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Dr. Gotthard Pietsch
Grundverständnisse der Organisation
Organisation setzt implizit die Existenz einer Ordnung voraus, die zielgerichtete Regeln zur Steuerung arbeitsteilig zu erbringender Aufgaben umfasst.
Organisationen als korporative bzw. kollektive Akteure im Gegensatz zu individuellen Akteuren.
Fiktion der „Einheit“ multipersonaler Handlungssysteme
Funktionaler vs. institutioneller Organisationsbegriff
Begriffe der Organisation
Organisationen als arbeitsteilige Systeme müssen das Spannungsfeld der Differenzierung und Integration bewältigen.
Dr. Gotthard Pietsch
Management-funktionen
Sachfunktionen
Einkauf Produktion Verkauf
Planung
Organisation
Personal-führungKontrolle/Controlling
Der funktionale Organisationsbegriff I
Begriffe der Organisation
Klassisches Managementverständnis bei Fayol und der Management Process School (Koontz/O´Donnell) :• Managementfunktionen: Planning, organizing, staffing, directing,
controlling• Managementfunktionen als Querschnittsfunktionen• strenge Prozessfolge mit dem Primat der Planung
Dr. Gotthard Pietsch
Der funktionale Organisationsbegriff II
Organisation als Managementfunktion, neben der Planung, der Personalführung und der Kontrolle/Controlling
Begriffe der Organisation
Organisation als Tätigkeit des „Organisierens“, als „rationales“Entwerfen eines Ordnungsrahmens.
Im Vordergrund steht die organisatorische Gestaltung mit dem Ziel der Rationalisierung von Arbeitsabläufen und der Sicherungorganisatorischer Effizienz/Effektivität.
Primat der Planung = Organisation als Vollzug der Planung(Gutenberg)
zunächst vorherrschender Organisationsbegriff bis in die 1970erJahre
Dr. Gotthard Pietsch
Grenzen des funktionalen Organisationsbegriffs III
Relativ enge Perspektive – Organisation als rationales Gestaltungsproblem
Begriffe der Organisation
mechanistisches Bild des Managements: organisatorische Regeln werden wie geplant umgesetzt.→ Abweichungen von formalen organisatorischen Regeln können
nicht erklärt werden.→ funktionale Organisationsbegriff kann den weit reichenden
Gestaltungsanspruch nur begrenzt erfüllen.
Funktionale Organisationsbegriff heute in der Organisations-forschung von geringerer Bedeutung
Strukturbildung als isolierte Entscheidung eines organisationalen Architekten (Rational-Aktor-Modell)
Dr. Gotthard Pietsch
Organisationen als soziale Gebilde bzw. als „Institution“, wie z.B. Unternehmen, Behörden, Kirchen, Gewerkschaften, Vereine
Begriffe der Organisation
Der institutionelle Organisationsbegriff
Perspektivenerweiterung• Betrachtung von sozial-technischen Gesamtzusammenhängen• Strukturbildung als rationaler Entwurf und emergentes Phänomen• Zwecke und Widersprüche, Funktionen und Dysfunktionen,
formale und informale Regeln können analysiert werden.
Zentrale Merkmale:• Orientierung an spezifischen Organisationszwecken• Arbeitsteilung zwischen zweckgerichteten Aktivitäten/Aufgaben
(„Organisationsstrukturen“)• Charakter der „sozialen Institution“• weitgehend stabile Grenzen zur Umwelt (Mitgliedschaftsregel)
Dr. Gotthard Pietsch
Organisationen basieren auf zweckgerichteten Regelstrukturen, die als Verhaltenserwartungen handlungssteuernd wirksam werden.
Organisationen als offene Regelsysteme
Organisationen als offene Regelsysteme
Als offene Systeme stehen Organisationen unter dem Einflussfremder Regeln, z.B. der Branche, der Berufsgruppe.• durch direkte Interaktion mit Umweltsystemen
(Kooperationen)• durch indirekte Einflussnahmen
(Ausbildungsgänge, Professionen)
Regelstrukturen begründen Entindividualisierung von Verhalten;Aber: es bleiben immer Handlungsspielräume.Organisationen als Zusammenspiel formaler und informaler Regeln.
Dr. Gotthard Pietsch
z.B. Unternehmen, internationale Organisationen, öffentliche Verwaltungen, Universitäten, gemeinnützige Vereine
Formale Organisationen
Formale Organisationen
Inklusion/Exklusion von Personen über Mitgliedschaft/Nichtmit-gliedschaft
Das Regelsystem expliziert eine klar – ggf. hierarchisch –gegliederte Organisationsstruktur und die personale Zuweisungvon Aufgaben sowie korrespondierende Kompetenzen.→ bürokratischer Verwaltungsstab
Formale Organisationen basieren auf einem zumindest partiellschriftlich fixierten Regelsystem → explizit formuliertes Regel-system
Dr. Gotthard Pietsch
Typen formaler Organisationen in modernen Gesellschaften (Meso-Ebene)Unternehmen = • erwerbswirtschaftlich ausgerichtet (Formalzieldominanz) • weit reichende wirtschaftliche Autonomie• Prinzip des finanziellen GleichgewichtsNon-Profit-Organisationen =• nicht erwerbswirtschaftlich ausgerichtet (Sachzieldominanz)• in privater Trägerschaft auf spezifische Zwecke gerichtet
Öffentliche Verwaltung =• nicht erwerbswirtschaftlich ausgerichtet (Sachzieldominanz)• Erfüllung öffentlicher Aufgaben• Teil der vollziehenden Gewalt des Staates (Exekutive)• Administratives Handeln gebunden an Recht und Gesetz• Einflussnahme politischer Institutionen
Formale Organisationen
Dr. Gotthard Pietsch
Die moderne „Organisationsgesellschaft“
Moderne Gesellschaft als Organisationsgesellschaft: Organisationen durchdringen alle Teilbereiche und Lebenswelten der Menschen.
Perrow: Organisationen als „Surrogat für Gesellschaft“• wachsende Bürokratisierung• wachsende Abhängigkeit der Individuen• „Partialisierung“ menschlicher Persönlichkeit
Organisationen als Vermittler zwischen den Funktionssystemenmoderner Gesellschaft
Organisationsgesellschaft
Dr. Gotthard Pietsch
Theorien der Organisation
Organisationstheorie als kritische Reflexion der Organisationspraxis:Wie wird Organisationspraxis betrieben? – Erklären/VerstehenWie soll Organisationspraxis betrieben werden? – Gestaltung
Vielzahl der Theorien und Perspektiven→ Fehlen einer Supertheorie, jede Theorie kann nur Teilaspekte
analysieren→ „Inkommensurablitätsproblem“ – Multiparadigmenanalyse?
Theorien der Organisation
Dr. Gotthard Pietsch
Zentrale Analyseperspektiven
Methodologischer Individualismus
Methodologischer Kollektivismus
Strukturdualistische Konzeption
Theorien der Organisation
Dr. Gotthard Pietsch
Zentrale Strömungen moderner Organisationstheorie
Ökonomische Organisationstheorie
Situativer Ansatz der Organisationstheorie
verhaltenswissenschaftliche Organisationstheorie
soziologisch inspirierte Organisationstheorie
Evolutionäre Organisationstheorie
Postmoderne Organisationstheorie
Theorien der Organisation
Dr. Gotthard Pietsch
Organisationen als multipersonale HandlungssystemeOrganisationen basieren auf der Interaktion einer Vielzahl von Personen/Aufgabenträgern → kein monolithisches Handlungsgefüge, sondern komplexer sozialer
Verbund→ Fehlen einer „omnipotenten“ Zentrale→ organisationale anders als individuelle Entscheidungen
Organisationen weisen hohe Eigenkomplexität und innere Dynamik auf.
Organisationen basieren nicht auf einer widerspruchsfreien Ordnung.
Organisationale Phänomene und Entscheidungen haben oft einen emergenten Charakter.
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Organisationen aus mikropolitischer PerspektiveIn Organisationen als multipersonale Systemen treffen interne und externe Beteiligte mit unterschiedlichen Interessen aufeinander.→ Ziel- und Verteilungskonflikte um knappe Ressourcen
Organisationen als Netz von Akteursinteressen und wechselndenKoalitionen.
Begriff Mikropolitik bzw. „micropolitics“ (Tom Burns 1961)→ Als Gegensatz zur organisationalen „Makropolitik“ (= Unternehmens-
politik)→ „Politik im Kleinen“ bzw. „organisationale Innenpolitik“→ großteils „unterschwellig“ (Neuberger 1995)
Etablierung mikropolitischer Arenen, in denen interessegeleitethandelnde Akteure/Koalitionen Konflikte austragen.→ Aushandlung temporärer Problemlösungen
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Mikropolitik und MachtZiel mikropolitischer Akteure: Beeinflussung der Asymmetrie der Durchsetzungschancen zu eigenen Gunsten→ im Mittelpunkt steht das Machtphänomen→ Macht als generalisierbare Ressource zur Interessendurchsetzung
Macht = „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eige-nen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“ (Max Weber).
mikropolitische Prozesse lösen sich partiell von den Formalstrukturen→ „Eigensinn der Subjekte“→ informelle Sinnzusammenhänge und Beziehungsstrukturen
organisationale Entscheidungen unter dem Einfluss von Interessen-koalitionenaber: Mikropolitik nicht generell dysfunktional
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Elemente mikropolitischer Prozesse (Schreyögg 1984)
Macht: s.o.
konfliktäre Ressourcenansprüche
Legitimität
Entscheidungs-/Handlungsspielräume
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Aspektuales Verständnis der Mikropolitik
Personifizierung von Mikropolitik – Persönlichkeiten mit macchiavellistischen Zügen→ Typus des „Mikropolitikers“
Isolierung mikropolitischen Verhaltens; relativ eindeutige Abgrenzung
Mikropolitik als weitestgehend dysfunktionaler Sonderfall bzw.temporäre Erscheinung
Mikropolitik grundsätzlich negativ besetzt → illegitimer Störfall
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Konzeptuales Verständnis der Mikropolitik
gegenüber dem aspektualen Verständnis generalisierte Perspektive→ jedes organisationale Handeln erfolgt interessegeleitet
Mikropolitik ist allgegenwärtig und kein Randaspekt→ sowohl funktional als auch dysfunktional
Jeder Akteur in Organisationen ist auch „Mikropolitiker“.
Analyse von Organisationen im Hinblick auf • Interessen-/Machtstrukturen• Strategien beteiligter Akteure/Koalitionen
konzeptuale Verständnis derzeit weit verbreitet
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Mikropolitische Ansätze
• Analyse mikropolitischer Akteure („Mikropolitiker“) und Taktiken(z. B. Bosetzky)
• Analyse mikropolitischer Entscheidungsprozesse(z.B. Mintzberg)
• strategische Organisationsanalyse(Crozier/Friedberg)
• strukturationstheoretische mikropolitische Organisationsanalyse(Ortmann; Küpper/Felsch)
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Typus des Mikropolitikers und seine Taktiken(Horst Bosetzky)
mikropolitische Analyse zunächst organisationspsychologischbeeinflusst → mikropolitische Akteur und seine Taktiken
Annahme: Nur ein geringer Teil der Mitarbeiter betreibt aktivMikropolitik.
Spezifische Persönlichkeitsstrukturen agieren primär im Hinblick auf Interessendurchsetzung und Machtvermehrung.→ „Bemühung, die systemeigenen Ressourcen zur Erreichung persön-
licher Ziele, insbesondere des Aufstiegs im System selbst und in anderen Systemen, zu verwenden“ (Bosetzky 1972)
⇒ Analyse des Mikropolitiker-Typus
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Merkmale des „typischen“ Mikropolitikers
„Typus“ = reines Muster bzw. idealtypische Konstruktion, nicht konkrete Person
extremes Machtmotiv (mit vielfach kompensatorischem Charakter;McClelland 1978)
Instrumentalisierung von Arbeitsprozessen und Menschen zu eigenen Zwecken
gezielte Aneignung von Informationen und einer „konspirativenAutorität“
Neigung zu macchiavellistischen Verhaltensweisen
⇒These: Dilemmastruktur der mikropolitischen Persönlichkeit
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Mikropolitische Taktiken (Neuberger 1995)
Zwang/Nachdruck (Strafe, Sanktionsandrohung etc.)
Belohnen, Vorteile verschaffen („Don-Corleone-Prinzip“)
Einschalten höherer Autoritäten (legitime Macht, Beziehungsmacht)
Rationalisierendes Argumentieren
Koalitionsbildung („Hausmacht“)
Idealisierung, Ideologisierung
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Phasen des politischen Entscheidungsprozesses(Narayanan/Fahey)
Aktivierungsphase („activation“)
Koalitionsphase („coalescence“)
Mobilisierungsphase („mobilization“)
Auseinandersetzungsphase („encounter“)
Entscheidungsphase („decision“)
⇒ Trennung zwischen organisationen Entscheidungen und ihrer Umsetzung nicht strikt durchzuhalten
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Stategische Organisationsanalyse(Crozier/Friedberg)
Mikropolitik als die gesamte Organisation durchdringendes Alltagsphänomen: Handeln in Organisationen als generell mikro-politisch geprägt.
In mikropolitischen Arenen entwickeln Akteure gezielt Verhaltens-strategien.
Die Strategien der Individuen/Koalitionen werden durch die organisatorischen (Spiel-)Strukturen integriert.
Strategien und Spielstrukturen sind weitgehend durch die Machtverteilung geprägt.
⇒ drei zentrale Konzepte: Strategie, Macht und Spiel
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Mikropolitische Strategien
Individuen in Organisationen handeln weitgehend eigennützig und autonom.
Handeln nicht vollständig durch den organisatorischen Kontext determiniert → Autonomiezonen
Akteure wählen Strategien subjektiv bzw. beschränkt rational.
Strategien keine im Voraus geplanten, vollständigen Handlungsprogramme→ flexible, interessengeleitete und kontextbezogene Handlungs-
muster→ lassen sich ex post rekonstruieren
offensive vs. defensive Strategien
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Macht in der strategischen OrganisationsanalyseAnnahme: Macht durchdringt alle sozialen Beziehungen→ Keine Person ist völlig machtlos.Macht als Voraussetzung für Autonomiezonen der Akteure
Macht als Kontrolle von „Ungewissheitszonen“ (Crozier/Friedberg)
Ungewissheitszonen⇒ immer akteurs- bzw. koalitionsbezogen⇒ müssen bewusst wahrgenommen werden
vier Quellen von Macht und Ungewissheit:⇒ Expertentum⇒ Umweltschnittstellen⇒ Kontrolle von Informations- und Kommunikationskanälen⇒ Nutzung organisatorischer Regelnzudem: Macht als Unberechenbarkeit
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
kein Zerfall der Organisation solange Interesse am Fortbestand des Spiels
Mikropolitische SpieleMikropolitik als Anhäufung/Nutzung von Macht im Kontext strate-gischer Interdependenz
Organisationen als ineinander verzahnte mikropolitische Spiele
Spielbegriff als „Metapher“ für den Rahmen formeller und informeller Regeln• Spiel im Sinne von „game“ und nicht „play“• Wahrnehmung als Nullsummenspiele (Ressourcenkonflikte)
Spiele im Spannungsfeld von Freiheit und Zwang
Macht als Reduktion von Unsicherheit über Spielergebnis und Strategien.
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Dr. Gotthard Pietsch
Wie ist der zeitliche Verlauf der Spielsituationen?
Strategische Organisationsanalyse - Grundfragen
Wer sind die Spieler?
Was sind die Bestimmungsgründe bzw. Interessen der Spieler?
In welcher relativen Machtposition stehen die Spieler zueinander?
Welche Koalitionen bieten sich für die Spieler an bzw. welche haben sie gewählt?
Welche Strategien und Taktiken wenden die Spieler an?
Organisationen aus mikropolitischer Perspektive
Welche Spielregeln müssen die Spieler beachten?
Lassen sich konkrete Spielergebnisse feststellen?
Dr. Gotthard Pietsch
Der Ansatz der organisierten Anarchie
organisationale Entscheidungen als Produkt von Prozessen einer eigenen organisatorischen Dynamik (nicht als Ergebnis rationalerKalküle)→ Entscheidungen werden ex post als rational rekonstruiert
Organisation und Individuen agieren auf der Basis einer Vielzahlvon inkonsistenten und vage definierten Präferenzen.
Ergebnisse von Entscheidungen als Produkt eines komplexen Geflechts vielfach ineinander verzahnter Prozesse/Einwirkungen→ Entscheidungen als Ergebnis von Zufällen
Organisierte Anarchie
Dr. Gotthard Pietsch
Das Mülleimermodell (Cohen/March/Olsen)
„garbage can decision process“: als zufälliges Zusammenfließeneinwirkender Ströme in der Organisation• Strom von Problemen• Strom von Lösungen• Strom von Teilnehmern• Strom von Entscheidungsarenen
Organisationale Entscheidungen als Sammelbecken („Mülleimer“), in das unsystematisch Elemente hineingeworfen werden
Organisationsstruktur kanalisiert das Zusammentreffen der Ströme,Aber: es entstehen emergente Prozesse („organisierte Anarchie“)
Organisierte Anarchie
Dr. Gotthard Pietsch
Mülleimermodell und Entscheidungsfindung
1.3/1
Trennung von Problemen und Entscheidungen! Entschlüsse durch: 1. Übersehen, 2. Abwanderung, 3. ProblemlösungAber: wie erbringen dann Organisationen zuverlässige Leistungen?
Teilnehmer
Lösungen
Probleme
Entscheidungs-arenen
Organisierte Anarchie
Dr. Gotthard Pietsch
Anwendungsbereich des Mülleimermodells
Mülleimermodell oder das Konzept der organisierten Anarchieauf komplexe, schlecht-strukturierte, mehrdeutige Entscheidungen beschränkt
Entscheidung/Planung in Organisationen primär als rückwärtsgewandter Prozess der Interpretation und Legitimation,keine zukunftsgerichtet-langfristige Bildung von Leitlinien für zukünftiges Handeln
Organisierte Anarchie
Dr. Gotthard Pietsch
Basisannahmen ökonomischer Theorien
Zunächst klassische Trennung zwischen neoklassischer (Mikro-)Ökonomik und Organisationstheorie
Ökonomische Theorien der Organisation
Institutionenökonomik verdeutlicht überschneidende Erkenntnis-interessen zwischen Organisationstheorie und Ökonomie
Basisannahmen der Neoklassik:• Utilitarismus und Optimierungsmodell („maximizing animal)• Fokussierung auf die Analyse von Gleichgewichten• Friktionslose Welt bei vollständiger Information
Dr. Gotthard Pietsch
Modifikation der Institutionenökonomik
Öffnung der ökonomischen Forschung für die Analyse institutioneller bzw. organisationaler Regelstrukturen
Ökonomische Theorien der Organisation
Veränderung neoklassischer Annahmen• unvollständige und ungleich verteilte Informationen• Welt mit Friktionen (insb. Raum- und Zeitdifferenzen)• begrenzte Rationalität der Akteure
Zentrale Forschungsrichtungen• Theorie der Verfügungsrechte• Transaktionskostentheorie• Prinzipal-Agenten-Theorie
Dr. Gotthard Pietsch
Opportunismus in der Institutionenökonomik
„Worst-Case-Szenario“ opportunistischer Verhaltenssteuerung
Verfolgung des Eigeninteresses unter Zuhilfenahme von List,Täuschung, Lüge, Betrug, Diebstahl etc. (Williamson)
motivationale Grundlagen des Opportunismus:• strenges Eigennutzprinzip: „gegenseitig desinteressierte
Vernünftigkeit“ (Rawls)• extrinsische Motivation: Handlung ohne Selbstzweck
Opportunismus als Gefährdung und Triebkraft der Institutionen
Ökonomische Theorien der Organisation
→ Opportunismus als „extreme Karikatur“ bzw. „extreme Stilisierung“ menschlichen Verhaltens
Dr. Gotthard Pietsch
Ökonomische Theorien der Organisation
Spektrum menschlicher Handlungspotenziale
Opportunismus
Nutzeninterdependenzen
Altruismus
Mot
ivat
ions
mix
Idealismus
gering hochex
tr.in
tr.
ethischer Idealismus
Dr. Gotthard Pietsch
Die Theorie sozialer Systeme(Niklas Luhmann)
Grundlagen:Systeme als Einheit von Elementen und Strukturen.
Die Elemente von sozialen Systemen stellen Kommunikationen dar.
Die Strukturen von sozialen Systemen basieren vor allem auf „Sinn“.
Soziale Systeme reproduzieren sich autopoietisch über den laufenden Kommunikationsprozess und grenzen sich dabei von derUmwelt ab.
Als grundlegende Typen sozialer Systeme werden Gesellschaft, Organisationen und Interaktionen unterschieden.
Die Theorie sozialer Systeme
Dr. Gotthard Pietsch
Typen sozialer Systeme
• flüchtige Interaktionssysteme
• organisierte Interaktionssysteme
• formale Organisation
• Funktionssysteme
• (Welt-)Gesellschaft
Die Theorie sozialer Systeme
Dr. Gotthard Pietsch
Unternehmen aus der Perspektive der Systemtheorie(Theorie sozialer Systeme nach Niklas Luhmann)
Unternehmen stellen formale Organisationssysteme dar. Sie basierenauf Kommunikationen und reproduzieren sich über Entscheidungen.
Unternehmen agieren im Kontext der „Gesellschaft“.
Funktionssysteme agieren auf der Grundlage eigener Regeln, Kommunikationsmedien.
Moderne Gesellschaften sind funktional differenziert, d.h. in Funktionssysteme (z.B. Wirtschaft, Politik, Recht, Wissenschaft)aufgespalten.
Unternehmen agieren primär im Funktionssystem Wirtschaft.
Die Theorie sozialer Systeme
Dr. Gotthard Pietsch
Funktionssystem Wirtschaft
Zentrales Kommunikationsmedium: „Geld“
Code: Zahlen bzw. Nichtzahlen; „Kosten“ und „Erlöse“
Eingeschränkte „Resonanzfähigkeit“ der Kommunikationsprozesse:→ primär nur lösbare Probleme werden bearbeitet.→ lösbare bzw. unlösbare Probleme werden über Preise bestimmt
Differenzierung in lösbare und unlösbare Probleme:lösbar = rentabel finanzierbarunlösbar = unrentabel finanzierbar
These: Unlösbare Probleme müssen in das Kommunikationsmediumübersetzt werden.→ z.B. politische Intervention: „ökologische Steuerreform“
Die Theorie sozialer Systeme
Dr. Gotthard Pietsch
Perspektiven und DCF-Methoden
Die Theorie sozialer Systeme
DCF-Methoden
Input-Informationen(z. B. Cash-Flow-Prognose und
Kapitalkosten)
Output-Informationen(z. B. Shareholder Value)
PerspektivenorientierteReflexion
qualitative Basisannahmen zurstrategischen Entwicklung des Unternehmens
Übersetzung
Diskussion des Shareholder Valuevor dem Hintergrund der Basisannahmen
„wertorientierteSprache“
Übersetzung
Dr. Gotthard Pietsch
Der soziologische Neoinstitutionalismuseine der führenden Organisationstheorien in den USA,zunehmende Verbreitung auch in Deutschland
Grundfrage:Wie können die Strukturen formaler Organisationen unter Rückgriff auf Einflüsse der sozialen Umwelt erklärt werden?
Basisannahme:Organisationen sind vor allem darauf ausgerichtet ihre Existenz zu sichern.
Wichtige Vertreter: John Meyer, Brian Rowan, Paul DiMaggio, Walter W. Powell, Lynn G. Zucker
Der soziologische Neoinstitutionalismus
Dr. Gotthard Pietsch
Basismodell und institutionelle Regeln
Basismodell:
Institutionelle Regeln der gesellschaftlichen Umwelt prägen die formalen Strukturen von Organisationen.→ nicht nur der Wettbewerb, sondern vor allem gesellschaftliche
Regeln beeinflussen Unternehmen
Umwelt → Organisationsstruktur → Überleben
Institutionen/institutionelle Regeln • sind kollektiv bzw. sozial konstruierte Erwartungsstrukturen • Individuellen Akteuren erscheinen sie vielfach als etwas „Äußeres“,
objektiv Gegebenes• sind originär eigenständige soziale Phänomene und haben den
Charakter unabhängiger Variablen• „Schablonen des Organisierens“ bzw. Skripte für das Handeln
Der soziologische Neoinstitutionalismus
Dr. Gotthard Pietsch
Institutionalisierung
Institutionalisierung als Prozess= Vorgang der Verfestigung sozialen Handelns zu selbstverständlich
geltenden Verhaltensmustern
Institutionalisierung als Zustand= Grad, durch den soziale Situationen durch sozial konstruierte Regeln
vorstrukturiert sind
Institutionalisierung bewirkt die Reduktion eines reflektierten und intentional gesteuerten Handelns.→ schafft soziale „Selbstverständlichkeiten“
Der soziologische Neoinstitutionalismus
Dr. Gotthard Pietsch
Unternehmen und institutionelle Umwelt
Differenzierung technischer und symbolischer Kontext→ nur analytisch trennbar
Unternehmen sind nicht rein technisch-rationale Werkzeuge zur Erfüllung ihres Organisationszwecks (z.B. Gewinnerzielung).→ Ausdruck jeweils relevanter gesellschaftlicher Regeln/Erwartungen
Der technische Kontext• materielle Produktions- und Austauschprozesse• messbarer Output• Effizienzanforderungen
Der symbolische Kontext• Sinnstrukturen, Interpretationsmuster, Wahrnehmungsprozesse• Konformitätsanforderungen
Der soziologische Neoinstitutionalismus
Dr. Gotthard Pietsch
Rationalität und Effizienz im Neoinstitutionalismus
These: Organisationen kopieren Rationalitätsmythen aus dem symbolischen Kontext zur Sicherung von Legitimität und Ressourcenzufluss (Meyer/Rowan)
Skepsis des soz. Neoinstitutionalismus gegenüber der Wirksamkeitvon Rationalitätsparadigmen in Organisationen→ Einflüsse des symbolischen Kontextes
Effizienzanforderungen mitunter nachrangig:„Efficient performance is only one – and not necessarily the most important – determinant of organizational survival“ (DiMaggio 1989).
Ressourcenakquisition trotz dauerhafter wirtschaftlicher Verluste„permanently failing organizations“ (Meyer/Zucker 1989)
Der soziologische Neoinstitutionalismus
Dr. Gotthard Pietsch
Rationalitätsmythen
Rationalitätsmythen postulieren regelhaften Zusammenhang zwischensozial konstruierten Zielen/Werten und Mitteln.→ basieren auf einem weithin geteilten „Glauben“
= gesellschaftliche Vorstellungen zur Rationalität
Merkmale von Rationalitätsmythen:• Referenz auf weit verbreitete Normensysteme• Charakter der Selbstverständlichkeit → keine offen kritische Reflexion• Allgemeingültiger Geltungsanspruch ohne situative Relativierung• Evaluation begrenzt auf symbolische Kontexte
Der soziologische Neoinstitutionalismus
Dr. Gotthard Pietsch
Organisationen auf der Suche nach Legitimität
Organisationen kopieren institutionelle Regeln und ggf. Rationalitäts-mythen aus der gesellschaftlichen Umwelt.
Institutionelle Regeln der Umwelt prägen vor allem die formalen Strukturen in Organisationen.→ Formale Strukturen demonstrieren Konformität mit sozialen
Erwartungen→ Formale Strukturen sichern organisationale Legitimität.
Legitimität von zentraler Bedeutung für das Überleben der Organisation → Gesamteindruck entscheidend!
Ggf. Entkopplung von Formal- und Aktivitätsstruktur („decoupling“)→ Aufbau von Legitimitätsfassaden
Der soziologische Neoinstitutionalismus
Dr. Gotthard Pietsch
Isomorphismen in organisatorischen Feldern
Isomorphismus = Homogenisierung formaler Organisationsstrukturen ggf. auch über
unterschiedliche Gesellschaftsbereiche hinweg
„Isomorphism is a constraining process that forces one unit in a population to resemble other units that face the same set of environmental conditions“(DiMaggio/Powell 1991, 66).
Ausrichtung auf institutionelle Regeln/Rationalitätsmythen in „organisationalen Feldern“.Organisationales Feld = Teilbereich der für die Organisation besonders relevanten Umwelt,
insb. Gruppen von eng verbundenen Organisationen
Der soziologische Neoinstitutionalismus
Dr. Gotthard Pietsch
Mechanismen der Isomorphie
1. Zwang („coercive isomorphism“)= normativ-kulturelle Erwartungen der Gesellschaft; Erwartungen
anderer Organisationen/Institutionen;insb. Gesetzgebung/Rechtsvorschriften des Staates
2. Imitation („mimetic isomorphism“)= Kopieren von Modellen, die als erfolgreich und legitim gelten
(insb. bei hoher Unsicherheit)
3. Normativer Druck („normative isomorphism“)= insb. als Folge der Professionalisierung von Aufgaben
Vorgaben durch spezialisierte Experten/Professionals mit berufsgruppenspezifischer SozialisationProfessionalisierung des ManagementsVereinheitlichung von Personalauswahl-Kriterien
Der soziologische Neoinstitutionalismus
Dr. Gotthard Pietsch
Kritische Würdigung
Viele neue Impulse, aber noch keine geschlossene Theorie
entwickelt Basis für eine differenziertere Organisation-Umwelt-Analyse
grundlegende Begriffe unscharf und mitunter inhaltliche Widersprüche
hohes „Kritikpotenzial“ gegenüber rationalistisch-technizistischen Argumentationen; aber Kritik am Rationalitätsparadigma einseitig
organisationaler Wandel nur begrenzt erklärbar
Der soziologische Neoinstitutionalismus
Dr. Gotthard Pietsch
Shareholder-Ansatz
Shareholder-Ansatz und Gewinnprinzip
• kapitalmarktorientiertes Unternehmensverständnis→ monistische Zielkonzeption: Primat finanzieller Eigentümer-
interessen gegenüber anderen Anspruchsgruppen(Primat des Eigentums)
→ Steigerung des Residualeinkommens der Eigentümer(Eigentümer als Träger des primären Geschäftsrisikos)
• aber: mittelbare Relevanz anderer Anspruchsgruppen im Shareholder-Value-Kalkül→ pragmatisches Klugheitsargument/instrumentalistische Position
• Shareholder-Value-Bewertungskalkül: Eigentümer-/Unterneh-menswertsteigerung (Rappaport)Eigenkapitalkosten relativ eindeutiger Vergleichsmaßstab
Dr. Gotthard Pietsch
Shareholder-Ansatz
Shareholder-Ansatz und Gewinnprinzip
Führungs-/Organisationskonzept einer MaschineUnternehmen sind ähnlich einer Maschine einem bewusst vorgefassten Plan gemäß zu gestalten→ Konzept unrealistisch: Ungeeignet zur langfristigen
Erfolgserzielung→ „Erfolgsparadoxon“→ reiner Shareholder-Ansatz auch für Shareholder auf Dauer nicht
vorteilhaft
Hoffnung auf eine „Entpolitisierung“ der Entscheidungsprozessedurch die monistische Zielkonzeption – Vereinfachung der Willensbildung
Dr. Gotthard Pietsch
Shareholder-Ansatz
Shareholder-Ansatz und Gewinnprinzip
Wandel der Eigentümer-Struktur• finanziell orientierte gewinnen gegenüber strategischen Aktionären
an Bedeutung• gestiegener Investorendruck im Hinblick auf EK-Verzinsung
Verbreitung in den 1990er Jahren, deutsche Coporate-Governance-System traditionell eher Stakeholder-System
Shareholder-Value-Konzepte als Schutz vor feindlichen Übernahmen
Dr. Gotthard Pietsch
Shareholder-Ansatz
Shareholder-Ansatz und Gewinnprinzip
gesellschaftspolitische Kritik: • Shareholder-Ansatz berücksichtige die Interessen anderer Stake-
holder (insb. der Arbeitnehmer) sowie die soziale Verantwortung von Unternehmen nicht hinreichend.
• lediglich mittelbare/sekundäre Berücksichtigung anderer Gruppen(praktisch relevant insb. bei Zielkonflikten)
Dr. Gotthard Pietsch
Interpretationen der Gewinnorientierung(Ulrich 1995)
methodischerStatus
Ebene
empirischeThese
normativesPostulat
personaleHandlungs-orientierung
systemischerFunktions-mechanismus
Motiv:subjektivesGewinnstreben
sittliche Pflicht:Unternehmerethos
Sachzwang:objektivesGewinnerfordernis
ordnungspolitischeSpielregel:Gewinnprinzip
Interpretationen der Gewinnorientierung
Dr. Gotthard Pietsch
Motiv: subjektives Gewinnstreben
• empirisch-analytische Hypothese über die (faktischen) Motive von Unternehmern bzw. Managern („Tatsachenprämisse“)
• Gewinnorientierung als dominantes Motiv oder Element einer vielschichtigen Motivlage von Unternehmern/Managern
• ggf. pragmatisches Motivationsproblem → „moralpsychologische Motivationslücke“→ Suche nach pragmatischen Klugheitsargumenten
(instrumentalistische Position)→ funktionale Minimalmoral: „soziale Verantwortung“ als Mittel
z.B. der langfristigen Erhaltung von Erfolgspotenzialen
Interpretationen der Gewinnorientierung
Dr. Gotthard Pietsch
Gewinnorientierung als sittliche Pflicht(Unternehmerethos)• als berufs- bzw. rollenspezifisches Moralbewusstsein:
Gewinnstreben = sittliche Pflicht
• als konventionelle, identitätsbildende Tugend des Unternehmers/Managers
• erweiterte Harmoniethese: Identität von Gewinnstreben und Moral
• „Es ist sittliche Pflicht des Unternehmers (…) das Unternehmen fit zu halten, auch etwa für einzelne Mitarbeiter schmerzliche Maßnahmen durchzuführen.“ (G. Habermann)
• Konvention: erste sittliche Pflicht des Gewinnstrebens im Rahmen allgemeiner moralischer und gesetzlicher Regeln
Interpretationen der Gewinnorientierung
Dr. Gotthard Pietsch
Gewinnorientierung als ordnungspolitische Spielregel
• Gewinnorientierung als Spielregel der Marktwirtschaft und funktional-ordnungspolitisches Steuerungsinstrument
• als ethisch-politisch bewusst gewollte Aufforderung zur Gewinnerzielung
• Begründung mit der Wirksamkeit der „invisible hand“ und der Effizienz von Marktlösungen
• aber: Möglichkeit von MarktversagenSpezifikation der „Marktwirtschaft“
Interpretationen der Gewinnorientierung
Dr. Gotthard Pietsch
Gewinnorientierung als Sachzwang
• Gewinnorientierung ist faktische Bedingung der Selbst-behauptung der Unternehmen am Markt
• Basis: empirisch-analytische Hypothese über die Selektions-mechanismen des Wettbewerbs (relativ unumstrittene Tatsachenprämisse)
• Varianten hinsichtlich der Stringenz des ZwangsDeterminismus: objektive Sachlogik lässt keinen FreiraumKontingenz: es bestehen situative Freiräume für ethische Entscheidungen
• aber: fundamentale liberal-humanistische Einwand„permanently failing organizations“ (Meyer/Zucker)Interdependenz von Zwecken und Restriktionen (Ulrich)
Interpretationen der Gewinnorientierung
Dr. Gotthard Pietsch
Gewinnmaximierung als Modellprämisse• Verhaltensannahme mikroökonomischer Gleichgewichtstheorie:
gewinnmaximierende Unternehmen, nutzenmaximierende Konsumenten – Wirkung der „invisible hand“
• Basismodell der vollständigen Konkurrenz→ p = GK = DKmin (partiales Marktgleichgewicht)→ im totalen Marktgleichgewicht maximale gesellschaftliche
Wohlfahrt (unter Zuhilfenahme eines Auktionators)
• das totale Konkurrenzgleichgewicht als „Schlafmützenkonkurrenz“→ Pionierunternehmer oder ein kreatives Management sind
unnötig.
Gewinnmaximierung als Modellprämisse
Dr. Gotthard Pietsch
Gewinnmaximierung als TatsachenprämisseMaximieren Unternehmen ihre Gewinne?
• Entscheidungen erfolgen im Kontext von hoher Ungewissheit
• Unternehmen als multipersonale Handlungssysteme
Gewinnmaximierung als Tatsachenprämisse
• Manager- kontra Eigentümerziele
• Eigentümerziele jenseits rein finanzieller Interessen
Dr. Gotthard Pietsch
Stakeholder-Ansatz• Unternehmen als „quasi-öffentliche Institutionen“ (Ulrich/Fluri), als
gesellschaftliches Handlungsfeld. („pluralistische Wertschöpfungseinheit“)
• Ökonomische Dimension des Wirtschaftens (Effektivität/Effizienz) immer verbunden mit einer sozio-politischen Dimension (Legitimität/Akzeptanz),„Überlebensfähigkeit“ vor Gewinnprinzip
• Management trägt Verantwortung gegenüber einer Vielzahl von Anspruchsgruppen (z.B. Aktionären, Arbeitnehmern, Öffentlichkeit)
Stakeholder-Ansatz
• Unternehmen sollen im Rahmen der Unternehmensführung eine Vielzahl von Anspruchsgruppen berücksichtigen
(pluralistische Zielkonzeption: Maßstab „Interessenausgleich“)
Dr. Gotthard Pietsch
Stakeholder-Begriff
Das enge Begriffsverständnis = alle internen oder externen Anspruchsgruppen (individuelle oder
institutionelle Akteure, die für das langfristige Überleben eines Unternehmens wichtig sind
Stakeholder-Ansatz
Das weite Begriffsverständnis = alle internen oder externen Anspruchsgruppen (individuelle oder
institutionelle Akteure, die auf die Erreichung der Organisationsziele Einfluss nehmen können oder von organisationalen Entscheidungen betroffen sind
→ unterschiedliche Grundverständnisse von den Aufgaben eines Stakeholder-Management
Dr. Gotthard Pietsch
Stakeholder-Begriff
Stakeholder-Ansatz
Verwendung der Kriterien:• Macht• Machtmotivation
Stakeholder-Gruppen• Bezugsgruppen• Interessengruppen• strategische Anspruchsgruppen (= Stakeholder)
Dr. Gotthard Pietsch
Stakeholder-Ansatz
Top-Management
Bereichsleitung/Spezialisten
Übrige Mitarbeiter
Eigenkapitalgeber
Fremdkapitalgeber(Gläubiger)
Lieferanten
Kunden
Kommunalbehörden
Staat
Gewerkschaften
Arbeitgeberverbände
Einfluß auf das Unternehmen und seine Umwelt (Macht); Prestige; hohes Einkommen; Verwirklichung schöpferischer Ideen
Einfluß auf den eigenen und andere Unternehmensbereich(e) sowie das Top-Management; Anwendung und Erweiterung professioneller Kenntnisse und Fähigkeiten; Prestige; hohes Einkommen
hohes Einkommen; soziale Sicherheit; Selbstentfaltung am Arbeitsplatz; zufriedenstellende Arbeitsbedingungen und zwischenmenschliche Beziehungen
hohe Gewinnausschüttung; Teilnahme an Wertsteigerung durch Kursentwicklung und günstige Angebote bei Kapitalerhöhungen; Einfluß auf das Top-Management
hohe Verzinsung; pünktliche Rückzahlung und Sicherheit des zur Verfügung gestellten Kapitals
günstige Lieferkonditionen; Zahlungsfähigkeit; anhaltende Liefermöglichkeiten
qualitativ hochstehende Leistungen zu günstigen Preisen; Nebenleistungen wie Konsumentenkredite, Service, Ersatzteile oder Beratung; gesicherte Versorgung
Bereitstellung von Arbeitsplätzen; Beiträge zur Infrastruktur und zu Kultur- und Bildungsinstitutionen
Einhaltung gesetzlicher Vorschriften; hohes Exportniveau; Steuereinnahmen
Anerkennung der Gewerkschaftsvertreter als Verhandlungspart-ner; Verhandlungsfairness; Möglichkeit, Gewerkschaftsanliegen im Unternehmen zu artikulieren und Mitglieder zu werben
Ausrichtung unternehmerischer Entscheidungen an eigenen Interessen; Beitragszahlung
Interessengruppen Typische Interessen
Dr. Gotthard Pietsch
Stakeholder-Ansatz
• Kritik: Stakeholder-Ansatz bedeute Abkehr vom marktwirtschaft-lichen Eigentums- und Effizienzprinzip,Rentabilität und Stakeholder-Management keine grundsätzlichen Gegensätze
Stakeholder-Ansatz
• Dilemmata intra- und interpersoneller Interessenkonflikteangesichts der Vieltfalt potenziell konfliktträchtiger/divergierenderInteressen/Ansprüche
• Grundproblem des „fairen“ Interessenausgleichsmögliche Lösung: Diskursmodell? Entscheidungsverzögerungen?
• potenziell unendliche Liste möglicher Stakeholder
• relative Unbestimmtheit der Unternehmensziele
Dr. Gotthard Pietsch
Logik des kollektiven Handelns (Olson)These: Organisierbarkeit von (Stakeholder-)Interessen sehr unterschiedlich• Annahme: ökonomisch-rational handelnde Individuen
Stakeholder-Ansatz
Kollektivgutproblem bei der Organisation von InteressenRationalität von Gemeinschaftshandeln bleibt begrenzt.Für rein ökonomisch-rational handelnde Individuen mitunterFreerider-Verhalten vorteilhaft→ Kosten-Nutzen-Relation ungünstig aufgrund unerfülltem
Ausschlussprinzip• große Stakeholdergruppen, gesellschaftliche Interessen
individuelle Beiträge marginal und Fehlen unkritisch(„trivial contribution problem“)
• kleine Stakeholdergruppen, partielle Interessenindividuelle Beiträge bedeutsam und weitreichende Partizipationam Kooperationsertrag
Dr. Gotthard Pietsch
Stakeholder-Management (Unternehmensperspektive)
1.2/16
Instrumentelles Management-Konzept• Ausrichtung auf die Überlebensfähigkeit des Unternehmens• keine Gleichbehandlung von Stakeholdern:
Kriterium: relative Unternehmensrelevanz
Stakeholder-Ansatz
= Management der Unternehmensbeziehungen zu zentralen Stakeholdern
Zwei zentrale Ausrichtungen:Normativ-ethisches Management-Konzept• Berücksichtigung von Stakeholdern als Eigenwert• Verschiedenen Stakeholdern sollte tendenziell die gleiche
Aufmerksamkeit zukommenKriterium: Diskurs-Modell
Dr. Gotthard Pietsch
Bewertung der Relevanz von Stakeholdern(Mitchell/Agle/Wood 1997)
1.2/16
→ Bewertungskriterien nicht völlig trennscharf→ Anwendung abhängig vom Einzelfall→ Veränderlichkeit der Ausprägungen→ weitere Kriterien: z.B. Interessenkonflikt, Wissensausstattung,
Machtmotivation;
Stakeholder-Ansatz
Bewertungskriterien:• Macht – Machtbasen, Machtbereiche und ihre Wertigkeit,
Machtstärke, Einflüsse auf relevante Personen• Legitimität – Legitimationsbasen von Stakeholdern
(regulativ, normativ, kognitiv)• Dringlichkeit – zeitkritisch aus Sicht der Stakeholder?
Dr. Gotthard Pietsch
Stakeholder-Typologie (Mitchell/Agle/Wood 1997)
1.2/16
Stakeholder-Ansatz
ruhende S. dominante S.
definitive S.
vernachlässig-bare S.
abhängige S.
gefährlicheS.
fordernde S.
Macht
Legitimität
Dringlichkeit
Dr. Gotthard Pietsch
Importance-Index(Kreikebaum 2001)
Determinanten der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Stakeholder-Anliegens: Grad der Betroffenheit, Umfang der Betroffenheit, Gruppe der Betroffenen (Macht, Ressourcen, Wille), Art und Umfang der Folgen, Erfolg des Anliegens in anderen Ländern, Einfluss der Medien, Gefährdung zentraler gesellschaftlicher Werte→ subjektive Wahrscheinlichkeit
Stakeholder-Ansatz
Importance-Index = Eintrittswahr-scheinlichkeit DringlichkeitX
Determinanten der Dringlichkeit eines Stakeholder-Anliegens: Grad und Umfang der Betroffenheit, Häufigkeit und Verschiedenartigkeit der Quellen (Zeitschriften, Radio, Fernsehen etc.), Konkretheit der Anliegen, Koalitionspotenzial→ Scoring-Wert 1 bis 4
Dr. Gotthard Pietsch
Maßnahmen des Stakeholder-Management
Stakeholder-Ansatz
Ausrichtung auf die Erhöhung der Überlebens- bzw. Erfolgs-wahrscheinlichkeit Organisation → Normstrategien
Bedrohungspotenzial
hoch niedrig
hoch
niedrig
„gemischte“Stakeholder
Zusammenarbeit
unterstützendeStakeholder
Einbindung
nicht-unterstützendeStakeholder
Verteidigung
marginaleStakeholder
Zusammenarbeit
Unterstüzungs-potenzial
Dr. Gotthard Pietsch
Organisationsstruktur und Stakeholderintegration
Stakeholder-Ansatz
Einbindung von Stakeholder-Vertretern in organisationale Gremien(z.B. Projektteams)
Bestellung eines Stakeholder-Repräsentanten
Bildung eines Kontrollorgans („Stakekolder-Gremium“)
Aber: • organisationsstrukturelle Lösungen zwischen Modifikation von
Machtstrukturen und „Decoupling“-Prozessen.• relativ statisch im Spannungsfeld konfliktärer sozialer, politischer
und ökonomischer Ziele
Dr. Gotthard Pietsch
Koordination in arbeitsteiligen Wirtschaftssystemen
Stakeholder-Ansatz
Grundproblem der Handlungskoordination in arbeitsteilig organisierten Wirtschaftssystemen: → Abstimmung von Interessen und Verhalten
Zwei zentrale Probleme:
1. Kalkulationsproblem = wohlfahrtssteigernder Ressourceneinsatz
2. Motivations-/Kontrollproblem = Mitarbeit der Individuen
Dr. Gotthard Pietsch
Erfolgsorientiertes Handeln
Modi der Handlungskoordination
• ausgerichtet auf messbaren und strukturell kanalisierten Handlungserfolg
• basiert auf einer Kodierung in Geld, Preise und institutionellenStrukturierung über Markt, Macht
• subjektive Handlungsrationalität – subjektive Präferenzen
• Interaktion geprägt durch wechselseitig interessengeleitete Beeinflussung – strategische Ausrichtung
• Verzicht auf Argumentation durch strukturelle Kopplungen, aber: konstituierende Begründungsleistung erforderlich
→ Der dominante Koordinationstyp in einer über Preise gesteuertenMarktwirtschaft
Dr. Gotthard Pietsch
Verständigungsorientiertes Handeln
Modi der Handlungskoordination
• ausgerichtet auf den Konsens zwischen zunächst widerstreitenden Positionen
• basiert auf Argumentation und freier Einigung („Sprache“)
• intersubjektive Handlungsrationalität – „gute Gründe“
• Interaktion durch Aufrichtigkeit, Flexibilität und Bereitschaft zur Anerkennung besserer Argumente gekennzeichnet
• konstituierende Begründungsleistung: Bindungswirkung des Konsens
→ Der dominante Koordinationstyp in einer über Preise gesteuertenMarktwirtschaft
Dr. Gotthard Pietsch
Globalisierung und ihre ethische Relevanz
• nationalstaatlich organisierte politische Strukturen in Konfrontation mit einem international organisierten ökonomischen System
• Gefahr eine „eigensinnigen“ Entwicklung des ökonomischen Systems, das sich der Kontrolle politischer Institutionen entzieht→ Dominanz des weltweit integrierten Wirtschaftssystems
Globalisierung und ihre ethische Relevanz
• Globalisierung entfaltet Widersprüche zur liberalen Ordnungskonzeption eines rahmensetzenden Staates
• Globalisierung bewirkt Debatte über Zusammenhang von Staat, Ökonomie und Gesellschaft und neue Überlegungen zur Legitimität von Unternehmen
Dr. Gotthard Pietsch
Globalisierung und ihre ethische Relevanz
• verschärfter Wettbewerb und Produktionsverlagerungen
• „Regionalität“ der GlobalisierungEntwicklungsländer partizipieren nicht gleichermaßen wie die„Triade“
Globalisierung und ihre ethische Relevanz
• Befürchtung einer – zumindest partiellen – kulturellen Vereinheitlichung: „global village“
• Informalisierung der Arbeit: „Schattenwirtschaft“
• Standortwettbewerb und Erosion von Sozialstandards
Dr. Gotthard Pietsch
Wachsende Ressourcennachfrage
Globalisierung und ihre ethische Relevanz
0,62,06,0Mio. TiereElefanten
7085100Index der Waldfläche 1950=100
Regenwaldfläche
140,383,736,5Mio. tEinsatz v. Düngemittel
629279,570,3Mio. angemeldet FahrzeugeFahrzeuge
420026001300Jährl. Wassernutzung in Mio. tWasserverbrauch
915819Jährl. Fischfang in Mio. tFischerei
277024501980Durschnittl. Tagesproduktion in Kalorien pro Kopf
Lebensmittel
2592Städte > 8 Mio. EinwohnerMegastädte
5,83,82,5Milliarden PersonenBevölkerung
199719721950MaßeinheitIndikator
Quelle: 6. Umweltprogramm der Europäischen Kommission