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Blech, wohin man schaut: Die Thorp T-18 ist eines der ersten Homebuilts, die ganz aus Leichtmetall gefertigt wurde – und wird. In Texas fliegt eine Version mit dem 160 PS starken O-320-Einspritzer von Lycoming Reportage Reportage Homebuilt Thorp T-18

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Blech, wohin manschaut: Die Thorp T-18ist eines der erstenHomebuilts, die ganz ausLeichtmetall gefertigt wurde – und wird.In Texas fliegt eine Version mit dem 160 PS starken O-320-Einspritzer von Lycoming

ReportageReportage

Homebuilt Thorp T-18

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zufertigender Hartholzblöcke in die rich-tige Form zu bringen, erforderte allerdingseinen geschickten Umgang mit dem Gum-mihammer.

Die Bleche sollten am Rumpf mit Aus-nahme der Cowling nirgends gebogensein, allenfalls gefalzt. So kam für denRumpf nur ein sechseckiger Querschnittin Frage, während die Flächen rechteckigsind. Auch die Leitwerke gerieten reich-lich »quadratisch, praktisch, gut«. Als

Heimwerkerm u s s t e

m a n

einen gewissen Hang zur Präzision mit-bringen: Es galt,Hunderte von Bohrungenzu setzen – für all die Nietverbindungen.

Der T-18 verleiht diese Abwesenheitvon gekrümmten Linien ein kantig-

grantiges Aussehen, das von den geknickten Flügeln noch

unterstrichen wird. Auffäl-lig ist der recht kurze

Rumpf und das Hö-henleitwerk, dasals Pendelruder

ausgeführt ist und einekleine Ruderfläche am hinteren

Ende hat, die sich automatisch gegensin-nig zur Hauptruderfläche bewegt (Anti-Flettner).

Doch dieses Ruder-Layout hat seineTücken. Parker Miller,Vorbesitzer der Se-

riennummer 45 und mit 2000 Flugstundenauf der Thorp gewiss ein intimer Kennerder Materie, erzählt, dass das ThorpschePendelruder, das später von Piper in dieCherokee-Baureihe übernommen wurde,mit Vorsicht zu genießen sei. Anfangs istsogar einmal eine Thorp abgestürzt, weildas als Ganzes drehbar gelagerte Höhen-leitwerk im Bahnneigungsflug zu flatternangefangen habe und abgerissen sei.»Man hat das Flattern aber in den Griffgekriegt, indem man am Höhenruder Ge-wicht anbrachte, um die Resonanzfre-quenz zu verändern«, weiß Miller, der eine Maschinenbaufirma besitzt und früh-zeitig mit der Thorp-Entwicklung vertrautwar. »Außerdem wurde der Holm im Leit-werk verstärkt.« Seither sei sie bis knapp200 Knoten stabil.

Die Fahrwerksbeine der T-18 enden exakt im Brandschott. Eine nahe liegende Konstruktion: So treffen Stöße bei der Landung den stabilsten Punkt der Zelle

Viel Pedalarbeit: Das Spornrad ist durch Zugfedern mit dem Seitenruder gekoppelt

Text: Axel WestphalFotos: Cornelius Braun

an könnte schlechter wohnen: einschönes Haus mit großer Garageund im Garten der eigene Han-

gar, Heim einer cremeweiß lackiertenThorp T-18, direkt dahinter die Rollbahn.Die parkähnliche Ansiedlung großzügigerAnwesen umgeben von gepflegten Gär-ten wurde rund um einen kleinen Flug-platz gebaut.Das perfekte Ambiente nichtnur für begeisterte Freizeit-Flieger. Tat-sächlich war Polly, eine Fly-in-Communi-ty südlich von Houston,Texas, ursprüng-lich für Berufspiloten geplant worden,die im Sold des nahe gelegenen NASA-Raumfahrtzentrums stehen oder standen.

Doktor Tim McCullough hat mit derNASA nichts am Hut. Er gehört zu derSorte Feierabend-Flieger, die sich nachanstrengendem Job ein Stündchen blauenHimmel gönnen. Tim, tagsüber als Chiro-praktiker tätig, liebt das Ausgefallene. Zu-

nächst zog er sei-ne abendlichenBahnen in ei-ner einsitzigenMidget Mu-stang, einemFormel-1-Ra-cer. »Ich wollte auch mal meine Frau mit-nehmen, darum suchte ich nach einemZweisitzer«, sagt McCullough. Was zu derVermutung anregt, dass die abendlichenAusflüge so wohl auf mehr Verständnisstoßen.

Zum Glück ist der schottisch-stämmigeArzt von schmaler, schlanker Statur,ebenso wie seine Gattin. »Sonst hätte esmit der Thorp keinen Wert«, erklärt er.Eine Äußerung, die sich bei der Sitzprobein der Neuerwerbung alsbald bestätigt. ImCockpit geht es dermaßen eng zu, dassman auf Dauer nur mit einer sehr nahe stehenden Person als Passagier in dieLuft gehen sollte.

Der Konstrukteur und Erbauer, Luft-fahrtingenieur John Willard Thorp, hatte

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wohl eher an allein fliegende Piloten ge-dacht, als er sich Anfang der sechziger Jah-re an das Design eines möglichst einfachund preiswert zu bauenden Tiefdeckersmachte. So einfach, dass handelsüblicheAlubleche dafür genügen sollten. Zwölf

große Platten mit den Maßen vier malzwölf Fuß (1,2 x 3,6 Meter), 0,4 bis 1,0

Millimeter dick: Das musste reichenfür Rumpf- und Flächenbeplankun-

gen, aber auch für Rippen undSpanten. Sie mittels vorher an-

ReportageReportage

Nicht wirklich viel Platz: Auch wenn hier mit Weitwinkel fotografiert wurde, kann man die Enge im Cockpit erahnen. Zum Ausgleich bietet die große Glashaube gute Rundumsicht

Fast soviel Klappen- wie Querruderfläche: Der charakteristischeKnick der Flächen liegt bei etwa 50 Prozent Halbspannweite.Unten: ausgefahrene Flaps und Querruderansteuerung

Die Landung fordert selbst von geüb-ten Taildragger-Piloten immer wieder vol-le Aufmerksamkeit. »Ich habe gerade ge-lernt, dass eine Dreipunktlandung mit derThorp am besten funktioniert«, er-wähnt der Doktor,dessen Nachbarbei der Navy als Jetpilot gedienthat und ihm ab und zu ein paarTipps gibt. Mit allen Räderngleichzeitig aufzusetzen ist auchaus Platzgründen das Schlauste –Pollys Piste ist nicht eben lang.McCoulough hat dennoch die Ru-he weg und setzt den Flieger wieein rohes Ei im passenden Anstell-winkel auf die schmale Bahn zwi-schen den Häusern.

Ohnehin ist sich der Amerika-ner im Klaren, dass er ein Experi-mental fliegt, an dem es immernoch etwas zu verbessern gibt. Dasfand John Willard Thorp schon inden Sechzigern. Er, der für Boeing,Lockheed und andere Flugzeugfir-men als Konstrukteur gearbeitethatte, veröffentlichte schon da-mals Bauberichte in einer Fach-zeitschrift, um Selbstbauer zu ani-mieren. Später übernahm seinFreund und Mitarbeiter Lu Sun-derland den Vertrieb von Plänen.Vor allem aber hatte Sunderland

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die Konstruktion überarbeitet und – an-fangs noch zusammen mit Thorp – einengeräumigeren Rumpf entwickelt.

Die Sunderlandsche Version namens S-18 hat zudem ein geändertes Pro-fil: eine Kreuzung aus GAW-2-Profil im vorderen Bereich mitdem von Thorp vorgesehenen La-minarprofil Naca 63415A mit 15Prozent Dicke. Die sollte das Stall-verhalten verbessern, jedoch wa-ren weder das eine noch das ande-re Profil zuvor im Windkanal er-probt worden. Bei der S-18 sindzudem die Flächen klappbar, umdas Flugzeug trailern zu können.

Die originale Thorp T-18 wurdeebenfalls weiterentwickelt – vomehemaligen Piper-Ingenieur Ri-chard C. Eklund. Einige Leit-werksteile sowie die Querrudersind bereits erhältlich – aus Laser-geschnittenen Aluteilen. Rumpfund Flächenteile sollen folgen. DieBohrmaschine kann dafür imSchrank bleiben: Eklund Enginee-ring bietet die Teile fertig gelochtan. Somit entfällt in Zukunft dieleidige und zeitraubende Ausmes-serei der Nietbohrungen – was dieGemeinde der Thorp-Fans nochvergrößern dürfte.

Viel Blech in der Luft: 135 Knoten »Cruise«macht die 160-PS-Version. Und klettert zügigauf Reiseflughöhe.Unten: Hier sieht man deutlich den Spalt zwischen Rumpf und Höhenleitwerksfläche,der das Pendelruder verrät

wegs. Wenngleich sie beim Start die volleAufmerksamkeit erfordert, denn sie rea-giert sehr sensibel auf das Seitenruder,sagt der Besitzer. Zudem verläuft die Pi-ste in Polly zwischen den Häusern und istziemlich schmal ausgefallen. Der Tief-decker beschleunigt enorm und hebt nachknapp 200 Metern ab.

Unser Steigflug verläuft in einem un-verschämt steilen Winkel, der Doktormöchte zeigen, was in dem Vogel steckt.Der 160 PS starke O-320-Einspritzer muss

sich mit dem Leichtgewicht nicht veraus-gaben. EAA-Mitarbeiter hatten bei einer180-PS-Version mehr als 1500 Fuß pro Mi-nute gemessen. Das schafft McCulloughsT-18 nicht ganz, doch auch seine Thorp

klettert zügig, um die Crew in

RichtungPazifik-Küste zu

transportieren.Bei einer Drehzahl

von 2100 (Reisekonfi-guration) erreicht die Thorp eineGeschwindigkeit von 135 Knoten –

das beweist, dass Thorp beim De-sign eine glückliche Hand gehabthaben muss. Dabei verbraucht sie

rund 34 Liter pro Stunde.

ReportageReportage

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Dennoch, warnt Miller, ist Kunstflug eine heikle Angelegenheit: »Die Thorpnimmt in Abwärtsfiguren sehr schnell Ge-schwindigkeit auf, da muss man aufpas-sen.«

Auch Tim McCullough, der allerhandErfahrung mit nervösen Mustern hat,weiß von sehr empfindlichen Reaktionenauf Ruderausschläge zu berichten. Dochder Doc liebt den Nervenkitzel, schließ-lich ist er die Midget Mustang gewöhnt.So zickig benimmt sich die Thorp keines-

Im Ganzenbeweglich: DasHöhenleitwerkder Thorp ist alsPendelruder konstruiert. Die kleine Ruderflächehinten schlägtautomatisch gegensinnig aus

Ihr kurzer Rumpf und die Knickflügel verleihen der Thorp eine Optik irgendwo zwischen grantig und knuffig. Der Einstieg ist nurwas für Schlanke – viel weiter geht die Haube nicht auf

Spannweite: 6,13 mFlügelfläche: 8 m2

Profil: Naca 631412Länge: 5,52 mHöhe: 1,55 mReisegeschwindigkeit: 135 ktsStallspeed: 52 ktsVne: 182 ktsMotor: Lycoming 1O-320 B1A, 160 PSPropeller: Hartzell Constant SpeedTankvolumen: 110 LiterVerbrauch (Reise): 34 LiterLeermasse: 465 kgMTOM: 754 kgMax. Lastvielfaches: +6 g/–3 g

Eklund Engineering, Inc.19960 Elliott RoadP.O. Box 1510Lockeford, CA 95237-1510Telefon 001/209/727 03 18E-Mail: [email protected]

Thorp T-18

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