hospiz verein leipzig¼r_homepage... · 2019. 3. 20. · ein halbes jahr vor unserem fest im mai...
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HOSPIZ VEREIN LEIPZIG e.V.25 JAHRE
MIT LEIB UND SEELE
AMBULANTER HOSPIZDIENST
Rundbrief Winter 2018 - Frühjahr 2019
DER HOSPIZ VEREIN LEIPZIG – 25 JAHRE BEGLEITUNG DES LEBENS
Liebe Mitglieder und Freunde des Hospiz Vereins Leipzig e.V.,
In ihrem Vortrag im Rahmen unseres Offenen Abends im September hielt Frau Professor
Annelie Keil ein beeindruckendes Plädoyer für die Begleitung des Lebens. Sterben und
Trauer sind feste Bestandteile unseres Lebens.
Zur Begleitung Sterbender, Trauernder und Angehöriger gründeten vor 25 Jahren Leipziger
Bürger unseren Hospiz Verein.
Professionalität verbunden mit sehr viel und sehr vielfältigem Ehrenamt bilden seitdem
den Kern unseres Tuns.
In diesen Jahren durften wir sehr vielen Menschen in und um Leipzig auf ihren Lebens-
wegen begleiten.
Von Anfang an war es auch unser Anliegen, die Themen Sterben, Tod und Trauer dahin zu tragen, wo sie nach un-
serer Meinung hingehören – in die Mitte des gesellschaftlichen Lebens.
Mit unseren Reihen „Offene Abende“, „Filme vom Abschied“, den vielfältigen Weiterbildungsangeboten von
„Hospiz macht Schule“ bis zur Mitgestaltung des Pflegekurses für Gehörlose, zu den speziellen Weiterbildungen
für die ehrenamtlichen Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleiter, und vor allem natürlich der Begleitung von
Sterbenden und ihren Angehörigen suchten und suchen wir immer das Gespräch und die Begegnung mit
Menschen.
Über die Jahre sind die Themen herausgewachsen aus der Tabuisierung, hinein in den öffentlichen Diskurs. Hierzu
gehören auch konträr diskutierte Meinungen.
So veranstalten wir zusammen mit der Evangelischen Kirchgemeinde Leipzig am 21.November 2018, dem Buß-und
Bettag, eine Podiumsdiskussion zum Thema „Spannungsfeld zwischen Sterbebegleitung und Sterbehilfe“.
Mittendrin sein in den Lebensfragen, das war unser Anliegen und wird es auch zukünftig sein.
Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, Mitgliedern und Freunden des Hospiz Vereins, sage ich im Namen des
Vorstandes ein ganz herzliches Dankeschön. Der Hospiz Verein Leipzig wird sich durch Sie alle, die ihn
unterstützen, auch in Zukunft weiter lebendig entwickeln.
Begleiten heißt nach meiner Erfahrung, Anteil nehmen am Leben in seiner ganzen Fülle und Tiefe. Ich wünsche
Ihnen bei der Lektüre dieser Ausgabe des Rundbriefs viel Vergnügen!
Ihr Friedrich München
ÜBER VORBEREITUNGEN ZU EINEM FEST...
Der Pusteblumenbrunnen auf dem
Richard-Wagner-Platz plätscherte schon
seit Anfang Mai; so konnten wir ihn für
das Titelbild des Sommer-Rundbriefes
verwenden. Und das war keineswegs
selbstverständlich und beinahe schon
ein kleines Wunder: bis Ende April war
das Wasser dieses Brunnens noch
immer abgestellt. Denn die Brunnen in
Leipzig werden nach einem genauen
Fahrplan und erst nach vorheriger Inspektion
angestellt. Täglich lief Friedrich München, der sich als
Fotograf zur Verfügung gestellt hatte, zum Platz. Die Zeit
lief, denn die Zeitung musste zum Druck. Also rief
wiederum Dorothea Schwennicke immer
wieder beim Wasser- und Brunnen-
beauftragten der Stadt Leipzig an,
schilderte ihm die Dringlichkeit und
dass es um den Hospiz Verein Leipzig
und sein Jubiläum ginge. Technische
Probleme, nicht etwa mangelnde
Bereitschaft des sehr freundlichen
Mitarbeiters, verzögerten Tag um Tag die
Inbetriebnahme. Wir hatten die Hoff-
nung schon aufgegeben, doch da rief er Dorothea an,
um zu verkünden: der Brunnen sprudelt! Es war spät,
aber eben nicht zu spät und wir erfreuen uns an einem
schönen Titelbild.
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...UND KUCHEN AUF UMWEGEN von Roland Haase
Zum Feiern gehört auch
Vorbereitung.
Viele Helfer waren betei-
ligt, damit das 25-jähri-
ge Vereinsjubiläum ge-
lingt.
Dazu gehört auch für
das leibliche Wohl zu
sorgen, u.a. mit Kuchen
zum Kaffee.
Ich erklärte ich mich
bereit, den Kuchen zu besorgen. Warum? Weil ein
Freund von mir Bäckermeister ist. Bei ihm habe ich
auch schon in der Backstube mitgearbeitet. So erfüllte
ich mir meinen Traum, nach über 45 Jahren einmal
wieder in einer Backstube zu sein.
Seine kleine Bäckerei in der Kippenbergstraße 20 ist
ein Magnet wegen seiner guten Backwaren, die auch
schnell mal ausverkauft sind.
Ein halbes Jahr vor unserem Fest im Mai erklärte er sich
auf meine Anfrage bereit, die über 200 Stück Kuchen
für uns zu backen. Und weil es für eine so gute Sache
ist, wie er sagte, war es ihm ein Bedürfnis, dem Hospiz
Verein diesen Kuchen zu spenden.
Zur Kuchen – Feinabstimmung telefonierte ich Anfang
Mai mit ihm. Dabei stellte sich heraus, dass er in der
entscheidenden Woche Urlaub hat. Wenn das keine
Überraschung ist!?
Auf meine Bemerkung, dann lass Dir mal etwas
einfallen, sagte er einfach Ja. Aha, mal sehen, wie die
Lösung aussieht! Einfach so: sein Vater ist Konditor-
meister, er betreibt mit seiner Frau in Delitzsch ein
Eiscafé.
Für den Vater Glowka war
es genauso selbstver-
ständlich einzuspringen,
wie für den Sohn David,
den Kuchen zu spenden.
Damit der Kuchen auch
nach Leipzig kommt, stell-
te mir David Glowka seinen
kleinen Transporter mit
Regalwagen zur Verfügung.
Die Bleche schaffte er vorher nach Delitzsch.
So konnte ich am 25. Mai den Kuchen früh abholen und
sicher nach Leipzig bringen. Es gab Kirmes-, Pflaumen-,
Aprikosen-. Kirsch-, Mohnkuchen und Bienenstich. Alle,
die von dem Kuchen probierten, waren begeistert.
Einen ganz herzlichen Dank an David Glowka und seine
Eltern, das war Spitze, ein Meisterstück!
Nun gibt es noch ein kleines Missverständnis aufzu-
klären:
Unser Vorsitzender Friedrich München bedankte sich in
aller Öffentlichkeit bei allen, die zum Gelingen unserer
Jubiläumsfeier beigetragen haben. Wie man das eben
so macht. Er bedankte sich auch bei mir für meinen
Einsatz früh in der Backstube. Es wäre doch schön,
wenn es davon ein Bild gäbe.
Gab es aber nicht! Den Kuchen habe ich auch nicht
mitgebacken, ich holte ihn nur ab. Da waren wohl ein
paar Informationen durcheinander gekommen.
Nun war die „Ente“ gestartet. Um das Ganze (mit Bild)
abzurunden und als kleines Dankeschön an meinen
Freund, den Bäcker, ging ich noch einmal zum Arbeiten
und Fototermin früh halb fünf in seine Backstube und
arbeitete ein paar Stunden mit. Davon gibt es nun auch
Bilder. So ist alles wieder rund und die „Ente“ ein-
gefangen.
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25 JAHRE
HOSPIZ VEREIN LEIPZIG e.V.
UNSER FEST für Leipzig auf dem
RICHARD WAGNER PLATZ
am 25. MAI 2018
Bei hochsommerlichen Temperaturen von weit über
30°C begann das Fest am frühen Nachmittag ganz in
der Nähe unserer drei Vereinslinden.
Unter der Leitung von Sven Geipel eröffnete das
„Sächsische Blechbläserquintett“ die Feier.
Unsere Vorstandsmitglieder führten durch das nun
folgende Programm.
Nach dem flotten Auftritt der
„Step Ladies“, acht Leipziger Frauen, die sich jung
halten mit Tanz und Musik, folgten die „Die Saxn“
mit mitreißenden Saxophonklängen.
„Figuro“, ein Puppentheater aus Roßwein, spielte
„Das Krokodil“ und die Puppenspieler wuselten
immer wieder über den Platz – vor allem zur Freude
der Kinder.
Am späteren Nachmittag musizierten für uns
„Irish Folk“ mit Barnabas Herrmann und
Cian OSullivan.
Silke Hädrich und Sabine Roßberg von
„Gemeinsam Grün“ bastelten mit Besuchern,
unsere Ehrenamtliche Elke Deckwart bot Seifenbla-
sen und Spiele an.
Unser besonderer Dank geht an „makroni“
Mark Kronberg für den Bühnenaufbau und die
Technik – er war ein großartiger und geduldiger
Unterstützer. Und natürlich an die Stadt Leipzig
– das Marktamt und Ordnungsamt.
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Besucher, Freunde,
Ehrenamtliche,
Mitglieder, Kolleginnen
und Kollegen und
Leipziger Bürger kamen
und gingen, blieben zum
Gespräch an den gut be-
schirmten Tischen
sitzen, lasen im
Rundbrief, aßen Kuchen,
tranken etwas.
EIN INTUITIVER AUFBAU
Am Morgen ein dringender Anruf aus dem Hospizverein: eine Bühnenkonstruktion wird
gebraucht. Ein Podest für den Chor für das am Abend in der Michaeliskirche stattfindende
Benefizkonzert sollte aufgebaut werden. So trafen wir, Roland (Haase) und 2 mal Ralf
(Mohn und Wentritt) uns um zehn Uhr vor der verschlossenen Michaeliskirche. Noch kein
Türöffner war zu sehen. Nun gut, da wird schon noch jemand kommen. Wir blickten ins
Grüne und warteten. Dann war es soweit; der Helfende und Wissende erschien.
Im Innenraum der Kirche entdeckten wir unsere Aufbau-und Befestigungsutensilien.
Na Klasse, alles da, aber wie soll die Bühne aussehen und an welcher Stelle steht welches
Teil? Nachdem uns die Fotografie einer stattgefundenen Veranstaltung gezeigt wurde,
fühlten wir uns, der Umgebung angepasst, erleuchtet.
Alle erforderlichen Teile und Stabilisierungselemente waren vorhanden. Nun konnte es
losgehen. Mit viel Intuition und erforderlichem Geschick und Zeit wuchs die Bühne Meter
um Meter. Gott sei Dank hatte unser Mitstreiter das entsprechende Werkzeug mitgebracht!
Nur gut, dass alle Helfer über den entsprechenden BMI verfügten, um die engen Stellen
gefahrlos zu meistern. Endlich geschafft!! Wir konnten auch anhand der Fotos eine
hinreichende Kongruenz feststellen.
Noch ein paar Statik testende Sprungeinlagen:
unsere Konstruktion hielt, zu aller Zufriedenheit, auch am Abend! Ralf Mohn
EIN HIMMLISCHER WOCHENAUSKLANGvon Matthias Deckwart
Freitagnachmittag. Eine Arbeitswoche ist geschafft.
Müde und erschöpft treffe ich zu Hause ein. Jetzt
einfach Beine hoch und durchatmen. Doch dann ist
noch dies und das und schließlich noch ein Termin. Ein
Konzert. Nicht schlecht, aber das heißt, sich noch
einmal aufraffen. Das fällt mir nicht ganz so leicht. Der
angekündigte Chor jedoch lässt auf ein spannendes
Klangerlebnis hoffen und motiviert mich somit zum
Aufbruch.
Es ist kein geringerer als der MDR Rundfunkchor
Leipzig. Er gibt ein Benefizkonzert zugunsten der am-
bulanten Hospizarbeit des Hospiz Vereins Leipzig e.V.,
der dieses Jahr sein 25-jähriges Jubiläum begeht.
Ca. 60 Sängerinnen und Sänger lassen ihre Stimme
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erschallen. Ein großer Chor also. Werden auch
mindestens so viele Zuhörer kommen? Schließlich ist in
Leipzig immer viel los.
Es ist eine viertel Stunde vor Beginn, als ich mit meiner
Frau und Freunden an der Michaeliskirche eintreffe. Zu
unserer Überraschung sind die Programmzettel bereits
ausgegangen. Die Kirche ist gut gefüllt. Es werden wohl
an die 400 Zuhörer sein. Toll!
Pfarrer Günther heißt Chor und Zuhörerschaft
willkommen, wünscht einen guten Abend,
verweist noch auf das Spendenanliegen
und dann geht es los. Es erklingen Werke
von Felix Mendelssohn-Bartholdy, Gustav
Mahler, Johannes Brahms und Arno
Schönberg.
Mit dem Kyrie aus einer Messe von
Mendelssohn-Bartholdy wird das Konzert
eröffnet, ähnlich einem Gottesdienst. Mit
einem solchen Gesang wird Christus als
der Herr in der Mitte einer feiernden
Gottes-dienstgemeinde begrüßt. Hier und
heute bewusst oder unbewusst? Wie auch
immer. Die Stimmen klingen glasklar.
Bereits beim zweiten Werk, „Die zwei blauen Augen“
von Mahler, kann man wahrnehmen, dass der Chor das
Publikum erobert, ja geradezu gefesselt hat.
Deutlich wird dies unter anderem am Ende eines jeden
Stückes. Der Dirigent setzt mit erhobenen Armen den
Schlusspunkt. Die Sängerinnen und Sänger verstum-
men. Der Klang hallt nach. Währenddessen senkt der
Dirigent langsam seine Arme und seinen Kopf nach
unten. Erst als auch der Klang verstummt, ruhen seine
Arme entspannt an den Seiten seines Körpers. Absolute
Stille sowie das starke Gefühl der Einheit von Raum und
Mensch ist zu erspüren. Der Dirigent hebt seinen Kopf,
nickt dem Chor dankend zu und – Wunder über Wunder
– erst in diesem Augenblick setzt der Applaus der
Zuhörer ein. Dieser für mich zutiefst beeindruckende
Vorgang ereignet sich ohne jegliche vorangegangene
Ansage völlig nonverbal. Ausdruck dafür, wie Dirigent
und Chor die Zuhörer in ihren Bann zu ziehen ver-
mögen. Einfach fantastisch!
Zum Schluss: Friede auf Erden von Schönberg. Begann
dieses Konzert wie eine Messe mit dem Kyrie, so
schließt es nun mit der Hoffnung Zuversicht auf Frieden
wie der letzte Teil einer gesungenen Messe mit dem
Dona nobis pacem. Zufall? Mit diesem schwierigen
Stück wird die Stimmsicherheit des Chores in ihrer
ganzen Bandbreite noch einmal deutlich. Sehr beein-
druckend – gerade auch bei diesem Stück – die Kom-
munikation zwischen Dirigent und Chor. Steuern die
Sängerinnen und Sänger ihre
Stimmbänder eigentlich selber oder hat
nicht doch der Dirigent alle Fäden in der
Hand?
Natürlich liegt auch eine Zugabe bereit:
Das Abendlied von Rheinberger. Vielen
Dank, dass es nur eine Zugabe und dass
es diese ist! Einfach himmlisch!
So fuhren wir erfüllt nach Hause, feierten
das Erlebte noch mit einem Glas Wein
und legten uns in Frieden nieder, um
nächsten Morgen froh zu einem neuen
Tag zu erwachen.
Herzlichen Dank
dem Künstlerischen Leiter Risto Joost
sowie allen Sängerinnen und
Sängern des MDR-Chores!
Und ebenso danken wir den zahlrei-
chen Besucherinnen und Besuchern
und ihren großzügigen Spenden.
Matthias Deckwart ist Mitglied des Vorstandes
IN DANKBARKEIT ERINNERN WIR UNS AN UNSERE MITGLIEDER UND EHRENAMTLICHEN,
DIE IM VERGANGENEN JAHR VERSTORBEN SIND.
Gudrun Massot und Adelheid Götze
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Puck: " DIESES GEBILD
AUS SCHAUM UND FLAUM
WIEGT NICHT SCHWERER
ALS EIN TRAUM ...“
...ein SOMMERNACHTSTRAUM, an einem
warmen, sonnigen Nachmittag im Gartenhaus
des Mendelssohn - Hauses; oben im
Dachgeschoss …
Ein großer, dunkelbrauner Reisekoffer mit
Metallbeschlägen und Ledergriffen an den
Seiten lässt Erinnerungen wach werden an
"Stöbern auf dem
Speicher in der Kindheit"; zugige Dachluken,
eine steile Holzstiege und
Taubengurren, Herzklopfen beim heimlichen
Öffnen des Koffers; beim Entdecken der
Vergangenheit, des Unbekannten...
Der Dachboden des Gartenhauses ist hell, freundlich, einladend … hier wird heute Nachmittag der
"Sommernachtstraum" in der Bearbeitung von Franz Fühman aufgeführt; die tieftragische Komödie um zwei Paare
auf der Suche nach der Liebe und auf der Flucht vor dem despotischen Vater …
Zum Verständnis: Helena liebt Demetrius
der aber liebt Hermia
die wiederum liebt Lysander
und der will sich mit Demetrius duelliere...
Auf der improvisierten Spielfläche befinden sich ein Flügel, Sitzgelegenheiten für die beiden
Darsteller/Innen und die Pianistin, sowie, auf zentraler Position, der KOFFER ...
ich warte darauf, dass er sich öffnet; so, wie der Vorhang im "richtigen"
Theater … dass der Saal langsam dunkel wird, die Scheinwerfer erstrahlen
und das Stimmengewirr der Zuschauer verstummt; die Musik aus dem
Orchestergraben einsetzt, anschwillt und mich hineinholt in die Geschichte.
All das geschieht nicht, denn die Sonne scheint durch die Fenster an diesem
strahlenden Sonntagnachmittag; aber die Aura dieses Koffers, der dort steht
und gleich sein Geheimnis lüften wird, füllt den Raum und macht ihn auf geheim-
nisvolle Weise besonders ...
"Was du siehst nach dem Erwachen
soll dich wild vor Liebe machen"
Und dann wird er geöffnet, der Koffer ... und heraus purzeln die Liebenden, die Hassenden,
die Streitenden, die Heiratswilligen und -Unwilligen, die Verwirrten, die Zaubernden und
Zaudernden und wir befinden uns gemeinsam mit den Paaren im Elfenreich von Oberon und Titania ... hier tobt der
Ehekrieg, was aber den eifersüchtigen Oberon nicht daran hindert, seinen Diener Puck mit dem Auftrag zu
überfordern, der liebenden Helena mittels einer Zauberblume zu ihrem geliebten Demetrius zu verhelfen … dieses
geht gründlich daneben, da Puck den Zaubertropfen ins falsche Auge träufelt, was zur Folge hat, dass die zuvor
geschmähte Helena von zwei Männern begehrt wird und die Elfenkönigin Titania sich in einen Esel verliebt ... die
quirligen Waldgeister und schrägen Handwerker tun das Ihrige dazu und zum Glück hält die wunderbare Musik
Mendelssohns die Balance in diesem Verwirrspiel.
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Die vielen und vielschichtigen Rollen
des Stückes, die aus dem Koffer
"auftreten", werden gegeben von
einem Stockschirm, einem
zusammengerollten Schlafsack,
sowie zwei Baseballkappen. Diese
werden mit großer Spielfreude zum
Leben erweckt.
Zauberhaft kommentiert und
gespielt von der Schauspielerin Antje Manhenke und dem Schauspieler Wolf-Dietrich Rammler; sowie musikalisch
einfühlsam und leidenschaftlich begleitet von der Pianistin Ketevan Warmuth.
Nach ca. 70 Minuten wird der Koffer wieder zugeklappt und ein glückliches Publikum kehrt zurück aus dem
"Sommernachmittagstraum" in den Sonntagnachmittag zu Kaffeeund Kuchen.
Beim Verlassen des Spielortes höre ich, wie hinter mir ein Mann zu seiner
Begleiterin sagt: "Zum ersten Mal habe ich das Stück verstanden".
Ein größeres Kompliment kann man den Künstlern dieses Nachmittags nicht
machen.
Ingeborg Wolf ist Schauspielerin.
Sie berichtete uns über das Benefizspiel zu Gunsten des Hospiz Vereins
im Gartenhaus des Mendelssohn Hauses am 3. Juni 2018
GETRAGEN SEIN von Annelies Jena, die als Ehrenamtliche für den Hospiz Verein seit 2012 tätig ist
Das Kennenlernen eines
Menschen in einer kritischen
Phase bringt Risiken und uner-
wartete Bereicherungen mit
sich.
Ich lernte Frau E. und ihren
Ehemann nach einigen Fehl-
starten kennen und konnte
gleich bei unserer ersten per-
sönlichen Begegnung eine har-
monische Beziehung zu ihr aufbauen – auch zur Über-
raschung ihres Ehemannes. Wir konnten über ihr
Leben, ihre Kinder und Enkel, den Garten und ihren
Lebenslauf Unterhaltungen aufbauen, bei denen sie
ihre Beschwerden manchmal kurz streifte, aber in dem
dann wieder auflebenden angeregten Gespräch
unterdrücken oder besser ausgedrückt überbrücken
konnte.
Sie erzählte mir aus ihrem Leben, wobei ihre positive
Lebensauffassung sich in allen Bereichen widerspie-
gelte. Ihre Kinder kamen in der letzten Woche ihres
Lebens zur Unterstützung des Vaters und vermittelten
ihr noch einmal das gelebte Familienleben. Ihr war es
vergönnt, so im Familienkreis in ihren eigenen vier
Wänden einzuschlafen.
Ich hatte sie bewundert und wusste nicht ganz, ob sie
ihren Zustand nicht verstanden hatte oder unbewusst
verdrängte. Nach ihrem Ableben, beim Abschied in der
Kapelle, wurde mir auch durch die Auswahl der
Kirchenlieder und der Psalmen klar, dass sie in ihrem
Glauben so gefestigt war – wir hatten in der kurzen Zeit
unserer Bekanntschaft das Thema des persönlichen
Glaubens nur gestreift – dass sie daraus die Kraft
schöpfen konnte, den endgültigen Weg in Würde und
mit einer Stärke anzutreten, die ich in Erinnerung an
unsere gemeinsame Zeit im Nachhinein erst richtig
verstehen und bewundern kann.
Sie hat mein Leben bereichert und mir neue
Gesichtspunkte erschlossen.
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SINN UND BEDEUTUNG VON ETHIKBERATUNG IN DER PALLIATIVMEDIZIN UND
HOSPIZBEGLEITUNG
Gedanken und Reflexionen zum Offenen Abend mit Dr. med. Andreas von Aretin, Chefarzt, Gastroenterologe,
Onkologe und Palliativmediziner am St. Elisabeth Krankenhaus Leipzig am 26.04.2018
von Hans-Rudi Fischer
Gelebte Wissenschaft wird zur gelebten Menschlichkeit
(Lived science becomes living humanity)
Anfang April traf ich nach
einem Kirchbesuch eine
gute Freundin, eine Ärztin,
die mir 1986 mein Leben
rettete.
Sie bemerkte damals zu
meinem 36. Geburtstag in
mir eine stark ausgeprägte
Schilddrüsenkrankheit
(Hyperthyreose). Sie arbeitete im St. Elisabeth Kranken-
haus und ließ mich sofort einliefern. Es folgten harte
Jahre der Gesundung, in denen sie mich stets be-
gleitete.
Nach dem Kirchbesuch kamen wir ins Gespräch. Sie
erkundigte sich nach meinem Befinden. Ich klagte über
alles Mögliche und merkte, dass sie mir auch etwas sa-
gen wollte. "Hans-Rudi, ich werde nicht mehr lange
leben, nur noch wenige Wochen. Der Krebs der Bauch-
speicheldrüse (Pankreas) ist zu weit fortgeschritten. Ab
Morgen findest Du mich auf der Palliativstation im St.
Elisabeth Krankenhaus. Besuch mich bitte!"
Wenige Tage später ging ich den Weg zu ihr.
Eine Palliativstation hatte ich in meinem Leben noch
nie besucht. Ich öffnete die Tür und betrat eine neue
Welt. Der Vorraum glich einer Wohnstube mit wunder-
bar abgestimmten Gemälden, einer fast versteckten
Rezeption, Farben an den Wänden, die Ruhe und
Wärme ausstrahlten, große Vasen mit frischen Blumen
und einer gemütlichen Sitzecke.
"Hier sterben also Menschen und leben ihre letzten
Stunden", waren meine Gedanken. Ich konnte nicht
weiter denken. Im freundlichsten Ton sprach mich
sofort eine Krankenschwester an, die nach meinem An-
liegen fragte, das ich ihr sehr gerührt erklärte. Sie bat
mich liebevoll zu warten, um die Sterbende zu fragen,
ob es ihr recht sei. "Wie wird diese Schwester, wenn sie
schon mit mir so empathisch umgeht, erst mit
Sterbenden reden?" "Anita will Sie sehen. Gehen Sie zu
ihr, aber bitte nicht weinen. Das wünscht sich Anita
sehr!" Wenige Tage später verstarb sie in großem
Frieden.
Diese Geschichte ging mir am Abend des 26. April
2018, an dem Dr. von Aretin seinen Vortrag hielt, immer
wieder durch den Kopf.
Sein erster Satz an die Besucher: "Was verstehen Sie
unter Ethik?" Ich dachte: "So geht ein einfühlsamer,
exzellenter Mediziner in ein Seminar!" Er hatte durch
die Antworten einen Dialog hergestellt und damit alle
auf seiner Seite. Er ließ die Zuhörer neugierig werden,
Unterbrechungen hatten Vorrang.
In einer Zufriedenheit, gepaart mit höchstem Fach-
wissen, wurde der Abend zu einem hochgradigen
Bildungserlebnis.
Für mich war bis dato Ethik eine Wissenschaft, die eine
philosophische Disziplin ist und das sittliche Verhalten
des Menschen zum Gegenstand hat, also Sittenlehre
und Moralphilosophie. Für mich galt im Zusammen-
hang mit Ethik die Goldene Regel:"Was du nicht willst,
das man dir tu, das füg auch keinem andern zu!"
Jedoch in dem Zusammenhang mit Sterbenden kam mir
dieser Spruch banal vor.
Dr. von Aretin berichtete, dass es das Ethikkomitee seit
2007 am St. Elisabeth Krankenhaus gibt. Er beschrieb
die Fallgespräche, die im Mittelpunkt der Arbeit des
Ethikkomitees stehen. Ausgebildete Mitarbeiter unter-
schiedlichster Berufsgruppen und Bereiche organisie-
ren und führen diese Gespräche. Der Patient selbst
kann ein Fallgespräch veranlassen.
Meine Gedanken gingen kurz zurück zum Besuch bei
Anita. Ich konnte jetzt gut nachvollziehen, was Dr. von
Aretin weiter vortrug, dass in einem Fallgespräch nach
einer angemessenen Lösung für die medizinische,
pflegerische, seelsorgliche und psychosoziale Betreu-
ung des Patienten gesucht wird. Am Ende wird immer
eine Handlungsempfehlung für den behandelnden Arzt
formuliert und der Patientenakte beigefügt. Meist, aber
nicht immer, gibt es einen Konsens zwischen allen
Beteiligten. Der Konsens, so interpretiere ich es für
mich, ist auch nicht das Ziel. Wichtig ist der Prozess
des Miteinanders. Das Wohlbefinden und die Vorstel-
10
Dr. von Aretin
lungen des Patienten stehen im Mittelpunkt des Fallge-
spräches. Seine Handlung ist dann freiwillig, wenn sie
mit Wissen und Willen druchgeführt wird.
Dr. von Aretin berichtete über die nicht länger als 45
Minuten dauernden Gespräche in höchster Anerken-
nung sowohl der Patienten und als auch seiner Mitar-
beiter.
Der Sinn dieser Gespräche setzt immer den Zusam-
menhang der Frage nach Ziel und Zweck voraus. Das
sollte, wie aus dem griechischem Ethik übersetzt wird,
zur Gewohnheit, zur Sitte und zum Brauch werden.
Benachbarte Wissenschaften, wie zum Beispiel die
Rechts,- Staats- und Sozialphilosophie, sind ebenfalls
dazu angehalten, danach zu fragen, wie gehandelt
werden soll.
Das Ethikkomitee sollte Nachahmer finden.
Für mich war es ein würdevoller Abend mit einem
großen Nachkontakt. Ich habe durch den Vortrag von
Dr. von Aretin, dem höchste Wertschätzung für seine
aufopferungsvolle und wertvolle Arbeit gilt, diesen Satz
als Zusammenfassung für mich mitgenommen: Hier in
Leipzig, im St. Elisabeth Krankenhaus, wird gelebte
Wissenschaft zur gelebten Menschlichkeit.
Hans-Rudi Fischer
ist ein Freund
des Hospiz Vereins
PALLIATIVE CARE: LEBEN BIS ZULETZT
BEGLEITUNG VON MENSCHEN MIT EINER GEISTIGEN BEHINDERUNG
UND EINER FORTSCHREITENDEN ERKRANKUNG
Bericht von Dr. Helga Schlichting
Am 20.6. 2018 fand der 3. Fachtag Palliative Care: Leben bis zuletzt - Begleitung von Menschen mit einer geistigen
Behinderung und einer fortschreitenden Erkrankung der AG Menschen mit geistiger Beeinträchtigung der DGP im
Konferenzzentrum des St. Elisabeth-Krankenhaus in Leipzig statt. Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die
zum größten Teil aus dem Raum Sachsen aber auch aus weiteren Teilen der Bundesrepublik kamen und
verschiedensten Professionen innerhalb der Behindertenhilfe und der
Palliativversorgung sowie Hospizbegleitung angehören, waren dabei.
Bei Vorträgen und Workshops zu Themen der Implementierung von
Palliative Care in Einrichtungen der Behindertenhilfe, Möglich-keiten
und Voraussetzungen für eine bedürfnisgerechte Beglei-tung in der
letzten Lebensphase und Möglichkeiten von Vernet-zung der
verschiedenen Hilfesystemen kam es zu vielfälti-gen und
interessanten Diskussionen.
Eine weitere wichtige Herausforderung besteht in der Sicherung von
selbstständigen Entscheidungen am Lebensende für Menschen mit geistiger Behinderung, dazu wurden
Möglichkeiten aufgezeigt und eine Patientenverfügung in leichter Sprache vorgestellt.
Der Höhepunkt bildete der Vortrag von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, die als Co-Forschende das
Projekt PiCarDi-U der Universität Leipzig begleiten, über ihre Bedürfnisse und Wünsche angesichts der Themen
Sterben, Tod und Trauer und ihren Erfahrungen dazu in Wohneinrichtungen.
Das Projekt PiCarDi ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziertes Projekt zu Verbesserung
der palliativen und hospizlichen Versorgung von Menschen mit geistiger und schwerer Behinderung. Die
wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen des Instituts für Förderpädagogik untersuchen hier gemeinsam mit den Co-
Forschenden die Bedürfnislage von Menschen mit geistiger Behinderung und ihrer Angehörigen.
Im Foyer des Konferenzzentrums präsentierten sich der Hospiz Verein Leipzig e.V., das Hospizium Leipzig, das
Kinderhospiz Bärenherz Markkleeberg, das Projekt „Unterstützte Kommunikation“ des Städtischen Eigenbetriebes
Behindertenhilfe (SEB) Leipzig und das Forschungsprojekt PiCarDi des Instituts für Förderpädagogik der Universität
Leipzig. Auch hier gab es während der Pausen einen intensiven fachlichen Austausch.
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FRÜHJAHRSSONNE von Bianca Polzin
Sie ist seit 2017 als ehrenamtliche Begleiterin für den Hospiz Verein tätig
Ich bin auf dem Weg zu Herrn H.
und versuche dabei, mir bewusst
keine Gedanken zu machen.
Das ist gar nicht so leicht,
natürlich nicht, aber so gut man
vorbereitet werden kann, sind
wir doch im Hospizkurs
vorbereitet worden. Außerdem
ist doch auch das wichtigste man
selbst zu sein, oder?
Im Pflegeheim, in dem Herr H. untergebracht ist, platze
ich erstmal ins Mittagessen hinein. Trotz seines Alters,
seiner Erkrankung begegne ich einem aufgeweckten
Menschen und als ich mich vorstelle, blitzt in seinen
Augen Freude auf.
Wir vereinbaren, dass ich in einer Stunde nochmal
wiederkomme, und ich verbringe die Zeit damit, die
ersten Sonnenstrahlen in diesem Jahr zu genießen und
meine Begegnung mit Herrn H. aufzuschreiben.
Ich bin jetzt ruhiger, den ersten Schritt habe ich hinter
mir. Das Schreiben hilft mir, die Dinge klarer zu sehen
und sehr schnell wird mir bewusst, was für ein beson-
derer Mensch Herr H. ist.
Später erzählt er mir, dass just am Vortag meines
Besuches ihm zum ersten Mal klar geworden ist, dass
sein Leben dem Ende entgegen geht. Natürlich hat er
das gewusst, er kannte seine Diagnose, aber als er von
dem Tod eines langjährigen Bekannten aus seinem
Haus hörte, da hat er plötzlich gespürt, wie schnell das
Leben vorbei sein kann. Und dass er selbst bereits mit
den Zehen an der Grenze steht, die wir alle irgendwann
überschreiten werden.
Ich höre ihm aufmerksam zu, ich habe das Gefühl, dass
er das jetzt braucht. Jemand, der ihm zuhört. Manchmal
frage ich auch nach und er erklärt mir, dass er seine
Lebensgeschichte aufgeschrieben hat.
Ganz alleine hat er mit sorgfältig gescannten und
eingefügten Familienfotos alles in Leder gebunden.
Er erzählt von seiner Familie, von seinen Freunden, von
der Zeit vor und der nach dem Krieg.
Er weiß unglaublich viel über die Versorgung der
Bevölkerung mit Elektrizität. Damals hat sein Vater
schon in diesem Bereich gearbeitet und musste aus
diesem Grund auch nicht an die Front. Er selbst hat den
gleichen beruflichen Werdegang eingeschlagen und
beantwortet mir Fragen, die ich mir noch nie gestellt
habe.
Nach der Wende hat er oft Autos überführt und so die
alten Bundesländer kennen gelernt. Wenn er von seiner
Arbeit spricht, dann klingt es, als hätte er nie für das
Geld gearbeitet, sondern für die Freude, die sie ihm
bringt.
Ich staune und staune und so vergehen einige Stunden
wie im Flug. Er spricht nicht so viel über seine Frau, die
vor zwei Jahren überraschend an einem Schlaganfall
verstarb. Sie war seine große Liebe, die er schon aus
Kindertagen kannte. Dass er ihr wiederbegegnet ist, als
sie erwachsen waren, ist sein größtes Glück. Wenn er
über sie spricht, dann klingt in seiner Stimme die
Fassungslosigkeit wieder, Tränen stehen in seinen Au-
gen. Er spricht gerne über seinen Sohn, seine Schwie-
gertochter und Enkelin. Aber seine Geschichte, die hat
er für seinen Sohn geschrieben.
Als ich an diesem Tag gehe bin ich überwältigt. Und ich
hoffe sehr, dass sein Sohn sich über dieses einmalige
Geschenk wird freuen können.
Eine Woche später sitzt Herr H. im Speiseraum der
Station. Erst erkenne ich ihn nicht und er sagt auch
nichts. Aber dann setzte ich mich zu ihm und er erzählt
mir, wie es ihm geht. Er ist müde in letzter Zeit, schläft
viel und driftet bei Gesprächen manchmal weg. Ich höre
ihm geduldig zu und warte, bis er sich besinnt, was er
sagen wollte.
Er ist traurig und wütend. Diese Aussetzer ärgern ihn.
Außerdem plagen ihn in den letzten Tagen auch immer
wieder Schmerzen. Aber er ist sehr froh, dass ich
gekommen bin. Er macht sich Gedanken darüber, dass
es zu Ende geht und möchte eigentlich gerne eine
Patientenverfügung verfassen. Allerdings scheint sein
Sohn dieses Vorhaben nicht gut zu heißen. Ich er-
widere, dass es ja niemanden schadet, wenn wir darü-
ber reden und ermutige ihn auch, das Gespräch mit sei-
nem Sohn zu suchen.
Es ist ein furchtbar schwieriges Thema für beide und
weder das Verfassen der eigenen Patientenverfügung
noch das Nachdenken über die Wünsche eines lieben
Verwandten in einer so unmöglich erscheinenden
Situation ist leicht.
Natürlich können wir an diesem Nachmittag keine
12
Patientenverfügung für Herrn H. verfassen. Aber reden
hilft; als ich gehe ist er ruhiger.
Als ich bei meinem dritten Besuch Herrn H.s Zimmer
betrete, bin ich erst nicht sicher, ob ich mich in der Tür
geirrt habe. Er ist so schnell schwächer geworden.
Heute windet er sich vor Schmerzen. Ich rufe sofort die
Pfleger für die Bedarfsmedikamente und warte bis die
Tablette wirkt. Ich versuche es ihm möglichst bequem
zu machen, bis er schließlich einschlafen kann. Ich
sitze etwa eine Stunde neben seinem Bett, halte seine
Hand und lausche seinen unregelmäßigen, aber
ruhigen Atemzügen.
Bei meinem letzten Besuch sagt mir die Schwester
gleich als ich komme, dass Herr H. inzwischen fast nur
noch schläft. Allerdings ist er mit Hilfe des SAPV-Teams
besser eingestellt und scheint keine Schmerzen mehr
zu haben.
Ich sitze eine ganze Weile neben seinem Bett. Dabei
gehen mir Erinnerungen an unsere erste Begegnung
durch den Kopf. Ich betrachte die Bilder auf dem Tisch,
seine Familie und seine Frau. Obwohl wir in einem
Pflegeheim sind, wirkt das Zimmer mehr wie im
Krankenhaus, er konnte wenig Persönliches hierher
mitbringen. Er war auch nicht allzu lange hier und ich
denke, vielleicht ist das sogar gut. Er hat seine alte
Wohnung geliebt.
An diesem Abend geht ein 82 Jahre und zwei Monate
währendes Leben zu Ende. Leider war ich nicht an
seiner Seite, aber ich stelle mir vor, was auch immer
mit uns Menschen geschieht, wenn wir die Erde
verlassen: dort ist auch seine geliebte Frau.
7. PALLIATIVFACHTAG
des Palliativnetzwerkes für Leipzig und Umgebung Kerstin de Schultz berichtet
Es ist schon ein fester Termin im September: auch in
diesem Jahr nahmen hauptamtliche und einige
ehrenamtliche MitarbeiterInnen des Hospiz Vereins am
Palliativfachtag im Kloster Nimbschen teil.
Spätsommerliches Wetter, das schöne Ambiente und
natürlich die umsichtige Vorbereitung durch das
Palliativnetzwerk bildeten den Rahmen für eine sehr
gelungene und lehrreiche Veranstaltung.
Die vier Workshops am Vormittag waren allesamt
ausgebucht und boten den Teilnehmern eine her-
vorragende Basis, das dort Gehörte in der Diskussion
zu vertiefen und auch später in die eigene Arbeit
einfließen zu lassen.
Salutogenese
Frau Sibylle Lück (Krankenschwester, Consultant of
Palliative Care, Praxisbegleiterin für Basale Stimulation
und Aromaexpertin) erarbeitete in ihrem Kurs Ge-
danken zur Salutogenese und regte an, sich mit der
eigenen Gesundheit, dem Umgang mit sich selbst in
Stresszeiten und den eigenen Grenzen auseinander zu
setzen. Am Ende hatten die Teilnehmer nicht nur viele
gute Ideen und das Bild vom „Fluss des Lebens“,
sondern auch ein selbst gemischtes Öl zur
Entspannung im Gepäck.
Gesprächsführung mit Palliativpatienten
Im Workshop 3 übte Pfarrer Biskupski (Lehrbeauftragter
für Seelsorge an der Theologischen Fakultät der
Universität Leipzig) schwierige Situationen in der
Gesprächsführung mit Palliativpatienten und deren
Angehörigen. Zusammenfassend ermutigte er dazu, die
Gefühle hinter den Äußerungen wahrzunehmen und
wies darauf hin, dass sich niemand für die eigenen
Befindlichkeiten rechtfertigen muss.
Ethische und rechtliche Konstellationen bei Demenz
Ein spannendes Referentenduo erwartete die Teil-
nehmer zum Thema „Ethische und rechtliche Kon-
stellationen bei Demenz“. Frank Hirschkorn als
Fachanwalt für Medizinrecht traf sich hierzu mit
Dr. Gabor Pajdics, Oberarzt der Klinik für Psychiatrie am
HELIOS Parkklinikum Leipzig.
Der Mediziner zeigte sich als empathischer Fachmann
für demenzerkrankte Menschen und deren Bedürfnisse.
Im Gespräch mit dem ebenso versierten, aber eher
13
pragmatisch argumentierenden Rechtskundler resü-
mierten schließlich beide, aus dem Workshop für sich
selbst einige neue und nachdenkenswerte Aspekte
mitzunehmen.
Transkulturelle Kompetenz
Etwas ausführlicher kann ich zu Workshop 1 berichten,
den ich mit meiner Kollegin Dorothea Schwennicke
besuchte.
Er beschäftigte sich mit der „Transkulturellen Kom-
petenz“ in der Palliativversorgung.
Sowohl wir Mitarbeiter im ambulanten Hospizdienst als
auch das Brückenteam haben zunehmend Kontakt zu
Patienten und Angehörigen, die aus anderen Ländern
nach Deutschland kamen. Bisher waren das insbeson-
dere Menschen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken,
aber beispielsweise auch Menschen aus der Türkei,
Syrien, Algerien, dem Iran oder Afghanistan suchten
bereits Beratung und Unterstützung bei uns. Für alle
Beteiligten erwächst daraus eine besondere Heraus-
forderung. Aus diesem Grund nahmen wir den Work-
shop sehr gern an.
Frau Anja Dittrich, Bildungsreferentin im Psychosozia-
len Zentrum für Geflüchtete in Leipzig (Mosaik e.V.)
beeindruckte schon allein aufgrund ihrer Vita. Als
gelernte Kinderkrankenschwester mit vielfältigen wei-
teren Ausbildungen und Qualifikationen kann sie auf
umfangreiche Erfahrungen aus ihren zahlreichen Aus-
landseinsätzen zurückgreifen.
Eingangs zitierte sie Konfuzius: „Alle Menschen haben
gleiche Bedürfnisse, sie gehen nur verschiedene
Wege, sie zu erfüllen.“ Diese Aussage begegnete uns
im Verlauf des Workshops immer wieder. Wir tauschten
unsere Gedanken zu den Begriffen „Heimat“ und
„fremd sein“ aus und erarbeiteten uns, welche Rolle
kulturelle Aspekte für den Einzelnen spielen, was
überhaupt „Kultur“ bedeutet. Fremdes kann in uns
einerseits Ur-Ängste auslösen, die zu Distanz, Vorurteil
und Diskriminierung führen. Andererseits haben wir
immer die Chance, neugierig, wertfrei und offen auf das
Fremde, auf den Fremden zu reagieren. Wir machen uns
mit ihm vertraut, lassen einen Perspektivwechsel zu,
passen uns an, integrieren uns.
Natürlich ergeben sich eine Reihe von Schwierigkeiten
im interkulturellen Verständnis, allein schon durch
die Sprachbarriere.
Wenn wir uns Beratungssituationen, noch dazu im
medizinischen Bereich, vorstellen, muss meist ein
Dolmetscher hinzugezogen werden. Die Gefahr
besteht, dass Inhalte in ihrer Feinheit nicht 1:1
übertragbar sind. Auch hier spielen kulturelle Einflüsse
eine wesentliche Rolle: unterschiedliches Verständnis
der Entstehung von Krankheit (Strafe, Angst vorm
„bösen Blick“) oder andere Erwartungen an ärztlich-
pflegerische Arbeitsweisen (Warum fragt der Arzt so
viel, hat der überhaupt Ahnung?) führen mitunter zu
Missverständnissen oder lassen auf beiden Seiten
Ungeduld und Unmut aufkommen.
Viele bewährte Strategien in der Diagnostik versagen,
beispielsweise die Schmerzskala zur Benennung der
Schmerzstärke durch den Patienten. Hilfreicher sind
hingegen Fragen zum Verlauf der Erkrankung oder der
Symptomatik, wann und unter welchen (Lebens-)
Umständen sie auftraten und welche Ängste der Patient
damit verbindet. Rein technische Untersuchungen
schaffen weniger Vertrauen als das Erkundigen nach
Befindlichkeiten oder nach der Familie.
Kulturelles Wissen hilft uns weiter, auch wenn es
allein nicht die Lösung bringt. Wir sollten uns davor
hüten, Erfahrungen, die wir in einzelnen Situationen
gemacht haben, zu verallgemeinern. Es gibt leider nicht
das Rezept zum gelingenden Kontakt mit Angehörigen
der einzelnen Nationalitäten. Es gilt immer, das
Individuelle im Menschen zu erkennen, auch wenn er
aufgrund seiner Herkunft einer bestimmten kulturellen
Gruppe zuzuordnen ist. Jeder bringt seine eigene
Persönlichkeit, seine Erfahrungen mit und wird dadurch
unverwechselbar.
Schließlich wissen wir, dass es unterschiedliche Auf-
fassungen und heftige Auseinandersetzungen selbst
innerhalb der einzelnen Kulturen gibt. Gut beraten sind
wir immer, wenn wir statt nach Trennendem nach
Gemeinsamkeiten suchen.
Der Begriff der Toleranz wurde ja in den letzten Jahren
sehr strapaziert, aber ohne diese Grundhaltung wird
uns kein gutes Miteinander gelingen. Wertschätzung,
Echtheit und Einfühlungsvermögen in der Begegnung
dürfen wir als Voraussetzung dazu immer neu einüben:
Nach viel spannender und bedenkenswerter Theorie
14
gab es dann auch viele kleine praktische Tipps, die
wir für unsere künftige Arbeit mitnehmen können.
Frau Dittrich riet beispielsweise zum Einrichten eines
„Notfallkoffers“ mit Gegenständen, die Trost spenden
oder als „Erste Hilfe“ in der Kontaktaufnahme und
Begleitung taugen.
Auch hier ist natürlich kulturelle Kompetenz gefragt.
Kleine Hefte mit Piktogrammen sind im Buchhandel
erhältlich und unterstützen das Gespräch und die
Beratung von Menschen aus anderen Herkunfts-
ländern. Wenn möglich sollte gängiges Material wie
Flyer in verschiedenen Sprachen vorhanden sein.
Schließlich gab uns die Referentin noch das Erklä-
rungsmodell nach Arthur Kleinmann mit auf den Weg:
einfache Fragen die es ermöglichen, ein Vertrauens-
verhältnis aufzubauen, Wertschätzung zu vermitteln
und dem Behandler parallel zur üblichen (medizin-
technischen) Diagnostik Zugang zu seinem Patienten
zu erhalten. (Beispiele: „Was macht die Krankheit mit
Ihnen, wie funktioniert sie? Was fürchten Sie am
meisten? Welches sind die wichtigsten Resultate, die
Sie von meiner Behandlung erhoffen?)
Sicher erscheint dies für manchen Arzt oder manche
Pflegekraft etwas herausfordernd angesichts des
Zeitdrucks, der häufig herrscht...
Ganz zum Schluss ging es Frau Dittrich auch um uns
alle. Selbstfürsorge ist ihr wichtig und mit drei kurzen
Anweisungen wurden wir dann in den Tag entlassen:
„Gut essen – wild feiern – wenn nötig, wütend
putzen!“ Sollte übrigens auch zu Hause klappen, nicht
nur im Dienst…
Wir waren beeindruckt von unserer Referentin, von
dem, was sie tut und wie sie es tut. Und auch wenn es
kein Patentrezept für uns an diesem Vormittag gab,
hatten wir ganz viele „Aha“– Momente und werden
diese Thematik bestimmt sehr bald vertiefen.
Das Symposium in der Kulturscheune
Nach ausgiebiger Mittagspause mit kleinen Köstlich-
keiten, viel Sonne und manch angeregtem (Fach-)
Gespräch trafen wir uns alle in der Kulturscheune zum
Symposium.
Vermeidung von (unnötigen) Krankenhauseinsätzen
und Konflikte um Notarzteinsätze
Das begann diesmal mit einer Podiumsdiskussion zum
Thema „Vermeidung von Krankenhauseinsätzen- Kon-
flikte um Notarzteinsätze“. Unter Moderation von Dr.
Lauckner trafen sich der Notarzt Dr. Freigang, Daniela
Zahrend und Manuela Aulich (Pflegefachbereichs-
leitung bzw. Wohnbereichsleiterin bei der Städtischen
Altenheimen Leipzig gGmbH), Tobias Wilzki als
Koordinator des Brückenteams am Hospiz Villa Auguste
Leipzig gGmbH sowie Angela Helmers (Leitende
Koordinatorin Hospiz Verein Leipzig e.V.)
Zahl der Notarzteinsätze in Leipziger
Altenpflegeeinrichtungen ist von 6000 im Jahr 2003
auf rund 7300 im Jahr 2013 gestiegen
Zu Beginn wünschte sich Tobias Wilzki eine Korrektur
des Titels: er betonte, dass es hier vorrangig um
unnötige Krankenhauseinweisungen gehen solle, nicht
um Vermeidung generell. Dr. Freigang nannte Zahlen
die zeigten, dass die Zahl der Notarzteinsätze in
Leipziger Altenpflegeeinrichtungen von 6000 im Jahr
2003 auf rund 7300 im Jahr 2013 stieg.
Von Frau Zahrend erfuhren wir Fakten zu den
Städtischen Altenpflegeheimen: 9 Häuser mit 1215
Bewohnern, dazu Tagespflege, ein ambulanter
Pflegedienst, 5 Wohnanlagen mit seniorengerechten
Wohnungen bzw. dem Angebot „Betreutes Wohnen“,
Physio-, Ergotherapie und Podologie.
Im Schnitt kommt es pro Wohnbereich zu einem
Notarzteinsatz im Monat, 74% der Einsätze führen zu
Klinikeinweisungen. Hauptursache dafür sind Stürze,
Atemnot oder Herz-Kreislauf-Probleme. Etwa die Hälfte
der Bewohner besitzt eine Patientenverfügung.
Probleme, die mit Notarzteinsätzen im Heim ver-
bunden sind.
Die Pflegebereichsleiterin beschrieb dann aus ihrer
Sicht die Probleme, die mit Notarzteinsätzen im Heim
verbunden sind.
Diese beginnen mitunter schon mit dem Anruf in der
Leitstelle, bei der Übermittlung der Symptomatik und
Beschreibung der Situation durch das Pflegepersonal.
Nicht selten erfolgt daraufhin der Verweis auf den
Kassenärztlichen Notdienst, dessen Eintreffen natürlich
deutlich länger dauert, was häufig vom Bewoh-
ner/Angehörigen nicht toleriert wird. Frau Zahrend
wünscht sich insgesamt einen partnerschaftlich-
professionellen Dialog mit dem Rettungsdienst, wobei
im Fokus stets das Wohl der Bewohner stehen muss.
Hilfreich wäre aus ihrer Sicht, wenn die Mitarbeiter der
Notfallteams eine höhere Kompetenz im Bereich
Geriatrie und Gerontopsychiatrie hätten.
Schwierigkeiten der Notärzte und Rettungsassisten-
ten bei Einsätzen im Heim
Dr. Freigang verwies auf Schwierigkeiten der Notärzte
und Rettungsassistenten im Einsatz im Heim. Erste Hür-
de stellt oft schon eine schlechte Ausschilderung
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innerhalb des Geländes bzw. fehlende Einweisung
durch Mitarbeiter dar.
Vor Ort findet der Arzt dann einen ihm völlig
unbekannten Patienten vor, meist hoch betagt, multi-
morbide, aufgeregtes und besorgtes Pflegepersonal,
unklare bzw. nur selten ausreichend dokumentierte
Vorgeschichte.
Die wichtige Rolle des Hausarztes auch im Heim
Er verweist auf die wichtige Rolle des Hausarztes, auch
im Hinblick auf die immer wieder in der Runde er-
wähnte Vorsorgeplanung bzw. Patientenverfügung. Herr
Hirschkorn als Medizinanwalt betonte, dass viele die-
ser Verfügungen unzureichend sind, der Notarzt in
Notsituationen im Heim immer zu rufen ist und sich im
Zweifel stets für die Lebenserhaltung einsetzen wird.
Notfallsituationen bei Menschen mit Demenz
Im Verlauf der Diskussion ging es auch um den Umgang
mit Notfallsituationen bei Menschen mit Demenz,
insbesondere in deren Endstadium.
Der Gerontopsychiater Dr. Pajdics plädierte hier unbe-
dingt für eine Vermeidung einer Krankenhausein-
weisung und die Symptombehandlung vor Ort. Diese
Patienten sollten in ihrer vertrauten Umgebung bleiben
können, natürlich muss eine solche Situation sehr gut
vorbereitet und mit allen besprochen sein.
Wie Frau Lück als Palliativbeauftragte aus Oldenburg
anregte, kann ein Notfallbogen dabei hilfreich sein.
Dieser wird in ihren Einrichtungen gemeinsam mit
Hausarzt, Pflegebereichsleitung, Angehörigen und na-
türlich – sofern möglich – dem Bewohner besprochen
und angelegt. In ihm können beispielsweise neben
einem Behandlungsplan auch das Vorgehen bei Not-
arzteinsätzen und fraglichen Klinikeinweisungen
schriftlich fixiert werden. Offenbar wird ein solches
Instrument in Leipziger Heimen bisher kaum
angewandt.
Die SAPV und ein ambulanter Hospizdienst können
oftmals einbezogen werden
Tobias Wilzki vom Brückenteam verwies auf die
Möglichkeit, die SAPV (Spezialisierte ambulante pallia-
tive Versorgung) auch im Pflegeheim zur Unterstützung
hinzu zu ziehen. Hierfür müssen freilich eine exakte
Indikation sowie entsprechende Kapazitäten des SAPV-
Teams vorhanden sein.
Die Begleitung und Beratung durch haupt- und eh-
renamtliche MitarbeiterInnen eines ambulanten Hos-
pizdienstes hingegen sollte immer möglich sein, wie
Angela Helmers betonte. Deren Tätigkeit kann sowohl
für Bewohner und Angehörige als auch für das
Pflegepersonal sehr entlastend sein.
Defizite in der Kommunikation zwischen allen Be-
teiligten als Problem
Im Verlauf der Podiumsdiskussion kamen mir immer
wieder vor allem diese Gedanken: Probleme in der
Notfallversorgung von Heimbewohnern beruhen oft auf
Defiziten in der Kommunikation zwischen allen Betei-
ligten. Mangelnde Vorsorgeplanung und fehlende
schriftliche Handlungsanweisungen führen sehr häufig
zu (unnötigen) Krankenhauseinweisungen.
Im Sinne des Wohlergehens der in Pflegeeinrichtungen
lebenden Menschen sollte dringend überdacht werden,
wie die Kompetenzen und Möglichkeiten von Pflege-
personal, Hausarzt, Rettungsdienst sowie unterstütz-
enden Diensten aus dem Palliativ- und Hospizbereich
gestärkt und sinnvoll eingesetzt werden können.
Wir müssen reden – immer wieder!
Die Diskussionsbeiträge aus dem Publikum zeigten
auch deutlich, dass es große Unterschiede im Umgang
mit Notfallsituationen in Pflegeheimen gibt, die nicht
immer mit äußeren Strukturen zu erklären sind
(vorhandene Voraussetzungen in Städten oder im
ländlichen Bereich, Erreichbarkeit des Hausarztes).
Mir ist unverständlich, warum Mitarbeiter in Alten-
pflegeeinrichtungen nicht über das Vorhandensein von
ambulanten Hospizdiensten bzw. SAPV-Teams und
deren Angeboten informiert sind. Als Fazit könnte man
wohl unter die Podiumsdiskussion schreiben: Wir
müssen reden – immer wieder!
Erste Gelegenheit hierzu bot sich schon in der
folgenden Kaffeepause. Mit frischem Bäckerkuchen im
sonnigen Klosterhof fanden sich interessante Ge-
sprächspartner zu anregendem Gedankenaustausch.
„Allheilmittel“ Medizinisches Cannabis?
Im vorletzten Fachbeitrag des Palliativfachtages wurde
es dann wieder spannend. Brachte Dr. Daniel Merk,
Pharmazeut am Institut für Pharmazeutische Chemie
der Goethe-Universität Frankfurt, frohe Kunde über das
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„Allheilmittel“ Medizinisches Cannabis? Um es vorweg
zu nehmen: es ist eben doch kein Wundermittel,
wenngleich einige Patienten, bei denen andere Be-
handlungsstrategien versagen, durchaus profitieren
können.
Dr. Merk führte aus, dass seit Einführung der gesetz-
lichen Regelung zum Medizinischen Cannabis vor
18 Monaten der Bedarf höher als erwartet ausfällt.
Er referierte sehr fundiert zu Wirkungen und Neben-
wirkungen der einzelnen Cannabisarten und deren In-
haltsstoffe, was manchen Zuhörer sicher an die Gren-
zen seines biochemisch- pharmazeutischen Verständ-
nisses brachte, aus meiner Sicht jedoch höchst inter-
essant war.
Am häufigsten nachgefragt werden Cannabispräpa-
rate von Patienten mit chronischen Schmerzen,
Übelkeit/ Erbrechen bei Chemotherapie, Appetit-
losigkeit, Spasmen infolge Multipler Sklerose.
Derzeit laufen weitere Forschungen, u.a. zur Anwen-
dung bei Epilepsie und Tourette-Syndrom.
Der Referent wies deutlich darauf hin, dass Fertig-
arzneimittel mit definierter Zusammensetzung einfach-
er und sicherer in der Anwendung sind als beispiels-
weise Cannabisblüten. Deren Dosierung ist schwierig,
die enthaltene THC-Säure muss bei 180° C aktiviert
werden, was pharmazeutisch sinnvoll nur durch Ver-
dampfen gelingt.
Nicht zu unterschätzen sind immer die Nebenwir-
kungen wie Müdigkeit, Schwindel, Durchfall und Übel-
keit, mitunter auch Herzrasen oder Auswirkungen auf
die Kreislaufregulation.
Aufgrund des Einflusses u.a. auf die Hirnentwicklung
und unerwünschte psychotrope Effekte sind Cannabis-
präparate für Kinder/Jugendliche ungeeignet, abgese-
hen von einem kürzlich in den USA zugelassenen
Arzneimittel zur Behandlung einer seltenen Epile-
psieform im Kindesalter.
Medizinisches Cannabis kann hilfreich sein, ist aber
kein Wundermittel.
Zusammenfassend haben wir gehört, dass Medizini-
sches Cannabis hilfreich sein kann für Patienten, die
keine befriedigende Symptomkontrolle durch die üb-
lichen Medikamente erfahren haben. Das oft so propa-
gierte Heil- und Wundermittel für alles und jeden ist es
ganz sicher nicht.
Welcher Tag ist heute? Gedanken über die Zeit
Am Ende des Fachtages fragte Sibylle Lück noch
„Welcher Tag ist heute?“. Sie führte einige Gedanken
zum Begriff und zur Bedeutung der Zeit an – als natür-
licher Rhythmus, physikalische Größe, in der indi-
viduellen Wahrnehmung.
Dann stellte sie ein sehr schönes Projekt für eine
Palliativstation vor. Ein Tagesabreißkalender mit großen
Zahlen hängt in jedem Zimmer. Die Rückwände der Ka-
lender sind verschieden gestaltet worden durch Teil-
nehmer einer Seniorenkunstwerkstatt. Bewohner von
Altenpflegeheimen wurden dafür in die Kunstschule
geholt und arbeiteten dort an den Blättern. Muster,
Landschaften, Jahreszeitenbilder sind entstanden.
Über die Kalender kommt man auf der Station nicht
selten ins Gespräch. Manchmal wünscht sich ein
Patient, dass die Zeit stehen bliebe, er lässt das
Tagesblatt nicht abreißen, andere tun dies sehr be-
wusst jeden Tag selbst. Wie erleben wir die Zeit –
nutzen wir unsere Zeit??
Der 7. Palliativfachtag bot den Teilnehmern ein sehr
vielfältiges Spektrum an Themen und brachte darüber
hinaus viele Anregungen zum Nachsinnen sowie
Praktisches für die tägliche Arbeit. Den Organisatoren
ist herzlich zu danken, dass sie
in diesem wunderbaren Rah-
men die Plattform zur Fortbil-
dung, zum Austausch und zum
„Blick über den Tellerrand“
bieten. Kerstin de Schultz ist Koordinatorin
im Hospiz Verein Leipzig e.V.
FILME ZUM ABSCHIED in den Passagekinos im Oktober 2018 gesehen von Bettina JacobiIn diesem Jahr habe ich mir zwei Filme aus dieser Reihe
angeschaut. Beide wurden im Anschlussgespräch von
Angela Helmers, der leitenden Koordinatorin des
Hospiz Vereins Leipzig moderiert. Als Gesprächspartner
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stand nach dem ersten Film, der auch der erste der
diesjährigen Reihe war, Dr. Oliver Krauß, Psychothe-
rapeut in Leipzig, zur Verfügung. Nach dem zweiten
Film, dem letzten der Reihe, konnte Angelika Hoffmann
von „Selbstbestimmt Leben in Leipzig und Umgebung
e.V.“ ihren Verein vorstellen.
„Euphoria“ (R: Lars Kraune mitJördis Triebel, Nina Kunzendorf): Zwei
Schwestern verreisen; die Ältere hat
die Jüngere eingeladen und sie kom-
men an einen märchenhaft anmu-
tenden Ort, ein Schloss, ein Anwesen
in einem großen Park mit alten Bäu-
men und sehr rasch stellt sich her-
aus, dass dies ein Ort zum Sterben ist
– hier wird Sterbehilfe geleistet.
Zwischen den Schwestern kommt es zu einem heftigen
Konflikt, da die jüngere sich überrollt fühlt von der
Entscheidung der todkranken Schwester hier und auf
diese Weise sterben zu wollen und zunächst glaubt sie,
dies nicht aktzeptieren zu können. Sie will abreisen,
wird mit List davon abgehalten.
Die anderen Gäste bleiben schemenhaft oder schrill
überzeichnet; einzige Ausnahme ist ein junger Mann.
Er ist querschnittgelähmt, durch einen Unfall ist er an
den Rollstuhl gefesselt, sieht in seinem Leben kei-
nerlei Sinn mehr. Die kranke Schwester sagt fassungs-
los: „Und ansonsten bist du ganz gesund?“ Dann
erleben sie gemeinsam Momente der Liebe.
Sechs Tage haben die Schwestern Zeit, eine Mentorin
unterstützt beide in ihrem Ringen um gegenseitiges
Verstehen und am Ende kommt es zur Aussöhnung und
einem idealen Sterben. Die jüngere Schwester verlässt
das Anwesen im Hubschrauber und im letzten Moment
kommt der Gelähmte und steigt dazu. Die Liebe hat ihm
geholfen, sich für das Leben zu entscheiden und der
Helikopter steigt in die Lüfte. Das ist der tröstliche
Schluss eines beunruhigenden Filmes.
„Das Leuchten der Erinnerung“ (R: Paolo Vinzi
mit Helen Mirren, Donald Sutherland): Der Film ist ein
klassisches amerikanisches Roadmovie, an dessen
Ende beide Protagonisten gemeinsam sterben. Es
handelt sich um ein Ehepaar, über 50 Jahre beisam-
men, und sie begeben sich auf diese letzte Reise mit
ihrem uralten Wohnwagen, der Mann fährt, die ameri-
kanische Ostküste entlang Richtung Süden.
Alles ist genau geplant von der unheilbar erkrankten
Frau, die umfassend für ihren an Demenz leidenden
Mann mit denken muss. Es ergeben sich zunächst
einige urkomische, aber auch spannende Momente,
später dann nachdenkliche, berührende und auch sehr
traurige Situationen.
Der Mann äußert seiner Frau gegenüber mehrfach über-
zeugend und dringlich den Wunsch,
sie möge ihn nicht alleine lassen.
Auch bittet er sie in einer ungemein
eindringlich gespielten Szene darum,
ihm, wenn es wegen seiner Demenz
„soweit“ ist, dabei zu helfen, sich mit
dem Gewehr zu erschießen.
Am Ende wird die Frau auf Grund einer
verwirrten Situation ohne Wissen ihres
Mannes als Notfall ins Krankenhaus
gebracht.
Der sonst so hilflos scheinende Mann findet sie dort
und „entführt“ sie. Damit ist das endgültige Ende
vorgezeichnet und beide sterben gemeinsam im
Wohnwagen, so wie die Frau es geplant hat.
Aus dem Off, während man die Trauergemeinde an den
wunderschönen Gräbern stehen sieht, liest sie ihren
Abschiedsbrief an ihre Kinder, in dem sie ausführlich
diesen Schritt begründet. „Alles wird gut“ könnte das
Fazit sein und erst nach einer Weile wird die ganze
Tragweite deutlich und – für mich – auch die Fragwür-
digkeit der Erzählung.
In beiden Filmen ist eine Reise die Metapher für den
letzten Weg; eine schöne und tröstliche Vorstellung.
In beiden Filmen wird das Schreckgespenst der Pflege-
bedürftigkeit, Hilflosigkeit und Abhängigkeit als starkes
Motiv benannt, sein Leben zu einem selbst gewählten
Zeitpunkt zu beenden. Beide Filme stellen ideale Be-
dingungen und ideal erscheinende, geradezu vorbild-
lich wirkende Möglichkeiten und fast ideal agierende
Menschen dar. Es sind jeweils sehr willensstarke und
selbstbewusste Frauen, die die Richtung bestimmen.
Die Entscheidung, eine unheilbare oder schreckliche
Erkrankung durch Selbsttötung zu beenden wird nicht
hinterfragt und in ihrer Konse-
quenz nicht diskutiert.
Aber die Reisemetapher lässt
auch andere Wege zu...
Bettina Jacobi ist ehrenamtliche
Hospizbegleiterin und
Vorstandsmitglied
18
EIN LEBEN IM KOFFERvon Jutta Gries
Im März 2017 begann diese Begleitung einer älteren
Dame, an die ich heute noch denken muss.
Mein erster Besuch war zusam-
men mit Schwester Bärbel. Wir
wurden herzlich begrüßt von
einer netten weißhaarigen Dame
mit Haarreif. Sie bat uns herein
in ihr sehr spezielles zu Hause.
Es war ein einziges Durchein-
ander. Doch wir fanden einen
Platz. Sie öffnete eine Flasche
Sekt. Da wir nichts tranken, prostete sie uns und dem
Bild ihres vor vielen Jahren verstorbenen Mannes zu. An
der Wand hingen alte Zeitungsausschnitte – alles war
irgend wie bunt durcheinander.
Aufräumen wird sie, wenn sie
mal Zeit hat – waren ihre
Worte.
Die Sympathie war beiderseits
und so durfte ich wieder-
kommen. Ihr ging es gut und
so saß ich einige Tage später
auf dem selben Platz.
Links neben mir standen
einige Koffer – gefüllt mit
Fotos. Sie erzählte mir aus
ihrem aufregenden Leben
als Dolmetscherin zwischen
Amerikanern und Deutschen
nach dem Krieg.
Ihr Mann war viele Jahre älter. Das spielte keine Rolle.
Sie waren verliebt.
So öffnete sie bei jedem Besuch die Koffer und wir
sahen uns Fotos an. Es gab viel zu reden und zu lachen.
Sie zeigte mir ihre Lieblings-
kleider und hätte sie mir am
liebsten alle geschenkt, doch das
konnte ich „verhindern“.
Nur eines musste ich unbedingt
mitnehmen. Das liegt nun bei mir.
Ihr Gesundheitszustand war lan-
ge recht gut. Doch eines Tages machte sie mir nicht auf.
Das war an einem Wochenende und mein Mann war mit.
Sie wollte eine Tür repariert haben, was wir auch
schafften.
Doch an dem Tag ging es ihr schlecht und sie lag im
Bett. Ihr Schlafzimmer auch ein wirres Durcheinander
von Möbeln und Sachen. Das Fenster weit auf. Auf dem
Fensterbrett immer ein Stück Butter für den Raben Olga,
der sie regelmäßig besuchte. Auch an dem Tag kam er
und holte sich seine Portion.
Danach bekam ich einen Anruf, dass sie auf der
Palliativstation im Elisabeth Krankenhaus liegt. Dort
besuchte ich sie. Ihr ging es recht gut und sie wurde
wieder entlassen.
Danach wurde es zu Hause wieder schlechter und sie
kam wieder auf die Palliativstation.
Als ich sie wieder besuchen wollte, war sie kurz zuvor
gerade verstorben. Ich wäre gern bei
ihr gewesen. Sie war eine ganz
besondere Person mit eigenem Kopf
und einer gewissen Lässigkeit, um
die ich sie beneidet habe. Danke
Ihnen, B. W., 92 Jahre alt.
Jutta Gries gehört seit 2004 zu den
Ehrenamtlichen des Hospiz Vereins
Leipzig
MIT UNS FEIERN UND GUTES TUNÜber den Besuch von Frau Dr. Schneider-Schönherr, der Vorsitzenden des
Landesverbandes für Hospizarbeit- und Palliativmedizin Sachsen e. V., zu
unserem Jubiläumsfest am 25. Mai 2018, haben wir uns sehr gefreut. Hier
bedanken sich bei ihr die Vorstandsmitglieder Roland Haase und Friedrich
München und Angela Helmers, Koordinatorin im Hospiz Verein Leipzig e.V., die
auch Vorstandsmitglied im Landesverband ist.
19
UNSER DANKESCHÖNTAG 2018
von Monika Mucke
Am 15. September fand der diesjährige Dankeschöntag
statt.
Dazu hatte der Hospiz Verein wie jedes Jahr alle
Ehrenamtlichen eingeladen.
Treffpunkt war an diesem sonnigen Tag, zu dem sich
eine stattliche Anzahl von Ehrenamtlern einfand, das
Integrationshotel Philippus in Leipzig-Lindenau.
Zunächst saßen wir dort in den beiden Frühstücks-
räumen gemütlich bei Kaffee bzw. Tee und leckerem
Kuchen beisammen und kamen untereinander ins
Gespräch.
Dann stellte sich uns Frau Marlene Schweiger – die
Leiterin der Einrichtung – vor und berichtete Wissens-
wertes über das Gebäude, das früher einmal das
Pfarrhaus der benachbarten Philippuskirche gewesen
war. Beide Gebäude, die seit 2002 nicht mehr kirchlich
genutzt worden waren, konnten vom Berufsbildungs-
werk Leipzig (BBW) 2012 übernommen und schrittweise
um- und ausgebaut werden. Aus dem ehemaligen Pfarr-
haus wurde ein Hotel, in dem Menschen mit und ohne
Behinderung seit Mai dieses Jahres arbeiten und in
dem Gäste barrierefrei einchecken können.
Das Ganze ist noch in der Anlaufphase, vieles wurde
bereits besser den jeweiligen spezifischen Bedürfnis-
sen der Mitarbeiter und Gäste angepasst. Wir waren
schnell davon überzeugt, dass hier exakt, hervorragend
und zugleich mit viel Herz, Verstand und Verständnis
gearbeitet wird.
Schließlich gingen wir noch, geteilt in zwei Gruppen,
durch das Gebäude und sahen z.B. die auf die Bedürf-
nisse einer sehbehinderten Mitarbeiterin abgestimmte
Rezeption, einen Tagungsraum, den historischen Saal
sowie ein rollstuhlgerechtes Hotelzimmer.
Durch eine Glastür gelangten wir in das sich direkt
anschließende Kirchengebäude, das noch durch reinen
Jugendstil geprägt und dadurch sehr beeindruckend ist.
Hier hörten wir den Ausführungen von Herrn Menz,
eines weiteren leitenden Mitarbeiters zu, dem
besonders dieses Gebäude am Herzen liegt. Die
Baugerüste sind bereits gefallen, aber es wird noch
fleißig gearbeitet.
Dennoch gab es schon in allen Bauphasen regelmäßig
qualitativ hoch angesiedelte Konzerte. Jedes Mal
musste dafür die z.T. ausgebaute Bestuhlung zurück an
Ort und Stelle gebracht und viel Säuberungsarbeit
geleistet werden. Der Innenraum ist äußerst behutsam
restauriert, bröckelnder Putz stabilisiert worden.
20
Die Elektrik wird derzeit erneuert, die prächtigen
Jugendstil-Leuchten aufbereitet und die erstaunlich gut
erhaltene Jehmlich-Orgel gereinigt und restauriert. Im
Frühjahr 2019 soll die Kirche feierlich eröffnet werden.
Das gesamte Projekt Philippus steht unter dem Motto:
Beherbergung – Bewirtung – Botschaft. Unter Botschaft
haben wir die schon jetzt wöchentlich stattfindenden
Veranstaltungen Mittagsgebet, Abendmahl zur Wochen-
mitte und Offene Kirche zum Sonntagnachmittag zu ver-
stehen.
Noch lange hätten wir den interessanten Informationen
der Mitarbeiter zuhören können, aber auf dem Karl-
Heine-Kanal unmittelbar neben dem Hotel warteten
zwei Motorboote auf uns.
Nach einem etwas abenteuerlichen Einstieg fand jeder
einen guten Platz – und los ging es über die Leipziger
Gewässer!
Zu Beginn fiel uns viel neu Gebautes auf: große Lofts,
Gebäude mit geräumigen Eigentumswohnungen und
riesigen Balkons mit Blick aufs Wasser, Bootsvereine,
Altenheime und noch immer neu entstehende Häuser
der Luxusklasse. Auch eine ganze Familie Nutrias ließ
sich ohne Scheu von Spaziergängern auf den Stufen
der Uferterrassen füttern.
Unsere Fahrt setzte sich auf der Weißen Elster fort. Wir
passierten das Palmengartenwehr und bewunderten in
einem Seitenarm Richtung Stadthafen herrliche, aufs
Feinste restaurierte alte Villen mit Wasserzugang, be-
wohnt von allerlei gut betuchten Herrschaften.
Nach etwa einer Stunde setzte uns der Bootsführer
direkt auf einer im Wasser sanft schwankenden nach
gebildeten Bireme (antikes Groß-Ruderschiff) ab, die
zum griechischen Restaurant in der Holbeinstraße
gehört.
Hier waren bereits zwei große Tische für uns reserviert.
Jeder suchte sich aus der reichhaltigen Speisekarte
Essen und Getränke aus. Nun saßen wir wieder neu
gemischt beieinander, lernten z.T. neue Gesichter ken-
nen und führten angeregte Gespräche bei griechischem
Wein oder anderen Getränken. Natürlich gab es vom
Haus auch den obligatorischen Ouzo, und vor man-
chem standen dann schon mal mehrere Schnäpse, da
auch Autofahrer unter uns waren. Dann kam das Essen,
und jeder Teller mit den unterschiedlichsten kulina-
rischen Genüssen wurde zuerst neugierig beäugt und
dann mit bestem Appetit geleert.
Der Abend endete offiziell gegen
22.00 Uhr.
Da ich erst seit diesem Jahr mit der
ehrenamtlichen Begleitung begon-
nen habe, war es für mich der erste
Dankeschöntag, und es hat mir
außer vielen neuen Kontakten und
Wissenswertem viel Freude und
Anregungen gebracht.
Monika Mucke ist ehrenamtliche Hospizbegeiterin
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OFFENER ABEND in der STADTBIBLIOTHEK im SEPTEMBER 2018
und Workshop
Berichte und Gedanken von Teilnehmerinnen und Teilnehmern
DA SEIN
Bereits Ende 2017 nahm Silke
Leicht, Leiterin der Geschäftsstelle
Internationale Altenpolitik der Bun-
desarbeitsgemeinschaft der Senio-
ren-Organisationen e.V. (BAGSO),
mit dem Hospiz Verein Kontakt auf.
Sie erzählte von ihrem Vorhaben, in
Leipzig einen Workshop für Pflegekräfte und
Interessenten aus an-deren Tätigkeitsfeldern mit dem
Thema „Würde bis zuletzt – Begleitung und
Versorgung sterbender Menschen im internatio-
nalen Fokus“ zu organisieren, und bat dafür um unsere
Unterstützung.
Wir waren sofort von der Idee begeistert, unseren
großen Offenen Abend am 27. September 2018 mit
diesem Workshop zu verknüpfen, und so hatten wir
zusammen mit der BAGSO und der Seniorenbeauf-
tragten der Stadt Leipzig Frau Kerstin Motzer am Ende
sogar eine kleine Veranstaltungs–"Reihe" auf die Beine
gestellt.
Am 26. September durften wir im Beisein des Regis-
seurs und Produzenten Thomas Lüchinger den Film
„BEING HERE – DA SEIN“ im Soziokulturellen Zentrum
"die naTo" vorführen.
Der Film porträtiert vier ehrenamtliche Sterbebegleiter
aus Brasilien, Nepal, den USA und der Schweiz. Ein
zärtlicher Film, ein Film über die Menschlichkeit, über
Zuneigung und Liebe, über die hohe Kunst, da zu sein
und die Zeit des Sterbens als Bereicherung unseres
Lebens zu verstehen.
Anschließend moderierte Silke Leicht ein Gespräch
mit Thomas Lüchinger und mir. Er erzählte von seinen
Beweggründen, die ihn zu diesem Film inspiriert
hatten, und darüber, wie der Film seine Lebenshaltung
bestärkte. Im Gespräch wurde deutlich, dass die
Begegnung mit Sterbenden in uns allen eine hohe
Achtung vor dem Leben hervorruft und wir gegenüber
den Ehrenamtlichen, die sich ihnen zuwenden, großen
Respekt und Dank empfinden.
Der folgende Tag war dann eine wahre Inspirations-
quelle mit vielen guten Gedanken und Anregungen.
Wesentliche Aussage des Workshops war, dass
Begleitung von Sterbenden nicht überall auf der
Welt in gleicher Weise durchgeführt werden kann;
dass wir unsere Vorstellung, wie Begleitung "gut"
durchgeführt wird, nicht "eins zu eins" übertragen kön-
nen, sondern regionale, kulturelle, wirtschaftliche Um-
stände und noch viele andere mehr zu berücksichtigen
sind.
Den Abschluss bildete der Offene Abend in der
Stadtbibliothek, bei dem die Altersforscher Frau Prof.
Dr. Annelie Keil und Herr Prof. Dr. Andreas Kruse das
Thema "Alt werden die Anderen" auf sehr unter-
schiedliche Weise, immer aber sehr anschaulich und
nachvollziehbar beleuchteten.
Auf wunderbare Weise umrahmt und verbunden wurden
die Vorträge durch die Musik des
"Duo L'Oro" (Babett Niclas,Harfe, Friederike Merkel,
Blockflöte) und als Gast Hannes Malkowski,Percussion.
Beseelt auch von der schönen Atmosphäre im Ober-
lichtsaal der Stadtbibliothek, hatten am Ende wohl alle
BesucherInnen dieses Offenen Abends ein wenig Mut
gefasst, das Altwerden nicht allein den Anderen zu
überlassen.
So danken wir Kerstin Motzer und Silke Leicht für die
konstruktive Zusammenarbeit. Ebenso danken wir der
Stadt Leipzig und den MitarbeiterInnen der Stadtbiblio-
thek von ganzem Herzen, dass sie uns in ihren Räum-
lichkeiten immer wieder willkommen heißen und unse-
re Offenen Abende auch durch ihren persönlichen Ein-
satz in den Veranstaltungen ermöglichen.
Herzlich, Ihre Angela Helmers,
leitende Koordinatorin im Hospiz Verein Leipzig e.V.
GEDANKEN…
Zwei Tage in Leipzig, an die ich mich gerne erinnere – rund, lebendig und voller inspirierender Persönlichkeiten:
Zunächst der Film "BEING THERE" von Thomas Lüchinger in der naTo und das anschließende Gespräch mit dem
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Filmemacher und Angela Helmers vom Hospiz Verein Leipzig. Am Folgetag unser Workshop "WÜRDE BIS ZULETZT"
im Rathaus, der sich mit den politischen Herausforderungen in der letzten Lebensphase beschäftigte und als
krönenden Abschluss der Offene Abend des Hospiz Vereins, der das Sterben noch einmal in den Kontext des
Älterwerdens gestellt hat – mit viel Humor und Tiefsinn. Von ganzem Herzen vielen Dank an alle Beteiligten, vor
allem auch an Frau Helmers vom Hospiz Verein Leipzig und Frau Motzer, Seniorenbeauftragte der Stadt Leipzig, für
die tolle Zusammenarbeit!
Silke Leicht, Geschäftsstelle Internationale Altenpolitik,
Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V.
Am 27. September 2018 erlebte ich einen anregenden
und bedeutungsvollen Abend vom „Alt werden“, an
dem ich Gelegenheit hatte, zwei überragenden Fach-
personen zuhören zu können: Herrn Prof. Andreas
Kruse und Frau Prof. Annelie Keil. Dem Hospiz Verein
Leipzig danke ich sehr herzlich für die Organisation und
Vorbereitung des außerordentlich gelungenen Abends.
Prof. Kruse ging auf Grenzsituationen im hohen
Lebensalter wie eine schwere Erkrankung, den Verlust
ders Ehepartners, den herannahenden Tod oder
Schuld, ein.
Dabei berief er sich auf Karl Jaspers, Philosoph der
30-er Jahre, der klarstellte, dass Grenzsituationen nicht
durch planerisches Handeln veränderbar wären. Viel-
mehr können Grenzsituationen durch unsere Existenz
zur Klarheit gebracht werden. „Das Leiden an einer
schweren Demenz bedeutet nicht, dass damit die
Existenz am Ende wäre. Man kann noch über eine
lange Phase kommunizieren, hat Empfindungen,
Gefühle und spürt eine tiefe Lebensfreude“ schluss-
folgerte Kruse.
Er sprach im Weiteren zentrale Aspekte der Psyche im
hohen Lebensalter an:
Es ist feststellbar, dass mit zunehmendem
Lebensalter, die Beschäftigung mit Introver-
sion, die intensive Beschäftigung mit sich
selbst, zunimmt.
Wer im Lebenslauf offen für Neues, Geistiges,
Soziales, Politisches gewesen ist, zeigt auch
im hohen Lebensalter eine Offenheit, selbst
bei Einschränkungen und geringer Mobilität.
Menschen im hohen Lebensalter wollen etwas
an die nachfolgende Generation weitergeben
und etwas für sie tun (Generativität). Das
Konzept einer Mehrgenerationenbeziehung
braucht junge Menschen, die interessiert sind.
Im hohen Lebensalter ist die Wissenswei-
tergabe bedeutsam. Dafür ist eine Kultur in der
Gesellschaft erforderlich.
Kruse legte dar, dass sich der Geist im hohen Alter
durchaus weiter entwickeln kann. Alte Menschen
wollen nicht nur Umsorgte sein, sondern als Perso-
nen angesprochen werden, die sich um andere Men-
schen sorgen. Die Auseinandersetzung mit Verletz-
lichkeit und Reife kann nur gelingen, wenn wir in einer
Sorgebeziehung zu anderen Menschen, vor allem zu
anderen Generationen stehen. Wir müssen den über
80-Jährigen ermöglichen, sich mitzuteilen und auf
die „Bühne der Welt“ zu treten.
Abschließend fasste Kruse sinngemäß zusammen:
Wenn wir ein umfassendes Verständnis unseres Selbst
und unseres Körpers haben, wenn wir neugierig, selbst-
kritisch und offen durchs Leben gehen, dann kann für
uns ein Leben im hohen Alter und mit Demenz nicht
schlimm werden.
„Wer leben will, muss älter werden.“ Frau Professorin
Keil lud uns im zweiten Teil des Abends zu einer Reise
ein, einer Reise, die mit der Zeugung beginnt und mit
dem Tod endet. Sie benutzte dabei einprägsame Bilder,
etwa das von der Hausbesetzung, wenn wir als Unge-
borenes in der Gebärmutter wachsen.
Wir können unser Entstehen nicht beeinflussen, kom-
men ungefragt in die Welt, aber wir können unser
Leben, unsere Biografie gestalten.
Noch so ein Bild: „Wir kommen mit einer Werkstatt
zu Welt. Wir haben Augen um zu sehen und gesehen
zu werden, wir haben Ohren um zu hören und gehört
zu werden, wir haben einen Mund, um zu sprechen
und angesprochen zu werden. Diese Werkzeuge
müssen wir nutzen.
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Wenn wir nicht gesehen, wenn wir nicht gehört, nicht
angesprochen und nicht berührt werden, dann kann
sich das, was wir als Schöpfungswerkstatt mitgebracht
haben, nicht entwickeln.“
Professorin Keil deutete damit das Sorgen und versorgt
werden an und ist damit ganz nah bei Kruse.
Unsere Aufgabe bleibt es, andere anzusprechen und zu
begleiten.
Aber wie gehen wir mit der eigenen Schwäche, der
Notwendigkeit um, versorgt zu werden? Keil plädierte
für ein Lächeln und für Dankbarkeit. Das Leben be-
steht aus Geben und Nehmen. Leben ist Koexistenz
und Bestätigung der These, dass wir einander verbun-
den sind.
Professorin Keil äußerte, dass eine Enttabuisierung
nicht nur des Todes, sondern auch der Gebrech-
lichkeit gebraucht wird. Es ist notwendig, über Fragen
des Sterbens und der Bestattung zu reden. Sie forderte
die Zuhörenden in Vorbereitung der letzten Lebenspha-
se auf, schon mal wichtige Fotos zusammen zu stellen,
die in ein Heim mitgenommen werden sollen.
Abschließend trug sie Texte aus der Begleitung
sterbender Kinder vor. Sterbende Kinder sorgen sich
um ihre Eltern. Mit bemerkenswertem Weitblick äu-
ßern sich die Kinder über den bevorstehenden Tod. Sie
verstehen nicht, dass sich Erwachsene nicht mit
Sterben und Tod auseinandersetzen.
Die beiden Vorträge waren wie ein Feuerwerk voller
Anregungen für mich, die ich gern weiter vertiefen und
durchdenken würde. Dazu bieten sich sicherlich die
Lektüre der veröffentlichten Sachbücher der Wissen-
schaftler und die diskursive Auseinandersetzung mit
den vorgetragenen Themen vom Leben und Sterben an.
Kerstin Motzer, Beauftragte für Senioren der Stadt
Leipzig
Unter der Überschrift „ALT WERDEN DIE ANDEREN“ hatte der Hospiz Verein zu einem Offenen Abend in die
Stadtbibliothek eingeladen.
Die angekündigten Sprecher/in, die beiden Profs. Andreas Kruse (Heidelberg) und Annelie Keil (Bremen) weckten
in mir hohe Erwartungen, sind doch beide international und national bekannt als Kämpfer gegen ein negatives Bild
des Alterns. Ich wurde nicht enttäuscht.
Prof. Kruse schilderte und belegte mit Studien, welche humanen Potentiale in alten Menschen liegen, wenn sie
anderen sich und ihre Welterfahrung mitteilen können. Ganz auf dieser Linie lag auch Frau Prof Keil, die geistreich,
witzig und lebensnah punktgenau Situationen beschrieb, wie eine positive Haltung zum Alter gelingen kann.
Mir ist nachhaltig in Erinnerung geblieben, wie sie die oft gehörte Äußerung „Ich will niemandem zur Last fallen“
kommentierte: Schon im Mutterleib beginnend ist man anderen eine Last, als Erwachsener geht man anderen
auf den Geist, warum soll das auf einmal im Alter anders sein.
Mit Witz Alltagssituationen im Leben alter Menschen aufzuspießen und diese Geschichten ohne Schönfärberei so
zu deuten, dass man überzeugt wird: auch im Alter ist die Seele lebendig wie am ersten Tag.
Danke für diesen Abend.Christian Wilhelm
ALT WERDEN NUR DIE ANDEREN – unter diesem Titel
war zu einem offenen Abend in die Stadtbibliothek
eingeladen worden und ich hatte mir fest vorge-
nommen, mit meinem Mann hinzugehen. Denn ehrlich,
wie oft denkt man von Anderen: Ja ist der alt geworden!
Ich selbst bin auch alt, auch wenn ich es nicht wahr-
haben will. Ich dachte, es geht um einen Abend, der
dazu einlädt, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein.
Doch es kam ganz anders. Die beiden Vortragenden,
Frau Prof. Annelie Keil und Herr Prof. Andreas Kruse,
beide brillante Redner, beschäftigten sich mit dem Wert
des Menschen im hohen Alter.
Leben ist ein Geschenk, und das in jedem Alter. Man
darf sich sagen: Die 78 Jahre, die ich gelebt habe, kann
mir niemand mehr nehmen.
Das hohe Alter ist durch 4 Punkte charakterisiert:
1. Mit zunehmendem Alter nimmt die Introversion zu.
Ich kann bestätigen: Man denkt über sich, das Erlebte,
die Menschen, meist im Stillen nach.
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2. Das hohe Alter ist durch Offenheit charakterisiert.
Ich denke, das trifft nur auf einen Teil der alten
Menschen zu.
3. Das hohe Alter ist durch Generativität charakterisiert.
Wir Alten wollen bzw. sollen uns um die zukünftigen
Generationen kümmern, z. B. eigene Kinder haben und
für sie sorgen, aber auch Künste und Wissenschaften
sowie das soziale Engagement, also alles, was für
künftige Generationen brauchbar sein könnte, weiter-
geben.
4. Die Alten wollen ihr Wissen an die junge Generation
weitergeben.
Das wird von der jüngeren Generation nicht immer
begrüßt, ist meine Erfahrung.
Aber alte Menschen sind auch vulnerabel, das heißt
verletzlich. Ich habe verstanden, dass es unsinnig ist,
wenn man sagt: Ich will niemandem zu Last fallen.
Prof. Keil rief uns zu: Vergessen Sie das, Sie sind lästig!
Aber es braucht in unserer Gesellschaft eine Ent-
tabuisierung von Gebrechlichkeit. Die Aussage, „Das
Schwere ist, als Kranker gesund zu sein“ kann ich nur
bestätigen. Tröstlich war es für mich zu erfahren, dass
ein sehr alter Mensch nicht seine Würde verliert, dass
seine Psyche bis zuletzt lebt.
Es fielen noch viele kluge Worte, die den Abend zu
einem besonderen Erlebnis machten. Zum Beispiel
wurde über Viktor von Weizsäcker reflektiert.
Ich habe ein bisschen im Internet recherchiert:
Dieser umfassende Werde- und Integrationsprozess des
Lebens ist uns einerseits als Arbeitsauftrag und aktive
Suche nach einem Sinn in unserem Leben aufgegeben
und er erwartet andererseits von uns, dass wir Vorge-
gebenes und Bestimmungen wie unsere Endlichkeit
oder leibliche Abhängigkeit akzeptieren.
Viktor von Weizsäcker spricht deshalb von der mensch-
lichen Existenz als einer „pathischen Existenz“, in der
Erleiden und Entscheiden Hand in Hand gehen. Der
Mensch gestaltet sein Leben über das Müssen,
Sollen, Wollen, Können und Dürfen und jede dieser
fünf Dimensionen steht im Diskurs mit den anderen.
Selbstreflexion, Abwägen und Entscheiden sind ver-
langt, wenn es um die eigene Heilung geht.
Was ich muss, will und kann ich vielleicht nicht.
Was ich kann, soll oder darf ich nicht.
Was ich darf, muss und sollte ich möglicherweise nicht,
Der Kranke, der nach wochenlangem Liegen endlich
aufstehen darf, spiegelt die befreiende Freude des
Dürfens im Gesicht aus. Das Dürfen kennt seinen
Schatten, das Unerlaubte, die Grenzen, die Verbote!
Aber das Recht, leben zu dürfen und gegen alle
Widerstände ein freier Mensch werden zu wollen und
zu dürfen, ist im Prinzip eine grenzenlose Aufforderung.
Wenn sich das Dürfen mit dem Wollen und Können
verbündet und auch noch das ist, was wir müssen und
sollten, dann ist es kaum auszuhalten. Dieser letzte
Absatz stammt aus einem Beitrag von Annelie Keil.
Mein Mann und ich danken dem Hospiz Verein und der
Seniorenbeauftragten der Stadt Leipzig als gemein-
same Veranstalter für den schönen Abend und ich sage
frei nach Annelie Keil:
Sie, liebe Leserinnen und Leser, können sich nach der
Lektüre überlegen, was Sie nicht mehr müssen, was Sie
schon lange mal wollten, was Sie immer noch können,
was Sie eigentlich sollten und was Sie sich endlich mal
erlauben, weil Sie es dürfen.
Irmgard Gruner, 78 Jahre alt
Einmal mehr wurde für mich beim Gespräch zum Film BEING THERE – DA SEIN in
Leipzig das bestätigt, was ich inzwischen schon so oft erleben durfte. Durch den
Film bekam ich die Möglichkeit viele Menschen kennen zu lernen, die sich um
sterbende Menschen kümmern. Was diesen Menschen, überall wo ich ihnen
begegnet bin, gemeinsam ist, ist ihre große Herzlichkeit, verbunden mit
Lebensfreude, was ich als Zeichen deute und für mich als Anregung nehme, dass
diese Menschen sich durch die Nähe zum Tod der Bedeutung ihrer Lebendigkeit
im Hier und Jetzt so sehr bewusst sind.
Für diese kostbaren Begegnungen bin ich allen Menschen, denen ich in Leipzig
begegnen durfte, sehr dankbar.
Thomas Lüchinger, Künstler und Regisseur, Filmemacher von
„BEING THERE – DA SEIN“
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Almut Grabner, Mitarbeiterin im Sozialen Dienst der Gehörlosengemeinde Leipzig
berichtet über den
PFLEGEKURS FÜR GEHÖRLOSE 2018
Anfang September 2018 startete zum dritten Mal der
jährlich stattfindende „Pflegekurs für Gehörlose“ beim
Pflegenetzwerk e.V.
Dieser Kurs behandelte ver-
schiedene Inhalte zur „Pflege
in der Häuslichkeit“.
Dank jeweils zweier kompeten-
ter und empathischer Gebär-
densprachdolmetscherinnen
konnte das Gesprochene ver-
ständlich für die gehörlosen Teilnehmer und Teilneh-
merinnen übersetzt werden.
Die Gruppe setzte sich aus 14 Personen zusammen, die
teilweise selbst Angehörige pflegen oder interessiert
waren.
Die Kursleiterin Jaqueline Mann ist selbst Altenpfle-
gerin und Pflegeberaterin und konnte dadurch anhand
vieler praktischer Beispiele anschaulich durch die ver-
schiedenen Themengebiete führen.
Wir begannen in der ersten Sitzung mit einer Ein-
führung zum Pflegebegriff und zur Bedeutung der
Pflege sowohl für die Pflegebedürftigen als auch für die
pflegenden Personen.
In den nächsten Wochen vertieften wir unser Wissen
der Pflege bei Bettlägerigkeit und Inkontinenz. Außer-
dem besprachen wir Demenz und diskutierten über
verschiedene Möglichkeiten, sich selbst etwas Gutes zu
tun und für die eigene Entspannung zu sorgen.
Wir bekamen auch Besuch von externen Referentinnen.
Eine Mitarbeiterin der AOK erklärte die gesetzlichen
Regelungen bezüglich der Pflege. Außerdem wurden wir
von Frau Schwennicke vom Hospizverein Leipzig e.V.
und von Frau Behr von Bestattungen Dunker ausführlich
zu den Themen Ende des Lebens, Vorsorgevollmacht,
Patientenverfügung und Bestattungsvorsorge infor-
miert.
Bei einem Besuch im Sanitätshaus OrthoVital konnten
wir nun selbst sehen und ausprobieren, welche ver-
schiedenen Hilfsmittel es für Pflegebedürftige und ihrer
Pflegenden gibt.
Der Pflegekurs war sehr anschaulich und verständlich
gestaltet.
Nicht zuletzt gelang das, weil Frau Mann in Zusam-
menarbeit mit den Dolmetscherinnen sehr gut auf die
Fragen und Anmerkungen der Teilnehmer und Teilneh-
merinnen eingehen konnte.
Zwischendurch waren immer genug Pausen zum Luft
holen. Aber auch durch Kaffee, Kuchen oder Kekse wur-
de die Stimmung zu den teilweise sehr schweren
Themen aufgelockert.
Vielen Dank an dieser Stelle an alle Mitwirkenden
des Pflegekurses für Gehörlose.
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Benefizkonzert
zugunsten der ambulanten Hospizarbeit des Hospiz Verein Leipzig e. V.
am 27. Januar 2019 um 15:00 Uhr im Musiksalon des Mendelssohn-Hauses
Goldschmidtstraße 12, 04103 Leipzig
„Den Himmel zu erringen ist etwas Herrliches und Erhabenes,
aber auch auf der lieben Erde ist es unvergleichlich schön.
Darum lasst uns Mensch sein.“ W. A. Mozart
Es erklingen das Klaviertrio G-Dur von W. A. Mozart KV 564 und dasKlaviertrio XXI in C-Dur von J. Haydn.
Es musizieren am Piano Hans-Rudi Fischer, am Cello Helmut Wegnerund an der Violine Olaf Unger.
Umrahmt wird dieses Konzert von ausgewählten Texten und Gedichten, die von denSchauspielerinnen Ingeborg Wolff und Corinna Waldbauer vorgetragen werden
WIR SAGEN DANKEALLEN SPENDERN, MITGLIEDERN und EHRENAMTLICHEN HELFERN
SPENDEN STATT SCHENKEN: wenn Sie anlässlich Ihrer Familienfeier oder aus anderem
Anlass um eine Spende für den Hospizverein bitten wollen, dann unterstützen wir Sie gerne
mit einer Spendendose und Formularen. Rufen Sie uns an!
SPENDEN AN STELLE VON BLUMEN anlässlich der Trauerfeier für Christa Adam hatte sich
deren Tochter gewünscht. Für die Großzügigkeit danken wir herzlich.
ZUM DOPPELGEBURTSTAG erbaten sich Hans Probst und Peter Wilczynski Spenden für den
Hospiz Verein. Danke an sie und ihre Geburtstagsgäste!
ZUR HOCHZEIT wünschten sich unsere Ehrenamtliche Lena Seehausen und ihr Mann Markus Süß keine
Geschenke, sondern ebenfalls finanzielle Unterstützung für den Hospiz Verein; diesem Wunsch folgten die
zahlreichen Gäste offensichtlich sehr gern.
FÜR DIE GESTALTUNG VON BENEFIZVERANSTALTUNGEN im Mendelssohn Haus und in der Michaeliskirche
danken wir den Künstlern für ihren uneigennützigen Einsatz und den Besuchern für ihr Interesse und ihre
Freigiebigkeit.
DIE FIRMA FAIRGOURMET GMBH mit Direktor D. Knaak sponserte zum
Jubiläum das Catering mit DANK-Wagen und Grillstation samt Auf- und
Abbau. Den Verkauf meisterten Steffen Lehmann und Dirk Löffler mit ihrem
freundlichen und rührigen Team.
BÄCKERMEISTER DAVID GLOWKA aus Leipzig stellte uns mit Unterstützung
seiner Eltern, Dieter Glowka und Frau Louise aus Delitzsch, 280 Stück
Kuchen für das Jubiläumsfest zur Verfügung. Roland Haase aus dem
Vorstand hat mitgebacken und den Kuchen zum Festgelände transportiert.
BUßGELDER wurden dem Verein erneut vielfach zugesprochen.
Wir bedanken uns bei allen, die Anteil daran haben.
UNSEREN NEUEN AUFSTELLER hat Bianca Wurzbach gestaltet. Und Sabine Rehfeld fotografiert für uns.
Herzlichen Dank!
WERDEN SIE MITGLIED im Hospiz Verein Leipzig e.V.
Damit können Sie die Arbeit des Hospiz Vereins
unterstützen und den wichtigen Hospizgedanken weiter
tragen.
Ein Antragsformular erhalten Sie im Verein oder finden
dieses auf unserer Homepage zum Download.
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SPENDENKONTONUMMER
Hospiz Verein Leipzig e.V., Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE 15 8602 0500 0003 557500
BIC: BFSWDE 33 LPZ
Verwendungszweck „Hospiz Verein Leipzig e.V.
KONTAKT & IMPRESSUM
Hospiz Verein Leipzig e.V.
Kommandant-Prendel-Allee 97, 04299 Leipzig
Telefon: 0341-463 719 42/43 Fax: 0341-463 719 44Mail: [email protected]
www.hospizverein-leipzig.de
Redaktion/Gestaltung: B&C Jacobi, Dorothea Schwennicke
Aquarelle: Esther Bartning
OFFENE ABENDE UND TERMINE 2019
11. Januar, 18:00 Uhr ABSCHIEDSRITUAL
für die ehrenamtlichen Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleiter
27. Januar, 15:00 Uhr BENEFIZKONZERT UND LESUNG
Ort: Musiksalon im Mendelssohnhaus, Goldschmidtstraße 12, 04103 Leipzig
14. Februar, 19:30 Uhr OFFENER ABEND
„Wir über uns“Der Hospiz Verein Leipzig stellt sich mit seinen Angeboten vor.
Für einen kleinen Imbiss wird gesorgt.
28. März, 19:30 Uhr OFFENER ABEND
Palliativmedizinische Versorgung urologischer Tumorerkrankungen
mit Chefarzt Dr. med. Jörg Raßler, Abt. für Urologie am St. Elisabeth Krankenhaus
16. Mai 2019 OFFENER ABEND
„Das Totentanz Café“;
Vorbild ist das „Café Mortel“, gegründet vom Schweizer
Bernard Crettaz. In England nennt es sich „Death Café“ und die deutsche Variante
ganz leicht: „Totentanz Café“. An diesem Abend soll das Konzept von den
Gründerinnen vorgestellt werden.
Für einen kleinen Imbiss wird gesorgt.
15. Juni, 8:30 – 17:00 Uhr 9. SÄCHSISCHER HOSPIZ-UND PALLIATIVTAG
des Landesverbandes für Hospizarbeit und Palliativmedizin
„Alle(s) im Blick?“
Ort: Deutsches Hygiene-Museum Dresden, Lingnerplatz 1, 01069 Dresden
27. Juni, ab 18:00 Uhr SOMMERFEST im Garten der Villa Auguste gGmbH
Wir freuen uns über kulinarische Beiträge zum Buffet.
im August 2019 BEGINN DER HOSPIZBEGLEITERSCHULUNG
03. September, 19:00 OFFENER ABEND IM OBERLICHTSAAL DER STADTBIBLIOTHEK
11. September ab 9:00 8. PALLIATVFACHTAG IM KLOSTER NIMBSCHEN
im Herbst 2019 Filmreihe „FILME VOM ABSCHIED“ in den Passage Kinos
Die Termine zu unseren Informationsveranstaltungen „PATIENTENVERFÜGUNG UND VORSORGEVOLLMACHT“
entnehmen Sie bitte der Homepage oder Sie fragen bei uns nach.
Wenn nicht anders angegeben, finden alle Veranstaltungen im Seminarraum des Hospiz Vereins Leipzig statt.
ACHTUNG: Bei sehr großer Nachfrage wechseln wir u.U. kurzfristig die Räumlichkeiten.
Bitte informieren Sie sich deshalb zuvor noch einmal im Internet oder Sie rufen einfach bei uns an!