gewitter märz 2013

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P.b.b ZNR 02Z032679 Logistikzentrum Steiermark Studienjahr 2012/13, Heſt 2, März 2013 GeWier Zeitschrift der Fakultätsvertretung Geisteswissenschaften Schwerpunkt Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und sonstige Blödheiten, S. 1-28 Seitenbliꜩe Die Ausstellung über das GeWier, S. 4 Kreative GeWis Romanistikstudent und Schriftsteller Fiston Mwanza, S. 6 Selbstversuch Eine Woche als Muslima mit Kopftuch, S. 12 Was wurde aus ... Autorin Cordula Simon im Interview, S. 20

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Märzausgabe des GeWitter

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Page 1: GeWitter März 2013

P.b.b ZNR 02Z032679 Logistikzentrum Steiermark Studienjahr 2012/13, Heft 2, März 2013

GeWitterZeitschrift der Fakultätsvertretung Geisteswissenschaften

Schwerpunkt Rassismus,

Fremdenfeindlichkeit und sonstige

Blödheiten, S. 1-28

Seitenblitze Die Ausstellung über das GeWitter, S. 4

Kreative GeWis Romanistikstudent und Schriftsteller Fiston Mwanza, S. 6

Selbstversuch Eine Woche als Muslima mit Kopftuch, S. 12

Was wurde aus ... Autorin Cordula Simon im Interview, S. 20

Page 2: GeWitter März 2013

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Page 3: GeWitter März 2013

GeWitter 03/13 Seite 3

Im August 1963 – also vor fast 50 Jahren – hatte Martin Luther King Jr. seinen berühmten

Traum. Fast 50 Jahre später – also genau heute – sind unsere Welt, unsere Stadt, unsere Uni und un-sere Hirne noch immer vollgefüllt mit xenophobem Mist. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind nichts anderes als Blödheiten, die aufgrund von Unwissenheit, be-grenztem Horizont und Ignoranz entstehen. Sie werden von hohlen Reden aus hohlen Köpfen genährt, die in die Ohren von hohlen Bir-nen dringen, dort zu hohlen Ideen „reifen“ und zu hohlen Handlun-gen führen. Wir haben zwar keinen AntiWIRus gegen diese Blödheiten gefunden, hoffen jedoch trotzdem, dass euch unsere Artikel und Interviews ge-fallen, zum Lachen, Weinen oder was auch immer bringen – denn zum Donnerwetter noch einmal: irgendwann müssen diese Blödhei-ten ja ein Ende finden – sonst muss es das GeWitter in 26 Jahren auch noch geben!!!Wenn ihr uns Blödheiten schrei-ben, uns beschimpfen, beleidigen oder bei uns mitmachen wollt, dann schreibt an [email protected] nicht unsere Ausstellung im UniGraz@Museum zu besu-chen, um zu sehen, wie das Ge-Witter früher war, als es sich dabei noch um eine Qualitätszeitschrift handelte.

Donnerwetter

von Markus Schicker

Inhalt

Ausstellung “Seitenblitze” im UniGraz@Museum

Kreative GeWis Fiston Mwanza im Interview

AntiWIRusEin Gespenst geht um - der WIRus

Ein Experiment Tina Maria Pechmann als Kopftuch-Muslima

Gelebter RassismusJennifer Brunner über Rassismus und Bildung

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12-13

14-15

WM 2014 Rote Karte für Rassismus

Dana RangaÜber die Grammatik der Entspannung

DiagonaleDas österreichische Filmfestival naht

Was wurde aus ...? Cordula Simon und ihr erster Roman

Entspannung pur Über die Grammatik der Entspannung

16-17

18

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20-23

24-25

impressumGeWitterZeitschrift der Fakultätsvertretung Geisteswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz. Medieninhaberin, Herausgeberin und Verlegerin:Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Universität Graz, Schubertstraße 6a, 8010 GrazChefredaktion: Markus SchickerLayout: Christoph ReichtLektorat: Jennifer Brunner, Titelfoto: Tina Maria PechmannDruck: Universitätsdruckerei KlampferAuflage: 8.500 StückMitarbeiter/-innen in dieser Ausgabe: Christina Boiger, Lucie Bois, Jennifer Brunner, Marcela Dvorakova, Kevin Eberhard, Christina Horn, Heidi Kofler, Tina Maria Pechmann, Magdalena Rattey, Johannes Rausch, Sebastian Scherzer, Astrid Schmölzer, Kristian Tisch u.v.a. Homepage: http://gewi.oehunigraz.at/das-gewitter/Facebookseite: www.facebook.com/gewitterzeitschrift

6-9 12-13 20-23

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GeWitter 03/13 Seite 5

Von 7. März bis 14. Juni findet im UniGraz@Muse-um die Ausstellung „Seitenblitze“ statt.

von Christina Horn

Die Ausstellung über das GeWitter

GeWitter: noch längst nicht museumsreif, trotzdem ab 7. März im UniGraz@Museum zu bestaunen. Fotos: Dvorakova (2)

Über 25 Jahre ist es her, dass das GeWitter zum ersten Mal als Zeitung der Fakul-

tätsvertretung Geisteswissenschaf-ten herausgegeben wurde. Aus diesem freudigen Anlass gibt es für alle, die mehr über die Geschichte des GeWitters, ihre Hochs und Tiefs erfahren wollen, die “Seitenblitze”-Ausstellung, die am 7. März um 18

Uhr im UniGraz@Museum eröffnet wird. Schon seit jeher ist die GeWitter-Zeitschrift der Fakultätsvertretung Geisteswissenschaften dafür be-kannt, mit spitzer Zunge und einem kritischen Blick auf Alltägliches ihre Leser/-innen jedes Mal aufs Neue zu begeistern oder zu entsetzen. Das GeWitter gilt als Medium für all diejenigen, denen eine eigene Meinung noch nicht egal geworden ist und die sich dafür interessieren, was außerhalb ihrer eigenen vier Wände vor sich geht. Über die Jahre hinweg wurde die von Studierenden gestaltete Zeitschrift von zynischen bis haarsträubend-

komischen Bildern, beißenden Arti-keln und zum Denken anregenden Geschichten geprägt, viele davon sind mit der Zeit in Vergessenheit ge-raten. Wenige wissen beispielsweise, dass die Zeitschrift aus einem Skan-dal rund um ein anstößiges Jesusbild entstand, oder dass es einst ein ÖH-Haustier gab, welches auf tragische Weise ums Leben kam. Diejenigen, die sich zwischen März und Juni die Zeit nehmen, um der “Seitenblitze”-Ausstellung im UniGraz@Museum einen Besuch abzustatten, erwartet in einer Retrospektive auf den Wer-degang der Zeitschrift eine Antwort auf die Frage: Was hat Ivica Vastić mit dem GeWitter zu tun?

Page 6: GeWitter März 2013

Das GeWitter traf Fiston Mwanza auf Skype. Fotos: KK

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als Stadtschreiber beworben, nach einer Zusage blieb ich ein Jahr hier. Als Stadtschreiber muss man ein Projekt haben — dank dieses Pro-gramms konnte ich mein Vorhaben, Schreiberateliers in Gefängnissen einzurichten, umsetzen. Das Resul-tat war eine Sammlung von Texten der Insassen und Insassinnen, die veröffentlicht wurde („Nach dem Sturm“). Ich habe auch an einer Ausgabe der Zeitschrift für Litera-tur, Kunst und Zeitkritik „Lichtun-gen“ mitgearbeitet. Darüber hinaus hatte ich die Möglichkeit, Lesungen zu halten. Ich durfte Kolumnen für die Straßenzeitung „Megaphon“ schreiben und Projekte mit dem Af-ro-Asiatischen Institut veranstalten.Was motiviert dich zum Schreiben?

Ich verfolgte zuerst den Traum Sa-xophonist zu werden, da ich ein gro-ßer Jazzfan bin. Doch diesen Traum konnte ich nie realisieren. Schreiben ist für mich ein anderes Mittel mich auszudrücken. Dies ist wirklich ein Bedürfnis, vor allem für mich, der ich aus einem Land, der Demokra-tischen Republik Kongo, komme, wo es nicht immer selbstverständ-lich ist, sich frei auszudrücken. Der Kongo ist ein Land, das seine Tragik heimlich lebt („Un pays qui vit sa tragique dans le silence“). Es

GeWitter 03/13 Seite 7

Fiston Mwanza Mujila, geboren in der Demokratischen Repu-blik Kongo, war 2010 Stadt-

schreiber von Graz. Nach einem bereits abgeschlossenen Studium in seiner Heimat schreibt er nun seine Dissertation über kongolesische Li-teratur an der Uni Graz. Momentan befindet er sich in Brüssel für seine Literaturrecherchen. Der Name Fis-ton Mwanza wird unter anderem auch mit „Häfenliteratur“ in Ver-bindung gebracht — seinem Haupt-projekt während seiner Stadtschrei-berzeit in Graz.

Wie kam es dazu, dass du jetzt in Europa lebst?

Ich bin im Juli 2007 nach Europa gekommen, im Zuge eines Litera-turfestivals in Belgien. Später wur-de ich in das Heinrich-Böll-Haus nach Deutschland eingeladen, wo ich von der Heinrich-Böll-Stiftung ein Stipendium erhielt und die Ge-legenheit hatte, viele Kontakte zu knüpfen. Zu dieser Zeit sprach ich noch kein Deutsch, das habe ich dann erst in Graz in einem Vorstu-dienlehrgang gelernt. Was hat dich schließlich nach Graz geführt?

Im September 2009 kam ich in Ös-terreich an. Ich hatte mich in Graz

Kreative GeWis: Fiston MwanzaDer Romanistikstudent erzählt von seiner Arbeit als Autor und vermittelt einen kleinen Einblick in sein Heimatland Kongo.

von Lucie Bois und Magdalena Rattey

wird so getan, als ob nichts passiert wäre, nur die Schriftsteller sind sen-sibilisiert auf Probleme. Ob sie im Kongo leben oder woanders, den kongolesischen Autoren ist es nor-malerweise ein Anliegen, über ihre Heimat zu sprechen, indem sie uni-verselle Themen wie Liebe oder Tod behandeln. Für einen Schriftsteller ist Literatur eine Form von Exorzis-mus und Therapie.Welche Werke und Autor/-innen in-spirieren dich?

Die Bibel und die Metaphern, die man darin finden kann, inspirieren mich. Ebenso Arthur Rimbaud und die französischen Surrealisten, wie Aimé Césaire. Aus dem südame-rikanischen Raum gefallen mir vor allem Gabriel García Márquez und Miguel Asturias.Weshalb schreibst du auf Franzö-sisch und nicht auf Swahili, beides sind doch deine Muttersprachen?Ich schreibe auf Französisch auf-grund eines „accident de l’histoire“. Wäre der Kongo von den Russen kolonialisiert worden, würde ich heute auf Russisch schreiben. Denn alles hat mit der Geschichte meines Landes und dessen Kolonialisie-rung zu tun. Für mich ist das Fran-zösische eine afrikanische Spra-che, es ist die afrikanische Realität.

Erasmusstudentin Lucie Bois (r.) aus Réunion und Roma-nistikstudentin Magdalena Rattey führten das Inter-view auf Franzö-sisch. Foto: Schicker

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Seite 8 GeWitter 03/13

Trotzdem ist Französisch vor allem ein Mittel, um von möglichst vielen gelesen zu werden, auch im Kongo. Außerdem kann ich so ausländische Leser ansprechen. Wie sieht deine Arbeit mit den Übersetzerinnen und Übersetzern aus?

Ich verwende viele Metaphern und viel Musikalität in meinen Wer-ken. Meine Wörter sind wie No-ten in der Musik und Französisch ist mein Saxophon. Es ist für mich wichtig, dass die Übersetzer diese stilistischen Effekte übertragen kön-nen und für die meisten unter ihnen geschieht dies durch das Entdecken der afrikanischen Kultur. Meine Lesungen sind eine Mischung aus Rap, Slam und Sprechen.Das Thema unserer Ausgabe be-treffend, würden wir gerne wis-sen, ob du mit Rassismus kon-frontiert wurdest, als du in Europa

angekommen bist?Ich bin als Künstler und Schreiber nach Europa gekommen. Ich trans-portiere mit mir eine Kultur, die ich teilen möchte. Meiner Meinung nach ist Rassismus Ignoranz, eine Verneinung des anderen, der Kul-tur des anderen. Ich glaube Barrie-ren brechen zu können, in dem ich schreibe oder Dinge mache, wie das Sprechen über Frankophonie und Afrika in Schulen. Momentan lebe ich in Brüssel. Der Kongo ist eine ehemalige Kolonie Belgiens und zwischen den beiden Ländern besteht noch immer eine starke Be-ziehung. Man sieht hier eine neue Generation von Personen mit afri-kanischen Wurzeln, die perfekt in-tegriert ist in Europa. Das Gleiche gilt auch für Österreich. Ich kann in beiden Ländern beobachten, wie eine schwarze Elite aus Künstlern, Schriftstellern etc. entsteht, die noch

einige Zeit braucht, um sich durch-zusetzen, weil es sich dabei um jene Generation handelt, die noch in die Schule geht.Denkst du, dass der Kongo, und generell Afrika, sich eines Tages von der Kontrolle Europas befreien können?

Wie alle wissen, ist Afrika mit ei-ner schweren Geschichte belastet und obwohl die meisten Länder in den sechziger Jahren unabhän-gig wurden, ist die Kolonialzeit/der Kolonialismus noch immer sehr präsent. Im Zuge der Poli-tik des Neokolonialismus wurden Entscheidungen immer in Europa getroffen. Afrika ist ein Kontinent reich an Rohstoffen, weshalb auch beachtlich Geld investiert wird. Wirtschaft und Politik gehen Hand in Hand. Solange wir keine Politiker haben, deren Anliegen es ist, von den eigenen Ressourcen zu profitie-

Festival des österreichischen Films

Graz, 12.–17. MärzProgramminfo & Tickets: ab 6. März

im Festivalzentrum Kunsthaus Graz, im Café Promenade, unter www.diagonale.at und der Infoline 0316 - 822 81 822

ab 13. März in den Festivalkinos www.diagonale.at

Fiston Mwanza ist schwer beschäftigt, sein neues Werk „Der Fluss im Bauch“ erscheint im Frühling. Foto: Dvorakova (1), KK (2)

Page 9: GeWitter März 2013

GeWitter 03/13 Seite 9

ren, wird sich die Situation nicht än-dern. Die Afrikaner im Kongo las-sen nicht helfen, sie sind nicht bereit dazu. Damit eine Veränderung von der Bevölkerung selbst aus passiert, müsste diese informiert sein und das ist leider nicht der Fall. Auch glaube ich nicht, dass wir so ein Phänomen, wie z.B. den Arabischen Frühling, in nächster Zeit beobach-ten werden können. Die Bevölke-rung ist noch nicht bereit, „sich“ selbst in die Hand zu nehmen. Das Bildungswesen (Schulwesen) ist die Basis aller Gesellschaften.Hast du Pläne für die Zukunft?

Ich hoffe eines Tages wieder in den Kongo zurückkehren zu kön-nen, denn ich habe eine sehr star-ke Verbindung zu meiner Heimat, sie ist die Quelle meiner Inspira-tion. Ich würde gerne auf kongo-lesischen Universitäten arbeiten, um die Beziehungen und den Aus-tausch mit Europas Universitäten zu festigen. Und zurzeit bist du ja universitär beschäftigt ...

Momentan schreibe ich meine Dissertation an der Uni Graz am In-stitut für Romanistik, deren Thema die Geschichte der Fiktion ist und auch der Einfluss der Geschichte auf die kongolesische Literatur. Jedoch bin ich jetzt einige Zeit in Brüssel, um mehr Zugang zu Literatur zu haben, die ich weder in Graz noch in Wien auffinden kann.

Der ehemalige Stadtschreiber von Graz verwendet gerne Metaphern und Musikalität in seinen Werken. Fotos: KK

Fiston Mwanza: „Meine Wörter sind wie Noten in der Musik und Französisch ist mein Saxo-phon.“ Foto: KK

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Ein Gespenst geht um in Europa – und nein, dem letz-ten Wahlerfolg in Graz zum Trotz ist es nicht der Kom-munismus, sondern eine uralte, heimtückische Erkran-kung. Sie befällt nicht nur Individuen, sondern ganze Gesellschaften: Der WIRus.

von Sebastian Scherzer

Der WIRus schlägt vor allem in Staaten zu, deren Allge-meinzustand schon etwas

marode ist. Zu den Faktoren, die das Ausbrechen der Krankheit fördern können, zählen etwa eine schwie-rige Wirtschaftslage, unfähige Politiker/-innen und große gesell-schaftliche Veränderungen. Wenn sich sogenannte althergebrachte Gegebenheiten verschieben, dann entstehen Risse im vertrauten Gefü-ge der Dinge. Wer meint, deswegen den Halt zu verlieren, für den/die kittet der WIRus die Risse – aller-dings nur scheinbar, wie eine dün-ne Schicht Verputz, die den Schaden höchstens verstecken kann. Der WI-Rus reagiert also auf komplexe Pro-bleme mit verführerisch einfachen Lösungen, die man blauäugig befol-gen will; an diesem Punkt erinnert er an gewisse Politiker/-innen, die seine Ausbreitung vorantreiben.

Die Symptomatik des WIRus ist ein-deutig: Bei den befallenen Personen ist ein inflationärer Gebrauch des Wortes „Wir“ zu bemerken, welches sie, ganz entgegen seiner grund-sätzlichen Bedeutung, zur Abgren-zung von anderen verwenden. Die Krankheitsträger (gerne auch als WIRte bezeichnet) beginnen, sich über einen Katalog von Eigenschaf-ten zu definieren, der unbedingt erfüllt werden muss, um als voll-wertiges Mitglied der Gesellschaft zu gelten. All diejenigen, die diese Vorgaben nicht erfüllen, dürfen na-

türlich nicht dem „Wir“ angehören. Ihnen kann man dann die Schuld an jener Entwicklung zuschieben, vor der man sich fürchtet. Die For-schung nennt diesen Aspekt der Krankheit Dieda-ismus.

Da die Unsicherheit ja durch Verän-derungen verursacht wurde, findet sich im WIR-Katalog so ziemlich alles, das entfernt nach „gute alte Zeit“ riecht. Ob Sprache, Kleidung, Brauch oder Religion, alles muss sein wie einst. Hierbei wirkt der WIRus besonders heimtückisch, denn er befördert diese Dinge nicht, sondern führt letztlich zu deren Un-tergang. Denn vorweg müssen die WIRte freilich erst definieren, wie es einst denn genau war. Dazu suchen sie, was ihnen am authentischsten erscheint und erheben es zum Stan-dard. Und zwar ohne Rücksicht auf Verluste und ganz egal, ob so ein Standard jemals existiert hat.

Hat er (nach Meinung des Autors) nicht. Praktiziertes Brauchtum z.B. hat sich ursprünglich ständig ver-ändert, so wie sich auch die Gesell-schaft veränderte, und deswegen war es ständig aktuell, weswegen es wiederum praktiziert wurde etc. Vieles von dem was heute (oft etwas geringschätzig) als Brauch-tum bezeichnet wird, ist hingegen eher dessen kalte, erstarrte Abart, ein hohles Ritual, das irgendwann von vorgeblich traditionsbewuss-ten Menschen zur Norm erhoben

AntiWIRus

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Seite 11

wurde. Gustav Mahler bringt dieses Problem sehr schön auf den Punkt: „Tradition ist nicht die Aufbewah-rung der Asche, sondern die Wei-tergabe des Feuers.“

Demzufolge müsste Tradition pro-gressiv sein, um nicht zu erstarren. Es bleibt allen selbst überlassen, zu überlegen, an welchem Punkt sie und ihr Umfeld stehen.Auch unsere Sprache ist ein wun-derbares Beispiel für so ein System, das sich eigentlich ständig selbst erneuert, sofern es nicht in gram-matikalischen Korsetts erstickt. Um Missverständnissen vorzubeugen: Auch der Autor achtet auf wohl-gewählte Worte und hat in seinem Kopf ein gelbes Blinklicht, das auf Fehler furchtbar allergisch reagiert. Aber die hysterischen Bemühungen selbsternannter Sprachschützer/-innen, Pamphlete gegen den Dativ zu verfassen, weil sie sich lieber an des Genitivs wohltuendem Klange erfreuten, sind bestenfalls amüsant.

Denn schon in den althochdeut-schen Merseburger Zaubersprü-chen findet sich der Vers: „Dû wart demo balderes folon sîn fuoz biren-kit“, also „Da ward dem Balders Fohlen sein Fuß verrenkt“.

Dem Fohlen sein Fuß! So wagt es ausgerechnet einer der ältesten deutschsprachigen Texte, dem schö-nen Regelkonstrukt zuwiderzulau-fen...Man könnte eine ganze Reihe von Beispielen aufführen, wo altherge-brachte Dinge in Zeiten starker Ver-änderungen aus ihrer natürlichen Entwicklung gerissen wurden und dem WIRus zum Opfer fielen. Wer über den Männergesangsverein X oder die Volkstanzgruppe Y stol-pert, wird häufig ein Gründungs-datum in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. finden. Nicht etwa, weil zu die-ser Zeit so besonders viel gesungen worden wäre, sondern, weil es im Zuge der industriellen Revolution zu großen Umwälzungen gekom-men ist. Erst als man diese Dinge

bedroht sah, wurden sie institutio-nalisiert.

Was ist heutzutage die Bedrohung, die die Ausbreitung des WIRus so begünstigt? Ist es die Wirtschaft? Gut, deren Lage war schon einmal rosiger, aber verglichen mit ande-ren Staaten ist Österreich immer noch die vielzitierte Insel der Se-ligen. Oder ist es eher deswegen, weil Menschen in dieses Land kom-men, auf die sich der Dieda-ismus ganz leicht anwenden lässt – weil sie anders aussehen, eine andere Religion, andere Sitten und Ge-bräuche haben? Oder auch deswe-gen, weil diese Menschen darin oft noch viel stärker verwurzelt sind als wir? Weil wir (wer auch immer das nun sein mag...) darin eine Be-drohung für die Reste von Gustav Mahlers erkalteter Asche sehen? Recht plausibel, wenn man bedenkt, dass das heiß umstrittene Kreuz in Österreichs Klassenzimmern so lan-ge niemanden interessiert hat, bis irgendjemand auf die Idee kam, es entfernen zu wollen.

Verallgemeinernd könnte man daraus Folgendes schließen: Mit fremden Kulturen können nur die-jenige ein Problem haben, die sich ihrer eigenen nicht sicher sind. Um diese Sicherheit wiederzugewin-nen, definiert man nachträglich, was „das Eigene“ ausmachen soll, und erzeugt so eine Abgrenzung zum Fremden. Unglücklicherwei-se schafft man damit eine Art von kultureller Inzucht, durch welche die Dinge nicht am Leben erhalten, sondern langsam mumifiziert wer-den – bis sich tatsächlich niemand mehr für die ewig gleichen Hinter-lassenschaften seiner Urururgroß-eltern interessieren kann. Wäre es da nicht besser, wenn jede/-r sein Leben nach jenen Maßstäben ge-stalten könnte, die ihm/ihr passend erscheinen? Das setzt natürlich wechselseitige Akzeptanz voraus. Und es würde dem WIRus ganz schnell den Gar ausmachen. Arbei-ten wir daran!

Vorsicht vor dem WIRus! Nur diejenigen, die selbstständig denken können, sind immun. Grafik: Horn

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Seite 6 GeWitter 03/13

Mission: eine Woche als Muslima mit Kopftuch - das Symbol für den funda-mentalistischen Islam im bedrohten „Christenstaat“.

Tina Maria Pech-mann bei ihrem ein-wöchigen Selbstver-such. Fotos: Pechmann (3)

von Tina Maria Pechmann

Trotz der vielen Menschen, die mich abschätzend ansa-hen und meinten, für so ein

Vorhaben brauche man viel Mut und Selbstbewusstsein, zog ich mei-ne Woche als Kopftuch tragende Schein-Muslima unbeirrt durch. Ich wollte einfach einmal sehen, wie die Menschen auf mich reagieren und sozusagen „testen“, inwieweit ich diskriminiert werde oder nicht. Was ich dabei feststellen musste – und damit hatte ich nun gar nicht gerech-net –, dass es gar nicht wirklich auf die mir fremden Menschen, also die KassiererInnen, Restaurantbesuche-rInnen oder UniversitätsprofessorIn-nen, die einem im Alltag begegnen, ankommt. Denn die nehmen das Kopftuch meistens einfach nur hin, ignorieren es oder starren mich mal interessiert, mal feindselig an. Dum-me rassistische Kommentare gibt es selten, aber die kriege ich, ehrlich gesagt, auch ohne dass ich dabei ein Kopftuch trage.

Unverständnis aus dem UmfeldTatsächlich waren in meinem kleinen Experiment gerade die Menschen, mit denen ich dauernd Kontakt habe bzw. die, die mir nahe stehen, be-sonders interessant. Je näher ich ei-ner Person bin, desto schlimmer war

Der Stoff, aus dem dieVorurteile sind

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es für diese, sich mit mir und dem Kopftuch sehen zu lassen – voraus-gesetzt, die Person ist nicht zufällig ein wirklich offener und toleranter Mensch. Bei meinem „Test“ durften ich und die Betroffenen Charakter-züge kennenlernen, die sie wohl selbst nicht an sich kannten. Beispiel gefällig? Nehmen wir zuerst einmal meine Mama (bei der ich so etwas schon vermutet habe): Sie sagte mir deutlich, dass ihr mein Experiment gar nicht passt – immerhin hätten die Nachbarn mich mit Kopftuch se-hen können! Und dann mein Freund (von dem ich das nie gedacht hätte): Er weigerte sich partout, mich zu seinen Eltern zum Sonntagsessen mitzunehmen – er fürchtete ihre ge-schockt-angewiderten Gesichter und verständnislose Diskussionen.Damit lässt sich auch erklären, wa-rum Muslimas im Berufsleben so diskriminiert werden. Ein Unterneh-men, das eine Kopftuch tragende Frau einstellt, stellt damit einen Be-zug zwischen sich und der Frau her. Und genau das könnte entweder an-dere stören oder es stört das Unter-nehmen selbst.

„Die Fremden“ und „wir“Die Frage lautet also: Wieso ist es so schrecklich, mit einer Muslima in Verbindung gebracht zu werden? Aus Erfahrung behaupte ich, dass das Kopftuch als Symbol für den Islam schlechthin interpretiert wird – eine Religion, die für viele of-fenbar etwas dar-stellt, vor dem sie Angst haben müs-sen. Aber müssen wir uns vor jungen Frauen mit Kopftüchern fürchten? Sind sie etwa die TerroristInnen von morgen? Unwahrscheinlich, wage ich zu behaupten. Und ich gehe noch einen Schritt weiter: Die Menschen hier haben in Wirklichkeit gar keine Angst, sondern schlichtweg Vorur-teile. Jemand, der den Islam gemein-hin als fanatisch, fundamentalistisch

und unterdrückend abstempelt, der ist nicht von Angst gebeutelt, son-dern schlicht und einfach voreinge-nommen.

Unterdrückung der Frauen?Interessanterweise haben jene Menschen, die das Kopftuch unter dem Vorwand der Unterdrückung der Frau durch ein Verbot aus ih-rem Blickfeld verbannen möchten, gleichzeitig kein Problem damit, sich jeden Sonntag (oder zumindest zu den „wichtigen“ Anlässen wie Weih-nachten oder Ostern) in die Kirche zu setzen und sich von einem männlichen katholischen Priester im Gottes-dienst unterdrücken und beleidigen zu lassen: „Eine Frau soll sich still und in al-ler Unterordnung belehren lassen. Dass eine Frau lehrt, erlaube ich nicht, auch nicht, dass sie über ihren Mann herrscht; sie soll sich still verhalten. Denn zuerst wurde Adam erschaffen, danach Eva. Und nicht Adam wurde verführt, sondern die Frau ließ sich verführen und übertrat das Gebot.“ (1 Tim 2, 11-14, Neues Testament) Tatsächlich erkennt un-

sere gesellschaftliche Mitte die Unterdrückung und

den Fundamentalis-mus nur, wenn er in Gestalt eines musli-mischen Kopftuches auftaucht – mus-limisch, wohlge-

merkt. Denn als Teil einer volkstümlichen

Bekleidung in Brauch-tumsgruppen und Heimat-

vereinen, bei Nonnen und den eigenen Großmüttern, da wird das Stück Stoff am Kopf nie in Frage ge-stellt, nie diskriminiert und niemals jemandem verwehrt.

Vertrauen gewinnenZum Glück gehört Ausländerfeind-lichkeit in Österreich zum guten Ton

GeWitter 03/13 Seite 13

– sonst müssten wir uns vielleicht bemühen, unser einheimisches Unbe-hagen besser zu verbergen. In unse-rem aufgeklärten und gleichberech-tigten Land sind es nämlich nicht nur die ganz Rechten, die Ressentiments gegen den Islam hegen. Tatsächlich haben sich diese schon längst in den mittleren Reihen unserer Gesellschaft eingenistet – und säen dort Misstrau-en und Verschlossenheit.

Ist das Kopftuch nötig?Kaum eine/r beschäftigt sich wirklich mit dem verhassten Kopfschmuck –

ein großer Fehler. Es gibt auch unter den muslimischen

Frauen viele Diskussi-onen darüber, ob ein

Kopftuch nötig ist, um religiöse Ehr-furcht und Liebe zu zeigen. Oft hängen die Meinungen stark

davon ab, ob die Frau-en gute oder schlechte

Erfahrungen mit dem Tuch gemacht haben. Ich

sprach mit einigen Muslimas und hörte die unterschiedlichsten Ge-schichten. Den schönsten Vergleich der beiden Kulturen möchte ich mit euch teilen:In unserer westlichen Kultur geht es vor allem darum, nach außen hin etwas darzustellen; wir definieren uns über unser Äußeres. Und hierbei ist es egal, ob jemand auf Designer-marken oder den Punker-Look setzt. Wenn wir von der Außenwelt nach Hause kommen, dann ziehen wir unsere schöne Kleidung aus und die Jogginghosen an. In der arabischen Kultur ist es genau umgekehrt. Mit dem Kopftuch zeigt man sich nach außen, zu Hause legt man es ab – man macht sich nach innen schön, für sich selbst und seine Liebsten. Statt Menschen, die anders sind, an unsere Kultur anpassen zu wollen, sollten wir Vertrauen gewinnen und die anderen Kulturen erst einmal kennenlernen; vielleicht können wir uns hier und da ja eine Scheibe davon abschneiden und so das Beste aus bei-den Welten hervorbringen.

Der Stoff, aus dem dieVorurteile sind

Tina macht sich Notizen.

Unterschiedlich oder doch verwandt?

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Seite 14 GeWitter 03/13

Von der Märe des gebildeten Menschen

Irgendwie scheint es da schon eine Verbindung zu geben zwischen rassistischen Vorurteilen und

Bildungsniveau; und zwar derart, dass gilt: je umfangreicher das Wis-sen, desto geringer die Plausibilität jener Argumente, die hinter Auslän-derfeindlichkeit und der Ablehnung anderer Religionen, Kulturen, Bräu-che etc. stehen. Das mag wohl daran liegen, dass man spätestens im Laufe seines Studiums, wenn nicht bereits während der Schulzeit, in der jahre-lang gefühlt nichts anderes durch-gemacht wurde als die Zeit des Na-tionalsozialismus, mit einer Fülle an Informationen konfrontiert wird, die klare Positionen zum Thema Rassis-mus vermitteln. Wissen kommt eben aus aller Welt; ein Terrain, das über allen Grenzen liegt, die erhabene Me-taebene. Und so sitzen wir Studierenden in LVs zu „Interkultureller Kompe-tenz“, versuchen Plätze in überfüllten Russisch-, Chinesisch-, Kroatischkur-sen etc. zu bekommen, untersuchen am Institut für Plurilingualismus die erfreuliche Sprachenvielfalt in Graz, bilden Sprachtandems, essen im Café Global des Afro-Asiatischen Instituts, machen Auslandssemester in aller Welt, erörtern auf komplexer theoretischer Ebene das Zustande-

kommen rassischer Ideen und Idea-le und so weiter und so fort. Es gibt hunderte Beispiele — schon auf der Uni, geschweige denn im Privatleben — die alle (unter anderem) der Bemü-hung verpflichtet sind, Rassismus als kein ernstzunehmendes Konzept von welcher Seite auch immer, anzuer-kennen. Wir würdigen stattdessen die Ide-envielfalt aus aller Welt und ge-deihen im Multi-Kulti Lends oder Gries, wo wir das beste Gemüse am liebsten beim Türken statt beim Billa kaufen. Wir fühlen uns mit all unserem Wissen erhaben über der-lei Unwichtigkeiten wie Nationali-täten und Hautfarben und freuen uns stattdessen, wenn wir endlich in der Bim die ersten rumänischen Worte wiedererkennen, die wir uns mühsam bei „treffpunkt sprachen“ angeeignet haben und denken, dass die Frau gegenüber ihr Kopftuch wahrscheinlich freiwillig trägt, im-merhin ist es ihr gutes Recht, sich vor dem männlichen Blick zu ver-hüllen. Wir fühlen uns wohl in un-serer klugen, überlegten Haltung, weil wir wissen, dass die „Krone“ Mist schreibt, nicht jeder Moslem ein radikaler Islamist ist und nicht jeder Jude ein israelischer Sied-lungsbauer. Unsere Kategorien sind

einfacher differenzierter, die Welt für uns nicht schwarz und weiß.

Wo die Welt noch in Ordnung istUnd dann ist Wochenende. Ich packe wie viele Kolleginnen und Kollegen mein Pinkerl und verlasse die Stadt, um nach Hause zu fahren; mein rich-tiges Zuhause, meine Heimat, mein Ursprung. Ich steige aus dem Zug und lande in einem Idyll aus frischer Luft, Sauberkeit und momentan grün-weiß melierter Umgebung. Ein Dorf, in der die Welt noch in Ordnung ist und der einzige Ausländer mein deutscher Le-bensgefährte. Alles fügt sich zu einem einzigen großen Klischee: Die blau-en Nachbarn schimpfen ganz offen über die „Scheiß Ausländer“, mein bester Kindheitsfreund, der im hei-mischen Stahlbetrieb inzwischen in aussichtsreicher Stellung ist, eröffnet mir beim gepflegten Bierchen, dass er genau genommen eigentlich „schon ein Rassist“ sei und ein langjähriger Freund der Familie erklärt, die Aus-länder wüssten einfach viel gekonn-ter das Sozialsystem auszunutzen. Das Erstaunliche dabei ist, dass all diese Meinungen in einer Umgebung entstehen, in der Immigranten und Immigrantinnen nicht sichtbar sind. Sie sind nur Projektionsflächen, kei-ne Bekanntschaften, und wenn, dann

von Jennifer Brunner

Unser Wissen trägt uns über Nationalgrenzen hinweg, wir heften uns Plaketten wie „Weltenbürger/-in“ an. Akademischer Rassismus?!?

Page 15: GeWitter März 2013

Von der Märe des gebildeten Menschen

GeWitter 03/13 Seite 15

meist in der eigenwilligen und in Ös-terreich nach wie vor mehr als übli-chen „Dienstleistungsbeziehung“: „Der Rumäne“ streicht das Bad, „die Polin“ kümmert sich um die Omi. Es löst fast ein bisschen Fremdscham in mir aus, doch aus eben einer dieser Arbeitsverhältnisse ist im Freundes-kreis meines Vaters eine Art „Sprach-witz“ entstanden: Man verabschiedet sich nämlich von der Lokalrunde üb-licherweise anstatt mit „Tschüß“ mit „Tschusch“. Und das sind nur die kleinen Anek-doten eines Wochenendes. Noch mit keinem Wort wurde erwähnt, dass meine Uroma z.B. leidenschaftliche Hitler-Anhängerin war. Auch diese Reste aus früheren Generationen tra-gen ihr Quäntchen zum allgemeinen Stimmungsbild nach wie vor bei und die Vor- und Nachteile der NS-Zeit abzuwägen, ist überraschend oft tat-sächlich noch eine Diskussion wert.

These vom gelebten RassismusSo könnte die These stehenbleiben vom gelebten Rassismus in bildungs-ferneren und den eben darüber er-habenen bildungsnahen Schichten — wie man das so schön formuliert. Folgt ein schärferer Blick, ist diese Annahme allerdings zum einen äu-ßerst plakativ und zum anderen zu-

mindest in zweierlei Hinsicht auch recht problematisch. Die erste Frage ist, was denn die Fol-gen einer derartigen Darstellung sind. Schenkt man diesem Bild nämlich (uneingeschränkt) Glauben, so geht damit aufseiten der Akademiker/-innen eine Einstellung einher, welche die eigene und gesamtgesellschaft-lich betrachtet, äußerst kleine Gruppe über die Masse stellt. Von dort ist der Weg nicht mehr weit zu einer Hal-tung, welche die eigenen Wertvorstel-lungen in den Himmel lobt und die Ängste und Vorurteile der Masse als unbegründete Dummheit abtut. Die Gräben zwischen den Gesellschafts-schichten können damit nur tiefer werden, ein Dialog schwieriger und letztlich geht es wieder darum, eine Gruppe mit bestimmten Merkmalen einer anderen gegenüberzustellen, zu bewerten und zu urteilen; nur werden nun andere Kategorien an-gelegt: nicht mehr Herkunft sondern Bildungsgrad machen die Menschen für uns einordbar. Die akademische Clique grenzt sich ab — erinnert sei an den wunderbar aussagekräftigen Werbespruch „Partnersuche für Aka-demiker (und Singles mit Niveau)“. Es droht die Verlagerung derselben ausschließenden und urteilenden Mechanismen von Rasse zu Klasse.

Schauplatz „Uni“Das zweite Problem besteht darin, dass auch auf der Uni alles nicht so rosig ist und dass wir uns nicht täu-schen lassen dürfen von der Überkor-rektheit des akademischen Common Sense. Oder wie soll man das bewer-ten, wenn Burschenschafter in ihren Kostümchen Sponsionen singend und Spalier stehend begleiten? Wenn bis aufs Gröbste geschimpft wird über die deutschen Studierenden und Lehrenden, die uns überrennen werden? Wenn der Dialog über Stu-diengebühren zumindest von einer Annahme immer ausgeht, nämlich dass ausländische Studierende auf jeden Fall zahlen müssen, da sie an-sonsten das System ausnutzen? Wenn 90% des Erlernten als Basis den Euro-zentrismus zeigt und der Blick kaum nach außen schweift?

Es ist eine Illusion anzunehmen, die gängigen Mechanismen der Ausgrenzung seien überwunden. Bildung lässt uns vielleicht über so manche unreflektierte Aussage lä-cheln, doch bleibt der Wunsch, sich einer bestimmten Gruppe zugehörig zu fühlen und sich innerhalb dieser über andere zu heben, doch spürbar bestehen. Fraglich, ob sich das än-dern lässt. Zumindest gilt es, wach-sam zu sein.

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Seite 16 GeWitter 03/13

Österreich qualifiziert sich für die Weltmeister-schaft 2014! Der orakelhafte Traum von der erfolgreichen WM-Qualifikation geht weiter.

von Kevin Eberhard

Die Qualifikation für die Fußballweltmeisterschaft 2014 in Rio de Janeiro geht

weiter. Das GeWitter wird kurz auf die bereits absolvierten Spiele zurückschauen, dann aber wieder den Blick durch die Spaßbrille wa-gen und versuchen, die nächsten Herausforderungen für unsere Mannschaft humoristisch zu pro-gnostizieren. Weil unser letzter Schwerpunkt, das Phrasendreschen fürs Hochschulbudget, derartig ein-geschlagen hat und das Uni-Budget damit über Jahre hinweg ausfinan-ziert ist, wird sich das GeWitter nun dem nächsten Stein im Schuh widmen: Ausschluss des Rassismus vom Fußballplatz, vom Campus und von der ganzen Welt.

Ein RückblickNach den ersten drei gespielten Par-tien liegt Österreich mit 4 Punkten auf dem 4. Platz. Unser Team konn-te leider nicht, wie vom GeWitter vorhergesagt, alle Spiele für sich entscheiden, aber davon lassen wir uns nicht bremsen. In Erinnerung bleibt, wie die großen Deutschen von den kleinen Österreichern do-miniert wurden. Für alle, die dieses Spiel nicht gesehen oder verdrängt haben — es war wie eigentlich im-mer im Fußball: „22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende gewinnen immer die Deutschen.“ Aus den Partien gegen Kasachstan konnten wir immerhin

4 Punkte mitnehmen.Die Qualifikation ist also noch möglich, auch wenn der Sommer(nachtstraum) vorbei ist.

Ein AusblickIm ersten Spiel 2013 trifft unsere ös-terreichische Profi-Truppe auf die Amateure von den Färöer Inseln. Die nächsten Aufgaben könnten schwieriger werden, da sie Irland und Schweden lauten. Trotzdem will jeder österreichische Fan nichts ande-res als Siege, denn nichts anderes als die Qualifikation zur Fußballweltmeis-terschaft 2014 in Brasilien erwartet die gesamte rot-weiß-rote Fangemeinde. Und wir zeigen euch, wie’s klappen kann:Das erste Spiel bestreitet Österreich zu Hause gegen die Färöer Inseln. Wie erwähnt, handelt es sich bei den Spielern des kleinen Inselstaates fast ausschließlich um Amateure. Deswegen soll-te sich unsere Profi-Truppe auch im Worst-Case, nämlich wenn alle Spieler der Färöer von ihrem ei-gentlichen Beruf frei bekommen, diesen Sieg holen. Unser Tipp: Diese Punkte sind uns sicher: 6:0!

Die IrenDie nächste Partie wird um einiges schwieriger wer-den, denn nun heißt der Gegner Irland. Manche er-innern sich noch an die Vorstellungen der Iren bei der letztjährigen Europameisterschaft: Sie spiel-ten zwar grottenschlecht Fußball und schieden gleich sang- und klanglos aus, doch ihre Fans holten sich im Gegenzug den inoffiziellen Fan-Titel, indem sie ihre Mannschaft auch bei einem 0:3 lautstark anfeuerten und dem g e g n e r i s c h e n

WM 2014: Rote Karte für Rassismus

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re Namen der Schweden sind uns Österreichern bekannt, wenn auch nicht die Spieler dahinter: Lustig, Safari und Berg. Außerdem ist auch Schweden international gewor-den und ihre Nationalmannschaft leistet, wie die unsere, einen wich-tigen Teil zur Integration: Alaba, Junuzovic, Suttner und Almer auf der einen gegen Ibrahimovic, Ka-caniklic, Olsson und Larsson auf der anderen Seite. Beide Mann-schaften liefern sich einen großen Kampf ums Ticket für die WM. Un-ser Tipp: Das Stadion ausverkauft, ein rot-weiß-rotes Fahnenmeer mit kleinem gelb-blauen Schönheits-fleck. Ibrahimovic ist schwer zu bändigen, trifft mehrmals, aber die österreichische Mannschaft stemmt sich geschlossen dagegen und „zla-taniert“: David Alaba gelingt der viel umjubelte Siegestreffer zum 4:3 in der Nachspielzeit. Österreich befindet sich nun am angestrebten zweiten Platz der Gruppe C. Ibra-himovic weiß, der WM-Zug fährt ohne Schweden weiter und kann deshalb nur über seine Einzelleis-tung lachen: „Ich ging nach links, er ging mit. Ich ging nach rechts, er ging mit. Dann ging ich noch mal nach rechts, und er ging zum Würstchenstand.“

Der Traum von der WMNach den bescheidenen Leistungen am Beginn der Qualifikation läuft der Motor des österreichischen Na-tionalteams nun wie geschmiert. Die überzeugenden Auftritte gegen schwierige Gegner wie die Amateu-re von den Färöern, die von ihren Fans vorangepeitschten Iren und die Schweden um ihren Superstar Ibrahimovic lassen ganz Österreich hoffen, dass der Traum von der ers-ten WM-Teilnahme seit 1998 in Er-füllung geht. Nebenbei schafft es die österreichische Nationalmannschaft, Menschen – Migrationshintergrund hin oder her – zu versammeln und in friedlicher Gemeinschaft die wichtigste Nebensache der Welt ge-nießen zu lassen. Und alles andere ist doch primär!

GeWitter 03/13 Seite 17

Team durch ihr Gegröle Gänsehaut bescherten. Unser Team erwarten in Dublin also vorbildliche Fans, die ihre schwache Mannschaft zur Welt-klasse pushen können. Die österreichische Mannschaft wird daher mit allen Stars anreisen müssen, um dieses von ihren Fans „gedopte“ Team

schlagen zu können. Die österreichische Mannschaft hat dabei im Ge-gensatz zur irischen durchaus internationalen Charak-

ter: Arnautovic, Kavlak, Baumgartlinger und Fuchs auf der einen gegen O’Shea, O’Dea, McGeady

und McCarthey auf der anderen Seite. Auch wenn im irischen Nationalteam

im Vergleich zum österreichischen kaum Spieler mit Migrationshin-tergrund auflaufen, darf vonseiten der Gastgeber und ihren Fans nur mit absoluter Fairness gerechnet werden. Rassistische Schmäh-gesänge und Beschimpfungen mit Spielunterbrechungen und -abbrüchen, wie kürzlich leider häufiger zu beobachten, sind im vorbildlich toleranten Irland nicht zu erwarten. Dafür umso wahrscheinlicher 3 Punkte für Österreich. Unser Tipp: Marko Arnautovic ist von der Atmo-sphäre beeindruckt, schießt 3 Tore und wird von den Iren derartig gefeiert, dass er über-legt, gleich dort zu bleiben.

Mit 6 Punkten aus den beiden ersten Partien im Gepäck reist

die österreichische Nationalmann-schaft wieder zurück in die Heimat.

Im ganzen Land wird gejubelt, alle lie-gen sich in den Armen und feiern bis in die frühen Morgenstunden. Nur Marko Arnautovic geht heim schlafen. Er hat endlich seine Traumfrau gefunden: „Sili-konbrüste, Tätowierungen und schwarze

Haare“, meint er. Wie auch immer…Der Zug zur Weltmeisterschaft 2014 in Bra-

silien nimmt gehörig an Fahrt auf und Öster-reich ist noch rechtzeitig aufgesprungen.

Die SchwedenAls Nächstes geht es gegen Schweden. Die Schweden sind ein direkter Konkurrent auf den zweiten Platz. Deutschland, auf Platz 1, entspannt bereits an der Copa Cabana. Die Schweden kommen natürlich mit ihrem Su-

perstar Zlatan Ibrahimovic, dem schwe-dischen Arnautovic: „Ich bin mein

eigenes Idol.“ Von wem der beiden war der Spruch

noch mal? Aber auch ande-

Grafik: Horn

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„Dieser Schlossberg fasziniert mich!“Die Grazer Stadtschreiberin Dana Ranga, geboren in Rumänien, über die Finanzkrise, damit einhergehende neue Rassismen und ihre private Diktatur zu Hause.

Es ist Herbst, die Zeit der lei-sen Melancholie, und ich sit-ze Dana Ranga, der (damals

noch) neuen Grazer Stadtschreibe-rin, gegenüber. Geboren im Jahre 1964 in Bukarest, studiert sie dort Medizin und zieht 1987 nach Berlin, um an der Freien Universität Semio-tik, Filmwissenschaft und Kunstge-schichte zu studieren. Sie bleibt in der deutschen Hauptstadt und lebt als Schriftstellerin und Filmemache-rin. 1997 erscheint ihr Debüt-Film „East Side Story“, für den sie das Drehbuch schreibt und Regie führt. Zuletzt erschien 2011 ihr Lyrik-Band „Wasserbuch“ im Suhrkamp Verlag. Seit Herbst 2012 ist Ran-ga Stadtschreiberin von Graz. Sie wohnt im Domizil am Schlossberg. Erste Eindrücke von Graz: „Dieser Schloßberg fasziniert mich!“

Private Diktatur Auf ihre Vergangenheit in der da-maligen kommunistischen Diktatur in Rumänien angesprochen, erzählt sie: „Ich hatte meine private Dik-tatur noch mal zu Hause, also ich habe in so einer doppelten Diktatur gelebt, darum kam mir die außer-halb fast leichter vor, weil ich ja in meinen Jugendjahren kaum eine Berührung mit dem System hatte. Ich durfte zu Hause nicht schreiben, sondern sollte mich mit naturwis-senschaftlichen Dingen beschäfti-gen, weil ich von meinen Eltern aus Medizin studieren musste.“ Doch sie fand eine Lösung, um dieses

Problem zu umgehen: „Ich habe heimlich geschrieben, wenn mein Vater etwas gefunden hat, hat er es nicht verstanden, denn er konnte kein Englisch.“ Mit 14 Jahren hat sie ihrem Vater schließlich mitgeteilt, sie möchte Literatur studieren und Schriftstellerin werden. Bis dahin hat er gedacht, sie mache ihre Haus-

aufgaben; stattdessen schrieb sie be-reits ihre ersten Texte.

Muskel Schreiborgan Ob sie täglich schreibe, will ich von ihr wissen, während sie an ihrem Tee nippt: „Idealerweise schreibe ich jeden Tag. Ich habe für mich in-zwischen entdeckt, dass das Schrei-borgan ein Muskel ist, den man trainieren muss. Wenn ich nicht schreibe, geht es mir einfach nicht gut, oder gut genug, ich bekomme Angstzustände oder Dämonen und Schatten kommen dann wieder her-vor. Oder sie bringen mir neue Ide-en.“ Ausführlicher wird sie beim Thema Rassismus und bei der Fra-

von Johannes Rausch

Seite 18 GeWitter 03/13

Stadtschreiberin Dana Ranga. Foto: Hintz

ge, ob es einen solchen zurzeit gibt und wie es um ihn bestellt ist: „Die Finanzkrise weckt selbstverständ-lich wieder alte Ressentiments und Vorurteile. Dass man das jetzt mit der Zeit von vor 50 Jahren verglei-chen kann, dass es wieder zu Pog-romen führt, wage ich jetzt nicht zu prognostizieren. Aber ich merke, die Klasse wird zur Rasse, es gibt ei-nen Markenrassismus. Die Reichen bedienen sich bestimmter Marken und die Armen kommen und ko-pieren die Marken der Reichen. Ich glaube, die neuen Rassen wer-den eher Reich und Arm sein. Man sieht ja, dass es die Mittelschicht immer schwerer hat in ganz vie-len Ländern und ich glaube eben, dass dieser Wachstumswahn viel kaputt macht und noch viel kaputt machen wird. Man bekommt das überall mit. Zumindest in Europa und auch in den USA, wo so viele Ethnien zusammenleben, und in Indien, China und Russland, glau-be ich, werden alte Geschichten wie der Antisemitismus und jetzt eben auch der Antiislam langsam uninte-ressant. Ich glaube, es wird wieder wie im Mittelalter: arm gegen reich. Es ist also mehr eine Wohlstands- und Überlegensfrage als eine Frage der Hautfarbe – Gott sei Dank viel-leicht.“ Sie fügt noch hinzu: „Es ist Quatsch, dass wir uns einreden: ,Wir sind alle gleich‘, wir sind nicht gleich, aber wir sollten alle auf glei-cher Augenhöhe miteinander kom-munizieren und umgehen.“

Page 19: GeWitter März 2013

GeWitter 03/13 Seite 19

Das Festival eröffnet mit ei-nem besonderen Highlight: der Österreich-Premiere

von Paradies: Hoffnung, dem letz-ten Teil der bereits vielfach ausge-zeichneten Paradies-Trilogie von Ulrich Seidl. Die Diagonale bietet darüber hinaus als besondere Gele-genheit, die ganze Paradies-Trilogie von Ulrich Seidl erstmals in Öster-reich am Stück zu sehen. Aufgrund des zu erwartenden Besucheran-drangs sollte man sich die Tickets für dieses spezielle Event rechtzeitig sichern!

Spiel- und DokumentarfilmAbgesehen davon präsentiert das Festival herausragende Spiel- und Dokumentarfilme – viele davon Premieren: So Der Glanz des Tages, der neue Film von von Tizza Covi und Rainer Frimmel mit einem auf Hochtouren agierenden Philipp Hochmair in der Hauptrolle oder auch Anja Salomonowitz’s zuletzt auf der Berlinale präsentierte Do-kumentarfilm Die 727 Tage ohne Karamo, der sich mit der bitteren Realität der österreichischen Mi-grationspolitik auseinandersetzt. Über diese aktuelle Auswahl hinaus finden sich im Jahresrückblick zahl-reiche Highlights des vergangenen

Kinojahres wie Michael Hanekes Amour, Julian Roman Pölslers viel gelobte Verfilmung von Marlen Haushofers Roman „Die Wand“ oder auch Barbara Alberts Spuren-suche „Die Lebenden“. Einblicke in das Schaffen zweier bedeutender Positionen des inno-vativen Kinos kann man sich bei den Personalen von Michaela Grill und Josef Dabernig verschaffen. Beim internationalen „Special“ des Festivals darf man sich auf die Thriller von Dominik Graf freuen, der mit seinen Regiearbeiten für Der Fahnder, Tatort oder Polizeiruf 110 schon so einige Fernsehkrimi-abende in heimischen Wohnzim-mern in cineastische Highlights verwandelt hat.

Abseits der Kinosäle stehen auch bei dieser Diagonale Diskussio-nen zu kulturpolitisch relevanten Inhalten auf dem Programm und auch für Partystimmung ist reich-lich gesorgt. Diverse DJ-Lines im Festivalzentrum Kunsthaus Graz, ein Abend mit Diagonale-Künstler/innen an den Plattentellern und die Institut Schamlos-Party im Rah-men des Austrian Pulp-Specials geben ausreichend Gelegenheit ab-zufeiern.

Programminfo & Tickets ab 6. März im Kunsthaus Graz, Café Promenade, auf www.diago-nale.at/tickets und unter 0316 822 81 822 (10–18 Uhr) – ab 13. März auch in den Festivalkinos.

Was Österreichs

Film zu bieten hat

Von 12. bis 17. März erwartet Filmliebha-ber/innen bei der Diagonale österreichi-sches Kino in seiner ganzen Bandbreite.

GEWINNSPIEL

GeWitter verlost in Kooperation mit der Diagonale folgende Preise:

1. Preis: 6er Block für die Diagonale 2013 (max. 2 Tickets pro Vorstellung)2. Preis: 1x2 Tickets + 1 Diagonale-Katalog 3. Preis: 1 ray Filmmagazin Jahresabo4. Preis:1 Diagonale-T-Shirt

Das alles gibt’s natürlich nicht geschenkt, sondern ist mit einer Gewinnfrage verbunden: Wer bekommt 2013 den großen Diagonale-Schauspielpreis?

Die Antwort bitte bis 10. März 2013 per E-Mail mit dem Betreff „Diagonale 2013“ an [email protected] senden. Die Preise werden unter den richtigen Einsendungen verlost. Die Verständigung der Gewinner/-innen erfolgt wie immer per E-Mail.

Foto: Martin Stelzl

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Seite 4 GeWitter 05/12

Im Herbst 2012 veröffentlichte Cordula Simon ihren ersten Roman „Der Potemkinsche Hund“. Fotos: Lukas Dostal (2)

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GeWitter 03/13 Seite 21

Cordula Simon (26) studierte in Graz deutsche und russische Philologie. Kürzlich veröffentlichte sie ihren ersten Roman „Der Potemkinsche Hund.“

von Astrid Schmölzer

Wir GeWis bekommen oft die Fra-ge gestellt: „Und was macht man dann damit?“ Du kannst hoffent-lich deinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf deines Buches be-streiten?Na, hoffentlich! Ich meine, ich lebe eigentlich nicht von meinen Bü-chern, ich lebe von Preisgeldern, also eigentlich vom Staat — wie die Arbeitslosen, nur mir wirft man es nicht vor. Außerdem ist es immer sehr schwierig bei den GeWi-Leu-ten … Ich habe studiert, weil ich ja etwas machen musste; ich wollte eigentlich schon immer schreiben.Schon immer?

Ja, als ich acht Jahre alt war, habe ich beschlossen, ich schreibe jetzt den Superroman schlechthin - mit acht Jahren! Ich hab‘ also ein paar weiße Blätter mit Filzstiften ange-schrieben und mir ein Coverbild gezeichnet. Ich glaube, es ging darum, dass Socken verschwin-den, natürlich auf magische Wei-se … Wobei, das Thema ist ja ein Evergreen, würde ich sagen. Mit 12 habe ich bei Next Liberty einen kleinen Literaturwettbewerb ge-wonnen und dann bin ich zur Lite-raturwerkstatt gekommen. Und da hat es jedes Jahr einen Wettbewerb gegeben, das heißt, dass ein Text im Jahr ganz sicher drin sein musste — und dann noch die Sachen, die ich geschrieben habe, wenn ich zur Werkstattwoche eingeladen war. Das heißt, durch diese Dinge bin

ich eigentlich konstant beim Sch-reiben geblieben.Und seit wann würdest du dich jetzt als Schriftstellerin bezeich-nen?

Also, mit acht Jahren war ich ganz überzeugt davon, dass ich jetzt Schriftstellerin bin. Dazwi-schen gab es aber immer wieder Phasen, wo ich mir dachte: Nein, sicher nicht! Mittlerweile ist es schwer zu sagen, aber wenn an-dere mich als Autorin bezeichnen, dann könnte es schon sein, dass es stimmt. Obwohl das ja nicht immer geht, wenn jetzt andere sagen, dass ich spinne, weiß ich nicht, ob das jetzt auch stimmt …Aktuell zu deinem Roman: Da muss ja einmal eine Idee vorhan-den gewesen sein. Wie hast du dich an das Thema angenähert, wie bist du auf die Story gekom-men?

Das war eigentlich ganz leicht: Ich wollte einen realistischen Zombie-Roman schreiben. Dann habe ich angefangen zu recherchieren — deswegen muss es ja auch im Osten spielen, denn im Westen wird ein Leichnam ja mit Formaldehyd und so zugespritzt. Der steht dir ja nicht mehr auf, auch wenn du ihn wieder aufweckst. Im Osten ist das anders: Da werden deine Körperöffnun-gen schon mit Watte zuge-stopft und zusammengenäht

— also bei billigen Bestattungen. Und deswegen muss Anatol sich die ganzen Nähte nach seiner Auf-erstehung ja wieder entfernen.Und das Umfeld, das Milieu dei-ner Geschichte? Du lebst derzeit in Odessa, du kennst mittlerweile Land und Leute.

Ich war da schon sehr abhängig davon, was Leute mir erzählt ha-ben, aber ich glaube schon, dass die alle seriös mit mir umgegangen sind und so auf meine Fragen ge-antwortet haben.Zum Titel: „Der Potemkinsche Hund“. Wie bist du darauf ge-kommen?

Ja, also, das Wort „potemkinsch“

Was wurde aus ...Cordula Simon?

Ihre Inspiration holt sie sich im Alltag.

Bitte weiterblättern!

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Seite 22 GeWitter 03/13

kennen die wenigsten, wobei Potemkin ja bekannt ist. Das war der, der Jekaterina die per-fekten Dörfer gezeigt hat — al-les Fassaden, bekannt als die Potemkinschen Dörfer. Und das bedeutet auch „potem-kinsch“, nämlich nur Fassade, aber ansonsten nichts vorhan-den. Potemkin hat aber auch einige andere Sachen geleistet, er konnte auch sehr bösartig und grantig sein. Der war schon ein ziemlich lustiger Kauz. Und es gibt ja auch die Potemkinsche Treppe, die wirklich bekannt ist und das Bild findet sich ja in jedem Film aus dieser Gegend. Und der Hund, das ist eine Anlehnung an den Pawlow’schen Hund, also eigent-lich nicht so schwer.Wie leistest du dir dein Leben jetzt? Du hast erwähnt, dass du Preisgelder zusammengespart hast.

Ich hatte das Glück, dass ich bei Kurt Bartsch Diplomarbeit ge-schrieben habe — er war sehr schnell beim Durchschauen und Benoten, sonst wäre ich wohl noch immer in Graz und w ü r d e

studieren. So habe ich im Jänner 2011 meine Diplomprüfung gemacht. Und da hatte ich gerade drei Preise hintereinander bekom-men. Dann hab ich mir gedacht, in Österreich reicht das Geld nicht wirklich lange, aber in der Ukraine, da kann ich davon ein Jahr gemüt-lich leben. Also gehe ich jetzt in die Ukraine und schreibe mein Buch. Fertig. Der Plan war ganz gut, dann kamen Stipendien dazu, und jetzt denke ich mir, dass ich eigent-lich bleiben kann, bis mir die Koh-le ausgeht oder es mir nicht mehr taugt oder was auch immer. Ich habe den Plan gehabt, zuerst das

Geld zu haben und dann zu schreiben.Die Preise, die du gewonnen hast, sind ja wirklich beachtlich, auch sehr renommiert und durchaus be-gehrt. Was bedeu-tet dir das?Also, ich habe ein riesengroßes Ego, ich glaube, mir gefällt das ein-fach, wenn das Ego auch gefüt-tert wird. Es ist schon schön. Als ich das Staats-stipendium be-kommen habe, hat meine Mut-ter sofort eine Flasche Sekt

aufgemacht, im-merhin sind das 13.200 €, da kann ich mich jetzt sehr lange über Wasser halten.Du hast auch Russisch stu-diert.

Ich habe aber eigentlich sehr schlecht stu-diert, man

merkt das auch im Buch — da sind einige Sachen transliteriert, die nicht ganz sauber sind. Aber ich behaupte auch nicht, dass ich im Russischen so eine gute Orthographie hätte, ich bin da im-mer so mit einem Vierer durchge-rutscht. Und dann kam ich nach Odessa in meinem Auslandssemes-ter — wo keiner Englisch, Deutsch, Spanisch, Französisch oder sonst was konnte, was ich mir bröck-chenweise aus der Schule noch zu-sammenreimen hätte können. Also stand ich da, konnte nichts verste-hen und nichts sagen. Das Tolle bei den Odessiten ist allerdings, dass sie wahnsinnig viel gestiku-lieren, das sagen sie auch von sich selbst: Ein Odessit, der in beiden Händen was hält, ist stumm. Sie gestikulieren sogar, wenn sie den-ken. Und deswegen checkt man relativ schnell, um was es geht — bis dann der Moment da war, wo ich gemerkt habe: Wow, ich kann ja richtig toll kommunizieren! Und mein Mitteilungsbedürfnis ist im Russischen nicht geringer als im Deutschen. Was war für dich ausschlagge-bend, nach Odessa zurückzukeh-ren?

In der Ukraine spürten die Leu-te schon 2009 die Wirtschaftskrise ziemlich arg, als bei uns zwar alle panisch waren — aber gespürt ha-ben wir nichts. Jetzt wird es dort immer heftiger, sodass zeitweise Produkte aus den Supermärkten verschwinden. Aber solange der Euro langsamer fällt als der Griv-

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GeWitter 03/13 Seite 23

Cordula Simon macht momentan die Straßen von Odessa unsicher. Fotos: Dostal (5)

na, ist es für mich gut — und des-wegen bin ich auch wieder dorthin.Du bist also für ukrainische Ver-hältnisse reich?

Naja, reich nicht. Es gibt dort keine Mittelschicht, nur eine Un-ter- und eine Oberschicht. Die Uk-raine ist kein armes Land, es gibt nur wahnsinnig viele arme Leute. Ich habe zu viel Geld für die Unter-schicht, aber definitiv nicht so viel Geld, dass es für die Oberschicht reichen würde.Was sind die Unterschiede, die du bei den Menschen in Österreich

und der Ukraine siehst?Ich glaube, dass die Unterschiede

eigentlich ziemlich marginal sind. Was ich als größten Unterschied be-trachten würde, ist das Sudern bei den Österreichern, also Jammern, ohne an einem Problemlösungs-prozess orientiert zu sein — darin sind die Österreicher besser als alle anderen. Auch das Klischee, dass die Ukrainer mehr trinken würden; ich hab immer das Gefühl, dass ich in Österreich mehr trinke.Wie wichtig ist dir diese Konstan-te in Graz, die du durch das Lite-

raturhaus und die plattform hast?Sehr wichtig, denn es sind noch im-mer die gleichen Leute, die auch in der Literaturwerkstatt waren und jetzt bei der plattform sind. Und die kann ich fragen, wenn ich Kritik möchte und brauche. Also, wenn ich jetzt ein bisschen herumexperi-mentiert habe und mir nicht sicher bin, dann bitte ich darum, dass sie was dazu sagen. Und dann sagen sie was dazu. Und ich finde es toll, dass ich so immer genügend Infos über Graz bekomme, auch wenn ich immer lange weg bin.

Chrib’s TippsSchreib dich quer durchs Studium

Schreiben ist ein Prozess. Du nickst. Was soll es sonst sein? Aber: Warum ist Schreiben manchmal so schwer? Gerade das erste Wort?Weil die Ansprüche hoch sind, weil man spät beginnt, weil …Mein Schreibtrick Nr. 1: Schreiben als Prozess! Teile die Textarbeit in 2 Phasen: Rohtext und Überarbeitung. So ist Schreibtrick Nr. 2 möglich: Hab Mut, schlechte Rohtexte zu sch-reiben! Überarbeitet wird später. Und schon purzeln die ersten Worte!verspricht Christina Boigerschreibenmitchribs.at

GEWINNSPIELDas GeWitter verlost ein Exemplar des Buches „Der potemkinsche Hund“.

Gewinnfrage: In welchem Land spielt „Der potemkinsche Hund“? a) Nimmerland b) Erdbeerland c) Ukraine

Sendet uns die richtige Antwort bis 19. März an [email protected] Betreff: GeWinnspiel

(Wir danken dem Verlag für die fre-undliche Zurverfügungstellung des Verlosungsexemplars)

Page 24: GeWitter März 2013

Ganz Graz, ganz ganz Graz ist von der esoterischen Entspannungswelle besetzt. Alle sind davon besessen, Yogazentren schießen wie römische Feldherren mit Angeboten wild um sich und …

... alle, mein Freundeskreis ein-genommen, wurden einer nach Räucherstäbchen duftenden, alu-miniumfeindlichen, handystrahlen-freien Herrschaft unterworfen.Nicht einmal Barden-ähnliche-Klänge in selbsternannten Entspan-nungs- und Wellnessangeboten halten meine Freunde und Freun-dinnen auf …… nur ein kleines Eck in meinem Kopf, jener Teil in dem logische Argumente und wissenschaftlich nachvollziehbare Studien liegen, leistet noch Widerstand …Doch um seinen Feind zu besiegen, muss man ihn kennen wie seine Muttersprache.

NamastéDer Duftöl-Kerzen behaftete Raum meiner Yoga-Schnupperstunde füllt sich schnell mit Gymnastikhosen, angeklebt an gut geformte Körper, die enge Tops tragen und barfuß von innen heraus lächeln. „Namas-té“ — wörtlich „Verehrung dir“, be-grüßt man mich. Das also — mein Ziel! Das Verb sein, die Kopula verschwindet — so viele glückliche Menschen in einem Raum brauchen kein Hilfswort, das „Sein“ haben sie längst erreicht. Also, mein Ziel, wo — du? Wie — ich so?Wir bewegen uns, ich grüße die Son-ne, strecke als Kobra meinen Hals gen Himmel und kämpfe als Krie-

ger für — ja für was? Die Wieder-einführung des Kopulaverbs? Doch dann: Der herabschauende Hund bellt mir unverblümt ins Gesicht: Ich denke an mein Mittagessen, Frank-furter mit viel Senf, dazu ein paar Stück Brot und spüre, dass mein Es-sen auch an mich denkt. Ich werde nicht nur eins mit meinem Körper, all meine Gedanken sind auch bei ihm: Ich denke an das Sauerkraut, das ich nicht bestellt habe, ich denke daran, dass ich nur ein kleines Bier hätte trinken sol-len und ich konzentriere mich auf meine Leistengegend, die in dieser Position sehr ge-fordert ist, und beschwöre sie, nicht wiederzugeben, worauf all meine Gedanken abzielen. Als ich mich dann endlich im gefalteten Blatt zusam-menkauere und freue, dass mein Bauch sich, nun end-lich auf den Oberschenkeln ruhend, langsam von dem Kopfstand erholt, der zum Glück keinen Vulkanausbruch verursachte, stellt sich ein gutes Gefühl ein: Ich bin tatsächlich froh. Froh, mich nicht über-geben zu haben. Froh, mei-nen Bauch zu entspan-nen. Leider überträgt sich diese Entspannung nicht auf meinen Kopf, der sich gerade überlegt, wie das

von Kristian Tisch ([email protected])

Seite 24 GeWitter 03/13

Die Grammatikder Entspannung

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Die Kunst zu entspannen. Grafik: Heidi Kofler

GeWitter 03/13 Seite 25

weibliche Geschlecht in dieser Po-sition alle Körperteile auf den Ober-schenkeln, dazwischen oder rund-um verteilt. Und gerade jetzt, als es spannend wird, ist die Stunde aus.

Autogenes TrainingDa ich aber erst am Anfang meines Wegs zur vollkommenen Entspan-nung und zum inneren Frieden stehe, und weiß, dass der Weg das Ziel ist, kämpfe ich, um auch beim Autogenen Training einen Platz zu bekommen. Ansprechend ist dabei vor allem die Vorstellung, dass sich mein Körper in der Horizontalen befindet und kein Positionswechsel vorgesehen ist. Ich habe mich zuvor bei dem

autogenen Trainer erkundigt. „Alles nur liegend,

alles mental“, er-klärt er mir

und ich

freue mich, als ich die fehlende Ko-pula wieder treffe. Ich liege so da, höre dem autogenen Trainer mental zu. Die Arme werden schwer, die Beine auch, mein ganzer Körper. Ich liege, höre tiefes Atmen um mich herum und frage mich, ob die anderen schlafen oder wirklich so gut autogen trainiert sind. Mein Puls ist langsam und gleich-mäßig, meine Gedanken auch, der mental-autogene Trainer spricht mir alles langsam vor. Mein Puls — gleichmäßig, Meine Tempera-tur — angenehm, dazu kommt in regelmäßigen Abständen: „Ich bin ganz ruhig und entspannt.“Dann geht der mentale Trainer ei-nen Schritt weiter und versucht, auch Herr über meinen Atem zu werden: „Es atmet mich ganz ru-hig und gleichmäßig.“ Da hört dann aber meine Entspan-nung auf. Ich denke an das deut-sche Wörterbuch. „Atmen“ ist — vom Standpunkt der Valenz — ein einwertiges Verb, das auf Satzglie-debene ein Subjekt verlangt. Eine Person kann atmen. Aber die hier verwendete Zweigliedrigkeit des Verbs — es atmet mich — macht mich stutzig: Wer ist das Subjekt, das mich zum Atmen bringt?Auf Grund des neutralen Pro-nomens — es — nehme ich an, es handle sich um ein geschlechtsloses Subjekt. Es kommen daher Gott oder der Heilige Geist in Frage, aber aufgrund meiner fundierten religiösen Kenntnisse weiß ich, dass Gott sich in aller-

lei Wundern und Glauben äußert, selten jedoch in Form

eines Atems. Daher: Ein neu-trales Subjekt, das mich atmet

— Das Leben? Das Entspannung? Oder vielleicht das Lungenma-schine?

Wieder bin ich froh, dass diese Entspannungseinheit endet, diesmal mit einer REM-Phase — mein Nach-bar ist eingeschlafen, rö-chelt entspannt vor sich hin, während sich mein Kopf mit

der semantischen Valenzbesetzung des atmenden Agenten beschäftigt.

Die Feldenkrais-MethodeNoch habe ich das Allheilmittel der Entspannungsmethoden nicht gefunden, probiere aber auch die Feldenkrais-Methode. Dabei bemüht sich mein Kopf wieder, allen Anwei-sungen zu folgen, meinen Körper auf ein Ziffernblatt zu legen und da-bei meinen Kopf, mein Becken und meinen ganzen Körper in verschie-dene Uhrzeiten zu bringen. Die ein-zig wirklich angenehme Position ist sechs Uhr — da liege ich recht gera-de. Aber bei der mentalen Vorstel-lung mein Becken liegt auf neun Uhr siebenundzwanzig, während mein Kopf um zehn Minuten vor zwei zu explodieren droht, schießt es mir: Gibt es auch eine einfache, vielleicht entspannende, sogar grammatika-lisch korrekt besetzte Entspannungs-methode?

Letzte Station: SaunaIn der Sauna hänge ich diesem Ge-danken nach und mein Körper tropft schlaff alle noch verfügbaren Reste des Lebens aus mir heraus. Nicht nur „es atmet mich“, sondern auch „es schwitzt mich“. „Die Unpersönlichkeit in der sportli-chen Grammatik“ — welch wunder-barer Titel für eine germanistische Diplomarbeit! Fast bedaure ich, nicht Deutsch zu studieren…Ich spüre meinem Körper nach, so, wie ich das in den letzten beiden Wochen gelernt habe. Mein Körper spricht zu mir, erzählt von Lädierun-gen, von Blessuren und von gram-matisch völlig unkorrekten Neben-wirkungen, die ihm sehr zugesetzt haben.Und während meine Freunde beim orientalischen Couscous-Essen mit Lammeintopf in der Lotushaltung entspannt grünen Tee trinken, danke ich dem Druiden des Propellers. Hier wird mein Zaubertrank gebraut, der mir morgen nur eine Nebenwirkung bringen wird: Einen Kater. Schnurrli wird er heißen und gemeinsam sind wir dann unbesiegbar!

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