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Gewittermessungen der Jahre 1936 und 1937 Bericht an die Forschungskommission des SEV und VSE für Hochspannungsfragen (FKH) Von K. Berger, Zürich Sonder- Abdruck aus dem Bulletin des Schweizerischen Elektrotechnischen Vereins Jahrgang 1943, Nr. 13 1943 A.-G. Fachschriften .Verlag & Buchdruckerei, Zürich S 1360 - 250 - VII. 43

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Gewittermessungen der Jahre 1936und 1937

Bericht an die Forschungskommission des SEV und VSEfür Hochspannungsfragen (FKH)

Von

K. Berger, Zürich

Sonder-Abdruckaus dem Bulletin des Schweizerischen Elektrotechnischen Vereins

Jahrgang 1943, Nr. 13

1943A.-G. Fachschriften .Verlag & Buchdruckerei, Zürich

S 1360- 250 - VII. 43

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SCHWEIZERISCHER ELEKTROTECHNISCHER VEREIN

Sonder-Abdruck aus dem Bulletin des SEV, Jahrgang 1943, Nr. 13

Gewittermessungen der Jahre 1936 und 1937Bericht an die Forschuugskommission des SEY und YSE für Hochspannungsfragen (FKH)

von K. Berger, Zürich 621.3 015.3.0014

Als Fortsetzung der zuletzt im Jahr 1936 veröffentlichtenBerichte des Versuchsingenieurs über die Messungen derFKH an Hochspannungsleitungen zur Bestimmung der durchGewitter verursachten Ileberspannungeti werden im folgendendie Resultate der Messungen aus den Jahren 1936 und 1937veröffentlicht. Diese Messungen wurden an der Gotthard­leitung (150 kV) und an der Leitung Lavorgo-Veveri (80 kV)gemacht. Als Messinstrumente dienten wieder die im SBB­Messwagen eingebauten Kathodenstrahloszillographen. Weiterwurden Messungen mit Klydonographeti ztlld mit Stahlstäb­chen gemacht. Die Messungen bestätigen die Resultate derfrüheren Untersuchungen. Die Form der Gewitterüberspan­nungeti ist sehr mannigfaltig. Ganz hohe Spannungen kommennur bei nahen Blitzeinschlägen in die Leitung vor. Soweitdie Frage der Leitungsiiberspannungen mit dem Kathoden­strahloszillographen abgeklärt werden kann, dürften dieseMessungen mit dem Bericht praktisch abgeschlossen sein. InZukunft werden sich die Studien auf die Vorgänge in un­mittelbarer Nähe des Blitzeinschlags. also au] die Messungdes Stromes im Blitz selber konzentrieren.

Im Anhang wird über die Bestimmung der Wellenfort­pflanzungsgeschwindigkeit längs der Gotthardleitung alsGrundlage der Fehlerortsmessung mit dem Kathodenstrahl­oszillographen berichtet.

1. Untersuchte ObjekteIn den Gewitterperioden der beiden Jahre 1936

und 1937 standen die gleichen Hochspannungslei­tungen für die Gewitteruntersuchungen zur Verfü­gung wie in den Vorjahren 1934 und 1935. Es istdies hauptsächlich die mit 150-kV-Drehstrorn be­triebene Gotthardleitung Lavorgo-Amsteg mit denAusläufern nach den Endstationen Bodio (Tessin)und Rathausen (1936), bzw. Gösgen (1937), wodie Energie transformiert wird. Ebenso wurde dieBO-kV-Drehstromleitung von Lavorgo über Bodionach Reazzino-Ponte Tresa-Italien (Veveri) mitden 3 im Eisenhahnwagen eingebauten Kathoden­strahl-Oszillographen (KO) überwacht.

Eine Beschreibung dieser beiden Leitungenwurde im letzten Bericht über unsere Gewitter­messungen bereits gegeben; wir verweisen dar­auf 1). Eine Aenderung gegenüber damals entstandlediglich durch die Weiterführung der 150-kV­Leitung von Rathausen bis Gösgen seit Ende 1936.Die Ausrüstung beider beobachteten Leitungen warbis auf hier belanglose Einzelheiten die gleichewie in den Vorjahren 1934 und 1935. Dagegen

1) Bull. SEY 1936, Nr. 6, S. 145.

Faisant suite altX rapports pub lies en 1936 pur l'ingenieurchurge des essais entrepris par la FKH, en vue de deserminerles surtensions prouoquees par les orages dans les lignes ahaute tension, le present rapport est consacre aux mesuresejiectuees en 1936 et 1937 sur la ligne du Gothard (150 kV)et sur celle de Lavorgo-Veveri (80 kV). Ces mesures, [aitesa l'aide des oscillographes cathodiques instolles dans. une voi­ture des CFF, ainsi que de clytlonographes et de barreauxd'acier, conjirment les resuluüs precedents, La forme des sur­tensions dues aux orages varie beaucoup. Des tensions treseleuees ne se presentent qu'a proximite immediate des coupsde [oudre dans les lignes. Pour autant que la questioti dessurtensions dans les ligties aeriennes puisse etre elucidee al'aide d'oscillographes cathodiques, ces mesures pezwent etremaintenant considerees comme terminees. A I'ouenir, les etu­des porterout plus particulierement sur les plienomenes quise produisent alt point d'impact de la [oiulre, c'est-a-dire surla mesure du COlu'ant de [oudre proprement dito

En. annexe figure un. rapport sur la determination de lavitesse de propagutioti des ondes le long de la ligne duGothard, en VZte de la localisatioti des defaztts a l'aide del'oscillographe cathodique..

schien es, als ob sich die Masterdungen der Berg­strecke der Gotthardleitung gegenüber früher ver­schlechtert hätten, da bei Widerstandskontrollenhöhere Ohmwerte festgestellt wurden. Die Erschei­nung hängt möglicherweise mit dem Ausschwem­men des beim Bau verwendeten Lehmes zusammen.

2.. MesseinrichtungenWie in beiden Vorjahren kamen zur Ausmes­

sung «ler atmosphärischen Ueberspannungen fol­gende Messmittel zur Anwendung:

a) Der aus 3 einzelnen Kathodenstrahloszillographen zu­sammengebaute KO der FKH, der, wie früher, in einenBahnwagen dcr SBB eingebaut war.

b) Je ein Klydonograph in den Anlagen Bodio, Lavorgo,Amsteg und Rathausen an der 150-kV-Leitung, ferner je einweiterer in den 80-kY-Anlagen Bodio und Lavorgo.

c) Stahlstäbchen zur Messung des Scheitelwertes von Blitz­strömen.

d) Steilheitsmeseer zur Messung der grössten Steilheit vonBlitzströmen. Die Einrichtungen c und d waren in erster Linieauf Masten der Gotthardleitung eingebaut, daneben wurdenaber auch Teilstücke von 3 andern Höchstspannungsleitungenmit Stahlstäbchen ausgerüstet, ferner 2 Berggipfel, nämlichder Windmesser auf dem Säntis und der Aussichtsturm aufdem Bachtel im Zürcher Oberland.

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Zu a}: Zu den oszillographischen Messungenmit dem KO-Messwagen wurden die gleichen Ga­borschen Spannungsteiler benutzt wie in den Vor­jahren. Diese sind zusammengesetzt einerseits ausje 2 Widerständen zu ca. 5500 Q pro Phase, beste­hend aus Manitlösung in Porzellanrohren mit Sil­berelektroden. Der Widerstandswert der 12 benutz­ten Rohre hat in den 4 Jahren nicht wesentlichgeändert; dagegen nahm die Abhängigkeit desWiderstandes von der Temperatur, die ja für Ma­nit ausserordentlich klein sein soll, mit der Zeitzu. Es scheint sehr schwierig zu sein, einen Manit­Widerstand so rein herzustellen, dass er seine Unab­hängigkeit von der Temperatur jahrelang beibe­hält. Als Kapazitäten der Spannungsteilung wurdenstets Kabelstücke benutzt, und zwar für 150 kVdieselben Oelkabel, für 80 kV die gleichen Masse­kabel wie in den beiden Vorjahren. Trotzdem dieseKabelstücke der grellen Sonne ausgesetzt waren,hielten sie sich anstandslos. Die Prüfung der Oel­kabel geschah jeweils im Frühling mit Wechsel-­spannung von 170 kV Effektivwert gegen Erdewährend ca. 1/2 Stunde. Das Uebersetzungsverhält­nis der Spannungsteiler in 150 und 80 k V wurdeauf denselben Wert eingestellt.

Die Kathodenstrahl-Oszillographen (KO) warengenau dieselben wie in den Vorjahren. Wegen desDauerbetriebs wurden alle 3 Kathoden erstmalsdrehbar gemacht, um mehrere Ansatzstellen desKathodenstrahls ausnützen zu können, bevor eineAuswechslung der Kathode nötig wird.

Die Zeitablenkung der Kathodenstrahlen geschahim Sommer 1936 wie in den Vorjahren mit Hilfeeiner sinusförmigen Hilfsspannung, die von einem300-Hz-Generator geliefert wurde. Im Sommer 1937wurde dagegen zum ersten Mal eine neue Schal­tung zur Erzielung einer beliebig oft wiederholtenund linearen Zeitablenkung angewendet. Sie bestehtin einer Elektronenröhre und einer einstellbarenFunkenstrecke, über welche ein Kondensator perio­disch geladen und entladen wird. Das Bedürfniszu einer solchen Schaltung entstand aus den schlechtauswertbaren Umkehrpunkten der sinusförmigenZeitablenkung. Wenn ein Ueberspannungsvorganggerade im Moment der Umkehr der Zeitablenkungauftritt, kannxlie Zeitdauer der Ueberspannungennicht ausgewertet werden. Mit dem neuen «Zeit­relais» ist dies dagegen in allen Fällen möglich.Die Gesamtzeitdauer für die Niederschrift einesOszillogramms beträgt ca. 0,02 s, d. h. 1 Periodeder Betriebsfrequenz 50/s, bei einem KO etwasweniger. Leider zeigte sich erneut, dass bei Mehr­jachblitzen ein Teil der Ueberspannung für dieAufzeichnung verloren gehen kann. Nach einerOszillogramm-Aufzeichnung braucht nämlich derKO bzw. sein Zeitrelais mehrere Zehntelsekunden,bis es zur nächsten Aufzeichnung wieder bereitist. Entstehen innert diesen Zehntelsekunden wei­tere Teilblitze eines und desselben Gesamtblitzes,so ist der KO noch nicht schreibbereit. Will es derZufall, dass der erste Teilblitz die Leitung nichtdirekt traf, wohl aber der 2. oder 3. Teilblitz, danngeht er für die Aufzeichnung verloren. Ein Beispiel

eines Mehrfachblitzes, bei dem die Auslösung desOszillogramms auf Grund einer nur kleinen Ueber­spmmung geschah, und wo dann nach etwas mehrals 1150 s ein wesentlich stärkerer Ueberspannungs­stoss folgte, der von 2 KO gerade noch erfasstwurde, während der dritte KO bereits gesperrt war,zeigt :Fig. 18. Wäre der zweite Teilblitz, der diegrössere Ueberspannung veranlasste, nur eine wei­tere i/50 s später erfolgt, so würde sich im Oszillo­gramm nur die unbedeutende erste Ueberspannungzeigen.

Man könnte Abhilfe suchen durch sofortige Wie­derbereitstellung des KO, nachdem er ein Oszillo­gramm geschrieben hat. Leider entstehen dann soviele Auslösungen kurz nacheinander, dass die Os­zillogramme überladen werden. Eine Registrier­einrichtung für die Erfassung aller Ueberspannun­gen bietet somit noch ein interessantes Problem,dessen Lösung vermutlich in der Bereitstellung vie­ler und beliebig rasch nacheinander erfolgenderAuslösungen (Entsperrungen) des Kathodenstrahlsliegt, wobei jede Auslösung ein Oszillogramm mitbeschränkter Zeitdauer (z, B. 5000 j.ts) nieder­schreibt. Eine andere Möglichkeit wäre die, dieIntensität des Kathodenstrahls durch die zu mes­sende Ueberspannung modulieren zu lassen, der­art, dass er nur während der Ueberspannungs­dauer sehr intensiv, sonst aber nur sehr lichtschwachschreibt.

Zu b): Die Klydonographen-Insto'zlation wurdegegenüber den Vorjahren nicht geändert. Trotzder weitgehend glimmfreien Luftkondensatoren zurHochspannungsteilung sind wir zur Ueberzeugunggekommen, dass diesen Einrichtungen Fehler an­haften, welche ihre Verwendung als Messinstru­ment in Frage stellen, solange sie nicht in jedemFall mit dem KO kontrolliert werden können.

Zu c) und d): Die Anordnung der «Blitzstäbchen»und Steilheitsmesser auf den Masten der Gotthard­leitung blieb die gleiche wie in den Vorjahren.Aus rein praktischen Gründen wurde die Befesti­gung der «Blitzstäbchen» verbessert durch Einbauin isolierende, geschlossene Röhrchen, weil es sicherwiesen hatte, «lass eine grössere Anzahl Stäbchenim Winter durch Schnee und Eisabfall von denMasten beschädigt worden war. Auch die an denErdseilen befestigten Stäbchen wurden derart ein­geschlossen, weil die vorher in Bohrungen einerhorizontalen Holzleiste lose von oben eingesteck­ten Stäbchen spurlos verschwanden. Die Erschei­nung war am deutlichsten in vogelreichen Gegen­den, insbesondere in der Westschweiz. Es mussangenommen werden, dass Vögel, vor allem wohlElstern, für ·dieses Verschwinden der losen Erdseil­stäbchen verantwortlich sind.

Die auf einigen Berggipfeln ausgesetzten Stahl­stäbchen wurden aus obigen Gründen von Anfangan in Holzleisten mit durch Korkzapfen abge­schlossenen Bohrungen hineingesteckt.

Sodann wurden an der Gotthardleitung aucheinige Aufhängebolzen der Isolatorenketten mitStäbchen ausgerüstet, um unterscheiden zu können,ob Ueberschläge infolge Ueberspannung des Pha-

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Ueherspannungen von doppelter Scheitelwert­höhe der Betriebsspannung entstehen im 80-kV-Netz 8 20mal pro Sommer, im 150-kV-Netz nurmehr 2 6mal pro Sommer. Diese Angaben bezie-hen sich naturgemäss auf den Messpunkt Lavorgo,der für das 80-kV-Netz eine Kopjsuuion, für das150-kV-Netz eine Durchgangsstation darstellt.

Fig. 1 und 2.Häufigkeitskurven verschieden hoher atmosphärischer Ueher­snannungen anf Grund der oszillographischen l\lessungen in

Lavorgo in den Sommern 1936 und 1937uoo Scheitelwert der normalen Betriebs-Sternspannung.ttvn Scheitelwert der normalen verketteten Betriebsspannung.Abszisse ;Um : Höhe der vom Blitz erzeugten, der momentanen

Betriebs-Wechselspannung überlagerten Ueber­spannung.

Ordinate n : Anzahl jener Ueberspannungen, deren Höhe denAbszissenwert erreleht oder übersteigt.

Da die atmosphärischen Ueberspannungen nurinfolge der Spannungsbegrenzung durch die Anla­genisolation mit der Betriebsspannung zusammen­hängen, könnte man die Ueberspannungen beiderNetze auch absolut,d. h. ohne Rücksicht auf dieBetriehsspannung, vergleichen. Es würde sich fol­gendes ergeben:

In der Kopfstation (80 kV) entstehen pro Som­mer ca. 15...30 Ueberspannungen von mindestens100 kV Höhe, in der Durchgangsstation (150 kV)jährlich ca. 8...25 solche. Ueherspannungen vonmehr als 50 kV Höhe sind etwa 3mal häufiger alssolche mit mehr als 100 kV. Ueberspannungen vonmehr als 200 kV kommen pro Sommer nur wenigevor, im Durchschnitt etwa 5. Die Anzahl derarthoher Ueberspannungen wird etwa gleich grosswie die Anzahl direkter Blitzeinschläge in dieLeitung pro Jahr.

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7

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105

850Aufgenommene und ausge­

wertete OszillogrammeAnzahl Oszillogramme, die

innert ca, 1/50 s 2 Teil­blitze erkennen lassen

Anzahl Oszillogramme mit3 Teilblitzen innert ca,l/ED s .

senleiters oder «les Mastes (Rücküberschlag) entste­hen (siehe Fig. 12).

3. Resultate

a] Oszillographische Messungen.Die 3 KO waren im Sommer 1936 vom 11. Mai

bis Mitte Oktober im Betrieb, im Sommer 1937vom 30. Mai bis zum 3. Oktober. In dieser Zeitwurden insgesamt ca. 850 + 450 dreiphasige Oszil­logramme atmosphärischer Ueberspannungen auf­genommen. Die meisten davon zeigen eine einma­lige Ueherspannung, welche die Leitung wenigeMale durchläuft und dann abgeklungen ist. EinTeil der Oszillogramme dagegen zeigt nach Ab- 1

10

klingen der 1. Ueberspannung und bereits wiederberuhigter Leitungsspannung plötzlich einen 2. odersogar 3. Ueberspannungsstoss. Es ist anzunehmen,dass diese Mehrfach-Ueberspannungen von Mehr­fachblitzen herstammen. In Tabelle I ist die Häu­figkeit solcher Teilblitze innert «ler Oszillogramm­Dauer, d. h, innert ca, 1/50 s, angeführt.

JO

Anzahl registrierter Teilblitze. Lavorgo 1936/37Tabelle 1.

Ueher die Häufigkeit der verschieden hohenatmosphärischen Ueberspannungen auf den beidenLeitungen für 150 und 80 kV geben Fig. 1 und 2Auskunft. Verglichen mit den Vorjahren 1934 und1935 ist die Zahl der aufgenommenen Oszillogrammeeher kleiner, insbesondere derjenigen, welche kleineUeberspannung zeigen. Dies hängt mit einer etwasweniger empfindlichen Einstellung des Auslöse­relais zusammen. Die grössern Ueherspanmmgensind dagegen im 150-kV-Netz im Mittel etwa gleichhäufig wie in den Vorjahren. Im 80-kV-Netz istdas Jahr 1935 durch abnormal starke Gewittertätig­keit ausgezeichnet. Es muss erwähnt werden, dassdie Höhe der Ueherspannungen wie in den Vor­jahren als Abweichung von der sinusförmigen Be­triehsspannung gezählt wurde. Je nach dem Pha­senmoment der Betriebsspannung kommt daher diegemessene Ueberspannnng nicht als absolute Ueber­spannurig gegen Erde in Erscheinung; die Zahlder Ueherschreitungen des Scheitelwerts der nor­malen Betriebsspannung ist somit wesentlich klei­ner als die Zahl der in den Kurven dargestellten«Ueberspannungen».

Die Anzahl «Ueherspannungen» pro Sommer,welche den Scheitelwert der verketteten Betriebs­spannung an Grösse übertreffen, beträgt in den 4Beobachtungsjahren im 80-kV-Netz 25...100, im150-kV-Netz 7...18.

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Magnetisierte Stahlstäbchen 1936 und 1937Tabelle 11.

grösster Vorsicht aufzunehmen sind. Eine Diskus­sion der Häufigkeitskurven erübrigt sich hier.

c] Blitzstrommessungen.

Die Gesamtzahl der an Masten und Erdseilenvom Blitz magnetisierten «Stahlstäbchen» in denbeiden Sommern 1936 und 1937 betrug ca. 100.Davon weist ein Teil so schwache Magnetisierungauf, dass sie nicht ausgewertet wurde. Die restli­chen 86 Stück ergeben Häufigkeiten von Blitz­stromanteilen in Masten und Erdseilen nach Ta­belle H.

Fig.4.

Häufigkeitskurve der an der80.kY.Leitung in Lavoreo imSommer 1937 mit Klvdonog'ra-

phen gemesseueu absolutenUeberspnnnungen

Abszisse: Höhe der Ueber­spannung 'Um inkV.bzw. als Vielfa­ches p des Schei­telwertes der nor­malen Betriebs­Sternspannung,

Ordinate: Zahl n der über­spannungen vonmindestensAbszlssenbetrug.

Fig.5.

Häutlgkeltskurve der an der 80·kY·Leitung in Bodio im Sommer1937 mit Klydonographen gernesse-neu absoluten Ueherspannungen

Abszisse: Höhe der Ueberspan­nung Um in kV. bzw.als Vielfaches p desScheitelwertes dernormalen Betriebs­Sternspannung.

Ordinate: Zahl n der Ueberspan·nungen von minde­stens Abszissenbetrag.

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-p59 177 295 412 kV

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b) Klydonographen.Messungen.

Die Häufigkeitskurven der in einigen Stationenmit Klydonographen gemessenen absoluten Ueber­spannungen gegen Erde sind in Fig. 3...5 dargestellt.

Wie betont wurde, sind die gemessenen Zah­lenwerte der Spannungen stets die ,dem momen­tanen Wert der Betriebsspannung überlagertenSpannungen, nicht die absoluten Ueberspannungengegen Erde, deren Anzahl naturgemäss kleiner ist.Es ist ersichtlich, dass die Anzahl wirklich hoherUeberspannungen pro Sommer an einem bestimm­ten Messpunkt auch bei hochisolierten Leitungen,wie dies bei den beobachteten Leitungen der Fallist, in unsern Gegenden sehr klein ist. Ein Ahlei­ter für atmosphärische Ueberspannungen muss proSommer nur wenige Male in Aktion treten, wenn essich um Uebertragungsnetze handelt. Zugleich mussauch hier auf die grosse Bedeutung einer gewissenMinimal-Isolation für an Freileitungen angeschlos­sene Anlagen hingewiesen werden. Hochspannungs­anlagen ohne Ableiter sollten mehr als ca. 50 kVStossüberschlagsspannung der Isolatoren aufwei­sen; wenn nicht, sind bei Gewitter allzu oft Ueber­schläge zu erwarten. Es ist bemerkenswert, dasssich diese Isolationshöhe rein empirisch in den­Werkbetrieben ergeben hat, denn auch unsere 8-kV­Anlagen wurden allmählich so isoliert, dass siedieser Anforderung entsprechen.

Auf der Leitung selber können die Ueberspan­nungen wesentlich höher sein, als sie in der Mess­station Lavorgo waren. Dies gilt besonders für hoheUeberspannungen, welche beim Durchlaufen derLeitung sehr stark gedämpft werden. Für die klei­nen und damit meistens länger dauernden Ueber­spannungen ist diese Dämpfung kleiner, so dassfür die Freileitungen ungefähr dieselbe Forderunggilt, nämlich eine Minimal-Isolation, welche min­destens 50 kV kurzzeitig standhält. Interessanter­weise ist die Praxis schon längst zu diesem Resul­tat gekommen, sogar für Schwachstrom- und Sekun­där-Leitungen, die ja ebenfalls den Gewittern aus­gesetzt sind.

o 1 2 3 4 5-p

112 336 56QkV

Aus der mehrjährigen Erfahrung heraus sind wirzum Schluss gekommen, dass den Klydonographenals Tastorganen für Ueberspannungen Bedeutungzukommt, dass sie aber als «Messinstrumente» mit

Wie in den beiden Vorjahren sind grössere Blitz­ströme als 40 kA in Masten in keinem Fall nach­gewiesen worden. Die Grösse des gesamten Blitz­stromes lässt sich in einigen Fällen schätzen, beidenen Stäbchen sowohl an Masten, als auch anden Erdseilen eingebaut waren. Einige solche Bei­spiele sind in Fig. 6...13 dargestellt.

In den Bildern bezeichnen die Pfeile durchwegsdie Richtung des negativen Blitzstromes, d. h. dieRichtung der Elektronen. Da weitaus die meisten

563522

2oo

im Erdsell

30231752o

in Masten

grösser als 2 kAgrösser als 5 kAgrösser als 10 kAgrösser als 20 kAgrösser als 30 kAgrösser als 40 kA

Blf tzatröme

Fig.3Häufigkeitskurven der an der 15D-kY-Lei­tung in Bodio und Lavorgo im Sommer1937 mit Klvdonng.ruphen gemessenen abso-

luten UeberspannungnnAbszisse: Höhe der überspannung Um

in kV. bzw. als Vielfaches1) des Scheitelwertes der nor­malen Betriebs-Sternspan­nung.

Ordinate: Zahl n der Ubersuanrrungenvon mindestens Absz.lssenbe­trag.

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7-

Blitze negative Ladungen zum Boden führen, gibtdiese Pfeilrichtung anschaulichere Bilder als um­gekehrt, weil die Pfeilrichtung dann mit der übli­chen Vorwachsrichtung des Blitzes von der Wolkezum Boden zusammenfällt.

schwache Punkte wirken. An .den zwischenliegen­den Stangen Nr. 73...77 zeigten sich keinerlei Spuren.

Leider kommen recht manche Fälle vor, in de­nen der Blitzstromverlanf auf Grund der Stäbchen­messungen nur vermutet werden kann. Die Strom-

136

,5 "137

Fig.6.

Blitzstromverteilung (kA) nach Messungen mit

«Stahlstäbchen» am Erdseil, 132·kV.Leitung Put­

donx-Kerzers der SBB, 1936

11.112

13 16

"10-­HSO·­

SEVff066

B/Clcigfn

seilstäbchen einfache Stösse genauer messen alsdie Maststäbchen, weil die Lage «les Stroms zumStäbchen genauer bekannt ist, werden die Mast­stäbchen von gleichpoligen Blitzströmen nicht um­magnetisiert, wie dies leider bei Erdseilstäbchenbei mehrfachen Einschlägen in verschiedene Lei­tungspunkteder Fall ist.

Fig.8.Blitzstromverteilung (kA) nach Messungen mit «Stahlstäbehen»,150·kV.Leitung Biekigen-Brislaeh des EW Basel, mit Erd·

seil, 1937

verteilung nach Fig. 9 ist eventuell durch 2 Ein­schläge erklärlich. Fig. 10 und 11 geben im Gegen­satz dazu 2 Beispiele jener Fälle, wo der Blitzein­schlagsvorgang unklar bleibt. Während die Erd-

I1to-'~J5 H,0· 2 5,15

MSO... I6,2 MSO.. 32,1

t 1Jt tORRa/hau"n

7. 77 ,. 79 60 81

11'0·'5,' Mw""a Mfo--"t1SQ.. 18 HSO-- 1150--

1'0J2 1

zs74

Nicht immer ist der Blitzschlag so einfach wiein Fig. 6, wo die Erdseil-Stromrichtungen die Ein­schlagsstelle zwischen den Masten 134 und 135klar erkennen lassen, und wo die beiden pro Mastbefestigten Stahlstäbchen mit 10 und 50 cm Ab­stand vom Mast ungefähr gleiche Stromwerte erge-

Fig.7.BlitzstromverteIlung (kA) nach Messung mit «Stahlstäbehen-,150·kV·Leitnng Rathansen-Immensee, ohne Erdseil, Blttzeln­

schlag vom 4. September 1937(Osz. siehe Fig. 31)

o bedeutet Holzstange. 0 bedeutet Eisenmast.

68 69

-O---O----[=:J----c:l---d~--O--

111 '"<, <, <, '1 2,5 1,7

11'0__H1O-~". f'f1O_ 48 M'O .. 4,4 MW _ ' fo,1

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MSO_tJ,6~ "'50-- M5Q... 2~a

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Fig.9.Blitzstromverteilung

(kA) naeh Messungenmit «Stahlstäbehen»,150·kV·Leitnng Blekl­gen-Brislaeh des EW

Basel, mit Erdseil, 1936

In diesem Zusammenhang sollen noch 2 Bei­spiele des folgenden Sommers (1938) Erwähnung

finden, Fig. 12 und 13. In Fig. 12 handelt es sichum einen Einschlag in heide El'dseile zwischenden Masten 113 und 114, mit nachfolgendem Rück-

11'0,,',\5

M',0·'·,61150- 19,9 MSO=/1,1

+ .l-Fig.l0.

Blitzstromverteilung (kA) naeh Messungen mit «Stahlstäbeheu».150·kV·Leitung Biekigen-Brislaeh des EW Basel, mit Erd·

sell, 1936

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75

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71

ben (16/19,7 kA, 13/13,7 kA). Die Unklarheit desBildes bei Mast 137, wo der Maststrom scheinbarverkehrte Richtung aufweist, ist auf die Ungenauig­keit der Messung von Mastströmen unter 5 kA zu­rückzuführen.

Einfache Blitzschläge liegen weiter in Fig. 7und 8 vor. Fig. 7 ist ein typisches Beispiel für dasVerhalten einer gemischten Leitung. In der Figursind Eisenmasten als Vierecke, Holzstangen alsKreise gezeichnet. Der Einschlagsort wurde zu­nächst auf Grund der oszillographischen Fehler­ortsbestimmung von Lavorgo aus zu ungefähr 120km von Lavorgo bestimmt, und dann durch dasAuffinden von Splittern am Kopf der StangeNr. 72 bestätigt. Der Blitzstrom Hiesst nach beidenSeiten bis zu den nächsten Eisenmasten, die als

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überschlag von beiden Masten nach Phase I. Auf­fallend ist der Abfluss des Blitzstromes, der überviele Spannweiten weg mit nur langsam abneh­mendem Strom erfolgt. Dasselbe gilt von deretwa einen Monat später erfolgten zweiten Gewit-

terstörung im gleichen Gebiet (Fig. 13). Ausnahms­weise zeigt sich hier die Entladung einer positivenWolke. Es scheint ein Einschlag sowohl in Mast106 als auch in das Erdseil I der Spaunweite derMasten Nr, 105 und 106 vorzuliegen. Unklar bleibtdie Polarität einiger Maststäbchen, die vermutlichzum Teil verkehrt eingebaut waren,

Gollh;rd ~imax \, 12.6k~,\'OkA , 15,3kA 511kA

EI" 3,2kA 4,okA 4,3kA7,5kA 7,2kA 2,3kA 2.8kA 21,5kA 23kA 14,9kA 14,5kA9,BkA lqSkA 1QOkA lO,1kA BflkA

MAST No. '02 '03 '0' TOS '06 101 lOB '09

E.2,7kA 4'kA 2,9kA 6,3kA 59kA 2,2kA 3,4kA9,2kA ~6kA 15,6kA 17,OkA 11flM '1t~kA lO,1kA 11,2kA 9,8k

im", 9,9kA 14,7kA 16,3kA -

(~)max ok'V~, -a,4kA/}Js :~~:~WY}J$ OkA/}Js -20kA//-Is - - ---'0,0 Urseren·

Kreuzung

von Ueberschlägen unter Annahme eines Einschlagsin die Mitte zwischen 2 Erdungsstellen gelten:

">L diu . dt

5 . 106 > X • 0,6 . 10-3 • 40 . 109 • y:!5

oder x < 12 = 0,417 km

Darin ist der Faktor 1/2 wegen der Aufteilungdes Blitzstroms in 2 Hälften nach beiden Leitungs.richtungen gesetzt. Der höchstzulässige, Erdungsab­stand (2' x) beträgt somit ca. 800 m, Liegen dieErdungastellen des Erdseils soweit auseinander, so

G~n

~7kA 9,4kA ~3kA a,BkA 8,5kAB,3kA 8,2kAB,lkA BfikA ~akA ~5kA 7.3kA 7,2kA 6,9kA S,SkA 5,3kA 4,7lcA

110 n 112 113 11. 115 116 m ns~6kA 94kA 9,SkA91kA &2kA 8,6kA 9,1kA 8,4kA 8~kA 7,7kA ,2kA 7,9kA 7,2kA 71kA ~3kA 53kA 4,9kA

129

1,'13

128

13',6513

~"." 127

14,25

F'ig', 11.

Blitzstromverteilung (kA) nach Messungenmit «Stnhlstäbehen» am Erdseil,

132-kY-Leitung Kerzers-Rnpperswil der SBB. 1931

$ Kerz,n

"'131 II 132

SEVflO69 12 13 5;' 12 1q2

ps

S~"'ff07'

Fig. 13.Blitzstromverteilung nach Messungen mit «StahlstäbclIen»,

150-kY-Gotthal'dleitung mit zwei Erdseilen,Gewitter vom 27. Juli 1938

(Pfeile bedeuten hier ausnahmsweise positiveBl.ltzstromrtchtung.)

2,9kA3,3kA

1,9kA 1,HkA 2,lkA 2,lkA 2,9k' 4,2\(11. 3,6kA 4,9kA 4.9kA 5,lkA 6,6kA fi,Sk 6,6kA

AST No 103 T04 105 '06 107 'OB '09

2,1kA 3,4kA 2,2'" 2,lkA 1,8kA 4,2kA 3,6k 5,2kA 5,3kA 5,3kA 5,6kA 7,7k 8.1kA

M

E"

E,

kann bei steilstem Blitzstrom und obigen Leitungs­daten ü und L gerade noch ein Stangenüberschlagerfolgen. Liegen sie näher heisammen, so ist diesnicht mehr zu erwarten. Dabei spielen Erdungs­widerstände unter 10 Q noch keine wesentlicheRolle. Für schlechtere Erdungen ermässigt sich derhöchstzulässige Erdungsabstand.kA

2,4kA

- u-seeen- - 2~ko/lJsKrl'uzung

+3,6kA/ps+3,1-3,6-3,0

~

- 2,9kA2,SkA Ph,* 4,9kA/

S,8kA 3,8kA 2,4kA9j~ 3.4kA

a,lkA 8,9kA 6,7kA 9,3kA Q3kA 1lkA 10,5 6.6kA llkA 14kA 14,Sk a,4kA 8,lkA 7,2kA 7,3kA

110 tu "2 " '13 JI llq 115 "6 mBkA 8,9kA 9,4k 9,7kA S.4k 11~k:h·'0,6 18,3kA lBkA14,7kA 12f1kA B,"A B,1kA 6,3kA 6,BkA 6,6

Ph(% 34kA " 145kA

24kA5,6kA 43kA

Imille

(~jmax

+2,5kA~~~1~~kA45

Fig, 12.Blitzstromverteilung nach Messungen mit «Stahlstäbehen»,

150-kY-Gotthardleitung mit zwei Erdseilen.Einschläge vom 11.... 22. Juni 1938

(Pfeile bedeuten bisher stets Richtung des negativenBl ltzstroms.)

Für die grösste Steilheit (di : ds) des Blitzstromsin Masten ergaben eich einige neue Messungen,welche die im letzten Gewitterbericht angegebeneHäufigkeitskurve bestätigen. Die grösste gemesseneBlitzstromsteilheit liegt bei 30...40 kAI flS.

Soll z, B. eine Holzstangenleitung gegen Zer­splitterungen durch Blitzeinschläge mit einem Erd­seil geschützt werden, so errechnen sich damit diehöchstzulässigen Abstände der Erdungen des Erd­seils aus dem induktiven Spannungsabfall längs derLeitung zwischen Einschlagstelle und Erdung. Miteiner mittlern resultierenden Induktivität der Lei­tung (3 Phasen + Erdseil ) von L = 0,6 mH/kmund ca, 5 Millionen V mittlerer Stossüberschlag­spannung ü der Holzstangen muss zur Vermeidung

4. Oszillogramm-Beispiele von Gewitter·üherspannungen

Fig. 14...31 zeigen typische Oszillogramme vonGewitterüberspannungen der beiden Jahre 1936 und1937. Die zugehörigen Daten sind jeweils aus denLegenden ersichtlich. In allen Fällen, wo die Lagedes Gewitterherdes zunächst unbekannt war, wur­den zugleich beide Leitungen zur Messung mit dengegenüberliegenden Messplatten des KO verbunden.Leider ist die Auswertung m diesen Fällen nurdann möglich, wenn nicht beide Leitungen zugleichvom Blitz beeinflusst werden. Eine solche gleich­zeitige Beeinflussung ist auf der Gemeinschafts­strecke Lavorgo-Bodio möglich. Auch lässt sichdie Polarität der Ueberspannung in diesen Bildernnur dann angeben, wenn nachträglich bekanntwurde, aus welcher Leitung die Ueberspannungstammte. In einem interessanten Fall wurde dieAuswertung leider auf diese Weise praktisch un­möglich gemacht, nämlich bei einem direkten Blitz­einschlag in beide Leitungen auf der 8,3 km langen

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Gemeinschaftsstrecke Lavorgo-Bodio (Gewitter vom24. Juli 1937, Einschlag 14.40 Uhr bei Chironico).Da am Mast mindestens 3 Leiter überschlugen undder KO die Spannungen zwischen je 2 Seilen misst,

Fig.14.Gewitter vom 26. Juni 1936, 16.00 Uhr, Osz. 3/142

Messung zugleich an Gotthardleitung und Leitung Süd (80 kV),Gewitter über Leitung Süd.

ist leider die Auswertung der Spannungen gegenErde nicht möglich. Das betreffende Bild wirdhier nicht reproduziert.

Die Bilder zeigen im allgemeinen Ueherspan­nungen, die wesentlich tiefer sind als die Ueher­schlagsspannnng der Isolation in Lavorgo. Dies giltauch .dann, wenn es auf der Leitung infolge desBlitzes zum Ueberschlag kam. Ursache ist die be­trächtliche Dämpfung der Ueberspannungen längsder Leitung. Die Abklärung dieser Frage wird ineinem andern Bericht gegeben werden.

Besonders zu erwähnen ist Fig. 31, welche einenBlitzschlag in eine angeschlossene Holzstangen­strecke (SK-Leitung Amsteg-Rathausen) darstellt,wobei der Blitzstrom gemäss Fig. 7 mit Stahlstäb­chen bestimmt werden konnte. Es entstand an jenemMorgen ein Kurzschluss, dessen Lage trotz Bege­hung der Leitung zunächst vom Personal nichtgefunden wurde. Daraufhin wunde aus dem zeitli­chen Abstand der Punkte A und Bdes Oszillogram­mes Fig. 31 die Entfernung des Kurzschlusses zu

ca. 120 km bestimmt, worauf dann bei nochmaligerLeitungsbegehung am Kopf der Stange Nr. 72 tat­sächlich Spuren eines Blitzeinschlags gefundenwurden, ebenso Ueberschlagsspuren an den benach­barten Eisenmasten Nr. 70/71 und 78 (Fig. 7).

Da Stange Nr. 72 keinen Ueberschlag zum Bodenaufwies, lässt sich ein Maximalwert der Blitzstrom­steilheit sofort ausrechnen. Bei 90 m Spannweiteund unter der Voraussetzung, dass alle 3 Drähteauf der Holzstange vom Blitz erfasst wurden (eswurde sofort 3phasiger Kurzschluss festgestellt),ergibt sich bei 6.106 V Stossüberschlagsspannungder Stange und ca. 0,75 ,uH/m Leitungsinduktivität:

Ldi/dt< 6,106,

und mitL0::!. 90'0,75 ,uH = 67,5 ,uH

di/dt< _6_ .10 1267,5 '

d, h, di/dt ist sicher kleiner als 90 000 A/us, beieinem Blitzstrom von maximal 60 kA.

Fig. 15.Gewitter vom 26. Juni 1936, 19.35 Uhr, Osz, 3/155

Messung zugleich an Gotthardleitung und Leitung Süd (80 kV),Gewitter über Leitung Süd. (Das Osz. ist der Deutlichkeit hal­

ber für Ph. II und III herausgezeichnet.)

Fig. 32 zeigt ein Oszillogramm, das am 13. Sep­tember 1937, morgens 8.10 Uhr, erhalten wurde.Der Betrieb erfuhr zu dieser Zeit einen Erdschlussmit anschliessendem Kurzschluss. Aus dem Oszillo­gramm ist keine Ueberspannung ersichtlich; da ge-

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l<'ig. 16 (links nebenstehend).

Gewitter vorn 28. Juli 1936, 11.40 Uhr, Osz, 6/52

Messung zugleich an Gotthardleitung und Leitung Süd (80 kVI,Gewitter über Leitung Süd, Leitungskurzschluss.

gen lässt sich aus dem zeitlichen Abstand der PunkteA und B ein Erdschluss in ca. 40 km Abstand vonLavorgo bestimmen (Bätzberg-Schöllenen). Wiesich nachträglich herausstellte, bestand zu jenemZeitpunkt kein Gewitter, dagegen starker Rauhreif.Der Erdschluss scheint die Folge des Abwurfs von

Fig. 18.

Gewitter vorn 4. September 1936, 13.54 Uhr, Oss, 9/16

Messung an Gotthardleitung. (Ueberspannung erst beim 2. Teil­blitz; im Osz, Phase I keine Ueberspannung ersichtlich, weiljener KO etwas früher sperrt, in Osz. Phase IU knapp er-

sichtlich, daher punktiert nachgezeichnet.)

Eis zu sein, Auffallend ist die ausserordentlichflache Front des Spannungszusammenbruchs. Sieist offenbar bedingt durch den grossen Widerstandam Erdschlussort. Die Zeitbestimmung für dieFehlerorts-Messung wird dadurch leider wenigergenau als bei metallischem Erdschluss.

Die gelegentlich der Gewitterregistrienmg be­merkte Möglichkeit, Fehlerorte mit dem KO zubestimmen, gab Anlass zu einer systematischenUntersuchung der Genauigkeit dieser Methode, überderen grundsätzliches Resultat im Anhang nochkurz berichtet wird.

Fig.17 (links nebenstehend).Gewitter vorn 4. September 1936, 13.40 Uhr, Osz. 9/11

Messung an Gotthardleitung.

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Fig'.19.Gewi'tter vom 4. September 1936, 14.19 Uhr. Osz, 9/20

Messung zugleich an Gotthardleitung und Leitung Süd (80 kV).

Fig. 20.Gewitter vom 4. September 1936, 14.28 Uhr, Osz, 9/22

Messung zugleich an Gotthardleitung und Leitung Süd (80 kV},

Fig. 21.Gewitter vom 20. September 1936, 16.02 Uhr, Osz.10/23

Messung an Gotthardleitung, nahes Gewitter.

Fig. 22.Gewitter vom 14. Juni 1937, 15.49 Uhr, Osz. 1/27

Messung zugleich an Gotthardleitung und Leitung Süd (80 kV),nahes Gewitter. (Osz, Phasen II und III zeigen infolge etwas

längerer Dauer bereits 2 Teilblitze.)

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Die vorliegenden Messungen bestätigen die Ge­wittermessungen der Vorjahre. Die Form derGewitterüberspannnngen auf .der Leitung, insbe-

Fig. 23.Gewitte,r vom 14. Juni 1937, 20.09 Uhr, Osz, 1/39

Messung an Leitung Süd (80 kV), dreipoliger Kurzschluss.

Fig.24.Gewitter vom 5. Juli 1937, 22.12 Uhr. Osz, 3/27

Messung zugleich an Gotthardleitung und Leitung Süd (80 k'V),Kurzschluss in 80 kV, Phasen I und H.

12 -

sondere auch ihre Front- und Halbwertdauer, istausserordentlich mannigfaltig. Sehr hohe Span­nungen kommen nur bei nahen Blitzeinschlägen

Fig. 25.

Gewitter vom 7. Juli 1937. 20.25 Uhr, Osz, 3/41

Messung an Leitung Süd (80 k V}, Erdschluss Phase IH.

Fig.26.Gewitter vom 12. August 1937, 17.12 Uhr, Osz, 6/26

Messung zugleich an Gotthardleitung und Leitnng Süd (80 kV).

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Fig.27.

Gewitter vom 12. August 1937, 20.40 Uhr, Osz, 6/42

Messung zugleich an Gotthardleitung und Leitung Süd (80 k V),

Erdschluss Gotthardleituug, Phase IU.

Fig.28.

Gewitter vom 13. August 1937, 14.07 Uhr, Osz, 6/46

Messung an Gotthardleitung, Gewitter im oberen Tessin.

Fig.29.

Gewitter vom 14. August 1937, 19.12 Uhr, Osz. 7/31

Messung an Gotthardleitung, Erdschluss Phase UI am Schutz­

horn in Bodio.

Fig. 30.Gewitter vom 14. August 1937, 19.20 Uhr, Osz, 7/40

Messung zugleich an Gotthardleituug und Leitung Süd (80 kV),Gewitter im unteren Tessin. •

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in die Leitung vor. Die Wahrscheinlichkeit, solcheEinschläge mit dem KO an der Leitung zu erfas­sen, ist klein (das Oszillogramm des nächsten beob­achteten Blitzeinschlags in die Leitung ist in Fig.19 des Gewitterberichtes der Jahre 1934/35, BuH.

Fig. 31.

Gewitter vom 4. September 1937, 7.53 Uhr, Osz. 8/65

Messung an Gotthardleltung, Blitzschlag in 150-kV-Leltung,Mast 72 SK bei Ebikon, Kurzschluss.(Blltzstromverteilung siehe Fig. 7.)

SEV 1936, Nr. 6, dargestellt, der Einschlag befandsich 1,9 km vom Messpunkt Lavorgo). Soweit dieFrage der Leitungsüberspannungen mit dem KOabgeklärt werden kann, dürfte dieses Problemheute als praktisch weitgehend gelöst betracbtetwerden. Da sich der direkte Blitzeinschlag als wich-

5. Anhang

Bestimmung der Wellen-Fortpflanzungsgeschwindig­keit längs der Gotthardleitung als Grundlage der

Fehlerortsmessung mittels KO.

Durch das Entgegenkommen und die Mithilfeder Motor-Columbus AG. in Baden und der Aare­Tessin AG. für Elektrizität in Olten (Atel) alsBetriebsinhaberin der Gotthardleitung, wurde esmöglich, im Herbst 1935 eine grössere Zahl vonErdschlüssen und Kurzschlüssen an der Cotthard­leitung durchzuführen. Die Leitung wurde zu die­sem Zweck am 5./6. und am 13. Oktober ausserBetrieb gesetzt und für die Versuche von einemseparaten Generator mit reduzierter Spannung ge­speist. Die Einleitung der Erd- oder Kurzschlüssegeschah über eine Funkenstrecke von 8...10 cmSchlagweite an einem Horn, das an verschiedenenPunkten der Leitung eingebaut und durch lang­sames Hochfahren der Spannung des Generatorszum Ansprechen gebracht wurde. Der entstehendeErd- oder Kurzschluss löst Wanderwellen aus, dievom KO in Lavorgo registriert wurden. Die Ab­schaltung des Erd- oder Kurzschlusses geschahmittels der 150-kV-Schalter möglichst rasch. Ausder Menge der aufgenommenen Oszillogramme wur­den die Laufzeiten der Wanderwellen vom Fehler­ort zur Meßstelle Lavorgo und zum LeitungsendeBodio möglichst genau bestimmt und daraus mitder bekannten Entfernung des Fehlers die Wellen­geschwindigkeit ausgerechnet.

Tabelle III gibt das Resultat der Auswertungaller aufgenommenen Oszillogramme. Die Zeitmes­sung in den Oszillogrammen geschah dabei durchnachträgliches Eichen des logarithmischen Zeit­maßstabes mit einer Eichfrequenz, deren Höhemit einem vom Amt für Mass und Gewicht geeich­ten Resonanzkreis bestimmt wurde. Fehler von ca,± 2% sind dabei möglich.

Die Aufzeichnung aller Werte über «lem Lauf­weg ergibt keinerlei Anzeichen für' eine Abhängig­keit der Wellengeschwindigkeit vom Laufweg. Viel­mehr scheinen die Abweichungen nur in der Streu-

Fig.32.

Erdschluss vom 13. September 1937, 8.10 Uhr, Osz. 9/44

Messung an Gotthardleitung, Phase Ur.

tigster Störer entpuppt bat, beanspruchen in Zu­kunft vor allem die Vorgänge in unmittelbarerNähe des Blitzeinschlags grösstes Interesse. Die wei­tere Blitzforschung wird sich daher zukünftig inerster Linie mit der Ausmessung des Stroms imBlitz selber befassen müssen.

Lautweg ei uer Welle(Hinweg + Rückweg)

km

]6,617,924,4429,454,456,181,286,1

102,7109,2110,5127,1222

Tabelle IU

Mi t t le reWe 11 erun-schwtndl.e kelt

m/f-ls

292,0295,6291292,2296,0286290,4299282284,5295285288,5

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ung begründet zu sein, die durch die beschränkteGenauigkeit der Zeitmessung nach der verwende­ten Messmethode bedingt ist. Obige Mittelwerteergeben 291 ± 3% m] fhS Wellen-Geschwindigkeit,gegenüber dem bekannten Wert von 300 m/ flS

im Vakuum. Ein Unterschied der Wellengeschwin­digkeit für Erd- und Kurzschlusswellen konntenicht nachgewiesen werden, sofern stets der Beginnjeder Welle (jedes «Echos») zur Zeitmessung be­nutzt wird. Diese Beobachtungen erklären sichoffenbar dadurch, dass wesentliche Wellenteile stetszwischen den Leitern wandern. Daher nähert sichdie festgestellte Wellengeschwindigkeit trotz dessehr hohen Bodenwiderstandes doch dem Wert imVakuum sehr stark.

Die Fehlerortsmessung mittels Wanderwellenbzw. mit dem KO scheint daher grundsätzlich durch­führbar zu sein, wenn auch einige Schwierigkeitenim Lesen der Oszillogramme bestehen dürften, ins­besondere, sofern die Leitung nicht homogen ist,

oder wenn am Fehlerort ein Uebergangswiderstandvon ea. 500 Q besteht.

Für die überaus zuvorkommende Mithilfe beiden Gewittermessungen in den vier Sommern1934...1937 und bei den ergänzenden Erdschluss­und Kurzschlussversuchen sind wir der Betriebslei­tung und dem Personal der Atel in Olten undBodio und im Kraftwerk Piottino, wie auch demLeitungspersonal der Gotthardleitung zu grösstemDank verpflichtet. Auch allen denen, die uns durchGewittermeldungen unterstützt haben, möchten wirbei dieser Gelegenheit herzlich danken. Fernerdanken wir der Motor-Columbus AG., insbesonderederen Ingenieur Herrn G. Hunziker, für die tat­kräftige Mithilfe bei «[en Fehlerortsversuchen. DieAuswertung der Wellengeschwindigkeiten wurde voneinem Volontär, M. P. Mineur, besorgt, der diesegrosse Arbeit mit Sorgfalt und Hingebung durch­geführt hat.