß und reagieren auf Mehrdeutigkeit
eher aggressiv. Deshalb sind sie auch gefährdeter, sich Cliquen oder Gruppierungen anzu-
schließen, die sie von den für sie schwer erträglichen ambivalenten Gefühlen entlasten.
Pädagogische Konsequenzen in Einrichtungen oder Schule
Da Bindungsstörungen immer mit einer erhöhten Angst einhergehen, brauchen die Kinder
mehr Halt und Sicherheit, um spielen und lernen zu können, als sicher gebundene Kinder.
Halt und Sicherheit werden vermittelt durch
die Erwachsenen, die den pädagogischen Prozess gestalten
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die Gruppe oder Klassengemeinschaft, die dem Schutzbedürfnis Rechnung trägt
durch die räumliche Struktur, die Geborgenheit und Transparenz vermittelt
durch die zeitliche Struktur und die Vorhersehbarkeit von Abläufen
1. Personale Kompetenzen im Umgang mit Bindungsstörungen
Um Kindern mit Bindungsstörungen die notwendige Sicherheit zu geben, damit sie spielen
und lernen, und somit ihre Ressourcen ausnutzen können, ist es zunächst wichtig, dass die
PädagogInnen die Bindungsmuster der Kinder entschlüsseln können und sich entsprechend
verhalten. Dazu sind eine hohe innere Präsenz, schnelle Reaktionsfähigkeit, eine gewisse
Fähigkeit zum Multitasking und zugleich eine hohe Selbstorganisation Voraussetzung. Hilf-
reich ist außerdem ein Repertoire an expressiver Vielfalt in Stimme und Sprache und eine
klare Körpersprache, die vor allem auch Blickkontakt umfasst.
Da die Kinder aufgrund ihrer Bindungsstörungen schnell in Stress und Alarmbereitschaft
sind, sind für sie emotionale Wärme, die Fähigkeit zur Metareflexion und innerer Distanz
verbunden mit Humor und Schlagfertigkeit besonders notwendig und hilfreich. Darüber hin-
aus sind Kooperations- und Teamfähigkeit und eine gewisse Großzügigkeit gegenüber den
eigenen Grenzen und Fehlern, aber auch die Fähigkeit zu Selbstkritik wichtige pädagogische
Persönlichkeitsmerkmale.
2. Förder- und Unterrichtsprinzipien
Für Kinder mit Bindungsstörungen hat zunächst die Beziehung Vorrang. Emotionales und
soziales Lernen stehen im Zentrum der Förderung. Lerninhalte und Unterrichtsinhalte sind
das Medium für die emotionale und soziale Entwicklung. Es ist also nicht so, dass die Kinder
zuerst sich stabilisieren müssten, bevor Förderung oder Lernen möglich ist, sondern durch
die pädagogische Beziehung beim Spielen und Lernen geschieht die Stabilisierung. Sie dient
in allen Bereichen und Lernsituationen dem Abbau oder der Überwindung von Ängsten durch
die Berücksichtigung der notwendigen Ich-Kompetenzen wie sie oben geschildert wurden.
Damit für den Erwerb von Ich-Kompetenzen genügend Raum ist, gelten einige Prinzipien, die
die Verfolgung dieser Ziele erleichtern:
Gutes Classroommanagement
Organische Unterrichtsorganisation
Klarheit und Einfachheit im Unterrichtsaufbau
Didaktisches Minimum, also wenig ablenkendes Material
Beschränkung auf wesentliche Unterrichtsinhalte, deren Sinn stets transparent ist
Um Kinder sicherer zu machen, Stress zu mindern und Ängste abzubauen, ist der Unterricht,
der die Kinder sich erfolgreich fühlen lässt, ein hervorragendes Mittel.
Dazu gehört, die Anstrengungen der Kinder zu würdigen und ihnen für ihr Verhalten häufig
und systematisch Feedback zu geben. Feedback ist jedoch nicht zu verwechseln mit Lob,
das eher zu Abhängigkeit oder Vermeidung führt.
Für die Kinder ist die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft zunächst wichtiger als Individuali-
tät, die als entferntes Ziel angestrebt werden kann.
Somit ist der Unterricht ein gegenseitiger Lernprozess, der eine Erhöhung der Sicherheit in
allen Ich-Kompetenzen zu Ziel hat.
3. Räumliche Struktur und Sicherheit
Für Kinder mit Bindungsstörungen ist ein Gebäude, in dem sie sich sicher und geborgen
fühlen können, viel wichtiger als für Kinder, die sicher gebunden sind.
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Das Gebäude selbst kann Ängste und Stress reduzieren, wenn es übersichtlich und hell ist.
Vor allem die Eingangsbereiche, die Garderoben, die Toiletten und andere Orte außerhalb
der Klassen- oder Spielzimmer sollen besonders beruhigend wirken und klar gestaltet sein.
In den Klassenzimmern ist es wichtig, dass die Sitzordnung den beruhigenden Blick der
Lehrkraft ständig berücksichtigt. Das Kind muss stets die Möglichkeit haben, diesen Blick zu
finden. Die jeweiligen Bindungsmuster spielen bei der Sitzordnung eine Rolle. So sollten die
unsicher-ambivalent gebundenen Kindern zunächst eher in der Mitte sitzen und die unsicher-
vermeidend gebundenen Kinder eher vorne. Die Sitzordnung sollte immer für eine gewisse
Zeit beibehalten werden und erst allmählich zu mehr Varianzen und Freiheiten führen. Jede
Veränderung bedeutet jedoch auch wieder zunächst Unsicherheit und einen erneuten Stabi-
lisierungsprozess.
Gerade auch die Pausen bedeuten für Kinder mit unsicheren Bindungsmustern oftmals
Stress. Deshalb ist es Aufgabe der Schulgemeinschaft, für Pausen zu sorgen, die auch die-
sen Kindern ein Sicherheitsgefühl vermitteln.
4. Zeitliche Struktur und Sicherheit
Unklare zeitliche Angaben lösen Unsicherheit aus. Deshalb sind Kinder mit Bindungsstörun-
gen im besonderen Maße darauf angewiesen, dass Abläufe für sie vorhersehbar sind. Las-
sen sich diese nicht einhalten, dann benötigen die Kinder besondere Unterstützung darin,
diese Veränderungen zu bewältigen. Eine genaue Planung der Tage, der Woche und des
Schuljahres sind nicht nur hilfreich, sondern eine unabdingbare Voraussetzung, um das Si-
cherheitsgefühl für alle Beteiligten zu erhöhen.
Ein wichtiger Faktor ist, dass auch Lehrkräfte und PädagogInnen biologischen Rhythmen
und Abläufen unterliegen, in denen sie leichter ermüden und weniger belastbar sind. Damit
die Kinder nicht dadurch in Stress geraten, ist es wichtig, dass diese Phasen von Ermüdung
mit berücksichtigt werden bei der Planung des Tages, der Woche oder des Schuljahres.
Die Förderung von Kindern mit Bindungsstörungen ist Aufgabe jedes Einzelnen, aber vor
allem auch der gesamten Schule und Einrichtung.
Niemand darf dabei alleine bleiben, damit das gesamte Umfeld in der Schule oder der Ein-
richtung und die Erwachsenen, die dort arbeiten, als stabile Bindungspersonen zur Verfü-
gung stehen.
Autoren zum Thema:
John Bowlby: Begründer der Bindungstherie durch Tierbeobachtungen
Mary Ainsworth: Sie brachte experimentelle Beweise für die Bindungstheorie bei Menschen
Karl-Heinz Brisch:Er untersuchte Bindungsstörungen
Julia Berkic: Bindung und Verhaltensprobleme, Powerpointpräsentation
München, Februar 2015
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Birgit Lammel
Kurzdarstellung ausgewählter kinder- und
jugendpsychiatrischer Störungsbilder
ADHS (= Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung)
Betroffene Kinder zeigen Symptome in den Bereichen Aufmerksamkeitsstörung, motorische
Hyperaktivität und Impulsivität (spontanes unkontrolliertes Handeln ohne Rücksicht auf Kon-
sequenzen), wobei bei jüngeren Kindern meist die motorische Hyperaktivität im Vordergrund
steht, bei Jugendlichen häufiger Impulsivität und Aufmerksamkeitsstörung. Die ersten Symp-
tome treten bereits vor dem 6. Lebensjahr auf und sind in mindestens zwei Lebensbereichen
(z.B. Kindergarten und Familie) zu beobachten. Die Kinder sind in ihrem Spielverhalten typi-
scherweise sehr unbeständig und führen Spielhandlungen oft nicht zu Ende. In der Schule
bleiben die Leistungen der Kinder oft unter ihren Möglichkeiten zurück. Bei manchen Be-
troffenen können bereits kleinste Eingrenzungen Wutanfälle hervorrufen. Durch eine „Gefah-
renblindheit“ ist das Unfallrisiko bei ADHS-betroffenen Kindern erhöht.
Angststörungen
Angst ist grundsätzlich eine sinnvolle physiologische Reaktion. Krankhaft kann Angst dann
sein, wenn Kinder Ängste länger als vier Wochen haben, die Ängste nicht altersgemäß, un-
realistisch oder stark übertrieben erscheinen und / oder die Ängste mit einer erkennbaren
Beeinträchtigung der Entwicklung und der Alltagsbewältigung einhergehen. Angststörungen
gehören mit 10% Betroffenen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Kindes- und
Jugendalter. Kinder werden aber häufig nicht beim Arzt oder Psychologen vorgestellt, weil
diese sog. internalisierenden (sich nach innen richtenden) Störungen von Eltern und Erzie-
hern / Lehrern weniger als auffallend und belastend wahrgenommen werden als die externa-
lisierenden Störungen (z.B. ADHS). Ein wichtiger Risikofaktor ist eine psychische Erkran-
kung der Eltern (v.a. Angsterkrankungen und Depressionen). Gefährdete Kinder neigen da-
zu, neue Situationen als bedrohlich einzuschätzen. Belastende traumatische Ereignisse kön-
nen zusätzlich krankheitsfördernd oder sogar –auslösend wirken.
Wichtige Angststörungen des Kindesalters sind Trennungsangst (übermäßige oder unrea-
listische Ängste bei der Trennung von einem Elternteil, oft verbunden mit häufigem Fehlen in
der Schule), spezifische Phobie ( unangemessene Angstreaktion vor bestimmten Objekten,
Tieren oder Situationen, von denen keine reale Gefahr ausgeht), soziale Phobie (anhalten-
de Angst in sozialen Situationen), Agoraphobie (Angst vor Situationen außerhalb der ge-
wohnten Umgebung) sowie generalisierte Angststörung (starke, unbegründete, unkontrol-
lierbare Angst in unterschiedlichsten Lebensbereichen).
Bindungsstörungen
Bindungsstörungen können sich entwickeln, wenn Kinder in frühen Entwicklungsphasen über
mehrere Monate einem häufigen Wechsel oder einer Unzuverlässigkeit der Betreuungsper-
sonen ausgesetzt sind, sowie bei Misshandlung und Vernachlässigung. Vermehrt zeigt sich
diese Störung bei Heimkindern, Pflege- und Adoptivkindern, bei Kindern psychisch kranker
Eltern, bei Kindern aus Krisengebieten und bei Kindern, deren Mütter häufig ihre Partner
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wechselten. Betroffene Kinder sind oft motorisch unruhig, impulsiv, zeigen eine gereizte
Grundstimmung und ein gestörtes Sozialverhalten (lügen, stehlen, Aggression, Sachbeschä-
digung). Meist fehlen feste Freundschaften. Emotionen können nicht altersgemäß geäußert
werden. Unterscheiden kann man die reaktive Bindungsstörung (Ambivalenz in der Bezie-
hung zu nahen Angehörigen) von der Bindungsstörung mit Enthemmung (diffuses Bin-
dungsverhalten und unselektiertes, distanzloses Anklammern an Erwachsene; anhaltendes
aufmerksamkeitssuchendes Verhalten). Bindungsstörungen treten oft zusammen mit Ent-
wicklungsstörungen und anderen psychischen Störungen auf.
Depressive Störungen
Depressionen im Kindes-und Jugendalter sind mit 1-4 % (Kinder) und 6 % (Jugendliche)
Betroffenen nicht selten. Da die Symptomatik bei Kindern und Jugendlichen teilweise unty-
pisch ist, werden sie leicht übersehen. Hauptsymptome sind meist episodenhaft auftretende
Stimmungsverschlechterungen, Antriebslosigkeit, Interessenverlust, erhöhte Ermüdbarkeit
und diffuse Schmerzen (v.a. Bauch- und Kopfschmerzen). Bei Vorschulkindern können zu-
sätzlich in sich gekehrtes oder aggressives Verhalten, sekundäres (nach bereits erlernter
Sauberkeit) Einnässen oder Einkoten, Reizbarkeit und / oder Schlafstörungen auftreten. In
der Regel ist die depressive Symptomatik bei Kindern und Jugendlichen etwas geringer aus-
geprägt als bei Erwachsenen. Wissenschaftler gehen von einer genetischen Grundlage der
depressiven Störungen aus. Psychosoziale Umwelteinflüsse können aber das Auftreten und
Fortdauern der Krankheit begünstigen. Akute traumatische Ereignisse und körperliche Er-
krankungen können depressive Störungen auslösen.
Posttraumatische Belastungsstörung
Unter einer PTBS versteht man eine verzögernd eintretende (bis zu 6 Monate nach dem aus-
lösenden Ereignis) oder fortdauernd auftretende Reaktion auf eine Situation von katastro-
phaler Bedrohung. Dabei haben von Menschen verursachte Katastrophen meist schwerwie-
gendere psychische Folgen als Naturkatastrophen oder technisch bedingte Unfälle. Mäd-
chen entwickeln mit höherer Wahrscheinlichkeit nach einem traumatischen Ereignis eine
PTBS, Jungen sind dagegen häufiger traumatischen Ereignissen ausgesetzt. Eine PTBS
äußert sich über inneres Wiedererleben (Albträume, Flashbacks), Vermeidungsverhalten
(scheinbare Gedächtnislücken rund um das traumatische Ereignis, Meiden von Orten, Per-
sonen, Situationen etc., die im Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis stehen),
emotionale Taubheit (reduziertes Spiel, Unfähigkeit, bestimmte Gefühle zu empfinden) und
vegetative Übererregung (Schlafstörungen, Panikattacken, Schreckhaftigkeit, Konzentrati-
onsdefizite, motorische Unruhe). Im Kindesalter können weitere oder andere Symptome als
bei Erwachsenen auftreten (z.B. neu auftretende Ängste, Verlust bereits erworbener Fähig-
keiten in Sprache oder in der Sauberkeitsentwicklung oder aggressives Verhalten).
Von einer akuten Belastungsreaktion spricht man bei einer psychischen Störung wenige
Stunden bis längstens vier Wochen nach einer katastrophalen Situation.
Ebenfalls zu den Belastungsstörungen zählen auch die Anpassungsstörungen, bei denen
Kinder auf Veränderungen der Lebenssituation (z.B. Ehescheidung, Umzug, Migration, Ein-
oder Umschulung) in ungewöhnlich hohem Ausmaß mit Anpassungsschwierigkeiten reagie-
ren. Die Störung hält in der Regel nicht länger als 6 Monate an.
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Selektiver Mutismus
Dabei handelt es sich um eine emotional bedingte Kommunikationsstörung, bei der das Kind
in bestimmten Situationen oder gegenüber bestimmten Personen(gruppen) nicht in der Lage
ist zu sprechen, obwohl es über die Fähigkeit zu sprechen grundsätzlich verfügt.
Zur Abgrenzung von einer nicht krankhaften Schüchternheit, spricht man von Mutismus erst,
wenn die Symptome mindestens vier Wochen lang bestehen. Mädchen und zweisprachige
Kinder sind häufiger betroffen. Auslöser ist oft eine soziale Übergangssituation für das Kind
(z.B. Wechsel in Kindergarten oder Schule). Nur in den seltensten Fällen ist ein Trauma ur-
sächlich für das Schweigen. Meist entwickelt sich die Störung schleichend über Wochen.
Innerhalb der Familie sprechen die Kinder „normal“ und verhalten sich oft dominant und un-
gehemmt. Durch die Störung sind die sozialen Kontakte der Kinder stark eingeschränkt.
Störung des Sozialverhaltens
Darunter versteht man die zeitlich andauernde Unfähigkeit, eigenes Verhalten innerhalb so-
zial definierter Regeln angemessen zu kontrollieren. Typische Anzeichen dafür sind Streiten,
Tyrannisieren, heftige Wutanfälle, Lügen, körperliche und verbale Aggression, Tierquälerei,
Grausamkeiten gegenüber Menschen, Weglaufen und / oder Zündeln in einem Ausmaß, das
weit über das Normalmaß hinausgeht. Betroffen sind ca. 2-10 % der unter Achtzehnjährigen,
wobei Jungen ca. 5x häufiger eine Störung des Sozialverhaltens entwickeln. Risikofaktoren
sind v.a. psychisch kranke Eltern, Wechsel der primären Bezugspersonen, Misshandlung
und Missbrauch, Vernachlässigung, Gewaltdarbietung im persönlichen Umfeld und in den
Medien, außerdem genetische und hormonelle Faktoren. Klinisch wird unterschieden zwi-
schen einer offenen Form (Aggressivität, Sachbeschädigung), die im Kindesalter überwiegt,
und einer verdeckten Form (Lügen, Weglaufen, Stehlen), die häufiger im Jugendalter auf-
tritt.
Tic-Störungen
Unter Tics versteht man plötzlich einschießende, nicht rhythmische, weitgehend unwillkürli-
che Muskelbewegungen oder Lautäußerungen, die einzeln oder in kurzen Serien auftreten.
Typischerweise verstärken sie sich bei Ermüdung und bei starken (positiven wie negativen)
Gefühlsregungen. Umgekehrt nimmt die Symptomatik bei Entspannung und unter Konzent-
ration meist ab. Am häufigsten treten Tics im Alter von 4-7 Jahren auf. Man unterscheidet
vorübergehende Tic-Störungen (die meist nur motorischen Tics verschwinden vollständig
nach spätestens einem Jahr), chronischen Tic-Störungen (mehr als ein Jahr andauernde
motorische oder chronische phonetische Tics) sowie das Tourette-Syndrom (mehr als ein
Jahr andauernde motorische und phonetische Tics). Zu den einfachen motorischen Tics zäh-
len Blinzeln, Grimassieren, Kopfwerfen und Schulterzucken, zu den komplexen motorischen
Tics u.a. Springen und Sich-selbst-Schlagen. Einfache phonetische Tics sind Räuspern,
Schnüffeln, Zischen, während Schreien, Summen, Pfeifen und Ausstoßen von Silben, Wort-
und Satzteilen zu den komplexen phonetischen Tics zählen. Jungen sind 3x häufiger betrof-
fen als Mädchen. Etwa 10% der Kinder entwickeln zumindest einmal einen vorübergehenden
Tic.
Quelle: Lempp, Th.: Kinder- und Jugendpsychiatrie, Elsevier GmbH München, ²2014
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Silvia Jahn-Erbe
Kinder in ihrer Trauer begleiten
Jedes Kind wird im Laufe seiner Kindheit Verluste erleben, entfernte Verwandte und Bekann-
te, aber manchmal auch nahe, geliebte und vertraute Menschen und Begleiter.
Während Erwachsene meist über einen längeren Zeitraum traurig sind, lassen Kinder ihre
unterschiedlichen Gefühle nebeneinander stehen. Ihre wichtigste Ausdrucksform ist ihr Ver-
halten. Sie orientieren sich viel weniger als Erwachsene an gesellschaftlichen Normen.
Sie fassen ihre Trauer nicht unbedingt in Worte oder weinen, sondern zeigen ihre Gefühle
und Gedanken auf unterschiedliche Weise und meist im Spiel oder anderen Aktivitäten. Hier
springen sie oft unvermittelt hinein und heraus, sind niedergeschlagen, launisch oder ag-
gressiv und im nächsten Moment schon wieder fröhlich und lachen. Es ist auch nicht unge-
wöhnlich, wenn Kinder den Tod zunächst verleugnen, oder nicht betroffen erscheinen. Sie
halten an den Abläufen ihres Alltags fest, was ihnen Sicherheit gibt und ihnen ermöglicht,
sich einer Situation zu entziehen, die sie überwältigt bzw. zu anstrengend ist.
Das Verhalten und Verstehen in den jeweiligen Altersstufen ist unterschiedlich:
Um Kinder auf ihrem Trauerweg zu unterstützen, sollten wir sie ihrem Alter entsprechend in
ihren Ängsten, Fantasien und Vorstellungen vom Sterben und Tod verstehen und begleiten.
Kleinkinder 1 bis 2 Jahre
Kinder dieser Altersgruppe haben noch keine Vorstellung vom Tod – er stellt eine temporäre
Abwesenheit dar. Ihre sprachlichen Mittel sind noch zu begrenzt, um Gefühle ausdrücken zu
können und sie reagieren auf die veränderte Stimmung als Resultat eines Verlusts.
Hier hilft viel Zuwendung, Körperkontakt und Sicherheit geben und die kontinuierliche Wie-
derholung einfacher Sätze wie „Oma ist fort“ oder „Papa ist nicht mehr da“, um zu verstehen,
dass ein Verlust geschehen ist. Umschreibungen wie beispielsweise „sie ist eingeschlafen“
sollten vermieden werden, sowie auch sich in Details zu verlieren, da dies die Kinder nur
verwirren würde.
Vorschulkinder 3 bis 6 Jahre
Vorschulkinder kennen bereits das Wort „tot“, es hat für sie jedoch noch keine endgültige
Bedeutung, sondern erscheint als eine Form von Schlaf oder Fortgehen, die aber eine Rück-
kehr des Verstorbenen erwartet. Daher kann man die Todeswünsche von Kindern besser
verstehen: „du sollst tot sein“ bedeutet „du sollst verschwinden“. In diesem Alter glauben
Kinder, sie könnten dem Tod durch bestimmte Verhaltensweisen entkommen oder ihn her-
beiwünschen, das sog. „Magische Denken“, was aber starke Schuldgefühle als Konsequenz
haben kann.
Ungefähr zu diesem Zeitpunkt stellen Kinder häufig die Fragen: „warum ist Opa tot?“ Dahin-
ter kann sowohl die Frage nach der biologischen Antwort stehen – „weil Opa krank war“ – als
auch die Frage nach dem Warum des Sterbens. Hier ist es gut auf die Gefühlsebene des
Kindes einzugehen – „dir fehlt der Opa?“. Die Fragen können sich durchaus wiederholen,
denn dies dient der Vergewisserung des Todesfalles und deshalb ist es sehr hilfreich, gedul-
dig zu bleiben und klare, offene und ehrliche Worte zu finden.
Besonders Kinder im Kindergartenalter zeigen häufig ein regressives Verhalten, wie Anhäng-
lichkeit, Ängstlichkeit, Aggression oder Apathie. Sie brauchen äußere Sicherheiten und Kon-
tinuitäten durch Betreuungspersonen und Tagesrhythmen.
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Stofftiere bieten hier eine gute Projektionsfläche für die eigenen Gefühle und erlauben dem
Kind so in Distanz dazu zu treten.
Die Regression kann sich aber auch im Aufnehmen von Verhaltensweisen einer früheren
Entwicklungsstufe zeigen, wie beispielsweise Bettnässen, Daumen lutschen, nicht allein
schlafen können oder keine feste Nahrung zu sich nehmen. Impulse von sich aus über den
Verstorbenen zu reden, können in dieser Phase zurückgehen. Dies geschieht vor allem
dann, wenn das Kind das Gefühl hat, seine Trauer nicht äußern zu dürfen oder zu können
oder weil es jemand schützen will. In solchen Situationen können behutsame Versuche, zum
Beispiel über Bilderbücher zum Thema in Kontakt zu kommen, hilfreich sein.
Erwachsene sollten sich auch nicht vom oft wilden Spiel eines Kindes darin täuschen lassen,
dass die Trauerarbeit erledigt sei. Auch im Spielen verarbeitet das Kind seine Trauer, da es
so sein seelisches Gleichgewicht auf natürliche Art und Weise wieder herstellen kann.
Hilfreich ist hier, dem Kind Erklärungen anzubieten, z. B. dass der Körper aufgehört hat zu
funktionieren bzw. es schon vorher im Falle einer langen, unheilbaren Krankheit auf den Tod
vorzubereiten. Außerdem sollte es an möglichst vielen Vorgängen in der Familie teilhaben
und nicht ausgeschlossen werden, um es vor vermeintlich Ungutem zu bewahren.
Wichtig ist auch, dem Kind klar zu machen, dass es nicht schuld an dem Tod ist und eine
besonders heilsame Geste ist das gemeinsame Aussuchen eines Andenkens.
Grundschulkinder 6 bis 9 Jahre
Kinder verstehen nun, dass der Tod endgültig ist und der Verstorbene nicht wiederkommen
wird. Sie erkennen, dass der Tod alle Menschen treffen kann, auch ihnen nahestehende, wie
Eltern, Geschwister und auch sie selbst. In der Angst vor dem Tod der Eltern spiegelt sich
die Angst vor dem Verlassenwerden, was zu Verlust- und Trennungsängsten führen kann.
Auch wenn sie den Tod als Tatsache erfassen, können sie ihn nicht immer akzeptieren oder
rational darauf reagieren. Mögliche Gefahren und Ursachen werden ihnen bewusster und sie
entwickeln ein größeres Sicherheitsbedürfnis. Realität und Fantasie wechseln sich ab, der
Tod führt zu Veränderungen und es wird oft sehr genau nachgefragt, wie man sich den Tod
vorstellen muss und was beim Sterben geschieht.
Kinder brauchen in dieser Altersstufe klare Informationen und Hilfe beim Verstehen, die ih-
rem Bedürfnis nach Wissen, aber auch nach Vertrauen und Sicherheit entgegenkommen –
z. B. das Einbeziehen in die Planung und Durchführung der Trauerfeier oder ein eigenes
Abschiedsritual.
Entscheidend ist in dieser und in späteren Entwicklungsphasen, dass wir Erwachsenen offen
und ehrlich versuchen, die Fragen der Kinder zu beantworten – möglichst einfach und konk-
ret. Es müssen keine perfekten Antworten sein, aber sie sollten unsere eigenen Meinungen
und Haltungen widerspiegeln. Auch wenn wir manches nicht wissen, sollten wir dies offen
und klar sagen. Wir können dann verschiedene Antworten zur Auswahl geben und zusam-
men mit dem Kind überlegen, was denn richtig sein könnte.
Schulkinder ab 10 Jahre
Kinder in der Vorpubertät verfügen bereits über eine differenziertere Gefühlswelt und ihr Be-
dürfnis nach genauer Information nimmt zu. Die Meinung anderer, insbesondere von Freun-
den und den Medien wird wichtiger. Sie begreifen, dass der Tod eines Angehörigen sie ganz
persönlich trifft und von ihnen bewältigt werden muss. Die Trauergefühle werden nun mehr
und mehr wie von Erwachsenen in den verschiedenen Facetten des Trauerprozesses erlebt.
Allerdings drücken Kinder ihre Gefühle immer noch vorwiegend indirekt aus. Da aber das
Spielen nicht mehr so bedeutend ist, wird die Trauer im Verhalten und in der Beziehung zu
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den Erwachsenen vermittelt. Hier finden sich oft Nervosität, Gereiztheit, unterschwellige Ag-
gression, Rückzug oder Leistungsverweigerung.
Wenn wir uns als Erwachsene auf die kritischen Fragen offen einlassen können, entstehen
oft sehr intensive und tiefsinnige Gespräche. Kinder in diesem Alter spüren, ahnen und wis-
sen oft mehr, als wir ihnen zutrauen. Wir müssen keine fertigen und abgeschlossenen Ant-
worten bereithalten, vielmehr sind wir nun auch als Diskussionspartner gefragt.
Trauer ist eine lebenswichtige Reaktion unserer Person auf Verluste und gravierende Verän-
derungen der Lebenssituation. Trauerreaktionen sind keinesfalls Zeichen eines Krankheits-
bildes, sondern vielmehr notwendig. Denn sie dienen dazu, nach einem Verlust ein „psycho-
logisch homöostatisches Gleichgewicht wieder herzustellen“ wie William J. Worden be-
schreibt, der folgende vier „Traueraufgaben“ formuliert:
1. Den Verlust als Realität akzeptieren.
2. Den Trauerschmerz erfahren.
3. Sich an eine Umwelt anpassen, in der der Verstorbene fehlt.
4. Emotionale Energie abziehen und in eine andere Beziehung investieren.
Das Kind versucht nach dem Tod eines nahen Menschen mit Hilfe seiner individuellen Reak-
tionen auf das Erlebte, einen neuen stabilen Zustand zu finden. Trauer ist also die Fähigkeit
zur Bewältigung von erlebten Verlusten.
Hierbei brauchen Kinder Unterstützung, sie brauchen Zeit und Raum ihren persönlichen
Trauerweg zu entdecken, sowie ihre Gefühle und Gedanken ausdrücken zu können.
Erwachsene sind Kindern immer auch Vorbild, wenn es darum geht, Lösungsstrategien im
Umgang mit Krisen zu entwickeln. Mädchen und Jungen, die Verlust durch Tod erleben,
brauchen jemanden an ihrer Seite –
jemanden, der sich Zeit für sie nimmt, der sie ernst nimmt, der ihnen zuhört und
der ihre Fragen und Gedanken aushält.
Literatur zum Thema:
- „Beratung und Therapie in Trauerfällen“ von William J. Worden (Verlag Hans Huber)
- „Und was kommt dann?“ Von Pernilla Stalfelt (moritz Verlag) ab 5 Jahre
- „Sarahs Mama“ von Uwe Saegner (hospiz Verlag) ab 4 Jahre
- „Der Baum der Erinnerung“ von Britta Teckentrup (ars edition verlag) ab 3 Jahre
- „Die Welt steht still“ von Andrea Behnke (Herder Verlag) für 5 – 9 Jahre
- „Anna Himmel“ von Stian Hole (Hanser Verlag) ab 6 Jahre
- „Mats und Opa – Ein Gespräch über das Sterben“ von Maike Wöhrmann
(Coppenrath Verlag) ab 8 Jahre
Hilfreiche Adressen:
- Lacrima – Zentrum für trauernde Kinder --- Schäftlarnstr. 9, 81371 München
Tel.: 089-72011--29
- Trauerambulanz Klinikum rechts der Isar
Tel.: 089-4140--3341 (für Kinder) u. --4413 (für Jugendliche)
- Trauerambulanz der LMU
- Tel.: 089-2190—5225
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MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 23
Petra Schneider, SoKRin
Praktische Erfahrungen im Umgang mit „schwierigen“
Schülerinnen und Schülern Bereits in meinem zweiten Referendariatsjahr vor nunmehr zwei Jahrzehnten wurde ich in
der DFK mit einer Klasse konfrontiert, in der mir eine Ballung von „schwierigen“ und hoch
aggressiven Schülern gegenüber trat. Zum Glück, muss ich im Nachhinein sagen, denn ich
war gezwungen, mich sehr schnell und sehr intensiv damit auseinander zu setzen, wie ich ihr
Verhalten einzuordnen hatte und wie ich darauf reagieren musste.
Theorien zur Entwicklung von Aggressionen boten hilfreiches Reflexionswissen, Programme
für Sozialtrainings, soweit damals schon vorhanden, halfen mir nur bedingt weiter. Zweimal
pro Woche einzusetzende Trainingseinheiten griffen zu kurz. Es brannte und ich musste dem
sofort – täglich und in jeder Stunde - etwas entgegensetzen.
In der Auseinandersetzung mit den Problemen sind einige grundlegende Erkenntnisse ge-
reift, die meine weitere pädagogische Haltung geprägt haben:
Schülerinnen und Schüler die Probleme machen, haben Probleme.
Aggressionen und Tätlichkeiten sind für sie oft wirksame Strategien. Diese Strategien
kann ich nur durchbrechen, indem ich konsequent Grenzen setze und ebenso konse-
quent erwünschtes Verhalten verstärke.
Nur eine gute Beziehung zu meinen Schülerinnen und Schülern kann diese Maß-
nahmen tragen und zu nachhaltigen Veränderungen führen. Persönliche Gespräche
geben tiefere Einblicke, fördern das Verständnis und signalisieren Wertschätzung.
Auf dieser Basis lassen sich gemeinsame Vereinbarungen treffen.
Ich muss die Kinder ernst nehmen und authentisch reagieren.
Sozialverhalten einzuüben braucht Zeit. Manchmal muss die Stoffvermittlung dem
nachstehen. Ist der Boden mit einem guten Sozialklima wieder bereitet, hole ich ver-
meintlich „verlorene“ Zeit wieder auf.
Störungen und Konflikte haben Vorrang. Das wirksamste Mittel ihnen zu begegnen,
ist für mich bis heute von der Vorschule bis zur neunten Klasse der Klassenrat, in
dem lösungsorientiert Regeln und Handlungsalternativen für den sozialen Umgang
miteinander entwickelt werden.
Konsequente pädagogische Maßnahmen kosten viel Zeit und persönliche Energie.
Konkrete Absprachen und Austausch führen zu mehr Effektivität und tun einfach gut.
Das Team ist gefragt!
Ich muss die Eltern ins Boot holen, indem ich so oft wie möglich auch positive Rück-
meldungen über ihr Kind gebe. Kritische Fragen lassen sich dann leichter anspre-
chen und werden nicht abgewehrt.
Für mich wurden diese Erkenntnisse universell, unabhängig von der Zusammensetzung ei-
ner Klasse und dem Alter der Kinder oder Jugendlichen. Gelernt habe ich auch, dass jede
Lehrerin und jeder Lehrer in ihrem oder seinem persönlichen Erfahrungsschatz Dinge findet,
die man unabhängig von den Inhalten, in unterschiedlichen Situationen einbauen und an-
wenden kann: Rituale, Spiele, Gruppenthemen und Gemeinschafts-Collagen in Kunst, me-
FACHBEITRÄGE
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 24
thodisch-didaktische Kooperationsformen, vielfältige Gemeinschaftserfahrungen, Eltern-
Kind-Abende, Zieleorientierung etc. Hinzu kommt ein mittlerweile vielfältiges Angebot an
Sozialtrainings, aus denen sich immer auch Elemente integrieren lassen, sofern man sich
nicht auf ein einzelnes Training oder festgesetzte Schulstunden beschränken möchte.
Oft kommen wir in der Arbeit mit den Kindern, dem zeitlichen Druck und der Fülle der Anfor-
derungen einer ganzen Klasse an unsere Grenzen. Ganz bestimmt ist es deshalb notwendig
und entlastend, über seinen Frust und die individuellen Belastungen zu sprechen. Notwendig
ist es auch Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine sinnvolle und ressourcenschonende
pädagogische Arbeit ermöglichen. Die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen selbst erfor-
dert jedoch immer die gesamte Energie und ein tägliches konsequentes „Dranbleiben“, so
anstrengend das sein mag. Wir müssen Kinder und Jugendliche genauso kleinschrittig auf
ihrem Weg zu kompetentem Sozialverhalten begleiten, wie es uns etwa in Mathematik
selbstverständlich ist, zuerst die Mengenvorstellung zu sichern und mit allen Sinnen den
Zehner aufzubauen, bevor wir uns an den Übergang und größere Zahlenräume wagen.
Hilfreich ist für mich dabei ein funktionierendes soziales Netz an der Schule, ein Klima der
wechselseitigen Unterstützung, ein gut durchdachtes Trainingsraumkonzept, regelmäßige
Fallbesprechungen, Supervision, klare Absprachen im Team und eine unterstützende Schul-
leitung.
Die beiden nachstehenden Folien entstanden in der Vorbereitung auf diverse Fortbildungen
zum Thema. Vielleicht können sie dem einen oder der anderen trotz ihrer Kürze eine kleine
Orientierungshilfe sein.
Petra Schneider, SoKrin
SFZ Pestalozzi-Schule Fürstenfeldbruck
FACHBEITRÄGE
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 25
Aggressives Verhalten abbauen – Soziale Kompetenzen fördern – Gemeinschaftsfähigkeit entwickeln
Übersichtsfolie zu Theorie und Praxis Petra Schneider Nov. 2015
Anonymität
Anwesenheit
von abgelehn-
ten Personen
Nicht erklär-
te Befehle
oder Anord-
nungen von
Autoritäts-
personen
Aggressive
Vorbilder
in den Me-
dien
Ignorieren
von Aggressi-
onen
Angst
Mangel an
Verhaltenskontrolle
Defizite in der Wahrneh-
mung (mangelnde Blick-
kontaktfähigkeit, fehler-
hafte Deutung und Ein-
schätzung von Situatio-
nen)
mangelnde
Frustrations-
toleranz
Bedingungen,
die das Auftreten
von Aggressionen
begünstigen
FACHBEITRÄGE
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 26
Aggressives Verhalten abbauen – Soziale Kompetenzen fördern – Gemeinschaftsfähigkeit entwickeln
Übersichtsfolie zu Theorie und Praxis Petra Schneider Nov. 2015
Aggressionen
Aggressionen haben verschiedene Ursa-chen und drücken sich unterschiedlich aus
Aggressionen sind pädagogischen Inter-ventionen zugänglich - aber es gibt keine Rezepte!
Verschiedene Ursachen er-fordern ver-schiedene In-terventions-möglichkeiten
Je mehr ich im Ein-zelfall von einem Kind weiß, desto passgenauer kann ich reagieren
Alle, die mit einem Kind arbeiten, sollten über diese Informationen verfügen
Je genauer die ge-meinsamen Abspra-chen, desto effekti-ver die pädagogi-sche Maßnahmen
Entscheidend sind nicht Rezepte sondern die erzie-herische Grundhaltung:
Die Kinder ernst nehmen
Sich Zeit nehmen, um auch Sozialver-halten zu erlernen und einzuüben
Klare Strukturen vorgeben und deren Einhaltung konse-quent einfordern
Pädagogische Maßnahmen erfordern einen langen Atem!
Mögliche Maßnah-men: *Gezieltes (bereits niederschwelliges) Eingreifen *Positive Verstärkung erwünschter Verhal-tensweisen (Lob, Ges-ten, Tokens, Lobbrie-fe, -anrufe ...) *Lösung von Konflik-ten und Erarbeiten alternativer Hand-lungsmöglichkeiten (mindestens wöchent-licher Klassenrat, Trainingsraum für so-ziales Lernen, Streit-schlichtung, Verträge, Sprechen über Gefüh-le, Formen der Selbs-treflexion ...)
(Spielerische) Formen der Prävention:
Gemeinsame Ritua-le
Formen der Ent-spannung
Rhythmisierung des Unterrichts
Aggressionsabbau
Kunstprojekte
Gemeinsame Aktivi-
täten...
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 27
Aus der Praxis für die Praxis
Rosa Zieglgänsberger, MSH
Die Förderung exekutiver Funktionen im Kontext der
Prävention von Verhaltensauffälligkeiten in der KiTa - ein Informationsnachmittag für pädagogische Fachkräfte im Rahmen der MSH
1. Vorüberlegungen
Immer häufiger treten im Austausch der MSH mit den pädagogischen Fachkräften in den
KiTas Fragen nach Möglichkeiten des Umgangs mit auffälligem Verhalten auf. Aus den Re-
flexionsgesprächen innerhalb der MSH-Mitarbeiterinnen entstand somit die Idee, an einem
Nachmittag Möglichkeiten der Prävention von Verhaltensauffälligkeiten aufzuzeigen. Impulse
für eine förderliche Erzieherhaltung und eine systemische Herangehensweise sollten außer-
dem gegeben werden.
Als wesentliche Arbeitsgrundlagen wurden dafür Einsichten und Anregungen aus dem FEX-
Konzept nach Spitzer (Walk/Evers 2013) und das aktuelle Themenheft „kindergarten heute
spezial: Auffälliges Verhalten aus systemischer Sicht“ (Verlag Herder 2015) herangezogen.
Im Folgenden werden die inhaltlichen Schwerpunkte zusammengefasst dargestellt.
2. Verhalten und Lernen gelingen nur im System
Das Kind wird mit seinen Verhaltensweisen als Symptomträger gesehen, sein auffälliges
Verhalten als Reaktion auf ein gestörtes System: „Verhalten kann nur im Kontext von Bezie-
hungen und der jeweiligen Situation, in der es sich zeigt, interpretiert werden. Auffälliges
Verhalten eines Kindes in Bezugssystemen wie Familie, Kita, Schule usw. wird als Störung
des gesamten Systems gesehen... Dies bedeutet, dass sich erst das System verändern
muss, damit sich das Kind verändern kann.“ (Pfreundner 2015, S. 7).
In dieser systemischen Herangehensweise und der u.U. folgenden „Systemänderung“ be-
steht die besondere Herausforderung für die pädagogischen Fachkräfte in den KiTas, aber
auch für die MSH-Mitarbeiterinnen. Es gilt, eigene (Wert-)Vorstellungen, innere Arbeitsmo-
delle und Lösungsansätze in diesem Kontext stets zu hinterfragen und systemisch einzuord-
nen. Den Blick also auch zu schärfen für mögliche Systemstörungen innerhalb der KiTa und
gleichzeitig eigene Handlungsgrenzen zu (anzu)erkennen.
3. Basiskompetenzen eines Kindes für eine gelingende Entwicklung
Basierend auf positiven Bindungserfahrungen (siehe Artikel von Frau Edith Wölfl) erwerben
und verfügen Kinder über Kompetenzen für effektives Lernen und eine angemessene sozial-
emotionale Entwicklung.
Entsprechend den Förderzielen im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan BEP unter-
stützen pädagogische Fachkräfte die Kinder in:
Selbstwerterleben
Kommunikationsverhalten
Sozialverhalten
Konfliktfähigkeit
Resilienz
Neugier- und Lernverhalten
Spielen
Werteorientierung
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 28
Die Förderung dieser Basiskompetenzen wird in der systemischen Betrachtung stets als
grundlegende Präventionsmaßnahme im Rahmen der KiTa-Arbeit angesehen. Die KiTa er-
möglicht, selbst bei belastenden familiären Umständen, hier einen stabilisierenden Entwick-
lungsrahmen.
4. Die Förderung exekutiver Funktionen als spezifische Herangehensweise der
Prävention
Die exekutiven Funktionen bilden die Grundlage für Selbstregulation oder Selbstkontrolle
(vgl. Spitzer, in Walk/Evers 2013, S.7) und somit die Basis für Lernen und Verhalten. Plan-
volles, zielorientiertes und überlegtes Handeln gelingt, wenn wir über die Teilaspekte des
exekutiven Systems, nämlich über Arbeitsgedächtnis, Inhibition und kognitive Flexibilität ver-
fügen. Insbesondere in herausfordernden Situationen und neuen Anforderungen erweist
sich, wie gut wir auf die exekutiven Funktionen zurückgreifen können.
Dabei ist v.a. im frühpädagogischen Kontext zu berücksichtigen, dass die Entwicklung exe-
kutiver Funktionen sowohl von Hirnreifung, Veranlagung, Umwelt und Erfahrungen beein-
flusst wird und diese Entwicklung bis ins Erwachsenenalter hinein andauert.
5. Annahmen über die Bedeutung auffälligen Verhaltens
Auffälliges Verhalten von Kindern irritiert, fordert Fachkräfte heraus und belastet insbesonde-
re das betroffene Kind selbst. In einer systemischen Sichtweise können nach Pfreundner
2015 (S. 8) folgende Annahmen gelten:
- Appell- bzw. Signalcharakter: Das auffällige Verhalten ist eine „Störungsmeldung“ an
das familiäre oder außerfamiliäre System.
- Kommunikation: Das Kind spiegelt in seinem Verhalten Kommunikationsschwierigkei-
ten im System wider.
- Systemtheorie: Das Kind zeigt Ausgleichsreaktionen, um das Gleichgewicht wieder
herzustellen.
- Zirkularität: Verhaltensweisen bedingen sich gegenseitig, es gibt Teufelskreise und
erworbene Reaktionsmuster.
Umso mehr gilt im Umgang mit auffälligem Verhalten die Ressourcenorientierung. Neben
schwierigen Verhaltensweisen verfügt jedes Kind über Entwicklungs- und Verhaltenspotenti-
al.
6. Die Rolle der pädagogischen Fachkräfte
Wesentlichen Einfluss auf die Prävention bzw. den Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten
nimmt die pädagogische Fachkraft. Sie bietet durch das Angebot einer emotional und sozial
sicheren Erfahrungswelt einen Erprobungsraum für das Kind und stellt zugleich ein Lernmo-
dell für den Umgang mit herausfordernden Situationen dar. Ihr professionelles Handeln ist
geprägt durch empathische Nähe und reflexiver Distanz. Sie bietet Diskontinuitätserfahrun-
gen zu bindungsunsicheren Lebensumwelten. Durch lösungsorientierte Kooperation und
Beratung mit den Eltern schafft sie die Möglichkeit eines Austausches zwischen den System-
faktoren.
Im pädagogischen Alltag gelingt die Prävention auffälligen Verhaltens insbesondere durch
das Schaffen von Strukturen (Abläufe, Rituale, Gesamtorganisation des Hauses), durch Kon-
tinuität und durch konsequentes Erzieherverhalten.
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 29
7. Die Bedeutung exekutiver Funktionen für soziales Verhalten
Um sozial kompetent handeln zu können, müssen Kinder fähig werden, sich erfolgreich zu
regulieren und verschiedene Perspektiven einzunehmen. Sie nehmen eigene Gefühle war,
können sie ausdrücken und mitteilen.
Insbesondere hinsichtlich selbstregulatorischer Fähigkeiten und einer guten Perspektivüber-
nahme ist die Förderung exekutiver Funktionen hilfreich. Kinder mit einer gut entwickelten
Inhibition können mit emotional herausfordernden Situationen besser umgehen. Sie verfügen
über eine bessere Frustrationstoleranz und können eigene Gedanken und Gefühle mit den
Bedürfnissen und Interessen anderer in Einklang bringen.
Ein leistungsfähiges Arbeitsgedächtnis ermöglicht Kindern Handlungsoptionen, da sie auf
bereits gemachte Erfahrungen zurückgreifen können.
Als weitere wesentliche Einflussgröße wird die kognitive Flexibilität in Konfliktsituationen an-
gesehen. Durch flexibles Denken können neue Perspektiven durchdacht und das eigene
Verhalten auf Veränderungen ausgerichtet werden (vgl. Walk/Evers, S. 28).
8. Praxisteil: Spielanregungen aus der FEX-Förderung
Exekutive Funktionen lassen sich in Spielsituationen hervorragend fördern. Dabei wird dem
kindlichen Spiel in seinen entwicklungsgemäßen Ausprägungen besondere Bedeutung bei-
gemessen. So erwerben und trainieren Kinder beispielsweise in Rollenspielen alle genann-
ten exekutiven Funktionen. Neben der Flexibilität auf Veränderungen im Spiel zu reagieren,
müssen Regeln berücksichtigt oder auch geändert werden, die Positionen und Rollen ge-
tauscht, Handlungsoptionen entwickelt und auch eigene Ideen und Vorstellungen entspre-
chend zurückgestellt oder eingebracht werden.
Die Wissenschaftlerinnen rund um das FEX-Programm schlagen zugleich eine Reihe von
Spielen vor, welche in besonderer Weise die einzelnen exekutiven Funktionen fördern kön-
nen. Dabei greifen sie auf gängige Spiele aus dem Kindergartenalltag zurück,
z.B. für das Arbeitsgedächtnis: Memo-Spiele wie „Ich packe meinen Koffer“, „Planetenball“,...
z.B. für die Inhibition: „Alle Vögel fliegen hoch“, „Armer schwarzer Kater“, „Bello, Bello, dein
Knochen ist weg“, „Ochs am Berg“,...
z.B. für die Flexibilität: „Blindschleiche“, „Komm mit – Lauf weg“, „Musikstopp“,...
9. Ausblick und weitere Handlungsmöglichkeiten
Im Kontext eines systemischen Umgangs mit auffälligem Verhalten stellen eine lösungsori-
entierte Beratung der Eltern, die Reflexion im Team und nicht zuletzt die Aktivierung externer
Fachdienste weitere hilfreiche Handlungsmöglichkeiten dar.
10. Literaturhinweise und Quellen:
- Walk L.M./Evers W.F.: FEX. Förderung exekutiver Funktionen. Wissenschaft, Praxis,
Förderbeispiele. Wehrfritz 2013
- Pfreundner, Michael: kindergarten heute spezial: Auffälliges Verhalten von Kindern
aus systemischer Sicht. Verlag Herder 2015
- Wölfl,E.: Kindern einen sicheren Halt geben. siehe: aktueller MSH-Rundbrief
Zusammengestellt von:
Rosa Zieglgänsberger, MSH
unter Mitarbeit von Sarah Schrödl, Koordinatorin für den Bereich Verhalten am SFZ und Bri-
gitte Göttler, MSH und Konrektorin
alle tätig am SFZ Pestalozzischule Neuötting
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 30
Dr. Angelika Trattnig, Geschäftsführerin IPpG
Präventionsprogramm „Mit mir nicht!“
für alle Förderschulen in Bayern, die Lehrkräfte im
Rahmen der MSH einsetzen bzw. Gruppen als SVE
eingerichtet haben
Vor dem Hintergrund, dass die Gestaltung gesunder
Lebenswelten und Lebensweisen nicht früh genug be-
ginnen kann und dass daher vor allem die Kindergärten
in ihrem Bemühen zu unterstützen sind, Kindern eine
standardisierte, qualitätsgesicherte und altersadäquate
Gesundheitserziehung angedeihen zu lassen, um sie vor
physischen und psychischen Beeinträchtigungen zu bewahren, stellt der Landesverband
Bayern der Betriebskrankenkassen in Abstimmung mit dem Bayerischen Sozialministerium
in einem seit November 2011 laufenden Projekt (nach den Grund- und Förderschulen) auch
allen 6.600 Kindergärten in Bayern kostenlos das Präventionsprogramm „Mit mir nicht!“ zur
Verfügung. Gefördert wird diese wichtige Maßnahme vom Bayerischen Gesundheitsministe-
rium aus Mitteln des Fonds Gesund.Leben.Bayern.
Auf Grund der vor allem im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung gemach-
ten positiven Erfahrungen regte das Referat Fachliche Angelegenheiten der Förderschulen
im Bayerischen Kultusministerium (MinRat Erich Weigl) an, auch die in der Mobilen Sonder-
pädagogischen Hilfe tätigen Lehrkräfte der Förderschulen in die Fortbildungskonzeption die-
ses nach den Grundsätzen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelten Präventi-
onsprogrammes einzubeziehen.
Mittlerweile sind – dieser Anregung folgend – die finanziellen und organisatorischen Voraus-
setzungen geschaffen worden, um alle Förderschulen in Bayern, die Lehrkräfte im Rahmen
der mobilen sonderpädagogischen Hilfe (msH) einsetzen bzw. Gruppen als schulvorberei-
tende Einrichtung (SVE) eingerichtet haben, mit den Materialien des Präventionsprogram-
mes „Mit mir nicht!“ auszustatten.
Dies geschieht in etwa 1 1/2 Stunden dauernden Workshop-Einheiten, die in Abstimmung
mit den Regierungsreferenten vom 13. bis zum 16. Juli 2015 in den Regierungsbezirken Mit-
telfranken, Schwaben und Oberbayern sowie vom 20. bis zum 22. Juli in den Regierungsbe-
zirken Oberfranken, Oberpfalz und Niederbayern abgehalten werden.
In deren Rahmen wird jeweils eine msH / SVE-Lehrkraft jeder dieser Fördereinrichtungen mit
dem Programm und den in den Boxen enthaltenen pädagogischen Hilfsmitteln vertraut ge-
macht und nimmt danach die Materialien-Box für die jeweilige Einrichtung in Empfang.
Präventionsprogramm „Mit mir nicht!“
für die pädagogischen Fachkräfte und Mitarbeiter(innen) in allen Kindergärten Bay-
erns zur Förderung der psychischen Gesundheit durch die Stärkung von Selbstbe-
wusstsein, Selbstwertgefühl und Lebenskompetenz.
Projektansatz und -inhalte
Der hauptsächliche Wirkungsansatz des Projektes liegt in der Vermeidung von Belastungen
oder Risiken und in der Förderung von Gesundheit (Primärprävention).
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 31
Zahlreiche Studien zeigen, dass junge Menschen nur unzulänglich mit den ihnen entspre-
chenden Lebenskompetenzen ausgestattet sind. Das heißt, dass sie häufig weder zu
einem angemessenen Umgang mit ihren Mitmenschen noch mit Problemen und Stress-
Situationen im täglichen Leben in der Lage sind.
Wenngleich man normalerweise annehmen könnte, dass unsere Kinder soziale Kompetenz
durch die Erziehung im Elternhaus sowie in Kindergarten und Schule erwerben, so gelingt es
offensichtlich nur eingeschränkt, sie mit diesen Schlüsselqualifikationen für ihre Entwicklung
auszustatten. Allgemeine Veränderungen in der Gesellschaft – wie z. B. in den Familien-
strukturen – bringen es mit sich, dass dieser Sozialisierungsprozess oftmals nicht auf wün-
schenswerte Weise positiv gestaltet wird.
Um diesem Trend entgegenzuwirken und weil die Förderung der Lebenskompetenz eine
wirksame präventive Maßnahme zur Stärkung der psychischen Gesundheit darstellt, sollen
mit dem nach den Grundsätzen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelten Prä-
ventionsmodell „Mit mir nicht!“ landesweit in den Kindergärten alle in diese Richtung gehen-
den pädagogischen Möglichkeiten mobilisiert werden.
Kurzzusammenfassung (Hintergrund, Ziele, Zielgruppe, Umsetzung)
Hintergrund
Da die Gestaltung gesunder Lebenswelten und Lebensweisen nicht früh genug beginnen
kann, sind vor allem die Kindergärten in ihrem Bemühen zu unterstützen, Kindern eine stan-
dardisierte, qualitätsgesicherte und altersadäquate Gesundheitserziehung angedeihen zu
lassen, um sie vor physischen und psychischen Beeinträchtigungen zu bewahren.
Projektziel
Die Erzieher(innen) der Kindergärten sollen mit Hilfe des nach den Grundsätzen der Weltge-
sundheitsorganisation (WHO) entwickelten Präventionsprogrammes die ihnen anvertrauten
Kinder durch Vermittlung eines positiven Lebensgefühls und durch die Stärkung von Selbst-
bewusstsein, Selbstwertgefühl und Lebenskompetenz in ihrer psychischen Gesundheit för-
dern und sie damit davor bewahren, in ihrem späteren Leben Opfer von psychischen Stö-
rungen, Abhängigkeiten, Gewalt, Sucht oder Drogen zu werden.
Die Kinder werden dabei auf eine eigenverantwortliche Auseinandersetzung mit Konflikt- und
Risikosituationen vorbereitet, damit sie
- nicht Opfer psychischer und physischer Gewalt sowie sexuellen Missbrauchs werden,
- sich den Verlockungen verschiedenster Suchtformen zu widersetzen wissen,
- erkennen, wie sie sich dem Konsumdruck entziehen können, um nicht schon in jun-
gen Jahren Opfer von Abhängigkeit und Verschuldung zu werden,
- sich nicht der Gefahr von Essstörungen aussetzen,
- drohende Gefahren rechtzeitig erkennen und – wenn nötig – Hilfe holen.
Zielgruppe
Die pädagogischen Fachkräfte und Mitarbeiter(innen) in allen ca. 6.600 Kindergärten in Bay-
ern und die von ihnen betreuten Kinder mit ihren Familienangehörigen.
Umsetzung
Das Projekt „Mit mir nicht!“ umfasst folgende Bausteine:
- Eine Materialien-Box – enthält mehr als 20 verschiedene Materialien mit über 70
Spielanleitungen, die es den Erzieher(inne)n ermöglichen, mit den Kindern spielerisch
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 32
ein verstärktes Körper- und Selbstbewusstsein, eine verbesserte Gefühlswahrneh-
mung
und ein ausgewogenes Selbstwertgefühl zu erarbeiten;
- ein Handbuch mit einer Fülle wertvoller Anregungen für die praktische Anwendung
des „Mit mir nicht!“-Programmes; einen online zugängigen „E-Tutor“ – d. i. ein digita-
ler Fortbildungs-Workshop für die erzieherische Praxis, der neben anschaulichen Vi-
deos mit Szenen aus dem spielerischen Geschehen im Kindergarten auch Hinweise
und Gestaltungshilfen (Videosequenzen) für die Gestaltung einer Informations-
Veranstaltung enthält, in der Eltern mit den Zielen und den Inhalten des Präventions-
programmes „Mit mir nicht!“ vertraut gemacht werden können und
- Fortbildungen: Die Leiter(innen) aller Kindergärten werden in Absprache mit der Kin-
dergarten-Aufsicht der Jugendämter in den Landkreisen und Städten zu einer etwa 1
1/2 Stunden dauernden Fortbildungsveranstaltung eingeladen. Dabei wird mit den
Grundsätzen und Methoden dieser gezielten Präventionsarbeit vertraut gemacht und
es werden die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der in den Boxen enthaltenen
pädagogischen Hilfsmittel erörtert.
Berücksichtigung spezifischer Eigenschaften der Zielgruppe
Da die pädagogischen Fachkräfte und Mitarbeiter(innen) von der Qualität ihrer Ausbildung
her und auf Grund ihrer praktischen Erfahrung qualifiziert und prädestiniert sind, die in Bil-
dungs- und Erziehungsplänen definierten Aufgaben im Kindergarten zu verwirklichen, ist es
ein wichtiger innovativer Ansatz der „Mit mir nicht!”-Präventions-Strategie, dass es grund-
sätzlich nicht der Mitwirkung fremder Experten bedarf, wenn Erzieher(innen) mit Kindern zur
Ich-Stärkung und zur Vermittlung von Lebenskompetenz arbeiten möchten, und dass – im
Gegensatz zu anderen Programmen – außer den oben erwähnten Fortbildungsveranstaltun-
gen auch keine zeitintensive Zusatzausbildung nötig ist, um Hilfsmittel und Spielanregungen
der Kinderschutz-Box in die pädagogische Arbeit zu integrieren.
Praktische Erfahrungen
In den Jahren 2006/07 haben der Landesverband Bayern der Betriebskrankenkassen und
das Bayerische Kultusministerium in einer ersten Projektstufe alle 2.900 Grund- und Förder-
schulen und die über 200 Seminarleitungen in Bayern mit den Materialien des Präventions-
programmes "Mit mir nicht!" ausgestattet.
Beurteilungen aus dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus:
" 'Mit mir nicht!' bietet eine außergewöhnliche Chance, die vorbeugende Erziehungs- und
Bewusstseinsarbeit in den Schulen zu stärken."
(Staatsminister Siegfried Schneider)
“Die Rückmeldungen der Lehrkräfte und der beteiligten Schulräte belegen ein sehr großes
Interesse. Lehrerinnen und Lehrer waren begeistert, u. a. weil sie ohne große Vorberei-
tungsarbeiten sofort die Spielideen in ihre Unterrichtspraxis einbinden konnten. Die positiven
Auswirkungen auf die soziale Entwicklung der Kinder in der Klasse sind umgehend zu be-
obachten.”
(RDin Anne Blank, Referat IV.1 Grundschulen)
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 33
"Bisherige Erfahrungen im Bereich der Grund- und Förderschule zeigen, dass dieses Pro-
gramm vor allem im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung sehr positive
Ergebnisse zeigt. Es freut mich daher, dass die Kinder in den Kindergärten auch in den Ge-
nuss dieses Projektes kommen sollen."
(MR Erich Weigl, Referat IV.7 Fachliche Angelegenheiten der Förderschulen)
Eindrucksvoll bestätigt wird die allgemein positive Einschätzung des „Mit mir nicht!“-
Programmes durch die Ergebnisse seiner im Jahr 2009 durchgeführten wissenschaftlichen
Evaluation.
Kenntnis zur Effektivität derartiger Maßnahmen aus der Literatur:
„Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass allgemeine Lebenskompetenzen (Selbst-
wahrnehmung, Empathie, kreatives und kritisches Denken, Entscheidungs- und Problemlö-
sefähigkeit, Gefühls- und Stressbewältigung, Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit)
wichtige Ressourcen darstellen, um Alltagsbelastungen und entwicklungstypische Anforde-
rungen angemessen bewältigen zu können und nicht auf Risikoverhalten zurückgreifen zu
müssen. In der Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung wird die Förderung von
Lebenskompetenzen deshalb als wichtige Strategie der Primärprävention erachtet …“
(Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln)
Wissenschaftliche Begutachtung des Projektes im Auftrag des Bayerischen
Sozialministeriums:
„Aus Sicht des Staatsinstituts für Frühpädagogik ist die Einführung der Kinderschutz-Box ‚Mit
mir nicht!’ in bayerischen Kindergärten als universelles Präventionsangebot zur Stärkung des
kindlichen Selbstwertgefühls und seiner emotionalen Resilienz gegen Sucht und Gewalt
grundsätzlich zu befürworten.
Das Programm zielt auf Bereiche ab, die den im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan
definierten Basiskompetenzen entsprechen, insbesondere den personalen (Selbstwertgefühl,
positives Selbstkonzept) und den sozialen Kompetenzen (u. a. Perspektivenübernahme,
Kommunikationsfähigkeit). Die Förderung emotionaler Kompetenzen (Emotionsausdruck,
Emotionswissen und Emotionsregulation) stellt einen zentralen Bestandteil der Bildungs- und
Erziehungsarbeit im Kindergarten dar (vgl. auch Bildungsplan, Kapitel 7.2) und könnte durch
die Materialien und Anregungen wesentlich unterstützt werden. Aus den ersten Rückmel-
dungen der Erzieherinnen geht hervor, dass durch die ansprechenden Materialien und
Spielanregungen der Zugang zur Gefühlswelt der Kinder sowie der Austausch darüber
erleichtert werden.“
(Bewertung des Projektes durch das Staatsinstitut für Frühpädagogik vom 25.5.2007)
Strategie und Programm „Mit mir nicht!“ bzw. die gleichnamige Materialien-Box zur Förde-
rung der psychischen Gesundheit wurden von Dr. Angelika Trattnig und Wolfgang Czech /
Institut für Prävention und psychologische Gesundheitsförderung OG (IPpG) in zwei aufei-
nander abgestimmten altersadäquaten Versionen für den Gebrauch in Kindergärten bzw. in
Grundschulen entwickelt.
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 34
Informationen:
Institut für Prävention und psychologische Gesundheitsförderung OG,
Rainbergstraße 3a, A-5020 Salzburg bzw. Mozartstraße 63/2, A-9020 Klagenfurt, Österreich,
Tel. +43-463-21 7 93, Fax +43-662-234 666 606, Mobil: +43-664-462 59 12,
E-mail: [email protected].
Dr. Angelika Trattnig, Geschäftsführerin IPpG
weiterführende Literaturhinweise:
Barnow, S. et al (Hrsg.): Von Angst bis Zwang. Ein ABC der psychischen Störungen: For-
men, Ursachen und Behandlung. Verlag Hans Huber, Bern 2008.
Kubinger, K. et al (Hrsg.): Psychologische Diagnostik in Fallbeispielen. Hogrefe Verlag, Göt-
tingen 2010.
Petermann, F. (Hrsg.): Fallbuch der klinischen Kinderpsychologie. Band 12. Hogrefe Verlag,
Göttingen 2009.
Institut für Prävention und psychologische Gesundheitsförderung OG Salzburg – Klagenfurt
(IPpG)
12. Mai 2015
Brigitte Göttler
Respektvoll miteinander sprechen - Konflikten vorbeugen 10 Trainingsmodule zur gewaltfreien Kommunikation in der Grundschule
Von der Wolfssprache zur Giraffensprache
Evelyn und Sven Schöllmann, Melanie Kirchgessner (Illustration)
Verlag an der Ruhr 2014 ISBN 978-3-8346-2477-2
Der amerikanische Psychologe Marshall B. Rosenberg eröffnet
mit seinen Arbeiten zur Gewaltfreien Kommunikation (GFK)
Möglichkeiten, auch im Konfliktfall die respektvolle Verbindung zu
anderen zu halten und Streit konstruktiv zu lösen.
Basierend auf den vier Schritten der Gewaltfreien Kommunikati-
on: Beobachtung (Was sehe ich? Was höre ich?), Gefühl (Wie
geht es mir?), Bedürfnis (Was brauche ich?) und Bitte (Wie kann mein Bedürfnis erfüllt wer-
den?) baut sich das „Giraffenprojekt“ aus 10 Modulen auf. Die Giraffe, das Landtier mit dem
größten Herzen, wie auch der Wolf, der für Angriff, Schuldzuweisung und unfreundlichen
Umgang steht, dienen als Symbolfiguren (Sie sind als Handpuppen erhältlich). Der „Gilf“ ist
ein Mischwesen aus Giraffe und Wolf. Er ist auf anschaulichen Gilfkarten (Ausschneidebo-
gen, Kopiervorlage) als Repräsentant für unterschiedlichste Gefühle dargestellt.
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 35
Die 10 Module können als Projekt oder verteilt auf das Jahr umgesetzt werden. Ideen, Lie-
der, Spiele sowie Wahrnehmungsübungen aus dem Giraffenprojekt lassen sich unabhängig
von der Einführung der „Giraffensprache“ nutzen, um in der Schulklasse/Kindergruppe eine
verbindende Atmosphäre zu fördern.
Modul 1: Wir lernen Giraffe und Wolf kennen
Modul 2: Wir werden zum Wolf und zur Giraffe
Modul 3: Wir lernen Giraffen- und Wolfssprache kennen
Modul 4: Wir lernen, Gefühle auszudrücken
Modul 5: Wir reden über Gefühle
Modul 6: Unsere Gefühle und Bedürfnisse stehen in Verbindung
Modul 7: Unsere Bedürfnisse, die Schlüssel zur Konfliktlösung
Modul 8: Schritt für Schritt Konflikte lösen
Modul 9: Wir äußern Wünsche und Bitten
Modul 10: Wir sagen Danke
Die Module beinhalten Lieder (CD im Buch), Spiele, Bewegungs- und Körperwahrneh-
mungsübungen, Meditationen und Rollenspiele. Intensiver sprachlicher Austausch ergibt sich
aus ihrem Gestaltungsaufbau. Viele Kopiervorlagen geben Anregungen und erleichtern die
Vorbereitung.
Für jedes Modul werden die erwünschten Ziele genannt, das benötigte Material und die Vor-
bereitung werden genau aufgelistet. Dann ist der erprobte Verlauf des Moduls in Einzelschrit-
ten mit ungefähren Zeitangaben detailliert aufgeführt. Dabei machen anfangs vorgestellte
Symbole, z.B. für Kopiervorlagen, „weitere Utensilien“ oder die Audio-CD alle Teilschritte
sehr übersichtlich.
Das Projekt ist zwar für die Grundschule konzipiert und enthält auch Elemente, die erfordern,
dass die Zielgruppe lesen und schreiben kann, dennoch ist die „Giraffensprache“, etwas ver-
einfacht, durchaus in Kindertagesstätten oder Schulvorbereitenden Einrichtungen sinnvoll.
Für guten Umgang mit Gefühlen, gewaltfreies Austragen von Konflikten und den Erwerb der
nötigen sprachlichen Voraussetzungen, um Bedürfnisse angemessen auszudrücken, sind
Kinder schon früh zu sensibilisieren. Wenn sich, zumindest in Ansätzen, eine „giraffische
Haltung“ entwickelt, trägt diese nicht nur innerhalb der Kindergartengruppe oder Schulklasse
zu gewaltfreiem und wertschätzendem Miteinander bei, sondern kann als Lebenshaltung
auch in anderen Bezügen bereichernd sein.
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 36
Silvia Jachthuber-Kirmeier, MSH-Koordinatorin
Kindergarten plus – ein Bildungs- und Präventionsprogramm der deutschen Liga für das Kind
Was ist Kindergarten plus?
Kindergarten plus ist ein Bildungs- und Präven-
tionsprogramm zur Stärkung der kindlichen
Persönlichkeit und richtet sich an vier- bis
5jährige Kinder in Kitas. Das Programm besteht
aus neun Bausteinen (Modulen) und weiteren
Elementen, die in einer Gruppe von acht, ma-
ximal 12 Kindern, durchgeführt werden.
Welche Ziele hat das Programm?
Kindergarten plus hat das Ziel, die soziale, emotionale und geistige Bildung der Kinder zu
stärken und zu fördern. Unter Berücksichtigung der individuellen Fähigkeiten der Kinder wer-
den die für den Lernerfolg im Kindergarten und im späteren Leben unverzichtbaren Basisfä-
higkeiten gefördert: >Selbst- und Fremdwahrnehmung, >Einfühlungsvermögen,
>Selbstregulation und Selbstwirksamkeit, >Konflikt- und Kompromissfähigkeit, >Be-
ziehungsfähigkeit und >Selbstwertgefühl.
Was ist der wissenschaftliche Hintergrund?
Der dem Programm zugrunde legende Bildungsbegriff orientiert sich an wissenschaftlichen
Erkenntnissen aus Neurobiologie und Humanwissenschaften, dass jedem geistigen Lern-
schritt ein emotionaler Entwicklungsschritt vorausgeht. Bildung heißt daher, Kinder gleicher-
maßen körperlich und geistig, emotional und sozial zu fördern. Studien mit Grundschulkin-
dern zeigen, dass Erfolg oder Misserfolg in hohem Maße davon abhängen, inwieweit zuvor
emotionale und soziale Fähigkeiten ausgebildet werden konnten.
Wie ist der genaue Ablauf?
In den neun Bausteinen geht es um die Themen Körper, Sinne, Gefühle, Beziehungen,
Grenzen und Regeln. In Spielen, Übungen, Gesprächen, Bewegung, Liedern und mittels
kreativer Methoden werden die Kinder angeregt, sich selbst und andere mit ihren Eigenarten
wahrzunehmen, ihre Gefühle auszudrücken und zu benennen, Körperbewusstsein zu entwi-
ckeln, die eigenen Sinne zu erfahren und Konflikte gewaltfrei zu lösen.
Zwei Spielfiguren begleiten die Kinder durch das Programm – ein Mädchen und ein Junge
mit Namen Tula und Tim. Nach Ablauf jeden Moduls können sich die Kinder als Bestätigung
ihrer Teilnahme eine Holzperle aussuchen. Zum Abschluss erhalten sie eine kindgemäße
Lerndokumentation in Form einer Lerngeschichte.
Vor Beginn und zum Abschluss von Kindergarten plus findet ein Elternabend/-vormittag statt.
Die Eltern bekommen schriftliche Informationen über Ziele und Inhalte des Programms, neun
thematisch auf die Module bezogene Elternbriefe und eine CD mit den Liedern.
Welchen Zeitrahmen hat Kindergarten plus?
Die einzelnen Module sollten im wöchentlichen Rhythmus durchgeführt werden. Für das ge-
samte Programm sind in der Regel drei bis vier Monate einzuplanen.
Wer führt Kindergarten plus durch?
Das Programm wird von einem/einer Trainer/in durchgeführt, d.h. einem/einer Erzieher/in,
der/die in einer zweitägigen Fortbildung dafür geschult worden ist. Der/die Gruppenleiter/in
oder Bezugserzieher/in übernimmt die Beobachtung und Dokumentation.
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 37
Wer hat Kindergarten plus entwickelt?
Kindergarten plus wurde von der Deutschen Liga für das Kind entwickelt. Die Liga ist ein
Netzwerk zahlreicher Verbände und Organisationen aus dem Bereich der frühen Kindheit. Zu
den mehr als 250 Mitgliedsorganisationen gehören wissenschaftliche Gesellschaften, kin-
derärztliche und -psychologische Vereinigungen, Familien- und Jugendhilfeverbände und
zahlreiche Lions Clubs. Ziel der Liga ist es, die seelische Gesundheit von Kindern zu fördern
und ihre Rechte und Entwicklungschancen in allen Lebensbereichen zu verbessern.
Kindergarten plus gibt es seit 2008 (in Niedersachsen), wird bundesweit in bisher 1.300 Kin-
dertageseinrichtungen durchgeführt (Stand 2012) und laufend intern evaluiert und weiterent-
wickelt.
Wie hoch sind die Kosten?
Die Kosten für die Einführung (Schulung) des Programms in einer Einrichtung betragen 900;-
Euro, die der Förderer(z.B. Lions Club) übernimmt, sowie 80;- Euro Materialkostenanteil für
die Einrichtung. Im Gesamtpaket sind enthalten:
>Fortbildung (2 Tage) für mehrere ErzieherInnen
>Kindergarten plus – Handbuch inkl. CD-Rom und weitere Arbeitshilfen für Fachkräfte
>Handpuppen Tula und Tim (Größe ca. 55 cm)
>Umfangreiche Bildmaterialien
>Kinderlieder CDs
>Tragetasche mit weiteren pädagogischen Materialien
>Informationen und Materialien für die Eltern
>Film „Klug sein allein genügt nicht. Kinder brauchen emotionale Intelligenz“
>Lerngeschichten und Evaluationsbogen Kindergarten plus
Wo nehme ich Kontakt auf?
Weitere Informationen gibt es auf www.kindergartenplus.de oder auch über den nächsten
Lions Club in der Nähe.
Eigene Erfahrungen
Aus unserem Förderzentrum nahmen vier SVE- sowie wir beiden MSH-Kolleginnen zusam-
men mit Erzieherinnen aus drei verschiedenen Kindertagesstätten an der zweitägigen Fort-
bildung Kindergarten plus teil. Diese wurde von dem örtlichen Lions Club finanziert (ein-
schließlich Verpflegung!) und von einer Sozialpädagogin der deutschen Liga für das Kind
sehr kompetent und anschaulich durchgeführt.
Inzwischen wurde das Programm auch in den SVEs ausprobiert und umgesetzt. Durch die
personellen Bedingungen in der SVE ist es leider nicht, wie eigentlich vorgesehen, möglich,
dass eine Kollegin das Programm durchführt und die Gruppenleitung beobachtet und doku-
mentiert. Trotz dieses Mankos haben wir festgestellt, dass es sich umsetzen lässt und sich
für entwicklungsverzögerte sechsjährige Kinder sehr gut eignet. Die Puppen und Materialien
sind sehr ansprechend und haben einen großen Aufforderungscharakter.
Durch die Regelmäßigkeit der Durchführung über den Zeitraum von drei bis vier Monaten -
oder auch länger, (da einzelne Module sehr lang sind und deshalb geteilt werden sollten!!!!)
lässt sich sehr gut eine positive Entwicklung des Verhaltens in der Gruppe beobachten.
Ebenso positiv waren einerseits die Materialien für die Eltern, sowie andererseits auch die
Zusammenarbeit und die Resonanz der Eltern zu diesem Projekt.
Fazit:
Kindergarten plus eignet sich auch sehr gut für die emotionale-soziale Förderung in der
Schulvorbereitenden Einrichtung!
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 38
Silvia Jachthuber-Kirmeier, MSH-Koordinatorin
Mutig werden mit Til Tiger
ein Ratgeber für Eltern, Erzieher und Lehrer von schüchternen Kindern
von Sabine Ahrens-Eipper und Katrin Nelius
Ziel und Aufbau des Ratgebers
Der Ratgeber richtet sich an Eltern und Be-
zugspersonen von Jungen und Mädchen im
Alter zwischen 3 und 12 Jahren.
Ziel dieses Ratgebers ist es, Ihnen Informati-
onen über Schüchternheit und soziale Ängste
im Kindesalter zu vermitteln und Hilfen bei
der Unterstützung und Förderung der be-
troffenen Kinder zu geben.
Grundlage des Ratgebers
Grundlage dieses Ratgebers bilden die jahre-
langen Erfahrungen der Autorinnen aus der
Arbeit mit sozial unsicheren Kindern und deren Eltern im Rahmen des Trainingsprogramms
„Mutig werden mit Til Tiger“. Das Training wird im deutschen Sprachraum an vielen Bera-
tungsstellen, psychotherapeutischen Praxen, sozialpädiatrischen Zentren und Kinderschutz-
zentren angeboten.
Ziel des verhaltenstherapeutischen Trainings ist es, sozial unsicheren Kindern mehr Selbst-
bewusstsein zu vermitteln. In zwei Einzelstunden und neun Gruppenstunden wird mit den
Kindern selbstsicheres Verhalten praktisch geübt. Alltägliche Situationen, in denen die Kin-
der unsicher sind oder die ihnen Angst machen, werden praktische Handlungsstrategien
vermittelt. Dabei werden immer schwierigere Situationen gewählt und Bewältigungsstrate-
gien mit den Kindern erarbeitet und eingeübt. Die in den Stunden neu erlernten Fertigkeiten
sollen zu Hause und in anderen alltäglichen Situationen praktisch umgesetzt werden.
Die Hauptfigur des Trainingsprogramms ist Til, ein schüchterner Tiger, der sich viele Dinge
nicht traut und sich gemeinsam mit den Kindern vornimmt, etwas Neues zu lernen und es
auszuprobieren. Durch ihn werden den Kindern die Elemente des Trainingsprogramms ver-
mittelt.
Der Schwerpunkt der Intervention liegt gezielt auf praktischen Übungen und dem Verhal-
tensaufbau. Die Wirksamkeit dieses Trainingsprogramms wurde in einer kontrollierten Grup-
penstudie nachgewiesen(Ahrens-Eipper & Leplow 2004; Ahrens-Eipper 2003)
Inhaltsverzeichnis (Kurzform)
1 Einführung
2 Normale Ängste im Kindesalter
3 Folgen der sozialen Unsicherheit/Schüchternheit
4 Diagnosen und Störungsbilder
5 Erklärungsmodelle – Wie kommt es zu den Ängsten?
6 Was tun? - Praktische Hilfen
Jedes Kind kann mutig werden
Das Besondere an diesem Elternratgeber ist eine neue Sichtweise auf sozial unsichere Kin-
der, die den Eltern vermittelt werden soll. Für die Kinder wurde im Training ein schüchterner
Tiger als Identifikationsfigur gewählt, denn ein Tiger kann auf jeden Fall mutig werden.
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 39
Die Autorinnen möchten die Eltern auf eine Entdeckungsreise mit Ihrem Kind schicken, in
deren Verlauf Sie erleben können, dass auch in Ihrem Kind ein Tiger steckt, der nur darauf
wartet, mutig und selbstbewusst zu werden.
Der Schwerpunkt des Ratgebers liegt gezielt auf einem neuen und förderlichen Umgang mit
dem Kind vor, in und nach angstbesetzten Situationen. Es gibt viele Anregungen und Tipps
wie man in Alltags- und Krisensituationen vorgehen könnte, um sie gemeinsam mit dem Kind
zu bewältigen.
Im Anhang des Ratgebers findet man die Geschichte von Til Tiger, sowie eine Kopiervorlage
„Wanderkarte“ (Motivations- und Erfolgsplan) für das/die Kind/er und eine Vorlage für ein
Elterntagebuch.
Zusätzlich gibt es die Geschichte auch als Hörspiel (ISBN 978-3-8017-1822-0).
Sie ist zur Unterstützung der Fortschritte des Kindes gedacht. Dabei kann es auch die Pro-
gressive Muskelentspannung erlernen, die es dann selbständig in alltäglichen Stresssituatio-
nen einsetzen kann.
Weitere Informationen gibt es unter www.til-tiger-training.de
Susanne Debold, Heilpädagogin B.A., am SFZ Fürstenfeldbruck
Die Kieselschule ein Programm zur nonverbalen, musikalischen Gewaltprävention
Betritt man zu Beginn einer ersten Stunde den Gang unserer Vorschulkassen in der SVE der
Pestalozzischule in Fürstenfeldbruck, so tönen dem sich nähernden Besucher rhythmische
Klopfgeräusche entgegen. Es ist „Kieselstunde“. Zehn Mädchen und Buben aus acht Natio-
nen stehen oder sitzen im Kreis, halten je einen runden und einen flachen Kieselstein in den
Händen und musizieren und spielen nonverbal mit Kieseltönen und in Kieselsprache, wie die
Kinder dies nennen.
Die Kieselschule wurde 2007 von einem Team aus Musikern, Medizinern und Psychologen
des Heidelberger Präventionszentrums (HPZ) zur Förderung gewaltpräventiver Kompeten-
zen bei Vor- und Grundschulkindern entwickelt. Dieses private Institut bietet Fortbildungen,
Programme und Seminare zur Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen und zur Präven-
tion von aggressivem Verhalten und Essstörungen von Kindern und Jugendlichen für päda-
gogische Fach- und Führungskräfte und Eltern an. Aus dem HPZ-Angebot ist das „Faustlos“-
Programm sicher vielen Kollegen bereits ein Begriff.
Das Curriculum der Kieselschule umfasst 26 Lektionen, in denen kindgerecht und auf spiele-
rische Art Kompetenzen wie Empathiefähigkeit, Impulskontrolle, Durchsetzungsfähigkeit,
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 40
Selbstbewusstsein, Beruhigungsfähigkeit und Kreativität gefördert werden. Die Steine, die oft
mit Gefühlen wie Wut, Gewalt, Aggression und Kampf in Verbindung gebracht werden, wer-
den hier zu Instrumenten des Miteinanders, des Gefühlsausdrucks, der Kommunikation und
der Kreativität.
Der musikalische Zugang, in diesem Programm ermöglicht es den Kindern in unserer SVE
prosoziales Verhalten mit musikalischen Mitteln zu üben und problematisches Verhalten
wieder zu verlernen, ohne dass dazu Sprache notwendig ist. Dies ist auch angesichts der
vielen Sprachen und Nationalitäten in unserer Klasse sehr hilfreich.
Zur Umsetzung: Die Kinder halten in jeder Hand je einen Stein. Der Klangkiesel (liegt bei
Rechtshändern in der linken Hand) wird dabei so gehalten, dass in der hohlen Hand ein Re-
sonanzraum entsteht. Mit dem zweiten Stein, dem Spielkiesel, wird nun auf den Klangkiesel
geklopft. Dabei entstehen unterschiedliche Klänge und Rhythmen, je nach Frequenz und
Stärke der Schläge. Tonhöhen lassen sich durch eine Veränderung des Resonanzraumes,
durch Abspreizen von Fingern der Hand, die den Klangkiesel hält, variieren. Die Kinder wer-
den nun dazu angeleitet, vom Spielleiter vorgegebene Rhythmen zu hören, zu erkennen und
diese zu imitieren. Ich persönlich ergänze die Anregungen des Anweisungsheftes, durch
Rhythmen aus dem Orff-Schulwerk, und aus dem Konzept von „Spielen mit Musik“ nach
Pierre van Hauwe, da sich die genannten Programme gut ergänzen. Es entstehen vielfältige
Spielrunden, in denen Spiele wie Telefonieren, Echospiele, Klopfstampf-Spiele entstehen.
Zunächst übt jedes Kind für sich und erlebt sich dabei als aktiver Teil der Klassengemein-
schaft. Von Pierre van Hauwe (einem bedeutenden Niederländischen Musikpädagogen)
fließt in meinen Stunden mit ein, dass kein Kind in seinem Tun korrigiert wird, jedes Kind darf
sich in seinem individuellen Tempo in das gemeinsame Spiel einhören und einfinden, man-
cher kann es gleich, bei anderen dauert es mitunter bis zu einem Vierteljahr. Rhythmen und
Melodien, die geklopft, gestampft, manchmal auch getanzt werden, werden im Laufe der Zeit
variiert und komplexer, die Kinder oft dazu angehalten auch mit geschlossenen Augen mit-
zumachen. Um ein harmonisches Miteinander aufrecht zu erhalten trainieren die Kinder ihre
Impulse zu kontrollieren, zu kooperieren, sich abzustimmen, zu erkennen, wann man an der
Reihe ist, sich zu konzentrieren, einem Rhythmus ausdauernd zu folgen und ihn beizubehal-
ten. Eigene Ideen werden in zunehmenden Maß entwickelt, eingebracht und in den Spiel-
fluss integriert. Tempo- Tonhöhen- und Lautstärkevariationen helfen dazu, dass Entspan-
nung nicht durch kognitive und verbale Strategien, sondern durch körperliches, haptisches
und akustisches Agieren im Miteinander Tun gelingt.
Der Einsatz des Programmes setzt eine fünfstündige Fortbildung beim Heidelberger Präven-
tionszentrum voraus. Termine, ausführliche Informationen und die notwendigen Materialien
können im Internet abgefragt oder bestellt werden.
(www.h-p-z.de, [email protected])
„Der Fluss war in klares Licht getaucht. Die Kiesel auf seinem Grund leuchtete in den präch-
tigsten Farben. Manase betrachtete den Stein in seiner Hand. Ein ganz gewöhnlicher grauer
Stein … Doch in dem Augenblick, als er den nassen Lappen nahm, um ihn zu reinigen, stieg
die Sonne über die Bergspitzen, und der Stein verwandelte sich in einen funkelnden Kristall.“
Hikaru Okuizumi, Das Gedächtnis der Steine
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 41
C.Geiger-Kraus, StRin FS, SFZ München Ost
STOPP – Kinder gehen gewaltfrei mit Konflikten um
Dem Konzept „STOPP – Kinder gehen gewaltfrei mit Kon-
flikten um“ – liegt ein gewaltpräventiver Ansatz zugrunde.
Aber auch Konfliktlösungsstrategien werden eingeübt.
Das Konzept geht von Problemen der Kinder in deren
Lebenswirklichkeit aus (Situationsbilder!).
Es bezieht sich auf die Altersgruppe der Schulkinder 1.-4.
Klasse.
Trotzdem kann es aufgrund der kleinschrittigen Vorge-
hensweise auch bei Vorschulkindern umgesetzt werden.
Ein intensives Einüben ist mit diesem Programm möglich.
Den Kindern sollen Handlungskompetenzen vermittelt
werden, mit denen sie sowohl Konflikte vermeiden können,
wie auch bei Konflikten reagieren können.
Dieser Grundsatz hat folgende Schwerpunkte:
1. Kinder in Konflikten stärken: Es ist nachweislich mühsam, Täter und Opfer ausei-
nanderzuhalten. Ziel ist es, Kindern Sicherheit zu geben im Einschätzen der Situation
und verschiedene Möglichkeiten des Reagierens einzuüben.
2. Eskalationen vermeiden durch konstruktiven Umgang mit eigenen Gefühlen und
Möglichkeiten der Kommunikation bei Streitigkeiten
3. Kinder brauchen adäquate Konsequenzen bei einem Regelverstoß:
Über das klärende Gespräch soll reflektiert werden, welches Verhalten richtig ist.
Durch die gemeinsame Regelerarbeitung und -einübung sind allen Beteiligten die
Bedingungen klar. Es müssen keine erneuten Diskussionen geführt werden.
Es gibt 4 große Themen, welche heißen:
1. Umgang mit Gefühlen
2. Umgang mit Provokationen – Ich bleibe cool - dicke Haut wie ein Elefant; Musik-
stoppspiele, z.B. um Berührungen aushalten zu können
3. Drohende Konflikte stoppen – Stopp Hand – kann gut eingesetzt werden auch mit ge-
ringer Sprachkompetenz
4. Miteinander reden- ohne Schimpfwörter (Friedenstreppe, -teppich)
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 42
C.Geiger-Kraus, StRin FS, SFZ München Ost
Präventionsprogramme
„Lubo aus dem All!“ – Vorschulalter Programm zur Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen
„Lubo aus dem All“ ist ein erprobtes und wissenschaftlich evaluiertes
Programm zur Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen im Vor-
schulalter. Es beruht auf dem aktuellen Stand der Resilienz- und Prä-
ventionsforschung. So hilft es langfristig, kindliche Verhaltensprobleme
zu vermeiden, und schafft gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Bewältigung des Schuleintritts.
Durchführung des Programms
Die 34 Stundeneinheiten von „Lubo aus dem All“ lassen sich über einen Zeitraum vom 3 bis
4 Monaten in den Kindergartenalltag mit einer Gruppe 10-12 Kindern (5 - 6 J.) integrieren.
Durch erlebnisorientierte Spiele und Methoden wird ausgehend von den Ressourcen und
Kompetenzen der Kinder ein Transfer in Alltagssituationen ermöglicht. Besonders die beglei-
tende Geschichte um die Identifikationsfigur LUBO motiviert die Kinder zum Mitmachen.
„Lubo aus dem All“ umfasst ein Praxishandbuch sowie zum Programm gehörende Bilder und
Lieder auf CD, sowie Eltern- und Informationsbriefe auf der CD.
Das Praxismanual beinhaltet 34 genau aufgeführte Stundenverläufe.
Das Programm:
Lubo, ein kleiner Außerirdischer, stößt bei seinen Erkundungsflügen auf der Erde immer
wieder auf Rätsel und Probleme im Umgang mit Menschen und ihren Gefühlen (kennt er
nicht vom Planeten). Die Kinder helfen ihm, auf der Erde besser zurechtzukommen, Freunde
zu finden und Probleme zu lösen (z.B. Lubos Raumschiff wird entführt - er kann nicht mehr
zu den Eltern zurück: belastende Situation - Problemlösekreislauf: Regulation von Emotio-
nen, neues Raumschiff basteln). Die ansprechende Handpuppe Lubo begleitet durch die
Einheiten.
1. Einführung in das Förderprogramm (Rituale, Gruppe, Gefühle kennenlernen- Ge-
fühlswetterbericht - Sonne, Regen, Gewitter, Nebel-Sternenrunde=Wertschätzung)
2. Was ist passiert? (Förderung der Aufmerksamkeit, Wahrnehmung von Personen und
Situationen)
3. Was fühle ich? ( Wahrnehmen, Erkennen, Verstehen von Emotionen und Förderung
der Emotionsregulation - Freundschaft)
4. Was kann ich tun? (Emotionsregulation bei emotional belasteten Situationen- Raum-
schiff ist weg)
5. Was kann ich tun? ( Verhaltensregulation in sozialen Situationen: Verlieren, mit Ent-
täuschungen umgehen.., Abschiednehmen, Ausblick)
Kosten des Programms 99 €, Kosten der Handpuppe 59,90 €
Ein weitere Möglichkeit der Prävention, vor allem zum Kennenlernen und benennen von un-
terschiedlichen Gefühlen ist das Bilderbuch mit Ratgeber
Ein Dino zeigt Gefühle Fühlen – Empfinden – Wahrnehmen
Hier sind 12 Gefühle sehr ansprechend durch einen Dino dargestellt und
können gemeinsam mit den Kindern erarbeitet werden. (Tipp: nur die
wichtigen Gefühle herausarbeiten - Zeigen der 4 Bilder) Ein Ratgeber-Heft
gibt hierzu Anleitung (S.6: Prävention im päd. Alltag - lesen).
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 43
Anita Dirndorfer
Verhaltenstraining im Kindergarten
Ein Programm zur Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen
von Ute Koglin und Franz Petermann
Das 2013 in überarbeiteter Form erschienene Verhaltenstrai-
ning richtet sich an pädagogische Fachkräfte, die mit Kindern
im Alter von drei bis sechs Jahren arbeiten. Es soll gezielt
früh auftretende Verhaltensauffälligkeiten entgegen wirken
und die sozial-emotionalen Kompetenz der Kinder fördern.
Diese frühe Förderung im Kindergarten ist wichtig, da gerade
in dieser Entwicklungsphase prägende und bedeutsame Wei-
chen für den weiteren Lebensweg gestellt werden.
Das Präventionsprogramm will vor allem in den Bereichen emotionale Kompetenz, soziale
Problemlösung und soziale Fertigkeiten umfassend unterstützen. Die Kinder lernen spiele-
risch Gefühle bei sich und anderen zu entdecken und typische Konflikte aus dem Kindergar-
tenalltag leichter zu bewältigen. Sie erarbeiten positive Verhaltensweisen und üben sie im
Rollenspiel ein.
Das Training ist altersgemäß gestaltet und umfasst 25 Einheiten. Die Kinder werden durch
ansprechendes Material zur aktiven Teilnahme motiviert.
Die eingesetzten Leitfiguren, der Delfin Finn und die Meereskinder Sina und Benny, beglei-
ten die Kinder durch das Programm und helfen, eigene Probleme zu bearbeiten.
Die beiliegende CD bietet ausgiebig Bildmaterialien und Arbeitsblätter für die Durchführung
des Trainings. Zusätzlich wird eine Kiste mit Spielmaterialien über die Testzentrale Göttingen
angeboten.
Broschiert, Euro 29,95
AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 44
Stephanie Stockinger
Freiheit in Grenzen
Hier handelt es sich um eine interaktive CD-ROM zur Stärkung
elterlicher Erziehungskompetenzen für Kinder im Vorschulalter.
Verfasst von Klaus A. Schneewind. München: 3c, Creative Communication Concepts GmbH 2003.
Fünf typische Erziehungssituationen werden in treffenden Film-
szenen dargestellt:
"Wo warst Du so lange?"
"So ein Saustall"
"Das ist meins"
"Kann ich das haben?"
"Ich kann das nicht!"
Den Zuschauern werden drei mögliche Reaktionen in szenische Darstellung vorgespielt. Im Anschluss erfolgt die Analyse. Eltern sollen Reaktionen von Kindern verstehen und ihr eige-nes Handeln reflektieren lernen. Grenzsetzung, Eigenständigkeit und elterliche Wertschät-zung sollen dadurch gefördert werden.
Aus dem gleichen Programm ist ebenso eine CD-Rom für Eltern mit Kindern zwischen 5 und
12 Jahren und der Pubertät erschienen.
Das Projekt entstand am Lehrstuhl für Familienpsychologie der Universität München. Weite-
re Informationen können auf der Website www.Freiheit-in-Grenzen.de gefunden werden.
DIAGNOSTIK
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 45
Diagnostik
Bettina Fritzenwenger
Sozial-emotionale Entwicklung in Kuno Bellers
Entwicklungstabelle
Da es relativ wenig diagnostisches Material im Bereich emotionale und soziale Entwicklung im Kindergartenalter gibt, möchte ich dazu gerne Auszüge aus Bellers Ent-wicklungstabelle vorstellen. Sie ermöglicht es, den Entwicklungsstand eines Kindes in 8 verschiedenen Bereichen einzuschätzen. So kann der Vergleich der verschiedenen Bereiche Stärken und Schwächen eines Kindes aufzeigen. Was die Entwicklungstabelle nicht möchte, ist, dass Kin-der mit anderen Kindern gleichen Alters verglichen wer-den. Den einzelnen Phasen sind zwar Altersstufen zuge-ordnet, d.h. aber nicht, dass ein Kind alle Items einer Phase in diesem Alter erfüllen sollte. Die Anwendung der Entwicklungstabelle erfordert etwas Einarbeitung und ist zeitlich umfangreich, kann aber auch von Erzieherinnen im Kindergarten durchgeführt werden. Im sozial-emotionalen Bereich werden folgende Items abgefragt (Ich beschränke mich aus Platzgründen auf die Phasen 10 bis 14). Ein bis zwei Beispiele verdeutlichen jeweils, was unter den einzelnen Items zu verstehen ist (auch diese werden nur exemplarisch aufgeführt, sind aber in der Entwicklungstabelle stets genannt). Phase 10 (3 ½ - 4 Jahre):
- Plant und baut zusammen mit mehreren Kindern Rollen- und Fantasiespiele auf.
Bsp: „Lasst uns Bauernhof/Tankstelle (u.ä.) spielen“ oder „Wir sind alle Ungeheuer“.
- Zeigt Sinn für Humor.
- Kontrolliert negative Gefühle.
- Beteiligt sich an Regelspielen mit mehreren Kindern.
- Drückt spontan Gefühle aus verbal aus.
- Hängt sehr an Dingen, die es im Kindergarten produziert hat.
Phase 11 (4 – 4 ½ Jahre):
- Versucht, Autoritäten einzusetzen, um einer ihr unangenehmen Situation zu entge-
hen.
- Spielt eine halbe Stunde lang für sich allein von der Mutter oder Erzieherin getrennt.
- Bewertet dargestellte Handlungen moralisch.
- Drückt sein Bedauern aus, wenn es einem anderen Kind körperlich weh getan hat.
- Unterscheidet bei den eigenen Handlungen zwischen absichtlichen und unabsichtli-
chen.
- Imaginiert Spielkameraden.
Bsp: Hält Gespräche mit einem unsichtbaren Freund und teilt starke Gefühle mit ihm,
behandelt einen Teddybär o.ä. wie einen echten Spielkameraden und spricht zu ihm
wie zu einem Gefährten.
DIAGNOSTIK
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 46
Phase 12 (4 ½ - 5 Jahre):
- Tauscht und teilt Spielsachen mit anderen Kindern; findet auf dem Weg der Diskussi-
on eine Lösung für die Verteilung von Material.
- Schließt sich gern mit anderen Kindern in kleinen Gruppen (3 bis 4 Kinder) zusam-
men.
- Zieht aus Misserfolgen bestimmte Konsequenzen für zukünftiges Handeln.
- Akzeptiert sachliche Kritik.
- Versucht Eigenverantwortung zu übernehmen.
Bsp: Setzt sich selbst Ziele, sieht Schwierigkeiten teilweise voraus, überfordert sich
manchmal.
- Identifiziert sich mit anderen Personen und ahmt ihre Mimik, Gestik und Sprache
nach.
Phase 13 (5 – 5 ½ Jahre):
- Drückt Selbstkritik aus.
Bsp: Sagt: „Ich habe ein Haus gemalt, aber das Dach ist schief geworden.“
- Organisiert Gruppenspiele und arrangiert sich mit anderen Kindern.
- Unterscheidet zwischen Absicht und Versehen beim Verhalten anderer Kinder.
- Verbalisiert mögliche Konsequenzen seiner Handlung im Voraus.
- Verbalisiert soziale Konfliktlösungen.
- Erkundigt sich spontan nach dem Befinden der Erzieherin.
Phase 14 (5 ½ - 6 Jahre):
- Stellt Fragen über den Tod und spricht über dieses Thema ohne Anlass in der Fami-
lie.
- Beschäftigt sich mit seiner eigenen Identität.
- Interessiert sich für die Kindheit von Erwachsenen.
- Kann verschiedenen Situationen und Ereignissen Gefühle zuordnen.
- Hat Distanz zu sich selbst.
- Redet über Moral und Gerechtigkeit.
Bsp: Denkt laut über moralische Fragen nach: sagt: „Wenn jemand etwas mit Absicht
kaputt macht, dann ist das gemein; wenn jemand aber aus Versehen etwas kaputt
macht, dann ist das nicht gemein.“
Die Auflistung erfolgte mit freundlicher Genehmigung der Autoren. Literatur: E.K. Beller u. S. Beller: Kuno Bellers Entwicklungstabelle, 9. Auflage 2010 www.entwicklungstabelle.de
FÖRDERMATERIAL & LITERATUR
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 47
Fördermaterial & Literatur
Rosa Zieglgänsberger, MSH des SFZ Pestalozzischule Neuötting
Literaturempfehlung:
kindergarten heute wissen kompakt:
Pfreundner, Michael:
Auffälliges Verhalten von Kindern aus syste-
mischer Sicht
Verlag Herder 2015
Preis: 9,95€
(Quelle Bild: www. kindergarten-heute.de/sonderhefte)
Mit dem Sonderheft von „kindergarten heute“ zum Thema „Auffälliges Verhalten von Kindern
aus systemischer Sicht“ (2015) gibt der Diplom-Sozialpädagoge und Paar- und Familien-
therapeut Michael Pfreundner einen Einblick in die Grundlagen einer systemischen Heran-
gehensweise an Verhaltensauffälligkeiten.
Nach einer kurzen Darstellung der Systemtheorie bringt er dieses Wissen in den Kontext des
KiTa-Alltags.
In strukturierten Fallbesprechungen erläutert der Autor mögliche systemische Zusammen-
hänge, Erklärungsansätze und vor allem auch Handlungsmöglichkeiten bei verschiedenen
auffälligen Verhaltensweisen von Kindern im KiTa-Alter.
So werden Vorgehensweisen beschrieben für Aggressivität, Angst, Bindungs- und Tren-
nungsproblemen, Kontaktschwierigkeiten, dominantem Verhalten, Traurigkeit und lustlosem
Verhalten. Ebenfalls in einem Fallbeispiel dargestellt wird schwieriges Verhalten unter Drei-
jähriger.
Aufbauend auf die zu Beginn des Heftes dargestellten theoretischen Grundlagen wird in den
Besprechungen versucht, das Kind in seinem System zu verstehen, seine Entwicklungs-
hemmnisse, aber auch Ressourcen darzustellen und vor allem praktische Handlungsmög-
lichkeiten für den KiTa-Alltag zu beschreiben.
In diesem Kontext stellt Pfreundner außerdem die Merkmale einer systemisch orientierten
Beratung mit Eltern dar und gibt dafür methodische Hinweise. Abschließend stellt er den
Bezug zur Lebenswelt als umfassenden Rahmen her und verweist auf die Aktivierung weite-
rer Fachstellen zur Erweiterung des Unterstützungssystems.
FÖRDERMATERIAL & LITERATUR
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 48
Stephanie Stockinger
Erste Hilfe für traumatisierte Kinder
Andreas Krüger
Erschienen im Kosmos Verlag
„Seelische Verletzungen müssen ebenso sorgfältig wie körperli-
che Wunden behandelt werden. Gerade bei Kindern ist das wich-
tig. Physische Gewalt jeder Art bis hin zu sexuellem Missbrauch,
Unfälle oder der Verlust eines Angehörigen sind kaum zu ver-
kraften und wirken häufig traumatisierend. Andreas Krüger be-
schreibt prägnant, was zu tun ist. Jeder Erwachsene kann Erste
Hilfe leisten.“
Kosmos Verlag
Grundformen der Angst
Fritz Riemann
Erschienen im reinhardt Verlag
Der Psychoanalytiker Fritz Riemann befasst sich in dieser tiefen-
psychologischen Studie mit den Grundformen der Angst.
In seiner Studie beschreibt Riemann, dass die Entwicklung eines
Kindes zum Erwachsenen mit verschiedenen Ängsten verbunden
ist. Jede Entwicklungsstufe hat seine dazugehörige Angst, die
überwunden werden muss.
Unbewältigte Ängste können über Jahrzehnte hinweg den Menschen verfolgen und sein Le-
ben entscheidend beeinflussen. Die Ängste in der Reihenfolge in ihrer Entwicklung bis zum
6. Lebensjahr sind schizoid, depressiv, zwanghaft und hysterisch. Friedmann führt viele Bei-
spiele aus seiner alltäglichen psychotherapeutischen Praxis an, die mitunter einen „Aha-
Effekt“ auslösen können. Betroffene sollten eine Psychotherapie machen.
FÖRDERMATERIAL & LITERATUR
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 49
Stephanie Stockinger-Greß
Bilderbücher und Fachliteratur
Gefühle
Die dumme Augustine, Otfried Preussler, Herbert Lentz Thienemann Verlag
Die Glücksfee, Funke / Hein, Fischer Schatzinsel
Großer Wolf & kleiner Wolf, Olivier Tallec, Gerstenberg
Heute bin ich, Mies van Hout, aracari verlag
Das kleine Blau und das kleine Gelb, Leo Lionni, Ettinger Verlag
Heule Eule, Paul Frister, NordSüd Verlag
Die große Wörterfabrik, Agnès de Lestrade, mixtvision Verlag
Aggression, Wut, Streit
Der Dachs hat heute schlechte Laune, Moritz Petz, NordSüd Verlag
Hinter dem Berg, Jaeckel / Koppers, Bajazzo Verlag
Der Tag an dem Marie ein Ungeheuer war, Kinshofer / Ballhaus, Bajazzo Verlag
Dumme Gans, Blöde Ziege, Isabel Ebedi, Silvio Neuendorf, ars edition
Wo die wilden Kerle wohnen, Maurice Sendak, Diogenes Verlag
Billy und die wilden Bären, Susan Akass, Jane Chapman, Herder Verlag
So war das! Nein, so! Nein, so!, Kathrin Schärer, Beltz Verlag
Wer legt das schönste Ei?, Burny Bos, Nord Süd Verlag
Lügen
Theodor und der sprechende Pilz, Leo Lionni, Middelhauve
Ängste
Ich komm dich holen, Tony Ross, Thienemann Verlag
Gute Nacht, kleiner Fuchs, Alison Green, ellermann Verlag
Die drei Räuber, Tomi Ungerer, Diogenes Verlag
Georg und der Drache, Chris Wormell, Moritz Verlag
Kleiner, schrecklicher Drache, Lieve Baeten, Oetinger Verlag
Mine und der Milchmann, Nicola Bayley, William Mayne, Insel Verlag
Mausemärchen-Riesengeschichte, Annegert Fuchshuber, Thienemann Verlag
Das Traumfresserchen , Michael Ende, Annegert Fuchshuber, Thienemann Verlag
Ich hab ein kleines Problem, sagte der Bär, Heinz Janisch, Silke Leffler, Betz
Monster unter Willis Bett, Angelika Glitz, Imke Sönnichsen, Thienemann Verlag
Lukas und das Eckenmonster, Stefanie Reich, Sauerländer Verlag
FÖRDERMATERIAL & LITERATUR
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 50
Trauer
Die besten Beerdigungen der Welt, von Nilsson, Eva Eriksson, Moritz Verlag
Wenn ich nicht mehr bei dir bin, bleibt unser Stern, von Claude K. Dubois, Brun-
nen Verlag
Der Bär und die Wildkatze, von Komako Sakai, Moritz Verlag
Papa, wo bist du? Von Uwe Saegner, der hospiz Verlag
Scheidung
Fibs versteht die Welt nicht mehr, Jeanette Randerath, Thienemann Verlag
Fachliteratur:
Seelische Störungen im Kindes- und Jugendalter, von Hans-Christoph Steinhau-
sen, Klett-Cotta Verlag
Von den Stärken ausgehen, von Dietrich Eggert, Borgmann Verlag
Kinder bei Tod und Trauer begleiten: Konkrete Hilfestellungen in Trauersituati-
onen für Kindergarten, Grundschule und zu Hause von Petra Hinderer, Ökotopia
Verlag
Psychogene Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen von Annemarie Dührs-
sen, Verlag für medizinische Psychologie
Entwicklungs-Lernen mit kleinen Kindern: AD(H)S und Autistisches Spektrum -
Denkansätze, Förderideen, therapeutische Anregungen von Paula Tietze-Fritz,
Verlag modernes lernen
Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen Erscheinungsformen - Ur-
sachen - Hilfreiche Maßnahmen von Norbert Myschker, Kohlhammer Verlag
Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS): Ein Praxishandbuch für
Therapeuten, Eltern und Lehrer von Vera Bernhard-Opitz, Kohlhammer Verlag
FÖRDERMATERIAL & LITERATUR
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 51
Daniela Mischnik-Sonntag, Diplom-Heilpädagogin (FH), Mobile Sonderpädagogische Hilfe
der Cäcilienschule, Stiftung Kinderhilfe, Fürstenfeldbruck
Kinderbücher zum Thema Tod und Sterben
„Schmetterlingspost“ Ursel Scheffler, Jutta Timm, 2010
arsEdition GmbH , München
ISBN 978-3-7607-2782-0
Dieses Buch eignet sich für Kinder im Vorschul-, Grundschulalter und themati-
siert in erster Linie die kindliche Angst eines Jungen vor dem Tod. Darüber
hinaus gibt es thematisch aber auch Einblicke in den bereits erlebten Verlust, in diesem Fall
den der Großmutter. In der Erzählung werden Perspektiven aufgezeigt, wie das Leben da-
nach weiter gehen kann und zeigt Möglichkeiten der Interaktion auf, um Erinnerungen und
deren tröstende Dimension zu thematisieren. Der Schmetterling wird von der Autorin als
Symbol für die Seele und für Träume genutzt, der Großvater assoziiert damit die „Grüße von
der Oma“. Der Junge als Protagonist dieser Erzählung greift dies auf und entwickelt eigene
Bilder, um seine Trauer zu verarbeiten und Erinnerungen wachzuhalten. Dieses Buch greift
verschiedene Aspekte der Trauerverarbeitung und kindlicher Ängste im Kontext Tod und
Sterben auf und kann aus meiner Sicht somit recht vielfältig eingesetzt werden. Das Buch
enthält weiterführende Internetlinks zum Thema.
„Du bist immer noch bei mir“ Mariko Kikuta , 1998/2003
Carlsen Verlag GmbH, Hamburg
ISBN 3-551-77431-5
Mariko Kikuta thematisiert den Tod aus der Sicht eines Hundes, der seine
menschliche Freundin verloren hat. Sie beschreibt dessen Gefühle in einfa-
chen, fast zärtlichen Worten. Die besondere Schlichtheit ihrer Zeichnungen
unterstreicht die emotionale Tiefe. Dieses Buch berührt, gibt der Traurigkeit und dem Verlust
Raum und zeigt am Ende dennoch tröstende Perspektiven und Möglichkeiten auf, mit dem
Tod und der Trauer umzugehen. Dieses Buch ist auch für kleinere Kinder geeignet.
„Udo ist weg“ Peter Bulo Böhling, 2014
JMB-Verlag, Hannover
ISBN 978-3-944342-99-3
In diesem Buch verarbeitet der Autor den eigenen Verlust des Freundes.
Die Suche nach dem Freund -“Wo konnte er nur sein?“- subsumiert
gleichzeitig die Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse und zeigt insbesondere in den Il-
lustrationen (schwarz weiß vs. bunt) deutlich Ängste, Traurigkeit, Fassungslosigkeit über
diesen Verlust auf. Der Autor versucht seine Frage im Laufe des Buches zu beantworten,
wobei am Ende seine Traurigkeit trotz eines ersten Lächelns bleiben darf. Dieses Buch ist für
Kinder ab dem Vorschul-, Grundschulalter gut geeignet.
FÖRDERMATERIAL & LITERATUR
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 52
„Du wirst immer bei mir sein“ Inger Herrmann, Carme Solè- Vendrell
1999
Patmos Verlag, Düsseldorf
ISBN 3-8289-5981-4
Ein Verkehrsunfall der Familie führt zum Tod des Vaters, der kindliche Prota-
gonist ist selbst verletzt worden und muss im Krankenhaus behandelt werden. Die Illustratio-
nen bekräftigen eindrucksvoll die komplexe Belastung des Jungen. Der Junge kann den Tod
des Vaters zunächst nicht realisieren. Der Familie, insbesondere dem Großvater, gelingt es
am Ende der Erzählung, dem kindlichen Umgang mit dem schweren Verlust zu folgen, den
Tod des Vaters anzunehmen und den Jungen in seinem Umgang mit der Trauer zu bestär-
ken. In diesem Buch werden einerseits die Probleme, vor allem aber die Ressourcen der
gemeinsamen Trauer innerhalb einer Familie deutlich. Durch die literarische Figur der Mut-
ter, besonders aber der des Großvaters wird aus meiner Sicht die Tatsache gestärkt, dass
auch wir Erwachsenen nicht immer gleich und nur eine klare Antwort haben (können und
müssen). Das Buch eignet sich für Kinder im Grundschulalter.
„Hat Opa einen Anzug an?“ Amelie Fried, Jacky Gleich 1997
Carl Hanser Verlag , München, Wien
ISBN 3-446-19076-7
Der Tod des Großvaters wird aus der Sicht und Gedankenwelt eines Jun-
gen erzählt. Die Eltern ringen um „richtige“ Antworten und es wird deutlich, wie schwierig das
ist. Gleichzeitig wird klar herausgearbeitet, dass der Junge seinen Weg sucht und findet, um
mit dem Tod des Großvaters umzugehen. Der Autorin gelingt es sehr gut, die Bandbreite
kindlicher Gedanken und Gefühle in seiner ganzen Vielfalt darzulegen. Die Illustrationen von
Jacky Gleich sind (wie immer) speziell, thematisch passend und eindrucksvoll. Ich kenne
kein Kind und nur einige Erwachsene, die diese Art der Illustration nicht mögen. Das Buch
eignet sich für Kinder ab dem Vorschulalter.
„Und was kommt dann?“ Pernilla Stalfelt, 2000
Das Kinderbuch vom Tod Moritz Verlag, Frankfurt am Main
ISBN 978-3-89565-110-6
Dieses Buch ist anders als die bisher vorgestellten Bücher und eher für älte-
re Kinder geeignet. Das Thema Tod mit allen Themenschwerpunkten wird
hier nicht in einer Geschichte „verpackt“, sondern eher thematisch, wie in
einem Lexikon, beschrieben. In einer Mischung aus zum Teil skurrilen Zeichnungen mit Co-
mic-Charakter und „ungeschminkten“ Antworten ermöglicht dieses Buch in einer besonderen
Form Zugang zum Thema Tod und Sterben. Lesenswert!
Stand: September 2015
FÖRDERMATERIAL & LITERATUR
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 53
Gabi Greb-Kunkel
Bilderbücher zur Förderung der Sozialkompetenz
-- eine Auswahl --
Gefühle:
Das Farbenmonster
Anna Llenas, Velber Verlag
Ich und meine Gefühle
Hilde Kreul, Loewe Verlag
Ein Dino zeigt Gefühle (Bilderbuch und Ratgeber)
Christa Manske, Heike Löffel, Mebes&Noack-Verlag
Gefühle sind wie Farben
Aliki, Beltz & Gelberg
Angst, Mut, Feigheit:
Mutig, mutig
Lorenz Pauli, Kathrin Schärer, atlantis Verlag
Matti macht sich Sorgen
Antony Browne, Lappan Verlag
Anders Sein:
Irgendwie Anders
Kathryn Cave, Oettinger Verlag
Das Kleine ICHBINICH
Mira Lobe, Jungbrunnen Verlag
Elmar
David Mckee, Thieneman-Verlag
Konflikte:
Die kleinen Streithammel
Bärbel Spathelf, Susanne Szensny, albarello Verlag
Sag’s, tu’s - aber freundlich
Aliki, Ars Edition
Nein sagen:
Das große und das kleine Nein
Gisela Braun, Dorothee Wolters, Verlag an der Ruhr
Ich dachte, du bist mein Freund
Maria Wabbes, Brunnen Verlag
FÖRDERMATERIAL & LITERATUR
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 54
Birgit Lammel
Ich sehe, was du fühlst
Bilderbücher, um mit Kindern über Gefühle zu sprechen
„Ein Dino zeigt Gefühle“
von Heike Löffel und Christa Manske, Verlag Mebes & Noack,
ISBN: 978-3-927796-42-3 (Band 1) und 978-3-927796-96-6 (Band 2)
Ob fröhlich oder misstrauisch, gestresst oder entspannt, wütend,
traurig oder glücklich – der kleine grüne Dino zeigt seine Gefühle
ganz deutlich auf den ausdrucksstarken Illustrationen der Bilderbücher. Jede Darstellung
eines Gefühls wird begleitet von einem oft lautmalerischen verbalen Ausdruck, wie „Puh“
oder „Oh“, und jeweils vier Sätzen, die der Dino in dieser Situation äußern könnte, um seine
Gefühlen auch mit Worten auszudrücken. Zudem sind jedem Gefühl drei Verben zugeordnet,
die zu dieser Stimmungslage passen. So könnte sich der ängstliche Dino verkriechen, der
traurige Dino schluchzen und der entspannte Dino träumen.
Die Bilderbücher helfen Kindern, ihre Gefühle wahrzunehmen, ermutigen sie, Gefühle zu
zeigen, und regen an, darüber zu sprechen. Gerade Kindern mit geringem Wortschatz liefern
sie dafür geeignetes Sprachmaterial in Form von Adjektiven, Verben und ganzen Sätzen.
Didaktisches Begleitmaterial für die pädagogische Praxis ergänzt jeweils das Bilderbuch und
bietet Anregungen für die Bilderbuchbetrachtung sowie Spielvorschläge und Kopiervorlagen.
Auf beiden Büchern basiert „Ein Dino zeigt Gefühle – die Box“ mit 2 x 24 Dino-Kärtchen für
Memo- und Lotto-Spiele.
„Heute bin ich“
von Mies van Hout, Aracari Verlag, ISBN: 978-3-905945-30-0
Auch über das Buch von Mies van Hout kann man gut mit Kindern
ins Gespräch über Gefühle kommen. Zwanzig schillernd bunte Fi-
sche zeigen Emotionen von sorglos bis ängstlich, von zornig bis
glücklich, von gelangweilt bis vergnügt. Dabei ist ihnen jede Stimmung ganz treffend und
unverkennbar ins Gesicht geschrieben. Farbe und Form unterstützen die Darstellung. Der
Text beschränkt sich jeweils auf ein Adjektiv, das auf einer separaten Seite neben dem ent-
sprechenden Fisch steht und hilft Kindern, den zum Sprechen über Gefühle notwendigen
Wortschatz aufzubauen und zu sichern. Zudem regt das Buch zur künstlerischen Nachge-
staltung an.
Das Buch war 2013 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.
Der Verlag hat auch ein Kunstkarten-Set mit den gleichen Bildern herausgegeben.
FÖRDERMATERIAL & LITERATUR
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 55
Elisabeth v.Gamm
Jolante sucht Crisula
Sebastian Loth, NordSüd Verlag, 13,95 Euro
Wie schön ist es, etwas gemeinsam zu ma-
chen. Die Gans Jolante genießt es mit der alten
Schildkröte Crisula spannende Bücher zu le-
sen, schwimmen zu gehen oder eine Reise zu
unternehmen. Über alles, was die beiden be-
wegt, können sie sprechen.
Jeder gemeinsamen Aktion der beiden Tiere ist
ein klares Bild auf beigen Untergrund gewidmet. Ein, zwei Sätze oder Worte erläutern die
Bilder.
Der Harmonie folgt zuerst Verwunderung und dann Wut, als Crisula eines Tages ver-
schwunden ist. Mit der Erklärung der anderen Gänse, „dass für Crisula die Zeit gekommen
sei, von der Welt zu gehen“, kann Jolante nichts anfangen. Sie begibt sich mit „komischen
Gefühlen“ zwischen den Federn auf die vergebliche Suche nach Crisula.
Jolante sucht unter der Erde, im Wasser und über den Sternen. Mit acht einfachen und doch
überraschenden Bildideen wird die aussichtslose Reise Jolantes illustriert.
Erst nach der langen Suche kann Jolante verstehen, dass sie die Schildkröte nie mehr sehen
wird. Bei den Gedanken und Erinnerungen an die alte Freundin kommen endlich auch die
Tränen.
Doch die Erinnerungen und Träume von der gemeinsamen Zeit machen nicht nur traurig,
sondern erleichtern Crisula auch: „Und als der Morgen erwachte, fühlte sie sich ganz leicht
…“
Das kleine Bilderbuch „Jolante sucht Crisula“ versucht nicht, Kindern etwas zu erklären, was
auch Erwachsene nicht verstehen. Aber es gibt starken Gefühlen Bilder und endet tröstlich.
FÖRDERMATERIAL & LITERATUR
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 56
Bettina Fritzenwenger
Wut und andere Gefühle Wut und Trauer werden oft als „negative“ Gefühle bezeichnet, gehören aber zur emotionalen
Bandbreite dazu. Es ist somit normal und wichtig, diese Gefühle zu haben und zuzulassen.
Dies zu thematisieren und damit umzugehen, gelingt u.a. mit diesen Büchern:
Klappentext:
Bist du auch manchmal wütend? Ich schon. Manchmal habe
ich so eine Wut, da würde ich am liebsten ganz laut schreien,
da möchte ich jemanden anbrüllen, da würde ich gern irgen-
detwas zerfetzen oder irgendwo dagegen treten. Wenn ich wü-
tend bin, klopft mein Herz viel schneller als sonst, mir ist ganz
heiß und mein Kopf wird rot wie eine Tomate.
Dieses Buch zeigt auf einfühlsame Weise, welche Arten der
Wut es gibt. Gleichzeitig bietet es Anlass, mit Kindern über
dieses wichtige Gefühl zu sprechen und liefert Lösungsvor-
schläge zum Umgang mit der Wut.
Das Buch „Wut weg Spiele“ liefert eine Vielfalt leicht umsetzbarer Praxisanregungen zum
Umgang mit Wut und Aggressionen. In diesen Spielen können Kinder ihre Kräfte messen
und Dampf ablassen, sie erarbeiten Konfliktlösungsstrategien, machen Teamarbeit und ha-
ben jede Menge Spaß bei Spielen, die ihre Wut in konstruktive Kräfte umwandeln. Die Vor-
schläge sind für Vor- und Grundschulkinder im Alter von 5-10 Jahren geeignet. Es handelt
sich um Klein- und Großgruppenspiele wie auch um Spiele für
einzelne Kinder. In Gruppen- oder Klassenzimmer, dem Bewe-
gungsraum oder der Turnhalle, in kleinen Räumen oder im
Freien können Sie Kinder für Wut-weg-Spiele begeistern.
Inhalt: - Vorwort - In der Gruppe Dampf ablassen - Wut abbauen, Ängste überwinden - Selbstsicherheit gewinnen - Stärken und Grenzen entdecken - Spielerische Konflikte lösen - Entspannen und neue Kräfte sammeln
Weiteres Material zum Thema Gefühle:
FORTBILDUNGEN/TERMINE
MSH-RUNDBRIEF 19 – 2015 – Seite 57
Fortbildungen & Termine
Arbeitskreise
Regionalteam/ Landkreis
Termin Titel, Inhalt, Referent Ort
München-Stadt
09.12.2015 14.30 – 16.30 Uhr
Anita Dirndorfer
SFZ München Mitte 4 Innsbrucker Ring 75 81671 München
München-Stadt
13.04.2016 14.30 – 16.30 Uhr
Anita Dirndorfer
SFZ München Mitte 4 Innsbrucker Ring 75 81671 München
München-Stadt
08.06.2016 14.30 – 16.30 Uhr
Anita Dirndorfer
SFZ München Mitte 4 Innsbrucker Ring 75 81671 München
FFB, STA
01.03.2016 14.30 – 17.00 Uhr
Inklusion Vorab Unterrichts-mitschau an der Richard-Higgins-GS Stephanie Stockinger
SFZ Fürstenfeldbruck Pestalozzi Schule Beratungsraum
FFB, STA
05.07.2016 14.30 – 17.00 Uhr
Bindung / Bindungsstörung Daniela Mischnik-Sonntag Stephanie Stockinger
Cäcilienschule Fürstenfeldbruck Lehrerzimmer