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Eberwein, M., Naescher, S., Schui, G. & Krampen, G. (2011, September).Herkunft sowie testtheoretische und psychometrische Fundierung psychologischer Tests im deutschsprachigen Bereich. (PDF) 11. Fachtagung für Differentielle Psychologie, Saarbrücken.TRANSCRIPT
Manfred Eberwein, Saskia Naescher, Gabriel Schui & Günter Krampen Leibniz-Zentrum für Psychologische
Information und Dokumentation
ZPID
Universität Trier [email protected]
Ergebnisse
Herkunft sowie testtheoretische und psychometrische Fundierung
psychologischer Tests im deutschsprachigen Bereich
Präsentiert auf der 11. Fachtagung für Differentielle Psychologie in Saarbrücken, September 2011
Diskussion
Literatur American Psychological Association (APA) (Ed.) (2007). Thesaurus of Psychological Index Terms (11th ed.).
Washington: APA.
Debelak, R. (2009). Einige Trends der computergestützten psychologischen Diagnostik der letzten Jahre .
Psychologie in Österreich, 29 (5), 440-448.
Kubinger, K.D. (2000). Replik auf Jürgen Rost "Was ist aus dem Rasch-Modell geworden?": Und für die
Psychologische Diagnostik hat es doch revolutionäre Bedeutung. Psychologische Rundschau, 51 (1), 33-34.
Kubinger, K.D. (2009). Psychologische Computerdiagnostik. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und
Psychotherapie, 57 (1), 23-32.
Kubinger, K.D. (2010). Zur Zukunft des Verfahrensinventars psychologischen Diagnostizierens. In K.D. Kubinger
und T.M. Ortner (Hrsg.), Psychologische Diagnostik in Fallbeispielen (S. 30-42). Göttingen: Hogrefe.
Methode
Vor dem Hintergrund der derzeitigen Anglisierung psychologischer Publikationen aus deutschsprachigen Ländern (s.
Abb. 1) und der anhaltenden Kritik an den Methoden der klassischen Testtheorie sowie der anhaltenden Diskussion um
die Qualitätssicherung in der Testdiagnostik, wird den folgenden Fragen nachgegangen:
1) Wie verändern sich die Anteile von diagnostischen Eigenentwicklungen aus dem deutschsprachigen Bereich und
von Adaptionen angloamerikanischer Testverfahren über die Zeit?
2) Welche Entwicklungstrends ergeben sich hinsichtlich der testtheoretischen und psychometrischen Fundierung
bei publizierten Verfahren? Inwiefern unterscheidet sich davon die testtheoretische Fundierung nicht publizierter
Verfahren?
3) Welche Entwicklungstrends sind bezüglich der Testnormierung ersichtlich?
- Bibliometrische Methode: Auswertung von Informationen über psychologische Testverfahren anhand des
Datenbanksegments PSYNDEX Tests mit weit über 6.000 nachgewiesenen Verfahren aus dem deutschsprachigen Raum.
- Eingrenzungskriterien: Zwischen 1951 und 2010 in deutschsprachigen Ländern veröffentlichte Tests, kategorisiert
nach 1.175 deutschen Eigenentwicklungen vs. 264 deutschen Adaptionen angloamerikanischer publizierter Tests.
- Auszählung und anteilmäßige Berechnung der Anzahl publizierter (inklusive teilpublizierter und vergriffener)
psychologischer Tests bezüglich ihrer Herkunft (deutschsprachig vs. angloamerikanisch), ihrer testtheoretischen und
psychometrischen Fundierung (Classical Test Theory & Item Response Theory; Mehrfachnennungen möglich) sowie
relevanter Begleitaspekte (Adaptive Testing & Computer Assisted Testing; Mehrfachnennungen möglich) sowie ihrer
Normierung (normiert vs. nicht normiert).
- Bildung von Zeitreihen in Dekaden für den Zeitraum von 1951-2010.
- Datengrundlage: Publikationsjahre, Dokumenttypen in PSYNDEX Tests, Thesaurusbegriffe der APA (2007)
Zu 1) Die Spitze bei der Übertragung angloamerikanischer Verfahren ins Deutsche in den 90er Jahren
lässt sich in Zusammenhang bringen mit der Ausweitung klinisch-psychologischer Diagnostik verbunden
mit der Neu- und Weiterentwicklung psychologischer Behandlungsverfahren, den Bestrebungen nach einer
verbesserten Klassifikation psychischer Störungen sowie der Forderung nach einer Qualitätssicherung von
Psychotherapie. Dabei können von den mehr als 400 publizierten klinischen Verfahren ca. ein knappes
Drittel direkt auf Verfahren aus der angelsächsischen Psychologie zurückgeführt werden.
Zu 2) Nicht publizierte Verfahren weisen in der Regel eine weniger umfassende Testkonstruktion auf, da sie
vorwiegend in der Forschung z.T. nur einmalig eingesetzt werden, von daher wird öfter als bei publizierten
Verfahren die methodisch weniger aufwendige Klassische Testheorie bevorzugt. Die Möglichkeiten im
Rahmen der Probalistischen Testtheorie (z.B. Rasch-Modell) und des adaptiven Testens werden bei weitem
nicht genutzt (Debelak, 2009; Kubinger, 2000, 2009, 2010). Viele Testentwickler scheuen wohl den
methodischen Aufwand, der mit einer Überprüfung nach der Probabilistischen Testtheorie
zusammenhängt.
Zu 3) Der absolute Höhepunkt publizierter Tests mit Normen in den 70er Jahren spiegelt die Blütezeit
pädagogisch-psychologischer Verfahren wieder, die überwiegend für Belange der schul- und
bildungsberaterischen Praxis bestimmt und daher normiert waren. Dagegen wurden in den 90er Jahren
viele klinische Verfahren oder Dokumentationssysteme publiziert, für die keine Normierung im
repräsentativen Sinne angestrebt wurde.
Fazit: Das angloamerikanische Testwesen trägt indirekt erheblich zur psychodiagnostischen Entwicklung in
Abb. 1: Prozentualer Anteil der psychologischen Publika-
tionen von Autoren aus deutschsprachigen Ländern in
englischer Sprache (PSYNDEX Lit. & AV)
Abb. 4: Anteil
der publizierten
und nicht
publizierten
Verfahren
(1926-2010) in
PSYNDEX Tests
Abb. 5: Vergleich der testtheoretischen Fundierung (a) publizierter und (b) nicht
publizierter Testverfahren (PSYNDEX Tests), Mehrfachnennungen von Tests unter
verschiedenen testtheoretischen Grundlagen und Begleitaspekten enthalten
Zu 1) Analog zum Anstieg der psychologischen Publikationen
von Autoren aus deutschsprachigen Ländern in englischer
Sprache (Abb. 1) lässt sich seit den 80er Jahren auch ein
vermehrtes Übertragen von Instrumenten aus dem
englischsprachigen Bereich ins Deutsche feststellen, wobei
der Trend im Gegensatz zu den Publikationen seit 2001 etwas
rückläufig ist (Abb. 2).
Abb. 2: Anzahl von publizierten Testverfahren deutsch-
sprachigen vs. angloamerikanischen Ursprungs (PSYNDEX
Tests)
Abb. 6: Prozentsatz der publizierten
Testverfahren mit und ohne
Testnomen (PSYNDEX Tests)
Abb. 3 Anzahl der publizierten Testentwicklungen von 1951-
2010 nach testtheoretischer und psychometrischer Fundierung
(PSYNDEX Tests)
Abb. 7: Anzahl der publizierten Testverfahren mit und ohne
Normierung im Zeitverlauf (PSYNDEX Tests)
0
50
100
150
200
250
300
350
bis 1950 1951-1960 1961-1970 1971-1980 1981-1990 1991-2000 2001-2010
Classical Test Theory Item Response Theory*
Adaptive Testing* Computer Assisted Testing
3
38
86
266
211
272 268
3
11 11
38 47
85
66
bis 1950 1951-1960 1961-1970 1971-1980 1981-1990 1991-2000 2001-2010
Deutschsprachiger Ursprung Angloamerikanischer Ursprung
23%
77%
Publizierte Verfahren Nicht publizierte Verfahren
77%
4%
0% 19%
Publizierte Verfahren
Classical Test Theory Item Response Theory
Adaptive Testing Computer Assisted Testing
86%
2%
1% 11%
Nicht publizierte Verfahren
Classical Test Theory Item Response Theory
Adaptive Testing Computer Assisted Testing
60%
40%
Publizierte Tests mit Testnormen
Publizierte Tests ohne Testnormen
0
50
100
150
200
250
Publizierte Tests
mit Testnormen
Publizierte Tests
ohne Testnormen
Zu 2) Nach wie vor ist die Klassische Testtheorie die
bestimmende psychometrische Grundlage der meisten
publizierten Verfahren (Abb. 3). Im Zeitraum von 1991-2000
erreicht die Probabilistische Testtheorie (mit dem adaptiven
Testen) ihren zahlenmäßigen Höhepunkt, zusammenfallend
mit dem Anstieg computerunterstützten Testens seit den 80er
Jahren (Abb. 3).
Zu 2) Nicht publizierte Verfahren, die den
größten zahlenmäßigen Anteil in PSYNDEX
Tests ausmachen (Abb. 4), beruhen öfter als
publizierte Verfahren auf der Klassischen
Testtheorie, Computerunterstützung findet
sich dabei seltener (Abb. 5).
den deutschsprachigen Ländern bei. Zur
Qualitätssicherung in der Psychologischen
Diagnostik leistet die Probabilistische Test-
theorie nicht den Beitrag der vielfach
gefordert wird (Kubinger, 2000), um die
Probleme der Klassischen Testtheorie zu
vermindern. Im klinischen Bereich sollte, trotz
spezieller Störungsbereiche und beschränkter
Zielgruppen, eine entsprechende Normierung
vermehrt angestrebt werden.
Zu 3) Nicht alle publizierten
Verfahren sind normiert (Abb. 6).
Der absolute Höhepunkt
publizierter Test mit Normen tritt
in den 70er Jahren auf, während
zwischen den Jahren 1991 bis
2000 sogar nicht normierte
publizierte Tests gegenüber den
normierten überwiegen (Abb. 7).
0%
5%
10%
15%
20%
25%
1971-1980 1981-1990 1991-2000 2001-2010
5%
8%
14%
24%