hegel als theosoph

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Hegel als Theosoph Was ist Theosophie? Der heute ganz unbekannte Wiener Philosoph Robert Zimmermann hat in einer 1882 erschienenen Schrift seine unverhohlene Abneigung gegen Hegels Universalphilosophie auf eine geistvolle Art begründet. Der Idealismus Fichtes, Hegels, Schellings, der dem je eigenen Anspruch nach eine welterschütternde, und welterbauende, grundstürzende und grundbildende Neu-Anschauung der Welt sein sollte, die bloß als ‹Philosophie› eingekleidet daherkam, erschien Zimmermann als eine bloße Fata Morgana, eine zwar bedeutungsvolle, aber nicht wirklich vorhandene Luftspiegelung der erst noch zu schaffenden wahrhaftigen Philosophie vom Menschen aus. Zimmermann sagte damals, die subtile Art der Verlogenheit Hegels und seiner Idealgenossen sei ihnen selbst gar nicht aufgefallen und bewußt geworden, da sie selbst sich Erleuchtete erlebten. Sie hatten für sich eine klare und für sie selbst unbezweifelbare Anschauung von dem, was der ihnen neu aufgegangene Sinn, ihr ‹drittes Auge›, als die wahre Welt des Geistes zeigte. Der sichere Besitz der Wahrheit machte sie blind für die Frage, wie sie denn selbst zu dieser Wahrheit gekommen waren. Sie erlebten ihre Wahrheit als von innen gegeben, als eine sozusagen objektive Tatsache, die sie ‹im Geiste› gegenwärtig hatten. Vor allem bei Hegel nimmt Zimmermann Anstoß. Ein Beispiel: Im ersten von den drei Teilen von Hegels «Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften» findet man eine Reihe von Begriffen, die auseinander entwickelt werden. Da beginnt es mit dem Sein. Dann kommt das Nichts. Dann kommt das Werden. Dann kommt das Dasein. Dann geht es so fort. Zuletzt ist der Zweck. Hegel kommt eben nur zu abstrakten Gedanken und zu abstrakten Ideen: Sein, Nichts, Werden, Dasein, usw. bis zum Zweck. Nun sagte sich Zimmermann: das ist ja alles ganz abstrakt, da ist ja keine Wirklichkeit drin, daraus geht zwar nach Hegel alle Wirklichkeit hervor, aber Hegel spricht so, als sei die Welt und ihre Wirklichkeit noch nicht erschaffen. Er spricht die Gedanken Gottes aus vor der Erschaffung der Welt. Sein, Nichts, Werden, Dasein, usw. und so quirlte Hegel zuerst logisch die Gedanken der Welt, und dann schlug sich diese reine Gedanklichkeit hinüber in ihr Anderssein, und dann war die Natur da. Hier protestierte Zimmermann. Er sagte: Das darf heute nicht mehr sein, denn das ist Theosophie. Wir können nicht mehr die Theosophie Schellings, Solgers, Hegels anerkennen. Wir dürfen nicht den Gott im

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Hegel, Rudolf Steiner, Anthroposophie

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Page 1: Hegel Als Theosoph

Hegel als Theosoph

Was ist Theosophie?Der heute ganz unbekannte Wiener Philosoph Robert Zimmermann hat in einer 1882 erschienenen Schrift seine unverhohlene Abneigung gegen Hegels Universalphilosophie auf eine geistvolle Art begründet. Der Idealismus Fichtes, Hegels, Schellings, der dem je eigenen Anspruch nach eine welterschütternde, und welterbauende, grundstürzende und grundbildende Neu-Anschauung der Welt sein sollte, die bloß als ‹Philosophie› eingekleidet daherkam, erschien Zimmermann als eine bloße Fata Morgana, eine zwar bedeutungsvolle, aber nicht wirklich vorhandene Luftspiegelung der erst noch zu schaffenden wahrhaftigen Philosophie vom Menschen aus.Zimmermann sagte damals, die subtile Art der Verlogenheit Hegels und seiner Idealgenossen sei ihnen selbst gar nicht aufgefallen und bewußt geworden, da sie selbst sich Erleuchtete erlebten. Sie hatten für sich eine klare und für sie selbst unbezweifelbare Anschauung von dem, was der ihnen neu aufgegangene Sinn, ihr ‹drittes Auge›, als die wahre Welt des Geistes zeigte. Der sichere Besitz der Wahrheit machte sie blind für die Frage, wie sie denn selbst zu dieser Wahrheit gekommen waren. Sie erlebten ihre Wahrheit als von innen gegeben, als eine sozusagen objektive Tatsache, die sie ‹im Geiste› gegenwärtig hatten. Vor allem bei Hegel nimmt Zimmermann Anstoß. Ein Beispiel: Im ersten von den drei Teilen von Hegels «Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften» findet man eine Reihe von Begriffen, die auseinander entwickelt werden. Da beginnt es mit dem Sein. Dann kommt das Nichts. Dann kommt das Werden. Dann kommt das Dasein. Dann geht es so fort. Zuletzt ist der Zweck. Hegel kommt eben nur zu abstrakten Gedanken und zu abstrakten Ideen: Sein, Nichts, Werden, Dasein, usw. bis zum Zweck. Nun sagte sich Zimmermann: das ist ja alles ganz abstrakt, da ist ja keine Wirklichkeit drin, daraus geht zwar nach Hegel alle Wirklichkeit hervor, aber Hegel spricht so, als sei die Welt und ihre Wirklichkeit noch nicht erschaffen. Er spricht die Gedanken Gottes aus vor der Erschaffung der Welt. Sein, Nichts, Werden, Dasein, usw. und so quirlte Hegel zuerst logisch die Gedanken der Welt, und dann schlug sich diese reine Gedanklichkeit hinüber in ihr Anderssein, und dann war die Natur da. Hier protestierte Zimmermann. Er sagte: Das darf heute nicht mehr sein, denn das ist Theosophie. Wir können nicht mehr die Theosophie Schellings, Solgers, Hegels anerkennen. Wir dürfen nicht den Gott im Menschen sprechen lassen, denn das gibt einen theozentrischen Standpunkt.Die Theosophen vertraten ja damals und heute immer noch den Standpunkt: Jeder Mensch hat einen Gott in sich. Man muß sich nur des Gottes in sich selbst bewußt werden, und wenn der Gott in Menschen anfängt sich auszusprechen, dann spricht eben Theosophie. Zuerst hat Hegel diesen theozentrischen Standpunkt eingenommen, als er den absoluten Geist als Gott identifizierte und beanspruchte, selbst in seiner ‹Philosophie› die Gedanken dieses Gottes auszusprechen. Er hat gar nicht bemerkt, daß er sich zum Sprecher Gottes machte. Sein Denken sagte ihm, daß es eben so sei, und so sprach er es aus und schrieb es nieder. Ihm war dabei klar, daß sein Denken Gottes Gedanken erfaßt. Die Gesetze seines Denkens, derer er sich selbst im Denken versicherte, sagten ihm klar, um was es sich bei diesen seinen Gedanken handelte.

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Robert Zimmermann fand: Hegel und die Idealisten setzen die Erleuchtung voraus, setzen voraus, daß der Denker erhoben ist in jene lichten Sphären, in denen der reine Gedanke sich in seiner inneren Lebendigkeit als Inhalt ihrer Geist-Beobachtung als unbezweifelbare Tatsache ergibt. Wie aber das Licht, welches die Erleuchtung bewirkt, in der Finsternis erstmals entzündet wird, das hat sie gar nicht gekümmert, da sie ja schon im Lichte lebten. Es war ihnen unverständlich, wieso die anderen Menschen nicht einsehen konnten, was ihnen doch so klar war. Ihre Schriften beanspruchten, den Weg zur Erleuchtung zu zeigen, die Klarheit des Denkens auszubilden. Aber erfüllten sie diesen Anspruch auch? Nach Hegels Tod erlosch das lebendige Interesse an seiner Theo-Philosophie fast ganz, spätestens nach dem Jahre 1859 wurde er nicht mehr als Begründer einer Wissenschaft ernst genommen. Zimmermann versuchte selbst als Gegenpart zur Theosophie der deutschen Idealisten eine Art Fata Morgana zu schaffen. Er forderte, daß eine wahrhaftige Anschauung der Welt vom Menschen aus gefunden werden müsse. Der Mensch lebt in der Finsternis. Die lichte Welt der reinen Ideen ist die verlassene Heimstatt des göttlichen Geistes, zu deren Inbesitznahme der Mensch sich erst entwickeln muß. Aus der Finsternis heraus muß das Licht entzündet werden, welches diese Welt erleuchtet. Zwar sind die großen Geister Ansporn und Vorbild, aber sie sind nicht die Wegweiser zu einem Ziel, das sie nie erreicht haben, weil sie es aus ihrer Natur heraus immer schon besaßen. Wenn der Mensch sich seines Unterschiedes zu diesen Geistern nicht wahrhaftig klar mache, so wird er in der Nachahmung dieser großen Geister bestenfalls zu einer Karikatur derselben. Er wird sich die Nomenklaturen ihrer Philosophie als Wissensinhalt aneignen und aus ihrer göttlichen Natur eine Art Glasperlenspiel machen, das dazu geeignet ist, ihm auch ohne göttliche Gedankenfähigkeit seine Berechtigung auf ein angemessenes Professorengehalt nachzuweisen.Es kam bei Zimmermanns Bemühungen etwas heraus, das real durchzuführen er gar nicht in der Lage war. Seine Schrift «Anthroposophie im Umriss. Entwurf eines Systems idealer Weltansicht auf realistischer Grundlage» hatte das Ziel, einen Weg für jeden Menschen zu zeigen, auf reiner Menschlichkeit heraus durch eigene Kraft das göttliche Licht in sich zu entzünden. Ob ein solches Ziel überhaupt notwendig ist, mag zunächst jeder sich selber fragen.

Der Theosoph als TerroristPeter Sloterdijk: «Der erleuchtete Fichte schrieb 1813: «Diese Lehre setzt voraus ein ganz neues inneres Sinneswerkzeug, durch welches eine neue Welt gegeben wird, die für den gewöhnlichen Menschen gar nicht vorhanden ist.» Er wollte noch ‹das Publikum zum Verstehen zwingen›1. Das ist ganz klar Terrorismus.Mit Fichte begann die Revolution des deutschen Geistes. Er war der erste ‹deutsche Idealist›. Bis dahin war ‹Denken› nichts anderes als die Dinge der Erfahrung irgendwie nach einem Schema einteilen, oder genauer gesagt: Ein Folgeleisten gegenüber Einteilungen, die der göttliche Intellekt in die Welt bereits hineingelegt hat. Also (ein) Abspiegeln und Wiederholen (dessen), was bereits voreingeteilt vorliegt. Man sagte sich: Die Welt ist fertig, Gott hat sie so gut gemacht, wie er sie machen konnte, das heißt: vollkommen, und wir sind für alle Zeiten dazu aufgerufen, hinter dieser Vollkommenheit herzuarbeiten und sie in unserem kleinen Intellekt zu. 1 Sonnenklarer Bericht über die Fortschritte der Philosophie. Ein Versuch, das Publikum zum Verstehen zu zwingen. (1801)

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Fichte machte damit Schluß. Für ihn ist das Denken eine ‹Tathandlung›, aus welcher das Subjekt ebenso hervorgeht wie das Objekt. «Der ursprüngliche Akt, ohne den eben gar nichts da ist, was der Denker als seinen eigenen Inhalt wahrnehmen kann, nennt Fichte das ‹Setzen des Ich›. Er sagte seinen Studenten in den Vorlesungen: Setzt euer Ich! Das bedeutet soviel wie: Vergiß alles, was Du bisher je über Unterschiede in der Welt da draußen gehört hast, der einzige Unterschied, mit dem wir wirklich anfangen können und anfangen sollen als neue preußisch-sittliche Subjekte ist der Unterschied zwischen Dir selbst, meinem Selbst und allem anderen. Und wenn ich diesen Unterschied nicht vollziehe, sind alle anderen Unterschiede gleichgültig. Und so steht nun Fichte vor der Gesellschaft und schreit sie an: Setzt Euer Ich, setze Dein Ich!;Die waren zuerst erstaunt, daß sie ihr Ich setzen sollten, wo sie doch dachten, das Setzen mache schon die Schwerkraft. Aber da sie fast alle gehorsame deutsche Studenten waren, reckten sie sich auf, schlossen die Augen und solange er da ist im Hörsaal, setzen sie alle gehorsam und brav ihr Ich. kaum geht die Tür auf - Vorlesung ist vorbei – fallen sie wieder in den Zustand von vorher zurück, und setzen ihr Ich nicht und glauben, sie sind einfach Seiende unter anderem Seienden. Fichte wurde auf Grund dieser Beobachtung zunehmend gereizt, man kann das in einer späteren Fußnote zur Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre ablesen, wo er – offenbar im Zustand einer moralischen Aufgebrachtheit über das Gesindel, zu dem er da redet - bemerkte: Die meisten Menschen würden leichter dahin zu bringen sein, sich für ein Stück Lava im Monde als für ein Ich zu halten. Schreibt er ... - ja, da lachen Sie, aber das ist zu Ihnen gesagt, das ist nämlich zu jedem Publikum gesagt, dass nicht mit der Setzung seines Ichs beginnt, sondern meint, Philosophie wäre im Wesentlichen nichts anderes als ein etwas besser informiertes Weitermachen mit den Unterscheidungen da draußen, die wir immer schon praktizieren. Fichte versucht also eine neue Universalunterscheidung einzuführen, die radikaler ist als alle Unterscheidungen zuvor, Unterscheide den Unterscheider von all dem Unterschiedenen. So fängt die Moderne eigentlich an. Und das ist terroristisch, natürlich. Ein paar Jahre später hat er aus einem Zustand derselben Gereiztheit einen Text geschrieben mit dem wunderbaren Titel Sonnenklarer Bericht über die Fortschritte der Philosophie. Ein Versuch, das Publikum zum Verstehen zu zwingen. Das heißt, er versucht jetzt mit vorgehaltener Pistole seinen Schülern nahe zu legen, ihr Ich zu setzen: Ich zähle bis drei, wenn ein Ich dann nicht gesetzt ist, erkläre ich Dich zur Leiche, das heißt ich erschieße Dich verbal und zwar indem ich erkläre, daß Du nur ein Stück Lava im Monde bist oder irgend so ein Stück wahnsinniger Biomasse, die durch das Weltall treibt, in der überhaupt nichts stattfindet, was metaphysisch, menschlich subjektiv relevant ist. Du hast Dein Ich nicht gesetzt, Du kommst nur vor. Du bist ontologisch nichts anderes als eine Fahne, die im Winde knattert und flattert, dein Leben hat ontologisch keinen anderen Rang als der Lärm, den eine Fahne am 11. Mai vor der Albertina bei Windstärke 5 hervorruft. Mit anderen Worten: Ich stelle Dir hiermit standrechtlich noch im Hörsaal den Leichenschein aus, mit dem kannst Du Dein ganzes Leben zu Ende führen, es wird Dich nie gegeben haben. Und warum? Weil Du Dein Ich nicht gesetzt hast. Mit der Nichtsetzung des Ich hast Du sozusagen die Indifferenz zwischen Dir und allem, was sonst vorkommt. Also bist Du in guter Gesellschaft mit den Mineralien und den Ratten und sonstigen nicht-Ich-artigen Gebilden, da bleib ´mal. Drei mal eingeladen, um in die Gruppe der Ich-Haber herüber zu treten – das reicht.

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Also der Versuch, das Publikum zum Verstehen zu zwingen hat auch in dieser verschärften Form nicht wirklich gegriffen ...»2

Horst Mahler als Theosoph

Horst Mahler steht heute nicht als Terrorist mit der Pistole in der Hand in den Metropolen, um ‹das Publikum zum Verstehen zu zwingen›. Er verfolgt seine Ziele mit einer geistigen Waffe. Er behauptet, daß die Waffe, auf welcher die künftige Macht sich gründet, die alles neu und damit anders mache, das Denken sei, speziell des Denkens Hegels, wie er es versteht. Mahler hatte während seines langjährigen Gefängnisaufenthalts von seinem Anwalt Otto Schily eine Hegelausgabe erhalten. Das Studium des ‹größten Philosophen der Welt› (Rudolf Steiner) führte bei ihm schließlich, wie er selbst sagt, zu der Eröffnung einer ganz neuen Welt, der Welt der reinen Begriffe der Hegelschen Theosophie. Daß er in dieser Begriffswelt mit allen Fasern seines Wesens anwesend ist, in ihr west und lebt, demonstriert Mahler immer wieder eindrucksvoll. Die Sicherheit, mit der er die komplexe und ureigene Terminologie Hegels in Sätze bringt, mit denen er die politischen und geistigen Tatsachen der Gegenwart zu erfassen sucht, löst sowohl höchste Bewunderung wie schärfste Gegnerschaft aus. Wer ein Organ oder wenigstens dessen Anlage dafür hat, was die denkende Selbst-Bemühung für das Seinsgefühl der Seele ist, der wird nicht umhin können, in Horst Mahler einen Denker zu erkennen, der in einer heutzutage höchst ungewöhnlichen Schärfe und Klarheit Verhältnisse und Beziehungen ausspricht, welche sich ohne diese Denktechnik gar nicht erst zeigen. Doch nicht jeder, der die Berechtigung der Forderung Mahlers empfindet, kann in sich auch die Fähigkeit in befriedigender Art und Schnelligkeit ausbilden, die es ihm ermöglichen würde, seinem Vorbild in die Höhen des reinen Begriffs zu folgen. Denn nur mit der Klarheit und Sicherheit des reinen Denkens ausgestattet, ist es möglich, ihm dann zurück in die politische Tatsachenwelt zu folgen. Mahler wird so zu einer geistigen und politischen Führergestalt; die ihm vertrauen erkennen sich dann als seine Gefolgsleute. Statt das alles selbst denken zu können, wird man sich dann damit bescheiden, in der Art der Begriffsbildung, dem Ernst der Aussage, der ganzen Haltung der Person des Führers und in seinem politischen Wirken einen ausreichenden Grund für eine vertrauensvolle, weitgehende oder auch bedingungslose Hingabe an seine Zielvorstellungen und Wegentscheidungen anzuerkennen. Man sieht, daß es für die von Horst Mahler geforderte Arbeit an dem eigenen Begriffsvermögen darauf ankommt, den Ansatz und das Motiv zu finden, welches schließlich dahin führt, daß man die Höhen erklimmen, die Verhältnisse erkennen, die sich erst von dort her unverdeckt darbieten, und dann mit einer Generalstabskarte in der Hand ins Tal hinabsteigen kann.Wer dieses Vertrauen nicht aufbringen kann oder will, dem wird der von Mahler geforderte Aufstieg zu den schneebedeckten Gipfeln der reinen Begriffe als unnötiger Umweg dorthin erscheinen, wo er sich doch längst schon angekommen wähnt. Er wird sich ungeläutert und in den ‹höheren Dingen› ungeschult an dasjenige machen, was er dann für die zu erfüllende Aufgabe hält. Ihm wird Mahler bald als ein alberner Gernegroß des Kopfes erscheinen, der zudem von der wirklichen praktischen Arbeit keine Ahnung hat. Ihm erscheint Mahlers 2 Peter Sloterdijk Ästhetische Theorie - zwischen Heidegger und Luhmann

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Denken als ‹Hegelei›, eine Art Glasperlenspiel. Und eben dies ist der ‹Standpunkt›, den Wissenschaft und Philosophie in Deutschland spätestens nach 1859 gegenüber dem alles überragenden Giganten der Begriffe, Hegel, einnehmen zu können glaubte.