hans-günter heumann das klavier · heute wird der ausdruck „klavier“ oft als sammel -...
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Vorläufer des Klaviers, aus: Syntagma musicum von MichaelPraetorius, 1619
Das Klavier – ein Steckbrief
Um 1800 verdeutschte Beethoven den Namen
„Pianoforte“ und gab seine Sonaten fortan unter der
Bezeichnung „für das Hammerklavier“ heraus.
Heute wird der Ausdruck „Klavier“ oft als Sammel -
bezeichnung für Klavier und Flügel verwendet. Im
Klavier sind die Saiten jedoch aufrecht stehend
angeordnet, während sie beim Flügel in der
Waagerechten liegen (s. S. 19f.).
GattungDas Klavier gehört zur Familie der Tasten instrumente.
Es ist aber gleichzeitig auch ein Saiten instrument.
Clavichord, Cembalo, Spinett und Virginal sind seine
Vorläufer.
Größe und Gewicht Es gibt verschieden große Klaviere und Flügel. Die
meisten Klaviere sind
� 100–130 cm hoch,
� 135–145 cm breit,
� 50–65 cm tief und etwa
� 200 kg schwer.
Der kleinste Flügel hat eine Länge von 150 cm, eine
Breite von ungefähr 145 cm und ein Gewicht von
ca. 250 kg.
Ein Konzertflügel hat etwa eine Länge von 275 cm,
eine Breite von 157 cm und das Gewicht beträgt
ca. 480 kg.
Besondere MerkmaleKlavier und Flügel haben ein Gehäuse, einen
Resonanzboden, einen gusseisernen Metallrahmen,
an dem die Saiten befestigt sind, Pedale und das so ge-
nannte „Spielwerk“ – also die Hammermechanik, die
aus vielen tausend Einzelteilen besteht. Die Klaviatur
oder Tastatur umfasst meist 88 Tasten. Große Konzert -
flügel haben im Vergleich zum Klavier oft bis zu neun
zusätzliche Tasten im Bassbereich.
Das Klavier – ein Steckbrief
10 11
Geburtstag und Geburtsort
Der Name
Im Barock bezeichnete man als „Clavier“ eigentlich
jedes Instrument mit einer Klaviatur – egal ob es eine
Orgel, ein Clavichord, ein Cembalo, ein Spinett oder ein
Hammerklavier war.
Cristofori nannte sein neu entwickeltes Klavier zu-
nächst „Gravicembalo col piano e forte”, also:
„Großes Cembalo, das leise und laut spielen kann“.
Schon bald wurde der Name zu „Pianoforte” oder
„Fortepiano” abgekürzt.
11698 begann der Instrumentenbauer Bartolomeo Cristofori (1655–1731) in Florenz mit dem Bau eines Klaviers,
dessen Saiten mit Hämmerchen angeschlagen wurden. Zwei Jahre später war das erste „Hammerklavier“
– auch „Hammerflügel“ genannt – fertig. Damit war der Grundstein für die Entwicklung unseres heutigen
Klaviers gelegt.
Florenz um 1750
Der längste Flügel der Welt wird in Italien gebautund hat eine Länge von 3,08 m. Er besitzt nicht nurdrei, sondern vier Pedale. Mit dem zusätzlichenPedal kann die Lautstärke reduziert werden, ohnedie charakteristische Klangfarbe zu verändern.
Schon gewusst??
Das Innenleben des Klaviers
Blick in einen Flügel
Vorläufer des Klaviers, aus: Syntagma musicum von MichaelPraetorius, 1619
Das Klavier – ein Steckbrief
Um 1800 verdeutschte Beethoven den Namen
„Pianoforte“ und gab seine Sonaten fortan unter der
Bezeichnung „für das Hammerklavier“ heraus.
Heute wird der Ausdruck „Klavier“ oft als Sammel -
bezeichnung für Klavier und Flügel verwendet. Im
Klavier sind die Saiten jedoch aufrecht stehend
angeordnet, während sie beim Flügel in der
Waagerechten liegen (s. S. 19f.).
GattungDas Klavier gehört zur Familie der Tasten instrumente.
Es ist aber gleichzeitig auch ein Saiten instrument.
Clavichord, Cembalo, Spinett und Virginal sind seine
Vorläufer.
Größe und Gewicht Es gibt verschieden große Klaviere und Flügel. Die
meisten Klaviere sind
� 100–130 cm hoch,
� 135–145 cm breit,
� 50–65 cm tief und etwa
� 200 kg schwer.
Der kleinste Flügel hat eine Länge von 150 cm, eine
Breite von ungefähr 145 cm und ein Gewicht von
ca. 250 kg.
Ein Konzertflügel hat etwa eine Länge von 275 cm,
eine Breite von 157 cm und das Gewicht beträgt
ca. 480 kg.
Besondere MerkmaleKlavier und Flügel haben ein Gehäuse, einen
Resonanzboden, einen gusseisernen Metallrahmen,
an dem die Saiten befestigt sind, Pedale und das so ge-
nannte „Spielwerk“ – also die Hammermechanik, die
aus vielen tausend Einzelteilen besteht. Die Klaviatur
oder Tastatur umfasst meist 88 Tasten. Große Konzert -
flügel haben im Vergleich zum Klavier oft bis zu neun
zusätzliche Tasten im Bassbereich.
Das Klavier – ein Steckbrief
10 11
Geburtstag und Geburtsort
Der Name
Im Barock bezeichnete man als „Clavier“ eigentlich
jedes Instrument mit einer Klaviatur – egal ob es eine
Orgel, ein Clavichord, ein Cembalo, ein Spinett oder ein
Hammerklavier war.
Cristofori nannte sein neu entwickeltes Klavier zu-
nächst „Gravicembalo col piano e forte”, also:
„Großes Cembalo, das leise und laut spielen kann“.
Schon bald wurde der Name zu „Pianoforte” oder
„Fortepiano” abgekürzt.
11698 begann der Instrumentenbauer Bartolomeo Cristofori (1655–1731) in Florenz mit dem Bau eines Klaviers,
dessen Saiten mit Hämmerchen angeschlagen wurden. Zwei Jahre später war das erste „Hammerklavier“
– auch „Hammerflügel“ genannt – fertig. Damit war der Grundstein für die Entwicklung unseres heutigen
Klaviers gelegt.
Florenz um 1750
Der längste Flügel der Welt wird in Italien gebautund hat eine Länge von 3,08 m. Er besitzt nicht nurdrei, sondern vier Pedale. Mit dem zusätzlichenPedal kann die Lautstärke reduziert werden, ohnedie charakteristische Klangfarbe zu verändern.
Schon gewusst??
Das Innenleben des Klaviers
Blick in einen Flügel
Die schwingende SaiteDrückt man eine Taste auf dem Klavier nieder, so
schnellt der Hammer an die Saite und ein Ton erklingt.
Ein Ton – als Ergebnis einer einfachen sinusförmigen
Schwingung – kommt in der Praxis nur selten vor.
Der Ton macht die Musik 4Der Ton macht die Musik
22 23
Sieh, dein Klavikord athmet ja so sanft wie dein
Herz.
Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791)
Man muss vergessen, dass das Klavier Hämmer hat.
Claude Debussy (1862–1918)
Ein schöner TonSeit jeher haben Pianisten und andere Musiker
versucht, den Klang des Klaviers zu beschreiben. Hier
einige Kostproben:
Theoretisch besteht ein Ton aus unendlich vielen
Obertönen, aber nur eine bestimmte Anzahl sind
überhaupt wahrnehmbar. Der Ton C setzt sich aus
folgenden Teiltönen zusammen: C, c, g, c1, e1, g1, b1,
Spiel jeden Ton so, als ob es um dein Leben ginge!
Mitdenken! Ja nicht die Finger laufen lassen! Bei
Klassik – bei Jazz – ganz egal. Denn es geht ja wirk-
lich um dein Leben.
Friedrich Gulda (1930–2000)
Ein Flügel, das ist nicht ein Instrument – das sind
hundert.
Anton Rubinstein (1829–1894)
Den Flügel braucht man insgemein zu starcken
Musicken (…). Der Ton des Flügels (…) fällt allen
deutlich ins Gehör. Dahero weiß ich, dass sogar zer-
streuete und weitläuftige Musicken, bei welchen offt
viele freywillige und mittelmäßige Musici (Musiker)
sich befunden haben, bloß durch den Ton des Flügels
in Ordnung erhalten worden sind (…)
Carl Philipp Emanuel Bach, 1753, aus: Versuch über
die wahre Art das Clavier zu spielen
Das Klavier ist ein Schlaginstrument, das man zum
Singen bringen muss.
Vladimir Horowitz (1904–1989)
Meist klingt zum Grundton noch eine ganze Reihe
von anderen Tönen mit. Der Akustiker (Schallexperte)
bezeichnet dieses Tongemisch als „Klang“. Die
Summe dieser Obertöne bildet zusammen den
Klangcharakter des Tones. Anzahl und Stärke der
Obertöne sind bei jedem Instrument verschieden und
geben ihm seine eigene Klangfarbe.
Beim Klavier lassen sich Obertöne durch ein ein -faches Experiment hörbar machen:
1. Die Taste des großen C (s. S. 24) wird „stumm“gedrückt, das heißt, der Ton darf nicht hörbarerklingen.
2. Nun wird kurz und kräftig das Kontra C an ge -schlagen, während das große C gehalten bleibt.Was passiert? Die Saite des großen C wurde durchdas Kontra-C mit in Schwingung versetzt und derTon ist leise wahrnehmbar.
Man kann diesen Vorgang auch mit Stummdrückender Tasten c, g (kleine Oktave) und c1, e1, g1 (ein -gestrichene Oktave) wiederholen. Dabei sind dieentsprechenden Töne, je weiter man in der Ober -tonreihe nach oben fortschreitet, immer leiser undschwerer zu hören.
Schon gewusst??
Zeit
Amplitude (Schwingungsweite, Ausschlag)
D 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
G
Sinusschwingung. Der Sinuston klingt aufgrund seiner fehlendenObertonstruktur eigentümlich dunkel.
Teiltöne: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
Grundton
c2, d2, e2 usw.
Wie entstehen verschiedeneTonhöhen?Die Stahlsaiten im Klavier sind von unterschiedlicher
Länge. Die kurzen Saiten des Klaviers schwingen
schnell und erzeugen hohe Töne, die langen Saiten ent-
sprechen niedrigen Schwingungszahlen und tiefen
Tönen. Der Resonanzboden nimmt die Schwingungen
der Saiten auf und verstärkt dabei den Klang. Die
Größe und Beschaffenheit eines Raumes entscheiden
auch darüber, wie laut oder leise ein Klavier klingt.
Der Weg zum OhrDie Schwingungen der Saiten erreichen über die Luft
als Schallüberträger das Ohr des Spielers und
Zuhörers. Die Schallwellen gelangen nun durch den
Gehörgang (Außenohr) zum Trommelfell (Mittelohr),
das so zum Schwingen gebracht wird. Von dort leiten
die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steig -
bügel) die Bewegung auf das „ovale Fenster“ im Innen -
ohr weiter. Die Schwingungen werden über das Häut -
chen des ovalen Fensters als Druckwellen in die mit
Flüssigkeit gefüllte „Schnecke“ übertragen. Hier wan-
deln die Sinneszellen die Schwingungen zu Nerven -
impulsen um. Der Ton gelangt nun zum Gehirn, wird
wahrgenommen und „gehört“(s. Abb. S. 24).
Ein gesundes menschliches Ohr nimmt Schwin -gungen von 16 Hz (Hertz = Anzahl der Schwin -gungen pro Sekunde) in der Tiefe und bis zu etwa20 000 Hz im oberen Bereich wahr. Die tiefstenPedaltöne der Orgel (ca. 16 Hz) erscheinen unszum Beispiel nur als vibrierendes Brummen.
Schon gewusst??Die Tochter des Künstlers am Klavier, Gemälde von O. A. de Sequiera,um 1822
Dame am Spinett, Gemälde von Jan Miense Molenaer, Mitte 17. Jh.
Obertonreihe
Die schwingende SaiteDrückt man eine Taste auf dem Klavier nieder, so
schnellt der Hammer an die Saite und ein Ton erklingt.
Ein Ton – als Ergebnis einer einfachen sinusförmigen
Schwingung – kommt in der Praxis nur selten vor.
Der Ton macht die Musik 4Der Ton macht die Musik
22 23
Sieh, dein Klavikord athmet ja so sanft wie dein
Herz.
Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791)
Man muss vergessen, dass das Klavier Hämmer hat.
Claude Debussy (1862–1918)
Ein schöner TonSeit jeher haben Pianisten und andere Musiker
versucht, den Klang des Klaviers zu beschreiben. Hier
einige Kostproben:
Theoretisch besteht ein Ton aus unendlich vielen
Obertönen, aber nur eine bestimmte Anzahl sind
überhaupt wahrnehmbar. Der Ton C setzt sich aus
folgenden Teiltönen zusammen: C, c, g, c1, e1, g1, b1,
Spiel jeden Ton so, als ob es um dein Leben ginge!
Mitdenken! Ja nicht die Finger laufen lassen! Bei
Klassik – bei Jazz – ganz egal. Denn es geht ja wirk-
lich um dein Leben.
Friedrich Gulda (1930–2000)
Ein Flügel, das ist nicht ein Instrument – das sind
hundert.
Anton Rubinstein (1829–1894)
Den Flügel braucht man insgemein zu starcken
Musicken (…). Der Ton des Flügels (…) fällt allen
deutlich ins Gehör. Dahero weiß ich, dass sogar zer-
streuete und weitläuftige Musicken, bei welchen offt
viele freywillige und mittelmäßige Musici (Musiker)
sich befunden haben, bloß durch den Ton des Flügels
in Ordnung erhalten worden sind (…)
Carl Philipp Emanuel Bach, 1753, aus: Versuch über
die wahre Art das Clavier zu spielen
Das Klavier ist ein Schlaginstrument, das man zum
Singen bringen muss.
Vladimir Horowitz (1904–1989)
Meist klingt zum Grundton noch eine ganze Reihe
von anderen Tönen mit. Der Akustiker (Schallexperte)
bezeichnet dieses Tongemisch als „Klang“. Die
Summe dieser Obertöne bildet zusammen den
Klangcharakter des Tones. Anzahl und Stärke der
Obertöne sind bei jedem Instrument verschieden und
geben ihm seine eigene Klangfarbe.
Beim Klavier lassen sich Obertöne durch ein ein -faches Experiment hörbar machen:
1. Die Taste des großen C (s. S. 24) wird „stumm“gedrückt, das heißt, der Ton darf nicht hörbarerklingen.
2. Nun wird kurz und kräftig das Kontra C an ge -schlagen, während das große C gehalten bleibt.Was passiert? Die Saite des großen C wurde durchdas Kontra-C mit in Schwingung versetzt und derTon ist leise wahrnehmbar.
Man kann diesen Vorgang auch mit Stummdrückender Tasten c, g (kleine Oktave) und c1, e1, g1 (ein -gestrichene Oktave) wiederholen. Dabei sind dieentsprechenden Töne, je weiter man in der Ober -tonreihe nach oben fortschreitet, immer leiser undschwerer zu hören.
Schon gewusst??
Zeit
Amplitude (Schwingungsweite, Ausschlag)
D 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
G
Sinusschwingung. Der Sinuston klingt aufgrund seiner fehlendenObertonstruktur eigentümlich dunkel.
Teiltöne: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
Grundton
c2, d2, e2 usw.
Wie entstehen verschiedeneTonhöhen?Die Stahlsaiten im Klavier sind von unterschiedlicher
Länge. Die kurzen Saiten des Klaviers schwingen
schnell und erzeugen hohe Töne, die langen Saiten ent-
sprechen niedrigen Schwingungszahlen und tiefen
Tönen. Der Resonanzboden nimmt die Schwingungen
der Saiten auf und verstärkt dabei den Klang. Die
Größe und Beschaffenheit eines Raumes entscheiden
auch darüber, wie laut oder leise ein Klavier klingt.
Der Weg zum OhrDie Schwingungen der Saiten erreichen über die Luft
als Schallüberträger das Ohr des Spielers und
Zuhörers. Die Schallwellen gelangen nun durch den
Gehörgang (Außenohr) zum Trommelfell (Mittelohr),
das so zum Schwingen gebracht wird. Von dort leiten
die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steig -
bügel) die Bewegung auf das „ovale Fenster“ im Innen -
ohr weiter. Die Schwingungen werden über das Häut -
chen des ovalen Fensters als Druckwellen in die mit
Flüssigkeit gefüllte „Schnecke“ übertragen. Hier wan-
deln die Sinneszellen die Schwingungen zu Nerven -
impulsen um. Der Ton gelangt nun zum Gehirn, wird
wahrgenommen und „gehört“(s. Abb. S. 24).
Ein gesundes menschliches Ohr nimmt Schwin -gungen von 16 Hz (Hertz = Anzahl der Schwin -gungen pro Sekunde) in der Tiefe und bis zu etwa20 000 Hz im oberen Bereich wahr. Die tiefstenPedaltöne der Orgel (ca. 16 Hz) erscheinen unszum Beispiel nur als vibrierendes Brummen.
Schon gewusst??Die Tochter des Künstlers am Klavier, Gemälde von O. A. de Sequiera,um 1822
Dame am Spinett, Gemälde von Jan Miense Molenaer, Mitte 17. Jh.
Obertonreihe
Vielseitig und faszinierend
42 43
Szenen oder Liebesszenen.
Als ProbenbegleitinstrumentDas Klavier ist ein sehr nützliches Instrument bei
Proben, denn es kann hier das Orchester ersetzen.
Wenn Sänger, Chöre, Instrumentalisten oder Tänzer
ein Stück neu lernen und ihre Rollen einstudieren
oder Szenen geprobt werden (Oper, Ballett), spielt der
so genannte „Korrepetitor“ den Orchesterpart am
Klavier. Hierzu benötigt er einen Klavierauszug, der
musik, dem das Improvisatorische des Jazz fehlt.
In der Rock- und PopmusikDas Klavier kommt in der Rock- und Popmusik oft
vor – entweder solistisch oder innerhalb einer Band.
In manchen Stilen dominiert das Klavier sogar, so
z. B. bei der Popballade mit ihrer oftmals akkordischen
gefühlvollen Klavierbegleitung und den häufig ein-
gefügten „Licks“ – kleinen melodischen Motiven, die
als Füller von Lücken in der Melodie dienen.
Auch in einer Rock ’n’ Roll-Band besticht das Klavier
durch seine akrobatischen Einlagen und Akkord-
„Hämmereien“. Das E-Piano, der Synthesizer, das
Digitalpiano und das Keyboard sind im Rock und Pop
nicht wegzudenken.
Klavierauszug von C. M. von Webers Oper Der Freischütz
Vielseitig und faszinierend
Blick in ein „Präpariertes Klavier“
Sylvano Bussotti, Klavierstück für David Tudor, aus: Pièces de chair II
Richard Clayderman Billy Joel
zeichnet. Das Studium der Partituren erfordert vom
Spieler meist mehr Zeit als die pianistische Arbeit
selbst, und Experimentierfreude ist gefragt.
die wichtigsten Orchesterstimmen des Werkes in
einem Klaviersatz zusammenfasst.
Im JazzDas Klavier ist in vielen Jazzstilen vertreten. Es ist als
Soloinstrument und in Gruppen (z.B. in der Bigband)
von großer Bedeutung. Ein reiner Jazz-Klavierstil ist
der Boogie-Woogie.
Der Ragtime gilt als Vorläufer des Jazz, denn viele
Jazz-Pianisten kamen vom Ragtime, und einige frühe
Jazz-Standards sind entscheidend von ihm beein-
flusst. Der Ragtime ist aber komponierte Klavier -
In der Neuen Musik
John Cage (1912–1992), amerikanischer Komponist,
wird vor allem mit dem von ihm 1949 erfundenen
„Präparierten Klavier“ („Prepared Piano“) in
Verbindung gebracht. Cage brachte an den Saiten und
Hämmerchen z.B. Radiergummis, Schrauben, Nägel
und Papier an, die dem Klavier besondere, teils schlag-
zeugähnliche Klangeffekte entlockten. Sein berühm-
testes Werk für Präpariertes Klavier ist der Zyklus
Sonatas and Interludes.
Zeitgenössische Komponisten verlangen vom
Klavier ganz neuartige Klänge und Spieltechniken.
Die Musik ist häufig in grafischer Notation aufge-
Für die Spezialisten:
Der Ragtime ist ein Stil in der Klaviermusik, derum 1880 in den USA entstand. Er verbindetElemente europäischer und afroamerikanischerMusik. In der Melodie kommen viele Synkopenvor (Verschiebung eines betonten Grundschlagsauf eine unbetonte Zählzeit). Die Begleitung istein ständiger Wechsel zwischen Basston undAkkord. The Entertainer von Scott Joplin (1868–1917) ist der berühmteste Ragtime.
Der Boogie-Woogie ist ein Klavierstil des Blues, der unter den Schwarzen um 1920 in Chicagoentstand. Typisch für den Boogie ist die starre,gleich bleibende Bassfigur und eine rhythmischinteressante Melodie mit Synkopen undImprovisation.
Spieltechniken in Neuer Musik:
� Klangerzeugung ohne Tastenanschlag, z. B. durch
Klopfen mit beliebigen Gegenständen rund um
den Flügel herum. Dabei bringen die Geräusche
durch Resonanz die Saiten zum Schwingen.
� Flageolettklänge auf den Saiten zur Erzielung
flötenähnlicher Klangeffekte (eigentlich eine
Spiel technik auf Saiteninstrumenten).
� Cluster (Tontrauben; das Spielen vieler eng
nebeneinanderliegender Töne).
� Glissando (über mehrere Töne gleiten) – nicht nur
auf den Tasten, sondern auch in den Saiten.
� Zupfen und Schlagen einzelner Saiten.
� Reine Tastaturklänge unter Einbeziehung des
Pedals.
Aufgabe, den Liedtext musikalisch auszudeuten.
Zu StummfilmenAnfang des 19. Jahrhunderts kam der Stummfilm auf
– ein Film ohne synchrone Tonspur, nur mit
Untertiteln versehen. Die Filme wurden meistens live
mit dem Klavier oder mit einer Kinoorgel (die zu-
sätzlich Geräuscheffekte ermöglichte) begleitet. Das
Klavier hatte hier auch die Funktion, die Handlung at-
mosphärisch auszugestalten, z.B. bei spannenden
Als Deutschlands bekanntester Stummfilm-
Pianist gilt Willy Sommerfeld (*1904). Zu den
Filmen spielte er rein aus dem Gefühl heraus und
nicht nach Noten. Er sagte einmal:
Mir schießen die Bilder, die ich auf der Leinwand
sehe, ins Gehirn und von dort aus in meine Finger.
Da ich sehr klein bin, geht das sehr schnell.
Keith Jarrett
12
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Vielseitig und faszinierend
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Szenen oder Liebesszenen.
Als ProbenbegleitinstrumentDas Klavier ist ein sehr nützliches Instrument bei
Proben, denn es kann hier das Orchester ersetzen.
Wenn Sänger, Chöre, Instrumentalisten oder Tänzer
ein Stück neu lernen und ihre Rollen einstudieren
oder Szenen geprobt werden (Oper, Ballett), spielt der
so genannte „Korrepetitor“ den Orchesterpart am
Klavier. Hierzu benötigt er einen Klavierauszug, der
musik, dem das Improvisatorische des Jazz fehlt.
In der Rock- und PopmusikDas Klavier kommt in der Rock- und Popmusik oft
vor – entweder solistisch oder innerhalb einer Band.
In manchen Stilen dominiert das Klavier sogar, so
z. B. bei der Popballade mit ihrer oftmals akkordischen
gefühlvollen Klavierbegleitung und den häufig ein-
gefügten „Licks“ – kleinen melodischen Motiven, die
als Füller von Lücken in der Melodie dienen.
Auch in einer Rock ’n’ Roll-Band besticht das Klavier
durch seine akrobatischen Einlagen und Akkord-
„Hämmereien“. Das E-Piano, der Synthesizer, das
Digitalpiano und das Keyboard sind im Rock und Pop
nicht wegzudenken.
Klavierauszug von C. M. von Webers Oper Der Freischütz
Vielseitig und faszinierend
Blick in ein „Präpariertes Klavier“
Sylvano Bussotti, Klavierstück für David Tudor, aus: Pièces de chair II
Richard Clayderman Billy Joel
zeichnet. Das Studium der Partituren erfordert vom
Spieler meist mehr Zeit als die pianistische Arbeit
selbst, und Experimentierfreude ist gefragt.
die wichtigsten Orchesterstimmen des Werkes in
einem Klaviersatz zusammenfasst.
Im JazzDas Klavier ist in vielen Jazzstilen vertreten. Es ist als
Soloinstrument und in Gruppen (z.B. in der Bigband)
von großer Bedeutung. Ein reiner Jazz-Klavierstil ist
der Boogie-Woogie.
Der Ragtime gilt als Vorläufer des Jazz, denn viele
Jazz-Pianisten kamen vom Ragtime, und einige frühe
Jazz-Standards sind entscheidend von ihm beein-
flusst. Der Ragtime ist aber komponierte Klavier -
In der Neuen Musik
John Cage (1912–1992), amerikanischer Komponist,
wird vor allem mit dem von ihm 1949 erfundenen
„Präparierten Klavier“ („Prepared Piano“) in
Verbindung gebracht. Cage brachte an den Saiten und
Hämmerchen z.B. Radiergummis, Schrauben, Nägel
und Papier an, die dem Klavier besondere, teils schlag-
zeugähnliche Klangeffekte entlockten. Sein berühm-
testes Werk für Präpariertes Klavier ist der Zyklus
Sonatas and Interludes.
Zeitgenössische Komponisten verlangen vom
Klavier ganz neuartige Klänge und Spieltechniken.
Die Musik ist häufig in grafischer Notation aufge-
Für die Spezialisten:
Der Ragtime ist ein Stil in der Klaviermusik, derum 1880 in den USA entstand. Er verbindetElemente europäischer und afroamerikanischerMusik. In der Melodie kommen viele Synkopenvor (Verschiebung eines betonten Grundschlagsauf eine unbetonte Zählzeit). Die Begleitung istein ständiger Wechsel zwischen Basston undAkkord. The Entertainer von Scott Joplin (1868–1917) ist der berühmteste Ragtime.
Der Boogie-Woogie ist ein Klavierstil des Blues, der unter den Schwarzen um 1920 in Chicagoentstand. Typisch für den Boogie ist die starre,gleich bleibende Bassfigur und eine rhythmischinteressante Melodie mit Synkopen undImprovisation.
Spieltechniken in Neuer Musik:
� Klangerzeugung ohne Tastenanschlag, z. B. durch
Klopfen mit beliebigen Gegenständen rund um
den Flügel herum. Dabei bringen die Geräusche
durch Resonanz die Saiten zum Schwingen.
� Flageolettklänge auf den Saiten zur Erzielung
flötenähnlicher Klangeffekte (eigentlich eine
Spiel technik auf Saiteninstrumenten).
� Cluster (Tontrauben; das Spielen vieler eng
nebeneinanderliegender Töne).
� Glissando (über mehrere Töne gleiten) – nicht nur
auf den Tasten, sondern auch in den Saiten.
� Zupfen und Schlagen einzelner Saiten.
� Reine Tastaturklänge unter Einbeziehung des
Pedals.
Aufgabe, den Liedtext musikalisch auszudeuten.
Zu StummfilmenAnfang des 19. Jahrhunderts kam der Stummfilm auf
– ein Film ohne synchrone Tonspur, nur mit
Untertiteln versehen. Die Filme wurden meistens live
mit dem Klavier oder mit einer Kinoorgel (die zu-
sätzlich Geräuscheffekte ermöglichte) begleitet. Das
Klavier hatte hier auch die Funktion, die Handlung at-
mosphärisch auszugestalten, z.B. bei spannenden
Als Deutschlands bekanntester Stummfilm-
Pianist gilt Willy Sommerfeld (*1904). Zu den
Filmen spielte er rein aus dem Gefühl heraus und
nicht nach Noten. Er sagte einmal:
Mir schießen die Bilder, die ich auf der Leinwand
sehe, ins Gehirn und von dort aus in meine Finger.
Da ich sehr klein bin, geht das sehr schnell.
Keith Jarrett
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Berühmte Virtuosen im 18. und 19. Jahrhundert
Kompositionen und Lehrwerke
54 55
Historische KlavierschulenViele hervorragende Pianisten machten sich
Gedanken darüber, wie man das Klavierspiel lehren
kann und schrieben Klavierschulen. Drei bedeutende
Lehrwerke, die als zentrale Quelle für Spiel- und
Aufführungspraxis im 18. Jahrhundert gelten, sind:
� François Couperin: L’art de toucher le clavecin
(Die Kunst, das Cembalo anzuschlagen), 1716
� Carl Philipp Emanuel Bach: Versuch über die
wahre Art das Clavier zu spielen, 1753
� Daniel Gottlob Türk, Klavierschule, 1789
Carl Philipp Emanuel Bach (1714–1788) gilt als der be-
rühmteste „Bachsohn“. Er wirkte in der Zeit der
Vorklassik – zwischen Barock und Klassik. Zu Leb zeiten
war er anerkannter als sein Vater Johann Sebastian.
Pianisten8Muzio Clementi (1752–
1832) spielte bereits mit
9 Jahren virtuos
Cembalo und Orgel
und erhielt eine erste
Anstellung in seiner
Heimatstadt Rom. Als
er 14 Jahre alt war,
nahm ihn ein reicher
Eng länder mit auf sein
Landgut und ermöglichte dem
jungen Clementi eine umfassende Ausbildung. 1763
ging er nach London. Ab 1780 unternahm er mehre-
re Europa-Tourneen. Die völlig neuartige, kraftvolle
Art seines Klavierspiels erregte überall Aufsehen.
Clementis Grabstein in der Westminster-Abbey in
London trägt die Aufschrift: Hier liegt der Vater des
Pianoforte.
Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) zeigte sich
schon früh als äußerst begabtes Kind. Als
Vierjähriger begann er Klavier zu spielen und zu
komponieren. Der Vater Leopold, ein bekannter
Geiger, war sein erster Lehrer. Mit ihm und seiner
Schwester Nannerl machte Wolfgang bereits in sei-
ner Kindheit Konzertreisen durch ganz Europa. In
den Konzerten erstaunte Mozart seine Zuhörer bis-
weilen dadurch, dass er auch mit verbundenen
Augen virtuos auf der Tastatur spielte. Mozart kehr-
te 1781 seiner Heimatstadt Salzburg den Rücken
und zog nach Wien, wo er als freischaffender
Künstler unermüdlich arbeitete. Mozart war sicher-
lich einer der vielseitigsten musikalischen Genies
aller Zeiten und der erste Komponist für das
Hammerklavier.
Ludwig van Beethoven(1770–1827) hatte enor-
mes musikalisches Talent
und erhielt vom Vater
den ersten Unterricht.
Mit 14 Jahren wurde er
Hof organist in seiner
Heimat stadt Bonn. 1792 übersiedelte er nach Wien
und genoss bald als Pianist und Komponist großes
Ansehen in den vornehmen Kreisen, die ihn auch fi-
nanziell unterstützten. Ein 1795 beginnendes
Gehörleiden, das im Alter zu völliger Taubheit führ-
te, machte ihm öffentliche Auftritte als Pianist un-
möglich. Trotz seiner Taubheit
komponierte Beethoven noch viele bedeutende
Werke. Beethoven war ein hervorragender Pianist
und Improvisator. Typisch für seinen Kom positions -
stil ist ein Klaviersatz, der erstmals die gesamte
Klaviatur nutzte und das Klavier wie ein Orchester
Im 19. Jahrhundert schrieben maßgeblicheSchulen:
� Johann Baptist Cramer, Große Pianoforteschule, 1815
� Johann Nepomuk Hummel, AusführlicheAnweisung zum Pianofortespiel, 1828
� Christian Louis Heinrich Köhler,Systematische Lehrmethode für Clavierspielund Musik, 1857, und Führer durch denKlavierunterricht, 1858
� Max Bisping, Klavierschule, 1860
� Theodor Steingräber (Pseudonym: Gustav Damm), Klavierschule, 1868
C. Ph. E. Bach: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen,Paragraf 1 der Einleitung
Robert Schumann hat zwar keine Klavierschule
geschrieben, aber in seinen Musikalischen Haus- und
Lebensregeln von 1850 befinden sich viele päda -
gogische Lebensweisheiten für Klavierspieler:
� Klimpere nie! Spiele immer frisch zu und nie ein
Stück halb.
� Spiele im Takt! Das Spiel mancher Virtuosen ist
wie der Gang eines Betrunkenen. Solche nimm dir
nicht zum Muster.
� Bemühe dich, leichte Stücke gut und schön zu spielen;
es ist besser, als schwere mittelmäßig vorzutragen.
� Nicht allein mit den Fingern musst du ein
Stückchen können, du musst sie dir auch ohne
Clavier vorträllern können.
� Wenn du spielst, kümmere dich nicht darum, wer
dir zuhört.
� Die Finger müssen machen, was der Kopf will,
nicht umgekehrt.
� Durch Fleiß und Ausdauer wirst du es immer
höher bringen.Konzert W. A. Mozarts und seiner Schwester Nannerl vor derKaiserin Maria Theresia
C. Ph. E. Bach und das Titelblatt seiner Klavierschule
Berühmte Virtuosen im 18. und 19. Jahrhundert
Kompositionen und Lehrwerke
54 55
Historische KlavierschulenViele hervorragende Pianisten machten sich
Gedanken darüber, wie man das Klavierspiel lehren
kann und schrieben Klavierschulen. Drei bedeutende
Lehrwerke, die als zentrale Quelle für Spiel- und
Aufführungspraxis im 18. Jahrhundert gelten, sind:
� François Couperin: L’art de toucher le clavecin
(Die Kunst, das Cembalo anzuschlagen), 1716
� Carl Philipp Emanuel Bach: Versuch über die
wahre Art das Clavier zu spielen, 1753
� Daniel Gottlob Türk, Klavierschule, 1789
Carl Philipp Emanuel Bach (1714–1788) gilt als der be-
rühmteste „Bachsohn“. Er wirkte in der Zeit der
Vorklassik – zwischen Barock und Klassik. Zu Leb zeiten
war er anerkannter als sein Vater Johann Sebastian.
Pianisten8Muzio Clementi (1752–
1832) spielte bereits mit
9 Jahren virtuos
Cembalo und Orgel
und erhielt eine erste
Anstellung in seiner
Heimatstadt Rom. Als
er 14 Jahre alt war,
nahm ihn ein reicher
Eng länder mit auf sein
Landgut und ermöglichte dem
jungen Clementi eine umfassende Ausbildung. 1763
ging er nach London. Ab 1780 unternahm er mehre-
re Europa-Tourneen. Die völlig neuartige, kraftvolle
Art seines Klavierspiels erregte überall Aufsehen.
Clementis Grabstein in der Westminster-Abbey in
London trägt die Aufschrift: Hier liegt der Vater des
Pianoforte.
Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) zeigte sich
schon früh als äußerst begabtes Kind. Als
Vierjähriger begann er Klavier zu spielen und zu
komponieren. Der Vater Leopold, ein bekannter
Geiger, war sein erster Lehrer. Mit ihm und seiner
Schwester Nannerl machte Wolfgang bereits in sei-
ner Kindheit Konzertreisen durch ganz Europa. In
den Konzerten erstaunte Mozart seine Zuhörer bis-
weilen dadurch, dass er auch mit verbundenen
Augen virtuos auf der Tastatur spielte. Mozart kehr-
te 1781 seiner Heimatstadt Salzburg den Rücken
und zog nach Wien, wo er als freischaffender
Künstler unermüdlich arbeitete. Mozart war sicher-
lich einer der vielseitigsten musikalischen Genies
aller Zeiten und der erste Komponist für das
Hammerklavier.
Ludwig van Beethoven(1770–1827) hatte enor-
mes musikalisches Talent
und erhielt vom Vater
den ersten Unterricht.
Mit 14 Jahren wurde er
Hof organist in seiner
Heimat stadt Bonn. 1792 übersiedelte er nach Wien
und genoss bald als Pianist und Komponist großes
Ansehen in den vornehmen Kreisen, die ihn auch fi-
nanziell unterstützten. Ein 1795 beginnendes
Gehörleiden, das im Alter zu völliger Taubheit führ-
te, machte ihm öffentliche Auftritte als Pianist un-
möglich. Trotz seiner Taubheit
komponierte Beethoven noch viele bedeutende
Werke. Beethoven war ein hervorragender Pianist
und Improvisator. Typisch für seinen Kom positions -
stil ist ein Klaviersatz, der erstmals die gesamte
Klaviatur nutzte und das Klavier wie ein Orchester
Im 19. Jahrhundert schrieben maßgeblicheSchulen:
� Johann Baptist Cramer, Große Pianoforteschule, 1815
� Johann Nepomuk Hummel, AusführlicheAnweisung zum Pianofortespiel, 1828
� Christian Louis Heinrich Köhler,Systematische Lehrmethode für Clavierspielund Musik, 1857, und Führer durch denKlavierunterricht, 1858
� Max Bisping, Klavierschule, 1860
� Theodor Steingräber (Pseudonym: Gustav Damm), Klavierschule, 1868
C. Ph. E. Bach: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen,Paragraf 1 der Einleitung
Robert Schumann hat zwar keine Klavierschule
geschrieben, aber in seinen Musikalischen Haus- und
Lebensregeln von 1850 befinden sich viele päda -
gogische Lebensweisheiten für Klavierspieler:
� Klimpere nie! Spiele immer frisch zu und nie ein
Stück halb.
� Spiele im Takt! Das Spiel mancher Virtuosen ist
wie der Gang eines Betrunkenen. Solche nimm dir
nicht zum Muster.
� Bemühe dich, leichte Stücke gut und schön zu spielen;
es ist besser, als schwere mittelmäßig vorzutragen.
� Nicht allein mit den Fingern musst du ein
Stückchen können, du musst sie dir auch ohne
Clavier vorträllern können.
� Wenn du spielst, kümmere dich nicht darum, wer
dir zuhört.
� Die Finger müssen machen, was der Kopf will,
nicht umgekehrt.
� Durch Fleiß und Ausdauer wirst du es immer
höher bringen.Konzert W. A. Mozarts und seiner Schwester Nannerl vor derKaiserin Maria Theresia
C. Ph. E. Bach und das Titelblatt seiner Klavierschule
Die Pflege des Klaviers
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Um den Klang und die mechanischen Spieleigenschaften des Klaviers über viele Jahre zu be-
wahren, ist die richtige Pflege wichtig. Regelmäßige Wartung durch Fachpersonal erhält sowohl
den Wert des Instruments als auch die Freude am Spielen.
Die Pflege des Klaviers10
Bei Fußbodenheizung ist es ratsam, das Instrument
nicht auf eine Heiz schlange zu stellen. Dies könnte
durch die aufsteigende Wärme zu starker Aus -
trocknung führen.
Schwere Polstermöbel und dicke Vorhänge sind
Schallschlucker – dies kann erwünscht sein oder auch
nicht. Auf jeden Fall trägt der Raum genauso viel zum
Klangbild bei wie das Instrument selbst.
Der ideale Standort für das Klavier:
� Ein gleichmäßig temperierter Raum.
� Ein Platz möglichst an einer Innenwand, da hier
die Temperaturschwankungen geringer sind.
� Heizkörper, Fenster und Außentüren sind nicht in
unmittelbarer Nähe.
� Kein direktes Sonnenlicht (Ausbleichen der Ober -
fläche und Erwärmung des Instruments).
Entscheidend sind:
� der richtige Standort,
� eine regelmäßige Stimmung,
� die Regulierung der Mechanik,
� die Pflege der Hämmer (Intonieren) und
Dämpfer,
� Reinigung und
� stets fachgerechter Transport.
Der StandortEin Klavier besteht zu ungefähr 80% aus Holz, und
Holz „arbeitet“ bekanntlich: Es dehnt sich bei
Feuchtigkeit aus und zieht sich bei Trockenheit zu-
sammen. Im Sommer ist der Feuchtigkeitsgehalt der
Luft in den Wohnungen oft höher als im Winter wäh-
rend der Heizperiode. Resonanzboden und Stege ver-
ändern sich und damit auch die Spannung und die
Tonhöhe der Saiten. Um die Stimmung des Klaviers zu
halten, empfiehlt sich eine gleich bleibende Raum -
temperatur von 20° C und eine relative Luftfeuchtigkeit
von 45–60 %. Auch auf die Filze und die Mechanik
wirkt sich dies positiv aus.
Faustregel: Je geringer die Unterschiede in Temperaturund Luftfeuchtigkeit sind, desto besser ist esfür das Klavier!
Während der Heizperiode sollte mittels eines „Hygro -
meters“ kontrolliert werden, dass die Luftfeuchtigkeit
nicht unter 45 % fällt. Bei geringeren Werten können
Luftbefeuchter oder Luftfeuchtigkeitsregler, die im
Klavier installiert werden, Abhilfe schaffen.
Stimmung & mehr
„Das Klavier ist verstimmt!“ – „Ach, worüber denn?“
Dieser oft gehörte Witz stammt sicherlich nicht aus
einem Gespräch zwischen Klavierspieler und
Klavierstimmer …
Da ein verstimmtes Klavier wahrlich kein Kunst -
genuss ist, gehört zur Pflege vor allem die regel -
mäßige Wartung durch den Klavierstimmer.
Die Stimmung ist für den Erhalt der Funktions -
fähigkeit und der akustischen Eigenschaften not-
wendig. Grund für die Verstimmung sind Tempe -
ratur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen sowie die
enormen Saitenzugkräfte im Instrument.
Bei Instrumenten, die Jahre lang nicht gestimmt
wurden, sinkt die Stimmhöhe – egal, ob viel, wenig
oder gar nicht gespielt wurde. Sie muss dann durch
mehrmaliges Stimmen wieder angehoben werden,
was mit höheren Kosten verbunden ist.
Der Klavierstimmer ist für die jährliche Wartung un-
verzichtbar. Neben dem eigentlichen Stimmen küm-
mert er sich auch um die Regulierung der Mechanik,
die Überprüfung der Intonation, die Kontrolle der
Pedale und Dämpfer usw.
Faustregel: Das Klavier sollte mindestens einmal im Jahr gestimmt werden, unabhängig von der Nutzung.Im Idealfall zweimal – vor und nach der Heiz -periode.
Der Filz der Hammerköpfe verdichtet und verhärtet
sich im Laufe der Jahre am Anschlagspunkt.
Bisweilen erhält er durch das ständige Anschlagen
der Stahlsaiten auch tiefe Rillen. Dies führt zu einem
dünneren, metallischen Klang. Um wieder einen
guten Klang zu bekommen, muss daher jedes
Instrument früher oder später neu intoniert werden
(s. S. 17). Dabei wird der Hammerfilz abgefeilt – vo-
rausgesetzt, es ist noch genug Filz in brauchbarem
Zustand vorhanden – und durch kleine Nadelstiche
weicher gemacht.
Für die Spezialisten:
Die Festlegung einer bestimmten Tonhöhe beimStimmen von Klavieren, Orgeln und anderenInstrumenten hat sich im Laufe der Jahrzehnteimmer wieder gewandelt und ist bis heute nichtüberall gleich. 1939 wurde in Deutschland der sogenannte „Kammerton“ a1 auf 440 Hertz festge -legt (in Frankreich 432 Hz, in den USA 450 Hz).Ursprünglich war der „Kammerton“ der Stimmtonfür die Kammermusik, nach dem Instrumente ein -gestimmt wurden.
Der Klavierstimmer – unentbehrlich, gestern wie heute
Modernes Stimmgerät
Stimmgabel
Befeuchter, der in das Klavier eingesetzt wird
Das Hygrometer – ein Luftfeuchtigkeitsmesser
Die Pflege des Klaviers
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Um den Klang und die mechanischen Spieleigenschaften des Klaviers über viele Jahre zu be-
wahren, ist die richtige Pflege wichtig. Regelmäßige Wartung durch Fachpersonal erhält sowohl
den Wert des Instruments als auch die Freude am Spielen.
Die Pflege des Klaviers10
Bei Fußbodenheizung ist es ratsam, das Instrument
nicht auf eine Heiz schlange zu stellen. Dies könnte
durch die aufsteigende Wärme zu starker Aus -
trocknung führen.
Schwere Polstermöbel und dicke Vorhänge sind
Schallschlucker – dies kann erwünscht sein oder auch
nicht. Auf jeden Fall trägt der Raum genauso viel zum
Klangbild bei wie das Instrument selbst.
Der ideale Standort für das Klavier:
� Ein gleichmäßig temperierter Raum.
� Ein Platz möglichst an einer Innenwand, da hier
die Temperaturschwankungen geringer sind.
� Heizkörper, Fenster und Außentüren sind nicht in
unmittelbarer Nähe.
� Kein direktes Sonnenlicht (Ausbleichen der Ober -
fläche und Erwärmung des Instruments).
Entscheidend sind:
� der richtige Standort,
� eine regelmäßige Stimmung,
� die Regulierung der Mechanik,
� die Pflege der Hämmer (Intonieren) und
Dämpfer,
� Reinigung und
� stets fachgerechter Transport.
Der StandortEin Klavier besteht zu ungefähr 80% aus Holz, und
Holz „arbeitet“ bekanntlich: Es dehnt sich bei
Feuchtigkeit aus und zieht sich bei Trockenheit zu-
sammen. Im Sommer ist der Feuchtigkeitsgehalt der
Luft in den Wohnungen oft höher als im Winter wäh-
rend der Heizperiode. Resonanzboden und Stege ver-
ändern sich und damit auch die Spannung und die
Tonhöhe der Saiten. Um die Stimmung des Klaviers zu
halten, empfiehlt sich eine gleich bleibende Raum -
temperatur von 20° C und eine relative Luftfeuchtigkeit
von 45–60 %. Auch auf die Filze und die Mechanik
wirkt sich dies positiv aus.
Faustregel: Je geringer die Unterschiede in Temperaturund Luftfeuchtigkeit sind, desto besser ist esfür das Klavier!
Während der Heizperiode sollte mittels eines „Hygro -
meters“ kontrolliert werden, dass die Luftfeuchtigkeit
nicht unter 45 % fällt. Bei geringeren Werten können
Luftbefeuchter oder Luftfeuchtigkeitsregler, die im
Klavier installiert werden, Abhilfe schaffen.
Stimmung & mehr
„Das Klavier ist verstimmt!“ – „Ach, worüber denn?“
Dieser oft gehörte Witz stammt sicherlich nicht aus
einem Gespräch zwischen Klavierspieler und
Klavierstimmer …
Da ein verstimmtes Klavier wahrlich kein Kunst -
genuss ist, gehört zur Pflege vor allem die regel -
mäßige Wartung durch den Klavierstimmer.
Die Stimmung ist für den Erhalt der Funktions -
fähigkeit und der akustischen Eigenschaften not-
wendig. Grund für die Verstimmung sind Tempe -
ratur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen sowie die
enormen Saitenzugkräfte im Instrument.
Bei Instrumenten, die Jahre lang nicht gestimmt
wurden, sinkt die Stimmhöhe – egal, ob viel, wenig
oder gar nicht gespielt wurde. Sie muss dann durch
mehrmaliges Stimmen wieder angehoben werden,
was mit höheren Kosten verbunden ist.
Der Klavierstimmer ist für die jährliche Wartung un-
verzichtbar. Neben dem eigentlichen Stimmen küm-
mert er sich auch um die Regulierung der Mechanik,
die Überprüfung der Intonation, die Kontrolle der
Pedale und Dämpfer usw.
Faustregel: Das Klavier sollte mindestens einmal im Jahr gestimmt werden, unabhängig von der Nutzung.Im Idealfall zweimal – vor und nach der Heiz -periode.
Der Filz der Hammerköpfe verdichtet und verhärtet
sich im Laufe der Jahre am Anschlagspunkt.
Bisweilen erhält er durch das ständige Anschlagen
der Stahlsaiten auch tiefe Rillen. Dies führt zu einem
dünneren, metallischen Klang. Um wieder einen
guten Klang zu bekommen, muss daher jedes
Instrument früher oder später neu intoniert werden
(s. S. 17). Dabei wird der Hammerfilz abgefeilt – vo-
rausgesetzt, es ist noch genug Filz in brauchbarem
Zustand vorhanden – und durch kleine Nadelstiche
weicher gemacht.
Für die Spezialisten:
Die Festlegung einer bestimmten Tonhöhe beimStimmen von Klavieren, Orgeln und anderenInstrumenten hat sich im Laufe der Jahrzehnteimmer wieder gewandelt und ist bis heute nichtüberall gleich. 1939 wurde in Deutschland der sogenannte „Kammerton“ a1 auf 440 Hertz festge -legt (in Frankreich 432 Hz, in den USA 450 Hz).Ursprünglich war der „Kammerton“ der Stimmtonfür die Kammermusik, nach dem Instrumente ein -gestimmt wurden.
Der Klavierstimmer – unentbehrlich, gestern wie heute
Modernes Stimmgerät
Stimmgabel
Befeuchter, der in das Klavier eingesetzt wird
Das Hygrometer – ein Luftfeuchtigkeitsmesser