„gibt es arthralgien bzw. arthritiden bei oder nach einer infektion mit erysipelothrix...

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S. Schubert „Gibt es Arthralgien bzw. Arthritiden bei oder nach einer Infektion mit Erysipelothrix rhusiopathiae (Rotlauf)?“ Z Rheumatol 61:337 (2002) 10.1007/s00393-002-0399-1 ZfRh 399 LESERFRAGEN Prof. Dr. Stefan Schubert ( ) ) Universität Leipzig Medizinische Klinik und Poliklinik IV Abt. Infektions und Tropenmedizin Philipp-Rosenthal-Str. 27 04103 Leipzig, Germany Antwort: Ja, allerdings sind Arthritiden als Komplikationen von Rotlaufinfek- tionen beim Menschen äußerst sel- ten. In aller Regel ist bei ihm der Rotlauf (Erysipeloid) eine lokale Infektion im Bereich der Erreger- Eintrittspforte – meist an Fingern mit gelegentlich scharf begrenzter Ausbreitung zum Handrücken. Bei entsprechender beruflicher Ex- position (Fleischer, Köche, Tier- ärzte, Tierpfleger, Fischhändler) und typischem Krankheitsbild ist es eine klinische Blickdiagnose – ansonsten lässt sich das gramposi- tive unbewegliche Stäbchen kultu- rell nachweisen, wobei Unter- suchungsmaterial durch eine bis zur Subkutis reichende Excision vom Erythemrand gewonnen wer- den muss. Die Haut ist livide ver- färbt, juckt und schmerzt und ist etwas geschwollen (ohne Eiter), wodurch häufig auch eine periarti- kuläre Schwellung und deutliche Funktionsbeeinträchtigung des je- weils benachbarten Gelenks be- steht. Mit der Abheilung klingen auch diese Gelenkbeschwerden vollständig ab. Wenn auch die Er- krankung i. d. R. innerhalb von 3–4 Wochen selbstlimitierend ist, sollte man eine orale Antibiotika- Behandlung (Penicillin als Mittel der Wahl) über 5–7 Tage durch- führen – bei Einbeziehung des Ge- lenkbereiches länger. Äußerst sel- ten kann es wie gesagt zu chro- nischer Arthritis bis hin zu Arthri- tis deformans und Handgelenks- versteifung kommen. Es handelt sich um nicht-eitrige Arthritiden, aus denen der Erregernachweis nur selten gelingt und welche of- fenbar zu einem großen Teil aller- gisch-hyperergisch bedingt sind. Es sind bisher nur wenig mehr als 50 Fälle mit systemischen In- fektionen und dadurch schweren Komplikationen, v.a. Endokarditi- den, welche pathogenetisch Ähn- lichkeiten mit der rheumatischen Endokarditis aufweisen, beschrie- ben worden. Solche schweren Fälle mit Endokarditiden und Arthriti- den kommen besonders bei Tieren wie den Schweinen vor. Chronische Polyarthritiden sollen v.a. bei jun- gen Schafen gehäuft auftreten. Literatur: Brüschke, G. (Hrsg): Handbuch der Inne- ren Medizin/Bd. 5 (Infektionskrankheiten), VEB Gustav Fischer Verlag Jena 1983, S. 687–689; Hahn, H., u. Mitarb. (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie und Infektio- logie/3. Aufl., Springer Verlag Berlin Hei- delberg 1999, S. 342; Johannsen, U., u. Mitarb. (Hrsg): Lehrbuch der speziellen Veterinärpathologie, VEB Gustav Fischer Verlag Jena 1986, S. 33–36; Krauss, H., u. Mitarb. (Hrsg): Zoonosen, Deutscher Ärz- teverlag Köln 1986, S. 70–71; Plonait, H., u. Mitarb.: Lehrbuch der Schweinekrank- heiten, Verlag Paul Parey Berlin u. Ham- burg 1988, S. 83–88; Sundermann, A. (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin, Bd I/3. Aufl., VEB Gustav Fischer Verlag Jena 1969, S. 57; Wyngaarden, J.B., et al. (eds): Cecil Textbook of Medicine / 19th edition, W.B. Saunders Company, Phila- delphia 1988, p 1723 Redaktion: Prof. Dr. H. Häntzschel, Leipzig

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S. Schubert „Gibt es Arthralgien bzw. Arthritiden beioder nach einer Infektion mit Erysipelothrixrhusiopathiae (Rotlauf)?“

Z Rheumatol 61:337 (2002)10.1007/s00393-002-0399-1

ZfR

h399

LESERFRAGEN

Prof. Dr. Stefan Schubert ())Universität LeipzigMedizinische Klinik und Poliklinik IVAbt. Infektions und TropenmedizinPhilipp-Rosenthal-Str. 2704103 Leipzig, Germany

Antwort:Ja, allerdings sind Arthritiden alsKomplikationen von Rotlaufinfek-tionen beim Menschen äußerst sel-ten. In aller Regel ist bei ihm derRotlauf (Erysipeloid) eine lokaleInfektion im Bereich der Erreger-Eintrittspforte – meist an Fingernmit gelegentlich scharf begrenzterAusbreitung zum Handrücken.Bei entsprechender beruflicher Ex-position (Fleischer, Köche, Tier-ärzte, Tierpfleger, Fischhändler)und typischem Krankheitsbild istes eine klinische Blickdiagnose –ansonsten lässt sich das gramposi-tive unbewegliche Stäbchen kultu-rell nachweisen, wobei Unter-suchungsmaterial durch eine biszur Subkutis reichende Excision

vom Erythemrand gewonnen wer-den muss. Die Haut ist livide ver-färbt, juckt und schmerzt und istetwas geschwollen (ohne Eiter),wodurch häufig auch eine periarti-kuläre Schwellung und deutlicheFunktionsbeeinträchtigung des je-weils benachbarten Gelenks be-steht. Mit der Abheilung klingenauch diese Gelenkbeschwerdenvollständig ab. Wenn auch die Er-krankung i. d.R. innerhalb von3–4 Wochen selbstlimitierend ist,sollte man eine orale Antibiotika-Behandlung (Penicillin als Mittelder Wahl) über 5–7 Tage durch-führen – bei Einbeziehung des Ge-lenkbereiches länger. Äußerst sel-ten kann es wie gesagt zu chro-nischer Arthritis bis hin zu Arthri-tis deformans und Handgelenks-versteifung kommen. Es handeltsich um nicht-eitrige Arthritiden,aus denen der Erregernachweisnur selten gelingt und welche of-fenbar zu einem großen Teil aller-gisch-hyperergisch bedingt sind.Es sind bisher nur wenig mehrals 50 Fälle mit systemischen In-fektionen und dadurch schweren

Komplikationen, v. a. Endokarditi-den, welche pathogenetisch Ähn-lichkeiten mit der rheumatischenEndokarditis aufweisen, beschrie-ben worden. Solche schweren Fällemit Endokarditiden und Arthriti-den kommen besonders bei Tierenwie den Schweinen vor. ChronischePolyarthritiden sollen v. a. bei jun-gen Schafen gehäuft auftreten.

Literatur:Brüschke, G. (Hrsg): Handbuch der Inne-ren Medizin/Bd. 5 (Infektionskrankheiten),VEB Gustav Fischer Verlag Jena 1983,S. 687–689; Hahn, H., u. Mitarb. (Hrsg.):Medizinische Mikrobiologie und Infektio-logie /3. Aufl., Springer Verlag Berlin Hei-delberg 1999, S. 342; Johannsen, U., u.Mitarb. (Hrsg): Lehrbuch der speziellenVeterinärpathologie, VEB Gustav FischerVerlag Jena 1986, S. 33–36; Krauss, H., u.Mitarb. (Hrsg): Zoonosen, Deutscher Ärz-teverlag Köln 1986, S. 70–71; Plonait, H.,u. Mitarb.: Lehrbuch der Schweinekrank-heiten, Verlag Paul Parey Berlin u. Ham-burg 1988, S. 83–88; Sundermann, A.(Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin,Bd I /3. Aufl., VEB Gustav Fischer VerlagJena 1969, S. 57; Wyngaarden, J.B., et al.(eds): Cecil Textbook of Medicine /19thedition, W.B. Saunders Company, Phila-delphia 1988, p 1723

Redaktion: Prof. Dr. H. Häntzschel, Leipzig