hygieneanforderungen an die produktion - bioregio · pdf fileen iso 14698-1, anhang c...
TRANSCRIPT
Institut für Textil- und Verfahrenstechnik
Hygieneanforderungen an die Produktion
Dipl.-Bio. Evi Held-FöhnITV Denkendorf
© ITV Denkendorf
?
Produktion im Reinraum gefordert?
Welche Reinraumklasse?
Welche Gesetzesgrundlagen?
Was gehört alles zur Produktionshygiene?
Wie funktioniert ein Hygienemonitoring ?
© ITV Denkendorf
Gesetzliche Grundlagen
� MPG § 4: „Es ist verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen,……, wenn der begründete Verdacht besteht, dass sie die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten….gefährden…“
� 93/42/EWG, Anhang I, 8.1: „Die Produkte und ihre Herstellungsverfahren müssen so ausgelegt sein, dass das Infektionsrisiko für Patienten, Anwender und dritte ausgeschlossen oder soweit wie möglich verringert wird.
� 93/42/EWG, Anhang I, 8.5: „Produkte, die sterilisiert werden sollen, müssen unter angemessenen überwachten Bedingungen (z.B. Umgebungsbedingungen) hergestellt sein.“
© ITV Denkendorf
Gelten die GMP-Richtlinien?
� Historie: − 1969 GMP-Richtlinien für die Herstellung von
Arzneimitteln (durch die WHO)− 1975 GMP wird für Medizinprodukte in England, den
USA und den skandinavischen Ländern verbindlich;in Deutschland freiwillige Überwachung nach GMP
− 1988 sterile Medizinprodukte gelten als Arzneimittel− 1993 EU-Richtlinie für Medizinprodukte− 1995 Umsetzung in nationales Recht
(Medizinproduktegesetz)
© ITV Denkendorf
Gelten die GMP-Richtlinien?
Medizinprodukte unterliegen formal nicht den GMP-Richtlinien
Kontroverse Diskussion, ob Medizinprodukte nach der GMP -Definition nicht doch als Arzneimittel zu sehen sind
Die meisten Auditoren orientieren sich an den GMP-Richtlinien als Stand der Technik
© ITV Denkendorf
Produktion im Reinraum obligatorisch?
die Produktion von Medizinprodukten im Reinraum ist nicht explizit gefordert
häufig sind die Produktanforderungen an zu sterilisierende Produkte aber nur bei einer Produktion im Reinraum zu erreichen
die meisten Medizinprodukte werden in Reinräumen der Klasse D (ISO 8) produziert und verpackt
© ITV Denkendorf
Definition Reinraum
Definition nach DIN EN ISO 14644-1 und VDI 2083:
Raum mit definierter Konzentration luftgetragener Partikel, der so konstruiert undverwendet wird, dass die Anzahl der in denRaum eingeschleppten bzw. im Raum entstehenden und abgelagerten Partikel kleinstmöglich ist und in dem andere reinheitsrelevante Parameter wie Temperatur, Feuchte und Druck nach Bedarf geregeltwerden.
© ITV Denkendorf
Reinraumklassifizierung
ISO-Klassifizierung
Klassifizierung nach EU-GMP-Leitfaden
Quelle: Schicht et al., GMP-Berater Reinraum, 2. Auflage© ITV Denkendorf
Reinraumanforderungen
Quelle: Schicht et al., GMP-Berater Reinraum, 2. Auflage
Im Unterschied zu rein technischen
Anwendungen ist für medizinische und pharmazeutische
Anwendungen nicht nur die Partikelzahl, sondern
auch die
Keimzahlvon Bedeutung!
© ITV Denkendorf
Medizinprodukteproduktion im Reinraum
Keimbelastung so gering wie möglich!
→ Einfluss auf Sterilisation→ Belastung mit Endotoxinen minimal halten
ProduktsicherheitPatientensicherheit
© ITV Denkendorf
Partikelbelastungsquellen im Reinraum
Reinraumtechnik (Klimatechnik)ReinraumbekleidungMaschinenWerkzeuge
PersonalschulungReinigung/ Desinfektion
Quelle Basisabb.: www.dpp-europe.com
© ITV Denkendorf
Der Mensch als Kontaminationsquelle
Niesen : 10.000 bis 1.000.000 Keime
Trockene Haut: 100-1000/ cm2
Kopfhaut: 1.500.000/ cm2
Achselhöhle: 2.000.000/ cm2
Nasensekret: 1.000.000 bis 10.000.000 pro ml
Der Mensch verliert jeden Tag 40-100 Haare
Der Mensch verliert täglich 109 Hautzellen
© ITV Denkendorf
Produktionshygienekonzept
� Räumliche und bauliche Elemente− Grundriss, Lage, Größe
− Raumlufttechnik, Klimatisierung
− Schleusenkonzept− Materialien von Fußböden,
Wänden, Decken, Mobiliar− Installationen/
Medienversorgung− Packmittel− Prozessmedien− Maschinen
� Reinigung und Desinfektion− Flächen− Bekleidung− Reinigungs- und
Desinfektionsmittel
� Personal
− Bekleidung− Hygienisches Verhalten
(Schulung, Kontrolle)− Gesundheit der
Mitarbeiter
� Monitoring− Luft− Oberflächen− Bioburden (Endprodukt)− Personal− Partikelzahl− Prozessmittel (Wasser/
Gase)− Ungezieferkontrolle
(Pest control)
� Organisatorisches− Hygieneplan− Bekleidungsvorschrift− Trendanalysen− Probenahmeplan Monitoring© ITV Denkendorf
Bekleidung
Reinraumklasse A/B D
Kleidung Overall; Ärmel und Hosenbeine in Handschuhe bzw. Stiefel gesteckt
Schutzmantel; lange Hosenbeine
Material Synthetische Fasern, sterilisierbar
Baumwolle oder BW-PES-Mischgewebe
Kopfhauben Integrierte Kapuze und Kragen; gleiches Material wie Overall
Einmalprodukt; Vliesgewebe
Mundschutz/ Bartbinden
Steril, permanentes Tragen
Bartträger
Schuhe Überziehstiefel, sterilisierbar
Produktionsschuhe oder Überziehschuhe
Bekleidungsvorschrift (für jede Zone): Festlegung u nd Kennzeichnung der Bekleidung, Reihenfolge des An- und Auskleidens, korrekter Sitz, Wechselturnus
© ITV Denkendorf
Packmittel
Keine Kartonagen, da Schimmelpilzsporenträger…
…sondern spezielle Reinraumverpackungen
© ITV Denkendorf
Reinigung und Desinfektion
� Wesentlicher Bestandteil des Hygieneplans
� liegt auch bei Outsourcing in der Verantwortung des Medizinprodukteherstellers
� geeignetes Desinfektionsmittel auswählen (Materialverträglichkeit? Rückstände? Einwirkzeit? Standzeit? Wirkungsspektrum? Arbeitssicherheit? Umweltverträglichkeit?)
� mehrere Desinfektionsmittel im Wechsel ; ggf. „Notfalldesinfektionsmittel“ gegen Bakteriensporen
� Regelmäßige mikrobiologische Kontrollen
� Herstellung muss validiert sein; bei Reinraumklasse A/B sterile Desinfektionsmittel (Kauf ↔ Selbstherstellung)
� Desinfektionsmittel sollten VAH gelistet sein
� Anwendung nur nach Belehrung (Arbeitssicherheit, korrektes Ansetzen der Mittel)© ITV Denkendorf
Monitoring: Luftkeimzahl
� DIN EN ISO 14698-1, Anhang A
� Empfohlene Grenzwerte: EU-GMP-Leitfaden, Anhang 1 (Produktion steriler Arzneimittel)
� Erfassung lebensfähiger Partikel
� Passive Probenahmegeräte− Sedimentationsverfahren
� Aktive Probenahmegeräte− Filtrationsverfahren− Trägheitsabscheidungsverfahren
• Impingementverfahren• Impaktionsverfahren
� Ergebnisse sehr methodenabhängig
� Nachteil: aussagekräftige Ergebnisse erst nach Tagen© ITV Denkendorf
Impaktionsverfahren
� Prinzip: definiertes Luftvolumen wird angesaugt und die Partikel beschleunigt. Sie scheiden sich aufgrund der Massenträgheit auf einem Nährboden ab.
� Vorteile:− definiertes Luftvolumen− einfaches Verfahren− mikrobiologische Keimidentifizierung möglich− Selektivität des eingesetzten Agars
� Nachteile:− „Sammelstress“− Überbelegung der Agaroberfläche− keine Langzeiterfassung möglich
� Variationen:− Zentrifugalsammler− Schlitzsammler − Lochplattensammler
� Gerätevalidierung (Bestimmung des Sammelwirkungsgrades)siehe DIN EN ISO 14698-1, Anhang B
Quelle: Merck Millipore
Lochplattensammler MAS-100
Quelle: MBV AG, Schweiz, Hans Zingre
© ITV Denkendorf
Monitoring: Oberflächenkeimzahl
� Keimzahlkontrolle von Oberflächen und Personal
� EN ISO 14698-1, Anhang C
� Empfohlene Grenzwerte: EU-GMP-Leitfaden, Anhang 1 (für produktberührende Flächen)
� Empfehlung: Festlegung von Flächen nach Risiko (z.B. produktberührend, Arbeitsflächen, Fußböden)
� Methoden:
− Tupfermethode
− Abklatschmethodemit festen Nährmedien
− Handwaschmethode(Abspülverfahren)
© ITV Denkendorf
Keimspektrum bei Umgebungskontrollen
Im Rahmen des Monitorings sollten Keime zumindest bei Grenzwertüberschreitungen (durch artgleiche Keime) identifiziert werden
Hinweise auf Ursache/ Herkunft der Kontamination
Hinweise auf problematische Sporenbildner
Quelle: Schicht et al., GMP-Berater Reinraum, 2. Auflage
© ITV Denkendorf
Wichtige Bakterien aus Monitoring-Proben
Micrococcus luteus� macht ca. 1/3 der gefundenen
Keime aus� typischer „Luftkeim“ und normale
Hautflora des Menschen� meist kräftig gelbe Kolonien
Staphylokokken� machen ca. 1/3 der gefundenen
Keime aus� typische Keime der menschlichen
Haut und Schleimhaut� S. epidermidis, S. hominis,
S. capitis
Bacillus spec.� Sporenbildner� Gram-positive, große Stäbchen� Habitat: Boden� typische Koloniemorphologie
© ITV Denkendorf
Bioburden-Prüfung
� Norm: DIN EN ISO 11737-1
� die Bestimmung des Bioburden wird durchgeführt, um Kenntnis über die mikrobielle Belastung eines Produkts (Wie viele? Welche Mikroorganismen?)
� wichtige Prüfung im Rahmen der Sterilisationsvalidierung
� Prinzip: Ablösen der Keime + Membranfiltration
� sehr arbeitsintensive produktspezifische Validierung:− Auswahl der Nährmedien und Kulturbedingungen nach den zu erwartenden
Mikroorganismen− Bestimmung der Wiederfindungsrate− Einfluss des Eluierungsmittels auf das Wachstum− Nachteilige Auswirkungen der physikalischen Belastung durch das Ablöseverfahren− Freisetzung von Substanzen, die die Keimbelastung beeinträchtigen können
© ITV Denkendorf
Ungezieferkontrolle (Pest control)
dazu gehören im Umgebungsbereich der Reinräume z.B.:
� Insektenklebefallen für fliegendes Ungeziefer
� Köderfallen für kriechendes Ungeziefer
� Fenster geschlossen halten
� Fliegengitter
� Köder-, Schlag- oder Lebendfallen für Nager
� Lebendfallen und sachgerechte „Entsorgung“ für geschützte Tiere z.B. Siebenschläfer
EU-GMP-Leitfaden: “Die Räumlichkeiten sollten so ausgelegt und ausgestattet sein, dass der größtmögliche Schutz gegen das Eindringen von Insekten oder anderen Tieren gewährleistet ist.“
© ITV Denkendorf