grundlagen zu gründungen und startups
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Dies ist ein Auszug aus der Bachelorarbeit „Startups als ein potenzielles Marktsegment für den Vertrieb von IBM Cloud Computing-Services in Deutschland - Grundlagen und Handlungsempfehlungen“ von Daniel Bartel. Vorgelegt am 15. August 2011 an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Weiterverwertung dieses Auszuges ist unter folgender Commons-Lizenz ausdrücklich gestattet: Attribution-ShareAlike 4.0 International (CC BY-SA 4.0)TRANSCRIPT
Grundlagen zu Gründungen und Startups
Dies ist ein Auszug aus der Bachelorarbeit „Startups als ein potenzielles Marktsegment
für den Vertrieb von IBM Cloud Computing-Services in Deutschland - Grundlagen und
Handlungsempfehlungen“ von Daniel Bartel. Vorgelegt am 15. August 2011 an der
Dualen Hochschule Baden-Württemberg.
Weiterverwertung dieses Auszuges ist unter folgender Commons-Lizenz ausdrücklich
gestattet: Attribution-ShareAlike 4.0 International (CC BY-SA 4.0)
Inhalt 1. Grundlagen zu Gründungen und Startups .............................................................. 2
1.1 Begriffsbestimmungen ...................................................................................... 2
1.2 Kategorisierung von Startups ............................................................................ 5
1.2.1 nach der Herkunft der Ressourcen ............................................................. 5
1.2.2 nach Höhe der Reglementierung und Bedeutung von IT ............................ 5
1.2.3 nach der Benutzerrolle einer Cloud ............................................................ 6
1.2.4 nach den Marmer Stages für Web Startups ............................................... 7
1.2.5 innerhalb von Web Startups ....................................................................... 8
1.2.6 Schlussfolgerungen .................................................................................... 9
1.3 Studienkonsolidierung zur Betrachtung des Kundensegments ....................... 10
1.3.1 Marktvolumen ........................................................................................... 11
1.3.2 Innovationsgrad ........................................................................................ 12
1.3.3 Demographie ............................................................................................ 12
1.3.4 Erfolgsindikatoren ..................................................................................... 13
1.3.5 Kapitalausstattung .................................................................................... 14
1.3.6 Umsatz und Gewinn ................................................................................. 14
1.3.7 Hochschulen und Absolventen ................................................................. 15
1.3.8 Veranschaulichung ................................................................................... 15
1. Grundlagen zu Gründungen und Startups
1.1 Begriffsbestimmungen
Die folgenden Abschnitte versuchen, die Begriffe Gründung und Startup aufgrund
wissenschaftlicher Literatur einzuordnen. Dies geschieht besonders ausführlich, da die
IBM in ihren Vertriebsprozessen Startups bzw. kleine und junge Unternehmen nicht
gesondert kategorisiert oder handhabt. Im für Deutschland zuständigen
Vertriebscenter in Dublin werden Startups deshalb dem Midmarket bzw. General
Business zugeordnet. Im Normallfall werden hier eher mittelgroße Unternehmen
eingeteilt. Daher soll dieses Kapitel eine Hilfestellung für eine eventuelle
Kategorisierung von Startups nach qualitativen und quantitativen Merkmalen durch
das Vertriebscenter liefern. 1
Der Begriff Startup wird ausgehend vom Silicon Valley in den USA Anfang der
neunziger Jahre für Unternehmensneugründungen vor allem im Bereich Internet,
Multimedia und Telekommunikation verstanden, die meist mit Hilfe von
Risikokapitalgebern zustande kommen.2 Um die Besonderheiten und Probleme bei der
Bewertung von Startups bzw. jungen Wachstumsunternehmen3 im Vergleich zu
etablierten Unternehmen zu verdeutlichen, kann das Lebenszykluskonzept
herangezogen werden. Dieser dynamische Ansatz basiert auf der Annahme
idealtypischer Phasen eines Unternehmens: Einführung (die Gründer- bzw.
Anlaufphase), Wachstum, Reife und abschließend Rückgang. Beispielsweise
charakterisiert die erste Phase einen hohen Investitionsaufwand durch die Gewinnung
notwendiger Ressourcen, welcher meist nur geringen Umsätzen gegenübersteht. In
der Wachstumsphase können erfolgreiche Unternehmen den Markt durchdringen.
Steigende Umsatzerlöse führen zu einem Ausbau der Produktionskapazitäten und
Vertriebssystemen. Hier liegen das Erreichen der Gewinnschwelle oder der erste
positive Cash Flow. Die wachsende Unternehmensgröße macht eine Standardisierung
und Professionalisierung aller operativen Systeme und Abläufe notwendig. Heinrichs
teilt Startups der Einführungsphase zu. Wachstumsunternehmen befinden sich in der
zweiten Phase. Zusätzlich bilden „junge Wachstumsunternehmen“ einen
zusammenfassenden Begriff für Startups und Wachstumsunternehmen. Etablierte
1 Vgl. Auge, M. (2011a) 2 Vgl. o.V. (o.J.b), http://www.4managers.de/management/themen/... (Stand: 13.08.2011) 3 Vgl. Brettel, M.; Rudolf, M.; Witt, P. (2005), S. 1 ff.
Unternehmen befinden sich am Ende der Wachstumsphase mit Erreichen des
Reifezustandes.4 Folgende Abbildung fasst die Aussagen zusammen:
Abbildung 1: Unternehmens-Lebenszyklus mit den Definitionen nach Heinrichs5
Weiterhin lässt sich laut Heinrichs ein junges Wachstumsunternehmen quantitativ
einordnen. 29 Anhaltspunkte dieser statischen Abgrenzung sind in den Kategorien
überproportionales Wachstum, Alter, Klassifizierung und Insolvenzwahrscheinlichkeit
zusammengefasst, wie in Anhang 1 aufgelistet. Aufgrund der kurzen Historie sowie
der dynamischen Entwicklung ist eine Fortschreibung der vergangenen Daten in die
Zukunft zwecks Bewertung eines Startups mit großer Unsicherheit behaftet.6
Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert Startups als „junge, noch nicht etablierte
Unternehmen, die zur Verwirklichung einer innovativen Geschäftsidee (häufig in den
Bereichen Electronic Business, Kommunikationstechnologie oder Life Sciences) mit
geringem Startkapital gegründet werden und i.d.R. sehr früh zur Ausweitung ihrer
Geschäfte und Stärkung ihrer Kapitalbasis entweder auf den Erhalt von Venture-
Capital bzw. Seed Capital7 (evtl. auch durch Business Angels) oder auf einen
Börsengang (IPO) angewiesen sind.“8 Unter Beachtung der Abbildung eins wäre ein
Startup mit „jungen Wachstumsunternehmen“ nach Heinrichs gleichgestellt.
4 Vgl. hierzu ausführlich Heinrichs, N. (2008), S. 17-20 5 Modifizierte Darstellung in Anlehnung an Porter, M. (1995), S. 214 6 Vgl. hierzu ausführlich Heinrichs, N. (2008), S. 20 ff. 7 Vgl. hierzu ausführlich Hack, A. (2005), S. 48 ff. 8 Achleitner, A.-K. (o.J.), http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/... (Stand: 13.08.2011)
junges Wachstumsunternehmen
Wachstums-unter-
nehmen Startup
Etabliertes Unternehmen
Vögeli analysierte mehrere Quellen und kam zu dem Entschluss, dass eine abstrakte
Definition schwerfällt. Am Entwicklungsstadium orientiert resümiert er: „Ein Startup ist
ein Unternehmen, welches ein innovatives Produkt oder einen Service zu etablieren
sucht und sich noch nicht für ein Bankdarlehen qualifiziert.“9
Hack recherchierte ausführlich und fand auf Grundlage verschiedener Literaturquellen
und einer Umfrage folgende konstitutiven Merkmale zur Eingrenzung eines Startups
bzw. Gründerunternehmens:
• Keine längere Unternehmenshistorie und fehlende Grundlage für fundamentale
Unternehmensdaten und Unternehmensbewertungen
• Auf dynamischen, sich ständig veränderten Wachstumsmärkten agierend
• Extreme Knappheit vorhandener Ressourcen
• Negativer Cash Flow
• Entscheidungsprozesse stark durch die Gründer geprägt
• Gegründet von Unternehmen, die Chancen in den strategischen
Geschäftsfeldern schnell und effizient ausnutzen wollen.
Auch wenn Startups aus nur einer Person bestehen können, ist die Arbeitsform der
Selbstständigkeit nicht mit einer Unternehmensgründung zu vergleichen.10
Seit Ende April 2011 wurde zudem das Wort Startup erfolgreich als geschützte Marke
der Firma Apple in das amerikanische Markenregister eingetragen. Startup soll
Gerüchten zu Folge eine neue Dienstleistung in den Filialen zur personalisierten
Einrichtung bei der Inbetriebnahme hauseigener Produkte darstellen.11
Abschließend ist festzuhalten, dass eine alleingültige Definition zu Startup nicht
existiert, und die Abgrenzung zu Wachstumsunternehmen fließend ist. Da keine
genaue Abgrenzung zwischen Startups und „jungen Wachstumsunternehmen“
existiert, werden im weiteren Verlauf der Arbeit beide Arten unter dem Begriff
Startup subsumiert. Insbesondere die mangelnde Liquidität und die sehr hohe
Dynamik müssen im Hinblick auf Vertrieb und Leistungsbereitstellung beachtet
werden.
9 Vgl. Vögeli, J., (2010), http://startwerk.ch/2010/08/25/startup-definition... (Stand: 13.08.2011) 10 Vgl. hierzu ausführlich Hack, A. (2005); S. 48 ff. 11 Vgl. Mehnert, D. (2011), http://www.planet-apfel.de/2011/04/25/apple-hat-... (Stand: 13.08.2011)
1.2 Kategorisierung von Startups
Im Folgenden ein Versuch, Arten von Startups zu kategorisieren. Da die Definition von
Startups per se nicht eindeutig ist, kann eine Einteilung auf vielfache Art erfolgen. Die
Auswahl innerhalb dieser Thesis beschränkt sich auf die Kategorisierung nach
Herkunft der Ressourcen, nach Höhe der Reglementierung und Bedeutung von IT,
nach den Marmer Stages, innerhalb von Web Startups und nach den Benutzerrollen
von Cloud Computing. Weitere Einteilungen können zum Beispiel nach den
Zielmärkten Business-to-Business (B2B) und Business-2-Customer (B2C) oder nach
Branchen sein. Letzteres wird in einem späteren Kapitel dieser Arbeit bezüglich der
Gründerstatistik Deutschlands beleuchtet.
1.2.1 nach der Herkunft der Ressourcen
Startups können in originäre und derivative Gründungen unterschieden werden. Bei
originären Gründungen baut die neue Organisationsarchitektur inklusive der benötigen
Ressourcen ohne Rückgriff auf vorhandene Unternehmensteile auf. Im Gegensatz
dazu stehen derivative Gründungen, welche aus bereits bestehenden Unternehmen
oder Forschungseinrichtungen, so genannten Mutterorganisationen, entstehen. Sie
werden häufig als Spin-offs bezeichnet.12
1.2.2 nach Höhe der Reglementierung und Bedeutung v on IT
Deutscher/Grotemeyer/Schipmann beschreiben in ihrem Leitfaden für
Unternehmensgründer unterschiedliche Anforderungen an die IT in Abhängigkeit vom
Grad der Reglementierung. Hierunter verstehen die Autoren „die Summe aller Regeln,
Vorschriften, Standards und Beschränkungen, denen Sie in der Art und Weise der
Realisierung ihrer Geschäftsabläufe unterworden sind“13. So sind etwa bei hoch
reglementierten Unternehmensgründungen die benötigten Komponenten oftmals
standardisiert. Bei nicht-reglementierten Gründungen gibt es hingegen tendenziell
eher individuelle Abläufe, die angepasste IT-Dienstleistungen erfordern würden.
Weiterhin spielt die Bedeutung der IT für das Unternehmen eine große Rolle. Die
Kombination Reglementierung und Bedeutung der IT und dessen Einordnung in eine
6-Felder-Matrix machen deutlich, welchen Aufwand ein Unternehmen in die Auswahl
und Implementierung einer IT stecken sollte. Je geringer die Reglementierung und je
12 Vgl. hierzu ausführlich Hack, A. (2005); S. 48 ff. 13 Deutsch, M.; Grotemeyer, H.-W.; Schipman, V. (2007), S. 3
höher die Bedeutung der IT, desto wichtiger ist die Auseinandersetzung mit der Materie
für ein Startup. Im Hinblick auf standardisierte Cloud-Lösungen sind dann oftmals
starke Anpassungen notwendig.14
1.2.3 nach der Benutzerrolle einer Cloud
Startups können auch nach ihrer Benutzerrolle einer Cloud, wie in Kapitel 2.4
beschrieben, zugeordnet werden.
• Cloud-Kunde : Hierzu zählen klassische Unternehmen und Startups oder auch
Web Startups, die ihre Webinhalte, Datenbanken, aber auch
Geschäftsprozesse, Kollaborationsdienste usw. in einer Cloud verwenden.
Beispiele für Web Startups wurden im vorherigen Abschnitt genannt.
• Cloud-Service-Provider : Neben den etablierten Unternehmen wie Amazon,
Microsoft, Google, IBM und SalesForce gab es im Oktober 2010 mindestens
250 weitere Cloud-Anbieter.15, 16 Hierzu zählen meist Unternehmen, die Cloud-
Service-Provider nutzen, um darauf ihre eigenen Cloud-Infrastrukturen
anzubieten. Dazu zählen auch Systemhäuser.17 Beispiele für Startups, die
insbesondere Nischenmärkte mit XaaS-Leistungen besetzen, sind unter
anderem Pidoco18, unicloud19, box20, Storageroomapp21, Virtual Ark22 und
TripleCloud23.
• Cloud-Enabler : Hierzu zählen insbesondere ISVs und
Telekommunikationsanbieter, die in die Lage versetzt werden, ihre Lösungen
als Cloud Services einer Vielzahl von Kunden anzubieten.24 Zu den Startups
zählen beispielsweise Openstack25, Cumulux26, Kaavo27, Rackspace, Savvis,
Gogrid und Enomaly28.
14 Vgl. Deutsch, M.; Grotemeyer, H.-W.; Schipman, V. (2007), S. 3-5 15 Vgl. Geelan, J. (2010), http://www.ulitzer.com/?q=node/1386896 (Stand: 13.08.2011) 16 Vgl. Meir-Huber, M. (2010), S. 175 ff. 17 Vgl. Riedl, S. (2011), http://www.it-business.de/news/hersteller/... (Stand: 13.08.2011) 18 Vgl. o.V. (o.J.c), https://pidoco.com/ (Stand: 13.08.2011) 19 Vgl. o.V. (o.J.d), http://www.unicloud.de/ (Stand: 13.08.2011) 20 Vgl. o.V. (o.J.e), http://www.box.net/ (Stand: 13.08.2011) 21 Vgl. o.V. (o.J.f), http://storageroomapp.com/ (Stand: 13.08.2011) 22 Vgl. o.V. (o.J.g), http://www.virtualark.com/ (Stand: 13.08.2011) 23 Vgl. Sainsbury, M. (2009), http://www.arnnet.com.au/article/329030/... (Stand: 13.08.2011) 24 Vgl. Velten, C.; Janata, S. (2011), S. 66 25 Vgl. o.V. (o.J.h), http://www.stackops.com/ (Stand: 13.08.2011) 26 Vgl. o.V. (o.J.i), http://www.cumulux.com/company/ (Stand: 13.08.2011) 27 Vgl. o.V. (2011a) 28 Vgl. Cohen, R. (2009), http://cloudbootcamp2010east.sys-con.com/... (Stand: 13.08.2011)
• Cloud-Service-Einkäufer : Im Internet ist diese Rolle kaum auffindbar. Doch
der Beschreibung zu Folge könnten vor allem junge Systemintegratoren bzw.
Systemhäuser und Wiederverkäufer von Cloud-Lösungen zu dieser Entity
zählen.
• Cloud-Broker : Startups könnten auch die Position eines Cloud-Brokers
beziehen und innovative oder automatisierte Dienstleistungen rund um das
Vermittlungsgeschäft für Cloud-Kunden verkaufen. Beispiele sind
CloudBroker29, Zimory30 Appirio31, Ltech32 Okta, CloudSwitch, SportCloud33
Kaavo34 oder CloudTP35.
1.2.4 nach den Marmer Stages für Web Startups
Im Rahmen des im Mai 2011 veröffentlichten Startup Genome Report in den USA
wurden die so genannten Marmer Stages konzipiert. Dabei spiegeln sechs Stufen die
Entwicklung eines Startups von Beginn an in einer Art Lebenszyklus wieder. Die ersten
vier Stufen orientierten sich an dem Buch „4 Steps to the Epiphany“ des bekannten
Seriengründer und US-Hochschuldozent Steve Blank, wobei die Marmer Stages eher
das Produkt als den Kunden in den Fokus stellen. Diese lauten:36
• Discovery : Prüfung durch das Startup, ob es ein bedeutendes Problem löst und
ob jemand hypothetisch an dieser Lösung interessiert ist.
• Validation: Anhand von ersten Zahlungen oder Aufmerksamkeit wird geprüft, ob
sich die Hypothesen bestätigen.
• Efficiency : Unternehmen veredeln ihr Geschäftsmodell und verbessern die
Effizienz der Kundenakquise um Skalierungseffekte voll auszunutzen.
• Scale : Hier ist das Startup auf starkes Wachstum ausgerichtet.
• Profit Maximization: Maximierung des Ertrages durch verschiedene
Maßnahmen wie Prozessoptimierung.
• Renewal : Mit sinkendem Ertrag geht die Umstrukturierung des Startups einher.
29 Vgl. o.V. (o.J.j), http://www.cloudbroker.com/ (Stand: 13.08.2011) 30 Vgl. o.V. (o.J.k), http://www.zimory.com/index.php?id=legal_info (Stand: 13.08.2011) 31 Vgl. o.V. (o.J.l), http://www.appirio.com/ (Stand: 13.08.2011) 32 Vgl. o.V. (o.J.m), http://www.ltech.com/about-ltech (Stand: 13.08.2011) 33 Vgl. o.V. (2011b), http://itknowledgeexchange.techtarget.com/... (Stand: 13.08.2011) 34 Vgl. o.V. (2011a) 35 Vgl. Kutz, E. (2011), http://www.xconomy.com/boston/2011/01/31/... (Stand: 13.08.2011) 36 Vgl. hierzu ausführlich Marmer, M.; Hermann, B. L.; Berman, R. (2011), S. 14 ff.
In der Studie wurden 650 Web Startups aus dem Silicon Valley befragt. Bei der
Auswertung wurden nur die ersten vier Marmer Stages berücksichtigt, da bei den
letzten zwei Stufen in der Regel von einem etablierten Unternehmen ausgegangen
wird (vgl. Kapitel 1.1). Folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Merkmale der
befragten Web Startups innerhalb der Marmer Stages.37
Tabelle 1: Merkmale von Web Startups nach den Marmer Stages38
Zu beachten ist, dass die Ergebnisse sich nur auf amerikanische Web Startups im
Silicon Valley beziehen, es kann daher keine Allgemeingültigkeit für Startups in
Deutschland angenommen werden. Nach Ansicht von Schürmann erhält die Studie
außerhalb der USA aufgrund der geschwirbelten Sprache bislang nur geringe
Beachtung.39
1.2.5 innerhalb von Web Startups
Im Rahmen des Startup Genome Reports wurden drei grundlegende Typen
identifiziert, darunter ein Subtyp. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass in einer
Folgestudie weiter differenziert werden wird.40
• Typ 1 – Automizer: Gemeinsame Eigenschaften sind (virale)
Selbstverbreitungsfunktionen, Konsumentenfokussierung, eine auf das Produkt
konzentrierte Sichtweise, schnelle Leistungserbringung. Dabei werden
manuelle Prozesse oft automatisiert. Beispiele sind Google, Dropbox,
Eventbrite, Slideshare, Mint, Groupon, Pandora, Kickstarter, Zynga, Playdom,
Modcloth, Chegg, Powerset, Box.net, Basecamp, Hipmunk, OpenTable etc.
37 Vgl. hierzu ausführlich Marmer, M.; Hermann, B. L.; Berman, R. (2011), S. 12 ff. 38 Enthalten in: Marmer, M.; Hermann, B. L.; Berman, R. (2011), S. 7 39 Vgl. Schürmanns, S. (2011), http://www.lonely-founders.com/2011/05/31/... (Stand: 13.08.2011) 40 Vgl. hierzu ausführlich Marmer, M.; Hermann, B. L.; Berman, R. (2011), S. 7 ff.
o Typ 1N – Social Transformer: Zu diesem Subtyp der Automizer zählen
Eigenschaften wie (virale) Selbstverbreitungsfunktionen, kritische
Masse, unkontrolliertes Wachstum, Tendenz zur Monopolstellung,
komplexes Nutzererlebnis, Netzwerkeffekte und das Herstellen neuer
Wege für die Interaktion zwischen Menschen. Hierzu zählen Firmen wie
Ebay, OkCupid, Skype, Airbnb, Craigslist, Etsy, IMVU, Flickr, LinkedIn,
Yelp, Aardvark, Facebook, Twitter, Foursquare, Youtube, Dailybooth,
Mechanical Turk, MyYearbook, Prosper, Paypal, Quora, Hunch, etc.
• Typ 2 – Integrator: Dieser Typ wird beschrieben als führende Generation von
Vertriebsmitarbeitern, hohe Sicherheit, eine auf das Produkt konzentrierte
Sichtweise, schnelle Monetarisierung, Mittelstandsunternehmen-fokussiert,
Partizipation an kleineren Märkten, Transfer von Endverbraucher-Angeboten in
Leistungen für kleinere Unternehmen. Beispiele sind Firmen wie PBworks,
Uservoice, Kissmetrics, Mixpanel, Dimdim, HubSpot, Marketo, Xignite,
Zendesk, GetSatisfaction, Flowtown, etc.
• Typ 3 – Challenger: Gemeinsame Eigenschaften sind Konzernkunden, hohe
Kundenbindung, komplexe und rigide Märkte, wiederholbare
Verkaufsprozesse. Repräsentativ hierfür sind Oracle, Salesforce, MySQL,
Redhat, Jive, Ariba, Rapleaf, Involver, BazaarVoice, Atlassian, BuddyMedia,
Palantir, Netsuite, Passkey, WorkDay, Apptio, Zuora, Cloudera, Splunk,
SuccessFactor, Yammer, Postini, etc.
1.2.6 Schlussfolgerungen
Aus den vorherigen Abschnitten lassen sich folgende Erkenntnisse gewinnen:
• Konstitutive Merkmale von Startups sind die kurze Unternehmenshistorie, die
Aktivität auf dynamischen, sich ständig veränderten Wachstumsmärkten, die
extreme Knappheit vorhandener Ressourcen, der negative Cash Flow, die
Beeinflussung der Entscheidungen durch Gründer sowie die Gründung durch
Unternehmen, die Chancen in den strategischen Geschäftsfeldern schnell und
effizient ausnutzen wollen.
� Die mangelnde Liquidität und die sehr hohe Dynamik (= Chancen und Risiken)
müssen von Vertrieb und Leistungsbereitstellung beachtet werden.
• Wachsende Unternehmen macht eine Standardisierung und
Professionalisierung aller operativen Systeme und Abläufe notwendig.
� Cloud bietet eine gewisse Standardisierung und Professionalisierung von Anfang
an (vgl. Kapitel Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. ). Je geringer
die Reglementierung der IT und je höher die Bedeutung der IT, desto eher kommen
Individuallösungen in Betracht.41
• Startups können u.a. nach der Herkunft ihrer Ressourcen, nach Höhe der
Reglementierung und Bedeutung von IT, nach den sechs Marmer Stages,
innerhalb von Web Startups und nach der Benutzerolle einer Cloud kategorisiert
werden.
� Es gibt keine einheitliche Definition von Startups. Dies macht die genaue
Abgrenzung des Kundensegments sehr schwer.
1.3 Studienkonsolidierung zur Betrachtung des Kunde nsegments
Zum allgemeinen Markt von Gründungen gibt es einige wesentliche Basisstudien.
Jedoch fehlt es in allen Studien an einer einheitlichen Definition und Abgrenzung des
Kundensegments. Weiterhin lässt sich keine Quelle finden, die sich konkret mit dem
Thema dieser Bachelorarbeit beschäftigt, eine der vorherstehendem Definitionen von
Startups anwendet, den Gründermarkt aus dem Betrachtungswinkel von Cloud-
Service-Anbietern wie die IBM segmentiert noch die Auswirkungen der neu
verfügbaren Cloud-Services für Startups beleuchtet. Aus diesem Grund hat sich der
Autor entschieden, die wesentlichen und zielführenden Aussagen verschiedener
Quellen und in der Reihenfolge vom allgemeinen Markt zum speziellen Markt der High-
Tech- und Web-Startups abzuarbeiten, da hier nur schwer vergleichbares
Zahlenmaterial existiert. Die zusammengefassten Ergebnisse aus insgesamt acht
Studien über den deutschen Gründermarkt mit mehr als 800 Seiten bilden einen
wesentlichen Bestandteil dieser Arbeit, welcher im Anhang 2 einzusehen ist.42 Durch
die Neuanordnung der Ausarbeitungen in die Kategorien Marktvolumen,
Innovationsgrad, Demographie, Erfolgsindikatoren, Kapitalausstattung, Umsatz und
41 Vgl. Abschnitt 1.2.2 42 Die Verschiebung in den Anhang geschah aufgrund der begrenzten Seitenzahl und unter Berücksichtigung des Leseflusses dieser Arbeit.
Gewinn sowie Hochschul-Spin-offs43 und Hochschulabsolventen können die
relevanten Ergebnisse im Folgenden übersichtlich dargestellt werden. Diese werden
durch erste Schlussfolgerungen ergänzt.
1.3.1 Marktvolumen
• Die Zahl der Existenzgründungen in Deutschland betrug 2010 rund 417.600.
Der Anteil der Kleingewerbegründungen an allen Existenzgründungen liegt mit
ca. 274.122 bei rund 65,8%. Die Anzahl der Gründungen nimmt im
Dienstleistungssektor zu, während sie im Handel und insbesondere im
Einzelhandel sinkt.
• Knapp 7% aller Unternehmensgründungen sind High-Tech-Unternehmen (je
nach Studie ca. 17.000 oder ca. 29.000). Diese sind in die Felder
Spitzentechnologien (0,5%), hochwertige Technologien (0,6%),
technologieintensiven Dienstleistungen (4,3%) und Software (1,2%) aufgeteilt.
• Die Gründungen von technologieorientierten Dienstleistungen wuchs 2010 im
Vergleich zum Vorjahr um 20%, der Softwaresektor sogar um 46%.
• Besonderes Entwicklungspotenzial im Rahmen der Internetindustrie wird den
Segmenten Transaktionsdiensten, E-Commerce, Online-Applikationen, Internet
Exchanges, Online-Plattformen und Housing-/Hosting-Diensten zugesprochen.
In der Internetwirtschaft geben vorwiegend kleine und mittelgroße Unternehmen
die entscheidenden Impulse.
� Aus der Sicht eines innovativen Technologiekonzerns wie IBM sind somit die
High-Tech-Unternehmensgründungen interessant. Besonders der Softwaresektor
wächst, und der Internetindustrie wird hohes Entwicklungspotenzial für die Zukunft
zugeschrieben.
43 IBM engagiert sich seit vielen Jahren im Hochschulbereich. Laut Cloud Computing Offering Direktor Strohm, R. (2011) sowie Hansen, T. (2011) erhofft sich die IBM hier in der Zukunft zusätzlichen Cloud-Umsatz (Vgl. hierzu auch Kapitel Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. ).
1.3.2 Innovationsgrad
• Zirka 15% der Gründungen bieten innovative Marktneuheiten. 10% der
Gründungen bieten eine regionale Marktneuheit an; etwa 2% eine
deutschlandweite oder weltweite Marktneuheit.
• Der Anteil an innovativen High-Tech-Gründungen ist deutlich höher. In den
High-Tech-Branchen des verarbeitenden Gewerbes ist der Anteil der
Unternehmen mit Marktneuheiten mit knapp 28% am höchsten. Bereiche wie
Datenverarbeitung, Maschinenbau oder Kraftfahrzeugbau sind in der Regel auf
globalen Märkten präsent.
• Startups sind etablierten Unternehmen in Sachen Dynamik, Flexibilität und
Innovationsbereitschaft deutlich überlegen. Sie prägen mit kleinen
Unternehmen im großen Maße die Innovationskraft der IT-Industrie.
� Nur wenige Gründungen bieten Marktneuheiten an. Hier muss beachtet werden,
dass Gründungen nicht mit Startups gleichzusetzen sind. Aufgrund der geringeren
Marktneuheit ist eher vom Einsatz standardisierter Cloud-Angebote auszugehen.
Bei High-Tech-Gründungen kann dies anders sein. Die Dynamik, Flexibilität und
Innovationsbereitschaft von Startups bedeutet eine niedrigere Hemmschwelle beim
Einsatz von neuartigen IT-Dienstleistungen, wie das Public Cloud Computing. Im
Hinblick auf die Smarter-Planet-Strategie der IBM bilden Startups eine
wegweisende Richtung. Dies könnte eine Ursache für die Fokussierung auf
Startups sein, was später in dieser Arbeit erläutert wird.
1.3.3 Demographie
• Das Durchschnittsalter von Gründern und Startups liegt mit 37,5 Jahren
hierzulande unter dem der Vereinigten Staaten. Laut ZEW und Microsoft sind
erfolgreiche junge Gründer wie Mark Zuckerberg, Bill Gates, Larry Pages oder
Steve Jobs eher Ausnahmen.
• Ältere Gründer setzten ihre Geschäftsideen häufiger in Teams um als Jüngere
und gründen öfter in der forschungsintensiven Industrie als im Softwaresektor.
Ältere Gründer sehen einen großen Wettbewerbsvorteil signifikant häufiger in
Produkteigenschaften wie Qualität und technischem Vorsprung, jüngere
Unternehmen eher in Werbung und Produktdesign.
• Ältere Gründer führen häufiger Weltneuheiten ein.
� Gründungen geschehen nur selten direkt nach einem Hochschulabschluss,
somit haben Gründer meist vorher Berufserfahrung sammeln können.
1.3.4 Erfolgsindikatoren
• Innovative Vorhaben bedeuten nicht zwangsläufig eine geringere
Abbruchwahrscheinlichkeit.
• Höher- und Hochqualifizierte besitzen signifikant höhere
Gründungswahrscheinlichkeiten.
• Die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit der Anfangssterblichkeit von
Gründerprojekten liegt im ersten Jahr bei 15%, im dritten Jahr bei 33%.
• Gründer mit einem Fachhochschulabschluss, einem Wohnsitz in
Ostdeutschland, einer Gründung in den Freien Berufen oder im Handwerk
sowie jene mit einem Finanzmitteleinsatz von 10.000 € bleiben signifikant
länger am Markt.
• Gründer, die unter anderem in einem Team ohne Mitarbeiter starten, oder deren
Produkt bzw. Dienstleistung „nur“ eine regionale Marktneuheit darstellt, weisen
eine signifikant höhere Abbruchwahrscheinlichkeit auf.
• Kleine und mittlere Unternehmen mit einem intensiven Web-Einsatz wachsen
im Schnitt doppelt so schnell.
• Die deutsche Internetlandschaft ist laut McKinsey insgesamt im weltweiten
Vergleich schlecht gerüstet.
• Deutschland und insbesondere die Bundeshauptstadt Berlin besitzen
besondere Attraktivität für Startups in Europa.
� Die Bedienung von Startups mit IT-Leistungen ist mit dem Risiko der
Abbruchwahrscheinlichkeit von Gründungen behaftet. Dies kann in schlimmeren
Fällen die Zahlungsunfähigkeit des Kunden bedeuten. Will man mit den Startups
mitwachsen, so bilden insbesondere Unternehmen mit einem intensiven Web-Einsatz
hohe Wachstumsraten. Allerdings ist die Basis des Webs, die Internetlandschaft,
hierzulande schlecht gerüstet. Dies hat auch Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit
von Public-Cloud-Lösungen, da diese überwiegend über das Internet bereitgestellt
werden.
1.3.5 Kapitalausstattung
• 2/3 aller Gründer haben finanziellen Mittelbedarf, davon 44% von unter 5.000
€; 3% von über 100.000 €. High-Tech-Gründungen haben einen höheren
finanziellen Mittelbedarf. Ältere Gründer haben im Durchschnitt einen Bedarf
von 20.000 €, jüngere nur 6.000 €.
• Kreditfinanzierung dominiert. Die Bewilligung von Krediten scheitert häufig
wegen mangelnder eigener Mittel. Der Bedarf von 81% der Gründer liegt im
Mikrokreditbereich von bis zu 25.000 €. Venture-Capital Geber konzentrieren
sich verstärkt auf junge Unternehmen, die sich bereits in der Wachstumsphase
befinden.
• 1/3 aller Gründer klagt über Finanzierungsprobleme. Insbesondere jüngere
Gründer sowie Gründer aus der Arbeitslosigkeit, ohne Berufsabschluss oder
aus Nicht-EU-Ländern berichten von Finanzierungsschwierigkeiten.
� Die finanziellen Mittel sind bei Gründungen nur sehr begrenzt. Durch den Einsatz
von Public Cloud-Lösungen entfallen hohe Erstinvestitionen in IT-Infrastrukturen. Die
Finanzierungsprobleme vieler Gründer können für IT-Provider hohe Preissensibilität
seitens der Startups als auch Zahlungsausfälle bedeuten.
1.3.6 Umsatz und Gewinn
• Ältere Gründer haben mit 50.000 € im ersten Jahr mehr als doppelt so viel
Umsatz im High-Tech-Bereich als jüngere Gründer. Ähnlich ist das
Gewinnverhältnis, das bei 10.000 € zu 5.000 € liegt. Im zweiten Jahr liegt der
Medianumsatz bei 100.000 € zu 75.000 €, was eine Wachstumsrate von 14%
vs. 7% ausmacht.
• E-Commerce macht fast die Hälfte des Umsatzes der gesamten
Internetwirtschaft aus.
1.3.7 Hochschulen und Absolventen
• Unter Spin-Offs aus Hochschulen versteht man grundsätzlich die Ausgründung
auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse durch Studierende,
Absolventen oder Wissenschaftler im Einvernehmen mit der
Mutterorganisation.
• (Fach-)Hochschulabsolventen haben eine höhere Gründungs- sowie
Erfolgswahrscheinlichkeit. Der Anteil an Gründern mit technischen
Studienabschlüssen liegt bei derzeit 70%, das Gewicht verlagert sich hin zu
Wirtschaftswissenschaften.
• Mit 2.600 Ausgründungen lag der Anteil von Spin-off-Gründungen 2003 bei
knapp 3% aller Neugründungen bzw. bei 11% in forschungs- und
wissensintensiven Wirtschaftszweigen.
• Auffällig ist die sehr hohe Kapitalausstattung mit durchschnittlich 843.000 €,
welche vorrangig aus Eigenmitteln (zu 72,5% genannt) und Förderzuschüssen
(zu 27,5% genannt) besteht. Hier liegt der mittlere Umsatz bei 208.200 €, der
Median bei 100.500 €.
• Erfolg und Unterstützungsleistungen hängen eher von einzelnen Personen
(Institutionsleiter) ab und variieren je nach Hochschule stark.
� Da Hochschulabsolventen eine höhere Gründerwahrscheinlichkeit haben, bilden
sie eine interessante Zielgruppe. Die Präsenz von Cloud Computing-Anbietern kann
Einfluss auf die spätere Entscheidungsfindung hinsichtlich der Wahl des Cloud
Anbieters haben. Gründungen aus Hochschulen haben wesentlich höhere finanzielle
Mittel zur Verfügung. Daher kann man hier mit einer niedrigeren Preissensibilität und
geringeren Zahlungsausfällen rechnen.
1.3.8 Veranschaulichung
Folgendes Schaubild stellt die Gesamtheit des Marktsegments mit den wesentlichen
Kennzahlen anschaulich dar. Hierbei handelt es sich um eine hypothetische Ansicht
mit geschätzten Zahlen. Da die verwendeten Kennzahlen aus unterschiedlichen
Jahren stammen und die Studien unterschiedliche Größen und Definitionen nennen,
handelt es sich bei allen Kennzahlen um kumulierte und sehr ungenaue Schätzwerte.
Abbildung 2: Veranschaulichung der Kennzahlen des Gründermarktes44
Von den zirka 400.000 jährlichen Gründungen in Deutschland sind zirka 280.000
Kleingewerbe. Die Kapitalausstattung je Gründung ist im Durchschnitt im unteren 4-
bis 5-stelligen Bereich anzusiedeln. 1/3 klagen über Finanzierungsprobleme. Der
Umsatz im ersten Jahr ist ebenfalls je Gründung 4 bis 5-stellig. Die
Anfangssterblichkeit liegt im ersten Jahr bei 15%, im dritten Jahr bei 33%. Etwa 15%
der Gründungen bieten innovative Marktneuheiten.
Als Teil der Gesamtheit sind Gründungen in der High-Tech-Branche zu sehen. Hier
sind es jährlich grob 20.000, Tendenz steigend. Der Umsatz beträgt durchschnittlich
75.000 € bis 100.000 €. Zirka 28% dieser Gründungen gelten als Marktneuheiten.
Unbekannt sind der Anteil, der durchschnittliche Umsatz und das Kapital der
Internetindustrie oder der Web-Startups, welche zu dieser Teilmenge gehören.
Akademische Spin-Offs bilden eine Schnittmenge der voranstehenden Gesamtheiten.
Mit 2.500 Gründungen im Jahr machen sie einen kleinen Anteil aus. Die
Kapitalausstattung liegt im hohen 6- bis7-stelligen Bereich. Der Umsatz im ersten Jahr
bewegt sich bei 100.000 € bis 200.000 €.
44 Eigene Darstellung Grobe Schätzwerte, basieren auf unvollständige Kennzahlen der verwerteten Studien. k = Kilo € (1.000). Pfeil = Tendenz steigend (3-5% Zuwachs).
Anlage 1
29 quantitative Merkmale junger Wachstumsunternehme n nach Heinrichs 45
45 Enthalten in: Heinrichs, N. (2008), S. 21-22
Anlage 2
Zusammengefasste Marktbetrachtungen verschiedener S tudien
- Deutscher Gründermarkt allgemein
In Deutschland gibt es keine einheitliche Definition von Gründungen und Liquidationen.
Auch eine amtliche Gründungsstatistik existiert nicht. Daher ermittelt das Institut für
Mittelstandsforschung (IfM) Bonn seit 1973 diese Kennzahlen näherungsweise aus der
Grundgesamtheit der Gewerbemeldungen, bereinigt durch nicht gründungs- und
liquidationsrelevante Komponenten, Nebenerwerbsgründungen und Freiberufler.
• Die Zahl der Existenzgründungen in Deutschland beträgt 2010 rund 417.600.
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stellt dies eine Steigerung um 1,2% dar
(alte Bundesländer 1,4%, neue Bundesländer 0,4%).
• Der Anteil der Kleingewerbegründungen an allen Existenzgründungen liegt mit
ca. 274.122 bei rund 65,8%.
• Rund 80% der Existenzgründungen sind Einzelunternehmen.
• Der Dienstleistungssektor weist einen Gründungsüberschuss auf. Dagegen ist
der Gründungssaldo im Handel und insbesondere im Einzelhandel negativ.46
Existenzgründungen, Liquidationen und deren Saldo 1997 bis 2010 in Deutschland47
Weitaus umfangreicher geht der KfW-Gründungsmonitor 2011 auf das
Gründungsgeschehen auf Basis einer jährlichen repräsentativen
46 Vgl. o.V. (o.J.bl), http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=612 (Stand: 13.08.2011) 47 Enthalten in: o.V. (o.J.bl), http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=612 (Stand: 13.08.2011)
Bevölkerungsbefragung in Deutschland ein. Die Bankengruppe der Kreditanstalt für
Wiederaufbau (KfW) bezieht allerdings Nebenerwerbsgründer mit ein. Weiterhin
widerspricht sie der Statistik des IfM Bonns hinsichtlich des Anstiegs und der Anzahl
an Vollerwerbsgründern, die laut der KfW Bankengruppe von 2009 auf 2010 konstant
bei 396.000 bliebt. Zu den relevanten Kernaussagen der Studie gehören:48
• Die Gründungsdynamik ist durch den konjunkturellen Aufschwung geprägt. Die
für das Jahr 2011 erwartete weitere Verbesserung des Arbeitsmarktes wird
voraussichtlich zu einem Rückgang der Gründungsaktivität führen.
• Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil der Neugründungen an allen
Vollerwerbsgründungen um 6 Prozentpunkte auf 73% gestiegen.
• Nur unter 15% der Gründungen im Schumpeter’schen Sinn sind innovative
Marktneuheiten. 10% bieten nach eigenen Angaben eine regionale
Marktneuheit, 2% eine deutschlandweite oder weltweite Marktneuheit an.49
Innovative Vorhaben bedeuten nicht zwangsläufig eine geringere
Abbruchwahrscheinlichkeit.50
• Hochschulabsolventen, Absolventen der Fach- und Meisterschulen, angestellte
Unternehmens- oder Geschäftsführer, leitende oder hoch qualifizierte
Angestellte und Arbeitslose besitzen signifikant höhere
Gründungswahrscheinlichkeiten.
• Gründungsprojekte haben eine hohe Anfangssterblichkeit. Nach einem Jahr
sind noch 85% aller Gründungsprojekte am Markt, drei Jahre nach dem
Startzeitpunkt ist jedoch bereits ein Drittel aller Gründungsprojekte wieder
beendet. Eine Regressionsanalyse zu den Ursachen des Abbruchs kommt zu
dem Ergebnis, dass Gründer mit einem Fachhochschulabschluss, einem
Wohnsitz in Ostdeutschland, einer Gründung in den Freien Berufen oder im
Handwerk sowie jene mit einem Finanzmitteleinsatz von 10.000 € signifikant
länger am Markt verbleiben. Gründer, die unter anderem in einem Team ohne
Mitarbeiter starten oder deren Produkt oder Dienstleistung „nur“ eine regionale
48 Vgl. hierzu ausführlich Hagen, T.; Kohn, K.; Ulltrich, K. (2011), S. III-VIII 49 Vgl. Hagen, T.; Kohn, K.; Ulltrich, K. (2011), S. 16 f. 50 Vgl. Hagen, T.; Kohn, K.; Ulltrich, K. (2011), S. 39
Marktneuheit darstellt, weisen dagegen eine signifikant höhere
Wahrscheinlichkeit der Geschäftsaufgabe in den ersten drei Jahren auf.
• Zwei Drittel aller Gründer haben Finanzbedarf zur Deckung von Investitionen
und Betriebsmitteln, jeder Dritte klagt über Finanzierungsprobleme. Ein
erheblicher Teil der Gründer mit Sach- oder Finanzierungsbedarf (44%) gibt
einen Gesamtmittelbedarf von unter 5.000 € an, während nur 3% einen
Gesamtmittelbedarf von über 100.000 € aufweisen. Der Anteil der Gründer mit
einem Gesamtmitteleinsatz im Mikrokreditbereich von bis zu 25.000 € ist 2010
auf 81% (2009: 77%) gestiegen. Ursachen des Rückgangs sind der höhere
Anteil von kleinen Gründungsprojekten, eine stärkere Innenfinanzierungskraft
angesichts der guten Nachfragebedingungen sowie niedrigere
Markteintrittsbarrieren im Konjunkturaufschwung. Insgesamt dominiert die
Kreditfinanzierung. Gleichzeitig ergeben sich Finanzierungsschwierigkeiten
häufig durch unzureichende eigene Mittel der Gründer zur Absicherung.
Gründer mit umfangreicheren Vorhaben und im Vollerwerb sind stärker von
Finanzierungsschwierigkeiten betroffen. Insbesondere jüngere Gründer,
Gründer aus der Arbeitslosigkeit, jene ohne Berufsabschluss und aus Nicht-EU-
Ländern berichten von Finanzierungsschwierigkeiten.
• Im Bundesländervergleich weisen die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und
Bremen die höchsten Gründerquoten auf.51
Der Gründerreport 2011 der Deutschen Industrie- und Handelskammer widerspricht
allerdings dem ersten Aufzählungspunkt: So ist mit dem Aufschwung mit einer
Steigerung der Existenzgründungen zu rechnen. Sie unterstreicht weiterhin die
Problematik der Gründerfinanzierung und die hohe Abbruchquote, meist aufgrund
schlechter Vorbereitung der Gründer.52
Die genannten Hindernisse spiegeln sich auch in der umfassenden Studie „Doing
Business“ der Weltbank wieder. So fiel Deutschland im Ranking 2011 der
unternehmerfreundlichsten Länder um eine Position auf Platz 22.53 Im kommutierten
51 Vgl. Hagen, T.; Kohn, K.; Ulltrich, K. (2011), S. 62 52 Vgl. hierzu ausführlich Evers, M. (2011), S. 1 ff. 53 Vgl. hierzu ausführlich Devan, J. u.a. (2011), S. 4
Ranking über die Einfachheit, ein Unternehmen zu starten, bewegt sich Deutschland
mit Platz 88 (Vorjahr: 8454) nur im Mittelfeld.55
Folgende Abbildung zeigt die Unternehmensgründungen in Deutschland 2005 bis
2009 nach Branchen. Der hervorgehobene Bereich von insgesamt knapp 7%
symbolisiert die High-Tech-Unternehmen (HTU) und setzt sich aus den
Spitzentechnologien (STW, 0,5%) und hochwertigen Technologien (HTW, 0,6%) im
verarbeitenden Gewerbe technologieintensiven Dienstleistungen (TDL, 4,3%) und
Software (inklusive Internetpräsentationen, 1,2%) zusammen. Hightech-Unternehmen
sind aufgrund ihrer Forschungsintensität und des daraus resultierenden hohen
Innovationsgrades besonders wichtig für eine Volkswirtschaft.56
Unternehmensgründungen in Deutschland 2005-200957, 58
54 Vgl. o.V. (o.J.bm), http://www.doingbusiness.org/data/exploree... (Stand: 13.08.2011) 55 Vgl hierzu ausführlich Devan, J. u.a. (2011), S. 165 56 Vgl. Gude, H. u.a. (2010): S. 13 57 NTW = Nicht technologieintensive Wirtschaftszweige des Verarbeitenden Gewerbes; wissDL = wissensintensive Dienstleistungen; UDL = unternehmensnahe Dienstleistungen; KDL= konsumnahe Dienstleistungen 58 Enthalten in: Gude, H. u.a. (2010), S. 88 f.
- High-Tech-Gründungen und -Innovationen
Ähnliche Fakten wie der KfW-Gründungsmonitor liefert der KfW-ZEW Gründerpanel
2010. Zu beachten ist, dass eine andere Definition von Innovationen als beim KfW-
Gründungsmonitor herangezogen wird. Darunter fallen nach ZEW alle neuen oder
merklich verbesserten Produkte, die ein Unternehmen in einem Jahr umsetzt.
Ausschlaggebend ist dabei, dass diese Produkte nur aus Sicht des Unternehmens –
nicht in Bezug auf den gesamten Markt – neu oder merklich verbessert sein müssen.
• Die Studie bestätigt den Mangel an Weltmarktneuheiten, welche nur knapp 3%
aller Gründungen in den Jahren 2006 bis 2009 ausmachten. Allerdings ist
dieser Anteil bei den High-Tech-Gründungen deutlich höher. „Zusammen mit
den Marktneuheiten in Deutschland und in der Region haben insgesamt 13%
der Unternehmen im Jahr 2009 eine Marktneuheit angeboten. In den Hightech-
Branchen des verarbeitenden Gewerbes ist der Anteil der Unternehmen mit
Marktneuheiten mit knapp 28% am höchsten. Marktneuheiten auf dem
Weltmarkt spielen hier eine besonders wichtige Rolle. Hightech-Produkte aus
den Bereichen Datenverarbeitung, Maschinenbau oder Kraftfahrzeugbau
werden in der Regel auf globalen Märkten gehandelt.“59
• Weiterhin sind Finanzierungsschwierigkeiten und zu hohe Kosten
Hauptursachen von nicht umgesetzten Investitions-, Innovations-, und
Beschäftigungsplänen.60
Wie der KfW-Gründungsmonitor erwähnt die Studie „High-Tech-Gründungen in
Deutschland“ des ZEW in Zusammenarbeit mit Microsoft die nur gering-ausgeprägte
Anzahl von Gründungen im High-Tech-Umfeld. Das Bild eines typischen High-Tech-
Gründers, eine junge Persönlichkeit, die direkt vom Hörsaal aus ein eigenes,
dynamisch-wachsendes Unternehmen gründet, muss an vielen Stellen revidiert
werden. Nachfolgend die Kernaussagen der in 2011 veröffentlichten Studie:61
• In den vergangenen Jahren wurden in Deutschland rund 17.000 High-Tech-
Unternehmen gegründet. Dieser Sektor besteht aus den Bereichen
forschungsintensiver Industrie (Maschinenbau, Elektro- und Medizintechnik),
59 Gude, H. u.a. (2010), S. 26 60 Vgl. Gude, H. u.a. (2010), S. 10 61 Vgl. hierzu ausführlich Metzger, G. u.a. (2010a), S. 1 ff.
technologieorientierter Dienstleistungen (Fernmeldedienste,
Datenverarbeitungsdienste, Anbieter von Forschungs- und
Entwicklungsleistungen, Architektur- und Ingenieurbüros oder technische
Labore) und dem Softwaresektor.
• „Innovation und Beschäftigung in der IT-Industrie werden in großem Maße von
kleinen Unternehmen und Neugründungen geprägt. Start-ups sind etablierten
Unternehmen in Sachen Dynamik, Flexibilität und Innovationsbereitschaft
deutlich überlegen.“62
• „Im Vergleich zum Vorjahr ist der Zahl der in Deutschland gegründeten
Hochtechnologie-Unternehmen um 3,1% gestiegen“.63 Die Zunahme der
Anzahl von Gründungen ist bei technologieorientierten Dienstleistungen mit
20% Wachstum stärker ausgeprägt als in der forschungsintensiven Indus-trie.
Im Softwaresektor zeigt sich mit 46% ein enormer Anstieg.64
• High-Tech-Gründer werden mit einem aktuellen Durchschnittsalter von 37,5
Jahren immer älter. Sie sind aber im Vergleich zu den USA im Schnitt jünger.
Hierbei unterscheidet sich die Altersstruktur im Vergleich zu den Nicht-High-
Tech-Bereichen kaum.
• Nur etwas mehr als die Hälfte der High-Tech-Gründer weisen einen
Hochschulabschluss vor. Technische Studienabschlüsse sind wichtig für junge
High-Tech-Unternehmen. 80% der älteren Gründer besitzen einen technischen
Studienabschluss (Mathematik und Informatik). Bei jüngeren Gründern fällt der
Anteil auf 70%, das Gewicht verlagert sich hin zu Wirtschaftswissenschaften.
• Ältere Gründer setzen ihre Geschäftsideen häufiger in Teams um als jüngere,
gründen häufiger als jüngere in der forschungsintensiven Industrie, dagegen
seltener im Softwaresektor.
• Ältere Gründer sehen einen großen Wettbewerbsvorteil anteilig signifikant
häufiger in Produkteigenschaften wie Qualität und technischem Vorsprung,
während jüngere Unternehmen eher Werbung und Produktdesign anführen.65
62 o.V. (2010d), http://www.zew.de/de/presse/1545/zew-... (Stand: 13.08.2011) 63 Herborn, D. (2010), http://secondflush.de/unternehmen/... (Stand: 13.08.2011) 64 Vgl. hierzu ausführlich Metzger, G. u.a. (2010a), S. I 65 Vgl. hierzu ausführlich Metzger, G. u.a. (2010a), S. III ff.
• Die Anzahl an Produktinnovationen betrug 2008 36%. Im Gegensatz dazu
stehen Marktneuheiten, die für einen gesamten Markt innovativ sind. Insgesamt
führten 14% der jungen High-Tech-Unternehmen Marktneuheiten im Jahr 2008
ein. Im Gründungsjahr sind es sogar 31%, wobei ältere Gründerpersonen etwas
häufiger Weltneuheiten einführen als jüngere, die anteilig etwas häufiger
regionale Marktneuheiten hervorbringen.
• Das Volumen der eingesetzten Finanzierungsmittel ist bei älteren Gründern
signifikant höher.
• Im Gegensatz zur Betrachtung des Gesamt-Gründermarktes durch den KfW
kommt nur ein ganz kleiner Teil der High-Tech-Gründungen ganz ohne
finanzielle Mittel aus. Bei der Hälfte der Unternehmen älterer Gründer liegen die
eingesetzten Finanzierungsmittel bei 20.000 € oder höher, während der Median
bei Unternehmen jüngerer Gründerpersonen bei 6.000 € liegt. Rechnet man
eingebrachte Sachmittel mit ein, so liegt der Unterschied bei 25.000 € zu 15.000
€. Die Hälfte von High-Tech-Unternehmen älterer Gründungspersonen notieren
bereits im Gründungsjahr (2007) einen Umsatz von mindestens 50.000 €,
während es bei 50 der jüngeren Gründerpersonen 20.000 € sind. Im Folgejahr
liegt der Medianumsatz bei 100.000 € zu 75.000 €, dies macht eine
Umsatzwachstumsrate p. a. von 14% zu 7% aus. Dieser Unterschied besteht
im Gegensatz zu technologieorientierten Dienstleistungen und Software bei
forschungsintensiven Indus-trietätigkeiten kaum.66 In Anlage 2 sind die
gemessenen Finanzkennzahlen auffindbar.
• Weiterhin wird mit auf die Finanzierungsschwierigkeiten, die besonders bei
jungen Unternehmen in Bezug auf Bankendarlehen zurückzuführen sind,
hingewiesen.67 „Für eine kleine Gruppe hochinnovativer,
wachstumsorientierter, aber damit auch hochriskanter Gründungen ist Venture
Capital eine weitere Finanzierungsalternative. Allerdings konzentrieren sich
Venture Capital Geber verstärkt auf junge Unternehmen, die sich bereits in der
66 Vgl. hierzu ausführlich Metzger, G. u.a. (2010a), S. 44 ff. 67 Vgl. Metzger, G. u.a. (2010a), S. 49
Wachstumsphase befinden.“68 Darüber hinaus ist Bürokratie ein lästiges, aber
nicht zu umgehendes Hemmnis.69
Die Regierung in Deutschland hat die Bedeutung von Startups im
Hochtechnologiebereich erkannt und im Koalitionsvertrag festgeschrieben.70
- Internetindustrie und Web-Startups
Die Internetindustrie kann der High-Tech-Gründerszene zugerechnet werden. Der
Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. gibt in der von eco und Arthur D. Little
durchgeführten Studie einen Überblick sowie Trends und Treiber. Aus ihrer Sicht wirkt
eine starke Internetwirtschaft „durch schnelle und preiswerte
Kommunikationsmöglichkeiten sowie innovative Produktionsformen als Multiplikator
und initiiert so neue wirtschaftliche Aktivitäten in bisherigen wie neuen
Geschäftsfeldern.“71
Um eine Tendenz für das Gründertum in der Internetindustrie abzuleiten, empfiehlt
sich ein Blick auf die gemessenen Erwartungen zur Entwicklung der Industriezweige.
Die folgende Abbildung stellt die Ergebnisse von 629 befragten deutschsprachigen
Führungs- und Fachkräften von Unternehmen der Internetwirtschaft dar72. Dabei
unterscheidet die Studie vier Ebenen: Netzwerkinfrastruktur &
-betrieb, Dienste & Anwendungen, Aggregation & Transaktion sowie Internetinhalte.
68 Metzger, G. u.a. (2010b), S. II 69 Vgl. Metzger, G. u.a. (2010b), S. II 70 Vgl. o.V. (o.K.bn), http://www.iyotta.de/index.php/unternehmensgrue... (Stand: 13.08.2011) 71 Rotert, M. u.a. (2009), S. 8 72 Vgl. Rotert, M. u.a. (2009), S. 74
Erwartungen zur Entwicklung des Gesamtmarktes in Deutschland im Vergleich73
Besonderes Entwicklungspotenzial werden den Segmenten Transaktionsdiensten, E-
Commerce, Online-Applikationen, Internet Exchanges, Online-Plattformen und
Housing-/Hosting-Dienste zugetraut. In Anhang 3 sind Marktindikatoren wie etwa die
Verhandlungsstärke, Anzahl der Marktteilnehmer, Preise und Vorleistungskosten
dieser Segmente abgebildet.74 Weiterhin liefert die Studie folgende Erkenntnisse:
• Kooperationen in der deutschen Internetwirtschaft, insbesondere mit anderen
Segmenten, gelten als sehr wichtig.75
• „Die Innovationskraft der Branche ist ungebrochen und wird es auch noch einige
Jahre bleiben. Das schöpferische Potenzial der Internetwirtschaft liegt in der
mittelständischen Struktur der Wirtschaftsakteure. Von wenigen Ausnahmen
abgesehen, sind es vorwiegend kleine und mittelgroße Unternehmen, von
denen die entscheidenden Impulse ausgehen.“76
• Beim Trend hin zu Cloud Services zeichnen sich immer deutlichere Strukturen
ab. Hierbei ist Vertrauen in die Informationsverarbeitung, Standards und ein
sicherer Rechtsrahmen für eine moderne Form der Auftragsdatenverarbeitung
entscheidend. 77
• „Heute hat der im Rahmen dieser Studie relevante Umsatz im E-Commerce
einen Anteil von 83% am Gesamtumsatz der Ebene Aggregation & Transaktion
73 Enthalten in: Rotert, M. u.a. (2009). S. 56 74 Vgl. hierzu ausführlich Rotert, M. u.a. (2009), S. 18 ff. 75 Vgl. Rotert, M. u.a. (2009), S. 56 76 Rotert, M. u.a. (2009), S. 72 77 Vgl. Rotert, M. u.a. (2009), S. 41 ff.
und macht mit 22,4 Milliarden Euro fast die Hälfte des Umsatzes der gesamten
Internetwirtschaft aus.“78
Kritik liefert eine Studie vom Beraterhaus McKinsey, die die deutsche
Internetlandschaft insgesamt als schlecht gerüstet sieht. So liegt der Internet-Beitrag
zum Bruttoinlandsprodukt mit 3,2 Prozent leicht unter dem Durchschnitt der
betrachteten dreizehn hochentwickelten Staaten und in der Rangliste der
Leistungsfähigkeit landet Deutschland im unteren Teil.79 Die Studie sieht die
Wichtigkeit des Internets insbesondere darin: „Kleine und mittlere Unternehmen mit
einem intensiven Web-Einsatz sind im Durchschnitt doppelt so schnell gewachsen wie
die Unternehmen, die weitgehend auf das Web verzichteten. Diese web-affinen
Unternehmen haben auch doppelt so viele Arbeitsplätze geschaffen wie die
Abstinenzler, hat die Untersuchung ergeben. Für jeden zerstörten Arbeitsplatz hat das
Netz 2,6 neue Stellen geschaffen.“80
Im europäischen Vergleich gibt es jedoch einige Indizien, warum das Gründen eines
Startups in Deutschland besondere Attraktivität hat. So werden die starke Kaufkraft,
eine heterogene und dichte Bevölkerung, der hohe akademische Hintergrund, die
stabile Wirtschaftssituation, gute Infrastruktur und im Vergleich zu anderen Ländern
stagnierende Löhne gelobt.81, 82 Neben der geographischen Lage mitten in Europa
bietet insbesondere Berlin einen hohen Lebensstandard bei geringen
Lebenserhaltungskosten.83 So sind in Berlin über 200 Startups beheimatet, mehr als
in München, Hamburg und Köln zusammen.84 Somit wird jedes vierte Web-Startup im
deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz) in Berlin
gegründet.85
Nicht zuletzt ist auf die teilweise kontroversen Diskussionen über einen möglichen
Hype um Web-Startups hinzuweisen. Neben Kritikern, die bereits eine Überhitzung
des Marktes erkennen wollen und vor einer zweiten .com-Blase warnen86, gibt es auch
Personen wie zum Beispiel der Doodle-Chef Michael Näf, der dem aktuellen Startup-
78 Rotert, M. u.a. (2009), S. 72 79 Vgl. Schmidt, H. (2011), http://faz-community.faz.net/blogs/netzkonom/... (Stand: 13.08.2011) 80 Schmidt, H. (2011), http://faz-community.faz.net/blogs/netzkonom/... (Stand: 13.08.2011) 81 Vgl. o.V. (o.J.bo), http://www.german-business-etiquette.com/36-busi... (Stand: 13.08.2011) 82 Vgl. o.V. (o.J.bp), http://www.startupoverseas.co.uk/starting-a-business-... (Stand: 13.08.2011) 83 Vgl. Hawley, C. (2011), http://www.spiegel.de/international/business/... (Stand: 13.08.2011) 84 Vgl. o.V. (2010e), http://eu.techcrunch.com/2010/09/24/guest-post-the... (Stand: 13.08.2011) 85 Vgl. Weigert, M. (2011), http://netzwertig.com/2011/04/28/webwirtschaft... (Stand: 13.08.2011) 86 Vgl. o.V. (o.J.bq), http://www.wiwo.de/technik-wissen/themen-technik-... (Stand: 13.08.2011)
Boom noch „goldene Zeiten“ vorhersagt.87 Da keine studienbasierte Literatur zu dieser
Thematik existiert, enthält sich der Autor einer Bewertung der aktuellen
Marktgeschehnisse.
- Gründungen aus Hochschulen und außeruniversitären
Forschungseinrichtungen
Trotz der erwähnten Kritik über die allgemeine Auffassung, dass erfolgreiche
Gründungen üblicherweise durch Hochschulabsolventen erfolgen, darf dieser Bereich
nicht gänzlich ausgegrenzt werden. Unter Spin-Offs aus Hochschulen versteht man
grundsätzlich die Ausgründung auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse
durch Studierende, Absolventen oder Wissenschaftler im Einvernehmen mit der
Mutterorganisation. Es handelt sich somit um eine derivative Gründung. Diese bildet
sich auch dann, wenn ein Gewerbe auf der Suche nach einer technologischen Lösung
an eine Forschungseinrichtung herantritt.88
Mit 2.600 Ausgründungen lag der Anteil von Spin-off-Gründungen 2003 bei knapp 3%
aller Neugründungen bzw. bei 11% in forschungs- und wissensintensiven
Wirtschaftszweigen. Mit 60% gehören Hochschulabsolventen zu den Gründern dieser
Startups.89
Mit umfangreichen und langjährigen Initiativen wie etwa dem 1998 eingeführten
Programm EXIST vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie bemüht sich
die Bundesregierung um die nachhaltige Förderung von Existenzgründungen aus der
Wissenschaft. Allerdings sind positive Effekte auf die Anzahl der
Unternehmensgründungen trotz der Ausgaben von EXIST mit über 44 Millionen € bis
heute nicht messbar.90
Schleinkofer befragte 2006 71 akademische Spin-Offs. Die Stichprobe umfasste vor
allem Startups zur Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen, der
Datenverarbeitung und Datenbanken sowie der Forschung und Entwicklung. Auffällig
sind die sehr hohe Kapitalausstattung mit durchschnittlich 843.000 €, welche vorrangig
aus Eigenmitteln (zu 72,5% genannt) und Förderzuschüssen (zu 27,5% genannt)
bestehen. Auch liegt der mittlere Umsatz bei 208.200 €, der Median hingegen bei
87 Vgl. Schürmanns, S. (2011), http://www.lonely-founders.com/2011/05/31... (Stand: 13.08.2011) 88 Vgl. o.V. (o.J.br), http://www.gruendungswiki.de/wiki/index.php?oid=34661 (Stand: 13.08.2011) 89 Vgl. Egeln, J. u.a. (2002), S. 58 f. 90 Vgl. hierzu ausführlich Metzger, G. u.a. (2010c), S. 1
100.500 €.91 Die Studie vermisst jedoch eine Erhebung der Abbruchsraten, es kann
also davon ausgegangen werden, dass nur erfolgreiche, existierende Startups in der
Erhebungszeit befragt wurden. Zu den Erfolgsfaktoren universitärer Ausgründungen
gehört neben den Wille der Hochschulen das Angebot an Unterstützungsleistungen,
welche jedoch sehr unterschiedlich ausfallen. So messen ca. 40% der Institutsleiter
der Gründerthematik keine besondere Bedeutung zu. Dies hängt laut einer
Untersuchung eher von einzelnen Personen als vom Vorgaben der Mutterorganisation
ab.92 Dabei werden empfangene Unterstützungsleistungen von den Spin-Offs sehr
geschätzt und als bedeutsam für den Geschäftserfolg eines Startups bewertet.93
91 Vgl. hierzu ausführlich Schleinkofer, M. (2006), S. 41 ff. 92 Vgl. hierzu ausführlich Schleinkofer, M. (2006), S. 76 ff. 93 Vgl. Schleinkofer, M. (2006), S. 95
Anlage 3
Ausgewählte Finanzkennzahlen
- Gründungsfinanzierung im Jahr 2008 94
- Finanzkennzahlen Gründungen insgesamt im Jahr 200 895
94 Enthalten in: Metzger, G. u.a. (2010a), S. 46 95 Enthalten in: Metzger, G. u.a. (2010a), S. 53
- Finanzkennzahlen nach einzelnen High-Tech-Sektore n im Jahr 2008 96
96 Enthalten in: Metzger, G. u.a. (2010a), S. 54
Anlage 4
Marktindikatoren der stärksten Segmente der Interne tindustrie 97
(ohne Transaktionsdienste, da in der Studie nicht abgebildet)
97 Enthalten in: Rotert, M. u.a. (2009), S. 29 ff.