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Dr. Tilman Kottke, Universität Bielefeld, 2011 Grün fluoreszierendes Protein (GFP) – Entwicklungen bei den Fluoreszenzmarkern Folien im Internet auf der Homepage der Physikalischen Chemie III http://www.uni-bielefeld.de/chemie/arbeitsbereiche/pc3-hellweg/teaching Tilman Kottke Physikalische und Biophysikalische Chemie Universität Bielefeld

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Dr. Tilman Kottke, Universität Bielefeld, 2011

Grün fluoreszierendes Protein (GFP) –Entwicklungen bei den Fluoreszenzmarkern

Folien im Internet auf der Homepage der Physikalischen Chemie III

http://www.uni-bielefeld.de/chemie/arbeitsbereiche/pc3-hellweg/teaching

Tilman Kottke

Physikalische und Biophysikalische Chemie

Universität Bielefeld

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Dr. Tilman Kottke, Universität Bielefeld, 2011

Grundlagen zur Fluoreszenz

Neuere Entwicklungen

Grün Fluoreszierendes Protein (GFP)

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Kernabstand

Ene

rgie

rGG

Jablonski-Termschema

elektronischer Grundzustand

elektronisch angeregter Zustand

Schwingungsenergieniveaus

Schwingungsenergieniveaus

nach Atkins (1990) Physikalische Chemie

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Kernabstand

Ene

rgie

Jablonski-Termschema

Eigenschaften der Fluoreszenz von Molekülen:

- niedriger in Energie als Absorption (Stokes-Shift)- verzögert gegenüber Absorption - Schwingungsstruktur des elektronischenGrundzustands

- erfolgt spontan

Intensität der Fluoreszenz hängt ab von:

- eingestrahlte Anzahl an Photonen- Franck-Condon-Faktor der Anregung→ Extinktionskoeffizient

- Geschwindigkeit von Konkurrenzprozessen

rGG

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Konkurrenzprozess: Quenchen durch Stöße

Fluoreszenz-Quantenausbeute von NO2in Abhängigkeit vom Druck

Moore und Hummel (1983) Physikalische Chemie

Löschung: M* + Q M + Q + kinetische Energie

M*: angeregtes NO2 Q: Quencher, NO2 im Grundzustand

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Fluoreszenz-Quantenausbeute ΦF

Löschung: M* + Q M + Q + kinetische Energiek2

Fluoreszenz: M* k1: natürliche GeschwindigkeitskonstanteM + hνk1

Geschwindigkeitsgesetz: ]*][[*][*][21 QMkMk

dtMd

−−=

][]*][[*][*][

21

1

21

1

Qkkk

QMkMkMk

F +=

−−−

→ ΦF hängt vom Verhältnis der Geschwindigkeitskonstanten ab

→ alle Moleküle fluoreszieren, typische Lebensdauer τF = 1/kF ~ 10-8 s

→ schnelle Konkurrenzprozesse verringern ΦF und τF

beobachtete Geschwindigkeitskonstante ][21 QkkkF +=

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Konkurrenz-Prozesse

Fluoreszenz in Konkurrenz zu vielen anderen Prozessen: begünstigt durch:

flexible Moleküle

Schweratome überstarke Spin-Bahn-Kopplung

hohen Druck

großes Dipolmoment des Solvens

reaktive externe Gruppenschnelle Diffusionhohe Konzentration

- strahlungslose Deaktivierung in den Grundzustand(interne Konversion IC)

→ Umwandlung in interne Schwingungsfreiheitsgrade

- Übergang in Triplettzustand (intersystem crossing ISC)→ Änderung des Spinzustands

- Stoßdeaktivierung in der Gasphase→ Umwandlung in externe Freiheitsgrade der Translation

- Schwingungsrelaxation in Lösung→ Umwandlung in externe Schwingungsfreiheitsgrade

- Photoreaktion (z. B. Elektronentransfer)

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Kernabstand

Ene

rgie

Stokes-Shift Beitrag 1

Energieunterschied von absorbierter und emittierter Strahlung aufgrund

1) vertikaler Übergang der Absorption und Emission(Franck-Condon-Prinzip)

2) Änderung der Molekülgeometrie im angeregten Zustand

3) strahlungsloser Zerfall im angeregten Zustandviel schneller als Fluoreszenz

rGG

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Stokes-Shift Beitrag 2

Im angeregten Zustand andere Geometrie des Moleküls → Dipolmoment ändert sich

Polares Lösungsmittel muss auf Änderung reagieren → Solvensrelaxation

Pfeile zeigen Dipolmomente von Molekül (Kasten)und Solvens (Ecken)

Fluoreszenz

Stokes-Shift bis zuΔλ = 20 – 50 nm

Winter / Noll (1998) Methoden der Biophysikalischen Chemie

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Probe

Detektion der Fluoreszenz

→ Abtrennung der Fluoreszenz vom gestreutenAnregungslicht durch spektrale Verschiebung

(Stokes-Shift)

Walla (2009) Modern Biophysical Chemistry

PM

M

MonochromatischeLichtquelle

Aufbau:

Linse

Dispersives Elementoder Filter

Detektor

Problem: Streulicht zeigt ähnliche Ausbreitungwie Fluoreszenz in alle Raumrichtungenund muss abgetrennt werden

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Grün Fluoreszierendes Protein (GFP)

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Grün Fluoreszierendes Protein (GFP)

Zyklisierung, Dehydratisierung,Oxidation

- 228 Aminosäuren, bilden 11 Faltblätter- Fluorophor gebildet durch intramolekulare Reaktion:

→ Emission im sichtbaren Spektralbereich

- lässt sich in alle Organismen über DNA/RNA-Manipulation einbringen→ Markierung von Proteinen oder Strukurelementen in lebenden Zellen

Tyrosin

Glycin

Serin

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Grün Fluoreszierendes Protein (GFP)

Barondeau et al. (2005) Biochemistry 44, 1960

11 Faltblätter umgeben den Fluorophor

Schema der Nervenzellen, die Mechanosensoren enthalten

→ Ortsinformation über das Protein MEC-17-GFP→ Funktionelle Information

GFP-Fluoreszenz-Mikroskopiebild eines lebenden WurmsM. Chalfie (2008) Nobel Lecture

Suzuki et al. (2003) Neuron 39, 1005

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M. Chalfie (2008) Nobel Lecture Chalfie et al. (1994) Science 263, 802

Nobelpreis für Chemie 2008

Osamu ShimomuraMartin ChalfieRoger Y. Tsien

Foto: dpa

“for the discovery and development of the green fluorescent protein, GFP”

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Erklärung der günstigen Eigenschaften des GFP

- hohe Quantenausbeute (79 %)

Hypothesen zur Erklärung

- Energie-Abstand der Zuständevariierbar durch Umgebung und Konjugation

Unterdrückung von konkurrierenden Prozessen:- IC → rigider Fluorophor - ISC → Schweratome fehlen im Fluorophor- Schwingungsrelaxation → zwar polare aber auch starre

Umgebung durch Protein

- polare Umgebung und hohes Übergangsdipolmoment (7 D)- aber: mässig flexible Umgebung

Eigenschaft

- mässiger Stokes-Shift von(~38 nm, deprotoniert)

- Emissionswellenlänge durch Mutanten und Varianten veränderbar

→ Grundlage für Weiterentwicklungen

R. Tsien (2008) Nobel Lecture

- Photostabilität - Photochemie → Hülle verhindert Diffusion zum Fluorophor→ keine schnellen Reaktionen innerhalb des Proteins wie Isomerisierung und e--Transfer

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Neuere Entwicklungen

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Verbesserungen beim GFP: rsEGFPSchaltbares EGFP durch Mutation weiteroptimiert: “reversible switcheable enhanced GFP” rsGFP

Zwei langlebige Zustände,durch Licht hin- und herschaltbar,nur einer fluoresziert:

Belichtung mit 488 nm

Grotjohann et al. (2011) Science 478, 204

Vorteile: Sehr hohe PhotostabilitätSchnelle Schaltbarkeit→ 1200 Zyklen bis 50 % gebleicht

Vergleich der Schaltbarkeit mit bestem bisherigen System (Dronpa)

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Anwendung des rsEGFP

Vielfach wiederbeschreibbarer Datenspeicher durch Proteinschicht fixiert in Polyacrylamid

25 Grimms Märchen als ASCII-Binärcode, optisch geschrieben undausgelesen durch Konfokalmikroskopie (1.8 MB mit DVD-Schreibdichte)

Grotjohann et al. (2011) Science 478, 204

→ großes Potenzial für Entwicklung des GFP, allerdings weitgehend durch Screening

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Konkurrenz zu GFP durch andere ProteineZiel: möglichst langwellige Emission

- weniger Streuung → dringt tiefer in Gewebe ein- weniger Autofluoreszenz → höherer Kontrast

Rockwell et al. (2006) Annu. Rev. Plant Biol. 57, 837

Fluorophor BiliverdinProdukt aus dem Abbau von Häm

Optimierung: Mutante einer Chromophor-Bindedomäne des Bacteriophytochroms

708 nm

Anregungs- und Emissionspektrendes mutierten Bacteriophytochrom

Shu et al. (2009) Science 324, 804

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Shu et al. (2009) Science 324, 804

Fluoreszenz-Tomographie-Aufnahme einer Mäuselebermittels Bacteriophytochrom

Konkurrenz zu GFP durch andere Proteine

→ GFP-basierte Emitter im Fernroten nicht verfügbar, Chance für alternative Proteine

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Kleine Moleküle als Floureszenzmarker

→ kleine Moleküle bieten maßgeschneiderte Eigenschaften

Koide et al. (2011) JACS 133, 5680

Selektivität: Si-Rhodamin-Spiroverbindung reagiert auf HOCl, nicht auf andere reaktive Sauerstoffspezies

farblos, nicht fluoreszierend farbig, stark fluoreszierend

Rationales Design: - Si statt O für Rotshift der Emission- R als wasserlösliche Gruppe- Spiroverbindung für Selektivität- hoher Kontrast durch entstehende Konjugation

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Lifetime Gating über Metall-Fluoreszenz

Alternative: Gold-Nanopartikel

→ bisheriges, rationales Design: lange natürliche Lebendauervon Lanthanoid-Komplexen

→ einfacher Zugang zu deutlichlängeren Lebensdauernals organische Farbstoffe

Fluoreszenz-Abnahme in Lösung und in der Zelle

Ziel: lange Lebensdauer: Konkurrenz-Beiträge wie Autofluoreszenz lassen sich durch Schalten (Gating) des Detektors entfernen

Shang et al. (2011) Small 7, 2614

→ Eigener Anwendungsbereich, da Lebensdauer von GFP-Emission nicht so variabel

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Weiterführende Literatur

M. Chalfie (2008) Nobel lecture, www.nobelprize.org

R. Tsien (2008) Nobel lecture, www.nobelprize.org

Shaner et al. (2007) „Advances in fluorescent protein technology”, J. Cell. Sci. 120, 4247

Lakowicz (2006) „Principles of fluorescence spectroscopy“

Lehrbücher der Physikalischen Chemie