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ifo Jahresbericht 2016 31 Steigender Grenzsteuersatz bei geringen und mittleren Einkommen ifo Zentrum für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie Verbindendes Forschungsthema des ifo Zentrums für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie ist die Finanzpolitik, die Entwicklung der öffentlichen Haushal- te auf nationaler oder lokaler Ebene und die politische Ökonomie. Die Untersuchungen umfassen modellthe- oretische und empirische Analysen und beziehen inter - nationale Erfahrungen mit ein. Konkret befassen sich die Aktivitäten mit der Staatsverschuldung in Deutschland und Europa, der Evaluierung der Fiskal- und Steuerpo- litik und dem Fiskalföderalismus und lokalen Finanzen. Im Besonderen werden die Handlungsmotive von politi- schen Entscheidungsträgern aus Sicht des Public-Choice- Ansatzes und der politischen Ökonomie analysiert. Der Staatshaushalt wird sowohl bezüglich seiner kurzfristigen Entwicklung als auch im Hinblick auf die langfristige Tragfähigkeit und die Entwicklung der Ver- schuldung untersucht. Im Zuge der weltweiten Staats- schuldenkrise beschäſtigt sich der Bereich verstärkt mit Nachhaltigkeitsanalysen. In diesem Zusammen- hang begleitet der Bereich die öffentliche Diskussion zur Reform des deutschen Steuer- und Transfersystems mit Kommentaren und wissenschaſtlichen Analysen. Das ifo Zentrum für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie führt zudem das Ökonomenpanel von ifo und FAZ durch, in dem monatlich eine repräsentative Gruppe von Professoren der Volkswirtschaſt an deut- schen Universitäten zu gegenwärtigen wirtschaſtspo- litischen Themen befragt wird. Das Ziel ist, der Öffent- lichkeit eine differenziertere Sichtweise der Ansichten von Ökonomen zu relevanten Herausforderungen in Deutschland zu präsentieren. Im Jahr 2016 abgeschlossene Projekte die Beseitigung des Mittelstandsbauchs – Varianten und kosten F. Dorn, C. Fuest, B. Kauder, L. Lorenz, M. Mosler für die INSM – Initiative Neue Soziale Marktwirtschaſt GmbH, Juli 2016 bis November 2016, Veröffentlichung als ifo Forschungsbericht Nr. 77, ifo Institut, München, 2016, und im ifo Schnelldienst 70(9), 2017. Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaſt hat das ifo In- stitut mit der Erstellung einer Studie zum sogenannten Mittelstandsbauch im deutschen Einkommensteuer- tarif beauſtragt. Der Mittelstandsbauch führt bei ge- ringen und mittleren Einkommen zu einem schnell steigenden Grenzsteuersatz, weshalb der Mittelstand in der öffentlichen Debatte oſt als derjenige Teil der Ge- sellschaſt angesehen wird, der einen besonders großen Teil der staatlichen Abgaben trägt. Die Studie zeigt kon- krete Reformoptionen auf und quantifiziert die Auswir- kungen auf Steuerzahler und öffentliche Haushalte mit Hilfe des ifo-Einkommensteuer-Simulationsmodells. Mögliche Ansätze zur Abflachung des Mittelstands- bauchs sind die stufenweise Erhöhung des Einkom- menseckwerts, der den Beginn der zweiten Progressi- onszone markiert (Reformoption I), die Erhöhung der Einkommensschwelle, ab der der Spitzensteuersatz greiſt (Reformoption II) und eine Kombination dieser beiden Varianten als Parallelverschiebung der beiden Grenzen (Reformoption III). Für die Reformoption I ergeben die Berechnungen für eine »moderate« Abflachung des Mittelstandsbauchs (Erhöhung um 5.000 EUR) eine Steuerentlastung von insgesamt 15,7 Mrd. EUR. Eine komplette Abfla- chung des Mittelstandsbauchs (Rechtsverschiebung um 11.011 EUR) ergibt eine Steuerentlastung von 31,4 Mrd. EUR. Obwohl alle Steuerzahler bessergestellt werden, profitiert auf individueller Ebene die einkom- mensstarke Mittelschicht im siebten Einkommensde- zil mit einem Bruttoeinkommen zwischen 31.993 EUR und 62.447 EUR relativ gesehen am stärksten. Die Entlastungswirkung in der Reformoption II für eine »mittlere« Rechtsverschiebung der Einkommens- schwelle um 5.000 EUR, ab der der Spitzensteuersatz greiſt, beläuſt sich auf 3,7 Mrd. EUR. Für eine »starke« Rechtsverschiebung dieses Wertes (um 25.000 EUR) ergeben die Berechnungen eine Steuerentlastung von 14,7 Mrd. EUR. Die individuelle Entlastungswir- kung unter Reformoption II verschiebt sich etwas zugunsten höherer Einkommen und ist im achten Einkommensdezil mit einem Bruttoeinkommen von 62.448 EUR bis 113.532 EUR relativ gesehen am stärksten. In der Kombination der beiden Rechtsverschiebungen in Reformoption III ergibt sich für eine »moderate« Verschiebung beider Werte um 5.000 EUR eine Steuer- entlastung von 19,0 Mrd. EUR, womit die Steuerquote in etwa auf dem Wert des Jahres 2014 gehalten wer- den könnte. Eine »starke« Verschiebung beider Werte um 11.011 EUR resultiert in einer Steuerentlastung von 37,0 Mrd. EUR. Unter der dritten Reformoption Modellrechnungen für Steuer- entlastungen …

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Page 1: ifo Zentrum für öffentliche Finanzen und politische …Umfrageergebnisse zeigen, dass bei größeren Unternehmen und bei Unter-nehmen mit guter Geschäftslage die Schenkungswahr-scheinlichkeit

ifo Jahresbericht 2016 31

Steigender grenzsteuersatz bei geringen und mittleren Einkommen

ifo Zentrum für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie

Verbindendes Forschungsthema des ifo Zentrums für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie ist die Finanzpolitik, die Entwicklung der öffentlichen Haushal-te auf nationaler oder lokaler Ebene und die politische Ökonomie. Die Untersuchungen umfassen modellthe-oretische und empirische Analysen und beziehen inter-nationale Erfahrungen mit ein. Konkret befassen sich die Aktivitäten mit der Staatsverschuldung in Deutschland und Europa, der Evaluierung der Fiskal- und Steuerpo-litik und dem Fiskalföderalismus und lokalen Finanzen. Im Besonderen werden die Handlungsmotive von politi-schen Entscheidungsträgern aus Sicht des Public-Choice-Ansatzes und der politischen Ökonomie analysiert.

Der Staatshaushalt wird sowohl bezüglich seiner kurzfristigen Entwicklung als auch im Hinblick auf die langfristige Tragfähigkeit und die Entwicklung der Ver-schuldung untersucht. Im Zuge der weltweiten Staats-schuldenkrise beschäftigt sich der Bereich verstärkt mit Nachhaltigkeitsanalysen. In diesem Zusammen-hang begleitet der Bereich die öffentliche Diskussion zur Reform des deutschen Steuer- und Transfersystems mit Kommentaren und wissenschaftlichen Analysen.

Das ifo Zentrum für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie führt zudem das Ökonomenpanel von ifo und FAZ durch, in dem monatlich eine repräsentative Gruppe von Professoren der Volkswirtschaft an deut-schen Universitäten zu gegenwärtigen wirtschaftspo-litischen Themen befragt wird. Das Ziel ist, der Öffent-lichkeit eine differenziertere Sichtweise der Ansichten von Ökonomen zu relevanten Herausforderungen in Deutschland zu präsentieren.

Im Jahr 2016 abgeschlossene Projekte

die Beseitigung des Mittelstandsbauchs – Varianten und kostenF. Dorn, C. Fuest, B. Kauder, L. Lorenz, M. Mosler für die INSM – Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft GmbH, Juli 2016 bis November 2016, Veröffentlichung als ifo Forschungsbericht Nr. 77, ifo Institut, München, 2016, und im ifo Schnelldienst 70(9), 2017.

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft hat das ifo In-stitut mit der Erstellung einer Studie zum sogenannten Mittelstandsbauch im deutschen Einkommensteuer-

tarif beauftragt. Der Mittelstandsbauch führt bei ge-ringen und mittleren Einkommen zu einem schnell steigenden Grenzsteuersatz, weshalb der Mittelstand in der öffentlichen Debatte oft als derjenige Teil der Ge-sellschaft angesehen wird, der einen besonders großen Teil der staatlichen Abgaben trägt. Die Studie zeigt kon-krete Reformoptionen auf und quantifiziert die Auswir-kungen auf Steuerzahler und öffentliche Haushalte mit Hilfe des ifo-Einkommensteuer-Simulationsmodells. Mögliche Ansätze zur Abflachung des Mittelstands-bauchs sind die stufenweise Erhöhung des Einkom-menseckwerts, der den Beginn der zweiten Progressi-onszone markiert (Reformoption I), die Erhöhung der Einkommensschwelle, ab der der Spitzensteuersatz greift (Reformoption II) und eine Kombination dieser beiden Varianten als Parallelverschiebung der beiden Grenzen (Reformoption III).

Für die Reformoption I ergeben die Berechnungen für eine »moderate« Abflachung des Mittelstandsbauchs (Erhöhung um 5.000 EUR) eine Steuerentlastung von insgesamt 15,7 Mrd. EUR. Eine komplette Abfla-chung des Mittelstandsbauchs (Rechtsverschiebung um 11.011 EUR) ergibt eine Steuerentlastung von 31,4 Mrd. EUR. Obwohl alle Steuerzahler bessergestellt werden, profitiert auf individueller Ebene die einkom-mensstarke Mittelschicht im siebten Einkommensde-zil mit einem Bruttoeinkommen zwischen 31.993 EUR und 62.447 EUR relativ gesehen am stärksten. Die Entlastungswirkung in der Reformoption II für eine »mittlere« Rechtsverschiebung der Einkommens-schwelle um 5.000 EUR, ab der der Spitzensteuersatz greift, beläuft sich auf 3,7 Mrd. EUR. Für eine »starke« Rechtsverschiebung dieses Wertes (um 25.000 EUR) ergeben die Berechnungen eine Steuerentlastung von 14,7 Mrd. EUR. Die individuelle Entlastungswir-kung unter Reformoption II verschiebt sich etwas zugunsten höherer Einkommen und ist im achten Einkommensdezil mit einem Bruttoeinkommen von 62.448 EUR bis 113.532 EUR relativ gesehen am stärksten.

In der Kombination der beiden Rechtsverschiebungen in Reformoption III ergibt sich für eine »moderate« Verschiebung beider Werte um 5.000 EUR eine Steuer-entlastung von 19,0 Mrd. EUR, womit die Steuerquote in etwa auf dem Wert des Jahres 2014 gehalten wer-den könnte. Eine »starke« Verschiebung beider Werte um 11.011 EUR resultiert in einer Steuerentlastung von 37,0 Mrd. EUR. Unter der dritten Reformoption

Modellrechnungen für Steuer- entlastungen …

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… zur Abflachung des »Mittelstandsbauchs«

IFo ZEntRuM FüR ÖFFEntlICHE FInanZEn unD PolItISCHE ÖKonoMIE

sind die individuellen Entlastungswirkungen deut-lich größer als in den vorhergehenden Szenarien. Dennoch sind es nicht die Spitzenverdiener, sondern Individuen im achten Einkommensdezil mit einem Bruttoeinkommen von 62.448 EUR bis 113.532 EUR, die relativ am stärksten von der Tarifreform profitie-ren würden.

Abflachung des eigentlichen Mittelstandsbauchs, tarifanpassung

Quelle: Berechnungen des ifo Instituts.

Heimliche Steuererhöhungen – Belastungs- wirkungen der kalten Progression und Entlastungswirkungen eines Einkommen- steuertarifs auf rädern F. Dorn, C. Fuest, B. Kauder, L. Lorenz, M. Mosler, N. Potrafke für die FDP-Fraktionsvorsitzendenkonfe-renz, Juni 2016 bis Oktober 2016, Veröffentlichung als ifo Forschungsbericht Nr. 76, ifo Institut, München, 2016; im ifo Schnelldienst 70(2), 2017, und ifo Schnell-dienst 70(3), 2017.

Die Kalte Progression schwächt die Verteilungswirkun-gen des Steuersystems und führt zu einer Ausweitung der Steuerquote, die sich der demokratischen Kontrol-le entzieht. In der öffentlichen Debatte wird zumeist auf die Kalte Progression im engeren Sinne fokussiert, die lediglich den Effekt steigender Preise berücksich-tigt. Diese Kalte Progression im engeren Sinne allein führte zu Steuermehreinnahmen von 33,5 Mrd. EUR im Zeitraum von 2011 bis 2016. Berücksichtigt man auch den Effekt steigender Reallöhne (Kalte Progression im weiteren Sinne), ergeben sich in diesem Zeitraum auf-summiert Steuermehreinnahmen von 70,1 Mrd. EUR.

Die Belastungswirkungen durch die Kalte Progressi-on sind nicht gleich über die Einkommensteuerzahler verteilt. Besonders Einkommensteuerzahler im Be-reich geringer und mittlerer Einkommen leiden unter der Kalten Progression.

Jährlicher aufwuchs der Kalten Progression

Quelle: Berechnungen des ifo Instituts.

Die Kalte Progression im engeren Sinne verursacht einen Anstieg des Einkommensteueraufkommens im Zeitraum 2017 bis 2030 von insgesamt 314,9 Mrd. EUR. Möchte man die Steuerquote konstant halten, be-trachtet man also die Kalte Progression im weiteren Sinne, so liegen die kumulierten »heimlichen« Steu-ermehreinnahmen gar bei 433,6 Mrd. EUR. Als Reakti-on schlägt die Studie die Einführung eines »Tarifs auf Rädern« vor, bei dem die Steuertarifparameter und Progressionszonen an die Inflation und das Wachs-tum der Realeinkommen gekoppelt sind, um die Steu-erquote ceteris paribus konstant zu halten. Auch bei einem Tarif auf Rädern wachsen die Staatseinnahmen weiter an: Sogar bei einer Berücksichtigung der Kal-ten Progression im weiteren Sinne steigen sie noch proportional mit dem Wachstum von Preisniveau und Reallöhnen.

ökonomische Wirksamkeit der konjunktur-stützenden finanzpolitischen Maßnahmen der Jahre 2008 und 2009T.O. Berg, A. Hristov, B. Kauder, N. Potrafke, M. Reisch-mann, M. Riem, Chr. Schinke für die Fritz Thyssen Stif-tung, Juli 2013 bis Juli 2016.

»tarif auf Rädern«

0

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0 10 000 20 000 30 000 40 000 50 000 60 000 70 000 80 000 90 000

Originaltarif

Verschiebung um 6 000 Euro

Verschiebung um 11 011 Euro

Zu versteuerndes Einkommen in Euro

Grenzsteuersatz in %

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4,3

8,1

10,2

12,9

16,6

18,0

2,7

5,4

6,8 6,7 6,6

5,3

0

5

10

15

20

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Kalte Progression i.w.S.Kalte Progression i.e.S.

Mrd. Euro

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untersuchung zu den auswirkungen der Finanzkrise 2007–2008 und …

IFo ZEntRuM FüR ÖFFEntlICHE FInanZEn unD PolItISCHE ÖKonoMIE

Die Studie behandelt Themen zu den Ursprüngen und Auswirkungen der globalen Finanzkrise 2007–2008. Nach der Einleitung untersucht sie, warum autoritäre Regime im Vergleich zu Demokratien vor und nach der Finanzkrise eher in der Lage waren, größere Bestände an Währungs-reserven anzuhäufen. Die empirische Analyse zeigt, dass Wahlzyklen ausschließlich in Demokratien zu einer sig-nifikanten Reduzierung von Währungsreserven führten. Im Anschluss wird gezeigt, dass die Deregulierung der Bankenmindestreserve einen negativen Einfluss auf die Volatilität der M2-Geldmenge und der Inflationsrate hat. Dies könnte eine weitreichende Bedeutung haben, da die Mindestreserve in Form von Liquiditätsanforderun-gen ein Hauptbestandteil der Basel-III-Regulierung ist, die bis 2019 in Kraft treten soll. Schließlich wird der Frage nachgegangen, ob die Regierungsideologie in Zeiten von Globalisierung und Austeritätsprogrammen noch eine Rolle in der Wirtschaftspolitik spielt. Basierend auf einem Index, der die wirtschaftliche Freiheit für diverse Politik-felder misst, zeigt die Studie, dass rechte bzw. klassisch liberale Regierungen dazu tendieren, die wirtschaftliche Freiheit signifikant zu erhöhen, während sie unter linken bzw. sozialdemokratischen Regierungen stagniert. Zum Abschluss wird untersucht, warum deutsche und franzö-sische Top-Manager – auf dem Höhepunkt der Eurokrise – den Euro öffentlich in einer Anzeigenkampagne unter-stützten. Während die Firmeninteressen anscheinend keinen direkten Einfluss haben, verfügten die Unterstüt-zer der Euro-Kampagne über mehr Netzwerkkontakte zu Wirtschaftsverbänden und Politik. Dieses Ergebnis sug-geriert, dass führende Manager den Euro öffentlich unter-stützten, um ihr politisches Kapital zu EU- und nationalen Entscheidungsträgern zu wahren oder zu verbessern.

Essays on the Behavior of Firms and PoliticiansM. Riem, abgeschlossenes Promotionsprojekt, Veröf-fentlichung als ifo Beiträge zur Wirtschaftsforschung Nr. 73, ifo Institut, München, 2016.

Die Studie befasst sich mit der Frage nach dem Verhal-ten von Firmen und Politikern. Nach einer Einführung in die Thematik wird im ersten Teil ausgeführt, wie in-stitutionelle und politische Rahmenbedingungen das Verhalten von Firmen beeinflussen. Kapitel 2 untersucht den Einfluss von Schenkungen von Betriebsvermögen in deutschen Familienunternehmen. Umfrageergebnisse zeigen, dass bei größeren Unternehmen und bei Unter-nehmen mit guter Geschäftslage die Schenkungswahr-scheinlichkeit steigt. Kapitel 3 analysiert, wie sich politi-sche Unsicherheit auf Investitionsentscheidungen von

… zum Einfluss von Regierungsideologien auf die Wirtschafts-politik

Im Rahmen des Forschungsprojekts untersuchte das ifo Zentrum für öffentliche Finanzen und politische Öko-nomie zusammen mit dem ifo Zentrum für Konjunktur-forschung und Befragungen die konjunkturellen Effek-te der fiskalpolitischen Maßnahmen in Deutschland in den Jahren 2008 und 2009. In diesem Zeitraum wurden zwei große Konjunkturprogramme aufgelegt, um den negativen Auswirkungen der größten Rezession seit 1950 auf die deutsche Wirtschaft entgegenzuwirken. Ziel des Forschungsprojekts war es, die Auswirkungen der finanzpolitischen Maßnahmen auf die deutsche Konjunktur zu verstehen. Des Weiteren wurden polit-ökonomische Bestimmungsfaktoren im Kontext fis-kalpolitischer Kennziffern und Maßnahmen betrachtet und insbesondere die Verteilung von Finanzmitteln aus einem der Konjunkturpakete analysiert.

Das Forschungsprojekt war in zwei thematische Berei-che untergliedert. Im ersten Teil wurden die Effekte fis-kalischer Maßnahmen auf die Konjunktur in Deutsch-land herausgearbeitet und quantifiziert. Zudem wurde die Bedeutung von Unternehmenszuversicht als Trans-missionskanal für fiskalpolitische Maßnahmen unter-sucht. Im zweiten Teil wurde betrachtet, inwieweit die Vorhersagen über die Entwicklung von staatlichen Aus-gaben, Einnahmen und dem Finanzierungssaldo durch Wahlzyklen beeinflusst werden. Außerdem wurde der Frage nachgegangen, ob politökonomische Faktoren bei der Verteilung von Mitteln aus dem Konjunkturpa-ket eine Rolle gespielt haben.

Steuerliche Anreize für private entwicklungs- förderliche investitionen in Entwicklungsländern: Eine ökonomisch-finanzwissenschaftliche Sicht auf Basis steuerrechtlicher Analyse B. Kauder, M. Krause, N. Potrafke, M. Riem für das Bun-desministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Januar 2016 bis Juni 2016.

Die Studie lieferte einen fundierten Überblick über Op-tionen für steuerliche Anreize entwicklungsförderlicher deutscher Investitionen in Entwicklungs- und Schwellen-ländern, wobei vor allem die ökonomisch-finanzwissen-schaftliche Beurteilung dieser Optionen im Fokus stand.

Studies on issues in Political Economy since the Global Financial CrisisK. Jäger, abgeschlossenes Promotionsprojekt, Veröf-fentlichung als ifo Beiträge zur Wirtschaftsforschung Nr. 71, ifo Institut, München, 2016.

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Politische unsicher-heit verändert die

Selbsteinschätzung der unternehmen

IFo ZEntRuM FüR ÖFFEntlICHE FInanZEn unD PolItISCHE ÖKonoMIE

Unternehmen auswirkt. Im vierten Teil wird der Frage nachgegangen, ob politische Unsicherheit die Wahrneh-mung der Unternehmer über ihre aktuelle Geschäftsla-ge und zukünftige Geschäftsentwicklung beeinflusst. Kapitel 5 beschreibt, wie ideologische Orientierung Ein-stellungen und Handlungen von Politikern in Deutsch-land prägt, und Kapitel 6 behandelt die Fragestellung, ob Parteien Politiker, die in namentlichen Abstimmun-gen von der Parteilinie abweichen, bestrafen. Zum Abschluss der Studie wird untersucht, inwiefern unter-schiedliche ideologische Orientierungen der deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute die Politikberatung in der Gemeinschaftsdiagnose beeinflusst haben.

Wealth and Politics – Studies on inter Vivos transfers and Partisan Effects Chr. Schinke, abgeschlossenes Promotionsprojekt, Veröffentlichung als ifo Beiträge zur Wirtschaftsfor-schung Nr. 67, ifo Institut, München, 2016.

Die Studie behandelt Themen zu Vermögensübertra-gungen zwischen Generationen sowie zum Einfluss von ideologischer Orientierung und Wahlen auf Ein-kommensungleichheit, Haushaltskonsolidierung, Fi-nanzplanung und Politikberatung. Der erste Teil der Arbeit zeigt, dass bei größeren Unternehmen und bei Unternehmen mit guter Geschäftslage die Schen-kungswahrscheinlichkeit stieg. Auch durch die im Zuge der Erbschaftsteuerreform 2009 eingeführten Verschonungsabschläge für Betriebsvermögen ist die Schenkungswahrscheinlichkeit gestiegen. Der zweite Teil geht allgemeiner der Frage nach, wie die Steuer-reform 2009 das Schenkungsverhalten der Deutschen beeinflusst hat. Im Ergebnis zeigt sich keine signifikan-te Steigerung der Wahrscheinlichkeit von Schenkungen innerhalb der Kernfamilie, wohingegen die Wahrschein-lichkeit von Schenkungen an andere nahe Verwandte und nicht verwandte Personen um ca. 30 % gestiegen ist. Das dritte Kapitel behandelt das Zusammenspiel von Regierungsideologie, Globalisierung und dem Ein-kommensanteil der obersten Perzentile der Einkom-mensverteilung in OECD-Ländern. Das vierte Kapitel zeigt auf, dass Worte und Taten deutscher Landespo-litiker und -regierungen in Bezug auf Haushaltskonso-lidierung und Schuldenbremsen voneinander abgewi-chen sind. Die fünfte Analyse beschreibt, wie deutsche Landesregierungen ihre mehrjährige Finanzplanung im Vorfeld von Wahlen strategisch gestaltet haben. In ostdeutschen Bundesländern wurde die Staatsquote in Vorwahljahren systematisch unterschätzt.

Projekte in Bearbeitung

Verbesserung des Staatsschuldenmanagements in den Mitgliedstaaten der oiCB. Kauder, M. Mosler, N. Potrafke, M. Reischmann, M. Riem, S. Schönherr, G. Schulze, A. Steiner, T. Woll-mershäuser für das Ministry of Development of the Republic of Turkey (COMCEC Coordination Office), Juli 2016 bis März 2017.

Das Projekt untersucht die Entwicklung und das Ma-nagement der Staatsverschuldung in den Mitglied-staaten der Organisation für Islamische Zusammen-arbeit (Organization of Islamic Cooperation – OIC) und entwickelt Politikempfehlungen zur Verbesserung des Staatsschuldenmanagements.

Verfahrensdauer von Gerichtsprozessen in DeutschlandChr. Schinke, N. Potrafke, M. Reischmann, M. Riem für Dr. Lutz Helmig, Januar 2016 bis März 2017.

Das Projekt untersucht, in welchem Maße die in Deutschland geltenden Prozessordnungen, insbeson-dere für Zivilprozesssachen, zu teilweise erheblichen Verfahrensdauern führen.

öffentliche Finanzen, politische ökonomie und FiskalföderalismusM. Krause, laufendes Promotionsprojekt.

In dem laufenden Promotionsprojekt werden ver-schiedene Themenfelder an der Schnittstelle von öffentlichen Finanzen und politischer Ökonomie un-tersucht. Ein besonderer Schwerpunkt liegt hierbei auf der Analyse der föderalen Finanzbeziehungen auf Länder- und Kommunalebene sowie möglicher Refor-men dieser Beziehungen. Weiterhin werden auch po-litische Determinanten untersucht, die die Budgetzu-sammensetzung auf Länderebene beeinflussen.

Fiscal Sustainability and distributional issues: Studies in Public Finance and Political EconomyF. Dorn, laufendes Promotionsprojekt.

In dem laufenden Promotionsprojekt werden verschiede-ne Themen an der Schnittstelle von öffentlichen Finanzen und politischer Ökonomie untersucht. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Analyse der Auswirkungen von Politik

Steuerreform 2009 beeinflusst

Schwenkungs- verhalten von unter-

nehmen

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IFo ZEntRuM FüR ÖFFEntlICHE FInanZEn unD PolItISCHE ÖKonoMIE

und Institutionen sowie Globalisierung und europäischer Integration auf die Nachhaltigkeit öffentlicher Finanzen und der Verteilung von Einkommen und Vermögen.

Fiscal Sustainability in Public FinanceM. Mosler, laufendes Promotionsprojekt.

In dem laufenden Promotionsprojekt wird die fiska-lische Nachhaltigkeit von öffentlichen Haushalten mittels quantitativer Methoden, v.a. aus der Zeitrei-hen- und Paneldaten-Ökonometrie, analysiert. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Staatsschulden-management in Entwicklungsländern und der Entwick-lung von Steuersimulationsmodellen.

Studies on taxation, Public Finances and regional EconomicsS. Gäbler, laufendes Promotionsprojekt.

In dem laufenden Promotionsprojekt werden verschie-dene Themenfelder im Bereich der Steuer- und Ausga-benstruktur des öffentlichen Sektors, auch im Hinblick auf regionale Verflechtungen auf Länder- und Kommu-nalebene, untersucht.

Studies on taxation and Political EconomyL. Lorenz, laufendes Promotionsprojekt

In dem laufenden Promotionsprojekt werden verschie-dene Themen an der Schnittstelle von öffentlichen Finanzen und politischer Ökonomie untersucht. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Analyse ökonomischer Belastungswirkungen von Steuern unter Berücksichti-gung der institutionellen und politischen Rahmenbe-dingungen auch im internationalen Kontext.

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Vier Forschungsfelder

ifo Zentrum für Arbeitsmarktforschung und Familien-ökonomik

Die Forschungsagenda des ifo Zentrums für Arbeits-marktforschung und Familienökonomik umfasst ein Spektrum von vier groß angelegten, politikorientierten Projekten in der Arbeitsmarkt- und Familienökonomik. Alle vier Projekte beschäftigen sich mit drängenden sozialen Herausforderungen unserer Gesellschaft, die von großer Bedeutung sind und für deren Bewältigung bislang wenig fundierte Forschung vorliegt. In allen vier Projekten werden theoretische Analysen mit mo-dernsten mikroökonometrischen Untersuchungsme-thoden kombiniert, die einen Schwerpunkt auf kausale Identifikation legen und viele zum Teil einzigartige Da-tenquellen nutzen.

ökonoMiSCHE unSiCHErHEit und FAMiliE

Hängen Fertilitätsentscheidungen von Paaren von ihren aktuellen Chancen auf dem Arbeitsmarkt ab? Heiraten Menschen eher in Rezessionen oder in kon-junkturellen Boomphasen? Beeinflusst Jugendarbeits-losigkeit das Verhältnis zwischen den Generationen? Um den Zusammenhang zwischen makroökonomi-scher Lage und familienbezogenen Entscheidungen in Europa besser zu verstehen, hat der Bereich die (Nach-wuchs-)Forschungsgruppe EcUFam (Economic Uncer-tainty and the Family) eingerichtet. Mit einer Vielzahl ökonometrischer Methoden und der Auswertung verschiedener Datensätze erforscht die Gruppe das Ausmaß und die Bedeutung von ökonomisch schwie-rigen Lagen und Unsicherheit für Familien und ihre Entscheidungen: Ob und inwieweit beeinflusst ökono-mische Unsicherheit etwa das Fertilitätsverhalten von Paaren, das individuelle Heirats- und Scheidungsver-halten, die intergenerationalen Beziehungsgeflech-te, die Einstellungen zu Geschlechterrollen und die Gesundheit von Kindern? Die Forschungsperspektive ist auf die europäische Ebene gerichtet, und das For-schungsvorhaben wird in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus Italien, Schweden und Großbritannien durchgeführt.

intEGrAtion Von EinWAndErErn

Die Nachkommen von Einwanderern zählen zu den am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppen in vielen europäischen Ländern und werden dadurch die Zukunft dieser Gesellschaften entscheidend mitprä-gen. Eine erfolgreiche Integration von Einwandererkin-dern ist daher eine der dringlichsten und wichtigsten Aufgaben für den aufnehmenden Sozialstaat. Im Jahr 2015 hat der Bereich in Zusammenarbeit mit externen

Forschungspartnern Daten von ca. 4.500 Schülerinnen und Schülern im Alter von 15 Jahren in etwa 60 Schu-len in Deutschland erhoben. Die Jugendlichen in den Schulen nahmen an einer klassischen Befragung und an einem Verhaltensexperiment (trust game) teil. Diese Datenerhebung ist eine der ersten großangelegten Stu-dien, die Survey-Daten mit Verhaltensexperimenten verbinden. Das ifo Zentrum für Arbeitsmarktforschung und Familienökonomik wird in den kommenden Jah-ren diese Daten auswerten und ein Bild über die Inte-gration der Einwandererkinder in Deutschland zeich-nen. In das Untersuchungsfeld aufgenommen werden beispielsweise die Bildungsleistungen, -aspirationen und -erwartungen der Einwandererkinder und deren bürgerschaftliches und soziales Engagement sowie ihre Integration in soziale Netzwerke, die Herausbildung von ethnischer Identität sowie Vertrauen und Vertrau-enswürdigkeit. Die Analyse der experimentellen Daten über die soziale Integration in das Einwanderland wird kausale Rückschlüsse über die (Un-)Wirksamkeit von staatlichen Integrationsmaßnahmen für Einwanderer-kinder zulassen.

SoziAlPolitik und HäuSliCHE GEWAlt

Häusliche Gewalt ist ein immer noch unterschätztes Phänomen. Studien gehen davon aus, dass die gesell-schaftlichen Kosten von häuslicher Gewalt weltweit enorm sind und beispielsweise deutlich über den Kosten von Kriegen, Konflikten und Terror liegen. Das liegt daran, dass die Gewaltprävalenz sehr hoch ist. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 16% aller Kinder körperliche Gewalt erfahren und ca. 30% aller Frauen im Laufe ihres Lebens Gewalt durch den eige-nen Partner ausgesetzt sind. Es ist weitgehend un-klar, wie eine Reduzierung häuslicher Gewalt erreicht werden kann. Vor diesem Hintergrund erforscht der Bereich sowohl in entwickelten Ländern als auch in Entwicklungsländern, welche Rolle die Sozialpoli-tik zur Reduzierung häuslicher Gewalt gegen Kinder und Frauen einnimmt oder einnehmen kann. Die For-schung konzentriert sich vor allem auf zwei Determi-nanten, die häusliche Gewalt beeinflussen können: die Zeitallokation von Familien und die Erwerbstä-tigkeit von Frauen. Als Datenquellen werden große Mikrodatensätze und Daten der amtlichen Statistik verwendet. Unter Verwendung quasi-experimentel-ler Untersuchungsmethoden werden die Effekte gro-ßer sozialpolitischer Reformen, wie der Ausbau der Kleinkindbetreuung oder Elternzeitregelungen, auf die häusliche Gewalt analysiert.

Einrichtung der Forschungsgruppe

»EcuFam«

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Bildung lohnt sich

IFo ZEntRuM FüR aRBEItSMaRKtFoRSCHung unD FaMIlIEnÖKonoMIK

SoziAlE AuSWirkunGEn Von uMWEltBElAStunG

Luftverschmutzung ist eines der weltweit drängends-ten Probleme und zählt zu den größten Externalitäten wirtschaftlicher Aktivität. Die Schäden von Luftver-schmutzung auf die Gesundheit, Produktivität und jeg-liche menschliche Interaktionen sind in ihrem Ausmaß und ihrer Bedeutung nicht klar. Neue Erkenntnisse sind als wichtige Grundlage für politische Entscheidungen unerlässlich. Der Bereich analysiert die Auswirkung von Luft- und Bodenverschmutzung und Lärmbelästi-gung auf den Gesundheitszustand und Bildungsstand der Bevölkerung, die frühkindliche Entwicklung, die Produktivität und das menschliche Verhalten. Die Ar-beiten werden empirisch durchgeführt, kombinieren Befragungsdaten, administrative Daten und »Big Data« auf innovative Weise und verwenden aktuelle mikro-ökonometrische Methoden der kausalen Inferenz.

Um die langfristig angelegten Forschungsschwerpunk-te dieses Forschungsbereichs besser als bisher in des-sen Namen zum Ausdruck zu bringen, wurde die Be-zeichnung des ifo Zentrums für Arbeitsmarktforschung und Familienökonomik zum 1. Februar 2017 geändert. Es heißt nun ifo Zentrum für Arbeitsmarkt- und Bevöl-kerungsökonomik.

Im Jahr 2016 abgeschlossene Projekte

optimale immigrationspolitik in Europa: Von interessenskonflikten zu gemeinsamen Chancen H. Rainer, J. Saurer, gefördert von der Leibniz-Gemein-schaft, Januar 2012 bis Dezember 2015, Veröffentli-chung von Teilergebnissen als CESifo Working Paper Nr. 4959, 2014.

Das ifo Center of Excellence for Migration and Integra-tion Research (CEMIR) kombiniert das Experten- und Fachwissen aus verschiedenen Forschungsinstitutio-nen, mehreren Ländern und unterschiedlichen volks-wirtschaftlichen Gebieten (siehe auch den Bericht zu CEMIR). Das ifo Zentrum für Arbeitsmarktforschung und Familienökonomik beschäftigte sich im Rahmen von CEMIR hauptsächlich mit den Auswirkungen von Einwanderung auf Beschäftigung und untersuchte darüber hinaus die Determinanten einer erfolgrei-chen wirtschaftlichen und sozialen Integration von Migranten.

Bildungsrenditen und nichtmonetäre Erträge der wissenschaftlichen Qualifizierung, Studie im rahmen des Bundesberichts Wissen- schaftlicher nachwuchs (BuWin) 2017 H. Rainer, W. Auer, A. Fichtl, T. Hener, M. Piopiunik für das Institut für Innovation und Technik (iit), eine Ein-richtung der VDI/ VDE Innovation + Technik GmbH, Juni 2015 bis Januar 2016.

Bildung lohnt sich. Höhere Bildung geht auf indivi-dueller Ebene mit höherem Einkommen bzw. gerin-gerem Arbeitslosigkeitsrisiko einher und kann auch zu positiven nichtmonetären Renditen führen, etwa zu einer Erhöhung der allgemeinen Lebenszufrie-denheit und der Zufriedenheit mit der beruflichen Stellung. Höhere Bildung entfaltet auch Vorteile auf gesellschaftlicher Ebene. Ein höherer Bestand an Wissenskapital begünstigt die Innovationsfähigkeit und damit das Wirtschaftswachstum einer Volks-wirtschaft. Darüber hinaus kann höhere Bildung den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und die politische Partizipation in einer Demokratie erhöhen. Die Studie fokussierte auf die Bildungsphase der wissenschaftlichen Nachwuchsqualifizierung (Promo- tionsphase und Postdoc-/Bewährungsphase) und ana-lysierte die monetären und nichtmonetären Renditen wissenschaftlicher Qualifizierung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene.

Zunächst wurde ein Literaturüberblick der nationalen und internationalen empirischen Fachliteratur zu mo-netären und nichtmonetären Renditen wissenschaftli-cher Qualifizierung auf individueller und gesellschaftli-cher Ebene erstellt und nach verwendeten empirischen Ansätzen und Datensätzen systematisiert und ana-lysiert. In einem zweiten Schritt wurde die Sichtung und Beurteilung geeigneter vorhandener Datensätze in Deutschland vorgenommen und ein Überblick über Informationen, Periodizität und Repräsentativität der Erhebungen sowie ihrer Verfügbarkeit gegeben. In wei-teren Schritten wurden Modellierungsvorschläge zur Berechnung monetärer Renditen der wissenschaftli-chen Qualifizierung auf individueller Ebene und gesell-schaftlicher Ebene in Deutschland skizziert.

Empirical Essays on the Socioeconomic Consequences of Economic uncertaintyW. Auer, Oktober 2010 bis Mai 2016, Veröffentlichung von Teilergebnissen in CESifo Economic Studies 62(4), 2016.

Höheres Einkommen und geringeres arbeitslosigkeits-risiko

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ifo Jahresbericht 201638

arbeitsmarkt- bedingungen von

großer Bedeutung für Fertilitäts- entscheidung

IFo ZEntRuM FüR aRBEItSMaRKtFoRSCHung unD FaMIlIEnÖKonoMIK

Im Rahmen der Promotionsarbeit wurde sowohl the-oretisch als auch empirisch der Einfluss von sozial-politischen Maßnahmen auf das Familiengründungs-verhalten untersucht. Seit etlichen Jahren liegt die Geburtenrate in Deutschland weit unter dem Repro-duktionsniveau, was langfristig dazu führt, dass die Bevölkerung schrumpft. Dies stellt eine Bedrohung für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und ein stabiles Sozialversicherungssystem dar. Folglich ist in jüngster Zeit das Fertilitätsverhalten junger Menschen für die Politik von höchstem Interesse. Die ökonomische For-schung beschäftigt sich schon seit längerer Zeit mit die-sem Problem und hat mehrere Gründe für die geringen Geburtenzahlen identifiziert, wie etwa Änderungen in den Einstellungen und Werten, sozioökonomische Faktoren und institutionelle Rahmenbedingungen. Die wirtschaftlichen Gegebenheiten und insbesondere die Arbeitsmarktbedingungen sind von großer Bedeutung für Fertilitätsentscheidungen, da sie die Opportuni-tätskosten des Kinderkriegens bestimmen. Die Studie untersucht empirisch in vier eigenständigen Kapiteln die sozioökonomischen Folgen von ökonomischer Un-sicherheit. Das erste Kapitel konzentriert sich auf die kurzfristigen Auswirkungen der lokalen Arbeitsmarkt-bedingungen auf die lokale Geburtenrate. Die langfris-tigen Auswirkungen auf die Kohortenfertilität werden in Kapitel 2 präsentiert. Auf der individuellen Ebene un-tersucht Kapitel 3 empirisch die Effekte von befristeter Beschäftigung am Anfang einer Karriere auf das Timing der Erstgeburt und die Kinderzahl, während Kapitel 4 die gesundheitlichen Folgen von ökonomischer Unsi-cherheit am Karrierebeginn betrachtet.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ökonomische Unsicherheit auf individueller und aggregierter Ebene einen großen Einfluss auf die Fertilitätsentscheidun-gen, aber auch auf die psychische Gesundheit junger Menschen (unter 40 Jahre) hat. Allerdings finden sich starke Hinweise auf geschlechtsspezifische Effekte so-wohl auf der individuellen als auch der aggregierten Ebene. Das bedeutet, dass Frauen auf ökonomische Un-sicherheit in den ersten Berufsjahren anders reagieren als Männer. Das wiederum hat erhebliche Auswirkun-gen auf die Empfehlungen für die Wirtschaftspolitik: Erstens sollte eine gut konzipierte familienorientierte Arbeitsmarktpolitik versuchen, die geschlechtsspezifi-sche negativen Folgen der ökonomischen Unsicherheit zu minimieren. Zweitens sollte für eine gleichmäßigere Verteilung der Kosten, die mit der Flexibilisierung der Arbeitsmärkte einhergehen, gesorgt werden.

Projekte in Bearbeitung

ökonomische unsicherheit und Familie (EcuFam)N. Danzer, H. Rainer, B. Schulz, W. Auer, T. Hener, P. Reich, F. Siuda, M. Fabel, gefördert von der Leibniz-Gemeinschaft, Juli 2015 bis Juni 2018.

Die am ifo Institut neu eingerichtete Forschungsgrup-pe EcUFam (Economic Uncertainty and the Family) be-arbeitet die unter dem Themengebiet »Ökonomische Unsicherheit und Familie« aufgeworfenen Fragen. Im Rahmen des Projekts werden drei Promotionsvorha-ben von der Leibniz-Gemeinschaft gefördert und von F. Siuda (laufendes Promotionsprojekt, seit Oktober 2015), P. Reich (laufendes Promotionsprojekt seit Sep-tember 2015) und M. Fabel (laufendes Promotionspro-jekt seit Oktober 2016) bearbeitet.

deutschland 2017H. Rainer, T. Hener, A. Fichtl, J. Ragnitz in Kooperation mit ifo-Forschungsprofessor St. Bauernschuster, Uni-versität Passau, für das Bundesministerium für Wirt-schaft und Energie, März 2016 bis Dezember 2017.

Zentrales Ziel der Studie ist es, ein aktuelles Bild über die Einstellungen und Verhaltensweisen der Bürgerin-nen und Bürger im vereinigten Deutschland zu liefern. In der Vorgängerstudie »Deutschland 2014« wurde die Entwicklung der Einstellungen und Verhaltensweisen von west- und ostdeutschen Bürgerinnen und Bürgern über eine lange Periode, die die Zeiten der Trennung und die ersten 25 Jahre nach der Vereinigung umfass-te, nachgezeichnet. Anknüpfend an diese Analysen, soll nun der aktuelle Rand in den Fokus genommen werden. Neben einer rein deskriptiven Darstellung von Einstel-lungen zu Politik, Wirtschaft, aktuellen gesellschaftli-chen Herausforderungen, gesellschaftlichen Werten und Normen sowie Identitäten sollen auch deren De-terminanten untersucht werden, um daraus politische Handlungsempfehlungen ableiten zu können.

Die Studie gliedert sich in zwei große Hauptblöcke. In einem ersten Schritt sollen im Rahmen einer Metaana-lyse bestehende wissenschaftliche Erkenntnisse aus diesem Themenfeld zusammengefasst und aufgearbei-tet werden. Dabei werden neben der Vorgängerstudie »Deutschland 2014« renommierte wissenschaftliche Artikel aus dem Grenzbereich von Ökonomie, Sozio-logie, Psychologie und Politikwissenschaften berück-

geschlechts- spezifische Effekte von ökonomischer

unsicherheit

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ifo Jahresbericht 2016 39

Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidung zur Familiengründung?

IFo ZEntRuM FüR aRBEItSMaRKtFoRSCHung unD FaMIlIEnÖKonoMIK

und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für die Entscheidung zur Familiengründung analysiert. Die Startchancen und Lebensumstände von Kindern stehen im Mittelpunkt der Studien zu Auswirkungen makroökonomischer Schocks sowie frühkindlicher Bildung.

Effekte der Krippenquote auf die Geburtenrate pro altersjahr der Mutter

Quelle: Statistische Landesämter; Statistisches Bundesamt; Berech-nungen des ifo Instituts.

Public Finance, Globalization and labour MarketsChr. Holzner, laufendes Habilitationsprojekt, Veröffent-lichung von Teilergebnissen in Journal of Macroecono-mics, 2010; CESifo Economic Studies, 2010; Zeitschrift für ArbeitsmarktForschung 46(2), 2013, und als CESifo Working Paper Nr. 3597, 2011; Nr. 3522, 2011; Nr. 3472, 2011; Nr. 5275, 2015; Nr. 5245, 2015.

Auf den Arbeitsmärkten herrscht keine vollkommene Konkurrenz, sie sind vielmehr von verschiedenen Frik-tionen geprägt. Die Such- und Matchingtheorie konzen-triert sich dabei auf Informationsunvollkommenheiten und den damit verbundenen Mobilitätsfriktionen. Ziel der Habilitation ist es, den Gestaltungsspielraum von Firmen bei der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen, den Einfluss von verschiedenen Lohnfindungsprozes-sen und die Auswirkungen einer Handelsliberalisierung zu verstehen. Das Auftreten von Friktionen kann auch staatliche Eingriffe in den Arbeitsmarkt rechtfertigen. Deshalb wird auch untersucht, inwieweit das derzeiti-ge Einkommensteuersystem durch Arbeitsmarktfrikti-onen gerechtfertigt werden kann.

Informationsunvoll-kommenheiten auf den arbeitsmärkten

sichtigt. Nach dieser Aufbereitung des Forschungs-materials werden eigene empirische Untersuchungen durchgeführt.

Essays on Family and labour EconomicsN. Danzer, laufendes Habilitationsprojekt, Veröffent-lichung von Teilergebnissen u.a. als Ifo Working Pa-per Nr. 169, 2013; Nr. 190, 2014; CESifo Working Paper Nr. 4488, 2013; Nr. 4855, 2014.

Der demographische Wandel stellt eine Herausforde-rung für den Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungs-systeme dar. Das Habilitationsprojekt widmet sich der Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen Arbeitsmarkt- und demographischer Entwicklung. Zum einen wird die Bedeutung von ökonomischer Un-sicherheit (atypische Beschäftigung, Arbeitslosigkeit sowie Arbeitslosigkeitsrisiko im Verlauf des Konjunk-turzyklus) für Fertilitäts- und Familienentscheidungen von Paaren empirisch überprüft. Zum anderen wird un-tersucht, inwieweit sich Politikreformen, die die Verein-barkeit von Familie und Beruf fördern und berufliche Unsicherheiten abbauen sollen, nicht nur Arbeitsmark-tentscheidungen der Eltern, sondern auch die Entwick-lung von Kindern beeinflussen.

the Economics of labour Markets and the FamilyT. Hener, laufendes Habilitationsprojekt, Veröffentli-chung von Teilergebnissen als CESifo Working Paper Nr. 4776, 2014; Nr. 5313, 2015; im ifo Schnelldienst 67(10), 2014; 67(24), 2014; CESifo DICE Report 12(1), 2014; Journal of the European Economic Associati-on 14(4), 2016; Journal of the Royal Statistical Socie-ty: Series A, 179(3), 2016; Review of Economics of the Household, im Erscheinen.

Im Mittelpunkt von Fragen der demographischen Entwicklung – einer alternden Gesellschaft mit niedrigen Geburtenraten – stehen die Entschei-dungen von Haushalten, Familien und Individuen. Im Habilitationsprojekt werden deren Wechsel-wirkungen mit Maßnahmen der Familienpolitik, Rahmenbedingungen an Arbeitsmärkten und ma-kroökonomischen Entwicklungen untersucht. Die Studien setzen an verschiedenen Zeitpunkten des Lebenszyklus an, um ein umfassendes Bild zu er-stellen. In Teilprojekten wird die Partnerwahl am Heiratsmarkt im Zusammenhang mit Bildungsent-scheidungen anhand internationaler Daten unter-sucht. Des Weiteren wird die Bedeutung von familien-

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AlterRegressionsergebnisse aus Fixe-Effekte-Modell pro Altersjahr der Mutter unterBerücksichtigung der Kontrollvariablen in den Basisregressionen.

90% Konfidenzintervall

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ifo Jahresbericht 201640

untersuchung zum Integrationsverhalten

von Migranten

IFo ZEntRuM FüR aRBEItSMaRKtFoRSCHung unD FaMIlIEnÖKonoMIK

Essays on the Economics of MigrationJ. Saurer, laufendes Promotionsprojekt, Veröffentli-chung von Teilergebnissen als CESifo Working Paper Nr. 4959, 2014.

Im Rahmen des Promotionsprojekts werden auf mik-roökonomischer Ebene zwei unterschiedliche Aspekte von Migration erforscht. Zum einen werden Effekte von erhöhter Zuwanderung einer ethnischen Gruppe so-wohl auf die Arbeitsmarktsituation von Einheimischen als auch auf deren Wahlverhalten untersucht. Zum an-deren beschäftigt sich die Promotionsarbeit mit dem Integrationsverhalten der Migranten. Unter Ausnut-zung quasi-experimenteller Identifikationsstrategien sollen dabei tatsächlich kausale Zusammenhänge auf-gezeigt werden. Die Analysen basieren auf Mikrodaten-sätzen wie Mikrozensus, SOEP, ALLBUS oder NEPS.

Essays on Assortative Matching in labour and Marriage MarketsB. Schulz, laufendes Promotionsprojekt, Veröffentli-chung von Teilergebnissen als Ifo Working Paper Nr. 199, 2015.

Die Dissertation analysiert Modelle des Arbeits- und Heiratsmarkts mit Suchfriktionen und beidseitiger Heterogenität. Insbesondere wird untersucht, wie sich Assortative Matching, d.h. die Existenz eines optima-len Matchingpartners wegen Komplementaritäten im Produktionsprozess, auf das stationäre Gleichgewicht und die Modelldynamik auswirkt. Es wird gezeigt, dass sich ein Arbeitsmarktmodell mit Assortative Matching besser dazu eignet, empirische Regularitäten im Ar-beitsmarkt zu erklären als Modelle mit repräsentati-ven Agenten. Im empirischen Teil der Arbeit wird die Prävalenz von Komplementaritäten und Assortative Matching im Arbeitsmarkt mit strukturellen ökonomet-rischen Methoden und Registerdaten überprüft. Außer-dem wird im Kontext des Heiratsmarkts ein vergleich-bares Modell mit heterogenen Agenten konstruiert, um fluktuierende Heirats- und Scheidungsraten im Lichte ökonomischer Unsicherheit zu analysieren und besser zu verstehen.

Globalization, Female Empowerment, and domestic ViolenceE. Guarnieri, laufendes Promotionsprojekt seit Sep-tember 2016.

Heirats- und Scheidungsraten im

lichte ökonomischer unsicherheit

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ifo Jahresbericht 2016 41

Duale Berufs-ausbildung leistet bedeutenden Beitrag zur Human-kapitalbildung

ifo Zentrum für Bildungsökonomik

Die moderne Wachstumsforschung identifiziert die Generierung von Wissen als zentralen Faktor für lang-fristiges Wirtschaftswachstum. Dazu zählen sowohl das Erlernen individueller Kompetenzen als auch das Schaf-fen gänzlich neuen Wissens, das den weltweiten Stand der Technologie vorantreibt. Aus den generellen mak-roökonomischen Befunden lässt sich allerdings wenig für die konkrete Politik auf der Mikroebene lernen. Das Forschungsprogramm des ifo Zentrums für Bildungs-ökonomik fragt daher, welche Arten von Kompetenzen und neuem Wissen für den Wohlstand am wichtigsten sind, was die Wissensgenerierung beeinflusst und was die Politik dazu beitragen kann. Um zu verstehen, wel-che Politikmaßnahmen wirken, nutzt das Zentrum vor allem mikroökonometrische Methoden, die quasi-expe-rimentelle Evaluationen ermöglichen.

Bildungssysteme generieren das Humankapital einer hochqualifizierten Erwerbsbevölkerung, das über die globale Wettbewerbsfähigkeit moderner Volkswirt-schaften in einer sich ständig wandelnden Welt ent-scheidet. Nur ständiger Wissensvorsprung macht es auf Dauer möglich, sich aus dem Strudel des weltweiten Niedriglohnwettbewerbs zu befreien. Darüber hinaus ist Bildung ein zentraler Einflussfaktor für Gleichheit, Ungleichheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Konkret gliedert sich die Forschung des Zentrums in vier Schwerpunkte, die sich einerseits mit politischen und weiteren Ursachen von Bildung und andererseits mit deren Auswirkungen auf individuellen und gesell-schaftlichen Wohlstand befassen:

BildunG und indiViduEllEr WoHlStAnd: ArBEitSMArkt und lEBEnSVErläuFE

Ein erster Fragenkomplex ist die Bedeutung von Bil-dung für die individuellen Teilhabechancen in Beruf und Alltag, wobei die einzelne Person und ihre Erwerbs-biographie im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehen. So wird untersucht, welche Rolle Kompeten-zen angesichts einer sich immer schneller wandelnden Gesellschaft für die Teilhabe am Arbeitsmarkt und am gesellschaftlichen Leben spielen. Ein Forschungsvor-haben berechnet beispielsweise Bildungsrenditen für verschiedene Bildungsabschlüsse in Deutschland und vergleicht diese untereinander. Ein anderes Projekt identifiziert potenzielle Unterschiede der Arbeitsmarkt- ergebnisse von Absolventen mit Fachhochschul- und Universitätsabschluss. Außerdem wurde im Berichts-jahr die Bedeutung von Schulabschlussnoten für die

Einstellungsentscheidung von Unternehmen anhand einer Befragung von Personalleitern untersucht. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der dualen Berufsaus-bildung, die als Besonderheit im deutschsprachigen Raum wesentliche Beiträge zur deutschen Humankapi-talbildung leistet. In diesem Zusammenhang zeigt eine Studie aus dem Berichtsjahr, dass die anfänglichen Beschäftigungsvorteile einer berufsspezifischen Aus-bildung auf Kosten der Anpassungsfähigkeit im Laufe des Erwerbslebens verloren gehen können. Darüber hinaus werden die Arbeitsmarkteffekte von Internet-kompetenzen und die Möglichkeiten und Grenzen von lebenslangem Lernen erforscht.

BildunG und GESEllSCHAFtliCHEr WoHlStAnd: WACHStuM und lAnGFriStiGE EntWiCklunG

Bildung ist auch von entscheidender Bedeutung für den Wohlstand der Gesellschaft als Ganzes und die wirtschaftliche Entwicklung auf die lange Sicht. Zum einen beschäftigt sich die Forschung auf diesem Gebiet damit, welche Rolle Bildung – etwa in Form von Ergeb-nissen internationaler Bildungstests – heutzutage für modernes Wirtschaftswachstum und gesellschaftli-chen Zusammenhalt spielt. Zum anderen wird in his-torischer Perspektive erforscht, wie die Ausbreitung von Bildung vor und während der Industrialisierung die historische Entwicklung veränderte. In diesem Zu-sammenhang wurden im Berichtsjahr die Effekte kul-tureller Vielfalt auf Bildung und Innovation im Preußen des 19. Jahrhunderts erforscht. Zudem wurde eine bildungshistorische Dissertation abgeschlossen, die unter anderem die Effekte von Bildungsausgaben auf die wirtschaftliche Entwicklung in Preußen untersucht. Darüber hinaus wird die wirtschaftshistorische mit der modernen Perspektive verbunden, indem die langfris-tigen Auswirkungen historischer Begebenheiten auf die heutige wirtschaftliche Entwicklung untersucht werden.

dEtErMinAntEn dEr BildunG: kultur, rESSourCEn und inStitutionEn

Aufgrund der zentralen Bedeutung von Bildung für individuellen und gesellschaftlichen Wohlstand steht im dritten Forschungsgebiet die Frage im Mittelpunkt, welche Einflussfaktoren gute Bildungsleistungen bestimmen. Dabei werden vor allem drei Gruppen von Einflussfaktoren untersucht: Familie, Werte und Normen (Kultur); für Bildung aufgewendete Ressour-cen; und institutionelle Rahmenbedingungen des Bil-

untersuchung zu den Effekten kultureller Vielfalt in Preußen des 19. Jahrhunderts

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ifo Jahresbericht 201642

Forschung zur Integration von

Kindern mit Migra- tionshintergrund

IFo ZEntRuM FüR BIlDungSÖKonoMIK

dungssystems. Zur Analyse dieser Einflussfaktoren greift die Forschung des Zentrums häufig auf umfang-reiche Mikrodatensätze internationaler Schülerleis-tungsvergleiche zurück. Im Berichtsjahr ist ein For-schungsvorhaben angelaufen, das die Auswirkungen von Prüfungssystemen auf die Schülerleistungen aus einer internationalen Perspektive untersucht. Zudem wurde im Berichtsjahr untersucht, welche Lehrer-merkmale mit einer hohen Lehrereffektivität zusam-menhängen. Auch der Einfluss einer Trennung der El-tern auf die kognitiven Fähigkeiten der Kinder wurde beleuchtet. Ein weiterer aktueller Forschungsschwer-punkt liegt auf der Integration von Kindern mit Migra-tionshintergrund.

GoVErnAnCE Von BildunG: EFFiziEnz und CHAnCEnGlEiCHHEit

Schließlich liegt ein Schwerpunkt auf der Frage, wie sich die politische Steuerung (Governance) des Bildungs-systems auf Bildungserfolg und Chancengleichheit auswirkt. Zu den zentralen Elementen der Steuerung von Bildungssystemen, die in diesem Bereich analy-siert werden, gehören Prüfungssysteme, Autonomie, Wettbewerb und Mehrgliedrigkeit. Das Forschungsge-biet geht auch der Frage der Implementierbarkeit von Governance-Strukturen und ihrer Akzeptanz in der Be-völkerung nach. So wurden im Berichtsjahr die Ergeb-nisse des dritten ifo Bildungsbarometers vorgestellt, das auf einer aus Mitteln des Leibniz-Wettbewerbs geförderten eigenen Meinungsumfrage zur Bildungs-politik in Deutschland basiert. Im Berichtsjahr lagen die Themenschwerpunkte auf den Meinungen von Leh-rerinnen und Lehrern und der Integration von Flücht-lingen durch Bildung. Darüber hinaus koordiniert das Zentrum das Europäische Expertennetzwerk Bildungs-ökonomik (EENEE), ein von der Europäischen Kommis-sion finanzierter europaweiter Think Tank. Schließlich leistet die Evaluierung von Politikmaßnahmen mit Hilfe (quasi-)experimenteller Methoden einen Beitrag zur Verankerung evidenzbasierter Politikberatung im po-litischen Entscheidungsprozess. Aktuell evaluiert das Zentrum ein Mentoring-Programm für benachteiligte Schüler.

Im Jahr 2016 abgeschlossene Projekte

karriereverläufe von HochschulabsolventenM. Piopiunik, A. Ficht, gefördert von der Expertenkom-mission Forschung und Innovation (EFI), Februar 2016 bis August 2016, Veröffentlichung von Ergebnissen in »Absolventen von Fachhochschulen und Universitäten im Vergleich: FuE-Tätigkeiten, Arbeitsmarktergebnisse, Kompetenzen und Mobilität«, Studien zum deutschen Innovationssystem Nr. 14-2017, Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), 2017.

In diesem Projekt wurden Absolventen von Fachhoch-schulen und Absolventen von Universitäten hinsicht-lich ihrer Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt miteinander verglichen. Darüber hi-naus wurden mögliche Unterschiede in Arbeitsmarkt-ergebnissen wie Einkommen, kognitive Kompetenzen und regionale Mobilität mittels verschiedener Mik-rodatensätze beleuchtet: Linked-Employer-Emplo-yee-Daten (LIAB) des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Mikrozensus, Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) sowie die Studierenden- und Erwachsenenko-horte des Nationalen Bildungspanels (NEPS).

Die Untersuchung legt dar, dass sich Fachhochschul- und Universitätsabsolventen hinsichtlich ihrer beruf-lichen FuE-Tätigkeiten kaum unterscheiden. Für eini-ge Berufe bzw. Studienbereiche zeigen sich allerdings höhere FuE-Aktivitäten unter Universitätsabsolventen, insbesondere bei Ingenieuren/Technikern – der Grup-pe, die am häufigsten FuE-Tätigkeiten ausübt. In den wirtschaftsnahen Berufen und in den Sozialberufen, in denen generell weniger geforscht wird, unterscheiden sich die beiden Absolventengruppen hinsichtlich der FuE-Häufigkeiten nicht. Universitätsabsolventen erzie-len im Durchschnitt höhere Einkommen als Fachhoch-schulabsolventen. Dies gilt meistens auch dann, wenn man Absolventen des gleichen Studienbereichs und/oder des gleichen Berufs miteinander vergleicht. Große Einkommensvorteile zeigen sich vor allem in den Wirt-schaftswissenschaften und in einigen Ingenieurfächern sowie bei Bankfachleuten, Geschäftsführern und Ma-nagern. Insgesamt sind die Einkommensunterschiede zwischen Fachhochschul- und Universitätsabsolventen umso geringer, je niedriger das Durchschnittseinkom-men im Beruf ist. Universitätsabsolventen arbeiten

Vorstellung der Ergebnisse des

dritten ifo Bildungs-barometers

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ifo Jahresbericht 2016 43

Beteiligung am nEPS beendet

IFo ZEntRuM FüR BIlDungSÖKonoMIK

Das ifo Zentrum für Bildungsökonomik beteiligte sich im Bereich der Itementwicklung zum Thema »Bildungs-renditen im Lebenslauf«. In diesem Rahmen wurden im Berichtsjahr unter anderem eine Entwicklungsstudie zu neuen Fragen zum Übergang von Kindern von der Grundschule in die Sekundarstufe 1 ausgewertet und die Erkenntnisse in die Überarbeitung der Fragen für die Haupterhebung eingearbeitet. Außerdem wurden neue Fragen zur Rückzahlung von Darlehen und Kredi-ten für ein Studium entwickelt. Durch den Fortschritt in der Schullaufbahn aller Kohorten ist die Erfassung der Lehrkräfte und des Unterrichts im Laufe der Berichts-periode weggefallen. Da dies der Hauptfokus des ifo Zentrums für Bildungsökonomik war, endete die Betei-ligung des ifo Instituts am NEPS im Dezember 2016.

Bildungsökonomik aus historischer PerspektiveR. Schüler, abgeschlossenes Promotionsprojekt, Ver-öffentlichung von Teilergebnissen als Ifo Working Pa-per Nr. 223; 2016; Nr. 227, 2016; CESifo Working Paper Nr. 5894, 2016; Nr. 6103, 2016; und ifo Beiträge zur Wirt-schaftsforschung, im Erscheinen.

Die Dissertation beschäftigt sich mit bildungsökono-mischen Themen in Preußen zum Ende des 19. Jahr-hunderts. Damit untersucht sie eine Epoche deutscher Schulgeschichte, deren Bildungspolitik bis heute Auswirkungen auf das deutsche Bildungswesen hat. Zwei Teilprojekte analysieren die Auswirkungen von Bildungsinputs, während sich zwei weitere Teilpro-jekte mit Bestimmungsgrößen von Bildungsbereit-stellung und -leistung auseinandersetzen. Die öko-nometrischen Analysen basieren auf Zensusdaten, die ursprünglich vom Königlich Statistischen Bureau Preußens erhoben wurden und zum Teil für diese Dis-sertation digitalisiert wurden. Die Arbeit untersucht, wie sich die Finanzierung eines Bildungssystems in einem föderalen System entwickelt hat und wie sich eine zunehmende Zentralisierung der Bildungsausga-ben auf Wohlstand und das Entstehen einer Nation vor dem Hintergrund religiöser und ethnischer Heteroge-nität ausgewirkt hat.

Das erste Teilprojekt der Dissertation zeigt, dass Bildungsausgaben die wirtschaftliche Entwicklung im sich industrialisierenden Westen Preußens vor-antreiben konnten, während im landwirtschaftlich geprägten Osten höhere Bildungsausgaben nicht zu höherem Wirtschaftswachstum führten. Dies lässt vermuten, dass in der Volksschule in den Gebieten,

auswertung von Daten des Königlich Statistischen Bureaus Preußens

häufiger als Fachhochschulabsolventen in Leitungs-funktionen. Im Einklang mit einem höheren Einkom-men besitzen Universitätsabsolventen im Durchschnitt auch höhere Lese- und mathematische Kompetenzen als Fachhochschulabsolventen. Die besseren Mathe-matikkompetenzen der Universitätsabsolventen erklä-ren einen Teil des höheren Einkommens. Ein Vergleich von Erstsemestern deutet darauf hin, dass die Kom-petenzunterschiede bereits zu Beginn des Studiums bestehen und nicht erst während des Studiums oder Berufslebens entstehen.

Fachhochschulabsolventen wohnen als Erwerbstätige im Durchschnitt näher an ihrem Heimatkreis als Uni-versitätsabsolventen. Die größere regionale Mobilität der Universitätsabsolventen entsteht vor allem direkt nach dem Abitur beim Übergang von der Schule auf die Universität. Gleichwohl nimmt ungefähr ein gleich ho-her Anteil von Studierenden an Fachhochschulen und an Universitäten ein Studium an der nächstgelegenen Fachhochschule bzw. nächstgelegenen Universität auf.

Bezüglich des familiären Hintergrunds bestehen deut-liche Unterschiede zwischen Fachhochschulabsol-venten und Universitätsabsolventen: Studierende an Universitäten kommen häufiger aus einem rein akade-mischen Elternhaus und haben auch häufiger Eltern, die einen hochqualifizierten Beruf ausüben.

nationales Bildungspanel (nEPS)L. Wößmann, N. Obergruber in Kooperation mit dem NEPS-Konsortium, gefördert durch das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e.V. (LIfBi) an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Januar 2014 bis Dezember 2016.

Ziel des Nationalen Bildungspanels ist es, für Deutsch-land Längsschnittdaten zu Kompetenzentwicklungen, Bildungsprozessen, Bildungsentscheidungen und Bil-dungsrenditen in formalen, nicht-formalen und infor-mellen Kontexten über die gesamte Lebensspanne zu erheben. Die NEPS-Daten werden der nationalen und internationalen Wissenschaft in Form eines anony-misierten Scientific Use File zugänglich gemacht. Die Daten beinhalten ein reichhaltiges Analysepotenzial für verschiedene an Bildungs- und Ausbildungspro-zessen interessierte Disziplinen, wie etwa Erziehungs-wissenschaft, Psychologie, Soziologie, Ökonomie und Demographie, und sollen die Grundlage für eine ver-besserte Bildungsberichterstattung und Politikbera-tung in Deutschland schaffen.

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ifo Jahresbericht 201644

Zentralisierung erhöhte die Bildungs-

ausgaben

IFo ZEntRuM FüR BIlDungSÖKonoMIK

die vom wirtschaftlichen Wandel von einer Agrar- zu einer Industriegesellschaft betroffen waren, genau die Art von Wissen vermittelt wurde, die es möglich machte, besser bezahlte und anspruchsvollere Berufe zu ergreifen.

Die zweite Studie zeigt, dass ein höherer Anteil des preußischen Staats an den Bildungsausgaben den Stimmenanteil national orientierter Parteien bei den Reichstagswahlen erhöhte und zu einem geringeren Maß auch zu einer höheren Wahlbeteiligung führte. Diese Indoktrinierung war besonders in solchen Wahl-bezirken erfolgreich, die große Anteile an konfessionel-len oder sprachlichen Minderheiten beheimateten.

Die dritte Studie untersucht die Effekte einer sprach-lich polarisierten Gesellschaft auf die Bereitstellung von Bildung in einem dezentral finanzierten Bildungs-system. Die empirische Evidenz zeigt einen negativen Effekt von Polarisierung auf Bildungsausgaben. Wei-tere Analysen, die ausnutzen, dass das Bildungssys-tem gegen Ende des 19. Jahrhunderts verstärkt durch zentrale Quellen finanziert wurde, zeigen, dass eine Zentralisierung die Bildungsausgaben in polarisierten Regionen erhöht hat.

Das vierte Teilprojekt nutzt ein natürliches Experiment, das vor dem Hintergrund des Kulturkampfs – der Aus-einandersetzung zwischen dem preußischen Staat und der katholischen Kirche – eine zentrale Schulaufsicht eingeführt hat. Während die Reform insgesamt zu ei-nem höheren Schulbesuch geführt hat, zeigt sich in den besonders betroffenen katholischen Gebieten ein Widerstandseffekt.

Projekte in Bearbeitung

die politische ökonomie der Bildungspolitik: Erkenntnisse aus einer MeinungsumfrageL. Wößmann, P. Lergetporer, E. Grewenig, F. Kugler, K. Werner in Kooperation mit ifo-Forschungsprofessor M.R. West, Harvard University, gefördert aus Mitteln des Leibniz-Wettbewerbs, Januar 2014 bis Dezember 2017, Veröffentlichung von ersten Ergebnissen im ifo Schnelldienst 67(18), 2014; 68(17), 2015; 69(17), 2016; Harvard Kennedy School PEPG Working Paper 15-02, 2015; schulmanagement (6), 2016; und als CESifo Wor-king Papers Nr. 5938, 2016; Nr. 6192, 2016.

Wissenschaftlich fundierte Reformvorschläge zur Ver-besserung des Bildungssystems scheitern in vielen Fällen an ihrer politischen Umsetzung. Das Zusammen-spiel von politischen Kräften und öffentlicher Meinung könnte hierfür eine wichtige Rolle spielen: Politiker müssen sich Wahlen stellen. Die Wähler haben jedoch ihre eigenen Meinungen und Interessen, die sich zwi-schen verschiedenen Bevölkerungsgruppen deutlich unterscheiden können. Für die Akzeptanz und Umsetz-barkeit von Reformen stellt sich daher die Frage, welche Meinung die Öffentlichkeit zu bestimmten Themen der Bildungspolitik vertritt und inwiefern diese, etwa durch Informationskampagnen, beeinflusst werden kann.

Ziel dieses Projekts ist es, die öffentliche Meinung zu verschiedenen bildungspolitischen Themengebieten besser zu verstehen. Dafür wurde in den Jahren 2014 bis 2016 jeweils das ifo Bildungsbarometer durchgeführt, eine repräsentative Meinungsumfrage der erwachse-nen Bevölkerung Deutschlands zu verschiedenen Bil-dungsthemen. Um die Wirkung von bereitgestellten In-formationen auf die öffentliche Meinung zu erforschen, wird bei einigen Fragen die methodische Besonderheit von »Survey-Experimenten« eingeführt: Dabei werden einer zufällig ausgewählten Teilgruppe der Befragten zusätzlich zur Frage, die für alle Befragten einheitlich ist, bestimmte Informationen zur Verfügung gestellt. Der Vergleich der Antworten beider Teilgruppen er-laubt es, den kausalen Effekt der jeweiligen Informatio-nen auf die öffentliche Meinung zu ermitteln.

Für die von April bis Juni 2016 durchgeführte dritte Be-fragungswelle wurden zwei neue Schwerpunkte gesetzt: Die bildungspolitische Meinung von Lehrkräften und Bil-dungsmaßnahmen zur Integration von Flüchtlingen. Um Aussagen über die Meinung von Lehrerinnen und Leh-rern treffen zu können, wurden über die repräsentative Grundstichprobe von mehr als 3.300 Befragten hinaus zusätzlich über 700 Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen befragt. Um tiefere Einblicke in die öffentliche Meinung zu Bildungsmaßnahmen zur Integration von Flüchtlingen zu erhalten, wurde ein Fragenblock ausge-arbeitet, der sich ausschließlich mit verschiedenen Bil-dungsmaßnahmen für Flüchtlinge befasst.

Der Vergleich der bildungspolitischen Meinungen von Lehrkräften und der restlichen Bevölkerung zeigt, dass es in vielen Bereichen sowohl in der Gesamtbevölkerung als auch unter den Lehrkräften absolute Mehrheiten für grundlegende strukturelle Bildungsreformen gibt. So

Einführung einer zentralen Schul-

aufsicht führte zu höherem Schulbesuch

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ifo Jahresbericht 2016 45

Koordination des »EEnEE«, des Europäischen Expertennetzwerks Bildungsökonomik

IFo ZEntRuM FüR BIlDungSÖKonoMIK

tionaler wissenschaftlicher Workshop zum Thema »The Politics of Education Policy: An International Perspec-tive« an der Harvard University veranstaltet.

Europäisches Expertennetzwerk Bildungs- ökonomik (EEnEE) L. Wößmann, A.B. Bergbauer, R. Schüler, F. Kugler, U. Baldi-Cohrs in Kooperation mit Senior Experts von führenden europäischen Universitäten, Forschungsin-stituten und internationalen Organisationen für die Eu-ropäische Kommission, Generaldirektion Bildung und Kultur, 2013 –2016, aktuelle Verlängerung 2017–2020.

Das EENEE-Netzwerk ist ein Netzwerk führender eu-ropäischer Forschungszentren und Experten der Bil-dungsökonomik. Als ein »Think Tank« der EU wird das Netzwerk durch die Europäische Kommission, General-direktion Bildung und Kultur (DG EAC), gefördert und vom ifo Institut koordiniert. EENEE verfolgt das Ziel, zur Verbesserung der Entscheidungsfindung und Poli-tikentwicklung im Bereich der allgemeinen und beruf-lichen Bildung in Europa beizutragen, indem es die Eu-ropäische Kommission bei der Analyse ökonomischer Aspekte von Bildungspolitik und Bildungsreformen berät und bei der Wissensverbreitung im Bereich der Bildungsökonomik in Europa unterstützt.

EENEE führt folgende Aufgaben durch: Erstellen von Analytischen Berichten zu bildungsökonomischen The-men; Verfassen von kurzen Policy Briefs; Beantwortung von konkreten Fragen der Kommission im Bereich der Bildungsökonomik; Unterstützung bei Konferenzen und Meetings zur Bildungsökonomik; Bereitstellung und Pflege einer Website mit Informationen zur Bildungs-ökonomik in Europa (www.education-economics.org); Pflege einer Datenbank von Experten und Forschungs-zentren auf diesem Gebiet; Pflege von Literaturlisten zu den Themenfeldern der Bildungsökonomik.

Im Jahr 2016 wurden vom EENEE-Netzwerk zwei Ana-lytische Berichte veröffentlicht, drei weitere Berichte stehen kurz vor der Veröffentlichung. Der im Februar veröffentlichte Bericht Nummer 27 erörtert, wie Bil-dung die Integration von Migranten erleichtern kann. Im 28. Analytischen Bericht wird die Bedeutung der öffentlichen Meinung für die Akzeptanz und Durch-führbarkeit von Bildungsreformen betrachtet. Der anstehende 29. Bericht ergründet den Einsatz von Anreizen und anderen verhaltensökonomischen An-sätzen im Bildungsbereich. Der 30. Bericht analysiert

Zwei analytische Berichte im Jahr 2016 veröffentlicht und drei weitere in Vorbereitung

finden sich etwa Mehrheiten für Aufnahmeprüfungen zum Lehramtsstudium, für verpflichtende Lehrerfortbil-dungen und für deutschlandweit einheitliche Vergleichs-tests. In Bereichen, die die Lehrkräfte selbst betreffen, etwa ihre Vergütung und Arbeitssituation, ergeben sich jedoch auch deutliche Unterschiede. So sprechen sich fast zwei Drittel der befragten Lehrkräfte dafür aus, dass LehrerInnen generell verbeamtet werden, während in der Gesamtbevölkerung nur rund ein Drittel für die Ver-beamtung von Lehrkräften ist.

Sollten Lehrkräfte verbeamtet werden?

Quelle: ifo Bildungsbarometer 2016.

In Bezug auf die Bildungssituation von Flüchtlingen ist die deutsche Bevölkerung wenig optimistisch: Drei Viertel der Deutschen schätzen den durchschnittlichen Bildungsstand der Flüchtlinge als niedrig ein. Gleich-zeitig finden sich für verschiedene bildungspolitische Maßnahmen durchaus Mehrheiten, etwa für staatlich finanzierte verpflichtende Sprachkurse, für eine Aus-weitung der Schulpflicht bis 21 Jahre, für eine mög-lichst gleichmäßige regionale Verteilung der Flücht-lingskinder auf die Schulen und für eine steuerlich finanzierte Kindergartenpflicht für Flüchtlingskinder ab drei Jahren.

Ein weiterer Aspekt des Projekts besteht in der engen Zusammenarbeit mit Kollegen des Program on Edu-cation Policy and Governance (PEPG) an der Harvard University, die ähnliche Meinungsumfragen in den USA durchführen. Im Berichtsjahr ist eine zweite Studie zum Vergleich der öffentlichen Meinung zwischen den USA und Deutschland erschienen. Darüber hinaus wurde zusammen mit PEPG am 5. und 6. Mai 2016 ein interna-

9%

24%

17%

25%

25%

Sehr dafürEher dafürWeder dafür noch dagegen

36%

29%

8%

16%

10%

Eher dagegenSehr dagegen

Lehrkrä�e

Frage:Im Großteil der Bundesländer sind die meisten Lehrerinnen und Lehrer zurzeit Beamte, während in anderen Bundesländern die meisten Lehrerinnen und Lehrer Angestellte sind. Sind Sie dafür oder dagegen, dass Lehrerinnen und Lehrer verbeamtet werden?

Bevölkerung

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ifo Jahresbericht 201646

Drei Policy Briefs zu den themen:

Studentenverschul-dung, lehrqualität

und Bildung als Instrument zur

Integration von Migranten

IFo ZEntRuM FüR BIlDungSÖKonoMIK

die Auswirkungen der Integration von Kindern mit Migrationshintergrund in den europäischen Bildungs-systemen. Der 31. Bericht erörtert das Potenzial von Bildung in ökonomischen Kosten-Nutzen-Analysen von Migration für die EU.

Des Weiteren wurden im Jahr 2016 drei Policy Briefs zu den Themen Studentenverschuldung, Anreize zur Steigerung der Lehrqualität und Bildung als Instru-ment zur ökonomischen Integration von Migranten veröffentlicht. Als weiterer Bestandteil der evidenzba-sierten Politikberatung hat EENEE vier Ad-hoc-Fragen der Europäischen Kommission beantwortet – zu Bil-dungsarmut, Migranten der ersten und zweiten Ge-neration, sonderpädagogischem Förderbedarf sowie relevanten Themen der aktuellen bildungsökonomi-schen Diskussion.

Mit dem Ziel, den Austausch der akademischen For-schung mit politischen Entscheidungsträgern zu för-dern, hat EENEE zusammen mit seinem Partnernetz-werk NESET II im November 2016 eine Konferenz in Brüssel veranstaltet. Hochrangige Politiker und nam-hafte Forscher aus den Mitgliedstaaten der Europäi-schen Union diskutierten zum Thema »Sozial inklusi-ve Bildung«.

Abschlussprüfungen als Steuerungsinstrument im Schulsystem: die Bedeutung von Schulabschlussnoten bei der Einstellungs- entscheidung von unternehmenL. Wößmann, M. Piopiunik, L. Simon, A. Jacob-Puchals-ka, F. Kugler in Kooperation mit ifo-Forschungsprofes-sor G. Schwerdt, Universität Konstanz, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, März 2014 bis Februar 2017.

Das Projekt untersucht die Bedeutung von Schulab-schlussnoten, Hochschulnoten und anderen Produkti-vitätssignalen wie Sprach- und Computerkenntnissen und ehrenamtlichem Engagement für die Einstellungs-entscheidung von Unternehmen. Knapp 600 Perso-nalleiter aus einer repräsentativen Stichprobe der Un-ternehmen in Deutschland nahmen an einem online durchgeführten Entscheidungsexperiment teil, bei dem sie zwischen zwei fiktiven Lebensläufen mit ran-domisierten Merkmalen auswählen sollten, welchen Bewerber sie zu einem Bewerbungsgespräch einladen würden.

Erste Ergebnisse des Experiments legen nahe, dass Schulabschlussnoten bei Einladungsentscheidun-gen wichtig sind, wenn diese direkt vor dem Eintritt in den Arbeitsmarkt erworben wurden. So hat die Schulabschlussnote bei Bewerbern mit Mittlerer Rei-fe einen signifikanten positiven Einfluss auf die Einla-dungsentscheidung. Bei Hochschulabsolventen, die mit der Hochschulabschlussnote anschließend ein weiteres relevantes Produktivitätssignal erworben haben, hat die Schulabschlussnote hingegen keinen signifikanten Effekt. Hier ist die Abschlussnote des Hochschulabschlusses das wichtigste Lebenslauf-merkmal, gefolgt von der Länge der Berufserfahrung durch Praktika. Bei Lehrstellenbewerbern spielen neben der Abschlussnote der Mittleren Reife Compu-terkenntnisse und soziales Engagement eine große Rolle.

Berechnung von Bildungsrenditen in DeutschlandF. Kugler, M. Piopiunik, L. Wößmann, gefördert von Union Investment Privatfonds GmbH, Dezember 2015 bis März 2017, Veröffentlichung im ifo Schnelldienst 70(7), 2017.

Investitionen in Bildung zahlen sich aus. Eine um-fangreiche Literatur, die sich mit der Schätzung von Bildungsrenditen befasst, beziffert den durchschnitt-

Hochkarätig besetzte Konferenz in Brüssel

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PIaaC-Daten für 33 länder

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sener in mittlerweile 33 Ländern vor. Auf Basis dieses »Erwachsenen-PISA« untersucht das ifo Zentrum für Bildungsökonomik in Zusammenarbeit mit weiteren Leibniz-Instituten unter der Leitung von GESIS den Erwerb und die Nutzung von Kompetenzen. Insbeson-dere soll ein verbessertes Verständnis der kausalen Wirkungen von Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt erreicht werden. Im Rahmen des Gesamtprojekts sol-len die PIAAC-Daten und die generierten Erkenntnisse an die wissenschaftliche Gemeinschaft sowie Akteure aus Politik und Praxis der (Weiter-)Bildung vermittelt werden.

Beschäftigung mit berufsspezifischen und allgemein-bildenden Bildungsgängen im lebensverlauf: länder mit dualem Berufsausbildungssystem

(Deutschland, Dänemark, Österreich)

Quelle: Hampf und Wößmann, CESifo Working Paper Nr. 6116, 2016.

Eine erste Studie untersucht die Effekte einer berufs-spezifischen Ausbildung auf die Beschäftigungschan-cen im Lebensverlauf. Es stellt sich heraus, dass berufs-spezifische Bildung den Eintritt in den Arbeitsmarkt erleichtert, die Erwerbschancen mit zunehmendem Alter jedoch zurückgehen. Die Ergebnisse sind beson-ders deutlich in Ländern wie Deutschland, Dänemark und Österreich, die über ein stark ausgeprägtes duales Berufsausbildungssystem verfügen.

Eine zweite Studie nutzt den in einer zweiten Welle um neun Länder erweiterten PIAAC-Datensatz, um zu un-tersuchen, warum sich höhere Kompetenzen in einigen Ländern deutlich stärker am Arbeitsmarkt auszahlen als in anderen. Mit Singapur und Chile haben zwei der neu hinzugekommenen Länder die höchsten Erträge

auswertung von internationalen Daten zu den Kompetenzen Erwachsener

lichen Einkommensertrag eines zusätzlichen Bildungs-jahres auf rund 10%. Doch wie sieht die Bildungsrendite für Personen mit unterschiedlichen Bildungsverläufen aus?

Um diese Frage zu beantworten, verwendet das Projekt eine Barwertmethode zur Berechnung von Unterschieden in den Lebenseinkommen verschie-dener Bildungsabschlüsse anhand von aktuellen Alters-Einkommens-Profilen. Um detaillierte Sub-gruppenanalysen durchführen zu können, nutzt es die Erhebungsjahre 2011, 2012 und 2013 des Mikro-zensus mit insgesamt über 1,1 Mio. Personen. Für die Einkommen während der Ausbildungsphase werden Informationen zu Dauer, Einkünften und Kosten der jeweiligen Ausbildung berücksichtigt. Im Rahmen der Studie werden folglich die Unterschiede beim Mo-natseinkommen, bei der Arbeitslosigkeit und beim Lebenseinkommen zwischen Personen ohne berufs-qualifizierenden Abschluss, mit Berufsausbildung, mit Meister-/Technikerausbildung, mit Fachhoch-schulabschluss und mit Universitätsabschluss (die Hochschulabschlüsse jeweils separat nach erstem und zweitem Bildungsweg) berechnet. Die hohen Fallzahlen ermöglichen Heterogenitätsanalysen nach Geschlecht, Region, Fachrichtung sowie für alternati-ve Annahmen über Ausbildungsdauer sowie Einkünfte und Kosten während der Ausbildungsphasen. Darüber hinaus werden interne Ertragsraten der verschiede-nen Bildungsabschlüsse berechnet. Die Studie doku-mentiert schließlich die langfristige Entwicklung der Bildungsabschlüsse und der bildungsspezifischen Ar-beitslosenquoten seit 1976.

kompetenzerwerb und -nutzung im Erwachsenenalter – netzwerk zur Analyse, Weiterentwicklung und Verbreitung von PiAACL. Wößmann, S. Wiederhold, F. Hampf in Kooperation mit den ifo-Forschungsprofessoren E.A. Hanushek, Stanford University, und G. Schwerdt, Universität Kon-stanz, Teil eines aus Mitteln des Leibniz-Wettbewerbs geförderten Konsortiums unter der Leitung von GESIS, Februar 2015 bis Dezember 2018, bisherige Ergebnisse veröffentlicht als CESifo Working Paper Nr. 5720, 2016; Nr. 6116, 2016; NBER Working Paper Nr. 22657, 2016; und Economics Letters, 153, 2017.

Mit dem Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) der OECD liegen aktu-elle Daten zu grundlegenden Kompetenzen Erwach-

20 30 40 50 60Alter

Allgemeinbildend Berufsspezifisch

Anteil der Beschä�igten, männlich

100

80

60

40

20

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Bildung fördert Fähigkeit zur

anpassung

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auf Kompetenzen und Griechenland die niedrigsten. Es zeigt sich, dass Länder, deren Wirtschaft schneller gewachsen ist, systematisch höhere Kompetenzerträ-ge auf dem Arbeitsmarkt aufweisen. Dieser Befund ist konsistent damit, dass ein wichtiges Element der wirt-schaftlichen Bedeutung von Bildung in der Fähigkeit besteht, sich an veränderte Bedingungen anzupassen.

Eine dritte Studie zeigt, dass höhere Kompetenzen in der Beherrschung von Informations- und Kommunikations-technologien (IKT) zu höheren Löhnen am Arbeitsmarkt führen. Um kausale Effekte messen zu können, wird der Umstand ausgenutzt, dass Menschen in einigen Gemein-den Deutschlands aufgrund der besseren Verfügbarkeit von Breitbandinternet im IKT-Bereich versierter sind. Auch wird in einer internationalen Analyse mit 19 Ländern ausgenutzt, dass die leitungsgebundene Breitbandinfra-struktur auf Basis des Telefonnetzes ausgebaut wurde.

lehrereffektivität und ihre determinanten in deutschland: Eine vertiefte AnalyseB. Enzi, L. Wößmann, laufendes Promotionsprojekt, fi-nanziert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, Oktober 2015 bis September 2018, Veröffentlichung von ersten Ergebnissen als Ifo Working Paper Nr. 225, 2016.

Das Projekt zielt darauf ab, Unterschiede in der Effek-tivität von Lehrkräften zu messen und die Determi-nanten von Lehrereffektivität zu untersuchen. Daten-grundlage sind die Längsschnittdaten der ersten drei Wellen der Schulkohorten des Nationalen Bildungspa-nels (NEPS). Zum einen werden Kompetenzentwicklun-gen von Schülerinnen und Schülern über die Zeit auf fixe Effekte für ihre Lehrkräfte und weitere erklärende Variablen regressiert. Basierend auf der Verteilung der geschätzten Effekte, können Unterschiede in der Lehrereffektivität quantifiziert werden. Zum anderen wird untersucht, welche Lehrermerkmale mit höherer Lehrereffektivität zusammenhängen. Die Daten des Nationalen Bildungspanels beinhalten reichhaltige In-formationen zu Lehrermerkmalen, die typischerweise nicht in administrativen Datensätzen verfügbar sind. Das erlaubt neue und detailliertere Analysen der Deter-minanten von Lehrereffektivität. Des Weiteren werden mehrere Schätzverfahren angewendet, um belastbare Evidenz für Lehrereffektivität in Deutschland zu liefern. Vorläufige Ergebnisse deuten auf eine geringere Va-rianz von Lehrerqualität in Deutschland im Vergleich zu den USA hin. Des Weiteren besitzen die Abitur- und zweiten Staatsexamensnoten der Lehrkräfte Vorher-

sagekraft für ihre Effektivität. Der bisher gefundene positive Zusammenhang zwischen den ersten Jahren Berufserfahrung und der Lehrerqualität findet sich ebenso in Deutschland wieder.

die Effekte kultureller diversität auf innovation und die Bereitstellung öffentlicher Bildung: Evidenz aus Preußen im 19. Jahrhundert F. Cinnirella, gefördert durch die Deutsche Forschungs-gemeinschaft, Februar 2015 bis Januar 2017.

Eine zunehmende Anzahl an Forschungsarbeiten be-schäftigt sich mit den Kosten und Nutzen kultureller Vielfalt. Auf der einen Seite kann kulturelle Vielfalt die Produktivität erhöhen, da die Spezialisierung in ver-schiedene ethnische, sprachliche und religiöse Grup-pen Komplementaritäten begünstigen kann. Auf der anderen Seite kann die Vielfalt aufgrund von unter-schiedlichen Präferenzen zu geringerer Umverteilung und Unterversorgung mit öffentlichen Gütern führen. Dieses Projekt beabsichtigt, neue empirische Erkennt-nisse über Kosten und Nutzen der kulturellen Vielfalt unter den spezifischen Umständen des 19. Jahrhun-derts in Preußen zu liefern.

Ein erstes Teilprojekt untersucht die Rolle der kultu-rellen Vielfalt für die Innovationstätigkeit. Dabei wird insbesondere der Effekt der religiösen Vielfalt auf Pa-tentaktivitäten beleuchtet. Die Analyse preußischer Daten erweist sich hierfür als ideale Forschungsgrund-lage. Denn aus historischen Gründen, wie die Refor-mation im 16. Jahrhundert oder die Teilungen Polens am Ende des 18. Jahrhunderts, ist Preußen durch das Zusammenleben von Protestanten, Katholiken und Juden von einer starken religiösen und ethnischen He-terogenität geprägt. Anhand von Volkszählungsdaten über die religiöse Zusammensetzung der Bevölkerung auf Kreisebene im Jahr 1816 kann exogene Variation in der religiösen Vielfalt im Jahr 1871 identifiziert und damit ihr kausaler Effekt auf die Innovationstätigkeit geschätzt werden. Innovationstätigkeit wird durch die Anzahl wertvoller Patente gemessen, die zwischen 1877 und 1890 Firmen und Personen erteilt wurden.

Das zweite Teilprojekt beleuchtet die Mechanismen, die hinter dem Effekt von Diversität auf Innovationstätig-keit stehen. Das ist mit Hilfe von Daten über die religiöse Zugehörigkeit in verschiedenen Branchen möglich, die im Rahmen einer Berufszählung im Jahr 1882 erhoben wurden. Diese Analysen zeigen, ob die Komplemen-

analysen zu den Determinanten von

Lehrereffektivität

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ifo Jahresbericht 2016 49

Schülerleistungen im internationalen Vergleich

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Das Projekt untersucht den Einfluss von institutionel-len Rahmenbedingungen des Schulsystems auf Schü-lerleistungen in internationaler Perspektive. Dazu wer-den die Mikrodaten aller sechs Wellen des Programme for International Student Assessment (PISA) seit 2000 in einem Paneldatensatz zusammengebracht. Durch die Nutzung von fixen Ländereffekten können kultu-relle und wirtschaftliche Unterschiede zwischen den Ländern herausgerechnet werden. Intertemporale Veränderungen der Schülerleistungen eines Landes werden so mit institutionellen Strukturveränderun-gen des Landes in Verbindung gebracht. Zusätzlich zu den Schülerleistungen fragt die PISA-Studie ein breites Spektrum an Hintergrundinformationen der Schülerin-nen und Schüler und der Schulen ab. Dazu gehören ne-ben persönlichen Merkmalen, familiärem Hintergrund und materieller Ausstattung der Schulen auch das ins-titutionelle Umfeld der Schulen. Da die PISA-Erhebung eine Reihe wichtiger Institutionen wie etwa Aspekte der Prüfungs- und Rechenschaftssysteme nicht er-fasst, müssen externe Ressourcen hinzugezogen wer-den. Folglich ist die Entwicklung einer Matrix instituti-oneller Dimensionen der Schulsysteme der beteiligten Länder die primäre Aufgabe des ersten Projektjahres.

Empirische bildungsökonomische StudienL. Wößmann, verschiedene laufende Forschungspro-jekte, aktuelle Veröffentlichungen von Teilergebnis-sen u.a. in: Science 351(6271), 2016; Economic Jour-nal 126(590), 2016; Journal of Economic Perspectives 30(3), 2016; Education Economics 24(1), 2016; Educa-tion Next 16(3), 2016; Economics of Education Review 56, 2017; American Economic Journal: Macroecono-mics, im Erscheinen; Journal of Economic Growth, im Erscheinen; Journal of Human Resources, 52(1), 2017; Economics Letters, 153, 2017; NBER Working Paper Nr. 22808, 2016; CESifo Working Papers Nr. 5938, 2016; Nr. 6116, 2016; Handbook of the Economics of Educa-tion, Volume 5, 2016; Forschung & Lehre 23(1), 2016; Wirtschaftsdienst 96(7), 2016; Gutachten des Aktions-rats Bildung und des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie Beiträge in diversen Tages- und Wochenzeitungen.

Zahlreiche laufende Projekte beschäftigen sich mit ver-schiedenen bildungsökonomischen Fragestellungen. Eine Studie zusammen mit ifo-Forschungsprofessor Eric A. Hanushek von der Stanford University zeigt, dass das durch die Kompetenzen der Menschen ge-messene »Wissenskapital« der Nationen sowohl das

gemeinsame Studie mit ifo-Forschungs-professor Eric a. Hanushek von der Stanford university

tarität zwischen den verschiedenen Kulturen nur für bestimmte Branchen einen Effekt auf die Innovations-tätigkeit hatte. Darüber hinaus wird untersucht, ob die kulturelle Vielfalt als Kanal für Spillover-Effekte von technologischem Wissen wirkte und inwieweit Diversi-tät die Verbreitung von Technologie über technologisch und geographisch verbundene Branchen förderte.

Evaluation der Wirksamkeit eines Mentoring-programmsL. Wößmann, S. Wiederhold, S. Resnjanskij, F. Hampf, F. Kugler, J. Ruhose (bis April 2016), gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht-linge und Integration und ein Konsortium von gemein-nützigen Stiftungen, Juni 2015 bis März 2020.

Die soziale Mobilität ist in Deutschland nach wie vor nur gering ausgeprägt. So besuchen Kinder aus bildungsfer-nen Schichten und mit Migrationshintergrund überpro-portional häufig die Hauptschule. Viele schaffen dann nicht den Sprung in eine Berufsausbildung oder auf weiterführende Schulen und haben dadurch nur geringe Chancen auf sozialen Aufstieg. Mögliche Gründe für die mangelnde Perspektive können in der fehlenden schu-lischen Unterstützung von Eltern mit niedrigem Einkom-mens- und Bildungsstand, unzureichender Schulquali-tät, daraus resultierender mangelnder Ausbildungsreife, unklaren Berufsvorstellungen und fehlenden Kenntnis-sen des deutschen Ausbildungssystems liegen.

Angesichts dieser Probleme können Mentoring- und Coachingprogramme ein probates Mittel sein, um die Zukunftsperspektiven von benachteiligten Schüle-rinnen und Schülern zu verbessern. Dieses Projekt untersucht, wie sich eines der größten 1:1 Mentoring-projekte in Deutschland auf Schulnoten, Fehlzeiten, soziale Kompetenzen und Arbeitsmarkterfolg von be-nachteiligten Schülerinnen und Schülern auswirkt. Da-bei sollen sowohl kurz- als auch mittel- und langfristige Wirkungen untersucht und konkrete Wirkungsmecha-nismen aufgedeckt werden, so dass sich allgemeine Empfehlungen für die Ausgestaltung von Mentoring-programmen ableiten lassen.

Prüfungssysteme und schulische institutionen in internationaler PerspektiveL. Wößmann, A.B. Bergbauer in Kooperation mit ifo-Forschungsprofessor E.A. Hanushek, Stanford Univer-sity, gefördert durch die Smith Richardson Foundation, Oktober 2016 bis September 2018.

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ifo Jahresbericht 201650

Datenauswertung mit Hilfe moderner

mikroökonometrischer Forschungsmethoden

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ostasiatische Wachstumswunder als auch das latein-amerikanische Wachstumsrätsel statistisch gesehen vollständig erklären kann. Eine weitere aktuelle Studie belegt die Bedeutung des Wissenskapitals für Einkom-mensunterschiede zwischen US-Bundesstaaten.

In mehreren Vorhaben werden die umfangreichen Mik-rodaten internationaler Schülerleistungstests wie PISA und TIMSS sowie der internationale Kompetenztest Erwachsener PIAAC mit modernen mikroökonometri-schen Forschungsmethoden analysiert. Dabei geht es vor allem darum, welche bildungspolitischen Lehren aus den internationalen Schülertests für Effizienz und Chancengleichheit im Schulsystem gezogen werden können und wie sich die Kompetenzen Erwachsener auf dem Arbeitsmarkt auswirken. Aktuelle Studien dazu befassen sich u.a. mit der Rolle von institutio-nellen Rahmenbedingungen des Schulsystems, dem Informationswert zentraler Abschlussprüfungen auf dem Arbeitsmarkt, der Bedeutung berufsspezifischer Ausbildungsinhalte im Lebensverlauf und dem wirt-schaftlichen Argument für Bildung.

Ein wirtschaftshistorisches Projekt untersucht die Aus-wirkungen der Bildungsexpansion auf die Säkularisie-rung im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahr-hundert. Auch werden Mechanismen der Persistenz in der Wirtschaftsgeschichte untersucht, so der Effekt des lange untergegangenen Habsburger Reiches auf Ver-trauen und Korruption in der heutigen lokalen Verwal-tung in Osteuropa.

Neuere Studien befassen sich mit den Auswirkungen von Informationsbereitstellung auf die Präferenzen für staatliche Ausgaben insbesondere im Bildungsbereich. Weitere Beiträge beschäftigen sich mit den Chancen und Herausforderungen der Integration von Flüchtlingen durch Bildung und mit der Bedeutung von Transparenz in der Bildungspolitik. Zudem wurde im Berichtsjahr zu-sammen mit Eric A. Hanushek und Stephen Machin, Uni-versity College London, der fünfte Band des Handbook of the Economics of Education herausgegeben.

Humankapitalakkumulation und der Übergang von malthusianischer Stagnation zum modernen WirtschaftswachstumF. Cinnirella, laufendes Habilitationsprojekt, Veröffent-lichung von Teilergebnissen in Journal of Economic Growth, 2010; Cliometrica, 2012; European Review of Economic History, 2013; Historical Methods, 2014;

Journal of Development Economics, 2016; Demogra-phy, 2017; Journal of Economic Growth, im Erscheinen; und als CESifo Working Papers Nr. 5894, 2016; Nr. 6072, 2016; Nr. 6103, 2016.

Das Habilitationsprojekt untersucht aus einer histori-schen Perspektive zum einen die Determinanten und die politische Ökonomie der Bildung und zum anderen die Ef-fekte der Bildung auf das Wirtschaftswachstum. In einem Projekt wird beleuchtet, wie die Interaktion zwischen der Verteilung des Landbesitzes und Arbeitsmarktinstitu-tionen die Nachfrage nach Bildung beeinflusst. Ein ver-wandtes Projekt analysiert die Entwicklung der Eman-zipation der Arbeit aus theoretischer und empirischer Sicht. Die Studie erläutert, inwiefern die Komplementa-rität zwischen physischem Kapital und Humankapital die Anreize setzte, die Leibeigenschaft abzuschaffen, und wie letztlich die Abschaffung der Leibeigenschaft Investi-tionen in Humankapital beförderte. Darüber hinaus wird in einem Projekt der Zusammenhang zwischen der Ab-schaffung der Leibeigenschaft, der Humankapitalakku-mulation und dem Heiratsmarkt aufgezeigt.

Weitere Teilstudien des Habilitationsprojekts betrachten den Zusammenhang zwischen Humankapitalakkumula-tion, Innovation und Wachstum anhand von Daten zu Pa-tentaktivitäten in Preußen am Ende des 19. Jahrhunderts. Es zeigt sich, dass durchschnittliches Humankapital und das Humankapital der Elite unterschiedliche Auswirkun-gen auf Innovationen haben. Durchschnittliche formale Bildung, gemessen anhand der Alphabetisierungsrate, hängt stärker mit Innovationen in großen Unternehmen und mit Innovationen in technologisch fortgeschrittenen Industriebereichen zusammen. Kompetenzen von Hand-werkern mit Meistertitel hängen dagegen eher mit Inno-vationen von einzelnen Personen und mit Innovationen in traditionellen Industriebereichen zusammen. Zudem haben Humankapital und Innovationen separate Effekte auf Einkommen und Wachstum.

Ein weiterer Teil des Habilitationsprojektes betrachtet den Zusammenhang zwischen ethnisch-sprachlicher Polarisierung und öffentlichen Bildungsausgaben. Die Studie zeigt, dass in Gesellschaften mit unterschiedli-chen Präferenzen für Bildung die Dezentralisierung der Bildungspolitik zu geringeren Bildungsausgaben ge-führt hat. Schließlich wird der Effekt von Humankapital auf den Geburtenrückgang am Ende des 19. Jahrhun-derts untersucht, der den Übergang von malthusiani-scher Stagnation zum modernen Wirtschaftswachstum

untersuchung zum Beitrag von Bildungs-

expansion für die Säkularisierung im

ausgehenden 19. und beginnenden

20. Jahrhundert

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ifo Jahresbericht 2016 51

Bildung fördert den Erfolg auf dem arbeitsmarkt

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verringert. In einer anderen Studie wird anhand eines Umfrageexperiments untersucht, welche Einstellun-gen die Deutschen gegenüber Flüchtlingen haben und ob diese vom wahrgenommenen Bildungsniveau der Flüchtlinge abhängen. Eine weitere Studie findet, dass Immigration die Kriminalitätsrate insbesondere in Re-gionen mit hoher Arbeitslosigkeit erhöht.

der Einfluss von individuellen kompetenzen auf den ArbeitsmarkterfolgS. Wiederhold, laufendes Habilitationsprojekt, Veröf-fentlichung von Teilergebnissen u.a. in American Eco-nomic Journal: Macroeconomics 8(2), 2016; Journal of Economic Behavior & Organization 123, 2016; Euro-pean Economic Review 73(C), 2015; methods data ana-lyses – Journal for Quantitative Methods and Survey Methodology 8(2), 2014; und als NBER Working Papers Nr. 20727, 2014; Nr. 22657, 2016; CESifo Working Papers Nr. 5470, 2015; Nr. 5720, 2016.

Dieses Habilitationsprojekt beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern Bildung mit dem Erfolg am heutigen Arbeitsmarkt zusammenhängt. In einem Teilprojekt wurden internationale Daten zu den Kompetenzen Er-wachsener genutzt, um zu untersuchen, wie stark sich höhere Kompetenzen auszahlen. Die Ergebnisse zeigen positive Kompetenzerträge in allen der untersuchten 32 Länder, aber auch deutliche Unterschiede zwischen den Ländern. Dabei zeigt sich, dass Länder, deren Wirt-schaft in der jüngeren Vergangenheit schneller gewach-sen ist, systematisch höhere Kompetenzerträge auf dem Arbeitsmarkt aufweisen. Dieser Befund ist konsis-tent damit, dass ein wichtiges Element der wirtschaft-lichen Bedeutung von Bildung in der Fähigkeit besteht, sich an veränderte Bedingungen anzupassen.

Außerdem verfolgt das Habilitationsprojekt das Ziel, zu einem verbesserten Verständnis der kausalen Wirkun-gen von Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt anhand einer weiterentwickelten Methodik zur Identifikation zu gelangen. Beispielsweise nutzt ein Teilprojekt zu den Arbeitsmarkteffekten von Internetkompetenzen in einer Instrumentvariablenschätzung aus, dass diese Kompetenzen durch ihre regelmäßige Nutzung aufge-baut werden, wofür Zugang zum Internet notwendig ist. Daher können als Quelle exogener Variation in Internet-kompetenzen historische Gegebenheiten genutzt wer-den, die dazu geführt haben, dass in manchen Ländern bzw. Gemeinden innerhalb eines Landes die Verbrei-tung des Internets schneller erfolgte als in anderen.

Zugang zum Internet für die Erlangung von Kompetenzen notwendig

bezeichnete. In diesem Zusammenhang wird auch analysiert, inwiefern Paare ihr Heiratsalter und die Geburtsabstände im Zuge der Verschlechterung der Wirtschaftslage in England von 1540 bis 1800 geändert haben. Dies wird mit ähnlichen Analysen für Frankreich ergänzt, das erste Land in Europa, das den demographi-schen Übergang durchlief.

Humankapitalproduktion und MigrationM. Piopiunik, laufendes Habilitationsprojekt, Veröf-fentlichung von Teilergebnissen u.a. in European Eco-nomic Review, 92, 2017; Economics Letters 139, 2016; NBER Working Papers Nr. 20727, 2014; Nr. 21393; 2015, CESifo Working Paper Nr. 5470, 2015.

Ein Schwerpunkt dieses Habilitationsprojekts liegt im Bereich Bildungsökonomik, wobei unter anderem untersucht wird, wie neues Wissen generiert wird. Ein Teilprojekt zeigt, dass Unterschiede in den kognitiven Kompetenzen von Lehrkräften ein wichtiger Bestim-mungsfaktor der internationalen Unterschiede in den PISA-Schülerleistungen sind. Hierzu wurden Kompe-tenzmaße für Lehrkräfte aus der PIAAC-Studie mit den individuellen Schülerdaten des PISA-Tests verbunden. Dabei zeigt sich, dass die kognitiven Kompetenzen von Lehrkräften zwischen entwickelten Ländern stark va-riieren. Eine weitere Studie untersucht die Bedeutung von Fachwissen der Lehrkräfte für die Bildungsleistun-gen der Schüler in mehreren Ländern in Subsahara-Afrika. Ein weiteres Teilprojekt geht der Frage nach, wie sich alternative Beschäftigungsmöglichkeiten auf die Qualität der Lehrkräfte auswirken. Um dies zu un-tersuchen, wurden Konjunkturschwankungen beim Berufseintritt in detaillierten Mikrodaten aus dem US-Bundesstaat Florida genutzt. Es zeigt sich, dass Lehr-kräfte, die während einer Rezession in den Beruf ein-steigen, deutlich besser darin sind, bei ihren Schülern Lernzuwächse zu erreichen. Die Ergebnisse weisen da-her darauf hin, dass der relative ökonomische Nutzen des Lehrerberufs eine wichtige Rolle dabei spielt, ef-fektive Lehrkräfte in den Beruf zu bringen. Zur Beant-wortung dieser Forschungsfragen werden moderne mikroökonometrische Evaluierungsmethoden wie der Instrumentalvariablen- und Differenz-in-Differenzen-ansatz verwendet.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich Migrationsökonomik. Hier untersucht ein Teilprojekt, ob eine hohe Konzentration von Migranten in einer Region die Integrationschancen der Migrantenkinder

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ifo Jahresbericht 201652

Hohe Einkommens-einbußen bei Berufs-

wechslern infolge von Betriebsschließungen

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Darüber hinaus beschäftigt sich das Habilitations-projekt mit dem beruflichen Mobilitätsverhalten von Arbeitnehmern nach einem Arbeitsplatzverlust. Ins-besondere wird der Frage nachgegangen, ob Skill Mis-match, also eine für die ausgeübte Tätigkeit inadäquate Qualifikation eines Arbeitnehmers, einen Grund für die zu beobachtenden Einbußen im Lebenszeiteinkommen nach einem unfreiwilligen Arbeitsplatzverlust darstellt. Die Ergebnisse zeigen, dass Arbeitnehmer, die infolge einer Betriebsschließung arbeitslos geworden sind, mit einer größeren Wahrscheinlichkeit den Beruf wechseln. Häufig wechseln diese Personen in Berufe, in denen sie viele der vorher angesammelten Kompetenzen nicht mehr nutzen können. Gerade diese Berufswechsler er-leiden hohe Einkommenseinbußen, die selbst 15 Jahre nach der Betriebsschließung noch bestehen.

die Effekte von informationsbereitstellung auf Politikpräferenzen – Erkenntnisse aus Survey-ExperimentenP. Lergetporer, laufendes Habilitationsprojekt, Veröf-fentlichung von Teilergebnissen u.a. als CESifo Working Paper Nr. 5938, 2016; Nr. 6192, 2016.

Empirische Studien zeigen eine Vielzahl von Möglich-keiten für Reformen im Bildungssystem auf, die zur Verbesserung von Schülerleistungen führen könnten. Allerdings setzen politische Entscheidungsträger der-artige Reformen oft nicht um. Ein wichtiger Grund für diese Diskrepanz zwischen Evidenz und politischem Handeln könnte sein, dass Politiker maßgeblich von der öffentlichen Meinung und von Interessengruppen beeinflusst werden, deren Präferenzen wiederum von gesamtgesellschaftlich wünschenswerten Bildungs-reformen abweichen können. Ziel des Habilitations-projekts ist zu analysieren, welche Determinanten für die öffentliche Unterstützung von Bildungspolitik ent-scheidend sind. Die öffentliche Meinung wird hierbei mit Hilfe von repräsentativen Survey-Experimenten untersucht, wobei besonderes Augenmerk auf Interes-sensgruppen und die Effekte von Informationsbereit-stellung auf öffentliche Präferenzen gelegt wird.

die ökonomik der Bildungspolitik K. Werner, laufendes Promotionsprojekt.

Ziel der Promotionsarbeit ist es, Fragen der politischen Ökonomie der Bildungspolitik empirisch zu untersu-chen. Der Fokus liegt dabei auf dem Einfluss von bil-dungspolitischen Entwicklungen auf das Schulsystem.

In einem ersten Forschungsprojekt wurde im Rahmen der Kooperation mit dem Program on Education Poli-cy and Governance (PEPG) an der Harvard University ein Datensatz erstellt, der die öffentliche Meinung der deutschen und der amerikanischen Bevölkerung im Vergleich darstellt. Es zeigt sich, dass Befragte in bei-den Ländern zwar zum Teil sehr unterschiedliche Po-sitionen vertreten, auf bereitgestellte Informationen aber sehr ähnlich reagieren. Das spricht dafür, dass Un-terschiede in den Institutionen eine größere Rolle bei der Erklärung von Politikunterschieden zwischen den Ländern spielen als abweichende Entscheidungskrite-rien. In einem weiteren Projekt liegt der Fokus auf dem Zusammenhang zwischen der Meinung zu öffentlichen Ausgaben und dem Informationsstand der Wahlbe-völkerung in Deutschland. Hierbei zeigt sich, dass ein Großteil der Bevölkerung die tatsächlichen Bildungs-ausgaben unterschätzt. Folglich zeigt sich dabei auch, dass die Bereitstellung der Information über aktuelle Ausgabenniveaus die Zustimmung für künftige Ausga-benerhöhungen signifikant senkt. Auch wenn man sich die Verteilung der Bildungsausgaben auf die verschie-denen Bereiche des Bildungssystems ansieht, werden ökonomische Kerngrößen oft falsch eingeschätzt. So führt der Hinweis, dass laut wissenschaftlichen Studi-en im frühen Alter ansetzende Investitionen besonders wichtig für die Zukunftschancen von Kindern sind, zu einer Mehrheit für höhere Ausgaben im frühkindlichen Bereich. Zusätzliche Analysen legen nahe, dass dieser Meinungsumschwung von der weitverbreiteten Un-terschätzung der positiven Effekte von frühkindlicher Bildung getrieben wird. Zukünftige Projekte sollen den Zusammenhang zwischen öffentlicher Meinung und bildungspolitischen Prozessen vertieft analysieren.

Empirische Analysen zu strukturellem Wandel und bildungsökonomischen FragenN. Obergruber, laufendes Promotionsprojekt.

Das Promotionsprojekt untersucht mit mikroökonome-trischen Methoden und historischen Daten sowie Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) Fragestellungen der Bildungsökonomik zur Chancengleichheit. Als ers-tes wird der Einfluss einer Trennung der Eltern auf die kognitiven Fähigkeiten in den Grundkompetenzen Le-sen und Mathematik von Fünftklässlern untersucht. Die Analyse zeigt ökonometrische Probleme in bisherigen Studien auf, die das Timing von Testung und Trennung nicht genau berücksichtigen können. Es zeigt sich, dass vor allem Zeit, die die Eltern in den Schulerfolg des Kin-

analyse der Determinanten für

eine öffentliche unterstützung von Bildungsreformen

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ifo Jahresbericht 2016 53

untersuchung zum Zusammenhang von Schülerleis-tungen und Wirt-schaftswachstum in Subsahara-afrika

IFo ZEntRuM FüR BIlDungSÖKonoMIK

internationale SchülerleistungenA.B. Bergbauer, laufendes Promotionsprojekt.

Das Promotionsprojekt untersucht bildungsökonomi-sche Themen aus internationaler Perspektive. Ein ers-tes Teilprojekt untersucht den Einfluss des Schulsys-tems eines Landes auf die Schülerleistungen anhand der Panelstruktur der sechs PISA-Wellen. Ein anderer Teil des Promotionsprojekts untersucht den Zusam-menhang zwischen Schülerleistungen und Wirtschafts-wachstum in Subsahara-Afrika. Der Bildungsstand wird mit den Daten des Southern Africa Consortium for Monitoring Educational Quality (SACMEQ) abgebil-det, die Wirtschaftsleistung wird aus der nächtlichen Beleuchtung abgeleitet. Zur Analyse wird eine Panel-struktur auf Distriktebene und über die drei SACMEQ-Erhebungen genutzt.

Mikroökonomische Analyse von individuellen kompetenzen und ArbeitsmarkterfolgF. Hampf, laufendes Promotionsprojekt.

Ziel des Promotionsprojekts ist es, ein besseres Verständnis des Ursache-Wirkung-Zusammenhangs zwischen individuellen Kompetenzen und Arbeits-markterfolg zu schaffen. Hierzu untersucht das ers-te Teilprojekt, inwiefern der Konjunkturzyklus einer Volkswirtschaft zum Zeitpunkt des hochschulquali-fizierenden Schulabschlusses Einfluss auf die indivi-duelle Entscheidung, noch weiter in Bildung zu inves-tieren, nimmt. Für die Analyse werden die Daten des internationalen PIAAC Survey of Adult Skills (»Erwach-senen-PISA«) verwendet. Mit Hilfe eines Instrumen-talvariablenansatzes soll der Effekt von tertiärer Bil-dung auf die Entwicklung von kognitiven Fähigkeiten identifiziert werden. Das zweite Projekt bedient sich der PIAAC-Daten, um die Vor- und Nachteile einer be-rufsspezifischen Ausbildung für die Beschäftigungs-chancen im Lebensverlauf zu untersuchen. Es zeigt sich, dass berufsspezifische Bildung zwar den Eintritt in den Arbeitsmarkt erleichtert, mit zunehmendem Alter aber die Beschäftigungsperspektiven verrin-gert. Ein drittes Teilprojekt der Dissertation analy-siert die Wirksamkeit eines Mentoringprogramms in Deutschland, das Schülerinnen und Schüler während ihrer letzten Schuljahre begleitet und auf den Arbeits-markteintritt vorbereitet. In einer randomisierten Kontrollstudie sollen die Effekte auf kognitive und nicht-kognitive Fähigkeiten und den weiteren Bil-dungsverlauf untersucht werden.

Berufsspezifische Bildung erleichtert Eintritt in den arbeitsmarkt

des investieren, wichtig ist, um negative Einflüsse einer Trennung abzufedern. In wirtschaftshistorischem Kon-text untersucht ein Teilprojekt den Einfluss von landwirt-schaftlichem Erbrecht, das Geschwister gleich behandelt (Realteilung), auf strukturellen Wandel im Deutschen Reich. Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert kann ein robuster Zusammenhang zwischen Realteilung und Ver-teilung von Grundbesitz festgestellt werden. Deskriptiv zeigt sich diese stärkere Gleichheit auch in Körpergrößen von Soldaten. Realteilungsgebiete vollziehen früher den Wandel von einer Agrar- zu einer Industriegesellschaft, insbesondere in innovativen Branchen wie der Chemie-industrie. Zusätzlich verzeichnen Realteilungsgebiete mehr Patente. Selbst heute zeigt sich in Realteilungsge-bieten ein höheres Durchschnittseinkommen und mehr Beschäftigung im Dienstleistungssektor.

Mikroökonometrische Analysen der Bildungs- und Arbeitsmarktökonomik L. Simon, laufendes Promotionsprojekt.

Das Promotionsprojekt untersucht mittels mikroöko-nometrischer Methoden den Einfluss von Bildung und anderen Determinanten auf den Arbeitsmarkterfolg. In einem ersten Projekt wird der Einfluss von Schul- und Hochschulnoten und anderen Lebenslaufmerkmalen wie Sprach- und Computerkenntnissen sowie sozialen Kompetenzen auf die Einstellungswahrscheinlichkeit untersucht. Die Daten hierzu wurden in einem randomi-sierten Feldexperiment im Zuge einer Befragung einer re-präsentativen Stichprobe von Personalleitern erhoben. Die Ergebnisse zeigen, dass Schulabschlussnoten bei der Entscheidung, ob ein Unternehmen einen Bewerber zum Gespräch einlädt, wichtig sind, wenn diese direkt vor dem Eintritt in den Arbeitsmarkt erworben wurden. In einem zweiten Projekt wird der Einfluss einer Arbeitsmarktde-regulierung auf die Angebots- und Nachfrageseite des Ar-beitsmarktes untersucht. Gegenstand der Untersuchung ist die Handwerksnovelle von 2004, die Teil der Agen-da 2010 war, und der damit einhergegangene Wegfall des Meisterbriefes als notwendige Qualifikation für die Selbstständigkeit in einigen Handwerken. Die Analyse wird anhand dreier Datensätze durchgeführt, nämlich individueller Sozialversicherungsdaten, Firmendaten so-wie Mikrozensusdaten, um die Auswirkungen der Reform auf die Angebots- und Nachfrageseite des Arbeitsmarkts für Firmen, Angestellte und selbstständige Handwerker zu beleuchten. In einem dritten Projekt geht es um die öffentliche Meinung zur aktuellen Flüchtlingspolitik und den Bildungsgrad der geflüchteten Personen.

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ifo Jahresbericht 201654

Forschungs- schwerpunkte:

Industrieökonomik, Innovation und neue

technologien

ifo Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologien

Die Schwerpunkte des ifo Zentrums für Industrieöko-nomik und neue Technologien sind:

– Industrieökonomik und Branchenanalysen,

– Neue Technologien,

– Erhebung unternehmensbasierter und sektoraler Daten, LMU-ifo Economics & Business Data Center (EBDC)

Das Forschungsprogramm des ifo Zentrums für Indust-rieökonomik und neue Technologien umfasst die Analy-se der Determinanten und Auswirkungen unternehmeri-scher Aktivität sowie unternehmensinterner Strukturen und Prozesse. Von besonderem Interesse ist dabei die Beantwortung folgender Fragen: Wie erfolgreich sind zentrale Branchen, insbesondere im Hinblick auf ihre In-novationsfähigkeit? Welche Rolle spielen hierbei durch die Politik beeinflussbare Rahmenbedingungen und staatliche Fördermaßnahmen? Können diese staatli-chen Aktivitäten dazu beitragen, rasch und durchgrei-fend technologischen Fortschritt zu erzielen? Zur Be-antwortung dieser Fragen nutzt der Bereich verstärkt State-of-the-Art (mikro-)ökonometrische Methoden der evidenzbasierten Politikevaluation und -beratung und greift hierfür auf unternehmensbasierte und sektorale Daten zurück. Hier leistet das ifo Zentrum für Industrie-ökonomik und neue Technologien Pionierarbeit von ho-hem praktischem Nutzen.

induStriEökonoMik und BrAnCHEnAnAlySEn

Auf dem Gebiet der angewandten Industrieökonomik interessiert sich das ifo Zentrum für Industrieökono-mik und neue Technologien u.a. für die Wirkungen branchenspezifischer Regulierung und die Analyse von Wettbewerbsbeziehungen. So wurde beispiels-weise im Berichtsjahr eine Studie zur Regulierungs-bedürftigkeit der Endkundenmärkte für den Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt an-gefertigt. Im Herbst 2016 beriet der Bereich zusam-men mit DICE Consult die kasachische Regierung bei der Entwicklung von Methoden zur Bestimmung von Marktmacht und zur Untersuchung von Kartellen in Kasachstan.

Neben der Analyse der Wirkungen von Rahmenbedin-gungen gehört auch die Analyse von unternehmensin-ternen Strukturen und Prozessen wie Management-praktiken, Diversität der Arbeitnehmerschaft oder Personalstrategien von Unternehmen zu den zentra-

len Forschungsgebieten. Darüber hinaus führt das ifo Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologi-en regelmäßig Studien zur Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlichen Bedeutung einzelner Branchen durch.

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt des Bereichs ist die Branchenbeobachtung. Schon seit dem Jahr 1993 ge-hören dazu die Berichte, die im Auftrag des DG-Verlags zweimal im Jahr über die Entwicklung in 160 Branchen erstellt werden. Neben diesem »Branchen-special«-In-formationssystem wurden im Jahr 2016 Messestudien sowie die Analyse und Prognose der deutschen Bau-wirtschaft im Rahmen des EUROCONSTRUCT-Projekts erfolgreich fortgesetzt. Mit den Branchenstudien wird in dem Bereich einmaliges Detailwissen über die Wett-bewerbssituation und die institutionellen Rahmenbe-dingungen zahlreicher Branchen vorgehalten. Mit Hilfe dieses Detailwissens können die im Bereich durchge-führten quantitativen Studien mit qualitativer Evidenz ergänzt werden. Dazu trägt der enge Bezug der ifo-Branchenexperten zur Praxis in besonderer Weise bei. Zur Vertiefung des Austauschs mit Unternehmen und Verbänden wurde auch im Jahr 2016 der ifo Branchen-Dialog in Kooperation mit der IHK für München und Oberbayern und mit finanzieller Unterstützung durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie veranstaltet. Das de-taillierte Wissen über eine Vielzahl deutscher Branchen wird im Bereich in einer Datenbank institutioneller Ver-änderungen archiviert.

nEuE tECHnoloGiEn

Auf dem Gebiet der neuen Technologien widmet sich der Bereich der Identifizierung, Beschreibung und Ana-lyse von neuen Technologien mit einem hohen Wachs-tumspotenzial für die jeweiligen Branchen. Es geht u.a. um die Frage, welche Technologien hohe Spillover-Effekte auf andere Unternehmen und Branchen (soge-nannte Universaltechnologien) aufweisen und wie man diese Technologien staatlicherseits fördern kann. Von besonderem Interesse ist dabei die Frage, wie sich das technologische Fundament der deutschen Industrie stützen und weiterentwickeln lässt.

Unter den Universaltechnologien wird ein beson-derer Schwerpunkt auf die Informations- und Kom-munikationstechnologien (IKT) gesetzt. Im Rahmen einer langjährigen Kooperation unterstützt die Deut-sche Telekom AG finanziell zwei Doktorandenstellen. Die beiden Doktoranden beschäftigten sich in ihren

analyse von Wettbewerbs-

beziehungen

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ifo Jahresbericht 2016 55

EBDC jetzt dem ifo Zentrum für Industrieökonomik und neue technologien angegliedert

IFo ZEntRuM FüR InDuStRIEÖKonoMIK unD nEuE tECHnologIEn

Dazu stellt es innovative Datensätze deutscher Unterneh-men bereit, die sowohl Umfragedaten des ifo Instituts als auch externe Bilanzdaten der Firmendatenbanken Ama-deus und Hoppenstedt enthalten. Zu den Aufgaben des EBDC zählen weiterhin die Beschaffung und Verwaltung wichtiger Datenquellen für Forschung und Lehre, die zen-trale Bereitstellung, Aktualisierung und Dokumentation von Datenbanken externer Anbieter sowie der Erwerb von entsprechenden Support-Tools.

Seit 2014 besteht außerdem die Möglichkeit, in den Räumlichkeiten des EBDC auf die Daten des Bayeri-schen Landesamts für Statistik und Datenverarbei-tung zuzugreifen. Zudem bietet das EBDC externen Forschern ab dem Jahr 2015 die Möglichkeit, in For-schungsarbeiten verwendete Datensätze und Pro-grammcodes im EBDC zu archivieren und diese der wissenschaftlichen Community zugänglich zu machen.

Darüber hinaus ist das EBDC zentrale Ansprech- und Koordinationsstelle für wissenschaftliche Unterneh-mensdatenbanken der BWL- und VWL-Fakultäten der LMU und betreut als Dienstleister vor Ort Forscher und Gastforscher der LMU und des ifo Instituts. Das EBDC stellt sein methodisches Wissen auf dem Gebiet der ökonometrischen Analyse von Unternehmensdaten im Rahmen von Beratungsangeboten zur Verfügung.

Im Jahr 2016 abgeschlossene Projekte

ifo Branchen-dialog 2016L. Dorffmeister, M. Ebnet, O. Falck, G. Nerb, G. Orhan, J. Schricker, S. Schüller, A. Städtler, P. Wojciechowski, H.-G. Vieweg in Kooperation mit der IHK für München und Oberbayern und finanziell unterstützt durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Me-dien, Energie und Technologie, Bericht im ifo Schnell-dienst 23(69), 2016.

Am 9. November 2016 fand der ifo Branchen-Dialog 2016 statt. Rund 200 Vertreter aus Wirtschaft und Po-litik nahmen daran teil. Nach der Begrüßung durch den Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern, Peter Driessen, folgte der Vortrag von Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts, zum The-ma »Die wirtschaftliche Lage in Deutschland und der Welt«.

Rund 200 teilnehmer beim ifo Branchen-Dialog

Promotionen mit der Ökonomik von Innovationen im Telekommunikationssektor. Darüber hinaus un-tersucht das ifo Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologien auch die Wirkungen der institu-tionellen Rahmenbedingungen (z.B. Patentgesetz-gebung) und staatlichen Fördermaßnahmen (z.B. Innovationspolitik in Ostdeutschland, steuerliche Förderung von FuE) auf die Innovationsaktivitäten von Unternehmen und evaluiert, welche innovati-onspolitischen Maßnahmen tatsächlich wirken. So ist der Forschungsbereich beispielsweise an einem internationalen Konsortium beteiligt, das für die Ge-neraldirektion Unternehmen der Europäischen Kom-mission ein Evaluationssystem für nachfrageseitige Innovationspolitiken entwirft.

ErHEBunG untErnEHMEnSBASiErtEr dAtEn

Sowohl mikroökonometrische Forschung als auch evidenzbasierte Politikberatung benötigen unterneh-mensbasierte Daten. Das ifo Zentrum für Industrieöko-nomik und neue Technologien beteiligt sich daher an der Erhebung von primären unternehmensbasierten ifo-Daten. Beispiele hierfür sind die Personalleiterbe-fragung zu den Personalstrategien von Unternehmen oder der Innovationstest. Die Personalleiterbefragung wurde auch im Jahr 2016 in Kooperation mit Randstad Deutschland durchgeführt. Im ifo Innovationstest wer-den seit nunmehr über 30 Jahren Unternehmen zu ih-ren Innovationsaktivitäten, Innovationshemmnissen und -impulsen befragt.

LMU-ifo Economics & Business Data Center (EBDC)

Aufgrund der Wichtigkeit unternehmensbasierter Da-ten für die Forschung des Bereichs ist auch das LMU-ifo Economics & Business Data Center (EBDC) am Be-reich angegliedert. Die durch die Befragungen des ifo Instituts gewonnenen Unternehmensdaten sind eine wertvolle Basis empirischer Forschung. Für interne und externe Forscher wurde der ifo-Datapool aufgebaut, der zu einem vom Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten akkreditierten Forschungsdatenzentrum (2011) weiter-entwickelt wurde. Das LMU-ifo-Economics & Business Data Center (EBDC) ist eine gemeinsame Plattform der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und des ifo Instituts und hat das Ziel, neue Felder für die empirische volks- und betriebswirtschaftliche For-schung zu erschließen.

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ifo Jahresbericht 201656

Vier Branchenforen

IFo ZEntRuM FüR InDuStRIEÖKonoMIK unD nEuE tECHnologIEn

Daran schlossen sich in je zwei Parallelveranstaltun-gen die Foren »Industrie« und »Handel« sowie »Bau-wirtschaft« und »Dienstleistungen« an. In den vier Foren wurden die Branchenanalysen und -prognosen des ifo Instituts vorgestellt und aktuelle Trends und Herausforderungen der jeweiligen Wirtschaftszweige diskutiert. In der Betrachtung struktureller Verände-rungen standen im diesjährigen Branchen-Dialog ins-besondere branchenspezifische Aspekte der neuen Zuwanderung und des demographischen Wandels im Blickpunkt.

Das Abschlussreferat hielt Ludger Wößmann, Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik, zum Thema »In-tegration durch Qualifikation – Chancen und Heraus-forderungen der Zuwanderung«.

Referenten der Foren waren:

Forum 1 – Industrie: Einführung und Diskussionsleitung: H.-G. Vieweg, ifo Institut; Experten: M. Ebnet, ifo Institut, und H. Schöff-mann, IHK für München und Oberbayern.

Forum 2 – Handel: Einführung: A. Städtler und G. Orhan, beide ifo Institut; Diskussionsleitung: W. Fischer, CityPartner München e.V.; Experten: M. Jahn, GfK GeoMarketing GmbH, und R. Waloßek, Betten Rid GmbH.

Forum 3 – Bauwirtschaft: Einführung: L. Dorffmeister, ifo Institut; Diskussions-leitung: R. Scholl, Ministerialdirektor a.D., BMVBS; Experten: L. Weiden, empirica ag, und H. Joosten, BPD Immobilienentwicklung.

Forum 4 – Dienstleistungen: Einführung: G. Nerb und P. Wojciechowski, beide ifo Institut; Diskussionsleitung: R. Obermeier, Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern; Experten: P. Eisen, Eisen Personal-Service, E. Ebert, Paketzentrum der Deutschen Post AG Feucht / Nürn-berg, und E. Brenner, LBS-Landesverband Bayerischer Spediteure.

Der nächste ifo Branchen-Dialog wird am 8. Novem-ber 2017 wiederum in den Räumlichkeiten der IHK für München und Oberbayern stattfinden.

Michael Ebnet, Mitarbeiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien

Professor Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts

Politikberatung im rahmen von leibniz im Bundestag und ExpertenbeiträgenMit dem Format »Leibniz im Bundestag« bietet die Leib-niz-Gemeinschaft den Abgeordneten des Deutschen Bundestags Einzelgespräche mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu verschiedenen Themen an. Das ifo Zentrum für Industrieökonomik und neue Technolo-gien war 2016 mit insgesamt sieben Themen vertreten, die mit elf Terminbuchungen auf großes Interesse der Mitglieder des Bundestags gestoßen sind. Die auf 45 Mi-nuten angesetzten Gespräche fanden am 31. Mai bzw. 1. Juni 2016 in den Abgeordnetenbüros in Berlin statt.

Die Abgeordneten waren daran interessiert, den In-formationsaustausch auch künftig aufrechtzuerhal-ten. In einem Fall ergab sich aus dem Gespräch ein direkter Folgeauftrag. So wurde Michael Ebnet von der Bundestagsfraktion DIE LINKE für das Öffentli-

Vortrag zum thema »Integration durch

Qualifikation«

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ifo Jahresbericht 2016 57

nürnberger Messen und Veranstaltungen bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Region

IFo ZEntRuM FüR InDuStRIEÖKonoMIK unD nEuE tECHnologIEn

Wirtschaftliche Wirkungen der nürnberger Mes-sen und VeranstaltungenH. Penzkofer für die NürnbergMesse GmbH, Januar 2014 bis August 2016, Veröffentlichung im ifo Schnell-dienst 69(2), 2016.

Aussteller, Besucher und die NürnbergMesse geben Jahr für Jahr rund 1,18 Mrd. EUR für Veranstaltungen im Messezentrum Nürnberg aus. Diese direkten Ausga-ben bewirken in Deutschland ein gesamtwirtschaftli-ches Kaufkraftvolumen von 1,65 Mrd. EUR; umgerech-net auf Erwerbspersonen bedeutete dies, dass rund 14.800 Arbeitsplätze von den Ausgaben abhängig sind, die auf Nürnberger Messen und Veranstaltungen getä-tigt werden.

Auch für die öffentliche Hand sind Messeveranstaltun-gen von Interesse; dies zeigt das im Zusammenhang mit den Nürnberger Veranstaltungen stehende Steuerauf-kommen. In einem durchschnittlichen Veranstaltungs-jahr entstehen Steuereinnahmen von 302 Mio. EUR.

Wirtschaftliche Effekte der Nürnberger Messen und Veranstaltungen

Quelle: Berechnungen des ifo Instituts.

der »Messe index«H. Penzkofer in Kooperation mit der Messe Frankfurt GmbH, Januar 2015 bis Dezember 2016, Veröffentli-chung im ifo Schnelldienst 69(4), 2016.

Messen sind ein Spiegel der Märkte, dies zeigen die Ergebnisse der Untersuchung sehr deutlich. Zentra-le Messekennzahlen internationaler Fachmessen in Deutschland wie die Entwicklung von Besucher- und

neue Kennzahl: Der »Messe Index«

che Fachgespräch »Mächtige Supermärkte – Folgen für Erzeuger, Verbraucher und Beschäftige«, das am 4. Juli 2016 im Paul-Löbe-Haus in Berlin stattgefunden hat, als Referent eingeladen. Thema seines Beitrags waren die Folgen der Fusion von Edeka und Kaiser’s Tengelmann für die Lieferanten und Erzeuger. Vertre-ten auf dem Podium waren neben dem ifo Institut der Deutsche Bauernverband, die Verbraucherzentrale Bundesverband und Oxfam Deutschland. Geleitet wurde die Veranstaltung von Karin Binder (MdB), er-nährungs- und verbraucherpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE.

Wirtschaftliche Effekte der Nürnberger Messen und Veranstaltungen

Quelle: Berechnungen des ifo Instituts.

Fachgespräch »Mächtige Supermärkte«, 4. Juli 2016, Paul-Löbe-Haus, Berlin

ifo-Mitarbeiter

Ludwig Dorffmeister

Ludwig Dorffmeister

Michael Ebnet

Michael Ebnet

Michael Ebnet

Michael Ebnet

Julia Schricker

Simone Schüller

Simone Schüller

Simone Schüller

Simone Schüller

Thema

Bezahlbare Mieten in den Wachstums-regionen

Sorgenkind kommunale Bautätigkeit

Bestrebungen zu mehr Transparenz in der textilen Wertschöpfungskette

Bestrebungen zu mehr Transparenz in der textilen Wertschöpfungskette

Bestrebungen zu mehr Transparenz in der textilen Wertschöpfungskette

Was bedeutet die Fusion von Edeka und Kaiser’s Tengelmann für die Lieferanten und Erzeuger?

Krise auf dem Milchmarkt – Handlungsoptionen

Breitband und Regionalentwicklung

Das Internet mobilisiert Wähler

Das Internet mobilisiert Wähler

Das Internet mobilisiert Wähler

Gesprächspartner

Bettina Kudla (CDU/CSU)

Ewald Schurer (SPD)

Renate Künast(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Uwe Kekeritz(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Karin Binder (DIE LINKE)

Katharina Landgraf (CDU/CSU)

Mark Helfrich (CDU/CSU)

Astrid Grotelüschen(CDU/CSU)

Margaret Horb (CDU/CSU)

Xaver Jung (CDU/CSU)

Michael Vietz (CDU/CSU)

7 894

3 641 3 296

14 831

0

2 000

4 000

6 000

8 000

10 000

12 000

14 000

16 000

Nürnberg Bayern(ohne Nürnberg)

restlicheBundesländer

insgesamt

Durchschnittliches Messe- und Veranstaltungsjahr der NürnbergMesse GmbH

Zahl der Arbeitsplätze

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ifo Jahresbericht 201658

untersuchung von Kartellen in

Kasachstan

IFo ZEntRuM FüR InDuStRIEÖKonoMIK unD nEuE tECHnologIEn

Ausstellerzahlen hängen stark vom Verlauf der deut-schen Wirtschaftsleistung ab, die auch auf zahlreiche Länder Europas ausstrahlt. Der »Messe Index« bildet zum einen die Geschäftsentwicklung und zum ande-ren die Geschäftserwartungen von deutschen Unter-nehmen auf internationalen Konsum- und Investiti-onsgütermessen in Deutschland ab. Er ermöglicht somit eine aktuelle Einschätzung der Messeaktivitä-ten dieser Unternehmen sowie mittels der Geschäfts-erwartungen der Unternehmen auch einen Ausblick auf das nächste halbe Messejahr. Dies ist möglich, da das berechnete Geschäftsklima des »Messe Index« die Bewegungsrichtung der Konjunktur sehr gut sig-nalisiert.

Methoden zur Bestimmung von Marktmacht und kartellen in kasachstanO. Falck, S. Schönherr für die kasachische Association for Development of Competition and Product Markets in Kooperation mit DICE Consult J. Haucap, Universität Düsseldorf, November 2016.

Das Pilotprojekt dient der Beratung des kasachischen Ausschusses für die Regulierung der natürlichen Mono-pole und den Schutz des Wettbewerbs bei der Entwick-lung von Methoden zur Bestimmung von Marktmacht und zur Untersuchung von Kartellen in Kasachstan. Ge-genstand des Pilotprojekts war die Organisation einer Auftaktkonferenz mit wichtigen Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft in Astana am 4. November 2016. Dem Pilotprojekt soll ein längerfristig angelegtes Hauptprojekt folgen.

Wirtschaftsentwicklung unterhaltungsautomaten 2015 und Ausblick 2016H.-G. Vieweg, A. Jacob-Puchalska für die Deutsche Automatenwirtschaft, Dezember 2015 bis März 2016.

Im Rahmen der jährlich erstellten Studien für die deutsche Automatenwirtschaft wurde 2016 der Schwerpunkt der Studie auf die Regulierung des Glücks- und Gewinnspielmarkts gelegt. Der Anlass für dieses Thema ergab sich insbesondere aus den seit Mitte des letzten Jahrzehnts vor dem Bundesver-fassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof gescheiterten Gesetzesinitiativen der Länder, das Glücksspielmonopol abzusichern. Darüber hinaus haben sich diese Initiativen als ungeeignet erwiesen, die Ausbreitung des illegalen Glücksspiels in Deutsch-land zu verhindern. Das Angebot an Glücksspielen im

Internet und die Zahl der im rechtlichen Graubereich operierenden Sportwettläden breiten sich zu Lasten des legalen Angebots laufend weiter aus. Insgesamt erfordert der Glücks- und Gewinnspielmarkt eine über alle Marktsegmente kohärente Regulierung. Zu-sätzlich muss die Zuständigkeit des Bundes sowie der anderen Gebietskörperschaften klar geregelt und die Vorschriften aufeinander abgestimmt sein, um die Re-gulierungsdefizite abzubauen.

Europäisches konsortium für nachhaltige industriepolitik (ECSiP) – Studien zur Wett-bewerbsfähigkeit europäischer Branchen H.-G. Vieweg, J. Koenen in Kooperation mit ECORYS, Niederlande, IDEA Consult, Belgien, Cambridge Eco-nometrics, Großbritannien, Danish Technological Institute, Dänemark, WIIW, Österreich, und Euromo-nitor, Großbritannien, für die Europäische Kommis-sion, Generaldirektion Unternehmen und Industrie, 2012 bis 2016.

Das ifo Institut hat 2012 mit ECORYS (Niederlande), IDEA Consult (Belgien), Cambridge Econometrics (Großbritannien), Danish Technological Institu-te (Dänemark), WIIW (Österreich) und Euromonitor (Großbritannien) ein europäisches Konsortium für nachhaltige Industriepolitik zur Durchführung von Branchenuntersuchungen gegründet, das European Competitiveness and Sustainable Industrial Policy Consortium (ECSIP). Es wurde ein Rahmenvertrag mit einer Gesamtlaufzeit von vier Jahren bei der Euro-päischen Kommission in einem offenen Wettbewerb gewonnen. Die Aufgabe bestand in der Analyse der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von Branchen und der Identifikation erklärender Faktoren. Darü-ber hinaus wurden die langfristigen Perspektiven für den Standort Europa aufgezeigt und Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit vorgeschlagen. Der Rahmenvertrag ist ein Folgeprojekt zu einem be-reits im Zeitraum 2007–2011 erhaltenen Rahmenver-trag der Europäischen Kommission.

die Energiewende im Spannungsfeld zwischen regionalisierung und zentralisierung (EnErGio)T. Triebs für das Bundesministerium für Bildung und Forschung, Fördermaßnahme »Umwelt- und gesell-schaftsverträgliche Transformation des Energiesys-tems«, September 2013 bis November 2016, Veröffent-lichung in ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 65(10), 2015.

ausbreitung des illegalen glücksspiels

in Deutschland

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ifo Jahresbericht 2016 59

Daten des ifo Konjunkturtests: Verlässlicher Indikator für die Ertragsentwicklung vieler Industrie-branchen

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chen Wandel Rechnung zu tragen, wird die Auswahl der behandelten Branchen von Zeit zu Zeit an die veränderte Bedeutung der einzelnen Wirtschaftszweige angepasst.

Als Informationsbasis dienen Daten der amtlichen Sta-tistik sowie primär- und sekundärstatistische Quellen, insbesondere Verbandsstatistiken, sowie Ergebnisse von Befragungen verschiedener Institutionen. Eine be-sondere Rolle spielen die Ergebnisse des ifo Konjunktur-tests, die eine fundierte Einschätzung der aktuellen und zukünftigen Entwicklung möglich machen. Beispielswei-se sind die dort erhobenen Urteile zur Ertragslage ein ver-lässlicher Indikator für die aktuelle Ertragsentwicklung vieler Industriebranchen. Alle Informationen werden in Text- und Tabellendarstellungen sowie in Graphiken komprimiert aufbereitet. Das in jedem Bericht enthalte-ne Branchenrating liefert auf einen Blick die wichtigsten Informationen zur aktuellen und künftigen Umsatz- und Ertragsentwicklung der Branche sowie deren Konkur-renzintensität und Konjunkturabhängigkeit. Eine Liste aller erhältlichen Berichte mit Veröffentlichungstermi-nen ist auf der Website des ifo Instituts eingestellt (www.cesifo-group.de/branchenspecial). Einzelberichte sind bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken erhältlich, Abonnements beim DG-Verlag in Wiesbaden.

Branchenrating liefert Informationen zur aktuellen und künftigen Umsatz-entwicklung der Branche sowie deren Konkurrenzintensität

In dem vom ifo Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologien bearbeiteten Teil des ENERGIO-Projekts wurde das Verhalten von Energieunternehmen mit Bezug auf die Energiewende untersucht. Eine Unternehmensbe-fragung hat gezeigt, dass Unternehmen die aktuelle und zukünftige Ertragslage größtenteils positiv beurteilen, den Auswirkungen gesetzlicher Rahmenbedingungen dage-gen mit großer Sorge entgegensehen. Dazu werden Stra-tegieanpassungen in Form von Kooperationen sowie der Aufnahme neuer Geschäftsfelder als notwendig erachtet.

Projekte in Bearbeitung

informationssystem »Branchen special«M. Ebnet, H. Hofmann in bereichsübergreifender Zu-sammenarbeit mit mehr als 20 weiteren ifo-Wissen-schaftlern für den DG-Verlag, Wiesbaden, laufendes Projekt, Veröffentlichung in Bundesverband der Deut-schen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), DG-Verlag, Wiesbaden.

»Branchen special« informiert kontinuierlich und aktuell in 100 Berichten über die 160 wichtigsten Branchen der mittelständischen deutschen Wirtschaft. Die Branchen-berichte aus den Wirtschaftsbereichen Dienstleistungen, Agrarwirtschaft, Bau- und Ausbaugewerbe, Einzel- und Großhandel sowie Industrie und Handwerk werden halbjährlich überarbeitet. Sie enthalten in übersicht-licher, standardisierter Form fundierte Analysen und Prognosen zur Branchenstruktur und -konjunktur. Hier-bei werden insbesondere die Angebots- und Nachfrage-strukturen auf den Güter- und Dienstleistungsmärkten, die Unternehmensgrößen und die Konzentrationsten-denzen dargestellt. Zur Beurteilung der konjunkturellen Perspektiven werden Umsatz- und Produktionsprog-nosen, Betrachtungen der Kapazitäts- und der Preis-entwicklung durchgeführt. Anhand der Ergebnisse von Betriebsvergleichen, amtlichen Strukturstatistiken und einer Analyse der Preis- und Kostenentwicklung wird auf die betriebswirtschaftliche Verfassung der Branche eingegangen. Außerdem werden unternehmenspoliti-sche Optionen sowie Wettbewerbsposition und -fähig-keit der mittelständischen Unternehmen der Branche aufgezeigt. Insbesondere befassen sich die Berichte in diesem Zusammenhang mit (branchenspezifischen) in-stitutionellen Veränderungen, die sich systematisieren lassen, und den entsprechenden Anpassungsreaktionen verschiedener Marktteilnehmer. Um dem wirtschaftli-

Institutionelle Veränderung

Änderung am regulatorischenRahmen

Handelsbeschränkungen/-ab-kommen

Förderprogramme

Änderung der Marktstruktur

Markteinführung einer konkreten Innovation

Allgemeiner technologischerWandel

Beschreibung

Veränderung gesetzlicher/rechtlicher Vorschri�en, Grundsätze, Richtlinien, Pflichten, Verbote, Re-/De-regulierungsmaßnahmen wie die Einschränkung /Erlaubnis konkreter Geschä�spraktiken, Setzung /Aufhebung von Marktzugangsbarrieren, staatliche Vergütungssysteme, gesetzliche Lohnuntergrenzen etc.

tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse, Frei-handelszonen/-abkommen etc.

auf eine politische Zielsetzung ausgerichtete Bereit-stellung staatlicher Fördermittel (Zuschüsse, vergüns-tige Kredite), Beihilfen, Prämien, Subventionen etc.

große Fusionen, Insolvenzen, Markteintritt branchen-fremder Anbieter, Filialisierung, Verschiebung in Richtung Online-Vertrieb etc.

Marktstart technischer Neuerungen (z.B. E-Bikes), Freigabe technischer Hilfsmittel (z. B. Einführung elektr. Gesundheitskarte) etc.

technologische Megatrends wie Digitalisierung, Online-Handel, Internet der Dinge, Industrie/Logi-stik 4.0 etc.

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ifo Jahresbericht 201660

EBDC: Zentrale an-laufstelle für die Ver-tragsabwicklung bei

Mikrodatenkäufen für die ifo Zentren und deren archivierung

IFo ZEntRuM FüR InDuStRIEÖKonoMIK unD nEuE tECHnologIEn

lMu-ifo Economics & Business data Center (EBdC)O. Falck, H. Mittelmeier, S. Yang.

Das EBDC hat im Jahr 2016 weitere Fortschritte bei der seiner Entwicklung zur zentralen Anlaufstelle für die Vertragsabwicklung bei Mikrodatenkäufen für die ifo Zentren und deren Archivierung gemacht. Eine Vertreterin des EBDC hat in der Unterarbeitsgruppe »Harmonisierung & Metastrukturen« vom Forschungs-dateninfrastruktur (FDI)-Ausschuss des Rats für So-zial- und Wirtschaftsdaten mitgearbeitet. Hier findet ein verstärkter Austausch zwischen den Forschungs-datenzentren auf Arbeitsebene statt. Die Themen sind insbesondere Nutzereinbindung/-betreuung, Organi-sation der Arbeitsabläufe, Datenschutz, IT-Entwick-lungen, Datenmanagement sowie rechtliche Fragen. Besonders der Bereich der Metadatenstandards (DDI) und die Langzeitarchivierung sollen auf den nächsten FDI-Sitzungen thematisiert werden. Zukünftig soll eine gemeinsame Marketing-Plattform geschaffen werden, die FDZ’s und deren Datennutzern erlaubt, Daten und Publikationen bekannt zu machen.

Außerdem wurde die Verbindung zu den wirtschafts-wissenschaftlichen Fakultäten der LMU intensiviert. Im Rahmen der Doktorandenveranstaltung »Workshop Good Scientific Practice & Data Management« hat das EBDC gemeinsam mit dem Forschungsdatenzentrum des Bayerischen Statistischen Landesamtes dieses Jahr sein Datenangebot in der LMU vorstellen dürfen. Es wurde dabei auch veranschaulicht, wie nachhaltiges wissenschaftliches Arbeiten mit Hilfe von Doi’s und Da-tenarchivierung vom EBDC unterstützt wird.

Die stärkere Verknüpfung zwischen EBDC und LMU zeigt sich auch in einer neuen Leitungsstruktur: Professor El-sas (Betriebswirtschaftliche Fakultät), Professor Winter (Volkswirtschaftliche Fakultät) und Professor Falck (ifo Institut) teilen sich zukünftig die Führung des EBDC.

Die EBDC-Panels wurden auch in diesem Jahr wei-terentwickelt. Für die Version 2014/15 wurde das Ziel verfolgt, die Prozeduren für den ifo-Datenpool und die EBDC-Panel zusammenzuführen und mit einem neuen Auswahlverfahren beim Zusammenspiel von Bilanzen und ifo-Daten die Abdeckungsquote zu er-höhen. Schließlich haben Mitarbeiter des EBDCs an einer Machbarkeitsstudie für die Stiftung Familienun-ternehmen mitgewirkt.

nachfrageorientierte innovationspolitikO. Falck, J. Koenen, S. Wiederhold in Kooperation mit Ernst & Young, Italien, Cambridge Econometrics, Eng-land, Capgemini, Niederlande, und SQW, England, für die Europäische Kommission, Generaldirektion Unter-nehmen und Industrie, seit Februar 2014.

Im Rahmen dieses Projekts werden für die Europäische Kommission Methoden entwickelt und präsentiert, mit denen nachfrageorientierte Innovationspolitiken gemäß dem aktuellen Stand der Wissenschaft begut-achtet und evaluiert werden können. Hierfür hat das ifo Institut in einem eigenständigen Arbeitspaket eine Metastudie durchgeführt, in der anhand existierender Evaluationen analysiert wurde, für welche Art von Po-litiken unter welchen Bedingungen Wirksamkeit nach-gewiesen werden konnte. Als Grundlage diente eine Typologie von Politikmaßnahmen, die auf Grundlage der existierenden Literatur erstellt wurde. Im weiteren Verlauf des Projekts wird ein Methodenbaukasten zur Evaluation von nachfrageorientierten Innovationspo-litiken entwickelt.

ifo innovationstest O. Falck, H. Penzkofer, laufendes Projekt.

Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit einer Wirtschaft oder eines Unternehmens sind langfristig von sogenannten Hightech-Innovationen geprägt. Sol-che technologischen Durchbrüche treten allerdings nur selten auf. Vielmehr vollzieht sich technologischer Fortschritt überwiegend in einer Vielzahl von kleinen Schritten. Zur Erfassung von Innovationen sollte daher

neue leitungs- struktur des EBDC

zeigt stärke Verknüpfung

zwischen ifo und lMu

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ifo Jahresbericht 2016 61

Berechnungen der wirtschaftlichen Effekte der Hamburger und ...

IFo ZEntRuM FüR InDuStRIEÖKonoMIK unD nEuE tECHnologIEn

Veränderung der Zufriedenheit der unternehmen mit der ausbildung der Hochschulabsolventen in den

letzten zehn Jahren

Quelle: Randstad-ifo-Personalleiterbefragung, 3. Quartal 2016.

Wirtschaftliche Wirkungen der Hamburger MessenH. Penzkofer für die Messe Hamburg GmbH, Januar 2015 bis August 2017.

Wesentliches Ziel dieser Untersuchung ist es, ausgehend von den gesamten Ausgaben der Messeaussteller und -besucher aller Hamburger Messeveranstaltungen die direkten und indirekten Produktions- und Beschäfti-gungswirkungen sowie das messeinduzierte Steuerauf-kommen für ein repräsentatives Messejahr zu ermitteln. Die Berechnung der direkten und indirekten Wirkungen basiert auf einem Schätzmodell, das vornehmlich auf die Besucher- und Ausstellerstruktur sowie einzelne Ausga-benarten (wie z.B. Übernachtung, Standbau) beruht.

Wirtschaftliche Wirkungen der düsseldorfer MessenH. Penzkofer für die Messe Düsseldorf GmbH, Januar 2016 bis März 2018.

Auch diese Untersuchung hat das Ziel, ausgehend von den gesamten Ausgaben der Messeaussteller und -besucher aller Düsseldorfer Messeveranstaltungen die direkten und indirekten Produktions- und Beschäftigungswirkun-gen sowie das messeinduzierte Steueraufkommen für ein repräsentatives Messejahr zu ermitteln. Die Berechnung der direkten und indirekten Wirkungen basiert auf einem Schätzmodell, das vornehmlich auf die Besucher- und Ausstellerstruktur sowie einzelne Ausgabenarten beruht.

… der Düsseldorfer Messen

ein weit gefasster Innovationsbegriff gewählt werden. Denn nur durch die Erfassung von sowohl »radikalen« als auch »marginalen« Neuerungen kann der techni-sche Fortschritt erklärt werden. Diesem Ansatz folgt der seit 1979 jährlich durchgeführte ifo Innovations-test. Auf der gleichen definitorischen Basis werden auch die Innovationsbefragungen in den OECD-Län-dern durchgeführt.

Auf der Grundlage der Daten des ifo Innovations-tests ist das ifo Institut in der Lage, zum einen die branchen- und produktgruppenspezifischen Innova-tionsaktivitäten der Unternehmen abzubilden. Zum anderen liefern die Ergebnisse Informationen auf gesamtwirtschaftlicher Ebene für Branchen-, Struk-tur- und Wachstumsanalysen. Darüber hinaus werden auch die – die Innovationsaktivitäten der deutschen Industrie beeinflussenden – ökonomischen und tech-nologischen Rahmenbedingungen erfasst.

randstad-ifo-PersonalleiterbefragungA. Jacob-Puchalska, O. Falck, K. Wohlrabe, P. Wojcie-chowski für Randstad Deutschland, laufendes Pro-jekt, Veröffentlichung auf der Website des ifo Insti-tuts, im ifo Schnelldienst sowie auf der Website des Auftraggebers.

Das ifo Institut befragt viermal im Jahr Personalchefs aus dem Verarbeitenden Gewerbe, dem Groß- und Einzelhandel sowie dem Dienstleistungsbereich nach der Bedeutung von Flexibilisierung im Personalein-satz. Dabei bewerten die teilnehmenden Personallei-ter sowohl Personalflexibilisierung allgemein als auch in Bezug auf acht Einzelmaßnahmen (Überstunden, befristete Verträge, Minijobs, Zeitarbeit, freie Mitar-beiter, Outsourcing, innerbetriebliche Umsetzungen, Arbeitszeitkonten).

Mit Hilfe des Projekts sollen Erkenntnisse über die Bedeutung von Flexibilisierungsmaßnahmen in ver-schiedenen Branchen sowie im Zeitverlauf gewonnen werden. Wechselnde Sonderfragen widmen sich zu-dem aktuellen personalpolitischen Themen. Die Er-gebnisse ausgewählter Sonderfragen finden Eingang in das Internetangebot des ifo Instituts und werden zudem regelmäßig im ifo Schnelldienst veröffentlicht. Im Jahr 2016 wurden Sonderfragen gestellt zu den Auswirkungen der Rente ab 63, der Bologna-Reform, dem Einfluss des Mindestlohns auf die Vergabe von Praktika und zum Angebot von Home-Office.

2%

gleich geblieben43%

gesunken32%

keine Angabe23%

gestiegen

Unter den Unternehmen, die generell Hochschulabsolventen eingestellt haben

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ifo Jahresbericht 201662

Positive Effekte durch staatliche Förder-

maßnahmen zur Energieeinsparung im Bereich der Haus- und

gebäudetechnik

IFo ZEntRuM FüR InDuStRIEÖKonoMIK unD nEuE tECHnologIEn

Haus- und Gebäudetechnik in deutschland und ausgewählten ländern EuropasM. Kocijan für die Vereinigung der deutschen Zentral-heizungswirtschaft e.V., Vereinigung Deutsche Sanitär-wirtschaft e.V. und Messe Frankfurt Exhibition GmbH.

In Fortführung des Projekts aus den vergangenen Jah-ren wurde die aktuelle Entwicklung des Wirtschafts-bereichs »Haus- und Gebäudetechnik« in Deutschland untersucht. Dazu wurden die wichtigsten Marktdaten, wie beispielsweise die Anzahl der Unternehmen, der Umsatz, die Beschäftigten und die Investitionen zu-sammengestellt. Die wirtschaftliche Lage der Haus-technikbranche hat sich 2015 angesichts des mode-raten Wachstums der deutschen Wirtschaft erneut verbessert. Positive Effekte sind von den zahlreichen staatlichen Fördermaßnahmen zur Energieeinspa-rung und zur Nutzung erneuerbarer Energien zu er-warten. Zu nennen sind insbesondere die zahlreichen Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr-kontrolle (BAFA) gewährten Zuschüsse im Marktan-reizprogramm für erneuerbare Energien. Schließlich wurde der Umsatz der deutschen Haus- und Gebäude-technik mit den entsprechenden Daten der Branche in Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Österreich, Spanien und der Schweiz verglichen. Die Veröffentlichung erfolgt durch die Auftraggeber. Das Projekt wird voraussicht-lich im Jahr 2017 fortgesetzt.

Haus- und Gebäudetechnik (Sanitär, Heizung, lüftung, klima)M. Kocijan für die Vereinigung der deutschen Zentral-heizungswirtschaft e.V., Vereinigung Deutsche Sanitär-wirtschaft e.V. und Messe Frankfurt Exhibition GmbH.

Mit dem Konjunkturbarometer für den Wirtschaftsbe-reich Haus- und Gebäudetechnik werden die konjunk-turelle Lage und die weitere Entwicklung der Branche in Deutschland aufgezeigt. Dazu wurden nach dem Vor-bild des ifo Konjunkturtests die Geschäftslage, die Ge-schäftserwartungen und zusätzliche konjunkturrele-vante Faktoren durch Befragungen von Unternehmen gewonnen. Für den Bereich Haus- und Gebäudetechnik wurden entsprechend den drei Branchenstufen Umfra-gen in der Industrie (Heizungstechnik, Gebäudearma-turen usw.), dem Großhandel und bei installierenden Unternehmen des Ausbaugewerbes durchgeführt. Die Daten für die Geschäftslage und die Geschäftserwar-

tungen der einzelnen Stufen wurden zum Klimaindex für die gesamte Branche verdichtet. Mit den Umfragen wurde im Oktober 2004 begonnen. Diesem Bericht liegt eine Auswertung der Daten des vergangenen Jah-res zugrunde. Die Veröffentlichung erfolgt durch die Auftraggeber. Das Projekt wird voraussichtlich im Jahr 2017 fortgesetzt.

konjunktur und Struktur in der Bauwirtschaft Europas (EuroConStruCt-netzwerk)L. Dorffmeister, M. Kocijan, E. Gluch für die EC-Part-nerinstitute, die Organisatoren und Teilnehmer der EUROCONSTRUCT-Konferenzen sowie die Bezieher der Tagungsbände und für Präsentationen auf Fachkon-ferenzen, Veröffentlichung im ifo Schnelldienst 69(2), 2016; 69(13), 2016; 69(14), 2016; sowie in diversen Fach-zeitschriften.

Das europäische Forschungs- und Beratungsnetzwerk »EUROCONSTRUCT« besteht aus 19 europäischen Mit-gliedsinstituten (15 aus West- und vier aus Mittelosteu-ropa). An wechselnden Orten finden zweimal im Jahr Konferenzen statt, auf denen die aktuellen Prognosen für alle Partnerländer – aber auch für Europa insge-samt – vorgestellt werden. Dabei werden nicht nur die nach Bauarten differenzierten Wertgrößen (in Euro), sondern auch physische Variablen (Anzahl der Woh-nungen) der Bautätigkeit präsentiert. Die Konferenzen im Jahr 2016 – im Juni in Dublin, im November in Barce-lona – beschäftigten sich darüber hinaus mit den Aus-wirkungen des Niedrigzinsumfelds auf die europäische Bauwirtschaft bzw. mit den neuen europäischen Verga-berichtlinien im kommenden Jahrzehnt. Die Sommer-konferenz 2017 wird in Amsterdam stattfinden.

Baukonjunktur in deutschland nach SpartenL. Dorffmeister, M. Kocijan, E. Gluch für Bundes- und Landesministerien, Behörden, Forschungs- und Be-ratungsinstitute, Unternehmen und Verbände, lau-fendes Projekt, Arbeitstabellen (auf Anfrage) sowie Veröffentlichungen im ifo Schnelldienst und externe Publikationen.

Im Rahmen dieses Forschungs- und Beratungsprojekts werden vierteljährlich wert- und mengenmäßige Grö-ßen zur deutschen Baukonjunktur – differenziert nach Wohnungsbau, Wirtschaftshoch- und -tiefbau sowie öf-fentlichem Hoch- und Tiefbau – prognostiziert. Die Vor-ausschätzungen werden u.a. im Arbeitskreis Bau- und Wohnungsprognostik sowie beim ifo Branchen-Dialog

Befragungen seit 2004

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ifo Jahresbericht 2016 63

analyse zum Mobil-funk als alternative zum Festnetzschluss

IFo ZEntRuM FüR InDuStRIEÖKonoMIK unD nEuE tECHnologIEn

Das Gutachten analysiert zunächst die Argumente der Regulierungsbehörden in vorangegangenen Marktana-lyseverfahren. Im Rahmen einer anschließenden empiri-schen Untersuchung soll überprüft werden, inwiefern vor allem Mobilfunk (und andere Alternativtechnologien, wie VoI, VoIP, Messaging) ein Substitut für den Festnetzzu-gang sind. Sollten Alternativtechnologien zur vermehr-ten Aufgabe von Festnetzanschlüssen führen, wären sie dem relevanten Endkundenmärkten für den Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten zuzurech-nen. Für die Analyse werden regionale Unterschiede in der Verfügbarkeit /Qualität der Alternativtechnologien genutzt, um daraus resultierende Unterschiede in der Festnetznutzung zu erklären. Mit dieser Vorgehensweise wird eine »Technologieelastizität« identfiziert, die, als Al-ternative zur klassischen Kreuzpreiselastizität, Auskunft über die Substituierbarkeit des Zugangs zum Telefonfest-netz mit Alternativtechnologien gibt.

ökonomik der innovation im telekommunikationssektorA. Heimisch, A. Mazat, laufende Promotionsprojekte, unterstützt durch die Deutsche Telekom AG, seit Okto-ber 2014.

Die beiden Promotionsprojekte befassen sich sowohl mit der Bestimmung der Determinanten von Innovati-onen im Telekommunikationssektor als auch mit deren Wirkungsweise. Darüber hinaus werden auch Fragen bzgl. der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung dieser In-novationen behandelt. Dazu werden Individual-, Regio-nal- und Unternehmensdaten herangezogen.

Im Promotionsprojekt von A. Mazat wird in einer von mehreren Studien der Einfluss der Verfügbarkeit von schnellem Internet auf die Unternehmensgründungs-wahrscheinlichkeit bzw. lokale Firmenansiedlung unter-sucht. Um einen Kausalzusammenhang zu identifizie-ren, werden dabei technologische Besonderheiten des Fernsprechnetzes, die die Umsetzbarkeit der DSL-Tech-nologie beeinflussen, im Rahmen eines Instrumental-variablenansatzes ausgenutzt. Die Analyse zeigt, dass eine verbesserte Verfügbarkeit von schnellem Internet mit einer erhöhten Anzahl an Betriebsgründungen im wissensintensiven Dienstleistungssektor einhergeht. Außerdem zeigt sich, dass zusätzliche Gründungen in Folge verbesserter Breitbandinternetverfügbarkeit vor allem in solchen Regionen stattfinden, in denen sich auch die sonstigen Rahmenbedingungen für Gründun-gen als förderlich erweisen.

Verbesserte Verfügbarkeit von schnellem Internet führt zu einer erhöhten anzahl an Betriebs-gründungen im wissensintensiven Dienstleistungssektor

zur Diskussion gestellt. Sie gehen in die Gemeinschafts-diagnose der Forschungsinstitute und in die Progno-sen des ifo Instituts ein. Darüber hinaus werden sie für eine Reihe von Berichten bei »Branchen special« und als Grundlage für den deutschen Beitrag zu den Pro-gnosen der europäischen Baukonjunktur (EUROCON-STRUCT) verwendet.

Wirtschaftsentwicklung unterhaltungsautomaten 2016 und Ausblick 2017H.-G. Vieweg für die Deutsche Automatenwirtschaft, Dezember 2016 bis Januar 2017.

Die laufende Studie konzentriert sich auf die Auswirkun-gen der Regulierung des deutschen Glücks- und Gewinn-spielmarktes auf die Spielstätten und ihre Betreiber. Die Gesetzesinitiativen der Deutschen Länder zur Regulie-rung des Markts sind darauf gerichtet, das staatliche Monopol zu erhalten und gleichzeitig das Angebot der Spielstätten zurückzudrängen. Die entsprechenden Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags treten zum 1. Juli 2017 in Kraft und bedeuten das Ende für mehr als die Hälfte der Spielstätten. Gleichzeitig nimmt das Angebot an Glücksspielen im Internet weiterhin zu. Ins-gesamt erfordert der Glücks- und Gewinnspielmarkt eine über alle Marktsegmente kohärente Regulierung. Zusätzlich muss die Zuständigkeit des Bundes sowie der anderen Gebietskörperschaften klar geregelt und die Vorschriften aufeinander abgestimmt sein.

Expertengutachten zur sektorspezifischen regulierung im Endkundenmarkt für den zugang zum telefonfestnetzO. Falck, A. Heimisch, J. Koenen, A. Mazat für die Deut-sche Telekom AG, Oktober 2016 bis April 2017.

Ziel des Gutachtens ist eine Beurteilung der Regu-lierungsbedürftigkeit der Endkundenmärkte für den Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Stand-orten auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt. Hintergrund ist die von der EU-Kommission am 4. Ok-tober 2014 neugefasste Empfehlung hinsichtlich rele-vanter Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die für eine Vorabregulierung in Betracht kommen. Darin stellt die EU-Kommission fest, dass sie für Endkundenmärkte im Telekommuni-kationssektor grundsätzlich keine sektorspezifische Regulierung mehr vorsieht. Gleichzeitig fordert sie na-tionale Behörden dazu auf, die Regulierungsbedürftig-keit dieser Märkte auf nationaler Ebene zu überprüfen.

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ifo Jahresbericht 201664

IKt-Fähigkeiten begründen häufig

höhere löhne

IFo ZEntRuM FüR InDuStRIEÖKonoMIK unD nEuE tECHnologIEn

Im Promotionsprojekt von A. Heimisch wird in einer ers-ten Studie der Effekt von Fähigkeiten im Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) (wie beispielsweise E-Mails schreiben oder die Online-Suche von Informationen) auf dem Arbeitsmarkt unter-sucht. Diese Fähigkeiten entstehen zu einem großen Teil durch »learning-by-doing«, was die Verfügbarkeit von Breitbandinfrastruktur voraussetzt. Mit Hilfe zweier Ins-trumentalvariablenansätze kann ein positiver, kausaler Effekt von IKT-Fähigkeiten auf Löhne festgestellt werden. Ein Mechanismus der diese positiven Lohneffekte erklärt, ist die Selektion von Individuen mit höheren IKT-Fähigkei-ten in Berufe mit einem hohen Anteil an abstrakten Aufga-ben, die mit Lohnprämien einhergehen. Diese Studie ist als CESifo Working Paper Nr. 5720 veröffentlicht.

In einem gemeinsamen Projekt beschäftigen sich Frau Heimisch und Herr Mazat mit einer regulato-rischen Fragestellung: Obwohl der Markt für Fest-netztelefonie unbedeutender wird, ist der Markt für den Zugang zu diesem Netz in einigen europäischen Ländern noch immer reguliert. In diesen Ländern stellen die Regulierungsbehörden infrage, dass die Substitutionsbeziehung zwischen Festnetztelefonie und Mobilfunk für eine Deregulierung ausreichend ist. Um diese Beziehung nachzuweisen, werden nicht klassisch Kreuzpreiselastizitäten geschätzt; statt-dessen präsentieren Heimisch, Mazat und Koautoren eine neue Methode: Sie schätzen eine »cross techno-logical elasticity« zwischen Festnetz und Mobilfunk auf Basis einzigartiger, regional fein gegliederter Daten aus Österreich. Um den Endogenitätsproble-men mit der lokalen Verfügbarkeit von Mobilfunk zu begegnen, wird eine Instrumentalvariablenstrategie verwendet, die auf der Idee beruht, dass mobile Inf-rastruktur in hügeligeren Gebieten aufgrund der hö-heren Kosten schlechter ausgebaut ist. Erste Ergeb-nisse weisen auf einen signifikant negativen Effekt von Mobilfunkabdeckung auf die Änderungsrate in der Festnetznutzung hin.

Was ist innovationspolitisch machbar?T. Lohse, laufendes Promotionsprojekt, seit November 2014.

Im ersten Teil des Promotionsprojekts soll ein Über-blick darüber gegeben werden, welche Aspekte der In-novationspolitik bislang kausalanalytisch untersucht wurden und welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind. Der zweite Teil hat die Evaluation eines In-

novationsprogramms in Ostdeutschland zur Aufgabe. Auch die übrigen Teile werden sich mit den Determi-nanten und Wirkungsweisen von innovationsfördern-den Maßnahmen beschäftigen.

neue technologien und innovative industrienK. Candel Haug, laufendes Promotionsprojekt.

Das Dissertationsprojekt analysiert die Entstehung und Verbreitung von Innovationen und die daraus resultie-renden Markt- und Industriestrukturen. Ein erstes Pro-jekt nimmt in der Literatur etablierte Messgrößen von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) auf und entwickelt einen neuen Indikator, der aktuel-le technologische Entwicklungen widerspiegelt. Erste empirische Ergebnisse auf Basis von Unternehmens-daten zeigen einen signifikanten Effekt der modernen Technologien auf die Beschäftigung, wobei kleine Firmen schrumpfen und große Firmen wachsen. Ein zweites Projekt analysiert den Innovationsbeitrag von Migranten in Deutschland sowie mögliche externe Ef-fekte auf die Produktivität deutscher Erfinder. Hierfür wird ein Datensatz aus Patent- und Migrationsdaten auf Kreisebene in Deutschland erstellt.

Aufsätze zu internationalem HandelS. Yang, laufendes Promotionsprojekt.

Eine erste Studie innerhalb des Promotionsprojekts geht der Frage nach, welche Wirkungen der Arbeitskräfteman-gel auf Unternehmen hat. Dazu wird auf die einzigartigen EBDC-Datensätze, die Finanzdaten und Unternehmens-befragungen kombinieren, zurückgegriffen. Die Daten zeigen, dass Unternehmen, die einen Arbeitskräfteman-gel berichten, eine höhere Kapazitätsauslastung, gerin-gere Lagerbestände, mehr unerfüllte Aufträge und ein größeres Interesse für mehr Investitionen haben. Hierbei handelt es sich allerdings nur um Korrelationen. Um den kausalen Effekt des Arbeitskräftemangels zu identifizie-ren, soll die Wiedervereinigung Deutschlands als exoge-nen Schock im Arbeitskräfteangebot betrachtet werden. Auch sollen heterogene Wirkungen zwischen exportie-renden und nicht-exportierenden Unternehmen unter-sucht werden.

innovationsanreize, innovationspolitik und neue technologienJ. Koenen, laufendes Habilitationsprojekt, Veröffentli-chung von Teilergebnissen im International Journal of Industrial Organization 43, November 2015.

neue analyse- methode zur

Bestimmung der Substitutions-

beziehung zwischen Festnetz und

Mobilfunk

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ifo Jahresbericht 2016 65

untersuchung zur Bedeutung der Managementqualität für die Produktivität von unternehmen

IFo ZEntRuM FüR InDuStRIEÖKonoMIK unD nEuE tECHnologIEn

in der Regulierung. Ein weiterer Schwerpunkt des Ha-bilitationsprojekts liegt auf der Analyse der Bedeutung der Qualität des Managements für die Produktivität im Unternehmen. Es wird allgemein angenommen, dass besseres Management zu einer höheren Produktivität führt. Ist dies aber immer der Fall? Beeinflusst Manage-ment mehr die Arbeits- oder Kapitalproduktivität? Führt besseres Management auch zu schnellerem tech-nologischen Wandel?

die ökonomik von teamsJ. Tumlinson, verschiedene laufende Forschungspro-jekte, Veröffentlichung im Management Science 60(9), 2014: The New Palgrave Encyclopedia of Strategic Ma-nagement, Palgrave Macmillan, 2015; CESifo DICE Re-port 14(3), 2016.

Die Forschungsprojekte beschäftigen sich mit der Öko-nomik von Teams, u.a. mit den Determinanten ihrer Formierung, den Anreizen von Teammitgliedern (und Nicht-Mitgliedern) sowie den Auswirkungen auf die Wohlfahrt. Einzelne Projekte befassen sich mit dem Verhalten von Unternehmern, mit Kooperationen und Beteiligungen sowie mit dem Zusammenspiel von Kul-tur und sozialen Normen. Die Projekte verbinden ins-besondere spieltheoretische Ansätze mit empirischen Methoden.

untersuchungen zur »teambildung«

Die Innovationsanstrengungen von Individuen und Firmen hängen vom wirtschaftlichen Umfeld und den durch Innovationspolitik definierten Anreizen und Rahmenbedingungen ab. Eine zentrale Rolle spielt hier das Patentsystem. In drei Teilprojekten wird theoretisch modelliert, wie sich verschiedene Kom-ponenten des Patentsystems (Gerichtsverfahren, Patente als Eigentumsrechte in vertikalen Unterneh-mensbeziehungen sowie Reputationsmechanismen) auf Investitionsanreize von Firmen und Individuen auswirken. Komplementär hierzu wird in einem vier-ten Teilprojekt theoretisch und anhand von Daten über die deutsche Automobilindustrie untersucht, wie sich relative Verhandlungsmacht und gegenseiti-ges Vertrauen auf Investitionen in innovative Techno-logien auswirken.

Sozioökonomische Wirkungen von Breitband- internetS. Schüller, laufendes Habilitationsprojekt, Veröffent-lichung von Teilergebnissen als CESifo Working Paper Nr. 6129, 2016; sowie im Wirtschaftsdienst 96(8), 2016.

Prozesse des technologischen Wandels stehen seit den 1990er Jahren im Zeichen der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) und der damit ein-hergehenden Digitalisierungsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft. Internettechnologien und dement-sprechende Infrastrukturen gewinnen dabei rasant an Bedeutung. Die ersten zwei Teilprojekte der Habi-litation evaluieren die Auswirkungen eines öffentli-chen ADSL2+Bereitstellungsprogramms in der Provinz Trentino, zum einen auf politische Wahlbeteiligung, zum anderen auf Firmenumsätze, Wertschöpfung, Pro-duktivität sowie Beschäftigung.

Management in ProduktionT. Triebs, laufendes Habilitationsprojekt, Veröffentli-chung von Teilergebnissen als Ifo Working Paper Nr. 129, 2012.

Das Habilitationsprojekt befasst sich auf Unterneh-mensebene mit der Messung und den Determinanten von Effizienz, Produktivität und technologischem Wan-del. Unter anderem werden die Auswirkungen von Re-gulierung auf die Produktivität von Energieversorgern untersucht. Bei der empirischen Betrachtung dieser Auswirkungen ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass Regulierung endogen ist, d.h., technologischer und institutioneller Wandel führt auch zu Änderungen

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ifo Jahresbericht 201666

analyse der Wirksamkeit

klimapolitischer Instrumente und

der allokation erschöpfbarer

Ressourcen im Fokus der Forschung

ifo Zentrum für Energie, Klima und erschöpfbare Ressourcen

Die Forschungsaktivitäten des Zentrums werden durch die großen Herausforderungen bestimmt, die sich aus der Bewahrung einer lebenswerten Umwelt, dem Kli-mawandel und der Knappheit natürlicher Ressourcen sowie einer nachhaltigen Energieversorgung ergeben. Entsprechend seines Namens ist das Zentrum dabei hauptsächlich in der Forschung und Politikberatung zu Themen der Klima- und Energiepolitik sowie zu Fra-gen der effizienten Nutzung erschöpfbarer Ressourcen aktiv. Es beschäftigt sich aber auch nach wie vor mit Fragen der Bereitstellung umweltbezogener Güter und Dienstleistungen.

Im Zentrum des Forschungsschwerpunkts Klima und erschöpfbare Ressourcen stehen theoretische und empirische Analysen der Wirksamkeit klimapolitischer Instrumente und der Allokation erschöpfbarer Energie-ressourcen. Es werden insbesondere Anreize zur Emis-sionsvermeidung und Technologieentwicklung unter-sucht. Hindernisse zur Anpassung an und Vermeidung des Klimawandels werden in Form von internationalen Rückwirkungen klimapolitischer Maßnahmen, Pfadab-hängigkeiten und Unsicherheit einbezogen. In diesem Kontext kooperiert der Bereich in einem mehrjährigen Projekt zur integrierten Analyse einer Grünen Transfor-mation mit Forschern verschiedener Disziplinen und Institutionen in Deutschland. Ein weiterer Forschungs-schwerpunkt lag in den vergangenen Jahren auf der theoretischen Analyse klima- und ressourcenpoliti-scher Maßnahmen unter besonderer Berücksichtigung des Ressourcenangebots. Diese Thematik wird zuneh-mend auch aus empirischer Sicht betrachtet.

Des Weiteren pflegt das ifo Zentrum für Energie, Klima und erschöpfbare Ressourcen eine internetbasierte In-formationsplattform zu Ressourcen- und Energiethe-men und baut diese kontinuierlich weiter aus. Ferner werden innerhalb der bereits bestehenden, internati-onal vergleichenden Datenbank wirtschaftsrelevanter Regulierungen und Institutionen (DICE) Informationen zum Sachgebiet Klimawandel/Energiepolitik laufend aktualisiert und ergänzt.

Der Forschungsschwerpunkt Energie ist thematisch eng mit dem Schwerpunkt Klima und erschöpfbare Ressour-cen verknüpft, da anthropogene Emissionen von Klima-gasen hauptsächlich aus der Nutzung fossiler Energieträ-ger resultieren. Im Fokus der Forschung stehen dabei die Analyse der Transformation von Energiesystemen, Ener-giemärkte und Energiewirtschaft sowie die effiziente

Gestaltung von Energiepolitik. Ein Schwerpunkt der For-schung liegt dabei auf Analysen des Stromsektors, aber auch Entwicklungen und Politiken in anderen Sektoren, wie zum Beispiel dem Transportsektor, werden unter-sucht. Es wird zudem berücksichtigt, dass Erfolgspara-meter energiepolitischer Maßnahmen nicht allein die erreichte CO2-Reduktion, sondern auch die Wirtschaft-lichkeit, Akzeptanz, Umweltverträglichkeit im Allgemei-nen sowie die Sicherheit der Energieversorgung sind.

Die Charakteristika der Energieversorgung, aber auch Verhaltens- und Akzeptanzaspekte führen bei der Transformation von Energiesystemen zu Spannungs-feldern, die mit unterschiedlicher Schwerpunktset-zung auf nationaler wie regionaler Ebene untersucht werden. Ein im Jahr 2016 abgeschlossenes Projekt widmete sich beispielsweise der Frage der Regionali-sierung versus Zentralisierung der Energiewende; ein weiteres laufendes Projekt untersucht interdisziplinär die Transformation der Energieversorgung einer Regi-on im Süden Münchens.

Deutsche Energiepolitik und ihre Wirkungen müssen immer auch im Kontext europäischer Entwicklungen gesehen werden. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt des Bereichs ist daher die Interaktion von nationalen und internationalen Politiken und CO2-Vermeidungs-zielen auf europäischer Ebene. Zu diesem Zweck setzt der Bereich insbesondere ein Modell des europäischen Strommarkts ein, in dem die Integration erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne detailliert abgebildet wird. Um die Darstellung von Transformationsprozes-sen im Energiesystem weiter zu verbessern, wird das verwendete Modell kontinuierlich weiterentwickelt. In Zuge einer mehrjährigen Kooperation mit ande-ren Universitäten und Forschungsinstituten liegt der Schwerpunkt dabei auf der verbesserten Modellierung von Technologieentwicklung und der Flexibilisierung der Nachfrage. Diese Arbeiten werden ergänzt durch vergleichende Szenarienanalysen, die das Verständnis von Transformationsprozessen auf dem Energiesektor erhöhen und damit einen wichtigen Beitrag zur Politik-beratung leisten.

Im Forschungsschwerpunkt umwelt befasst sich der Bereich in erster Linie mit aktuellen Fragestellungen der Umweltwirtschaft. Er hat langjährige Erfahrung in der Analyse der Umweltwirtschaft und hat sich in den letzten Jahren verstärkt mit den Anbietern von Anlagen und Dienstleistungen zur Nutzung erneuer-

Pflege einer internet-basierten Informa-

tionsplattform zu Ressourcen- und

Energiethemen

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ifo Jahresbericht 2016 67

Zusammenhang von Föderalismus, Mehrebenensystem und Energie- versorgung

IFo ZEntRuM FüR EnERgIE, KlIMa unD ERSCHÖPFBaRE RESSouRCEn

(politisch-administrativ verfasst, funktional gebildet, sozial konstruiert, Region als intermediäre Ebene im Mehrebenensystem) vorgenommen.

Das ifo Institut hat Beiträge zu verschiedenen Arbeits-paketen des Forschungsprojekts geleistet. Entspre-chend konnten im Sinne der obigen Ziele bestimmte Ergebnisse erzielt werden. Für das Arbeitspaket 1 wurde an einem längeren Bericht gearbeitet, der die Zusammenhänge zwischen Föderalismus, Mehrebe-nensystem und Energieversorgung bzw. Energiepolitik aufarbeitet. Dabei konzentrierten sich die Ausführun-gen vorwiegend auf Deutschland und auf den Aus-bau erneuerbarer Energien im Strombereich, weil die Mehrebenenthematik hier deutlicher als etwa in der Wärmeversorgung zutage tritt und mehrere der em-pirischen Arbeitspakete hierauf eingehen. Der Bericht trägt dazu bei, die verschiedenen empirischen Arbei-ten in einen größeren Rahmen einzubetten und theo-retische Bezugspunkte zu verdeutlichen.

In einem ersten Teil wurde der Status quo nachgezeich-net, sowohl im Hinblick auf die Charakteristika von Strom und erneuerbaren Energien als auch im Sinne einer Bestandsaufnahme von Politik und Governance im Untersuchungsfeld. In einem zweiten Teil wurde eine Gegenüberstellung zweier theoretischer Ansätze und eine Einordnung in vorwiegend normative Theori-en vorgenommen: die neoklassische Theorie des Föde-ralismus einerseits und den Elinor Ostrom verknüpften polyzentrischen oder auch Mehrebenen-Governance- Ansatz andererseits. Beide mussten mit Blick auf die Thematik angepasst und modifiziert werden.

Im Rahmen der Projektbearbeitung des Arbeitspakets 2 ist u.a. ein Forschungspapier zur ungleichen räumlichen Verteilung der Windkraftkapazitäten in Deutschland entstanden. Dies erschien besonders interessant, weil neben naturräumlich-geographischen und bundes-politischen Einflüssen (EEG) auch politische und zivil-gesellschaftliche Einflüsse auf lokaler und regionaler Ebene von Bedeutung sind. Es wurden daher zahlreiche Panel-Regressionen durchgeführt, mit denen die Deter-minanten des Zuwachses von Windanlagenkapazitäten auf Kreisebene zwischen 2001 und 2012 erklärt werden könnten. Restringierend wirkte sich dabei die Tatsache aus, dass vielfältige regionale Politiken und Initiativen im Hinblick auf ihre Ausbauwirkungen nicht konsistent über die Zeit miteinander verglichen werden konnten. Unsere Basisregression zeigte jedoch neben den oben

Zuwachs an Wind-anlagenkapazitäten auf Kreisebene

barer Energien, mit der Erhöhung der Energieeffizi-enz und der Energieeinsparung befasst, so dass hier eine Schnittmenge mit dem Forschungsschwerpunkt Energie besteht. Einer weiterer Themenschwerpunkt auf dem Gebiet der Umwelt ist traditionell Forschung über Fragen der Wassernutzung und des Wasserma-nagements. Diese Schwerpunkte werden zurzeit um die Entwicklung von Methoden und Indikatoren zur Verbesserung des Monitoring der Bioökonomie erwei-tert.

In den Arbeiten des Bereichs kommen kontrolltheo-retische und numerische Methoden ebenso wie öko-nometrische Ansätze zum Einsatz. Die Ergebnisse der Forschung dienen als Grundlage, um politische Ent-scheidungsträger mit fundierten Informationen über die Effizienz und Wirksamkeit klima-, energie- und um-weltpolitischer Politikinstrumente zu versorgen.

Im Jahr 2016 abgeschlossene Projekte

EnErGio – die Energiewende im Spannungsfeld zwischen regionalisierung und zentralisierung K. Pittel, T. Rave, J. Albrecht-Saavedra, Th. Triebs in Ko-operation mit A. Ziegler, Universität Kassel, A. Lange, Universität Hamburg, und ewi Energy Research & Scena-rios gGmbH, Köln, für das Bundesministerium für Bildung und Forschung, September 2013 bis November 2016.

Ziel dieses Vorhabens war es, regionale Aspekte bei der Planung und Umsetzung der Energiewende in Deutsch-land empirisch zu beleuchten und das Zusammenspiel zwischen Kosteneffizienz und Präferenzgerechtigkeit/Akzeptanz zu verdeutlichen. Mit unterschiedlichen Methoden wurde untersucht, in welchem Maße die Akzeptanz und die Mitwirkung der beteiligten Akteure regional (unterschiedlich) ausgeprägt sind und ener-giepolitische Maßnahmen regional differenzierter und/oder kosteneffizienter ausgestaltet werden können oder ob Möglichkeiten der verbesserten Koordination zwischen staatlichen bzw. Governance-Ebenen in der Energiepolitik bestehen. Ebenso wurde untersucht, ob energiepolitische Maßnahmen dort umgesetzt werden, wo die geringsten Kosten anfallen bzw. die größten unausgeschöpften CO2-Vermeidungs- und Innovationspotenziale zu erwarten sind. Dabei wur-den unterschiedliche Konkretisierungen von »Region«

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Bessere Koordination der energie-

politischen Maßnahmen

zwischen Bund und Regionen nötig

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genannten sonstigen Faktoren (Flächenverfügbarkeit, Windbedingungen etc.) einen signifikanten Einfluss von einigen Variablen, die Anreize für regionale Politiken dar-stellen bzw. diese zumindest grob und indirekt approxi-mieren: die Arbeitslosenrate des Kreises, der Anteil von Bündnis 90/Die Grünen bei Landtagswahlen und eine links ausgerichtete Landesregierung (jeweils positiver Einfluss auf den Windkraftausbau).

Das Forschungspapier verdeutlicht im weiteren Sinne, dass die Energiewende mit ihren national verkündeten Ausbauzielen auf regional unterschiedliche Ausgangs-lagen, Anreize und Interessen stößt. Offensichtlich scheint etwa, dass der Ausbau erneuerbarer Energien lokal und regional in unterschiedlichem Maße mit ar-beitsmarktpolitischen Zielen verknüpft wird. Dies er-schwert eine Koordination energiepolitischer Ziele und Maßnahmen auf Bundesebene. Es liegt also nahe, dass eine bessere Koordination energiepolitischer Maßnah-men zwischen Bund und subnationalen Einheiten dazu beitragen würde, die kosteneffiziente Umsetzung der Energiewende zu erhöhen. Erkennbar ist auch, dass regional ambitionierte Ausbauziele vor allem dort ge-setzt worden sind, wo die exogenen und zum Teil wohl auch endogenen Standortbedingungen günstig sind.

Im Arbeitspaket 5 wurden als methodischer Kontra-punkt zu den umfrage- und modellbasierten Arbeitspa-keten die Institutionenbildung und die Interaktion der Akteure vor Ort untersucht. Ausgewählt wurden hier als Fallstudienstädte München, Regensburg und Schönau im Schwarzwald. Zentral für dieses Arbeitspaket war die Frage, inwiefern und (wenn ja) aus welchen Gründen und auf welche Weise sich innovative Politikmaßnahmen und -konzepte oder bestimmte Teile davon im Energiebereich unter den Kommunen und ihren Stadtwerken ausbreiten.

Die drei Fallstudien weisen typische Besonderheiten auf. Politikinnovationen interagieren etwa im Fall von Schönau stärker als insbesondere in München mit sozi-alen Innovationen bzw. können als Teil dieser verstan-den werden (sog. Graswurzelinnovationen). In Mün-chen sind Diffusionsprozesse u.a. im Zusammenhang mit den finanziellen und strukturellen Rahmenbedin-gungen (reiche, wachsende Stadt; starke Position der Stadtwerke) zu sehen.

Angesichts der Vielfältigkeit lokaler Ausgangsbedin-gungen und kommunaler Akteurs- und Machtstruktu-ren fällt es nicht leicht, von übergeordneter Ebene In-

novations- und Diffusionsprozesse zu beeinflussen. So kann einerseits die Vielfältigkeit lokaler Bedingungen und Konstellationen nicht vollständig berücksichtigt werden (z.B. in Förderprogrammen zum kommunalen Klimaschutz); andererseits stoßen auch zu offen oder beliebig formulierte Förderkonditionen an Grenzen. Möglich könnte es aber sein, Brückenköpfe für eine mehr institutionalisierte Diffusion von Politikinnova-tionen zu stärken (z.B. Klimaschutzmanager, Twining- bzw. Coaching-Projekte zwischen Städte, Vernetzung zwischen regionalen Energieagenturen).

Stabilisierung der EEG-umlage durch zeitliche Streckung über Fonds (»Streckungsfonds«)K. Pittel, Chr. Weissbart für das Bayerische Staatsmi-nisterium für Wirtschaft und Medien, Energie und Tech-nologie, September 2016.

Gegenstand dieses Gutachten waren die finanziellen Zahlungsströme, die aus einer Fixierung der EEG-Um-lage auf einem nominalen Niveau von 6,5 €ct/kWh ab dem Jahr 2017 und einer Deckung temporärer Finan-zierungslücken zwischen EEG-Differenzkosten und Umlageeinnahmen durch Kreditaufnahme resultieren. Im Rahmen des untersuchten Finanzierungsmechanis-mus würden dabei alle Ausgaben für EEG-Förderung und Einnahmen aus EEG-Umlagen einem sogenannten Streckungsfonds zugeführt. Übersteigen die Ausgaben die Einnahmen aus der fixierten Umlage, würde eine Kreditaufnahme zur Deckung der residualen Netto-auszahlungen erfolgen. Sinken die Ausgaben unter die gedeckelten Einnahmen, würden die überschüssigen Mittel zur Tilgung des Fonds verwendet. Die Entwick-lung von Volumen und Tilgung des Streckungsfonds so-wie der entstehenden Finanzierungskosten wurden für drei verschiedene Pfade des Großhandelsstrompreises (MAX, TREND, MIN) untersucht. Im moderaten TREND-Szenario steigen die Strompreise dabei von derzeit 3,18 €ct/kWh bis auf 6 €ct/kWh im Jahr 2050 (MAX: 9,31 €ct/kWh; MIN: 3,18 €ct/kWh).

Die Ergebnisse zeigen, dass die jährlichen EEG-Dif-ferenzkosten im TREND-Szenario nach einem kurz-fristigen Anstieg wieder abfallen. Bis zum Jahr 2028 bestände dabei eine Finanzierungslücke, die durch Kreditaufnahme gedeckt werden müsste. Die kumu-lierte verzinste Kreditaufnahme würde im Jahr 2029 ihr maximales Volumen bei 29,13 Mrd. EUR erreichen. Im folgenden Jahr wäre zu erwarten, dass die Umlageein-nahmen erstmals die Differenzkosten übersteigen; eine

Drei Fallstudien in München, Regensburg

und Schönau

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langfristiges Monitoring der Bioökonomie

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Nationalen Politikstrategie Bioökonomie sollen auf Basis wissenschaftlicher Forschung Kriterien und Indi-katoren entwickelt und Verfahren der Datenerhebung etabliert werden, um möglichst alle Dimensionen der Bioökonomie messbar zu machen und Wirkmecha-nismen und Zusammenhänge durch eine systemische Modellierung abzubilden. So sollen Fortschritte, aber auch mögliche Hemmnisse oder Zielkonflikte im Trans-formationsprozess hin zu einer Bioökonomie sichtbar gemacht werden, um daraus gegebenenfalls notwendi-ge Konsequenzen ziehen zu können.

Während der dreijährigen Bearbeitungszeit werden folgende Themen bzw. Fragestellungen bearbeitet:

– Anforderungen an statistische Daten und Indikatoren und Bestandsaufnahme

– Biomasseströme und Nutzung von Nebenerzeugnis- sen

– Methodische Weiterentwicklung einer biobasierten Indikatorik unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit starkem Bezug zur NACE-Klassifizierung

– Methodischer Literaturüberblick

– Abschätzung bioökonomierelevanter Teilbereiche unterhalb der NACE-Klassifizierungen

– Entwicklung von Kennzahlen und Indikatoren

– Quantifizierung von Kaskaden- und Koppelnutzun- gen

– Innovationen, Patente, Bildung

– Kombination von ökonomischen Kennzahlen und ökologischen Bilanzierungen

– Pilotprojekt für die Chemische und Kunststoff- industrie

– Treiber und Beschränkungen im Übergang zur Bio- ökonomie

– Weiterentwicklung der NACE-Klassifizierungen

inolA – innovationen für ein nachhaltiges land- und Energiemanagement auf regionaler Ebene J. Lippelt, A.M. Montoya, K. Pittel, M. v. Schickfus, M. Zim-mer in Kooperation mit A. v. Streit und W. Mauser, LMU, W. Mayer, Hochschule Kempten, sowie der Bürgerstiftung Energiewende Oberland und den Stadtwerken Bad Tölz für das Bundesministerium für Bildung und Forschung, Oktober 2014 bis September 2019.

Weiterentwicklung der naCE- Klassifizierung

vollständige Tilgung des Fonds wäre bis zum Jahr 2038 möglich. Unter den Annahme, dass die EEG-Umlage bis zum Ende des Tilgungszeitraums auf dem fixierten Niveau verbliebe, könnte sie im Folgejahr auf den zur Deckung der laufenden Differenzkosten notwendigen Wert von 3,2 €ct/kWh gesenkt werden. Bis zum Jahr 2050 würde der kontinuierliche Anstieg der Stromprei-se, verbunden mit einem leichten Rückgang der Inves-titionskosten, eine weitere Absenkung der Umlage auf 2,4 €ct/kWh ermöglichen – trotz fortgesetzten Kapazi-tätsausbaus. Die Finanzierungskosten als Summe der Zins- und Zinseszinszahlungen würden sich in diesem Szenario auf 2,58 Mrd. EUR 2016 belaufen.

Eine Sensitivitätsanalyse zentraler Eingangsparameter zeigte, dass sowohl der Großhandelsstrompreis als auch die Marktwertfaktoren von Wind- und Solarenergie die Ergebnisse substantiell beeinflussen, während die An-nahmen über die Entwicklung von Stromnachfrage und Realzinsen sich in geringerem Maße auf das maximale Fondsvolumen und den Tilgungszeitpunkt auswirken.

Projekte in Bearbeitung

Ermittlung wirtschaftlicher kennzahlen und indikatoren für ein Monitoring des Voran-schreitens der BioökonomieJ. Wackerbauer, T. Rave in Kooperation mit dem Leib-niz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB), dem Fraunhofer-Institut für System- und Inno-vationsforschung ISI, Karlsruhe, und dem nova-Institut GmbH, Hürth, für das Bundesministerium für Wirt-schaft und Energie, April 2016 bis März 2019.

Die Zielsetzung der Untersuchung besteht darin, zur Entwicklung der wissenschaftlichen Grundlagen für ein langfristiges Monitoring der Bioökonomie bei-zutragen. Durch ein kontinuierliches Monitoring soll eine Wissensbasis für politisches Handeln und eine öffentliche Auseinandersetzung über die Bioökono-mie geschaffen werden. Zur Erreichung der Ziele der

Zeitpunkt max. Fondsvolumen

Max. Fondsvolumen in Mrd. EUR

Tilgungszeitpunkt

Finanzierungskosten in Mrd. EUR

MAX

2023

5,83

2026

0,10

TREND

2029

29,13

2038

2,58

MIN

> 2100

2100: 699

> 2100

bis 2100: 183

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ifo Jahresbericht 201670

Entwicklung eines nachhaltigen

landnutzungs- und Energiesystems für

die Region oberland

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Das Ziel des Projekts ist die inter- und transdisziplinäre Erarbeitung von Systemlösungen für ein nachhaltiges Landnutzungs- und Energiesystem in der Modellregion Energiewende Oberland, die aus drei südlich von Mün-chen gelegenen Landkreisen besteht. Hierbei geht es zentral um die Fragen, welche sozialen und technischen Innovationen notwendig sind, um ein nachhaltiges Landnutzungs- und Energiesystem auf regionaler Ebe-ne interkommunal und landkreisübergreifend zu etab-lieren und wie der Innovationsprozess reflexiv gestaltet werden kann. Das Kernprodukt des Projekts ist ein In-novationskonzept, das Regionen mit dem notwendigen Prozesswissen ausstatten soll, um einen Transformati-onsprozess zu einem nachhaltigen Landnutzungs- und Energiesystem erfolgreich zu gestalten.

Aufgabe des ifo Instituts innerhalb von INOLA ist die Be-rechnung der wirtschaftlichen Auswirkungen verschie-dener Szenarien für die regionale Energie- und Landnut-zungsgestaltung. Um die regionalökonomischen Effekte auf die Wertschöpfung, Arbeitsplätze sowie die sektora-len Outputs zu ermitteln und Innovationsstrategien zu entwickeln, wird ein Input-Output Modell eingesetzt.

Die aus den ifo-Analysen gewonnenen Ergebnisse fließen in die Entscheidungsprozesse der Akteure vor Ort ein, die damit die wirtschaftliche Nachhaltigkeit verschiedener Energie- und Landnutzungsoptionen bewerten können. Damit trägt die Analyse zur Entwick-lung von Innovationsstrategien bei.

trends und Perspektiven der Energiefor-schung, teilprojekt B: Methodenentwicklung und -anwendung zur Priorisierung von themen und Maßnahmen in der Energieforschung im kontext der Energiewende (EnFo-2030)K. Pittel, J. Pfeiffer, Chr. Weissbart, M. Zimmer in Ko-operation mit der Technischen Universität München, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. und der Universität Münster für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Dezember 2016 bis April 2018.

Das sechste Energieforschungsprogramm der Bun-desregierung aus dem Jahr 2011 beschreibt die Leit-linien der staatlichen Förderung innovativer Energie-technologien. Die übergeordnete Zielsetzung besteht dabei in der erfolgreichen Umsetzung der vielfälti-gen energie- und klimapolitischen Zielsetzungen des Energiekonzepts der Bundesregierung und des damit

verbundenen tiefgreifenden Umbaus des Energiever-sorgungssystems in Deutschland. Die dem Programm zugrunde liegenden technischen, ökonomischen, po-litischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen unterliegen jedoch Änderungen über die Zeit, die nur teilweise vorhersehbar sind. Die Ausrichtung der Ener-gieforschung im Rahmen des Energieforschungspro-gramms bedarf daher einer regelmäßigen Überprü-fung und gegebenenfalls Fortentwicklung. Zu diesem Prozess der Evaluation und Neugestaltung des Energie-forschungsprogramms nach fünf Jahren Energiewende trägt EnFo-2030 bei.

Parallel zum Leitprojekt »Technologien für die Ener-giewende« sollen in einer Top-down-Analyse mögli-che Eckpunkte für die zukünftige, staatlich geförderte Energieforschung erarbeitet werden. Zur Ermittlung des Forschungsbedarfs wird zum einen der derzeitige Stand der Energiewende sowie die Beiträge des bis-herigen Energieforschungsprogramms zur Umsetzung der Energiewende erfasst und den energie- und klima-politischen Zielsetzungen gegenübergestellt. Berück-sichtigt werden sollen in diesem Zusammenhang auch die implizite Priorisierung einzelner Ziele, wie sie sich durch die aktuelle Gesetzeslage oder andere Rahmen-bedingungen ergeben kann. Zum anderen leitet sich der zukünftige Energieforschungsbedarf aus bereits erfolgten und für die Zukunft absehbaren Änderungen im energiewirtschaftlichen Umfeld, d.h. bei den tech-nischen, ökonomischen, gesellschaftlichen und politi-schen Rahmenbedingungen, ab. Derartige Änderungen in den Rahmenbedingungen stellen neue Anforderun-gen an die Energieforschung, etwa indem sie zu einer Bedeutungsverschiebung bei den verschiedenen Be-reichen der Energieforschung führen. Im Projekt sollen diese bestehenden und absehbaren Änderungen in den Rahmenbedingungen identifiziert und Vorschläge für eine Anpassung der Ausrichtung der Energiefor-schung formuliert werden.

Das ifo Institut bringt in Kooperation mit der Universi-tät Münster und der Technischen Universität München insbesondere eine gesamtwirtschaftliche Perspektive sowie gesellschaftliche und systemische Gesichtspunk-te in diese Herleitung und Diskussion des zukünftigen Energieforschungsbedarfs ein. Schwerpunkte liegen entsprechend auf Fragen der gesamtwirtschaftlichen Wirkungen und der Effizienz und Effektivität energiepo-litischer Maßnahmen sowie auf der Frage, ob und inwie-weit sozioökonomische Rahmenbedingungen, wie etwa

Entwurf von Innovationsstrategien

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Förderung sauberer technologien

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Berücksichtigung von Strukturbrüchen und transito-rischen Anpassungsprozessen, die im Rahmen lang-fristiger Entwicklung nahezu unausweichlich sind, zu untersuchen. An dieser Stelle wird auch von Interesse sein, inwieweit die Politik in der Lage ist, durch eine Re-duktion von Unsicherheit im politischen Sinne Investi-tionsanreize zu schaffen.

Es wird erwartet, dass aus dem Projektteil des ifo Insti-tuts ein auf empirischen Beobachtungen beruhendes, makroökonomisches Wachstumsmodell hervorgeht, aus dem Empfehlungen hinsichtlich geeigneter politi-scher Instrumente zur Förderung des technologischen Wandels unter Unsicherheit abgeleitet werden können. Die explizite Einbeziehung von Pfadabhängigkeiten und Unsicherheit im dynamischen Kontext stellt dabei einen wesentlichen wissenschaftlichen Mehrwert dar, der zu einer deutlich verbesserten Folgenabschätzung von Umwelt- und Technologiepolitik beiträgt.

Forschungsnetzwerk zur Entwicklung neuer Methoden der Energiesystem-Modellierung (4nEMo)K. Pittel, Chr. Weissbart für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, November 2016 bis Oktober 2019.

Die im Rahmen der Energiewende angestrebten Ziele des Ausbaus erneuerbarer Energien und der Redukti-on von Treibhausgasemissionen haben zu einer dyna-mischen Transformation des Energiesystems geführt. Eng verbunden mit dem steigenden Anteil erneuerba-rer Energien ist die zunehmende Regionalisierung des Energiesystems. Sowohl die voranschreitende Markt-penetration von intermittierenden Erzeugungstechno-logien als auch die stärkere Verteilung von Erzeugungs- und Netzstrukturen im Raum stellen zusätzliche Ansprüche an die Koordination des Energiesystems und alle gesellschaftlichen Akteure. Aus diesem Grunde ist neben der technologischen Machbarkeit und Finan-zierbarkeit in zunehmendem Maße die gesellschaftli-che Akzeptanz ein wichtiger Faktor für die Entwicklung des Energiesystems der Zukunft.

Dieses dynamische Umfeld des Energiesystems spie-gelt sich auch in der Vielfalt von Energiemodellen wi-der, die aber häufig nur begrenzt fähig sind, die aus den oben genannten Faktoren resultierenden Heraus-forderungen abzubilden. Einerseits existieren zahlrei-che Modelle für den deutschen und den europäischen Energiemarkt, die eine große Bandbreite an Ergebnis-

Gesellschaftliche akzeptanz als Faktor für die Entwicklung des Energiesystems

die gesellschaftliche Akzeptanz, die Gesamtentwicklung des Energieversorgungssystems und die Bedeutung be-stimmter Bereiche der Energieforschung im Rahmen der Energiewende beeinflussen. Weiterhin sollen mit Blick auf möglichen zukünftigen Forschungsbedarf auch die Entstehung neuer Geschäftsmodelle im Zuge der Ener-giewende und die Rolle staatlicher Regulierung im Ener-giebereich für die Umsetzung innovativer Geschäftsmo-delle und Technologien beleuchtet werden.

integrierte Analyse einer grünen transformation (intrans)K. Pittel, A. Schmitt, A. Ciesielski in Kooperation mit dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität Bayreuth für das Bundes-ministerium für Bildung und Forschung, Juni 2015 bis Mai 2018.

Wichtiger Bestandteil einer grünen Transformation ist die Minderung des Verbrauchs fossiler Ressourcen zur Stabilisierung des Treibhausgasausstoßes. Das ifo Zen-trum für Energie, Klima und erschöpfbare Ressourcen beschäftigt sich im Rahmen des Projekts insbesondere mit technologischem Wandel und der Bereitstellung emissionsarmer Technologien, die eine wesentliche Voraussetzung zum Gelingen einer grünen Transforma-tion darstellen. Es werden mögliche Wachstums- und Technologiepfade hinsichtlich ihrer ökonomischen und klimatischen Wirkungen unter Berücksichtigung ver-schiedener Formen von Unsicherheit untersucht. Der Prozess des technologischen Wandels steht dabei im Mittelpunkt der Analyse, wobei mögliche Pfadabhän-gigkeiten, irreversible Ereignisse und technologische Barrieren ebenfalls in die Betrachtung einbezogen werden sollen. Die makroökonomische Perspektive langfristiger Wachstums-, Investitions- und Technolo-giepfade ermöglicht Schlussfolgerungen über die Ver-teilung zukünftiger Wohlfahrtsgewinne und Lasten im intergenerationellen Vergleich.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Analyse geeigne-ter langfristiger Politikmaßnahmen zur Förderung sauberer Technologien. In der Modellierung werden dabei Technologiepfade als endogener Bestandteil mit einbezogen, um in einem ersten Schritt Hinder-nisse bei der Adaption neuer Technologien und deren Pfadabhängigkeiten aufzudecken und optimale Po-litikmaßnahmen abzuleiten. Ein wichtiges Ziel ist es, endogenen technologischen Fortschritt auch unter

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ifo Jahresbericht 201672

Erhöhung der Vergleichbarkeit

und transparenz der Energiemodelle

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sen erzeugen. Dies hat wiederum zur Folge, dass die praktische Relevanz der Ergebnisse nur schwer bewer-tet werden kann. Der Grund hierfür sind unterschiedli-che Annahmen über Rahmenbedingungen, Datenquel-len und Modellstrukturen. Andererseits integrieren bestehende Modelle ökonomische, technische und gesellschaftliche Faktoren nur in beschränktem Maße.

Vor diesem Hintergrund koordiniert das ifo Institut neun renommierte Forschungsinstitute und Hochschulen, um den zwei Hauptzielen von 4NEMO gerecht zu werden:

1. Die Kohärenz, Vergleichbarkeit und Transparenz der Energiemodelle soll erhöht werden. Dies betrifft nicht nur Modellierung und Veröffentli- chung zu Modellstrukturen, sondern auch die Kon- sistenz von Datensätzen und Technologieannahmen.

2. Die Integration von ökonomischen und gesellschaft- lichen Faktoren und der mit ihnen verbundenen Ausprägungen von Unsicherheit in Energiemodel- len soll verbessert werden.

Es werden integrierte Szenarien entwickelt, die eine detaillierte Abbildung von ökonomischen, gesell-schaftlichen und technologischen Rahmenbedingun-gen beinhalten. Systematische Modellvergleiche und -analysen generieren einen Ergebnisraum, der das Ver-ständnis für Stärken, Schwächen und Spezialisierungs-vorteile der Modelle steigert und so eine bessere Ein-ordnung der Ergebnisse erlaubt. Die Energiemodelle der Projektpartner werden zudem durch koordinierte Weiterentwicklungen verbessert. Die geplante stärkere Integration von ökonomischen und gesellschaftlichen Faktoren erhöht die grundsätzliche Aussagekraft der Modelle. Dabei trägt die implizite Sensitivitätsanalyse in Bezug auf Modellstrukturen zur hohen Relevanz des Verbundprojekts bei. Insgesamt wird das Projekt zu ei-ner Verbesserung der Aussagekraft, Interpretierbarkeit und Vergleichbarkeit von Politikanalysen im Rahmen von Energiemodellen beitragen. Durch die Schaffung einer gemeinsamen Datenbasis und dadurch der Mög-lichkeit zur Kopplung der Modelle können zukünftige Forschungsprojekte und Beratungsaktivitäten besser zwischen den beteiligten Instituten koordiniert wer-den und gemeinsame Projekte schneller und effizien-ter bearbeitet werden. Darüber hinaus verfolgen alle Verbundpartner das Ziel eines transparenten Umgangs mit Modellen und Szenarien sowie eine verbesserte ge-sellschaftspolitische Verwertung.

Das Vorhaben besteht aus fünf Arbeitspaketen. In Ar-beitspaket 1 wird ein Anforderungskatalog definiert, der die veränderten Rahmenbedingungen von Strom-märkten widerspiegelt. Arbeitspaket 2 hat zum Ziel, dass die beteiligten Institutionen ihre bestehenden Modelle anhand von vier Clustern (Technologie, Ak-zeptanz, Regionen, Unsicherheit) weiterentwickeln. Parallel werden in Arbeitspaket 3 und 4 konsisten-te sozio-technische Kontextszenarien und konkrete Rahmendatensätze entwickelt. Im abschließenden Arbeitspaket 5 werden die erarbeiteten Szenarien als Basis für eine vergleichende Modellanalyse genutzt.

Das ifo Institut wird in Arbeitspaket 1, 2, 4 und 5 arbeiten und koordiniert das Gesamtprojekt. In Arbeitspaket 2 wird das EU-REGEN-Modell erweitert, um das Konzept der gesellschaftlichen Akzeptanz in den Modellierungs-ansatz zu integrieren. Das weiterentwickelte Modell wird in Arbeitspaket 4 als Basis für die Ausgestaltung von Szenarien genutzt. Diese Szenarien werden in Ar-beitspaket 5 in das Modell implementiert und mit den Ergebnissen anderer Projektpartner verglichen.

Schaffung einer gemeinsamen

Datenbasis

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ifo Jahresbericht 2016 73

Intensivierung der Zusammenarbeit mit den ifo-Forschungs-professoren

ifo Zentrum für Außenwirtschaft

Die Bereichsstruktur des ifo Zentrums für Außenwirt-schaft hat sich auch 2016 bewährt und wurde grund-sätzlich beibehalten. Veränderungen gab es bei den Doktoranden und Postdocs: Sybille Lehwald ist nach dem Abschluss ihrer Promotion an das Bundesministe-rium für Wirtschaft und Energie gewechselt. Inga Hei-land hat im November ihre Dissertation abgeschlossen und ist seitdem als Gastforscherin an der Yale Universi-ty. Zwei Doktoranden haben ihre Arbeit aufgenommen: Marina Steininger im Mai und Martin Braml im Septem-ber. Florent Baarsch ist Gastdoktorand im Bereich.

Im Dezember 2016 wurde der Bereichsleiter von dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in den Wissenschaftlichen Beirat des Bundesministeri-ums für Wirtschaft und Energie berufen.

Auch im Jahr 2016 hat das ifo Zentrum für Außenwirt-schaft seine Vernetzung weiter vorangetrieben und im Rahmen des Netzwerks einige Konferenzen veranstal-tet. Die jährliche Konferenz der Economic Geography and International Trade Gruppe, die der Bereich mit-organisiert, fand am 19. und 20. Februar in Frankfurt statt. Im April 2016 richtete der Bereich die jährliche Tagung des Ausschusses für Außenwirtschaftstheorie und -politik der Gesellschaft für Wirtschafts- und So-zialwissenschaften (Verein für Socialpolitik) am ifo in München aus. Ebenfalls im April 2016 organisierte der Bereich gemeinsam mit dem Istanbul Policy Center eine Konferenz mit dem Titel »Germany and Turkey in Europe: Economic and Political Challenges and Possi-ble Options«, in der die Reform der nun 20 Jahre alten Zollunion zwischen EU und Türkei diskutiert wurde.

Zudem wurden mit der Universität Utrecht eine Verein-barung zur gemeinsamen Aufarbeitung und Nutzung satellitengestützter Massendaten auf stark disaggre-gierter räumlicher Ebene getroffen und weitere inter-nationale Kontakte zur Bereitstellung und Bearbeitung von Daten zu Forschungszwecken geknüpft.

Das ifo Zentrum für Außenwirtschaft nutzte und in-tensivierte seine internationale Vernetzung auch bei der Projektarbeit. Im ersten Halbjahr des Jahres be-riet der Bereichsleiter den IWF zum Thema der trans-pazifischen Partnerschaft. Das Zentrum kooperierte mit dem Norwegian Institute for International Affairs (NUPI) bei der Erstellung einer Studie zu den Wirkungen eines transatlantischen Handelsabkommens zwischen der EU und den USA auf Norwegen. Der Bereich ist Teil

eines internationalen Konsortiums, das den Zuschlag für einen Rahmenvertrag mit der EU-Kommission (Generaldirektion Handel) erhalten hat. Im Jahr 2016 wurde mit einer umfassenden Ex-post-Evaluierung des Freihandelsabkommens der EU mit Korea begonnen. In diese Forschungsarbeiten sind Kooperationspartner aus den USA und Korea eingebunden.

Das ifo Zentrum für Außenwirtschaft ist Teil eines in-ternationalen Forschungsverbundes, der von der EU aus Mitteln des Horizon-2020-Programms finanziert wird und der die handelspolitischen Herausforderun-gen im transatlantischen Kontext herausarbeiten soll. In diesem Projekt übernimmt ifo gemeinsam mit der Paris School of Economics und der ETH Zürich die wirt-schaftspolitischen Projektteile. Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren.

Auch die Zusammenarbeit mit den Forschungsprofes-soren wurde weiter intensiviert: Marc-Andreas Münd-ler, University of California, San Diego, kooperiert mit dem Bereich zum Thema Arbeitsmärkte in Zeiten der Globalisierung und plant in den kommenden Jahren ei-nige Forschungsaufenthalte in München. Wolfgang Kel-ler, University of Colorado, arbeitete gemeinsam mit Erdal Yalcin zur Rolle von Unsicherheit im Exportver-halten von Unternehmen. Mit Devashish Mitra, Maxwell School, Syracuse, wurde eine Studie zu dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien erarbeitet. Die laufende Kooperation in diversen For-schungsprojekten zwischen den Mitarbeitern des Be-reichs und Wilhelm Kohler, Universität Tübingen, und Mario Larch, Universität Bayreuth, wurde fortgesetzt.

Die Kooperation in der Projektarbeit mit nationalen Partnern wurde ebenfalls ausgebaut. Die erfolgrei-che Zusammenarbeit mit dem Institut für Angewand-te Wirtschaftsforschung an der Universität Tübingen (IAW) wurde weiterentwickelt. Das Zentrum für Außen-wirtschaft und das IAW kooperierten in einem Projekt zu den Auswirkungen der Marktöffnung von 1990 bis 2014, die für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erstellt wurde. Im Dezember erteilte das baden-württembergische Wirtschaftsministerium den Auftrag für eine Studie, die das IAW federführend be-treut und in der das ifo Zentrum für Außenwirtschaft die Effekte protektionistischer Maßnahmen auf die lokale Wirtschaft quantifizieren wird. Der Bereichslei-ter arbeitet seit Herbst 2016 zum zweiten Mal in der Sachverständigengruppe Weltwirtschaft und Sozial-

Kooperation mit dem Institut für angewandte Wirtschaftsforschung

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ifo Jahresbericht 201674

Vielfältige Förderung durch die leibniz-

Gemeinschaft und …

IFo ZEntRuM FüR auSSEnWIRtSCHaFt

ethik der Deutschen Bischofskonferenz mit; nach einer Arbeit zum Thema TTIP im Jahr 2015 geht es diesmal um die Frage nachhaltigen Wachstums.

Seit Anfang 2016 bearbeitet das Zentrum unter Leitung von Rahel Aichele ein von der Leibniz-Gemeinschaft gefördertes Projekt mit Namen QUANTAGG »Quantita-tive Analysis of Global Governance«. Ziel des Projekts ist die Weiterentwicklung quantitativer Methoden für die Analyse von handelspolitischen Maßnahmen und internationalen Vereinbarungen. Diese Methoden sind für die laufende wirtschaftspolitische Beratungsarbeit des Zentrums von zentraler Bedeutung.

Das ifo Zentrum für Außenwirtschaft ist darüber hinaus am ENGAGE-Projekt – Economic Growth Impacts of Cli-mate Change – beteiligt, das ebenfalls Anfang 2016 be-gonnen hat und von der Leibniz-Gemeinschaft gefördert wird. Gemeinsam mit dem Potsdam-Institut für Klimafol-genforschung (PIK) wird untersucht, welche Rolle inter-nationale Güter- und Finanzmärkte für die Bewältigung des Klimawandels spielen und welche institutionellen Rahmenbedingungen erforderlich sind. Hier wird auch mit Forschern der Weltbank zusammengearbeitet.

Die langjährige bewährte Zusammenarbeit mit der Ber-telsmann Stiftung wurde 2016 fortgesetzt. Die Stiftung beauftragte eine Studie zu den möglichen wirtschaftli-chen Auswirkungen eines Freihandelsabkommen der EU mit der Eurasischen Wirtschaftsunion. Schon im Jahr 2010 wurde die Idee einer Wirtschaftszone von »Lissabon bis Wladiwostok« von Wladimir Putin vorgebracht, aber von europäischer Seite nicht aktiv weiterverfolgt und nach der Annexion der Krim durch Russland als vollkom-men unrealistisch ad acta gelegt. Gleichwohl ist es inte-ressant, die entgangenen Wohlfahrtsgewinne, die von einer Beibehaltung von Handelsbarrieren zwischen der EU und den Staaten der ehemaligen Sowjetunion stam-men, zu beziffern. In der Tat spricht aus ökonomischen Gesichtspunkten vieles für Freihandel zwischen den beiden Blöcken: Die Wirtschaftsstruktur ist komplemen-tär, was hohe Gewinne ermöglichen sollte; und auch die Verbesserung der politischen Beziehungen in Folge stär-kerer wirtschaftlicher Verflechtungen wäre aufgrund der hohen geographischen Nähe sehr vorteilhaft.

Ebenfalls für die Bertelsmann Stiftung wurde eine Stu-die zur Evaluierung der Kooperation der EU mit der Tür-kei verfasst. Außerdem hat das Zentrum die Potenziale eines Freihandelsabkommens der EU mit Indien evalu-

iert. Ein schon 2015 abgeschlossenes Projekt zur Trans-pazifischen Partnerschaft wurde Anfang 2016 in einem Artikel im ifo Schnelldienst noch einmal aufbereitet und für ein breiteres Publikum dargestellt.

Das Zentrum hat für die Stiftung Familienunternehmen eine aufsehenerregende Studie zur Entwicklung der Ungleichheit in Deutschland erstellt. Für das Bundes-ministerium für Wirtschaft und Energie wurde unter-sucht, welche Effekte die Wiedereinführung von Grenz-kontrollen im Schengen-Raum haben würde.

Der Leiter des Zentrums hat sich in der Vorbereitung eines Antrags gemeinsam mit Kollegen der Ludwig-Ma-ximilians-Universität München und von Berliner Uni-versitäten für einen Sonderforschungsbereich enga-giert. Dieser Antrag unter der Federführung von Klaus Schmidt, Ludwig-Maximilians-Universität München, wurde im Herbst 2016 evaluiert und genehmigt. Am 1. Januar 2017 wurde die Arbeit aufgenommen. Inhalt-lich geht es um den Versuch, neue Erkenntnisse der ver-haltensökonomischen Forschung für die angewandte wirtschaftspolitische Arbeit nutzbar zu machen. Das ifo Zentrum für Außenwirtschaft verfolgt hier gemein-sam mit dem Seminar für Außenwirtschaftstheorie und -politik an der LMU verschiedene Ideen. Zum einen soll erforscht werden, wie der Zusammenhang zwischen zunehmendem internationalem Wettbewerb und Ar-beitsmarktergebnissen durch verhaltensökonomische informierte Modellierung von Lohnsetzungsverhalten verbessert werden kann. Zum anderen gibt es auch eine Vielzahl von Themen der Außenhandelspolitik, die mit den neuen Erkenntnissen neu bewertet werden müssen. Dies gilt beispielsweise für die ökonomische Analyse des Vorsorgeprinzips in internationalen Han-delsabkommen oder für die Frage, warum der Wider-stand gegen Freihandelsabkommen gerade in Ländern mit hoher Offenheit (wie Deutschland) so stark ist. Das Zentrum für Außenwirtschaft hat im Jahr 2016 insgesamt 13 Gastforscher aus dem Ausland betreut. Das entspricht ungefähr der Anzahl in früheren Jahren. Nach guten Erfahrungen aus den vergangenen Jahren werden die ausländischen Wissenschaftler auch wei-terhin in Projekte des Bereichs und in die Akquise neu-er Projekte einbezogen. Die Auswahl der Gäste erfolgt regelmäßig so, dass sie in Einklang steht mit der strate-gischen Zielsetzung des Zentrums, neue Kompetenzen aufzubauen oder neue Partnerschaften zu entwickeln und gemeinsam interessante Projekte zu akquirieren.

... durch die Bertelsmann Stiftung

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ifo Jahresbericht 2016 75

untersuchungen zu den auswirkungen von naturkata- strophen auf das Wirtschaftswachstum

IFo ZEntRuM FüR auSSEnWIRtSCHaFt

Auf der Ebene der Grundlagenforschung hat Erdal Yal-cin zusammen mit ifo-Forschungsprofessor Wilhelm Kohler das von der Deutschen Forschungsgemein-schaft (DFG) über vier Jahre geförderte Projekt »Dyna-mische Aspekte von Offshoring« Ende 2016 erfolgreich abgeschlossen. Ziel des Forschungsprojekts war es, einen Beitrag zur existierenden Literatur zu leisten, indem Forschungsfragen unter Berücksichtigung von dynamischen Aspekten und unter Einbeziehung öko-nomischer Unsicherheit analysiert wurden. Im Rahmen des Projekts sind mehrere Forschungspapiere entstan-den, und ein Forschungsband mit dem Titel »New De-velopments in Global Sourcing« wird voraussichtlich 2017 bei MIT erscheinen.

Am Ende des Jahres wurde ein neues von der DFG ge-fördertes Forschungsprojekt zugesagt: »Internationa-le Marktinteraktionen, Institutionen und die Kosten von Naturkatastrophen«. Naturkatastrophen können schwerwiegende Auswirkungen auf die menschliche und wirtschaftliche Entwicklung zur Folge haben. Folg-lich können Analysen zu den Auswirkungen vergange-ner Naturkatastrophen auf das Wirtschaftswachstum und ihrer Konditionierung durch Institutionen, Han-delsoffenheit und Kapitalströme wichtige Erkennt-nisse zum Umgang mit zu erwartenden Folgen des Klimawandels liefern. Ziel des Projekts ist die Entwick-lung einer erweiterten Datenbank zur Intensität von Naturkatastrophen und deren Nutzung, um eine Reihe von Forschungsfragen an der Schnittstelle zwischen Umweltökonomie, Entwicklungsökonomie und inter-nationalem Handel zu beantworten. Zunächst wird untersucht, wie sich Naturkatastrophen auf die Spezi-alisierung eines Landes und auf internationale Trans-aktionen auswirken. Dann werden Wohlstandsverluste durch Naturkatastrophen auf lokaler Ebene und der Zusammenhang zwischen Naturkatastrophen und Determinanten der Anpassungsfähigkeit analysiert. Hierzu werden einzigartige Daten auf Koordinaten-Zellen-Ebene genutzt. Anhand einer räumlichen Unter-suchung für China wird der Frage nachgegangen, wie Handelsoffenheit und Geographie die makroökonomi-schen Auswirkungen von Naturkatastrophen auf loka-ler Ebene beeinflussen. Zusätzlich wird hinterfragt, wie Katastrophen das Verhalten von Firmen bestimmen.

Schließlich hat der Bereich seine Aktivitäten auf dem Forschungsgebiet Handel und umweltpolitik fortge-setzt. Hierbei stand vor allem die Frage nach der Rolle des internationalen Handels für eine stärkere Wider-

aufbau einer Datenbank zur Intensität der naturkatastrophen

Inhaltlich arbeitet das Zentrum für Außenwirtschaft weiterhin vor allem an folgenden Themen:

– Globalisierung und Arbeitsmärkte,

– Handelskosten und Handelspolitik,

– Handel und Umweltpolitik.

Beim ersten Thema unterstützen die Forschungspro-fessoren Devashish Mitra und Marc-Andreas Mündler den Bereich. Im zweiten Themenbereich sind die For-schungsprofessoren Wolfgang Keller, Mario Larch und Wilhelm Kohler aktiv. Peter Egger, ETH Zürich, berät das Zentrum in allen genannten Bereichen.

Die Analyse der Effekte der globalisierung auf die ar-beitsmärkte nimmt traditionell einen wichtigen Anteil an der Arbeit des Bereichs ein. Dabei wird versucht, Ar-beitsmarktunvollkommenheiten verschiedener Art in Modelle des internationalen Handels, des Outsourcing oder der internationalen Migration einzubauen und die Effekte numerisch oder empirisch zu quantifizieren. Die zentralen Einsichten der gemeinsamen Forschung wurden in einem Beratungsprojekt für das Europäische Parlament verwendet, das anlässlich einer Anhörung im sozialpolitischen Ausschuss vorgestellt wurde.

Weiterhin ist der Bereich mit dem Thema Handelskos-ten und Handelspolitik befasst. In diesem Forschungs-strang wird untersucht, wie hoch die natürlichen und politikinduzierten Handelskosten sind, welche Maß-nahmen zu ihrer Senkung möglich sind und welche Handelspotenziale auf diese Weise realisiert werden können.

Wie schon in den beiden vorangehenden Jahren stand auch 2016 ganz im Zeichen der Analyse eines mögli-chen Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA. Zu diesem Thema gab es über das ganze Jahr hinweg ein großes Medieninteresse; der Bereichsleiter hat eine Reihe von Interviews in der nationalen und internationalen Presse gegeben und auf einer Vielzahl von Konferenzen zu den ökonomischen Effekten des Abkommens vorgetragen. Dazu kamen in der zweiten Hälfte des Jahres zahlreiche Aktivitäten zum Thema Brexit. Hierzu hatte das Zentrum schon im Jahr 2015 eine Studie vorgelegt, die Grundlage diverser Kom-mentare und Vorträge war. 2017 wird der Bereich den Ausstieg Großbritanniens aus der EU weiter mit seinen Analysen begleiten.

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ifo Jahresbericht 201676

ifo gaME: Datenbank zu geologischen und

meteorologischen Mikrodaten

IFo ZEntRuM FüR auSSEnWIRtSCHaFt

standskraft von Volkswirtschaften im globalen Klima-wandel im Vordergrund. Klimaschocks können durch eine gute Einbindung in die internationale Arbeitstei-lung abgefedert werden; gleichzeitig besteht aber auch die Gefahr, dass Kapital und gut ausgebildete Arbeits-kräfte abwandern. Der Bereich hat die ifo GAME-Daten-bank aufgebaut und online veröffentlicht, die geolo-gische und meteorologische Mikrodaten von 1970 bis 2014 enthält. Sie sind auch die Hauptdatenquelle für das Forschungsprojekt ENGAGE, das unter der Feder-führung des PIK offiziell im März 2016 gestartet wurde.

Im Jahr 2016 abgeschlossene Projekte

in-depth Analysis of ttiP and JobsG. Felbermayr für das Europäische Parlament, Oktober 2015 bis April 2016.

Das Ziel dieser Studie war die Analyse existierender Literatur zu den Arbeitsmarkteffekten europäischer Außenhandelspolitik im Allgemeinen und des in Ver-handlung befindlichen Abkommen zu einer Transatlan-tischen Handels- und Investitionspartnerschaft im Spe-ziellen. Die Untersuchung führte zu einer realistischen Einschätzung der möglichen Effekte. Dabei wurde maß-geblich auf Vorarbeiten des ifo Zentrums für Außenwirt-schaft zurückgegriffen. Die neuere Literatur verweist, im Gegensatz zu älteren Traditionen, auf systemati-sche Arbeitsmarkteffekte verstärkter internationaler Integration der Märkte für Güter- und Dienstleistungen. Dies ist in Analogie zu anderen Produktmarktreformen zu sehen, die zunächst nur binnenwirtschaftlich wir-ken. Der Abbau von Markteintrittsbarrieren, höherer Wettbewerb und eine verstärkte Spezialisierung auf wettbewerbsstarke Bereiche können zu verstärkten Anreizen führen, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Dies gilt vor allem in der langen Frist; in der kurzen Frist treten hingegen Anpassungskosten in der Form tempo-rär höherer Arbeitslosigkeit auf.

Entwicklung der Einkommensungleichheit: daten, Fakten und WahrnehmungenG. Felbermayr, S. Lehwald, M. Battisti für die Stiftung Familienunternehmen, Oktober 2015 bis Mai 2016, Ver-öffentlichung als Ifo Working Paper Nr. 217, 2016, und im ifo Schnelldienst 69(13), 2016; 69(14), 2016.

In Deutschland wird seit einiger Zeit mit großer emo-tionaler Intensität über die Verteilung von Vermögen und Einkommen diskutiert. Grundtenor der Debatte scheint zu sein, dass die Einkommens- und Vermö-gensungleichheit ständig zunimmt. Die empirische Evidenz dieser Entwicklung wird aber kaum hinter-fragt, Wechselwirkungen – z.B. zwischen dem Abbau von Arbeitslosigkeit unter Niedrigqualifizierten und der Bruttolohnverteilung – bleiben unberücksichtigt; die sich verändernde Zusammensetzung des Arbeits-kräftepotenzials bleibt ausgeklammert; es wird nicht hinreichend auf die gerade in Deutschland sehr deut-lichen Unterschiede in der Dynamik von Brutto- und Nettogrößen (z.B. bei der Einkommensverteilung) hingewiesen; die Rolle von öffentlichen Gütern und der Größe bzw. Zusammensetzung von Haushalten bleibt unberücksichtigt usw.

Auf Basis einer angeblich dramatisch anwachsenden ökonomischen Ungleichheit werden radikale wirt-schaftspolitische Maßnahmen verlangt, z.B. durch Ein-griffe in die Primäreinkommensverteilung oder durch Änderungen in der Steuerpolitik. Die Einführung eines Mindestlohns zum 1. Januar 2015 und die Forderung nach einer raschen Erhöhung auf 10 EUR sind hierfür ein Beispiel. Dies steht für die allgemeine Gefahr, dass es zu einer Rückabwicklung der erfolgreichen Agenda-2010-Reformen kommen könnte. Über höhere Grenz-steuersätze in der Einkommensbesteuerung wird ebenso diskutiert wie über diverse Formen von Vermö-gensteuern. Die langfristig negativen Nebenwirkungen dieser Maßnahmen – u.a. auf Beschäftigung, Bildungs-anreize und Wirtschaftswachstum – bleiben in der der-zeitigen Diskussion außen vor.

Dieses Forschungsvorhaben befasste sich mit der Struktur und der Dynamik der Einkommens- und Ver-mögensungleichheit in Deutschland seit der Agenda 2010. Dabei ging es vor allem um eine empirische Ana-lyse der Daten auf Basis des Sozio-oekonomischen Pa-nels (SOEP) und der Lohn- und Beschäftigungsdaten des Instituts für Arbeits- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg. Eine vertiefte Befassung mit dem Thema schien dringend geboten. Schon eine oberflächliche Betrachtung der verfügbaren Daten legte nahe, dass die häufig gehörte Behauptung, in Deutschland ginge das reale Bruttoarbeitseinkommen des Durchschnitts-verdieners laufend zurück, qualifiziert werden muss. Denn der Durchschnittsverdiener hat heute ande-re sozioökonomische Merkmale als früher. Auch die

Arbeitsmarkteffekte von ttIP

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ifo Jahresbericht 2016 77

Komplementäre Wirtschaftsstruktur Russlands zur Eu bringt wirtschaftliche Vorteile

IFo ZEntRuM FüR auSSEnWIRtSCHaFt

des Abkommen zwischen der EU und der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft einen Zuwachs der realen Pro-Kopf-Einkommen um 3% bringen; für Deutsch-land um 0,2%. Das bedeutet ein Einkommenszuwachs von 235 EUR pro Kopf und Jahr für Russland und 91 EUR für Deutschland. Damit könnten Russland und die anderen Länder der ehemaligen Sowjetunion in-teressante Partner für eine vertiefte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der EU sein. Die EU sollte an ei-ner stabilen wirtschaftlichen Entwicklung in ihrer un-mittelbaren Nachbarschaft größtes Interesse haben. Außerdem verspricht die komplementäre Spezialisie-rungsstruktur dieser Länder substantielle wirtschaft-liche Vorteile auch für die EU.

Handelsvolumen Europas mit Eurasien und Russland

Quelle: IWF, DoTS; Darstellung des ifo Instituts.

die Eu-integration der türkei am ScheidewegE. Yalcin, G. Felbermayr, R. Aichele für die Bertels-mann Stiftung, November 2015 bis April 2016, Veröf-fentlichung durch die Bertelsmann Stiftung und im ifo Schnelldienst 69(21), 2016.

Die EU ist mit Abstand der wichtigste Handelspartner der Türkei, und umgekehrt ist die Türkei der sechst-größte Handelspartner der EU. Insbesondere mit Deutschland pflegt die Türkei nachhaltige Wirtschafts-beziehungen. Während 9% des türkischen Exports an Deutschland gehen, beläuft sich der Import aus Deutschland auf rund 10% aller türkischen Einfuhren. Dieser wirtschaftliche Integrationserfolg ist jedoch seit geraumer Zeit in Gefahr, da institutionelle Schwächen in der Ausgestaltung der europäischen Zollunion im

Eu wichtigster Handelspartner der türkei, aber ...

Behauptung, die Hartz-Reformen wären ungerecht, weil sie die Ungleichheit steigerten, musste genauer betrachtet werden. Die Reformen haben durch höhe-re Beschäftigung und höhere Partizipation auf dem Arbeitsmarkt die Verteilung der Haushaltsarbeitsein-kommen gleicher gemacht. Schließlich ist auch die oft geäußerte Vermutung, das Umverteilungssystem durch Steuern, Transfers und öffentliche Güter funkti-oniere nicht mehr, unrichtig. Deutschland verteilt im Ländervergleich sehr stark und sehr effektiv um.

ungleichheit der Bruttoarbeitseinkommen: Individuen versus Haushalte

Quelle: GSOEPv31; Berechnungen des ifo Instituts.

Freihandel von lissabon bis Wladiwostok: Wem nutzt, wem schadet ein eurasisches Handelsabkommen?R. Aichele, G. Felbermayr, J. Gröschl für die Bertels-mann Stiftung, November 2015 bis Januar 2016, Veröf-fentlichung im ifo Schnelldienst 70(2), 2017.

Der Handel zwischen der EU und Russland ist derzeit durch Sanktionen des Westens gegen Russland und gegenseitige Embargo-Maßnahmen schwer belastet, ohne dass eine sichtbare Veränderung der geostra-tegischen Ausrichtung Russlands erreicht wurde. Vielleicht erfordert ein Interessensausgleich weniger Strafmaßnahmen, sondern eher die Perspektive auf vertiefte wirtschaftliche Kooperation. Sowohl die EU als auch die Nachfolgestaaten der Sowjetunion soll-ten großes Interesse an einer Freihandelszone »von Lissabon bis Wladiwostok« haben, weil die Struktu-ren ihrer komparativen Vorteile stark komplementär zueinander sind. Für Russland könnte ein tiefgreifen-

0,38

0,42

0,46

0,50

0,54

0,58

0,62

1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013

Grundlage sind Personen im Alter von 16–65. Inflationsbereinigte Größen.a) Gruppe aller erwerbsfähigen Personen. Arbeitslosen wird ein Arbeitsentgelt von null zugewiesen. b) Bruttoarbeitseinkommen auf Haushaltsebene.

Individuelles Arbeitseinkommen a)

Gini-Koeffizient

Haushaltsarbeitseinkommen b)

0

50 000

100 000

150 000

200 000

250 000

300 000

350 000

400 000

450 000

1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014

ImportExportTotal

Mio. US-Dollar

Russland

Eurasien

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ifo Jahresbericht 201678

... große institutionelle

Inkompatibilitäten

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Fall der Türkei mit zunehmend negativen Folgen für die türkische Industrie einhergehen. Die Konzentration der EU-Kommission auf den Abschluss neuer regiona-ler Handelsabkommen, z.B. mit den USA (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) oder mit Ja-pan bzw. Kanada, hat institutionelle Schwachstellen der bisher erfolgreichen Zollunion zwischen der EU und der Türkei zu Tage gefördert.

Ziel der Studie war es, zunächst die institutionellen Rahmenbedingungen zwischen der EU und der Tür-kei unter Berücksichtigung der neuen europäischen Handelspolitik darzustellen und die sich immer stär-ker ergebenden institutionellen Inkompatibilitäten herauszuarbeiten. Darauf aufbauend wurden mögli-che wirtschaftliche Effekte quantifiziert, mit denen in der EU und der Türkei gerechnet werden darf, wenn es zu keiner Anpassung in den bilateralen Wirtschafts-verträgen (EU-Türkei) kommt. Hierbei wurden nicht nur mögliche mittelfristige Effekte eines Transat-lantischen Handels- und Investitionsabkommens analysiert, sondern auch weitere aktuell von der EU verhandelte Handelsabkommen mit Drittstaaten, die eine nachhaltige Wirkung auf die türkische Wirtschaft und die europäisch-türkischen Wirtschaftsbeziehun-gen haben können, berücksichtigt.

Im Ergebnis zeigte sich, dass die Türkei ohne eine mo-dernisierte Version des vorliegenden EU-Türkei-Zollab-kommens mit deutlichen internationalen Handelsrück-gängen rechnen muss. Insgesamt fallen die möglichen Verluste von 0,01% des BIP für die Türkei vergleichs-weise gering aus. Doch einzelne türkische Exportfelder müssten mit erheblichen Einbußen rechnen: Die Auto-mobilbranche sowie die Maschinenbausparte müssten einen Rückgang des Handelsvolumens um 10% bzw. 4% befürchten. Werden weitere langfristige Anpassun-gen der Handelsabkommen mit Drittstaaten berück-sichtigt, so sind Wohlfahrtsverluste von über 1,5% des BIP möglich.

dynamic Aspects of offshoringE. Yalcin, I. Heiland in Kooperation mit ifo-Forschungs-professor Wilhelm Kohler, Universität Tübingen, für die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Januar 2013 bis Dezember 2016. Ziel dieses Forschungsprojekts war es, durch eine dy-namische Perspektive sowie durch die Berücksich-tigung von Unsicherheit einen wesentlichen Beitrag

zur existierenden Literatur über die Verlagerung von Produktionsschritten ins Ausland zu leisten. Die Be-rücksichtigung von Unsicherheit ermöglichte es, die internationale Fragmentierung der Produktion als we-sentliches Element einer Strategie zur Bewältigung von Schocks oder Volatilität, sei es im Bereich der Produkti-on oder im Bereich der Nachfrage, zu erklären.

Handelseffekte durch GrenzkontrollenG. Felbermayr, J. Gröschl, Th. Steinwachs für das Bun-desministerium für Wirtschaft und Energie, Februar 2016, Veröffentlichung als Ifo Working Paper Nr. 231, 2016; ifo Forschungsbericht Nr. 73, ifo Institut, Mün-chen, 2016, und im ifo Schnelldienst 69(5), 2016.

Das im Jahr 1995 in Kraft gesetzte Schengener Ab-kommen hat einen Europäischen Binnenraum der Personenfreizügigkeit geschaffen und damit ein bei-spielloses kontinentales Integrationsziel erreicht. Es gilt als perfekte Ergänzung zum freien Kapital- und Warenverkehr, der bereits durch frühere Verträge er-möglicht worden war. Die Bedrohung durch globalen Terrorismus sowie ein starker Anstieg der Flüchtlings-zahlen in Europa seit Sommer 2015 haben im Schen-gen-Raum eine Grundsatzdebatte darüber hervorge-rufen, inwieweit offene Binnengrenzen politisch und ökonomisch haltbar sind. In dieser Studie wurde ana-lysiert, wie stark die Reisezeit zwischen gegebenen Orten durch Grenzkontrollen beeinträchtigt wird, wie und in welchem Ausmaß die Abschaffung der Grenz-kontrollen durch das Schengener Abkommen den grenzüberschreitenden Handel in Waren und Dienst-leistungen innerhalb Europas beeinflusst und welche Wohlfahrtseffekte aufgrund einer Veränderung inter-nationaler Handelsvolumina in Folge einer Wiederein-führung von Grenzkontrollen im Schengen-Raum zu erwarten sind.

Die Studie fand heraus, dass die Überwindung von Ländergrenzen innerhalb des Schengen-Raums um durchschnittlich etwa 20 Minuten schneller gelingt als zwischen zwei Ländern, von denen mindestens eines nicht dem Schengen-Raum angehört. Eine Wieder-einführung der Grenzkontrollen im Schengen-Raum führt zu reduziertem Waren- und Dienstleistungshan-del und damit zu einem reduzierten realen Bruttoin-landsprodukt im Vergleich zum Status quo. Die Effekte wurden anhand von vier verschiedenen Szenarien für Deutschland, Bayern, Österreich und die Europäische Union als Ganzes berechnet.

Deutliche Einbußen für türkischen Export

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ifo Jahresbericht 2016 79

auswirkungen von ttIP auf norwegen

IFo ZEntRuM FüR auSSEnWIRtSCHaFt

the Economic Consequences of a ttiP Agreement for norwayG. Felbermayr, J. Gröschl, R. Aichele, M. Steininger für das norwegische Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei, als Teil eines Konsortiums unter Federfüh-rung des Norwegian Institute of International Affairs (NUPI), März 2016 bis November 2016, Veröffentlichung als Ifo Working Paper Nr. 228, 2016.

In diesem Projekt sollten die möglichen Auswirkungen einer transatlantischen Handels- und Investitionspart-nerschaft auf Norwegen abgeschätzt werden. Dies ist interessant, weil Norwegen zwar Teil des Europäischen Wirtschaftsraums ist, aber als Nichtmitglied der EU-Zollunion bei den Verhandlungen nicht präsent ist und durch etwaige Konzessionen oder Regelungen beider Verhandlungsseiten nicht direkt betroffen sein wird. Ziele des Projekts waren einerseits die Abschätzung der indirekten Betroffenheit Norwegens durch Handels- umlenkungseffekte oder durch Nachfrageeffekte ent-lang internationaler Wertschöpfungsketten und ande-rerseits die Quantifizierung der ökonomischen Effekte von alternativen Politikoptionen, z.B. eines Beitritt Norwegens zu dem Handelsabkommen als vollwerti-ger Partner.

Im Rahmen des Konsortiums war das ifo Institut für die Implementierung des ifo-Handelsmodells zustän-dig. Hierfür mussten entsprechende Szenarien erar-beitet, umgesetzt und beschrieben werden. Das ifo Institut zeichnete auch für eine vergleichende Analy-se verschiedener Modellansätze und ihrer Ergebnisse verantwortlich. Für die Quantifizierung nicht-tarifärer Handelsbarrieren wurden Top-down- und Bottom-up-Ansätze kombiniert, um robuste Aussagen zu erhalten. Die Analyse zeigt, dass sich Handelsumlenkungs- und Handelsschaffungseffekte durch TTIP im Falle Nor-wegens ungefähr die Waage halten. Ein tiefgreifendes Abkommen zwischen der EU und den USA würde zu einer geringfügigen Erhöhung des norwegischen BIP von 0,05 % führen. Dieser Gewinn ist aber fast zur Gän-ze abhängig von positiven Wertschöpfungseffekten im Energiesektor. Bleiben diese aus, so ist mit einem negativen aggregierten Effekt von –0,11% des BIP in Norwegen zu rechnen.

Handels- umlenkungs- und Handels- schaffungseffekte halten sich in etwa die Waage

übersicht über den Schengen-Raum (Stand: Februar 2016)

Quelle: Darstellung des ifo Instituts

Europe and india – relaunching a troubled trade relationshipG. Felbermayr, R. Aichele, J. Gröschl in Kooperation mit ifo-Forschungsprofessor Devashish Mitra, Syracuse University, für die Bertelsmann Stiftung, April 2016 bis September 2016.

Seit Juni 2007 verhandeln die EU und Indien über ein umfassendes Freihandelsabkommen, die Verhandlun-gen ruhen jedoch seit dem Jahr 2013. Nichtsdestotrotz haben beide Seiten ihren Willen geäußert, die Gesprä-che zu einer umfassenden Handels- und Investitions-vereinbarung (BTIA) wiederaufzunehmen. In der Stu-die quantifizieren wir die potenziellen wirtschaftlichen Konsequenzen durch ein allgemeines Gleichgewichts-modell. Auf Grundlage der Annahme, dass ein Freihan-delsabkommen alle Zölle zwischen der EU und Indien beseitigen und nicht-tarifäre Barrieren reduzieren würde, wie dies bereits durch andere tiefgreifende Ab-kommen geschehen ist, simulieren wir Handels-, Wert-schöpfungs- und Wohlfahrtseffekte eines BTIA. Das re- ale Pro-Kopf-Einkommen würde sich in Indien um 1,3% und in der EU um 0,14% ändern. Wir finden, dass Au-ßenseiter eines Handelsabkommens im Verhältnis zum Status quo weitgehend unberührt bleiben. Allerdings existiert eine beträchtliche regionale Heterogenität über die 134 geographischen, untersuchten Einheiten. Aufgrund einer Vereinbarung könnte sich der EU-Indi-en-Handel im Bereich der Geschäftsdienstleistungen annähernd verdoppeln. Wir finden eine geringe Anzahl von Handelsumlenkungseffekten durch eng integrierte Wertschöpfungsketten, aber eine deutliche Auswirkung auf den Strukturwandel in Indien. Auf den ersten Blick sollten also beide Parteien ein Interesse daran haben, ein Freihandelsabkommen abzuschließen.

LänderstatusSchengen-Vollanwender

Nicht-EU-Schengen-Mitglieder

Kooperationspartner

Zukün�ige Mitglieder

Nichtmitglieder

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ifo Jahresbericht 201680

Analyse des Einflusses des Klimawandels

auf das Wirtschafts-wachstum

IFo ZEntRuM FüR auSSEnWIRtSCHaFt

Projekte in Bearbeitung

Economic Growth impacts of Climate Change (EnGAGE) G. Felbermayr, Th. Steinwachs für die Leibniz-Gemein-schaft (SAW), unter Federführung des Potsdam-Insti-tuts für Klimafolgenforschung e.V. (PIK), März 2016 bis Dezember 2018.

Der 5. IPCC Assessment Report offenbart große Wis-senslücken hinsichtlich sozioökonomischer Einflüsse des Klimawandels, insbesondere bezüglich gesamt-wirtschaftlicher Wachstumsfolgen. Dies behindert die integrierte Bewertung von Auswirkungen sowie von Milderungs- und Anpassungswegen. ENGAGE soll zur Schließung jener Wissenslücken beitragen, indem es a) ein fundiertes konzeptuelles und empirisches Ver-ständnis der Wirkungskanäle entwickelt, entlang derer klimatische Einflüsse ökonomisches Wachstum beein-flussen, b) ökonomische Schäden durch ausgewählte Einflüsse angesichts des klimatischen und sozioökono-mischen Wandels abschätzt, insbesondere im Hinblick auf langfristige Wachstumseffekte, und c) untersucht, wie die Einbeziehung von Wachstumseffekten die in-tegrierte Bewertung ausgewählter Auswirkungen und Milderungsstrategien beeinflusst. Dieser umfassende Ansatz wird zur Entwicklung der nächsten Generation integrierter Bewertungsmodelle zur Klimapolitikbera-tung beitragen.

ENGAGE stellt sich drei Herausforderungen: a) der Entwicklung eines fundierten theoretischen Verständ-nisses und einer empirischen Quantifizierung der Kanäle, durch die klimatische Einflüsse langfristige Wachstums- und Entwicklungsmuster verändern kön-nen, b) der Entwicklung neuer Ansätze für eine ökono-mische Bottom-up-Bewertung biophysischer Einflüsse als Brückenschlag zwischen ökonomischen und klima-tologischen Modellen, c) der Integration von Auswir-kungen und Milderungswegen in einem globalen und dynamischen Wachstumssystem.

Das ifo Institut führt ökonometrische Analysen der Auswirkungen von Elementarrisiken auf ökonomische Entwicklungen durch, um potenzielle Mechanismen an der Gefahren-/Wachstumsschnittstelle zu erforschen. Da die bestehenden Studien meistens auf schadens-basierte Desasterdaten zurückgreifen, die beachtliche Reporting-, Endogenitäts- und Aggregationsprobleme

bergen, generiert das ifo Institut eine neue Datenbank geologischer und meteorologischer Ereignisse, beste-hend aus exogenen Daten über physische Intensitäten, zusammengetragen aus verschiedenen Primärquellen und geographisch disaggregiert nach Ländern, Regio-nen und Rasterzellen.

Quantitative tools for the Analysis of Global Governance issues (QuAntAGG)R. Aichele, F. Teti, M. Steininger, M. Braml für die Leibniz-Gemeinschaft (SAW), Januar 2016 bis Dezember 2019.

Die Globalisierung schreitet voran, und Länder sind zu-nehmend durch Handel und internationale Wertschöp-fungsketten verknüpft. Die Welthandelsorganisation konnte ihr Regelwerk bisher nicht dem 21. Jahrhun-dert anpassen, und folglich verhandeln viele Länder umfassende regionale Freihandelsabkommen, wie z.B. das Transatlantische Handels- und Investitionsab-kommen TTIP. Diese Entwicklungen werfen Fragen der internationalen Kooperation auf. Welche Wohlfahrts-effekte sind durch zukünftige Freihandelsabkommen wie TTIP zu erwarten? Ist ein bilaterales Investitions-abkommen mit den USA vorteilhaft für die EU? Kann regionale Klimapolitik erfolgreich implementiert wer-den, wenn Handelskosten fallen und Investoren mobil sind? Um diese Zusammenhänge besser zu verstehen, wird am ifo Institut die Forschungsgruppe QUANTAGG eingerichtet. Mit Hilfe von quantitativen Modellen und empirischen Datensätzen werden die Auswirkungen verschiedener internationaler Handels-, Investitions- und Klimapolitiken analysiert. Die verwendeten Daten stammen aus World Input Output Database, Global Trade Analysis Project, UN Comtrade sowie BACI.

Evaluation of the implementation of the Free trade Agreement between the Eu and its Mem-ber States and the republic of koreaG. Felbermayr, J. Gröschl, I. Heiland, C.W. Nam in Ko-operation mit Yoto Yotov, Drexel University, und ifo-Forschungsprofessor Mario Larch, Universität Bay-reuth, unter der Federführung von Civic Consulting für die Generaldirektion Handel der Europäischen Kom-mission, Juli 2016 bis Dezember 2017.

In diesem Projekt wird das seit Juli 2011 in Kraft befind-liche Freihandelsabkommen der EU mit Korea evalu-iert. Dieses Abkommen gilt als das derzeit modernste und umfassendste Freihandelsabkommen. Es beinhal-tet neben der Absenkung von Zöllen eine Vielzahl von

Bottom-up- Bewertung der biophysischen

Einflüsse

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ifo Jahresbericht 2016 81

IFo ZEntRuM FüR auSSEnWIRtSCHaFt

nicht-tarifären Handelshemmnissen und Abmachun-gen zu umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Aspek-ten. Im Rahmen des Konsortiums ist das ifo Institut über die Laufzeit von insgesamt 14 Monaten für die quantitativen ökonomischen Analysen zuständig. Das Ziel ist zu klären, ob und wie stark das Abkommen den Handel von Gütern und Dienstleistungen zwischen der EU und Korea belebt hat und welche Wirkungen dies auf die Einkommen, Preise, Beschäftigungsstruktur, CO2-Emissionen und weitere Variablen hatte.

Die Analyse geht dreistufig vor. Zuerst wird eine de-skriptive Datenanalyse vorgenommen. Dabei soll be-reits das ökonometrische Untersuchungsdesign vor-weg genommen werden, in dem die Entwicklung des Handels vor und nach dem Inkrafttreten des Abkom-mens in betroffenen (EU-Korea) und nicht betroffenen (z.B. EU-Japan) bilateralen Beziehungen verglichen wird. In einem zweiten Schritt erfolgt eine formale öko-nometrische Untersuchung von disaggregierten Han-delsdaten mit Hilfe eines Gravitationsmodells. Hierbei können andere Einflussfaktoren herausgerechnet und der Effekt des Abkommens auf Exporte und Impor-te jeweils getrennt isoliert werden. Im dritten Schritt schließlich werden die ökonometrischen Ergebnisse verwendet, um mit Hilfe des ifo-Handelsmodells Han-delskostenabsenkungen aufgrund des Abkommens zu identifizieren und die Effekte im allgemeinen Gleichge-wicht zu berechnen. Dies ist wichtig, weil nur so Han-delsumlenkungseffekte untersucht werden können.

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ifo Jahresbericht 201682

Zentrale Service-aufgabe: Erhebung,

aufbereitung und Interpretation von

unternehmensdaten

ifo Zentrum für Konjunkturforschung und Befragungen

Das ifo Zentrum für Konjunkturforschung und Befra-gungen umfasst die Schwerpunkte Konjunkturprog-nose und Unternehmensbefragungen. Damit wird die Bedeutung von Unternehmensbefragungen für die Analyse konjunktureller Entwicklungen betont. Dies ist ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal gegenüber den anderen Wirtschaftsforschungsinstituten. Die zentra-len Serviceaufgaben des Bereichs liegen folglich zum einen in der Erhebung, Aufbereitung und Interpretati-on von Unternehmensdaten und zum anderen in der befragungsbasierten Analyse und Prognose der kon-junkturellen Entwicklung Deutschlands, der Europäi-schen Union und anderer wichtiger Länder.

Die unternehmensbefragungen bilden eine zentrale Servicefunktion des ifo Instituts. Die regelmäßig er-hobenen Daten fließen nicht nur in die ifo Konjunktur-prognose ein, sie bilden auch eine wichtige Grundlage für branchenspezifische und gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen von Unternehmen, Verbänden und staatlichen Stellen. Die Umfrageergebnisse werden ausführlich in den Medien diskutiert und interpretiert. In der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung spie-len Analysen der Mikrodaten aus den ifo-Umfragen bei der Überprüfung von ökonomischen Verhaltensmus-tern – z.B. des Investitions- und Beschäftigungsverhal-tens, der Beschäftigtenentwicklung oder der Preispoli-tik – eine große Rolle. Die anerkannte Stellung des ifo Instituts auf dem Gebiet der Unternehmensbefragun-gen wird auch daran deutlich, dass die Umfragetechnik des ifo Instituts mittlerweile in mehr als 50 Ländern eingesetzt wird.

Unter den Befragungen des ifo Instituts stand 2016 er-neut der Konjunkturtest im Zentrum des öffentlichen und wissenschaftlichen Interesses. Um dem großen Informationsbedarf über internationale Konjunktur-tendenzen Rechnung zu tragen, führt das ifo Institut mit dem ifo World Economic Survey (WES) eine in-ternationale Befragung durch. Im Gegensatz zu dem ansonsten ifo-typischen Ansatz, Unternehmer nach ihrer eigenen Situation zu befragen, ist der WES eine Expertenbefragung.

Die Konjunkturprognosen basieren auf der systema-tischen Gewinnung sowie der methodischen Aufberei-tung und Auswertung eigener Umfrageergebnisse und auf den Daten der amtlichen Statistik. Besondere Be-deutung haben in diesem Zusammenhang die Ergeb-nisse des ifo Konjunkturtests, des ifo Investitionstests

sowie des ifo World Economic Survey. Die Konjunktur-indikatoren aus ifo-Umfragen und der amtlichen Statis-tik werden ständig daraufhin überprüft, ob sie zu einer Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Analyse und Prognose beitragen können. Dies gilt ebenso für das ifo-eigene Prognoseinstrumentarium, wie z.B. ökono-metrische Ansätze zur Schätzung von Konjunktur und Trend, Zeitreihenmodelle für verschiedene ökonomi-sche Variablen oder Modellanalysen der gesamtwirt-schaftlichen Effekte alternativer wirtschaftspolitischer Maßnahmen.

Um die gesamtwirtschaftlichen Produktionslücken als Maß für die konjunkturellen Ausschläge quantifizieren zu können, wird auch das Produktionspotenzial wichti-ger Länder geschätzt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der deutschen Volkswirtschaft, für die insbesondere die trendmäßige Entwicklung der angebotsseitigen Deter-minanten des Produktionspotenzials wie Produktivität, Arbeitsmarktpartizipation und Kapitalakkumulation dokumentiert und analysiert wird. Darüber hinaus wer-den die für die konjunkturelle Entwicklung maßgebli-chen Kennzahlen und besonderen Umstände einzelner Länder – aktuell z.B. Verschuldungsquoten, Haushalts-defizite, Leistungsbilanzsalden, Maße der Wettbewerbs-fähigkeit und finanzpolitische Reformen – systematisch miteinander verglichen, auch um mögliche wirtschafts-politische Optionen für Deutschland und Europa aufzu-zeigen.

ServiceprojekteDer Bereich führt regelmäßig eine Reihe von serviceori-entierten Projekten durch, die auf eigener Forschungs-arbeit beruhen und ständig wissenschaftlich betreut werden. Dazu zählen vor allem die Unternehmensbe-fragungen und die Konjunkturprognosen.

iFo konJunkturtESt in dEr GEWErBliCHEn WirtSCHAFt

Bereits 1949 führte das ifo Institut mit dem ifo Konjunk-turtest eine neue Methode der Konjunktur- und Markt-beobachtung ein. Heute ist er eine der wichtigsten Quellen für die Beurteilung der aktuellen wirtschaftli-chen Lage in Deutschland. Im Jahr 1990, unmittelbar nach Inkrafttreten der Wirtschafts- und Währungsuni-on, wurde der Konjunkturtest auch auf Ostdeutschland ausgeweitet.

ifo Konjunkturtest im Zentrum des

öffentlichen Interesses

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ifo Jahresbericht 2016 83

Seit 1972 »ifo Geschäftsklima in der gewerblichen Wirtschaft«

IFo ZEntRuM FüR KonJunKtuRFoRSCHung unD BEFRagungEn

iFo GESCHäFtSkliMA in dEr GEWErBliCHEn WirtSCHAFt

Das ifo Geschäftsklima, das als Mittelwert aus den Sal-den der aktuellen Geschäftslagebeurteilung und der Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate berechnet wird, wird seit 1972 regelmäßig vom ifo In-stitut veröffentlicht. Es hat sich als Frühindikator der Wirtschaftsentwicklung in Deutschland bewährt. Ge-genüber dem Produktionsindex für das Produzierende Gewerbe aus der amtlichen Statistik besitzt der Indi-kator einen Vorlauf von durchschnittlich zwei bis drei Monaten. Er ist aus der deutschen Konjunkturbericht-erstattung nicht mehr wegzudenken. Die nationale und internationale Bedeutung des ifo Geschäftsklimas lässt sich auch an den Reaktionen der Finanzmärkte auf die Monat für Monat mit Spannung erwartete Ver-öffentlichung des aktuellen Werts ablesen. Monatliche Sonderauswertungen und Kommentierungen der Kon-junkturtestdaten erstellt das ifo Institut für die Bundes-länder Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-West-falen und Sachsen.

ifo Geschäftsklima Deutschland

Quelle: ifo Konjunkturtest.

MonAtliCHEr iFo konJunkturtESt diEnSt- lEiStunGEn

Der ifo Konjunkturtest Dienstleistungen ist die umfas-sendste monatliche Erhebung im Bereich Dienstleis-tungen in Deutschland. Regelmäßig nehmen mehr als 2.500 Unternehmen daran teil. Der seit 2005 veröffent-lichte Indikator »ifo Geschäftsklima Dienstleistungen«

Seit 2005 »ifo ge-schäftsklima Dienst-leistungen«

Jeden Monat wertet das ifo Institut für den ifo Konjunk-turtest gewerbliche Wirtschaft rund 7.000 Meldungen von Unternehmen in Deutschland zu ihrer Einschät-zung der Geschäftslage und verwandten Aspekten der Geschäftstätigkeit aus. Die Standardfragen richten sich zum einen auf die Beurteilung der aktuellen Situation, zum anderen auf die Erwartungen und Pläne der Un-ternehmen für die folgenden drei bis sechs Monate. Die Testteilnehmer werden gebeten, bei der Beantwortung der Fragen saisonale Einflüsse auszuschalten, da dies aber nur zum Teil möglich ist, werden die Erhebungser-gebnisse noch einem Saisonbereinigungsverfahren un-terzogen. Komplexe Auswertungsverfahren liefern aus den Befragungsergebnissen Informationen über rund 500 Einzelmärkte des Verarbeitenden Gewerbes, des Bauhauptgewerbes und des Groß- und Einzelhandels.

Ziel des ifo Konjunkturtests ist die Erfassung der Kon-junkturkomponente der wirtschaftlichen Entwicklung, der langfristige Wachstumstrend wird nicht abgebildet. Der ifo Konjunkturtest wurde als Ergänzung zu den Da-ten der amtlichen Statistik konzipiert. Er liefert Infor-mationen über Sachverhalte, die von der amtlichen Sta-tistik nicht erfasst werden, und liegt sehr zeitnah vor.

Aus den langen Zeitreihen des ifo Konjunkturtests lei-tet das ifo Institut aussagekräftige Konjunkturindikato-ren ab. Insbesondere der ifo Geschäftsklimaindex so-wie die vierteljährlich erhobene Kapazitätsauslastung und die Reichweite der Auftragsbestände zeichnen ein verlässliches Bild der jeweiligen konjunkturellen Lage und der voraussichtlichen Entwicklung in den nächs-ten Monaten. Ein wesentlicher Vorteil der ifo Konjunk-turindikatoren gegenüber der amtlichen Statistik ist ihre schnelle Verfügbarkeit. Während die Produktions- und Auftragseingangsindizes der amtlichen Statistik in der Regel erst mehr als vier Wochen nach Ende des Berichtsmonats veröffentlicht und nachträglich viel-fach stark revidiert werden, liegen die Ergebnisse des ifo Konjunkturtests üblicherweise bereits zwischen dem 22. und 27. Tag des Berichtsmonats vor. Darüber hinaus werden im Konjunkturtest Einschätzungen und Erwartungen von Unternehmen erfragt, wodurch eine ergänzende Analyse der quantitativen Informationen der amtlichen Statistik ermöglicht wird.

Externe Interessenten können die Zeitreihen des ifo Konjunkturtests durch den Datenbankservice des ifo Instituts beziehen. Der angebotene Datenbestand um-fasst auch Zeitreihen aus anderen Quellen.

90

95

100

105

110

115

120

2012 2013 2014 2015 2016 2017

Beurteilung der Geschä�slageGeschä�serwartungenGeschä�sklima

ifo Konjunkturtest März 2017

Indexwerte, 2005 = 100ᵇ

ᵃ Verarbeitendes Gewerbe, Bauhauptgewerbe, Groß- und Einzelhandel.ᵇ Saisonbereinigt mit X-13ARIMA-SEATS.

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ifo Jahresbericht 201684

Monatliche Erhebung im Bereich leasing

IFo ZEntRuM FüR KonJunKtuRFoRSCHung unD BEFRagungEn

beinhaltet wichtige, insbesondere unternehmensnahe Zweige des tertiären Sektors (ohne Handel und ohne Staat). Finanzdienstleistungen (Kreditgewerbe, Versi-cherungen) sind in dem Indikator nicht enthalten. Das ifo Institut führt in diesem Bereich teilweise getrennte Erhebungen durch. Hierzu zählt auch der monatliche Konjunkturtest Leasing. Die dabei gewonnenen Infor-mationen werden u.a. für die Schätzung der Ausrüs-tungsinvestitionen genutzt.

Für die Berechnung und Hochrechnung des Indika-tors Dienstleistungen insgesamt werden Informati-onen über Umsatz, Beschäftigung und Wirtschafts-zweig sowie Strukturdaten der amtlichen Statistik verwendet. Die Erhebungen und Berechnungen im Dienstleistungsbereich erfolgen damit analog zum ifo Konjunkturtest in der Gewerblichen Wirtschaft (Ver-arbeitendes Gewerbe, Bauhauptgewerbe, Groß- und Einzelhandel).

Der ifo Konjunkturtest Dienstleistungen entspricht dem aktuellen Standard harmonisierter Konjunktur-umfragen der EU-Mitgliedstaaten. Seine Ergebnisse werden jeden Monat zeitgleich mit dem ifo Konjunk-turtest für das Verarbeitende Gewerbe, das Bau-hauptgewerbe sowie den Groß- und Einzelhandel ver-öffentlicht.

iFo inVEStitionStESt VErArBEitEndES GEWErBE

Der ifo Investitionstest war der Vorläufer aller Investi-tionsumfragen des Statistischen Bundesamts. Heute ergänzt er die amtlichen Ex-post-Daten am aktuel-len Rand mittels Hochschätzungen auf der Basis von Planangaben der Unternehmen. Damit ist das ifo In- stitut die einzige Quelle für quantifizierte Schätzungen der aktuellen Investitionsentwicklung bis zum Zeit-punkt der Veröffentlichung amtlicher Ex-post-Daten. Als freiwillige Umfrage – der ifo Investitionstest ist wie alle nicht amtlichen Umfragen gesetzlich nicht veran-kert – kann er jedoch eine Totalerhebung grundsätz-lich nicht ersetzen. Dies gilt vor allem bezüglich der gewünschten Branchenuntergliederung. Der Prog- nosehorizont erstreckt sich auf rund ein Jahr. Die Er-hebungen werden in den meisten oben genannten Sektoren einmal jährlich durchgeführt, nur die Unter-nehmen des Verarbeitenden Gewerbes werden zwei-mal jährlich befragt.

Im Rahmen des Investitionstests im Verarbeitenden Gewerbe und im Bergbau erhebt das ifo Institut neben Daten zur Investitionsentwicklung in der Vergangen-heit auch die Investitionspläne für das laufende bzw. kommende Jahr und die Zielsetzung der Investitions-tätigkeit sowie die in diesem Zusammenhang relevan-ten Einflussfaktoren. Nach den zuletzt veröffentlichten Ergebnissen wurden die Investitionen im Verarbeiten-den Gewerbe 2016 nominal um rund 7% erhöht.

iFo inVEStitionStESt lEASinG

Mit seiner Investitionsumfrage im Leasingsektor schließt das ifo Institut eine statistische Lücke. Anders als in den übrigen Bereichen des Investitionstests handelt es sich hier um eine als Totalerhebung angelegte Umfrage, es existieren keine amtlichen Zahlen für die Hochrechnung von Stichprobenergebnissen. Die Test-ergebnisse weisen für das vergangene Jahr einen Anstieg des Neugeschäfts gegenüber dem Vorjahr um 3,5% auf 52,4 Mrd. EUR aus. Dabei erhöhte sich das Mobilien-Leasing um 5,1%, wäh-rend das Immobilien-Leasing nach einem deutlichen Aufschwung im Jahr zuvor einen Rückgang von 43,5% aufwies. Die gesamtwirtschaftliche Leasingquote stieg leicht von 15,2% auf 15,3%; bei Mobilien vergrößerte sich der Anteil des Leasings an den gesamten Investitio-nen von 22,6% auf 22,8%.

Seit über einem Jahrzehnt führt das ifo Institut in Zu-sammenarbeit mit dem Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e.V. in Berlin die regelmäßige Konjunkturerhebung in der deutschen Leasingwirt-schaft durch – zunächst im vierteljährlichen Turnus, ab 2003 erfolgt die Erhebung im monatlichen Rhythmus. Die Einschätzungen der Leasing-Gesellschaften für ihre eigene aktuelle Geschäftsentwicklung eignen sich be-sonders gut zur Prognose der gesamtwirtschaftlichen Ausrüstungsinvestitionen.

iFo konJunkturtESt VErSiCHErunGSGEWErBE

In enger Zusammenarbeit mit dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. führt das ifo Institut seit Ende 1999 einen vierteljährlichen Konjunk-turtest im Versicherungsgewerbe durch. Einbezogen in die Erhebung sind Versicherungsunternehmen in den Bereichen Leben, Kranken sowie Schaden/Unfall. Ge-messen an den verdienten Bruttobeiträgen repräsen-tieren die erfassten Versicherungsunternehmen nach wie vor rund 80% der Beiträge.

ifo Investitionstest: Vorläufer aller

Investitionsumfragen des Statistischen

Bundesamts

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ifo Jahresbericht 2016 85

ifo World Economic Survey: Viertel- jährliche inter- nationale umfrage

IFo ZEntRuM FüR KonJunKtuRFoRSCHung unD BEFRagungEn

Die Resultate nach Ländern und Regionen werden au-ßerdem vierteljährlich in der englischsprachigen Pub-likation CESifo World Economic Survey veröffentlicht, eine deutschsprachige Zusammenfassung erscheint im ifo Schnelldienst. Hinsichtlich der regionalen Ver-breitung des WES in den Medien und der Geschäfts-welt in Lateinamerika kooperiert das ifo Institut seit 2007 mit der Fundacao Getulio Vargas/Instituto Bra-sileiro de Economia (FGV/IBRE). Dabei handelt es sich um die Veröffentlichung der WES-Ergebnisse für die Region Lateinamerika.

iFo ArCHitEktEnuMFrAGE

Die im Jahr 1980 in lediglich vier Bundesländern gestar-tete Architektenumfrage führt das ifo Institut seit 1996 bundesweit durch. Dabei werden vierteljährlich rund 1.200 freischaffende Architekten in allen 16 Bundeslän-dern schriftlich befragt. Aus den Umfrageergebnissen werden die Indikatoren Geschäftsklima, Vertragsab-schlüsse – und das damit verbundene geschätzte Bau-volumen – sowie Auftragsbestände ermittelt. Diese Daten werden ergänzt durch jährlich erhobene Informa-tionen zur Rechtsform, Größe und den Honorarumsät-zen der Büros. Die länderspezifischen Umfrageergeb-nisse werden jedes Vierteljahr in einem Mitteilungsblatt den jeweiligen Landesarchitektenkammern der 16 Bun-desländer zur Verfügung gestellt sowie den Umfrage-teilnehmern bei der nächsten Befragung – neben dem aktuellen Fragebogen – zugeschickt. Die Ergebnisse für Deutschland werden darüber hinaus regelmäßig alle drei Monate im ifo Schnelldienst veröffentlicht.

Geschäftsklima bei den freischaffenden architekten

Quelle: ifo Architektenumfrage.

Seit 1996 bundes-weite umfrage bei den freischaffenden architekten

iFo innoVAtionStESt

Seit 1979 führt das ifo Institut jährlich den ifo Innova-tionstest durch. Auf der gleichen definitorischen Ba-sis werden auch die Innovationsbefragungen in den OECD-Ländern durchgeführt. Für Details siehe Kapitel ifo Zentrum für Industrieökonomik und neue Techno-logien.

iFo World EConoMiC SurVEy (WES)

Die Aufgabe des ifo World Economic Survey (WES) ist es seit über 30 Jahren, vierteljährlich ein möglichst aktuelles Bild der Wirtschaftslage und bestimmter Zukunftsperspektiven für eine Vielzahl von Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern zu liefern. Die Umfrageergebnisse zeichnen sich durch ihre hohe Ak-tualität und internationale Vergleichbarkeit aus. Gera-de in Ländern, in denen die offizielle Statistik auf einer unsicheren Basis steht, sind die von Experten vor Ort abgegebenen Urteile und Erwartungen von besonde-rer Bedeutung. Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass in der Regel ein enger Zusammenhang zwischen dem Weltwirtschaftsklima und dem Wachstum der Welt-wirtschaft konstatiert werden kann.

Weltkonjunktur und ifo Weltwirtschaftsklima

Quelle: IWF, World Economic Outlook, Oktober 2016; ifo World Eco-nomic Survey (WES) IV/ 2016.

Auch 2016 befragte das ifo Institut mehr als 1.000 Wirt-schaftsexperten kompetenter Institutionen und mul-tinationaler Unternehmen zur Wirtschaftslage und zu den Entwicklungsaussichten in rund 120 Ländern. Die Teilnehmer erhalten detaillierte Umfrageergebnisse.

5,44,8

5,5 5,7

3,0

-0,1

5,44,2

3,5 3,3 3,4 3,2 3,1

40

50

60

70

80

90

100

110

120

130

-1

0

1

2

3

4

5

6

7

8

04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16

reales BIP (linke Skala) ifo Weltwirtscha�sklima

% Veränderung gegenüber Vorjahr Index 2005 = 100

a) Arithmetisches Mittel der Bewertung der gegenwärtigen Lage und der erwartetenEntwicklung.

a)

-50

-40

-30

-20

-10

0

10

20

30

1995 1998 2001 2004 2007 2010 2013 2016

Ursprungswertegeglättete Werte

Urteile zur derzeitigen und voraussichtlichen Au�ragssituation

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ifo Jahresbericht 201686

Seit 2010 Veröffent-lichung von jährlichen

Sektorenkonten

IFo ZEntRuM FüR KonJunKtuRFoRSCHung unD BEFRagungEn

iFo konJunkturProGnoSEn

Jeweils zur Jahresmitte und zum Jahresende er-stellt der Bereich einen ausführlichen Konjunkturbe-richt für Deutschland mit einer Vorausschau auf die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (nach Ent-stehung, Verwendung und Verteilung), des Arbeits-markts, der Inflation und der staatlichen Einnahmen und Ausgaben. Wegen der intensiven Verflechtung der deutschen Volkswirtschaft mit der Weltwirtschaft und insbesondere der europäischen Wirtschaft wird auch die Entwicklung in der Europäischen Union und in anderen wichtigen Ländern prognostiziert. Basis der Vorausschätzung ist eine fundierte Analyse der Wirtschaftslage. Besondere Aufmerksamkeit wird der Bestimmung der konjunkturellen Dynamik und der konjunkturellen Wendepunkte geschenkt. Seit 2010 veröffentlicht der Bereich auch jährliche Sek-torkonten für die institutionellen Sektoren gesamte Volkswirtschaft, nichtfinanzielle und finanzielle Ka-pitalgesellschaften, private Haushalte (einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck), Staat sowie übrige Welt. Die Konten vermitteln einen syste-matischen Überblick über wichtige, in den Volkswirt-schaftlichen Gesamtrechnungen erfasste Transaktio-nen zwischen den Sektoren.

Der Bereich äußert sich häufig in den Medien zum kon-junkturellen Ausblick und damit verbundenen wirt-schaftspolitischen Problemen. Auch die konjunktu-rellen Auswirkungen von finanz- und geldpolitischen Entscheidungen werden analysiert und kommentiert. Von besonderem Interesse waren im Jahr 2016 das Wertpapierankaufprogramm der Europäischen Zent-ralbank, das britische Referendum über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen der Flüchtlingsmigration. Die Medienresonanz war insge-samt sehr hoch.

GEMEinSCHAFtSdiAGnoSE

Im Frühjahr und Herbst beteiligt sich der Bereich ge-meinsam mit der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) als Konsortialpartner an der Gemein-schaftsdiagnose. Im Juli 2016 hat das ifo Institut vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie diesen Auftrag erneut für zwei weitere Jahre erhalten. Die übrigen vier Konsortien sind das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW) gemeinsam mit dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung

(WIFO), das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschafts-forschung, Essen, gemeinsam mit dem Institut für Hö-here Studien Wien (IHS) sowie das Institut für Weltwirt-schaft an der Universität Kiel. Das Gutachten umfasst Prognosen für Deutschland, die Europäische Union und andere wichtige Länder sowie eine Beurteilung der für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland beson-ders relevanten Wirtschaftspolitiken. Es wird jeweils in der Bundespressekonferenz in Berlin vorgestellt und dann dem Ministerium offiziell übergeben.

EurozonE EConoMiC outlook

Der Eurozone Economic Outlook ist ein europäisches Gemeinschaftsprojekt des ifo Instituts, des INSEE in Paris und des Istat in Rom. Im Mittelpunkt stehen eine gemeinsame Schätzung (für das abgelaufene Quartal) und eine gemeinsame Prognose (für das laufende und das darauffolgende Quartal) des realen Bruttoinlands-produkts, des privaten Konsums, der Industrieproduk-tion und der Inflationsrate in der Eurozone. Erstellt werden die Prognosen in erster Linie unter Verwendung ökonometrischer Prognoseverfahren, die zwischen den Instituten abgestimmt werden. Der Eurozone Eco-nomic Outlook wird vierteljährlich – im Januar, April, Juli und Oktober – als zweiseitige Presseerklärung in deutscher und in englischer Sprache herausgegeben.

EuroPEAn EConoMiC AdViSory GrouP

Die European Economic Advisory Group at CESifo (EEAG) ist ein europäischer Sachverständigenrat, der aus sieben bekannten Volkswirten aus sieben euro-päischen Ländern besteht und gegenwärtig von John Driffill, Birkbeck College, geleitet wird. Er wurde 2001 von CESifo ins Leben gerufen. Der EEAG-Report enthält Berichte zu aktuellen wirtschaftspolitischen Themen. Für den Report liefert das Zentrum für Konjunkturfor-schung und Befragungen des ifo Instituts jährlich eine Prognose und Analyse der konjunkturellen Entwicklung in Europa und in der Welt. Zudem werden regelmäßig Schwerpunktthemen bearbeitet. Die Veröffentlichung der Prognose erfolgt im Kapitel »Economic Outlook«.

VolkSWirtSCHAFtliCHE AnAlySEn, indikAtor-ErStEllunG und ProGnoSEn

Ziel des Projekts ist die monatliche Erstellung umfra-gebasierter Indikatoren zur Prognose des Stromver-brauchs in Deutschland und im ENBW-Kundenkreis

Beteiligung an der Gemeinschafts-

diagnose

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ifo Jahresbericht 2016 87

Die »ifo-Befragungen«

IFo ZEntRuM FüR KonJunKtuRFoRSCHung unD BEFRagungEn

ifo konjunkturtest Baden-WürttembergS. Litsche für die Landeskreditbank Baden-Württem-berg – Förderbank, regelmäßige Veröffentlichung in der Reihe »L-Bank-ifo-Konjunkturtest« sowie im Internet.

ifo konjunkturtest SachsenM. Weber, regelmäßige Veröffentlichung in ifo Dresden berichtet.

ifo konjunkturtest nordrhein-WestfalenA. Weichselberger für die NRW.Bank, regelmäßige Ver-öffentlichung in der Reihe »NRW.Bank.ifo-Index« sowie im Internet.

ifo investitionstest Verarbeitendes GewerbeP. Jäckel, A. Weichselberger, regelmäßige Veröffentli-chung in ifo Schnelldienst.

ifo-kfW-MittelstandsbarometerS. Sauer für die KfW-Bankengruppe, regelmäßige Ver-öffentlichung durch den Auftraggeber.

ifo BeschäftigungsbarometerK. Wohlrabe, A. Bauer, monatliche Veröffentlichung in Handelsblatt, ifo Konjunkturperspektiven und auf der Website des ifo Instituts.

kredithürdeK. Wohlrabe, A. Marjenko, monatliche Veröffentlichung durch Pressemitteilung, in den ifo Konjunkturperspek-tiven und auf der Website des ifo Instituts.

ifo ExporterwartungenK. Wohlrabe, monatliche Veröffentlichung durch Pres-semitteilung, im ifo Schnelldienst und auf der Website des ifo Instituts.

ifo Architektenumfrage L. Dorffmeister, E. Gluch, M. Kocijan, regelmäßige Ver-öffentlichung in ifo Schnelldienst und im Deutschen Architektenblatt.

ifo ManagerumfrageK. Wohlrabe, J. Garnitz für die WirtschaftsWoche, regel-mäßige Veröffentlichung in WirtschaftsWoche und auf der Website des ifo Instituts.

Veröffentlichungen in der Presse, in den ifo-Publikationen und auf der Website

sowie eines geeigneten ökonometrischen Modells zur Vorhersage der Zielzeitreihen über einen Prognoseho-rizont von bis zu zwölf Monaten. Die Stromindikatoren werden aus den disaggregierten Ergebnissen der ifo-Unternehmensbefragungen im Verarbeitenden Ge- werbe generiert und bilden die konjunkturell begrün-deten Schwankungen im Stromverbrauch ab. Das Pro-gnosemodell basiert auf der Idee der Verbesserung der Prognosequalität über die Kombination von Ein-zelprognosen und modelliert neben der konjunkturel-len Komponente auch Trendentwicklungen, saisonale Schwankungen sowie Temperatur- und strukturelle Effekte der Zielzeitreihen. Zudem werden Beratungs-leistungen zum aktuellen Konjunkturverlauf sowie zu wirtschaftspolitischen Themen erbracht.

Die Serviceprojekte im Einzelnen

ifo konjunkturtestK. Wohlrabe, P. Wojciechowski, L. Dorffmeister, S. Sauer, S. Rumscheidt, S. Litsche, A. Bauer, regelmäßige Veröf-fentlichung in ifo Schnelldienst und ifo Konjunkturper-spektiven.

ifo World Economic Survey (WES)K. Wohlrabe, J. Garnitz, D. Boumans, J. Nothhaft, re-gelmäßige Veröffentlichung in CESifo World Economic Survey und ifo Schnelldienst.

ifo konjunkturtest leasingA. Städtler, S. Sauer, S. Rumscheidt, regelmäßige Veröf-fentlichung in ifo Schnelldienst.

ifo konjunkturtest VersicherungswirtschaftS. Litsche für den Gesamtverband der deutschen Versi-cherungswirtschaft, Teilnehmerinformation.

Ertragslage und EntwicklungS. Litsche, quartalsweise Ermittlung der Ertragslage und Entwicklung in der Metall- und Elektroindustrie.

ifo konjunkturtest BayernP. Jäckel, F. Leiss für das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, regelmäßige Veröffentlichung in der Reihe »Konjunktur in Bayern« sowie auf der Website des Auftraggebers.

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ifo Jahresbericht 201688

Im Frühjahr 2016 ifo Institut als gast-

gebendes Institut

IFo ZEntRuM FüR KonJunKtuRFoRSCHung unD BEFRagungEn

rechtliche zinsobergrenze/durchschnitts- zinsen für konsumentenkrediteK. Wohlrabe, P. Wojciechowski, T. Wollmershäuser, Um-frage für den Bankenfachverband.

GemeinschaftsdiagnoseT. Wollmershäuser, T.O. Berg, Chr. Breuer, J. Garnitz, Chr. Grimme, A. Hristov, N. Hristov, R. Lehmann, W. Meister, W. Nierhaus, M. Reif, F. Schröter, A. Steiner, K. Wohlrabe, A. Wolf zusammen mit der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF), in Kooperation mit den vier Kon-sortien Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW) gemeinsam mit dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), Leibniz-Institut für Wirt-schaftsforschung Halle (IWH), RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Essen, gemeinsam mit dem In-stitut für Höhere Studien Wien (IHS), sowie Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel, für das Bundesmi-nisterium für Wirtschaft und Energie, Veröffentlichung in ifo Schnelldienst 69(8), 2016; 69(19), 2016.

Die Gemeinschaftsdiagnose hat im Frühjahr 2016 im ifo Institut München stattgefunden, im Herbst war sie zu Gast beim DIW in Berlin.

ifo konjunkturprognoseT. Wollmershäuser, T.O. Berg, Chr. Breuer, J. Gar-nitz, Chr. Grimme, A. Hristov, N. Hristov, R. Lehmann, W. Meister, W. Nierhaus, M. Reif, F. Schröter, A. Steiner, K. Wohlrabe, A. Wolf, Analyse und Prognose der kon-junkturellen Entwicklung in Deutschland, in Europa und in der Welt, Veröffentlichung in ifo Schnelldienst 69(12), 2016; 69(24), 2016.

Eurozone Economic outlookA. Hristov in Kooperation mit INSEE, Paris, und Istat, Rom.

Der Eurozone Economic Outlook wird vierteljährlich – im Januar, April, Juli und Oktober – als zweiseitige Presse-erklärung in deutscher und in englischer Sprache her-ausgegeben.

European Economic Advisory Group (EEAG)T.O. Berg, N. Hristov, regelmäßige Veröffentlichung in: Report on the European Economy.

Volkswirtschaftliche Analysen, indikatorerstel-lung und PrognosenT. O. Berg, P. Wojciechowski für die EnBW Trading GmbH.

ifo ExportklimaChr. Grimme für die WirtschaftsWoche.

Das ifo Exportklima setzt sich aus Unternehmens- und Konsumentenstimmung und einem Indikator für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirt-schaft zusammen. Für die Unternehmens- und Konsu-mentenstimmung werden Indikatoren aus 41 Ländern, gewichtet mit den deutschen Exportanteilen, zusam-mengefasst. Die erfassten Länder machen 90% der Absatzmärkte der deutschen Exporte aus und werden mit saisonbereinigten Werten in der Berechnung des ifo Exportklimas verwendet.

Vierteljährliche Volkswirtschaftliche Gesamt-rechnungen für SachsenW. Nierhaus in Kooperation mit dem Statistischen Lan-desamt Sachsen, laufendes Projekt, Veröffentlichung in ifo Dresden berichtet.

Der Arbeitskreis VGR der Länder veröffentlicht regel-mäßig regionalisierte Jahresergebnisse für das Brut-toinlandsprodukt und die Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen. Anders als in den nationalen VGR werden auf regionaler Ebene allerdings keine Vierteljahreswerte bereitgestellt. Vierteljährliche VGR-Ergebnisse sind indes ein wichtiges Bindeglied zwischen den monatlichen Konjunkturindikatoren der Fachstatistik und den Jahresergebnissen der VGR. Ziel des Projekts ist es, mit unterjährigen gesamtwirt-schaftlichen Daten zusätzliche Informationen für die Konjunkturbeobachtung und -prognose in Sachsen vorzulegen. Der Fokus liegt dabei auf der Entstehung des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts. Mit Hilfe der Methode der temporalen Disaggregation wird ein vierteljährliches regionales Zahlenwerk erstellt, das mit den Jahresergebnissen des Arbeitskreises VGR der Länder für Sachsen weitgehend konsistent ist. Dabei werden Jahresaggregate unter Verwendung höherfre-quenter Referenzindikatoren in vierteljährliche Aggre-gate umgewandelt. Seit 2013 werden die vierteljährli-chen Ergebnisse nach der Wirtschaftszweiggliederung WZ 2008 dargestellt.

ifo Konjunkturprog-nosen zur Jahresmitte

und zum Jahresende

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ifo Jahresbericht 2016 89

untersuchungen zu Methoden für eine Verbesserung der Prognosequalität

IFo ZEntRuM FüR KonJunKtuRFoRSCHung unD BEFRagungEn

In einem weiteren Projekt wurde untersucht, inwiefern mit Hilfe von Umfragedaten die Einfuhren prognostiziert werden können. In der bisherigen Literatur sind Prog-noseexperimente zu diesem Verwendungsaggregat äu-ßerst rar. Chr. Grimme, R. Lehmann und M. Nöller kom-men zu dem Ergebnis, dass für das aktuelle Quartal harte Indikatoren, für das folgende Quartal aber Umfrageindi-katoren zu deutlich besseren Prognosen führen.

In dem Forschungsprojekt »Predicting German Busi-ness Cycle Turning Points« wird von M. Reif (zusammen mit ifo-Forschungsprofessor K. Carstensen, M. Hein-rich und M.H. Wolters, alle Universität Kiel) ein Modell zur Prognose von konjunkturellen Wendepunkten entwickelt. Dabei werden sog. Large-data-Methoden (LASSO, LARS, Elastic-net) eingesetzt, um für jeden Zeitpunkt die optimalen Indikatoren aus einem großen Datensatz zu wählen. Es zeigt sich, dass die automati-sche Auswahl von Indikatoren zu besseren Ergebnissen führt als eine fixe Variablenauswahl für alle Perioden.

Des Weiteren gehen R. Lehmann und K. Wohlrabe den Fragen nach, ob Boosting als »Methode für große Daten-sätze« das reale BIP dreier Regionen in Deutschland (Ba-den-Württemberg, Sachsen und Ostdeutschland) besser prognostiziert und welche Indikatoren dabei regelmä-ßig vom Algorithmus ausgewählt werden. Zum einen finden sie für Prognosen von ein bis zwei Quartalen in die Zukunft eine Verbesserung der Prognosegüte durch Boosting. Zum anderen weisen die Top-Indikatoren eine Gemeinsamkeit auf: Zumeist handelt es sich um Informa-tionen, die die regionale Wirtschaftsstruktur widerspie-geln. Besonders letzteres Ergebnis ist wichtig für regio-nale Entscheider. Diese sollten sich für eine Abschätzung der zukünftigen Wirtschaftsentwicklung eher an regiona-len Wirtschaftsinformationen orientieren und weniger an Indikatoren, die Deutschland insgesamt beschreiben.

In einer ähnlichen Arbeit beschäftigen sich R. Lehmann und K. Wohlrabe ebenfalls mit der Prognosekraft von Boosting, jedoch liegt der Fokus hier auf Gesamtdeutsch-land (Applied Economics Letters 23(17), 2016). Es stellt sich heraus, dass Boosting die Prognose der deutschen Industrieproduktion im Vergleich zu einfachen Modellen deutlich verbessern kann. Der Blick in die Details unter-streicht die herausragende Stellung der vom ifo Institut aus dem Konjunkturtest gewonnenen Indikatoren: Eine Vielzahl dieser Größen (z.B. die ifo Geschäftslage der Investitionsgüterproduzenten) werden regelmäßig zur Prognose durch den Algorithmus ausgewählt.

»Boosting« verbessert Prognose der deutschen Industrieproduktion

Forschungsprojekte

Die Forschungsarbeiten des Bereichs lassen sich zwei interdependenten Schwerpunkten – Prognose- und Umfragemethodik sowie Makroökonomik – zuordnen.

ProJEktE dEr ForSCHunGSGruPPE ProGnoSE- und uMFrAGEMEtHodik

Auf dem Gebiet der Prognosemethodik geht es vor al-lem um Verfahren zur Informationsverdichtung und -selektion. Prognostiker stehen heute vor dem Pro-blem, enorm große Datenmengen, die sich u.a. auch aus den eigenen Befragungen ergeben, verarbeiten zu müssen. Auf dem Gebiet der Umfragemethodik geht es zum einen um die Sicherstellung der hohen Befragungsqualität und zum anderen um die Weiter-entwicklung der Befragungstechnik. Die Ergebnisse der Forschungsprojekte sollen direkt in die praktische Analyse und Ausgestaltung der Unternehmensbefra-gungen einfließen. Das Themenspektrum beinhaltet die Untersuchung von Antwortskalen, die graphische Darstellung von Befragungsergebnissen sowie die Ana-lyse des Fragebogens und des Antwortverhaltens der Unternehmen im ifo Konjunkturtest.

Zwei Projekte dieser Forschungsgruppe untersuchen die Prognosekraft von Umfragedaten zur Vorhersage von Arbeitsmarktgrößen. Für eine Vielzahl von europäi-schen Staaten betrachten R. Lehmann und A. Weyh, IAB Regionaldirektion Sachsen, Chemnitz, die Vorhersage-kraft von Beschäftigungserwartungen für das Wachs-tum der Zahl der Erwerbstätigen (Journal of Business Cycle Research 12(1), 2016). Bei der Mehrheit der Län-der liefern die umfragebasierten Beschäftigungsaus-sichten eine signifikante Verbesserung der Prognose in der kurzen Frist gegenüber einfachen Vergleichsmo-dellen. Die zweite Studie mit Arbeitsmarktbezug fokus-siert hingegen tiefergehend auf den deutschen Fall. Hierbei untersuchen R. Lehmann und K. Wohlrabe die Prognoseeigenschaften des ifo Beschäftigungsbaro-meters zur Vorhersage der sozialversicherungspflich-tigen Beschäftigung und vergleichen diesen Indikator mit Informationen aus anderen Umfragen (z.B. dem Arbeitsmarktindikator der Bundesagentur für Arbeit) oder Angaben der amtlichen Statistik (z.B. die Zahl der gemeldeten Stellen). Für einen Horizont von bis zu sechs Monaten liefert das ifo Beschäftigungsbarometer die akkuratesten Vorhersagen (Applied Economics Let-ters 24(4), 2017).

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ifo Jahresbericht 201690

Identifikation von Firmenunsicherheit mit Hilfe der Mikro-

daten des ifo Instituts

IFo ZEntRuM FüR KonJunKtuRFoRSCHung unD BEFRagungEn

ProJEktE dEr ForSCHunGSGruPPE MAkro- ökonoMik

Die makroökonomische Forschung untersucht die Ur-sachen und konjunkturellen Auswirkungen gesamt-wirtschaftlicher Störungen. Daraus werden Implikatio-nen für die angewandte Konjunkturanalyse abgeleitet. Thematisch konzentrieren sich die Arbeiten auf den Einfluss von Finanzmarktfriktionen und Unsicherheit sowie die Auswirkungen geld- und finanzpolitischer Maßnahmen auf real- und finanzwirtschaftliche Grö-ßen. Die Studien beruhen sowohl auf modelltheore-tischen Ansätzen, wie z.B. Dynamische Stochastische Allgemeine Gleichgewichtsmodelle, als auch auf em-pirischen Zeitreihenverfahren, wie z.B. vektorautore-gressive Modelle. Bei den empirischen Arbeiten wird zudem häufig auf die Befragungsdaten des ifo Insti-tuts zurückgegriffen. So werden z.B. Finanzierungs-beschränkungen und Firmenunsicherheit mit Hilfe der Mikrodaten des ifo Konjunkturtests auf Unternehmen-sebene identifiziert. Bei einigen Arbeiten bestehen Kooperationen mit den Forschungsprofessoren und Research Associates des Bereichs.

Das Projekt »Financial Market Imperfections and the Pricing Decision of Firms: Evidence, Theory, and Mac-roeconomic Implications« (N. Hristov zusammen mit A. Balleer, RWTH Aachen, und D. Menno, University of Michigan) wird von der Deutschen Forschungsge-meinschaft (DFG) im Zeitraum 2015 –2017 finanziert. Es untersucht unter Verwendung der Mikrodaten des ifo Konjunkturtests, warum und in welcher Weise Un-vollkommenheiten auf den Finanzmärkten das Preis-setzungsverhalten von Unternehmen beeinflussen. In einem theoretischen Teil wird eine explizite Interaktion von Finanzierungsrestriktionen und Preisanpassungen modelliert. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass finanzrestringierte Unternehmen in Deutschland si-gnifikant häufiger ihre Preise anpassen. Somit sind in Zeiten, in denen Unternehmen einen nur beschränkten Zugang zu Finanzierungsmitteln haben, die Preise fle-xibler und damit die Geldpolitik weniger effektiv. Das theoretische Modell kann diese empirischen Fakten qualitativ reproduzieren.

Gegenstand des Projekts »Unexpected Loan Losses and Bank Capital in an Estimated DSGE Model of the Euro Area« (N. Hristov zusammen mit O. Hülsewig, Hochschule für angewandte Wissenschaften, Mün-chen) ist die Quantifizierung der Rolle des sogenannten »bank capital channel« bei der Übertragung makro-

ökonomischer Schocks im Euroraum. Die Arbeit stellt ein stilisiertes DSGE-Modell auf, in dem die Geschäfts-banken mit nichtdiversifizierbaren Risiken in deren Kreditportfolios ausgesetzt sind und sich zugleich re-gulatorischen Anforderungen hinsichtlich ihrer Eigen-kapitalausstattung gegenübersehen. Ein derartiges theoretisches Konstrukt ermöglicht es, das Wechsel-spiel zwischen konjunktureller Lage, Kreditausfälle und Bilanzsituation der Banken zu analysieren. Das Modell wird anhand aggregierter Zeitreihen für den Euroraum geschätzt. Die Ergebnisse zeigen, dass obengenanntes Wechselspiel die Reaktionen der Ökonomie auf nach-frageseitige und monetäre Schocks substantiell ver-stärkt. Besonders stark ist dies bei unerwarteten Ver-änderungen der Staatsausgaben. Das Modell ist ferner in der Lage, zwei wichtige Finanzmarktcharakteristika zu replizieren, die in zahlreichen empirischen Studien dokumentiert sind – die Prozyklizität der Profitabilität im Bankensektor sowie die antizyklische Reaktion der durchschnittlichen Kreditausfallwahrscheinlichkeiten und des Kredit-Spreads auf monetäre Schocks. Alter-native Versionen des Modells, in denen die Kreditver-träge gegen aggregierte Risiken abgesichert sind, kön-nen ebendiese zwei Finanzmarktcharakteristiken nicht nachbilden (CESifo Working Paper Nr. 6160, 2016).

In dem Projekt »Uncertainty Shocks, Bank Lending Ra-tes, and Corporate Bond Yields« von Chr. Grimme wird untersucht, wie sich ein Anstieg der Unsicherheit auf die Kosten von Unternehmensanleihen und Bankkredi-ten in Deutschland und in den USA auswirken. Es zeigt sich, dass Anleihezinsen in volatilen Zeiten steigen, während Zinsen auf Bankkredite fallen. Dieser Unter-schied wird damit erklärt, dass Banken im Gegensatz zum Kapitalmarkt unternehmensspezifische Informa-tionen sammeln, da sie an langfristigen Kundenbezie-hungen interessiert sind. In unsicheren Zeiten werden Informationen wertvoller, und Banken sammeln weite-re Informationen ein. Einerseits reduziert sich die Un-sicherheit. Andererseits wird dadurch das Informati-onsmonopol der Banken gestärkt, so dass langfristige Kundenbeziehungen für die Banken wichtiger werden. Die Banken versuchen deshalb, Schwankungen in der Zahlungsausfallwahrscheinlichkeit der Firmenkunden zu vermeiden, und reduzieren den Kreditzins.

In einem weiteren Projekt untersucht Chr. Grimme (zu-sammen mit St. Henzel, Hochschule für angewandte Wissenschaften, München), ob der Zusammenhang zwischen Unsicherheit und realwirtschaftlicher Akti-

Studie zur Interaktion von Finanzierungs-

restriktionen und Preisanpassungen

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ifo Jahresbericht 2016 91

untersuchung zu den auswirkungen finanzieller Instabilitäten auf das Wirtschafts-wachstum

IFo ZEntRuM FüR KonJunKtuRFoRSCHung unD BEFRagungEn

Finanzielle Instabilitäten haben reale Auswirkungen und beeinflussen das Wirtschaftswachstum und die Konjunktur. Ein Forschungsprojekt von A. Steiner (zu-sammen mit X. Qian, State University of New York, Ifo Working Paper Nr. 211, 2016) untersucht, wie sich die Höhe der Währungsreserven von Zentralbanken auf die Fristigkeit der Auslandsverschuldung von Ländern auswirkt. Dabei wird aufgezeigt, dass Währungsreser-ven über den Kanal längerer Laufzeiten externer Ver-bindlichkeiten einen Beitrag zu finanzieller Stabilität leisten. Aus einem theoretischen Modell wird abgelei-tet, dass höhere Währungsreserven mit einer flache-ren Zinsstrukturkurve einhergehen und dadurch die optimale Fristigkeit der Auslandsschulden erhöhen. Die empirische Analyse von Paneldaten für Schwel-len- und Entwicklungsländer bestätigt diesen Effekt sowohl für private als auch öffentliche Auslandsschul-den. Die durchschnittlich längeren Laufzeiten der Auslandsschulden wiederum tragen zu finanzieller Stabilität bei.

Auch das Thema der Target-2-Salden ist weiterhin Ge-genstand der Forschung. Die Möglichkeit, Target-2-Ver-bindlichkeiten gegenüber den Zentralbanken anderer Mitgliedsländer in potenziell unbegrenztem Maße aufzubauen, hat es vor allem in den Krisenländern des Euroraums erlaubt, die versiegenden oder sich gar um-kehrenden Zuflüsse privaten ausländischen Kapitals zu einem erheblichen Teil zu kompensieren. Die Studie »Capital Inflow Shocks in the Euro Area and the Effects of Target-2-Balances« (N. Hristov und T. Wollmershäu-ser) untersucht die Effekte des Target-2-Systems auf die konjunkturelle Entwicklung in wichtigen Kern- und Krisenländern des Euroraums. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Target-2-System die negativen konjunkturellen Effekte versiegender privater Kapital-ströme signifikant verringert hat.

Basierend auf nationalen Steuerschätzergebnissen von 18 OECD-Staaten, gehen R. Lehmann und B. Jochim-sen, Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin, in ei-ner gemeinsamen Studie »On the Political Economy of National Tax Revenue Forecasts: Evidence from OECD Countries« der Frage nach, ob diese Vorhersagen durch politisch motivierte Einflussnahme verzerrt sind. Die Studie hat drei zentrale Erkenntnisse. Erstens finden die Autoren eine Überschätzung der Steuereinnahmen unter linken Regierungen, verglichen mit Perioden un-ter konservativer politischer Führung. Zweitens produ-zieren Regierungen, die sehr zersplittert sind oder sich

target-2-Salden weiterhin Forschungs- gegenstand

vität nicht-linear ist. Diese Frage wird sowohl mit den ifo-Mikrodaten auf Firmenebene als auch auf makro-ökonomischer Ebene mit Hilfe von nicht-linearen vek-torautoregressiven Modellen nachgegangen. Es zeigt sich, dass auf Firmeneben insbesondere starke Ände-rungen in der Unsicherheit eine Auswirkung auf die Produktionsentscheidung hat. Auf der Makroebene ha-ben Änderungen der Unsicherheit insbesondere dann reale Effekte, wenn sich die Ökonomie bereits in einem hoch volatilen Umfeld befindet.

Das Projekt »Price Setting of Firms – Evidence from Sur-vey Data« (Chr. Grimme zusammen mit H. Dixon, Cardiff Business School) untersucht unter Verwendung der ifo-Mikrodaten die Determinanten von Änderungen in der Preisanpassungsfrequenz. Die Frequenz von Preisan-passungen schwankt stark im Konjunkturzyklus, was Auswirkungen auf die Inflation und die Effektivität von Geldpolitik hat. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass sowohl aggregierte Faktoren als auch firmenspezifische Variablen eine Rolle spielen. Dieses aus der Theorie schon lange bekannte Ergebnis konnte bisher in der em-pirischen Literatur noch nicht bestätigt werden.

Ein weiteres Forschungsprojekt untersucht die Ur-sachen und Folgen internationaler Kapitalströme (A. Steiner, »Does the Accumulation of International Reserves Spur Inflation? A Reappraisal« und »A Tale of Two Deficits: Public Budget Balance of Reserve Cur-rency Countries«). Hierbei steht die Unterscheidung zwischen privaten und offiziellen Kapitalströmen im Vordergrund. Während private Kapitalströme auf den Anlageentscheidungen privater Investoren basieren, zählen Entwicklungshilfe und Währungsreserven der Zentralbanken zu Formen offizieller Kapitalbewegun-gen. Hieraus wird ein neues Maß zur Messung der pri-vaten finanziellen Offenheit von Ländern entwickelt. Eine Panelstudie über mehr als 100 Länder zeigt, dass private finanzielle Offenheit einen signifikanten positi-ven Effekt auf das Wirtschaftswachstum hat. In einem weiteren Schritt wird untersucht, wie sich der Status als Weltreservewährung auf die betroffenen Volks-wirtschaften auswirkt. Die empirische Analyse über einen historischen Zeitraum von 1890 bis 2009 kommt zu dem Ergebnis, dass die Nachfrage nach Währungs-reserven zu niedrigeren Finanzierungssalden der öf-fentlichen Haushalte in den Weltreserveländern führt. Wirtschaftspolitisch führt dies die Instabilität des Welt-währungssystems vor Augen, da sich die Weltreserve-länder tendenziell zunehmend verschulden.

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ifo Jahresbericht 201692

untersuchung auf grundlage von

Wahlergebnissen für Deutschland und

Berlin

IFo ZEntRuM FüR KonJunKtuRFoRSCHung unD BEFRagungEn

einer stärkeren Vielfalt von Parteien in der Legislative gegenübersehen, pessimistischere Steuerprognosen. Drittens können durch anstehende Wahlen überschätz-te Steuereinnahmen nicht bestätigt werden.

Ein gemeinsames Projekt von R. Lehmann zusam-men mit X. Frei, F. Rösel, ifo Niederlassung Dresden, und S. Langer, Leibniz-Institut für ökologische Raum-entwicklung, Dresden, geht der Frage nach, ob sich Wahlabsichten zwischen verschiedenen Regierungs-ebenen gegenseitig beeinflussen. Dabei können auf Wahlumfragen für Deutschland insgesamt und das Bundesland Berlin für die vier großen deutschen Par-teien (CDU, SPD, die Grünen und die Linke) zurückge-griffen werden. Es zeigen sich starke Verflechtungen bei der Berliner Umfrage für die Landtagswahl und die Bundestagswahl. Jedoch sind die gefundenen Effekte sowohl abhängig von der untersuchten Partei (mit ei-nem geringerem Ausmaß für die konservative CDU im Vergleich zu eher linksgerichteten Parteien) als auch dem Status der jeweiligen Partei im Landtag oder im Bund (Regierung vs. Opposition). Detaillierte Ergeb-nisse werden Anfang 2017 als CESifo Working Paper erscheinen.

Die Studie »Explaining Spatial Patterns of Foreign Em-ployment in Germany« von R. Lehmann und W. Nagl, Institut für Höhere Studien, Wien, untersucht die Deter-minanten regionaler Beschäftigungsmuster von Perso-nen mit unterschiedlicher Herkunft. Die Studie beruht auf einer Vollerhebung der Beschäftigung für 35 Natio-nalitäten und allen 402 deutschen Kreisen bzw. kreis-freien Städten und dokumentiert eine starke Hetero-genität der Wichtigkeit von Determinanten zwischen den einzelnen Nationalitäten. Insgesamt können drei Gruppen von Staaten gefunden werden. Besonders kulturelle Faktoren und regionale Annehmlichkeiten erklären die regionalen Beschäftigungsmuster. Dane-ben ist die Distanz zum Heimatland ein entscheidender Faktor, der besonders für die deutschen Nachbarlän-der ausgeprägt ist.

Auf dem Gebiet der Bibliometrie entstand der Aufsatz »Who is the ›Journal Grand Master‹? A New Ranking Based on the Elo Rating System« von R. Lehmann und K. Wohlrabe (CESifo Working Paper Nr. 6259, 2016). Im Schach und anderen Disziplinen ist das Elo-System ein weit verbreiteter Ansatz zur Erstellung von Ranglis-ten. Dieses Forschungsprojekt adaptiert die Idee des Elo-Systems für die Berechnung von Rangfolgen wis-

senschaftlicher Zeitschriften. Gängige Verfahren, die zur Anwendung kommen, haben einen wesentlichen Nachteil: Sie vernachlässigen die komplette Historie des Journals und fokussieren lediglich auf die jüngste Performance der jeweiligen Zeitschrift. Das Elo-System beseitigt diesen Nachteil, da das aktuelle Ranking auf den Rangfolgen der Vorjahre beruht. Auf Basis von 7.748 Journalen unterschiedlichster Disziplinen kann die Studie zeigen, dass sich besonders die Rangfolge »mittelklassischer« Zeitschriften dramatisch ändern kann.

Determinanten regionaler

Beschäftigungs-muster

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ifo Jahresbericht 2016 93

International bekannte autoren

ifo Zentrum für Internationalen Institutionenvergleich und Migrationsforschung

Die Forschungsschwerpunkte des ifo Zentrums für Internationalen Institutionenvergleich und Migrati-onsforschung sind internationale Migration sowie In-stitutionenökonomie in den Bereichen Banking und politische Ökonomie. Daneben erfüllt das Zentrum wichtige Dienstleistungsaufgaben für die Wissenschaft und für die Öffentlichkeit. Dazu gehört die Veröffentli-chung der Zeitschriften CESifo DICE Report und CESifo Forum sowie die Betreuung und Weiterentwicklung von DICE, einer international vergleichenden Daten-bank wirtschaftsrelevanter Regulierungen und Insti-tutionen.

diCE-dAtEnBAnk und zEitSCHriFt CESiFo diCE rEPort

Der institutionelle Rahmen einer Volkswirtschaft und die daraus hervorgehende Anreizstruktur sind für die Analyse der nationalen Wohlfahrt von großer Bedeu-tung. In einer Zeit der Globalisierung, in der Menschen, Unternehmen und Produktionsfaktoren international immer mobiler werden, stehen Länder zwangsläufig auch durch ihre institutionellen Regeln und Regulie-rungen in Wettbewerb. Ländervergleichende Infor-mationen zu nationalen Institutionen ermöglichen es Staaten, ihre eigene Situation einzuschätzen und not-wendige Reformen anzustoßen. Dazu stellt die DICE-Datenbank (Database for Institutional Comparisons in Europe) vergleichbare und analytisch konzipierte Infor-mationen zu den institutionellen Regulierungen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und weiteren ausgewählten Länder bereit.

Die englischsprachige Datenbank enthält systematische und ländervergleichende Beschreibungen der instituti-onellen Gegebenheiten, gesetzlichen Regelungen und Charakteristika der wirtschafts- und ordnungspoliti-schen Grundausrichtung. Sie ist eines der unentgelt-lichen Serviceprodukte des ifo Instituts im Internet. Derzeit beinhaltet die Datenbank die folgenden The-menbereiche: Banking and Financial Markets, Business, Education and Innovation, Energy, Resources, Natural Environment, Infrastructure, Labour Market, Migration, Public Sector, Social Policy und Values. Sie umfasst ge-genwärtig etwa 3.800 Einträge.

Seit Anfang 2003 wird die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift »CESifo DICE Report – Journal for Instituti-onal Comparisons« herausgegeben. In der Zeitschrift werden Institutionen, Regulierungen und wirtschafts-politische Ansätze im Ländervergleich analysiert. Die

Redaktion liegt bei Marcus Drometer und Christa Hainz. In der Rubrik »Forum« wird jeweils ein ausgewähltes Thema von mehreren Autoren unter verschiedenen Ge-sichtspunkten behandelt. Außerdem gibt es die Rubri-ken »Research Reports«, »Reform Models«, »Database« und »News«.

zEitSCHriFt CESiFo ForuM

Das CESifo Forum beinhaltet Beiträge von internatio-nal bekannten Autoren zu Politikthemen von weltwei-tem Interesse sowie Daten und Informationen aus dem ifo Institut. Die englischsprachige Zeitschrift erscheint vierteljährlich und wird mit der CESifo GmbH heraus-gegeben. Redakteur ist Chang Woon Nam.

inStitutionEn- und MiGrAtionSBEzoGEnE ForSCHunG

Die institutionenbezogene Forschung beschäftigt sich mit den Auswirkungen institutioneller Regelun-gen auf die wirtschaftliche Entwicklung und die po-litische Entscheidungsfindung. Eine wichtige Frage, die derzeit untersucht wird, ist, inwieweit das Ab-stimmungsverhalten in Referenden mit dem finan-ziellen Eigeninteresse oder mit sozialen Präferenzen erklärt werden kann. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Analyse der Interaktion zwischen politischen Institutionen und Migration. Dabei wird untersucht, ob Einbürgerungen von Regierungen strategisch ge-nutzt werden, um ihre Wiederwahlwahrscheinlich-keit zu erhöhen. Des Weiteren werden die Zusam-menhänge zwischen Wahlen, Parteiideologien und Migration erforscht.

Zwei Forschungsprojekte verbinden ökonomische Analysen mit Erkenntnissen aus der Psychologie. Ein Projekt analysiert, wie sich Lebensunzufriedenheit auf die Beurteilung von Zuwanderung auswirkt, eine Fra-gestellung, die aufgrund der Wirtschaftskrise von zu-nehmender Bedeutung ist. Die Relevanz dieser Frage wurde auch durch unerwartete politische Ereignisse, wie die Entscheidung für den Brexit oder die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, unterstrichen. Ein weiteres Projekt, das politische Ökonomie und Erkenntnisse aus der Psychologie miteinander verbin-det, ist die Frage, in welchem Ausmaß bei Wahlen das Erscheinungsbild von Kandidaten den Wahlerfolg von politischen Parteien des linken und rechten Spektrums beeinflusst. Während die bisherige Forschung bereits zu dem Ergebnis kam, dass es eine Schönheitsprämie

Forschungs- schwerpunkt: Interaktion zwischen politischen Institutionen und Migration

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ifo Jahresbericht 201694

Einwanderung: Herausforderung

für die europäischen Sozialstaaten

IFo ZEntRuM FüR IntERnatIonalEn InStItutIonEnVERglEICH unD MIgRatIonSFoRSCHung

in der Politik gibt, gibt es noch keine Forschungsarbei-ten darüber, ob dadurch auch systematische politi-sche Konsequenzen erwartet werden können.

Sowohl Einwanderung als auch Auswanderung können europäische Sozialstaaten vor große Herausforderun-gen stellen. Eines der laufenden Projekte analysiert die Wohlfahrtseffekte der Einwanderung in OECD-Ländern, wenn sowohl Arbeitsmarkteffekte als auch Effekte durch Steuern und Transferzahlungen in einem umverteilenden Sozialstaat berücksichtigt werden. Ein weiteres Projekt untersucht die Selbstselektion von Auswanderern aus Dänemark hinsichtlich ihrer beob-achtbaren und nicht-beobachtbaren Fähigkeiten, die durch Bildung, Einkommen und Residualeinkommen gemessen werden. Eine andere Frage ist jedoch, zu welchem Ausmaß internationale Migranten selbstse-lektiert sind. Die Migranten wählen ihr Zielland nach ihren individuellen Präferenzen bezüglich des Sozial- und Umverteilungssystems oder, im Fall von Familien-migration, bezüglich der Doppelverdienstmöglichkei-ten. Eine verwandte Fragestellung ist, wie Paare über ihre Auswanderung entscheiden. Zur Analyse dieser Fragen werden dänische Registerdaten und Umfrage-daten miteinander verknüpft. Ein weiteres Projekt ver-wendet dänische Registerdaten zur Identifikation der Faktoren für eine Rückmigration von Einwandererfa-milien aus Dänemark. Aus institutioneller Perspektive sind die Auswirkungen einer Reform der Familienzu-sammenführung auf das Rückkehrverhalten in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse.

Ein weiteres Forschungsprojekt analysiert das Brexit-Referendum im Vereinigten Königreich vom Juni 2016 sowohl aus theoretischer als auch empirischer Sicht. Es bezieht sich insbesondere auf den Zusammenhang zwischen soziodemographischen Charakteristika und den Wahlergebnissen auf Distriktebene.

Im Forschungsfeld Banken wird der Frage nachgegan-gen, ob gut geschützte Eigentumsrechte die Kredit-zinssätze senken und welche Rolle Bankenwettbe-werb dabei spielt. Außerdem wird untersucht, welche realen Effekte die Abschaffung staatlicher Garantien für Banken hat. Des Weiteren wird auf dem Gebiet der Institutionenökonomie erforscht, wie sich Entwick-lungshilfezahlungen auf die Qualität der Institutionen in Empfängerländern auswirken. Schließlich analysiert ein Projekt die Regeln, die den geldpolitischen Entschei-dungen der Europäischen Zentralbank zugrunde liegen.

intErnAtionAlE BErAtunGS- und ForSCHunGS-ProJEktE

Das ifo Zentrum für Internationalen Institutionen-vergleich und Migrationsforschung koordiniert ver-schiedene bereichsübergreifende internationale Be-ratungs- und Forschungsprojekte des ifo Instituts, an denen es auch selbst aktiv beteiligt ist. Der Schwer-punkt liegt hierbei auf der Bewertung und Analyse ökonomischer Risiken sowie institutioneller Refor-men.

Im Jahr 2016 abgeschlossene Projekte

Praxiserfahrungen mit den durch das kleinanlegerschutzgesetz vom 3. Juli 2015 eingeführten Befreiungsvorschriften in § 2a bis § 2c VermögensanlagengesetzChr. Hainz, L. Hornuf, Universität Trier, G. Engelmann, Universität Trier, L. Klöhn, Humboldt-Universität zu Berlin, B. Brauer, Humboldt-Universität zu Berlin, F. Ehrenfried, Ludwig-Maximilians-Universität, für das Bundesministerium der Finanzen, Juni 2016 bis September 2016, Veröffentlichung als ifo Forschungs-bericht 78, ifo Institut, München, 2017, und im ifo Schnelldienst 70(6), 2017.

Welche Erfahrungen haben Crowdinvesting-Portale, Emittenten und Investoren mit den im Juli 2015 ein-geführten Befreiungsvorschriften des Kleinanleger-schutzgesetzes gemacht? Im Auftrag des Bundes-ministeriums der Finanzen hat das Projektteam aus Wirtschaftswissenschaftlern und Juristen eine empi-rische Erhebung durchgeführt, um die bisherigen Er-fahrungen mit dem Kleinanlegerschutzgesetz zu unter-suchen. Dafür nutzten sie vorhandene Datenbanken, erarbeiteten Fragebögen und führten strukturierte Interviews mit den betroffenen Interessengruppen und weiteren Experten durch.

Im Vorfeld der Einführung des KASG stand die Be-fürchtung im Raum, dass dadurch das Wachstums-potenzial des Crowdinvesting in Deutschland leiden könnte und die Finanzierungsmöglichkeiten für sozi-ale und gemeinnützige Projekte stark eingeschränkt würden.

Brexit-Votum: Wahlergebnisse auf

Distriktebene

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ifo Jahresbericht 2016 95

Entwicklung eines »Verhandlungs- modells« zu Migrations- entscheidungen in Familien

IFo ZEntRuM FüR IntERnatIonalEn InStItutIonEnVERglEICH unD MIgRatIonSFoRSCHung

ferenzen bezüglich der Arbeitsteilung im Haushalt. Die empirische Analyse verwendete Survey-Daten dänischer Partner, die gemeinsam ausgewandert sind. Antworten zur Hauptmotivation auszuwandern zeigten, dass die eigene Arbeit am wichtigsten für die männlichen Partner und familiäre Gründe das do-minierende Motiv für die weiblichen Partner waren. Migration außerhalb der nordischen Länder geht in den meisten Fällen mit geringerer Arbeitsmarktpar-tizipation der Frau einher, insbesondere wenn das Paar Kinder hat. Unter Paaren, die in eines der an-deren nordischen Länder emigrieren, dominiert das Doppelversorgermodell. Die empirischen Resultate bestätigen die Hypothesen eines Arbeitsangebotsmo-dells für Haushalte, das ein niedriges Arbeitsangebot in nicht-nordischen Ländern mit hohen Preisen und niedriger Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsange-boten erklärt.

Das zweite Projekt analysierte den Entscheidungs-prozess zur gemeinsamen Auswanderung in einer Fa-milie. Es erweiterte ein unitäres Haushaltsmodell zu Migrationsentscheidungen zu einem Verhandlungs-modell und trug damit der Tatsache Rechnung, dass Partner gegensätzliche Präferenzen zur Auswande-rung haben können, weil ein Partner Karrieremöglich-keiten opfern muss, um bei der Familie zu bleiben. Die aus diesem Modell abgeleiteten Hypothesen wurden empirisch mit Survey-Daten zu den Präferenzen von Partnern getestet, die gemeinsam aus Dänemark aus-gewandert sind. Entsprechend der Theorie kann ge-zeigt werden, dass ein höherer Verdienst des männli-chen Partners einhergeht mit einer höheren Präferenz des Mannes auszuwandern.

Das dritte Projekt untersuchte Rückwanderungsent-scheidungen von Immigrantenfamilien in Dänemark und analysierte insbesondere die Rolle von Kindern in diesem Kontext. Die empirische Analyse nutzte exo-gene Variation im Geschlecht der Kinder, um einen Kausaleffekt von Kindern auf Familienrückwanderung nachzuweisen. Des Weiteren zeigte die Analyse, dass Familien häufiger zurückwandern, wenn ihr ältestes Kind jünger als das Einschulungsalter ist und wenn sie in ein Land zurückwandern, in dem die Qualität der Schulen besser ist. Höhere Rückwanderungsraten von Paaren mit Kindern aus nicht-westlichen Ländern nach einer Familienmigrationsreform 2002 lassen darauf schließen, dass Überlegungen zur zukünftigen Verhei-ratung der Kinder hier eine Rolle spielen könnten. Des

Höhere Rück- wanderungsquoten bei Familien mit Kindern

Dass es durch die Einführung des § 2a VermAnlG zu einer Reduktion des Marktwachstums von Schwarm-finanzierungen gekommen sei, ist bislang nicht zu konstatieren. Bis zum 1. Juni 2016 vermittelten die am Markt tätigen Schwarmfinanzierungs-Plattformen Fi-nanzierungen im Wert von 110 Mio. EUR. Zwar ging das Marktwachstum zurück, aber es nahm bereits im Jahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr ab. Eine Ursache dafür könnten die bei einer naiven Portfoliodiversifizierung bislang negativen Renditen sein, die sich auch in Zu-kunft durch die meist endfälligen Festverzinsungen oder höhere Exit-Erlöse kaum zu positiven Renditen für die Investierenden drehen dürften. Die analysier-ten Daten zeigen auch, dass sich das Anlageverhalten durch die neu eingeführte Pflicht zur Selbstauskunft über die Vermögenslage nicht verändert hat. Allerdings haben sich die bei Schwarmfinanzierungen verwende-ten Vermögensanlagen in den letzten Jahren weg von stillen Beteiligungen und hin zu partiarischen Darlehen und Nachrangdarlehen entwickelt.

Mit der im Rahmen des Projekts durchgeführten Be-fragung liegen erstmals systematisch Informationen über die Finanzierung von sozialen und gemeinnüt-zigen Projekten vor. Die Daten zeigen, dass es so gut wie keine sozialen und gemeinnützigen Projekte gibt, die von den Vorschriften des KASG erfasst würden. Die Vermögensanlagen der meisten Projekte würden unter die Ausnahmen des § 2 VermAnlG fallen. Somit sind die in §§ 2b, 2c VermAnlG neu eingeführten Befreiungsvor-schriften in der Praxis kaum relevant.

Essays on international Family MigrationT. Nikola, abgeschlossenes Promotionsprojekt, Mai 2012 bis Oktober 2016.

Es gibt wenig Forschung über die Rolle von Familienbin-dungen für internationale Migrationsentscheidungen. Die Dissertation trägt sowohl mit theoretischen als auch empirischen Ergebnissen dazu bei, diese Wissenslücke zu schließen, und bietet neue Ergebnisse im Hinblick auf Auswanderungsentscheidungen und Rückwanderungs-entscheidungen von Familien. Sie fasst drei Forschungs-projekte zusammen, die innerhalb von CEMIR durchge-führt wurden und deren empirische Analysen dänische Register- und Survey-Daten verwenden.

Das erste Projekt analysierte die Arbeitsmarktpartizi-pation von emigrierten Paaren vor dem Hintergrund ihrer individuellen Migrationsmotive und ihrer Prä-

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ifo Jahresbericht 201696

arbeitsmarkt- regulierungen in

Frankreich und in Deutschland im

Vergleich

IFo ZEntRuM FüR IntERnatIonalEn InStItutIonEnVERglEICH unD MIgRatIonSFoRSCHung

Weiteren analysiert das Projekt die Selbstselektion in die Rückwanderung von Familien im Hinblick auf das Einkommen des Erstverdieners. Das Einkommen des Erstverdieners unter Familien, die zurückwandern, ist höher als das derjenigen, die in Dänemark bleiben, ins-besondere bei Paaren aus nicht-westlichen Ländern. Diese Selektion ist schwächer ausgeprägt bei Doppel-verdienerpaaren und bei Paaren mit Kindern.

Vergleichende Studien über die wirtschaft-lichen Effekte der für Firmen in Frankreich und deutschland relevanten GesetzgebungM. Drometer, Chr. Hainz, D. Leithold, T. Nikolka, K. Oe-singmann, P. Poutvaara, D. Wech für den französischen Senat, Paris, Januar 2016 bis Dezember 2016.

Dieses Projekt analysierte und verglich die Regulie-rungen, denen französische und deutsche Firmen unterliegen. Nach einer Darstellung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Gesetzgebung in Frank-reich und Deutschland wurden die wirtschaftlichen Effekte der Regulierungen auf französische und deut-sche Firmen untersucht und abschließend mögliche Reformen für Frankreich aus ökonomischer Perspek-tive bewertet.

Im ersten Teil der Studie über Befugnisse und Re-präsentativität von Arbeitnehmervertretern in fran-zösischen und deutschen Firmen wurde der insti-tutionelle Rahmen von Arbeitnehmervertretungen und Tarifverhandlungen zwischen Frankreich und Deutschland verglichen. Ein wichtiger Unterschied besteht darin, dass in Frankreich viele Aspekte der Tarifverträge im Arbeitsrecht gesetzlich festge-legt sind, wohingegen die Tarifvertragspartner in Deutschland einen größeren Gestaltungsspielraum haben. Der zweite Teil behandelte die ökonomischen Effekte unterschiedlicher institutioneller Rahmen-bedingungen. Eine höhere Lohnflexibilität hat po-sitive Auswirkungen auf Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung. Im letzten Teil der Studie wurden die Reformvorschläge von Jean-Denis Combrexelle, Präsident der Abteilung für soziale Angelegenheiten des Staatsrats, bewertet. Die Vorschläge, bei Tarif-verhandlungen einen größeren Spielraum zuzulas-sen und Verhandlungen auch auf Firmenebene zu ermöglichen, werden begrüßt. Eine fest vereinbarte Laufzeit von Firmentarifverträgen anstelle einer un-bestimmten Vertragsdauer würde die Unsicherheit sowohl für Firmen als auch für Arbeitnehmer verrin-

gern. Die Umsetzung dieser Reformvorschläge wäre am effektivsten, wenn diese mit einer Friedenspflicht einhergehen würden, was bedeutet, dass während der vereinbarten Laufzeit keine Streiks erlaubt sind. Der Vorschlag, an der Ausweitung von Branchenta-rifverträgen durch den Arbeitsminister festzuhalten, ist kontraproduktiv und würde die positiven Effekte anderer Reformvorschläge teilweise wieder konter-karieren.

diCE: datenbank für institutionenvergleiche in EuropaM. Drometer, Chr. Hainz, D. Leithold, T. Nikolka, P. Pout-vaara, D. Wech, H. Arnold-Rothmaier, J. Dieler, A. Fichtl, J. Lippelt, W. Marz, M. Piopunik, J. Wackerbauer, S. Wie-derhold.

An der DICE-Datenbank wurden im Jahr 2016 weiterhin Verbesserungen der Nutzerfreundlichkeit vorgenom-men. Zwei Kurzvideos veranschaulichen die Benut-zung der DICE-Datenbank und des interaktiven Tools Visual Storytelling. Weitere Themen wurden mit kurzen Texten zur Erklärung des jeweiligen institutionellen Hintergrunds ausgestattet. Die Anzahl der Einträge be-trägt derzeit etwa 3.800, bestehend aus Tabellen, Gra-phiken und Kurzberichten, die Inhalte wurden in einem wesentlich nutzerfreundlicheren Format thematisch zusammengefasst und um zahlreiche Visual Storys er-weitert. DICE dient Ökonomen für Forschung und Leh-re, wird aber auch von Wirtschaftspolitikern und Jour-nalisten verwendet. DICE kann unentgeltlich genutzt werden unter: www.cesifo-group.de/DICE. Ein Teil der Daten ist als Excel-Datei verfügbar. Dadurch wird die Nutzung der Daten, die aus einer Vielzahl von Quellen zusammengestellt werden, für empirische Analysen er-leichtert. Die Vereinigung qualitativer Beschreibungen und quantitativer Bewertungen in einer Datenbank macht DICE zu einem »One-Stop-Service« für interes-sierte Forscher.

Beispiel für Visual Storytelling

größerer gestaltungsspielraum

der tarifparteien in Deutschland

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ifo Jahresbericht 2016 97

CEMIR als Forum für Migrationsforschung

IFo ZEntRuM FüR IntERnatIonalEn InStItutIonEnVERglEICH unD MIgRatIonSFoRSCHung

Projekte in Bearbeitung

ifo Center of Excellence for Migration and inte-gration research (CEMir)P. Poutvaara, G. Felbermayr, H. Rainer, L. Wößmann, M. Drometer, M. Burmann, R. Méango, T. Nikolka, M. Valeyatheepillay, M. Battisti, J. Saurer, M. Piopiunik, in Kooperation mit den ifo-Forschungsprofessoren G. Borjas, Harvard University, Cambridge MA, und G. Peri, University of California, Davis.

CEMIR bringt weiterhin die Migrationsforschung im ifo Institut zusammen und bietet auch ein Forum für Mi-grationsforschung im weiteren Sinne. CEMIR hat wie-der einen Junior Economist Workshop organisiert, wie auch Lunchtime Seminare, die für ifo-Postdoktoran-den und Doktoranden die Möglichkeit bieten, ihre ak-tuelle Forschung zu präsentieren, in denen aber auch externe Gäste ihre Arbeiten vorstellen. CEMIR hat eine aktive Rolle in der öffentlichen Debatte gespielt, dar-unter beim Munich Economic Summit und bei anderen Veranstaltungen sowie im Fernsehen und in Zeitungen.

diCE: datenbank für institutionenvergleiche in Europa und CESifo diCE report – Journal for institutional ComparisonsM. Drometer, Chr. Hainz, D. Leithold, T. Nikolka, K. Oe-singmann, P. Poutvaara, D. Wech, H. Arnold-Rothmai-er, J. Dieler, A. Fichtl, J. Lippelt, W. Marz, M. Piopunik, J. Wackerbauer, S. Wiederhold.

Die Pflege der Datenbank und die Herausgabe der Zeitschrift CESifo DICE Report werden fortgesetzt. Zur Veranschaulichung werden zudem Teilelemente von zentralen Visual Stories in die Homepage integriert.

CESifo ForumC.W. Nam.

Die Herausgabe der Zeitschrift CESifo Forum wird fort-gesetzt.

Weiterer ausbau der Visual Stories

CESifo diCE report M. Drometer, Chr. Hainz, R. Méango, K. Oesingmann, D. Wech.

2016 wurden in der Rubrik »Forum« des CESifo DICE Re-port folgende Themen diskutiert: Besteuerung von Ren-ten, Crowdfunding, Unternehmertum in der Postkrisen-ära und Asylpolitik. »Research Reports« und »Reform Models« sind thematisch nicht festgelegt, aber auch hier geht es stets um Ländervergleiche im Hinblick auf die Gestaltung wirtschaftlich und wirtschaftspolitisch rele-vanter Institutionen. Die Rubrik »Database« hebt neue Einträge in der DICE-Datenbank hervor und geht näher auf diese ein. Die Artikel des CESifo DICE Report können von der CESifo-Homepage heruntergeladen werden.

CESifo ForumC.W. Nam.

Im Jahr 2016 wurden in der Rubrik »Focus« folgende Themen diskutiert: Eine Wirtschaftsagenda für Kroa-tien; Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und der Türkei; Migration als Chancen und Herausfor-derungen; sowie Lehre aus dem Kollaps der Rubelzo-ne. Außerdem wurde im Mai eine Sonderausgabe mit dem Titel »Ruhestand von Hans-Werner Sinn« veröf-fentlicht. Die Artikel des CESifo Forum können von der CESifo-Homepage heruntergeladen werden.

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ifo Jahresbericht 201698

Bereicherung der Einwanderungs-

debatte

ifo Center of Excellence for Migration and Integration Research – CEMIR

Das ifo Center of Excellence for Migration and Integration Research (CEMIR) wurde im Januar 2012 als Kompetenz-zentrum des ifo Instituts ins Leben gerufen. Es vereint das Experten- und Fachwissen aus vier ifo-Forschungsberei-chen: dem Zentrum für Internationalen Institutionenver-gleich und Migrationsforschung, das die Verantwortung für die Koordination von CEMIR hat, dem Zentrum für Bildungsökonomik, dem Zentrum für Außenwirtschaft und dem Zentrum für Arbeitsmarktforschung und Fa-milienökonomik. Dies ermöglicht es, Migration und In-tegration aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der Arbeitsmarkt-, Außenwirtschafts-, Finanz- und Bildungs-ökonomik zu analysieren. Die Forschung in CEMIR befasst sich mit der Frage, wie der Wohlfahrtsstaat, die Arbeits-marktinstitutionen und die Einwanderungspolitik der Einwanderungsländer idealerweise ausgestaltet werden können, dass alle Betroffenen von der Zuwanderung pro-fitieren. Die Forschungsarbeiten, die wissenschaftlichen Konferenzen und Diskussionsveranstaltungen, die das Center verantwortet, liefern wissenschaftlich fundierte Fakten und bereichern die Debatten um die Einwande-rung in Deutschland und Europa.

Bis Dezember 2015 war der Arbeitsschwerpunkt des ifo Center of Excellence for Migration and Integration das von der Leibniz-Gemeinschaft geförderte Projekt »Optimale Migrationspolitik in Europa: Von entgegen-gesetzten Interessen zu gegenseitigen Chancen« (SAW-2012-ifo-3). Unter der Federführung der Bereichsleiter der vier beteiligten Forschungsbereiche, Panu Poutvaa-ra, Ludger Wößmann, Gabriel Felbermayr und Helmut Rainer, arbeiteten 2016 die ifo-Wissenschaftler Marcus Drometer, Till Nikolka (ifo Zentrum für Internationalen Institutionenvergleich und Migrationsforschung), Marc Piopiunik (ifo Zentrum für Bildungsökonomik), Michele Battisti (ifo Zentrum für Außenwirtschaft) und Judith Saurer (ifo Zentrum für Arbeitsmarkt- und Familienöko-nomik) an dem Projekt. Dabei wurden sie von einigen externen Experten unterstützt: Yvonne Giesing, Ludwig- Maximilians-Universität München, Ilpo Kauppinen, VATT Institute for Economic Research, Helsinki, Romuald Méango, Munich Center for the Economics of Aging, Martin David Munk, Aalborg University, sowie den ifo-Forschungsprofessoren George Borjas, Harvard Univer-sity, Cambridge MA, Eric A. Hanushek, Stanford Universi-ty, und Giovanni Peri, University of California, Davis.

Auch 2016 hat das Center die Expertise der ifo Zentren und externer Partner in den verschiedenen Modulen von CEMIR zusammengebracht. Wie in den Jahren zuvor

wurde 2016 ein Junior Economist Workshop und eine Lunchtime-Seminar-Serie veranstaltet, in deren Verlauf ifo-Wissenschaftler und externe Forscher ihre Arbeiten vorstellten. Zudem konnte Till Nikolka im Rahmen von CEMIR 2016 seine Promotion mit einer Dissertation zu dem Thema Familienmigration abschließen.

Ein neues CEMIR-Forschungsprojekt konzentriert sich auf die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen in Deutschland. Um die Rolle von Arbeitsmarktfriktio-nen für die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen zu evaluieren, werden in einem ersten Schritt Daten über die Arbeitssuche, Berufserwartungen sowie Er-fahrungen, Ausbildung, Kompetenzen und soziale In-tegration von rund 300 Flüchtlingen gesammelt, die vor kurzem im München angekommen sind und eine Arbeitserlaubnis besitzen. Anschließend werden die Teilnehmer zufällig in zwei gleichgroße Gruppe einge-teilt und die gesammelten Angaben zu den Mitgliedern der Treatmentgruppe einer Datenbank einer NGO hin-zugefügt, die Arbeitsuchende und potenzielle Arbeit-geber zusammenbringt. Durch den Vergleich mit der Kontrollgruppe bezüglich einer erfolgreichen Integra-tion der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt soll der Effekt eines Job-Matching-Services evaluiert werden.

Kompetenzen von vier ifo-Forschungs-

zentren und von externen Experten

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ifo Jahresbericht 2016 99

untersuchung der ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen von ungleichheit

Forschungsgruppe Steuer- und Finanz-politik

Die Forschungsgruppe Steuer- und Finanzpolitik unter der Leitung von ifo-Präsident Clemens Fuest wurde im Oktober 2016 ins Leben gerufen und konzentriert sich auf steuer- und finanzpolitische Fragestellungen. Zu den Forschungsschwerpunkten der vier Wissenschaft-ler, die das Team um Clemens Fuest bilden, zählen die Besteuerung multinationaler Unternehmen, die Rolle der Steuer- und Finanzpolitik für die Verteilung von Einkommen und Vermögen sowie die Governance der Fiskalpolitik in der Europäischen Währungsunion.

BEStEuErunG MultinAtionAlEr untErnEHMEn

Die wachsende globale wirtschaftliche Integration und die Liberalisierung des internationalen Kapital-verkehrs haben den internationalen Standort- und Steuerwettbewerb verschärft. Berichte über multi-nationale Unternehmen, die ihre Steuerbelastung durch die Verlagerung von Gewinnen in Niedrigsteu-erländer – häufig unter Ausnutzung von Lücken im Zusammenspiel nationaler Steuersysteme – dras-tisch senken, haben zu einer intensiven öffentlichen Debatte geführt. Und Rufe nach einer internationa-len Koordinierung der Steuergesetzgebung und einer Vereinheitlichung der Steuerbemessungsgrundlage werden laut. Die Forschungsgruppe leistet einen Beitrag zu dieser Diskussion, indem sie die Steuer-vermeidungspraktiken multinationaler Unterneh-men analysiert, Konsequenzen von Unterschieden zwischen nationalen Steuersystemen auf die Aktivi-täten von multinationalen Unternehmen untersucht und Koordinierungsinstrumente, wie beispielsweise Doppelbesteuerungsabkommen, im Hinblick auf ihre Wirkung evaluiert. Darüber hinaus bringt sie selbst Reformvorschläge in die Diskussion ein.

rollE dEr StEuEr- und FinAnzPolitik FÜr diE VErtEilunG Von EinkoMMEn und VErMöGEn

Die Verteilung der Einkommen in einer Volkswirtschaft gilt als wichtiger Indikator für die Teilhabe am gesell-schaftlichen Wohlstand und für soziale Gerechtigkeit. Vor allem die personelle Einkommensverteilung steht im Mittelpunkt des verteilungspolitischen Interesses. Da die Ungleichverteilung der Einkommen in vielen entwickelten Ländern über die letzten Jahrzehnte hin-weg zugenommen hat, wird das Thema Einkommens-ungleichheit auf internationaler Ebene aktuell intensiv debattiert. Auch in Deutschland rückt die ungleiche Verteilung von Einkommen zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit.

Die Forschungsgruppe leistet einen Beitrag zu dieser Debatte, indem sie die Entwicklung wichtiger Vertei-lungsmaße im Zeitablauf nachzeichnet und dabei auch die regionale Ungleichverteilung der Einkommen in Deutschland und ihre Ursachen erforscht und analy-siert. Dabei wird u.a. die Auswirkung der Globalisierung auf die Einkommensverteilung in Deutschland unter-sucht, aber auch der Effekt von wirtschaftspolitischen Entscheidungen, wie beispielsweise den Hartz-Refor-men. Zudem beschäftigt sich die Forschungsgruppe mit den ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen von Ungleichheit.

GoVErnAnCE dEr FiSkAlPolitik in dEr EuroPä-iSCHEn WäHrunGSunion

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat die öffentlichen Haushalte vieler EU-Mitgliedstaaten einer enormen Belastung ausgesetzt und Zweifel an der Zahlungsfä-higkeit einiger Staaten aufkommen lassen. Die daraus resultierende Staatsschuldenkrise wiederum hat zu einer deutlichen Einschränkung der fiskalpolitischen Handlungsfähigkeit geführt und Konflikte zwischen den EU-Mitgliedstaaten hinsichtlich des gemeinsamen wirtschafts- und finanzpolitischen Kurses heraufbe-schworen. Die Verbesserung der Governance der Fis-kalpolitik der EU-Mitgliedstaaten ist deshalb zu einem zentralen Punkt in der Diskussion um die Zukunft der Europäischen Integration geworden. Die Reform der europäischen Fiskalpolitik bedarf jedoch eines grund-legenden Verständnisses über den Einfluss verschie-dener fiskalpolitischer Institutionen und gesetzlicher Rahmenbedingungen auf finanzpolitische Entschei-dungen. Ziel der Forschungsgruppe ist es, einen Bei-trag zu dieser Diskussion zu leisten, indem verschiede-ne Instrumente zur Koordinierung der europäischen Wirtschafts- und Fiskalpolitik im Hinblick auf ihre Ef-fektivität bewertet werden. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Analyse des Europäischen Fiskalpakts sowie des Europäischen Semesters. Darüber hinaus geht die Forschungsgruppe der Frage nach, wie die gemeinsamen fiskalpolitischen Regeln gestaltet sein müssen, um langfristig Regelbewusstsein, Regelbin-dung und Stabilität zu gewährleisten. Die Forschungs-gruppe beschäftigt sich außerdem mit den persisten-ten Differenzen zwischen den EU-Mitgliedstaaten im Hinblick auf ökonomische Fundamentaldaten und deren Konsequenzen für den weiteren Integrations-prozess.

analyse des Europäischen Fiskalpakts

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ifo Jahresbericht 2016100

Erfassung durch JEL-Klassifikation

Bibliothek

Die Bibliothek des ifo Instituts ist in erster Linie interner Dienstleister und versorgt ifo- und CESifo-Mitarbeiter sowie Gastforscher mit der benötigten Literatur. Dane-ben können auch Studenten der Münchener Hochschu-len auf die Leistungen der ifo-Bibliothek zurückgreifen. Mit einem Bestand von etwa 137.000 bibliographischen Einheiten sowie ca. 400 laufend gehaltenen Zeitschriften und ca. 30 statistischen Berichten ist sie eine der größ-ten wirtschaftswissenschaftlichen Bibliotheken im süd-deutschen Raum.

Inhaltlich erschlossen wird die im elektronischen Bib-liothekskatalog des Instituts erfasste Literatur durch Deskriptoren, PTS-Ländercode, zum Teil durch kurze inhaltliche Zusammenfassungen (Abstracts) und durch die JEL-Klassifikation, die wirtschaftswissenschaftli-che Klassifikation des Journal of Economic Literature in englischer Sprache.

Mit Literaturrecherchen sowie der Beschaffung von Da-ten und Informationen zu ausgewählten ökonomischen und wirtschaftspolitischen Spezialgebieten erfüllt die Arbeitsgruppe Bibliothek wichtige Servicefunktionen. Insgesamt wurden die Dienstleistungen der Bibliothek im Jahr 2016 ca. 5.100-mal in Anspruch genommen.

Die Bibliothek des ifo Instituts ist Mitglied des Ge-meinsamen Bibliotheksverbundes der Norddeutschen Länder, GBV. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Harmoni-sierung des ifo-Bestands mit dem anderer wirtschafts-wissenschaftlicher Spezialbibliotheken. Der ifo OPAC ist zudem Bestandteil des Webangebots der CESifo-Gruppe.

Die Bibliothek des ifo Instituts kooperiert eng mit der Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften in Kiel und Hamburg.

Dienstleister für ifo- und CESifo-

Mitarbeiter sowie gastforscher

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ifo Jahresbericht 2016 101

neues zeitgemäßes Erscheinungsbild der CESifo-gruppe

Presse, Redaktion, Konferenzen

Das ifo Institut baut als europäischer Think Tank eine Brücke zwischen akademischer Forschung und praktischer Politik. Die vom ifo Institut betriebene angewandte politikorientierte Wirtschaftsforschung zielt darauf ab, auf der Grundlage exzellenter For-schungsergebnisse Beiträge zur Politikberatung und politischen Debatte zu liefern; sie ist eng verknüpft mit Serviceleistungen für die Forschung und die brei-te Öffentlichkeit. Diesen Informationstransfer in die Öffentlichkeit hinein erfolgreich zu gestalten, ist Auf-gabe des Bereichs Presse, Redaktion, Konferenzen. Er bereitet die in den Forschungsbereichen erzielten Arbeitsergebnisse auf und transportiert sie zu den richtigen Adressaten: den Entscheidungsträgern aus Politik, öffentlicher Verwaltung und Wirtschaft, Mitgliedern der wissenschaftlichen Community oder Medienvertretern. Daneben gewinnt die Versorgung der Schulen und der breiten Öffentlichkeit mit Wirt-schaftsinformationen immer mehr an Bedeutung. PRK ist zudem Dienstleister für den Vorstand und die Forschungsbereiche des ifo Instituts und unterstützt diese bei ihren Veröffentlichungsvorhaben, organi-siert die zentralen Veranstaltungen und ist verant-wortlich für das Erscheinungsbild des ifo Instituts in der Öffentlichkeit. Dazu zählen insbesondere die graphische Gestaltung der Print- und Online-Medien sowie die konzeptionelle Gestaltung und redaktio-nelle Pflege der Website. Die Aktivitäten in den So-cial Media und die zahlreichen Videoaktivitäten der gesamten CESifo-Gruppe werden ebenfalls in PRK betreut.

nEuGEStAltunG dES CorPorAtE dESiGnS dEr CESiFo-GruPPE

Ein besonderer Arbeitsschwerpunkt des Jahres 2016 war die komplette Neugestaltung des Corporate Designs der CESifo-Gruppe. Das bislang verwende-te Corporate Design des ifo Instituts war im Zeitraum 1996 –1999 entwickelt worden und nicht mehr zeitge-mäß. Es wurde deshalb entschieden, das komplette Erscheinungsbild des ifo Instituts, und der CESifo-Gruppe insgesamt, zu erneuern. Dazu wurde ein Verga-beverfahren mit vorgeschaltetem Agenturpitch durch-geführt.

Im Zuge dieses Projekts wurden sämtliche graphischen Elemente des ifo Instituts neu gestaltet. Dafür wurden Anforderungen an das neue Design definiert, die der Auftragnehmer umzusetzen hatte. Sie bezogen sich insbesondere auf die Übereinstimmung des öffentli-

chen Erscheinungsbilds mit dem vom ifo Institut ver-körperten Renommee, den hohen Wiedererkennungs-wert des neuen Designs, insbesondere des Logos, die Beständigkeit des neuen Designs, die Homogenität des Layouts der Print- und Online-Medien und die Effizienz bei der Umsetzung des Designs.

Die nach Durchführung des Agenturpitch beauftragte Medienagentur schloss ihre Leistungen fristgerecht zum Jahreswechsel 2016/2017 ab. Die Umsetzung des Konzepts in die tägliche Praxis lag in den Händen der eigenen Graphikdesigner des ifo Instituts. Das neue Erscheinungsbild wurde – wie geplant – pünktlich zum 1. April 2017 eingeführt.

Zu diesem Zeitpunkt wurde auch die Website der CES-ifo-Gruppe einem Facelift unterzogen. Mit den Vorbe-reitungen für einen kompletten Relaunch der Website wurde im Berichtsjahr begonnen. Die Hauptarbeiten werden in die Jahre 2017 und 2018 fallen. Im Zuge des-sen wird die komplette technische Basis des Internet-portals einschließlich der eingesetzten Software er-neuert, die Struktur optimiert und auch das Design neu gestaltet.

EntWiCklunG, uMSEtzunG und ProFESSionAli-SiErunG Von VErWErtunGSkonzEPtEn

Um den gesellschaftlichen Nutzen seiner Arbeit weiter zu erhöhen, will das ifo Institut die konzeptionellen und methodischen Grundlagen des Transfers des im Institut vorhandenen Wissens und der hier erzielten Arbeitsergebnisse in die relevanten gesellschaftlichen Gruppen hinein weiter ausbauen. Dazu sollen neue Verwertungspotenziale erschlossen und – vor dem Hin-tergrund der sich rapide ändernden Kommunikations-technologien und des sich wandelnden Kommunikati-onsverhaltens – die Verwertung seiner Expertise und Arbeitsergebnisse an die neuen Rahmenbedingungen angepasst werden.

Mit diesem Ziel wird im Rahmen des vom Bundesminis-terium für Bildung und Forschung für den Zeitraum Juni 2015 bis Mai 2018 geförderten Projekts »Entwicklung, Umsetzung und Professionalisierung von Verwertungs-konzepten« unter der Federführung des Vorstands und des Bereichs Presse, Redaktion, Konferenzen ein auf die künftigen Bedürfnisse des ifo Instituts ausgerich-tetes Verwertungskonzept entwickelt, das gleichzeitig Modellcharakter für andere Wirtschaftsforschungsin-stitute haben kann.

Erschließung neuer Verwertungs-potenziale

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ifo Jahresbericht 2016102

Externe Parther mit kommunikations-

wissenschaftlicher Expertise

PRESSE, REDaKtIon, KonFEREnZEn

Mit Unterstützung externer Partner, die sich mit kom-plementären fachlichen Kompetenzen in das Projekt einbringen, soll die Effektivität und Effizienz des vom ifo Institut ausgehenden Wissenstransfers systema-tisch auf ein neues Niveau gehoben werden. Prof. Dr. Hans-Bernd Brosius, Leiter des Instituts für Kom-munikationswissenschaft und Medienforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München (IfKW), und Dr. Alexander Haas begleiten das Projekt mit kommu-nikationswissenschaftlicher Expertise.

Im Projektjahr 2016 wurden aus der ifo-Mission die In- stitutsziele und die Zielgruppen abgeleitet und an-schließend die schon existierenden Informations-dienstleistungen zugeordnet. Die tatsächliche Pro-duktnutzung der Zielgruppen wurde mit Hilfe der Datenbank- und Webstatistik analysiert und darauf aufbauend der Handlungsbedarf bei den unterschied-lichen Zielgruppen festgelegt. Ein Vergleich zwischen der tatsächlichen und der angestrebten Nutzung der ifo-Produkte von den einzelnen Adressatenkreisen zeigte, dass eine Bedarfsanalyse bei den politischen Entscheidungsträgern, der öffentlichen Verwaltung sowie bei Lehrern und im Bildungsbereich vorrangig durchgeführt werden sollte. Zudem wurden anhand der Merkmale »Verbreitung und Bedeutung« die Pro-dukte festgelegt, für die Nutzerbefragungen durch-geführt werden sollten.

Im Jahr 2016 wurden zuerst die Abgeordneten des Bayerischen Landtags und Mitarbeiter in den Stimm-kreisen und den Fraktionen befragt. Die Befragung er-fasste einerseits den Informationsbedarf vor allem bei Wirtschaftsthemen, andererseits auch die Mediennut-zung sowie eine Analyse zum Stand des ifo Instituts im Vergleich zu seinen Wettbewerbern.

Parallel dazu wurden, in Abstimmung mit den Pro-duktverantwortlichen und unter Beteiligung der Ex-perten des IfKW, zwei schriftliche Fragebögen für eine Befragung der Leser der ifo Konjunkturperspektiven und des ifo Schnelldiensts entwickelt. Die Befragung soll die Zufriedenheit mit den beiden Publikationen messen und Verbesserungsbedarf ableiten.

Um den Wissenstransfer in Richtung auf die wichtige Zielgruppe der Lehrer (und Schüler) auszubauen, wurde eine erste Analyse des Bedarfs der Lehrenden an wis-senschaftlich basierten Wirtschaftsinformationen ge- startet. Darauf aufbauend wurde in Kooperation mit

dem Fachverlag MedienLB eine für den Einsatz in den Schulen bestimmte DVD zum Thema »Konjunktur – wie die Wirtschaft schwankt« produziert. An der Produktion weiterer für den Einsatz in Schulen bestimmter DVDs (z.B. »Kapitalismus«, »25 Jahre deutsche Einheit« und »Hightech-Standort Bayern«) war das ifo Institut unter-stützend beteiligt, indem ifo-Mitarbeiter ihre Expertise u.a. in Interviews zur Verfügung stellten.

Ferner wurde im Berichtsjahr in Kooperation mit dem Verband der Wirtschaftsphilologen in Bayern ein Kon-zept für eine speziell auf die Bedürfnisse von Wirt-schaftsphilologen ausgerichtete Fortbildungsveran-staltung entwickelt. Die »ifo Praxistage für modernen Wirtschaftskundeunterricht« fanden im ersten Quartal 2017 statt. Diese Veranstaltung bot auch den Rahmen für die Premiere der DVD zum Thema Konjunktur.

Diese Pilotveranstaltung war so erfolgreich, dass sie ab dem Jahr 2017 zu einer Veranstaltungsreihe ausgebaut werden soll. Um die Wirtschaftsphilologen kontinuier-lich mit aktuellen Wirtschaftsinformationen für den Schulunterricht versorgen zu können, wurde zudem ein spezieller Newsletter für diese Zielgruppe konzi-piert, der ab dem zweiten Quartal 2017 versandt wer-den wird.

Die Weiterentwicklung der Institutionendatenbank DICE ist ein Kernprojekt des gesamten Vorhabens. So soll ein bedarfsgerechtes Konzept für die Weiterentwicklung von DICE erstellt und umgesetzt werden. Dazu fanden 2016 vier Workshops mit dem Ziel, zusammen mit den unterschiedlichen Nutzergruppen von DICE die jeweili-gen Bedürfnisse zu analysieren und mögliche Ansätze zur Deckung zu skizzieren, statt. Zudem wurden Vertre-ter verschiedener Zielgruppen – Studenten, Doktoran-den, Forscher, Hochschuldozenten sowie Mitarbeiter in Verbänden – interviewt. Die daraus entwickelten Ideen wurden priorisiert und in ersten Prototypen umgesetzt.

Ein weiterer Projektschwerpunkt ist der Ausbau der Instrumente für die Bereitstellung von Wirtschaftsin-formationen für die Gesellschaft. Hier konzentriert sich das Institut auf zwei Stoßrichtungen: die Förderung des journalistischen Nachwuchses insbesondere auf dem Gebiet der Wirtschaftsberichterstattung sowie die Intensivierung der Nutzung internationaler Mas-senmedien für die Verwertung der Arbeitsergebnisse des ifo Instituts. Das 2015 eingeführte ifo-Angebot zur beruflichen Qualifizierung der Journalisten, die »ifo-

Befragung der leser der ifo Konjunktur-

perspektiven und des ifo Schnelldiensts

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ifo Jahresbericht 2016 103

Hans-Werner Sinn und Clemens Fuest sind europaweit gefragte Interview-partner

PRESSE, REDaKtIon, KonFEREnZEn

meistzitiertes Wirtschaftsforschungsinstitut ausbau-en. Dazu tragen neben der monatlichen Bekanntgabe des Geschäftsklimaindex, der ifo Exporterwartungen, des ifo Beschäftigungsbarometers und anderer ifo-Um-frageergebnisse vor allem die wirtschaftspolitischen Äußerungen des ifo Instituts und die ifo-Prognosen zur konjunkturellen Entwicklung bei.

In dem durch den Präsidentenwechsel geprägten Be-richtsjahr trugen beide Präsidenten – Hans-Werner Sinn bis zum 31. März und Clemens Fuest ab dem 1. April – zu der enorm hohen Medienpräsenz des ifoInstituts bei. Beide setzten mit zahlreichen Interviews und Gastbeiträgen in überregionalen Printmedien, im Fernsehen und im Hörfunk immer wieder Impulse für die wirtschaftspolitische Diskussion. Als feste Ko-lumnisten in der WirtschaftsWoche nehmen sowohl Hans-Werner Sinn, der Alt-Präsident, als auch Clemens Fuest, der jetzige ifo-Präsident, regelmäßig zu aktu-ellen wirtschaftspolitischen Themen Stellung. Ihre regelmäßigen Beiträge für Project Syndicate werden weltweit in wichtigen nationalen Tageszeitungen plat-ziert. Als Interviewpartner in Funk, im Fernsehen und in Tageszeitungen sind Hans-Werner Sinn und Clemens Fuest europaweit gefragt. Besondere Beachtung fanden 2016 Clemens Fuests Stellungnahmen zur Geld-politik der Europäischen Zentralbank, zur Steuerpolitik und zum Brexit sowie seine Vorschläge zur Bewältigung der Eurokrise. Ebenfalls großes Interesse fand 2016 das neue Buch »Der schwarze Juni« von Hans-Werner Sinn, das der Öffentlichkeit auf mehreren Veranstaltungen vorgestellt wurde. Auch andere ifo-Wissenschaftler, vor allem die Leiter der Forschungsbereiche des ifo Insti-tuts, bringen sich aktiv durch Interviews und Pressear-tikel in die Medienarbeit des ifo Instituts ein.

An den bereits erwähnten »ifo-Praxistagen für Qua-litätsjournalismus«, die von BR-Redakteur Jürgen Seitz und ifo-Pressesprecher Harald Schultz mo-deriert wurden, nahmen 15 junge Journalisten der Deutschen Journalistenschule (DJS) und neun Re-dakteure des Bayerischen Rundfunks teil. Jörg Sa-drozinski, Leiter der Deutschen Journalistenschule, und Wilfried Rütten, Leiter des European Journalism Centre in Maastricht, wurden als Gastexperten in die Veranstaltung eingebunden. Ziel dieser Veran-staltungsreihe ist es, durch eine praxisorientierte Vermittlung ökonomischen und journalistischen Wis-sens das Verständnis für wirtschaftliche Zusammen-hänge zu verbessern. Leitende Wissenschaftler aus

»ifo-Praxistage für Qualitäts- journalismus« mit 24 teilnehmern

Praxistage für Qualitätsjournalismus« wurden 2016 in Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk und der Deutschen Journalistenschule fortgesetzt. Ergänzt wurde diese Aktivität um eine halbtägige Fortbildungs-veranstaltung mit ähnlichen Schwerpunkten, bei der der 54. Lehrgang der Deutschen Journalistenschule das ifo Institut besuchte. Im Mittelpunkt stand ein Vor-trag des ifo-Bereichsleiters Prof. Gabriel Felbermayr zur Flüchtlingskrise. Auf internationaler Ebene wurden die Kontakte zu den relevanten Medien in allen europä-ischen Ländern weiter ausgebaut.

Als weiterer Projektschwerpunkt war der Aufbau einer umfassenden Datenbank mit Forschungsdaten vorge-sehen. Hintergrund dafür ist, dass sich das ifo Institut durch die vermehrte Forschung mit Massendaten stark gestiegenen Anforderungen an die technische und or-ganisatorische Infrastruktur ausgesetzt sieht. Im Rah-men dieses Projekts haben die Projektmitarbeiter im Berichtsjahr zusammen mit Experten der Beratungs-gesellschaft p3 eine Analyse sowohl des Status quo als auch von aktuellen Trends im Bereich Forschung mit Massendaten durchgeführt. Im Laufe der Prüfung hat sich herausgestellt, dass aufgrund der absehbaren Ausweitung der empirischen Wirtschaftsforschung auf die Analyse von Massendaten (Big Data) Wichtigkeit, Umfang und Komplexität des Themas stark zunehmen und den Rahmen des Projekts sprengen werden. Des-halb ist es das vorrangige Ziel des ifo Instituts, dieses Arbeitsfeld in ein eigenes Projekt auszugliedern.

PrESSE

In der Pressestelle werden die in den Forschungsberei-chen des ifo Instituts erzielten Arbeitsergebnisse für die Medien und die Öffentlichkeit verständlich aufbe-reitet. Im Jahr 2016 informierte das ifo Institut mit gut 200 Pressemitteilungen über Forschungsergebnisse, aktuelle Umfrageergebnisse, neue Publikationen und Veranstaltungen. Die Pressestelle versteht sich in ers-ter Linie als Dienstleister für interessierte Journalisten und vermittelt Interviewpartner aus dem Haus, orga-nisiert Pressekonferenzen und beantwortet Anfragen. Auch der breiten Öffentlichkeit stellt sie Informationen und Materialien zur Verfügung.

Die kontinuierliche und engagierte Pressebetreuung ist mit ein Grund dafür, dass das ifo Institut mit sehr hoher Präsenz in den Medien vertreten ist. Im Jahre 2016 konnte das ifo Institut seinen Spitzenplatz als

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ifo Jahresbericht 2016104

Die »ifo-Publika-tionen«

PRESSE, REDaKtIon, KonFEREnZEn

allen ifo-Bereichen stellten ihre Arbeiten und ihre Forschungsergebnisse vor. Mit seinen Ausführungen zur Zukunft Europas setzte ifo-Präsident Clemens Fuest ein Glanzlicht.

rEdAktion

Die Aufgaben der Redaktion sind die konzeptionelle Gestaltung, Erstellung und Verteilung der Publikatio-nen des Instituts. Sie verantwortet sämtliche gedruck-ten und digitalen Veröffentlichungen des Hauses. Hier sind die thematische und inhaltliche Gestaltung, ein-schließlich der Übersetzung (Deutsch/Englisch bzw. Englisch/Deutsch), die Druckvorbereitung, d.h. die Erstellung von Graphiken und Tabellen sowie das Set-zen und Gestalten der Texte, die Weiterleitung an die hauseigene Druckerei oder externe Druckereien sowie das Adressmanagement angesiedelt. Das PRK-Team unterstützt die anderen Bereiche des Instituts auch bei der Durchführung von Veröffentlichungsvorhaben und Vorträgen.

Das ifo Institut gibt folgende Zeitschriften heraus:

– ifo Schnelldienst: aktuelle Politikthemen und ifo- Forschungsergebnisse (Erscheinungsweise: zweimal im Monat);

– ifo Konjunkturperspektiven: aktuelle Ergebnisse des ifo Konjunkturtests in Graphiken, Tabellen und beschreibenden Analysen (Erscheinungsweise: monatlich);

– ifo-GfK-Konsumreport: Berichterstattung über ak- tuelle Ergebnisse der konsumnahen Branchen des ifo Konjunkturtests, des GfK-Wirtschaftsdiensts Konsum- und Sparklima sowie über die Kon- sumentenstimmung in der EU (gemeinsame Publi- kation mit der GfK Marktforschung, Nürnberg, Erscheinungsweise: monatlich); mit der Dezember- ausgabe 2016 wurde die Zeitschrift eingestellt;

– ifo Dresden berichtet: Konjunktur, Wirtschafts- politik und struktureller Wandel in Ostdeutschland (Erscheinungsweise: sechsmal im Jahr, in Verant- wortung der Niederlassung Dresden);

– CESifo World Economic Survey: Ergebnisse der ifo-Expertenumfrage zur Weltkonjunktur in Gra- phiken, Tabellen und in beschreibenden Analysen (Erscheinungsweise: vierteljährlich, englischspra- chig); ab 2017 wird der Name der Zeitschrift in ifo World Economic Survey geändert;

– CESifo Forum: aktuelle Politikthemen von welt- weitem Interesse von bekannten internationalen Autoren sowie Daten und Informationen aus dem ifo Institut (Erscheinungsweise: vierteljährlich, mit der CESifo GmbH herausgegeben, englischspra- chig);

– CESifo DICE Report: Beiträge zu institutionellen Regelungen und wirtschaftspolitischen Maßnah- men in einer ländervergleichenden Analyse (Er- scheinungsweise: vierteljährlich, englischsprachig); ab 2017 wird der Name der Zeitschrift in ifo DICE Report geändert;

– CESifo Economic Studies: wirtschaftswissenschaft- liche Forschungsergebnisse und politikrelevante Fragestellungen. Die CESifo Economic Studies er- scheinen bei Oxford University Press. Managing Editor ist Panu Poutvaara, Leiter des ifo Zent- rums für Internationalen Institutionenvergleich und Migrationsforschung (Erscheinungsweise: vier- teljährlich, mit Referee-System, englischsprachig);

Hinzu kommt die Buchreihe

– ifo Beiträge zur Wirtschaftsforschung: wichtige Forschungsprojekte des ifo Instituts;

Zusätzlich zu den laufenden Ausgaben des CESifo Fo-rum wurde ein Sonderheft zum Thema »Retirement of Hans-Werner Sinn« herausgegeben.

Seit 2014 werden der ifo Schnelldienst, das CESifo Fo-rum und der CESifo DICE Report auch im ePub-Format zur Verfügung gestellt.

Darüber hinaus veröffentlicht das ifo Institut in unre-gelmäßiger Folge in den ifo Forschungsberichten die Ergebnisse von Gutachten, die nicht in Buchform er-scheinen, sowie die ifo Dresden Studien, in denen – in Verantwortung der Niederlassung Dresden – vornehm-lich Themen der neuen Bundesländer und ihrer östli-chen Nachbarn aufgegriffen werden.

Der ifo newsletter, ein kostenloser elektronischer In-formationsdienst, wird jeweils am Monatsende per E-Mail verschickt. Er berichtet in deutscher Sprache über neue Forschungsergebnisse, ausgewählte Publi-kationen und Veranstaltungen, Personalien, Termine und vieles mehr aus dem ifo Institut. Der ifo Dresden newsletter ist ein Service der ifo Niederlassung Dres-den, der regelmäßig über aktuelle Publikationen und

Im Dezember 2016 letzte ausgabe

des ifo-gfK- Konsumreports

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ifo Jahresbericht 2016 105

Hochkarätig besetztes wissenschaftliches Symposium und …

PRESSE, REDaKtIon, KonFEREnZEn

Bayerische Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie Ilse Aigner, Bundesbankpräsi-dent Jens Weidmann sowie Wissenschaftler aus Israel, den USA und Europa gehörten zu den Rednern.

Flyer zum Festakt

Knapp 400 renommierte Wirtschaftswissenschaftler aus aller Welt fanden sich am Vormittag in der Großen Aula der LMU ein, um an dem hochkarätig besetzten wissenschaftlichen Symposium teilzunehmen. Neben den Begrüßungsworten, der wissenschaftlichen Lau-datio von Kai Konrad und der Rede von Jens Weidmann sorgten vier Panels zur Europäischen Währungsunion, zur Handelsliberalisierung und multilateralen Han-delsabkommen, zu mikroökonomischen Lehren für Politikmaßnahmen sowie zu öffentlichen Finanzen und Staatsverschuldung für spannende Diskussionen.

Das Symposium ging nachmittags über in einen Fest-akt, zu dem führende Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Medien und öffentlicher Verwaltung hinzu-stießen. Als Schlusspunkt des Festakts überreichten Gabriel Felbermayr, Leiter des ifo Zentrums für Au-ßenwirtschaft, Meinhard Knoche, Mitglied des ifo-Vor-

… Festakt mit führenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung zur Verabschiedung von Hans-Werner Sinn

Veranstaltungen der Niederlassung berichtet. Darüber hinaus wird das Erscheinen neuer Ausgaben der Zeit-schriften CESifo Forum, CESifo DICE Report und CESifo World Economic Survey durch Newsletter mit Inhalts-übersicht und Download-Optionen begleitet.

Auch über twitter informiert die CESifo-Gruppe über Neuigkeiten auf der Website in deutscher (@ifo_Insti-tut) und englischer Sprache (@CESifoGroup). ifo-Präsi-dent Clemens Fuest und ifo-Präsident a.D. Hans-Werner Sinn haben ebenfalls Twitter-Accounts. Nutzer können sich weiterhin über die RSS-Feeds der CESifo-Gruppe über die neuesten Nachrichten aus dem ifo Institut und der CESifo-Gruppe auf dem Laufenden halten. Über Xing und LinkedIn werden Stellenausschreibungen des ifo Instituts verbreitet.

Einige der Periodika werden bekannten Online-Diens-ten zum weltweiten Vertrieb zur Verfügung gestellt. Einen vollständigen Überblick über die Publikationen des ifo Instituts und ihre Bezugsmöglichkeiten findet man unter http://www.cesifo-group.de/Publikationen.

konFErEnzEn

Der Bereich PRK verantwortet die Organisation und Durchführung der zentralen Konferenzen des ifo Insti-tuts, die Präsentation des Instituts auf externen Kon-ferenzen, wie z.B. bei der Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik, und die Betreuung von Besuchergrup-pen. Zentrale Veranstaltungen im Jahr 2016 waren der Festakt zur Verabschiedung von Hans-Werner Sinn und zum 25. Jahrestag der Gründung des Center for Econo-mic Studies und die ifo Jahresversammlung. Die öffent-lichen Veranstaltungen werden meist live im Internet übertragen und anschließend in die Mediathek des ifo Instituts eingestellt, um die Ausstrahlung dieser Veran-staltungen in die Öffentlichkeit hinein zu erhöhen.

Die Präsidentschaft von Prof. Hans-Werner Sinn am ifo Institut endete gleichzeitig mit seinem Ordinariat an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) sowie der Leitung des Center for Economic Studies (CES) und der CESifo GmbH am 31. März 2016, nach-dem er kurz zuvor sein 68. Lebensjahr vollendet hatte. Er wurde am 22. Januar 2016 mit einem internationalen wissenschaftlichen Symposium und einem Festakt in der Großen Aula der LMU sowie einer festlichen Abend-veranstaltung in der Münchener Residenz feierlich ver-abschiedet. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, die

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ifo Jahresbericht 2016106

Festschrift »Hans-Werner Sinn und

25 Jahre deutsche Wirtschaftspolitik«

PRESSE, REDaKtIon, KonFEREnZEn

stands, und Ludger Wößmann, Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik, die von ihnen herausgegebene Festschrift »Hans-Werner Sinn und 25 Jahre deutsche Wirtschaftspolitik«, in der sich mehrere Nobelpreisträ-ger und andere Zeitzeugen aus Politik und Wissenschaft aus ihrer Perspektive mit den wirtschaftspolitischen Ansätzen Hans-Werner Sinns auseinandersetzen. Den Schlusspunkt bildete eine festliche Abendveranstal-tung in der Münchener Residenz. An einen Staatsemp-fang auf Einladung der Bayerischen Staatsregierung schloss sich ein Dinner im Kaisersaal der Residenz an.

Dr. Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank

Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finanzen

Über die Veranstaltung wurde im ifo Schnelldienst 69(9), 2016, ausführlich und mit Beiträgen einiger Re-ferenten berichtet.

Seit 2014 lädt das ifo Institut Bundespolitiker aller Frak-tionen zu einem »Parlamentarischen Frühstück« in die Bayerische Vertretung in Berlin ein. 2016 fanden zwei Veranstaltungen statt. Im März diskutierte Hans-Werner Sinn dort gemeinsam mit Ludwig Stiegler und den Parla-mentariern über die Energiewende. Im September setz-te Clemens Fuest diese Veranstaltungsreihe mit aktuel-len Fragen zur Steuer- und Europapolitik fort.

Am 28. April 2016 fand die 67. Jahresversammlung des ifo Instituts in der Großen Aula der Ludwig-Maxi-milians-Universität München (LMU) statt. In der Mit-gliederversammlung am Vormittag, bei der sich auch Clemens Fuest als neuer Präsident des ifo Instituts vorstellte, berichtete Hans-Werner Sinn, Alt-Präsident des ifo Instituts, über die Aktivitäten des Instituts im Jahr 2015. Der von ifo-Vorstandsmitglied Meinhard Knoche vorgetragene Jahresabschluss zum 31. De-zember 2015 wurde einstimmig beschlossen, und der Vorstand wurde einstimmig entlastet. Zum Abschluss der Mitgliederversammlung wurde der Preis der Ge-sellschaft zur Förderung der wirtschaftswissenschaft-lichen Forschung (Freunde des ifo Instituts) e.V. verlie-hen. Über die Preisvergabe wird im Kapitel Personelle Entwicklung und im ifo Schnelldienst 69(10), 2016, aus-führlich berichtet.

Zu Beginn des öffentlichen Teils der ifo Jahresver-sammlung, die unter dem Motto »Die Europäische Union am Scheideweg« stand, begrüßte Prof. Bernd Huber, Präsident der LMU, Clemens Fuest als neuen ifo-Präsidenten und neuen Inhaber des Lehrstuhls für Finanzwissenschaft und Nationalökonomie an der LMU und wünschte ihm viel Erfolg sowie eine glückliche Hand in seinem neuen Amt. Im Anschluss sprach Bernd Huber Hans-Werner Sinn seinen Dank für dessen Leis-tung für das ifo Institut und die Volkswirtschaftliche Fakultät der LMU aus und wünschte ihm für die Zukunft alles Gute. Diesen Wünschen schloss sich Dr. Peter-Ale-xander Wacker, Vorsitzender des Verwaltungsrats des ifo Instituts, an. Auch Hans-Werner Sinn drückte noch einmal seine Freude darüber aus, dass Clemens Fuest als sein Nachfolger gewonnen werden konnte.

Clemens Fuest dankte für die einführenden Wor-te seiner Vorredner sowie die Unterstützung, die er durch sie bisher erfahren habe. Hans-Werner Sinn dankte er insbesondere für dessen Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, von der nicht zu-letzt auch er, Fuest, profitiert habe. Die gegenwärti-

Festliche abend-veranstaltung in der Münchner Residenz

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16. ifo Branchen-Dialog

PRESSE, REDaKtIon, KonFEREnZEn

Fuest vertiefte die Diskussion um die Zukunft der Euro-päischen Union unter dem Motto »The European Union at a Crossroads«.

Podium: John Ryan, Clemens Fuest, Quentin Peel, Jeromin Zettelmeyer

Am 9. November 2016 veranstaltete das ifo Institut in Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern und gefördert vom Bay-erischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie den 16. ifo Branchen-Dialog. Ziel dieser Arbeitstagung ist die Analyse der Gesamt-wirtschaft und der konjunkturellen Entwicklungen in der Industrie, der Bauwirtschaft, im Groß- und Einzel-handel sowie in ausgewählten Dienstleistungssekto-ren. Über die Tagung wird im Bereichskapitel Indus-trieökonomik und neue Technologien sowie im ifo Schnelldienst 68(23), 2016, ausführlich berichtet.

Aufgrund des Präsidentenwechsels pausierte die in Brüssel stattfindende Konferenzreihe »ifo Brussels In-ternational Economic Forum (ifo BrIEF)« im Jahr 2016.

intErnEt

Das ifo Institut hat seine Aktivitäten in Forschung, Po-litikberatung und Service weitgehend digitalisiert und mit Web-Technologien gestaltet. Das gilt nicht nur für die in- und externe Kommunikation, die Recherche und das Wissensmanagement, sondern auch für die Unter-nehmensbefragungen, Forschungsprojekte und die weltweite Bereitstellung von Daten, Forschungsergeb-nissen und sonstigen Informationen. Die Leistungen des ifo Instituts sind mit den Aktivitäten der anderen Partner der CESifo-Gruppe abgestimmt und verknüpft. Deshalb betreibt die CESifo-Gruppe ein gemeinsames Internetportal (www.cesifo-group.de), in dem das In-

gemeinsames Internetportal der CESifo-gruppe: www.cesifo.group.de

ge Situation der Europäischen Union sieht Fuest als schwierig an. Wachsende separatistische Strömun-gen in den meisten Ländern zielten auf eine Desin-tegration, die EU befinde sich seit sechs bzw. sieben Jahren – je nachdem wann man den Beginn sehe – in der Eurokrise. Zur Bewältigung der Schuldenkrise im Euroraum schlug Clemens Fuest die Einführung einer neuen Form von nachrangigen Staatsanleihen – Ac-countability Bonds – vor. Damit die Kosten vertrags-widrig hoher Staatsverschuldung nicht mehr auf die Steuerzahler anderer Länder abgewälzt werden kön-nen, sollten nachrangige Staatsanleihen eingeführt werden, die nicht von der Europäischen Zentralbank angekauft werden können.

Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts

Die nachfolgende Expertenrunde mit Prof. John Ryan, London School of Economics and Political Science, Quentin Peel, Financial Times, Jeromin Zettelmeyer, Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik im Bundesmi-nisterium für Wirtschaft und Energie, und Clemens

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transparenz über Ressourcen und

leistungen

PRESSE, REDaKtIon, KonFEREnZEn

formationsangebot des ifo Instituts, der CESifo GmbH und des Center for Economic Studies (CES) zusammen-geführt ist.

Mit dem Internetportal wird eine doppelte Stoßrich-tung verfolgt: Zum einen hat es den Zweck, die Öffent-lichkeit im Rahmen des Wissenstransfers umfassend mit Informationen aus den Arbeitsgebieten der CESifo-Gruppe zu versorgen und die Breitenbildung auf dem Gebiet der Ökonomie zu verbessern; zum anderen dient es der Qualitätssicherung, indem völlige Trans-parenz über Ressourcen und Leistungen der Mitglieder der CESifo-Gruppe hergestellt und so eine Kontrolle durch die Öffentlichkeit ermöglicht wird.

Im Internetportal der CESifo-Gruppe stellt das ifo In-stitut zeitnah Informationen über das Institut selbst, seine Serviceangebote, seine Forschungsthemen, da-rauf basierende wirtschaftspolitische Empfehlungen und über Veranstaltungen bereit. Dazu gehören auch umfassende Angaben zum wissenschaftlichen und politikorientierten Output der Forschungszentren des ifo Instituts und seiner Mitarbeiter sowie zur Resonanz dieses Outputs in den Medien.

CESifo Group Website: http://www.cesifo-group.de

Auf der Startseite werden Informationen aus dem Ins-titut in Form der ifo News redaktionell aufbereitet und mit Bildern ergänzt. Neben aktuellen Pressemittteilun-gen zählen dazu weitere Forschungsergebnisse, Veran-staltungen, Personalien, TV-Hinweise u.v.m. So entsteht

ein Nachrichtenfluss, der vom Institut gezielt gesteuert werden kann. Jede News wird auch bei Twitter veröf-fentlicht, so dass hier eine direkte Verbindung zu den Social-Media-Aktivitäten des ifo Instituts besteht.

Das digitale Servicespektrum für den Informations-transfer wird ständig erweitert. So können Publikatio-nen über Internet-Datenbanken bequem recherchiert, bestellt und zum Teil auch im Volltext abgerufen wer-den. Seit 2014 werden einige Zeitschriften auch im Format ePub zum Download angeboten, das sich ins-besondere für die Ausgabe auf mobilen Endgeräten wie Tablets und E-Readern eignet. Die Bibliothek des ifo Instituts stellt ihren elektronischen Katalog über das Internet auch externen Nutzern zur Verfügung. Die Institutionendatenbank DICE (Database for Institutio-nal Comparisons in Europe) stellt systematische und vergleichende Informationen zu den institutionellen Regulierungen vor allem innerhalb der Europäischen Union bereit. Das Angebot an »Visual Stories«, die eine umfassende graphische Darstellung der präsentierten Daten ermöglichen, wurde im Berichtsjahr ausgewei-tet. Häufig genutzt wird auch die vom ifo Zentrum für Energie, Klima und erschöpfbare Ressourcen entwi-ckelte und laufend aktualisierte ifo Ressourcenda-tenbank. Sie gibt anhand von Tabellen und Dokumen-ten mehrerer Datenlieferanten einen umfassenden Überblick über Energiereserven und Ressourcen. Spezielle Serviceangebote für die Forschung sind die Datenbanken iPEHD und ifo GAME: Mit der ifo Prussi-an Economic History Database (iPEHD) – Preußische wirtschaftsgeschichtliche Datenbank des ifo – wird in-teressierten Forschern eine systematische Sammlung und Digitalisierung preußischer Daten in der Website bereitgestellt. ifo GAME (Geological and Meteorologi-cal Events – GAME) sammelt weltweit Informationen über geologische und meteorologische Ereignisse und fasst diese in einer strukturierten und aggregierten Art und Weise auf Länderebene zusammen. Damit bietet ifo GAME einen einzigartigen Datensatz zur ökonomi-schen Analyse.

Einige Vorlesungen von Gastforschern am Center for Economic Studies (CES) sowie ausgewählte Vorträge auf ifo-Veranstaltungen werden durch Videoaufnah-men, die in die Mediathek der CESifo-Gruppe aufge-nommen werden, einem internationalen Publikum zugänglich gemacht. Ferner dient das Internetportal als Plattform zur Durchführung der Unternehmensbe-fragungen des ifo Instituts und zur speziellen Informa-

Zeitnahe Informationen über

die aktivitäten des ifo Instituts

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PRESSE, REDaKtIon, KonFEREnZEn

tionsversorgung der Medien. Auch die CESifo GmbH und das CES stellen im gemeinsamen Internetportal breite Informationen über ihre Arbeit bereit. Das gilt insbesondere im Hinblick auf das CESifo-Forscher-netzwerk.

VidEoS

Videobeiträge sind ein zunehmend gefragtes Instru-ment zur Vermittlung von Informationen. Aufzeichnun-gen von Vorträgen, Vorlesungen, Podiumsdiskussio-nen und anderen Veranstaltungen dokumentieren die Arbeit der CESifo-Gruppe. CES und ifo haben schon in den 1990er Jahren mit der Aufzeichnung von Veranstal-tungen und der Produktion von Videofilmen begonnen, so dass die CESifo-Gruppe heute über einen enorm großen Fundus an Videoaufzeichnungen verfügt, von denen einige mittlerweile wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung haben. Darauf kann mit Hilfe der Mediathek nutzerfreundlich zugegriffen werden. Ein etablierter Schwerpunkt des Videoeinsatzes ist das Live-Strea-ming, also die Liveausstrahlung von Videoaufnahmen von Veranstaltungen im Internet, die anschließend in die Mediathek eingestellt werden. Diese Technik erwei-tert die öffentliche Wahrnehmung von Veranstaltungen der CESifo-Gruppe beträchtlich.

Die CESifo Mediathek dient den Nutzern auch als vir-tueller Hörsaal: Mit den CESifo Lectures sind Vorlesun-gen, die internationale Wissenschaftler am CES und im ifo Institut gehalten haben, über die CESifo-Website abrufbar. Im Jahr 2016 wurde u.a. der Vortrag »Mo-ney Markets and Financial Intermediation« von Bengt Holmstrom, der kurz zuvor (zusammen mit Oliver Hart) den Wirtschaftsnobelpreis erhalten hat, mitgeschnit-ten. Auch die Vortragsreihe »Motivating prosocial be-havior: Economic incentives and moral constraints« von Nicola Lacetera ist abrufbar.

Neben den Liveübertragungen im Internet sollen auch verstärkt selbst produzierte Videoclips in die Mediathek eingestellt werden. In kurzen Veranstal-tungsberichten werden die wichtigsten Ergebnisse der Konferenzen des ifo Instituts dargestellt. Um eine größere Anzahl an Nutzern zu erreichen, werden Ver-anstaltungsmitschnitte auch über die Videoplattform YouTube angeboten.