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Informationsmagazin des Schweizer Zolls | www.ezv.admin.ch Forum Z. 1/11 Frontex: erster Einsatz für die Schweiz Die Frontex-Einsätze des Grenzwachtkorps sind im Interesse der Schweiz – denn wirksame Kontrollen beginnen nicht erst an unseren Landesgrenzen Immer mehr gilt: «E-Zoll» Die Entwicklung Richtung elektronischer Verzollung geht unaufhaltsam weiter Neues Zollverfahren im Kurierverkehr Weil Firmen weniger Daten erheben müssen, sinkt der Aufwand

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Page 1: Informationsmagazin des Schweizer Zolls | ...€¦ · sung. Die Schweiz ist keine Insel.» Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey; NZZ online, 1/11. «Wenn die Zölle fallen, wirds

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Forum Z. 1/11

Frontex: erster Einsatz für die Schweiz DieFrontex-EinsätzedesGrenzwachtkorpssindimInteressederSchweiz–dennwirksameKontrollen beginnennichterstanunserenLandesgrenzen

Immer mehr gilt: «E-Zoll» DieEntwicklungRichtungelektronischerVerzollunggehtunaufhaltsamweiter Neues Zollverfahren im Kurierverkehr WeilFirmenwenigerDatenerhebenmüssen,sinktderAufwand

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2 Forum Z. | Zitiert

«Sie haben moderne Instrumente zur Hand. High-Tech, Elekt-ronik, Datenbanken. Das unterstützt Sie. Doch das ersetzt Sie nicht.» BundesrätinEvelineWidmer-SchlumpfanlässlichderGWK-BrevetierungsfeierimBernerMünster;12/10.

«Ich stehe hinter Ihnen. Oder vor Ihnen. Ich stehe zum Grenz-wachtkorps, woher auch immer der politische Gegenwind kommt.» BundesrätinEvelineWidmer-SchlumpfanlässlichderGWK-BrevetierungsfeierimBernerMünster;12/10.

«Ich glaube nicht, dass wir ein schlechtes Gewissen haben müssen.» Bundesrat Johann Schneider-Ammann über Schweizer Kriegsmaterialexporte; Berner Zeitung, 2/11.

«Es ist sinnlos, Beamte an Übergänge zu stellen, die in der Nacht stundenlang von keinem einzigen Auto genutzt werden.» Mauro Antonini, Tessiner Grenzwachtkommandant zur Forderung, kleinere Grenzübergänge wieder rund um die Uhr zu besetzen; Basler Zeitung, 3/11.

«Sicherheit beginnt nicht erst an der Schweizer Landesgrenze.» Markus Kobler, Kommandant der Grenzwachtregion III, über die Beteiligung der Schweiz an Frontex; Werdenberger&Toggenburger, 2/11.

«Sogar Trauringe werden geschmuggelt.»GabrielaWalser,Info-beauftragtederGrenzwachregionVII;a-z.ch,2/11.

«Fleisch wird heute bald besser versteckt als Drogen.» Grenz-wächterBerger,GrenzwachtregionVII,findetdieSchmuggelwareimmerhäufigerunterderMotorhaubeoderinderReserverad-mulde.Tages-Anzeiger;2/11.

«Deutschland, China und die USA haben uns gerettet.»MatthiasPfammatter,AbteilungAussenhandelsstatistikundWirtschafts-fragenderOZD,sagt,welcheLänderimvergangenenJahrbesondersvieleSchweizerWarenimportierthaben.20Minuten;2/11.

«In Krisenzeiten wächst der Wunsch nach Protektionismus und Abschottung. Aber für ein kleines Land wie die Schweiz, das sei-nen Wohlstand und seine Stärke vor allem der Öffnung gegen-über dem Ausland verdankt, wäre das Selbstmord.»BundespräsidentinMichelineCalmy-Rey;CorrieredelTicino,1/11.

«Die Risiken halten sich nicht an nationale Grenzen. Die Welt ist kleiner geworden. Ich kann gut verstehen, dass einem das Angst machen kann. Doch der Rückzug in unsere Berge ist keine Lö-sung. Die Schweiz ist keine Insel.» BundespräsidentinMichelineCalmy-Rey;NZZonline,1/11.

«Wenn die Zölle fallen, wirds lustig. Schon jetzt kann man unsere Würst-chen in der Schweiz kaufen. Sie sind nur noch viel zu teuer, weil hundert Prozent Zoll drauf ist. Wenn der in zwei Jahren wegfällt, greifen wir an.» UliHoeness,PräsidentdesFCBayernundWurstfabrikant;SonntagsBlick,3/11.

«Ich muss sagen, dass die Grenzwa-che hier im Tessin eine ausgezeichne-te Kontrollarbeit macht, sei dies an der Grenze oder überhaupt auch im Inland.» AntonioPerugini,Stellvertre-tenderTessinerGeneralstaatsanwalt;CorrieredelTicino,2/11.

«Eine Welt ohne Grenzen ist eine Wüste, eine Welt mit geschlossenen Grenzen ist ein Gefängnis; die Freiheit gedeiht in einer Welt offener Gren-zen.» DerverstorbeneSoziologeRalfDahrendorf;NZZamSonntag,1/11.

«Im Jura gibts keine Mafia, ge-schmuggelt werden höchstens Stier-samen aus Frankreich.» KolumnistPeterRothenbühler;SonntagsZeitung,12/10.

«Unsere Erfahrung zeigt, dass Menschen Kontrollen grundsätzlich akzeptieren, jedoch vor allem bei den anderen und nicht bei sich selbst.» GWK-ChefJürgNoth;Tangram,SicherheitsarbeitundMenschen-rechte,12/10.

«Das ist wie ein Fluss. Du kannst ihn nicht stoppen, sondern höchstens von Zeit zu Zeit unterbrechen.» Davide Bassi, Infobeauftragter Grenzwacht-region Tessin, über die Illusion, man könne die Migrationsströme an der Schweizer Grenze stoppen; LeTemps,12/10.

Zitiert

Eveline Widmer-Schlumpf

Johann Schneider-Ammann

Davide Bassi

Uli Hoeness

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3Forum Z. | Inhalt

Inhaltsverzeichnis

4 Fokus 4 Frontex: Schweizer Grenzwächter an EU-Aussengrenze

6 Dossiers

6 Gewalt gegen Grenzwachtpersonal: «Dieses Risiko gehört nun mal zu unserer Arbeit»

8 Immer mehr gilt: «E-Zoll»

10 Das neue «Statussymbol» – AEO

11 Rascheres und kostengünstigeres Zollverfahren im Kurierverkehr

12 10 Jahre LSVA – eine Erfolgsgeschichte

14 Migration: Kontrollen erfolgen risikoorientiert

15 Projekt «FUELS» – Mit einem neuen System zur Führungsunterstützung

und Einsatzleitung

16 Interview: «Mehrwertsteuer ist eine komplexe und spannende Materie»

18 International: Bern – Köln – Nairobi: unterwegs im Auftrag des Schweizer Zolls

19 Wirtschaft: Zölle zu Gunsten der Landwirtschaft

21 «FAQs» zur Aussenhandelsstatistik

23 Forum Z.-Gast: Daniel Küng, CEO Osec – Das Kompetenzzentrum der Schweizer Aussenwirtschaftsförderung: Zollstatistiken sind für unsere Arbeit essenziell

24 Serie: Zollansätze bei der Einfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten (IV)

25 Neue Zollstelle in Pratteln

26 In Kürze

30 Rundschau

30 Meldungen aus Zollkreisen und Grenzwachtregionen

32 Panorama

32 In Pension: Markus Hubeli, Stv. Chef GWK

34 Anfragen an den Zoll (Teil 1): Schrumpfköpfe, Schwalbennester und Stuttgarter Staubsauger

35 Tessiner Grenzwache finanziert Kinder-Ambulanz

36 Mitarbeiterkolumne: an der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze

38 Ein Stück Geschichte: Zöllner, Sünder und Heiden

40 Unterwegs…in 20 Ländern

41 Wenn ich an den Zoll denke…: Hans Grunder, Präsident der BDP Schweiz

42 Presseschau/Zollwelt

44 Blickfang

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4 Forum Z. | Fokus

Schweizer Grenzwächter an Schengen-Aussengrenze

wp. «Die Frontex-Einsätze unserer Leute sind im unmittelbaren Interesse der Schweiz, denn die Kontrolle der Schengen-Aussengrenze beginnt nicht erst an unseren Landesgrenzen», sagt Jürg von Gunten, Leiter internationa-le Sicherheitszusammenarbeit beim Kommando des Grenzwachtkorps in Bern. Er koordiniert die Einsätze der Schweizer Grenzwächter mit Frontex und den nationalen Behörden vor Ort.

Beim GWK besteht ein Pool von der-zeit 30 Mitarbeitenden, die speziell für Einsätze im Ausland ausgebildet sind. Zeitgleich will man aber jeweils höchs-tens fünf bis sechs Leute entsenden. Dabei handelt es sich um Spezialisten für die Überprüfung von Dokumenten und Fahrzeugen sowie für Überwa-chungseinsätze aus der Luft. «Aus dem Pool suchen wir jene Mitarbei-tenden aus, die für den entsprechen-

den Einsatz am besten geeignet sind. Sonst gehen diese Mitarbeitenden in den verschiedenen Grenzwachtregi-onen der Schweiz ihrer gewohnten Arbeit nach und werden für die Aus-landeinsätze jeweils aufgeboten und speziell vorbereitet», so von Gunten. Ein Einsatz erfolge ausschliesslich auf Anfrage von Frontex hin und könne in begründeten Fällen auch abgelehnt werden. So zum Beispiel wenn die Grenzwächter aufgrund besonde-rer Lagen im Inland selber benötigt würden.

Der Frontex-PoolMitarbeitende, die in den Pool für Frontex-Einsätze aufgenommen wer-den, müssen bereit sein, für längere Zeit im Ausland zu arbeiten, über gute Englisch-Kenntnisse verfügen und vertieftes Wissen in der Erkennung von Dokumentenfälschungen haben.

Ausserdem absolvieren die Mitarbei-tenden des Pools Vertiefungs- und Weiterbildungskurse. Im Idealfall verfügen sie auch schon über Auslan-derfahrung. Jürg von Gunten: «Es ist nicht so, dass unsere Grenzwächter im Frontex-Einsatz eine völlig neue Auf-gabe übernehmen. Vielmehr werden sie so eingesetzt, dass sie ihr Know-how von der Arbeit in der Schweiz her voll nutzen können. Alles andere wäre nicht sinnvoll. Genau aus diesem Grund sind zum Beispiel auch keine Einsätze auf hoher See vorgesehen, sondern primär an Landgrenzen und Flughäfen. Hier können wir wertvolles Expertenwissen anbieten und so unse-ren Beitrag leisten», so von Gunten.

Schweizer Frontex-Premiere mit zwei ExpertenEnde Januar wurde die letzte Verein-barung mit Frontex unterzeichnet, und als im Februar auf der Insel Lampedusa rund 5000 Migranten aus Nordafrika eintrafen, richtete die Grenzschutzagentur die erste Anfrage um Unterstützung an die Schweiz. Das GWK sandte darauf hin zwei Experten in die Empfangszentren nach Caltanissetta auf Sizilien und Bari in Apulien. Was waren ihre Aufgaben? Jürg von Gunten: «Die Leitung des Einsatzes vor Ort lag bei den Italieni-

Mit Schengen sind dem GWK neue Aufgaben im Migrationsbereich übertragen worden. So können Schweizer Grenzwächterinnen und Grenzwächter auch bei Operationen zum Schutz der EU-Aussengrenzen mitmachen. Zuständig für diese Einsätze ist die europäische Grenz-schutzagentur Frontex mit Sitz in Warschau. Anfang März war es soweit: Erstmals wurden zwei Grenzwächter in einen Frontex-Einsatz nach Süditalien entsandt.

Moschee im Empfangszentrum in Bari

Jürg von Gunten (rechts) neben Grenz- wächter S. B., der für Frontex in Bari im Einsatz war.

Frontex

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schen Behörden, wobei ein Frontex-Mitarbeiter für die Koordination zuständig war. Unsere Mitarbeiten-den wurden eingesetzt, um Gesprä-che mit Migranten durchzuführen. Dabei ging es um Fragen nach Herkunft, Reiseroute und Destination. Ausserdem sollten Informationen über Schlepperaktivitäten gewonnen werden. Die Gespräche haben auf freiwilliger Basis stattgefunden. Es bestand also keine Verpflichtung, Auskünfte zu erteilen. Und trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – haben sich viele bereit erklärt, mit unseren Leuten zu reden.»

Der Grenzwächter in Bari arbeitete in einem Team bestehend aus einem Holländer, Belgier und einem Fran-zosen. Zusammen mit dem Polizisten aus Frankreich führte er jeweils die Gespräche mit den Migranten durch. Dabei verständigte man sich primär auf Französisch, wobei von Vorteil war, dass der Frontex-Gesandte aus

Frankreich auch Arabisch sprach. Ein Gespräch dauerte in der Regel zwei bis vier Stunden. Die Ergebnisse wur-den in einem Bericht zu Handen von Frontex zusammengefasst.

Bari: Platz für 1300 MenschenIn Caltanissetta und Bari handelt es sich um offene Zentren, welche die Leute jederzeit verlassen können. Betrieben werden sie durch private Firmen im Auftrag der öffentlichen Hand. In Bari erhalten die Migranten bei ihrer Ankunft Schuhe, Kleider, Telefonkarte und anderes mehr. Das Camp besteht seit 2008 und bietet Platz für rund 1300 Menschen, wobei die maximale Aufenthaltsdauer 180 Tage dauert. Auf dem Gelände gibt’s auch eine Moschee und eine Kirche. Vor Ort sind aber auch die Italieni-sche Immigrationsbehörde und ein Polizeiposten. Asylanträge würden allerdings nur die wenigsten stellen, wie der Italienische Immigrationsbe-auftragte vor Ort erzählt.

Maximal neun EinsätzeDie Schweiz hat sich bereit erklärt, 2011 an verschiedenen Frontex-Ope-rationen teilzunehmen. Die genauen Einsatzorte und Daten werden mit Frontex jeweils besprochen und tragen den Lageveränderungen im Schengen-raum und in Drittstaaten Rechnung. «Wir hatten geplant, uns in diesem Jahr an neun Operationen zu beteili-gen. Allerdings können lagebedingt weitere Operationen dazukommen oder auch wegfallen. Auf jeden Fall rechnen wir damit, dass wir künftig mehrere Mitarbeitende für Frontex im Einsatz haben werden. Die Erfahrun-gen aus dem ersten Einsatz in Südita-lien sind positiv. Die Zusammenarbeit mit Frontex und den italienischen Behörden verlief soweit problemlos.»

Lampedusa: Flüchtlingsströme in Süditalien

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6 Forum Z. | Dossiers

Dieses Risiko gehört nun mal zu unserer Arbeit

al. Intercity Mailand - Zürich. Anläss-lich einer Zollkontrolle kann ein Rei-sender aus einem Drittland kein Visum oder gültige Aufenthaltsbewilligung für die Schweiz vorweisen. Er be-schimpft die Grenzwachtmitarbeiten-den lautstark als Rassisten und deckt sie mit derben Flüchen ein. In einem Dienstlokal eskaliert die Situation. Der Reisende beginnt, wild um sich zu schlagen. Grenzwächterin Ramona S. (25) schildert das Geschehen in ihrem Wahrnehmungsbericht später wie folgt: «Plötzlich riss er sich los, machte einen Schritt auf mich zu und griff mit der Hand an meine linke Brust. Ich erschrak und stiess seine Hand weg…Er missachtete meine Warnung, griff Feldweibel E.R. an und schlug auf ihn ein. E.R wich aus, wurde jedoch im Gesicht gestreift. Dabei erlitt er blu-tende Kratzwunden, und die Brille fiel zu Boden. Erneut warnte ich ihn und setzte meinen Pfefferspray ein… Wäh-

rend ich sein Handgelenk fixierte, um ihm Handfesseln anzulegen, verbiss er sich in meine rechte Hand.»

Drei Monate UngewissheitWas sich hier wie ein nüchterner Bericht eines Vorkommnisses anhört, hatte für die betroffenen Grenzwacht-mitarbeitenden jedoch nicht unerheb-liche Konsequenzen. Die blutenden Kratzspuren im Gesicht von Feldweibel E.R. verheilten relativ rasch und ohne Komplikationen. Ramona S. hingegen, die bei der Auseinandersetzung eine tiefe blutende Bisswunde an der rech-ten Hand erlitt, verspürte am nächsten Morgen in der Hand starke Schmerzen und konsultierte ihren Hausarzt. Dabei war die diagnostizierte Quetschung des rechten Handballens vergleichs-weise harmlos. Die Infektion jedoch nicht. Ramona S.: «Ich musste eine Woche lang Antibiotika zu mir neh-men und durfte in dieser Zeit nicht

arbeiten. Sicherheitshalber bekam ich noch eine Wundstarrkrampfimpfung. Auch musste ich eine Blutprobe von mir nehmen lassen, um diese auf Krankheitserreger zu testen». Da ein geringes Risiko der Ansteckung durch HIV bestand, musste Ramona S. drei Monate auf das definitive und glücklicherweise negative Ergebnis der Untersuchung warten.

Sich selber bleibenDer medizinische Aspekt an dieser Geschichte ist die eine Seite. Der Vorfall hatte aber auch rechtliche Kon-sequenzen und führte, wie in solchen Fällen vorgesehen, zu einer richterli-chen Beurteilung. Ramona S.: «Die Ein-vernahme beim Untersuchungsrichter als «Beschuldigte» ist alles andere als eine angenehme Situation. Vor allem, wenn man ja eigentlich nur seine Arbeit getan hat.» Schliesslich wurden die betroffenen Grenzwachtmitarbei-

Immer wieder – immer häufiger – kommt es vor, dass Grenzwächterinnen und Grenzwächter angespuckt oder gar gebissen werden. In einer früheren Ausgabe (2/08) hat Forum Z. die rechtlichen Konsequenzen von gewalttätigen Übergriffen auf das Personal der EZV themati-siert. Im folgenden Beitrag geht es darum zu zeigen, was das für Direktbetroffene bedeutet. Der Fall von Grenzwächterin Ramona S. ist nur einer unter vielen – leider.

Sicherheit

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tenden von den erhobenen Vorwürfen freigesprochen. Und der Angreifer? Ramona S.: «Die beschuldigte Person wurde bis jetzt noch nicht verurteilt.»Ohne Zweifel haben sich Zoll- und Grenzwachtmitarbeitende Gedanken über die Schattenseiten des Berufs gemacht oder sie sind sich bewusst, dass sie im Dienstalltag auch Unan-

Rund 50 mehr Übergriffe

2010 hat die Zahl gewalttätiger Übergriffe auf Angehörige des Grenzwacht-personals von 154 im Vorjahr auf 202 zugenommen. Da der menschliche Speichel gefährliche Erreger enthält, sind Bisse von Menschen im Allgemeinen gefährlicher als solche von Tieren. In rund 30% aller menschlichen Bisswun-den findet sich der gefährliche Erreger «Eikenella corrodens», der häufig gegen gewisse Antibiotika resistent ist. Andere Erreger sind Streptokokken, Staphylokokken und Haemophilus. Diese können zu Knochenentzündungen führen. Zu spät erkannt oder falsch behandelt, können diese Infektionen eine Amputation erfordern. Aber auch Viren, gegen die Antibiotika wirkungslos sind, können durch Menschenbisse übertragen werden. Darunter Hepatitis B oder in seltenen Fällen HIV.

genehmes und Unschönes erleben werden. Ramona S.: «Man macht sich im Voraus noch nicht gross Gedanken darüber, was es im Nachhinein für eine bürokratische und teils auch psy-chische Belastung ist, wenn man von Gewalt und Drohung betroffen ist.»Ramona S. ist seit drei Jahren bei der Zollverwaltung, hat vieles erlebt. Ihren

Entscheid, ins Grenzwachtkorps ein-zutreten, hat sie aber keinen Moment bereut. Oder doch? Ramona S.: «Die-ses Risiko gehört nun mal zu unserer Arbeit. Wichtig ist, dass man weiter sich selbst bleibt und seine Arbeit auch weiterhin korrekt erledigt.»

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Immer mehr gilt: «E-Zoll»

wp. «Vor der Einführung der ‹eVV› wurden in den Zoll-Verarbeitungszen-tren jeden Monat über drei Millionen Veranlagungsverfügungen ausge-druckt, verpackt und an die Zollbe-teiligten verschickt», blickt Gabriella Derungs von der Sektion Organisation der Oberzolldirektion zurück. Damit ist jetzt Schluss. Der Zoll stellt die Veran-lagungsverfügungen nämlich in Form einer digital signierten Datei bereit. Die Firmen können diese über Internet abholen, in ihr IT-System übernehmen und sofort weiterverwenden. Damit entfallen aufwändige Druck- und ma-nuelle Sortierarbeiten, und es kommt zu keinem Medienbruch bei der Weiterverarbeitung der Daten. Das sind aber nur einige der Vorteile des neuen Verfahrens, wie Zollexpertin Derungs erklärt: «Seit diesem Januar können Zollbeteiligte die elektroni-schen Veranlagungsverfügungen in den meisten Fällen sofort nach der Freigabe der Zollanmeldung abholen, was vor allem im Post- und Kurierver-kehr wichtig ist. Ausserdem kann die ‹eVV› mehrmals abgeholt werden. Das elektronische Dokument ist sicher und erfüllt natürlich die Anforderungen des neuen Mehrwertsteuerrechts voll und ganz.»

Eine Lösung – drei VariantenDie Zollbeteiligten des Zolls sind viel-fältig: KMU, Grosskonzerne, Spedi-teure, Privatpersonen u.a.m. Sie alle haben unterschiedliche Bedürfnisse. Der Zoll stellt für die verschiedenen Anspruchsgruppen deshalb verschie-

Zusammen mit der Wirtschaft hat der Zoll eine weitere Etappe auf dem Weg zur papierlosen Zollveranlagung zurückgelegt: Er bietet den Zoll-beteiligten die elektronische Veranlagungsverfügung (eVV) nicht mehr nur beim Export, sondern auch beim Import an. Mit vielen Vorteilen für die Unternehmen – dank der «eVV» wird die Zollveranlagung weiter be-schleunigt und erst noch ökologischer. Höchste Zeit für Firmen, sich mit dem neuen Verfahren zu befassen. Dies umso mehr, als die Entwicklung Richtung elektronsicher Verzollung unaufhaltsam weiter geht.

dene Lösungen bereit, die «eVV» abzuholen:• Services (Web- und Mailservice)Diese Services eignen sich für Firmen mit vielen «eVV». Sie können ihre IT-Systeme nach ihren individuellen Bedürfnissen programmieren und die «eVV» automatisch beziehen.

• WebplattformDiese eignet sich für Firmen, die sich nicht für ein eigenes IT-System (Web- oder Mailservice) entschieden haben, um die «eVV» abzuholen. Sie können die Veranlagungsverfügung über die Website der Eidg. Zollverwaltung beziehen.

• ZugangscodeBei dieser Lösung wird jede Zollanmel-dung mit einem Zugangscode verse-hen, der es erlaubt, die Veranlagungs-verfügung über Internet abzuholen. Weil man sich dabei nicht beim Zoll registrieren muss, eignet sich diese Va-riante vor allem für Privatpersonen.

Massgeschneiderte LösungenWie müssen Firmen vorgehen, die sich für die elektronische Veranlagungs-verfügung interessieren? Gabriella Derungs empfiehlt Firmen, welche die «eVV» über Services oder Webplatt-form beziehen wollen, sich beim Zoll registrieren zu lassen, d.h. sie müssen über eine «Spediteurnummer» oder eine «Trader Identification Number» (TIN) verfügen. Zusätzlich müssen

Gabriella Derungs

Weitere Informationen und Anmeldung für die «eVV»

www.ezv.admin.ch è Frachtanwendungen und Projekte è elektronische Dokumente Export und Import

Auskünfte zur Registrierung: Sektion Kunden Service Center, Oberzolldirekti-on; E-Mail: [email protected]; Tel. 031 324 95 12

Das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) hat mit dem Zollprojekt «e-dec/eVV» am 10. eGovernment-Wettbewerb in Deutschland in der Kategorie «Innovativstes eGovernment-Architekturprojekt» den 2. Platz belegt.

Zollverfahren/Organisation

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diese Firmen für eVV Import einen Antrag um «Zuteilung ZAZ-Konto zu Spediteur-Nr./TIN» beim Zoll ein-reichen. Firmen in dieser Kategorie müssen über die nötige technische Infrastruktur verfügen, um den Bezug der «eVV» zu automatisieren. Wer die «eVV» über den Zugangscode abholen möchte, benötigt lediglich die Nummer der Veranlagungsverfü-gung und den Zugangscode. Dabei ist weder eine spezielle IT-Infrastruktur noch eine Registrierung beim Zoll notwendig.

Breit abgestütztes VerfahrenDer Zoll hat die «eVV Import» in enger Zusammenarbeit mit Vertretern der Eidg. Steuerverwaltung sowie von Wirtschaftsverbänden inkl. Spedi-tions- und KMU-Verbände erarbeitet. Die Lösung ist somit breit abgestützt und trägt den Anliegen aller Beteilig-

ten Rechnung. Es besteht denn auch ein Konsens, dass die elektronischen Veranlagungsverfügungen obliga-torisch sein müssen. Beim Export ist dies bereits der Fall. Beim Import entscheidet der Zoll in diesem Jahr, wie lange die Veranlagungsverfügung auf Papier noch angeboten werden soll. Allerdings: Die Frage ist nicht, ob die «eVV Import» obligatorisch wird, sondern wann.

Noch mehr «e-Projekte»Mit der elektronischen Veranlagungs-verfügung Export und Import geht der Zoll zusammen mit der Wirtschaft den Weg der Ablösung der papiergebun-denen Zollveranlagungen konsequent weiter. Weitere Projekte sind bereits in der Pipeline: So sollen mit dem Projekt «web-dec» die Formulare 11.0 10 und 11.030 (Einfuhr respektive Ausfuhr) durch eine Internet-Applikation abge-

löst werden. Damit können Zollanmel-dungen von einem frei wählbaren Ort aus erstellt und dem Zoll übermittelt werden. Einzige Voraussetzung ist ein Computer mit Internetanschluss. Ein Pilotbetrieb mit der ersten Version der Internetzollanmeldung «e-dec web» ist noch für dieses Jahr geplant. Darüber hinaus prüft der Zoll im Rahmen der Einführung der «elek-tronischen Rechnungsstellung», ob das Bordereau der Abgaben abgelöst werden soll. Und schliesslich stehen die papiergebundene «Zollanmeldung für die vorübergehende Verwendung» (ZAVV) und der Geleitschein vor der Ablösung.

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Das neue Statussymbol – «AEO»

Mit dem neuen Abkommen wird eine Vorausanmeldung für alle Waren ver-langt, die direkt aus Nicht-EU-Staaten eingeführt oder dorthin ausgeführt werden. Die Vorausanmeldung umfasst genau definierte Daten. Je nach Verkehrszweig und Status des Unternehmens (AEO oder nicht) sind unterschiedlich viele Daten anzuge-ben. Die Sicherheitsdaten entsprechen dabei jenen der EU. Aufgrund dieser Daten kann der Zoll eine Risikoanalyse machen und bei Bedarf Kontrollen durchführen.

Automatisierte RisikoanalyseBei der Einfuhr gilt der Grundsatz, wo-nach die Sicherheitskontrollen beim «first point of arrival» ins gemeinsame Sicherheitsgebiet (EU/Schweiz) für Waren durchzuführen sind. In der Schweiz betrifft dies nur die Zollstellen Zürich- und Genf-Flughafen. Dabei gilt bei Langstreckenflügen eine

Anfang Jahr ist das «Abkommen über Zollerleichterungen und Zollsicherheit» zwischen der EU und der Schweiz in Kraft getreten. Damit gelang es dem Zoll, neue Hürden im Warenverkehr mit dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz abzuwenden. Im Gegenzug musste die Schweiz neue Sicherheitsbestimmungen im Handelswarenverkehr mit Nicht-EU-Staaten («Security Amendment») und den Status des sogenannten «Authorised Economic Operator» (AEO) einfüh-ren. VonGilbert Vaucher, Sektion Betrieb, OZD.

Vorausanmeldefrist von vier Stunden vor Ankunft der Sendung. Bei Kurz-streckenflügen ist die Meldung beim Abflug an den Zoll zu schicken. Die Risikoanalyse erfolgt gestützt auf die Risikoprofile der Schweiz und der EU automatisch im System. So können verdächtige Sendungen gesperrt und kontrolliert werden.Bei der Ausfuhr sind alle Zollstellen betroffen. Wird in der Ausfuhrveran-lagung als Destination ein Drittland eingegeben, werden vom System au-tomatisch Sicherheitsdaten abgefragt. Und auch hier wird eine Risikoanalyse durchgeführt mit der Möglichkeit für den Zoll, bei Bedarf zu intervenieren.

SicherheitDie neuen Sicherheitskontrollen ent-halten zwei Komponenten: «security» und «safety». Bei «Security-Kontrol-len» geht es darum, Gefahren für die Sicherheit im eigentlichen Sinn aufzudecken (z.B. Kriegsmaterial, Dual-Use-Güter etc.). Bei den «Safety-Kontrollen» stehen Gefahren für Um-welt und Konsumenten (z.B. Lebens-mittel, Heilmittel, Markenschutz etc.) im Vordergrund.

ErleichterungenMit dem neuen Abkommen hat die Schweiz den Status des «Authorised Economic Operator» (AEO) einge-führt. Dieser bietet zertifizierten Unternehmen Erleichterungen bei Sicherheitskontrollen, jedoch nicht bei den eigentlichen Zollkontrollen. AEOs müssen bei der Vorausanmel-dung weniger Daten angeben, und sie profitieren von weniger und rascheren Sicherheitskontrollen.

Bisher sind in der Schweiz nur Unter-nehmen aus der Pilotphase als AEO zertifiziert. Wenn das Verfahren für alle Firmen offen ist, gehen wir davon aus, dass die Nachfrage nach dem AEO-Status zunehmen wird. Denn der Status AEO bietet den Unternehmen diverse Vorteile: So gelten zertifizierte Unternehmen als sichere Partner des Zolls und werden deshalb bei den Ver-tragsländern als risikoarm eingestuft. Der Status entwickelt sich im inter-nationalen Handel aber auch immer mehr zu einem Marketinginstrument: So gelten AEOs nicht nur gegenüber dem Zoll, sondern auch bei Geschäfts-partnern als sichere Marktteilnehmer. Im internationalen Handel ist der AEO-Status heute schon ein Güte-siegel. Schliesslich bietet die AEO-Zertifizierung durch den Zoll auch die Möglichkeit, eigene Geschäftsprozes-se zu optimieren. Die Firmen müssen sich dabei einer Selbstbewertung mittels Fragebogen unterziehen.Eine der grossen Herausforderungen sind die Anforderungen in Bezug auf Gebäude- und Arealsicherheit und die Regelung der Zutrittsberechtigungen.Der Initialaufwand für die Zertifizie-rung beträgt seitens der Zollverwal-tung rund drei Wochen, wobei vom Antrag bis zur Vergabe des Zertifika-tes rund drei Monate vergehen.

Abkommen über Zollerleichterung- und Zollsicherheit

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Rascheres und kostengünstigeres Zollverfahren im Kurierverkehr

wp. Die Schweiz ist rechtlich ein eigenständiges Zollgebiet. Dies ist der Grund, weshalb Sendungen auch im Post- und Kurierverkehr beim Zoll an-gemeldet werden müssen. Die Kosten, welche die Kurierfirmen ihren Kunden für die Verzollung von Kleinsendun-gen in Rechnung stellen, sind den Konsumentinnen und Konsumenten schon lange ein Dorn im Auge. Dies vor allem in jenen Fällen, bei denen diese Kosten ein Mehrfaches des Warenwertes ausmachen.

Weniger DatenUm die Kosten im Kurierverkehr zu senken, bietet der Zoll ab sofort ein neues, vereinfachtes Zollanmeldever-fahren für Kleinsendungen «e-dec easy» an, und zwar für Firmen, die als «zugelassene Empfänger» registriert sind. Weil Kurierfirmen damit weniger Daten für die Verzollung erheben müssen, sinkt der Aufwand, was sich

Die Konsumentinnen und Konsumenten dürfen sich freuen: Seit kurzem bietet der Zoll ein neues, vereinfachtes Zollanmeldeverfahren («e-dec easy») für Kleinsendungen im Kurierverkehr an. Damit steht den Kurierfirmen ein rascheres und kostengünstigeres Zollverfahren zur Verfügung. Bei der Post wird dieses Verfahren schon seit längerem eingesetzt.

auf die entsprechenden Kosten der Unternehmen auswirken sollte. Auf die Höhe dieser Zollgebühren hat der Zoll allerdings keinen Einfluss.

Verfahren kann ab sofort einge-führt werdenDen Kurierfirmen steht es also frei, das vereinfachte Zollanmeldeverfahren sofort einzuführen. Als Kleinsendun-

gen gelten übrigens Sendungen mit einem Gewicht bis maximal 1000 Kilogramm und einem Wert von höchstens 1000 Franken. Die Schwei-zer Post arbeitet bereits seit längerem mit einem vereinfachten Zollanmelde-verfahren. Verschiedene Kurierfirmen haben das vereinfachte Zollanmelde-verfahren bereits im Rahmen eines Pilotversuchs erfolgreich umgesetzt.

Postverkehr

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«Alles war Neuland»

wp. Herr Häusler, zehn Jahre LSVA – ein Grund zum Feiern?Zehn Jahre LSVA-Betrieb sind sicher ein Grund zum Feiern, auch wenn wir aus Sicht der «Zoll-geschichte» ein sehr junges Kind sind. Die Bi-lanz nach zehn Jahren ist für mich ausgesprochen positiv. Die im Projekt konzipierten Abläufe, die Erfassungsgeräte in den Fahrzeugen, die

technischen Installationen auf den Strassen und bei den Zollstellen, das zentrale Informatiksystem und die Organisation haben sich bewährt, und wir sind vor einem folgenschweren Absturz verschont geblieben.

Erinnern Sie sich noch an den ers-ten LSVA-Tag?Der erste LSVA-Tag war der 2. Januar 2001 in Basel. In den meisten anderen Kantonen herrschte noch Feiertags-stimmung, als wir bei der Zollstelle Basel/Weil Autobahn die ersten «Brummis» abfertigten. Die Medien-vertreter waren schon in aller Frühe vor Ort und erwarteten wohl ein Chaos und einen Riesenstau wegen der LSVA. Dank der guten Arbeit der Zöllner an der Front konnten bereits in den Wochen vor der Einführung der LSVA viele Fahrzeuge im LSVA-System registriert werden, und die Chauffeure hatten bereits eine ID-Card. Mit dieser konnten sie bei den Abfertigungster-minals die Einfahrt einfach deklarie-ren. Überall standen Zöllner bereit, und auch die Chauffeure unterstütz-

Vor zehn Jahren ist die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe LSVA eingeführt worden. Entwicklung und Umsetzung des Systems sind eine Erfolgsgeschichte, hat der Zoll doch in Eu-ropa Pionierarbeit geleistet. Noch heute reisen ausländische Delegationen an, um sich über das Schweizer Modell zu informieren und von unserem Know-how zu profitieren. Gleichzeitig steht für die LSVA in diesem Jahr ein Generationenwechsel an. Der Zoll ist daran, sämtliche LSVA-pflichtige Camions mit neuen Erfassungsgeräten auszurüsten. Im Gespräch mit Forum Z. blickt LSVA-Chef Hans Häusler auf die Anfänge zurück und sagt, wie es mit der LSVA weitergeht.

ten sich. Die Medienvertreter konnten nichts Negatives feststellen und keine negativen Stimmen einfangen. Sie zogen bald von dannen und ver-kündeten die gute Nachricht in alle Welt. Keiner hat mich an diesem Tag gefragt, wie denn die Abrechnung der LSVA bei der Ausfahrt aus der Schweiz funktioniere und ob es nicht dort zu Problemen und Staus kommen könne. Der Start war gelungen!

Warum wurde eigentlich der Zoll mit der Umsetzung und Erhebung der LSVA betraut?Weil ich das so wollte (lacht). Im Ernst, es gab in der Tat grössere Auseinan-dersetzungen. Die Meinungen der Kantone waren geteilt. Es brauchte grosse Überzeugungskraft, um den Entscheid herbeizuführen. Argumente für eine zentrale Lösung beim Zoll wa-ren u. a. die Komplexität der Technik und Informatiklösung, die zentrale Beschaffung der Ausrüstungen, die LSVA-Abfertigung an der Grenze, der Zeitfaktor für die Einführung und die Erfahrung des Zolls bei der Erhebung

von Abgaben. Ich denke, die Ge-schichte hat uns recht gegeben.

Was waren denn die grössten Herausforderungen?Alles war Neuland: Wir konnten kein vergleichbares System als Vorbild neh-men, wir konnten nichts «ab Stange» einkaufen. Das Schwerverkehrsabga-begesetz war ein dünnes Rahmen-gesetz mit extrem wenig Vorgaben. Wir mussten alles neu definieren: die Abläufe, die Technik und die rechtli-che Ausgestaltung, und dies erst noch in einem äusserst sportlichen Ter-minplan. Der Erfolg war möglich, weil ein kleines, motiviertes Kernteam das Grundkonzept erarbeitet und dieses bis zur Einführung «durchgeboxt» hat. Wesentlich dazu beigetragen hat auch die Unterstützung des Projekts durch die Geschäftsleitung und die involvierten Ämter der beteiligten Departemente UVEK und EFD. Für die Umsetzung an der Grenze bewährte sich einmal mehr die «Zollfamilie»: Man kennt sich und spricht die glei-che Sprache.

Hans Häusler

10 Jahre LSVA

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Was waren die wichtigsten Meilensteine in der Weiterent-wicklung?Der Zeitdruck war riesig. Uns war des-halb klar, dass wir für die Einführung einfache und stabil funktionierende Lösung brauchten, für den Ausbau konnten wir uns dann immer noch Zeit lassen. Mittlerweile haben wir das LSVA-Informatiksystem stark ausge-baut. Die Software des Erfassungsge-rätes ist laufend verbessert worden, und es kamen die Kontrollanlagen auf den Autobahnen und das Fahrzeug für mobile Kontrollen dazu. Alle wesentlichen Grundsätze des LSVA-Rechts mussten in den ersten Jahren vor Gericht verteidigt werden, wo sie zum grössten Teil dann auch bestätigt wurden.

Derzeit werden alle LSVA-pflichti-gen LKWs mit neuen Erfassungs-geräten ausgerüstet. Auch das ist natürlich eine grössere Übung. Insgesamt rüsten wir rund 55 000 Fahrzeuge mit einem Erfas-sungsgerät aus. Ende Februar waren rund 12 000 Fahrzeuge mit dem neu-en Gerät EMOTACH ausgerüstet.

Welche Vorteile haben die neuen Geräte?Die bisherigen TRIPON-Geräte müssen in erster Linie ersetzt werden, weil deren Lebensdauer zu Ende geht und die Wartbarkeit nicht mehr länger

garantiert werden kann. Die neuen EMOTACH-Erfassungsgeräte sind ferti-gungs- und wartungstechnisch wieder auf dem neuesten Stand und haben neu eine Bluetooth-Datenschnittstelle.

Die LSVA ist auch eine wichtige Einnahmequelle für den Bund.Es wurden 11 Milliarden Franken LSVA erhoben. Ein Drittel der Einnahmen wird an die Kantone verteilt, zwei Drittel gehen als Einlage in den Fonds «Eisenbahngrossprojekte». Daneben gehen kleinere Posten als Aufwan-dentschädigung an die Kantone, werden eingesetzt für die Schwerver-kehrskontrollen oder kommen dem Fürstentum Liechtenstein zu. Der Bun-deskasse zur freien Verfügung stehen lediglich die 5% Erhebungskosten für die LSVA.

Immer wieder schauen ausländi-sche Delegationen bei Ihnen vor-bei, um sich über das LSVA-System zu informieren.Wir zeigen den Besuchern unser System gerne und geben ihnen unsere Erfahrungen mit. Die LSVA wird auf allen öffentlichen Strassen erhoben, d.h. flächendeckend. In der EU war das bislang nicht möglich und ausserhalb der EU bisher nicht gefragt. Wesentliche Teile des LSVA-Systems könnten aber auch für die Erhebung einer streckenbezogenen Maut eingesetzt werden.

Welche Entwicklungen stehen an?In Europa existieren über 200 ver-schiedene Strassengebührensysteme, die untereinander nicht kompatibel sind. Die EU hat deshalb die Richtlinie «über die Interoperabilität elektroni-scher Mautsysteme in der Gemein-schaft» erlassen. Mit dem European Electronic Toll Service (EETS) soll erreicht werden, dass ein Fahrzeughal-ter mit nur einem Vertrag mit einem Anbieter und einem Erfassungsgerät alle elektronischen Gebührensyste-me befahren kann und dafür vom Anbieter eine Rechnung erhält. Das Vorhaben stellt nicht nur an das Erfassungsgerät und die Technik der Mautbetreiber hohe Anforderungen, sondern auch an die Abläufe und ver-traglichen Regelwerke. Die Abteilung LSVA verfolgt diese Entwicklung seit über zehn Jahren und beteiligt sich auch in verschiedenen Arbeitsgrup-pen. Unser Ziel ist, dass ausländische Fahrzeuge im Rahmen des EETS auch die LSVA entrichten können. Weitere Projekte sind: Redesign des Informati-ksystems, elektronische Eröffnung der Veranlagungen auch für ausländische Fahrzeughalter, Ersatz des Systems für die mobilen Kontrollen, Revision der SVA-Verordnung oder etwa Rabatt für nachträglich mit Partikelfilter ausge-rüstete Fahrzeuge.

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Kontrollen erfolgen risikoorientiert

sw. In Folge der Ereignisse in Nord-afrika Anfang dieses Jahres haben tausende Menschen ihre Heimat verlassen – nach drei Monaten waren auf der italienischen Insel Lampedusa über 19 000 Flüchtlin-ge angekommen. Die meisten stammen aus Tunesien und viele von ihnen geben an, nicht in Italien bleiben, sondern in ein anderes Land in Europa weiterreisen zu wollen. In der Schweiz ist in diesem Zusammenhang eine öffentliche Diskussi-on entfacht worden, und die Thematik hat rasch in den Medien Einzug gehal-ten. «Macht die Grenzen dicht», wurde etwa gefordert, und in Diskussionsforen verlangten Bürge-rinnen und Bürger, systematische Kon-trollen an den Grenzen einzuführen. Auch debattierten Politikerinnen und Politiker und Sicherheitsexperten, wie einem möglichen Flüchtlingsstrom zu begegnen sei. Dabei stellte sich auch immer wieder die Frage nach den Zuständigkeiten des GWK oder nach den Rechtsgrundlagen.

Ist ein erhöhter Migrationsdruck für das GWK aussergewöhnlich? An der Südgrenze ist ein gewisser Mi-grationsdruck kein neuartiges Phäno-men. Gerade in den Herbstmonaten, vor dem Beginn der kalten Jahreszeit, nimmt die irreguläre Migration jeweils zu. Weiter war das GWK in den 90er- Jahren und noch früher mit grossen Flüchtlingsströmen konfrontiert. Sollte

Die Aufstände in Nordafrika haben eine Migrationsbewegung Richtung Europa aus-gelöst, von der auch die Schweiz betroffen ist. In diesem Zusammenhang tauchen immer wieder Fragen zu den Aufgaben des Grenzwachtkorps GWK im Bereich der Migration auf: «Was tut das GWK, um die irreguläre Migration zu bekämpfen?» oder etwa «Welche Mittel und Kompetenzen hat das GWK?» Forum Z. hat die häufigsten Fragen zusammengetragen und schreibt, was Sache ist.

der Migrationsdruck höher werden, kann das GWK als nationales Korps, auch kurzfristig Verstärkungen aus anderen Grenzwachtregionen an die Südgrenze entsenden.

Was passiert mit den Menschen aus Nordafrika, die via Italien in die Schweiz einreisen wollen? Hier gibt es grundsätzlich drei Varianten: 1. Beantragt eine Person bei der Einreise in die Schweiz Asyl, übergibt das GWK die Asylsuchende bzw. den Asylsuchenden an die kan-tonale Migrationsbehörde respektive an die kantonalen Empfangs- und Verfahrenszentren. Das Bundesamt für Migration (BFM) prüft, ob eine Person bereits in einem anderen Schengen-Staat Asyl beantragt hat. 2. Wenn nachgewiesen werden kann, dass eine Person aus Italien eingereist ist, kann die Person gestützt auf das Rückübernahmeabkommen mit Italien direkt den italienischen Behörden übergeben werden.3. Wird die Person im Grenzraum an-

gehalten und sie stellt kein Asyl, wird sie weggewiesen – entweder durch das GWK oder die Polizei.

Kann das GWK systematische Grenzkontrollen einführen? Bei einer systematischen Kon-trolle wird bei jeder Person eine Personenkontrolle durchgeführt und die Kontrolle erfolgt allein aufgrund des Grenzübertritts an sich. Nach Artikel 23 des Schengener Grenzkodex ist eine vorübergehende Wieder-einführung der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen möglich, wenn eine schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit vorliegt. (Ein Beispiel

dafür wäre ein Grossanlass wie eine Fussball-Weltmeisterschaft.) Den Entscheid dazu müsste der Bundes-rat treffen. Das GWK hat schon vor der Umsetzung von Schengen nicht systematisch kontrolliert – weder im Bereich der Zoll- noch der Personen-kontrollen. Die Kontrollen erfolgten schon damals risiko- und lageorien-tiert. Würden alle Grenzgängerinnen und Grenzgänger einer Kontrolle unterzogen, würde dies zu Staus und Verzögerungen an den Grenzübergän-gen führen: Dies hätte auch negative Auswirkungen auf die Wirtschaft.

Migration

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Effizienter dank einheitlichem System

Das Einsatzumfeld der Zollverwal-tung hat sich in den letzten Jahren stark verändert – sowohl intern, als auch extern in der Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen. Dabei gewinnt die vernetzte Führung von Operationen mit allen Beteiligten laufend an Bedeutung: Entscheidend für den Erfolg sind die Verfügbarkeit und der Austausch von Informationen in digitalisierter Form. Zum Beispiel müssen die verschiedenen Einsatz-zentralen des GWK noch stärker vernetzt arbeiten können. Ein anderes Beispiel ist die neue Kontrollstrategie im Handelswarenverkehr, die einen verstärkten mobilen Einsatz auch des zivilen Zollpersonals vorsieht. So sollen die Kontrollen an der Grenze weiter verringert werden zu Gunsten von sol-chen direkt am Abladeort respektive bei den Empfängern der Waren.

Ein Ziel, drei ProjekteDie höheren Ansprüche an die Mobi-lität machen elektronische Kommu-nikations- und Führungsinstrumente – wie in allen Bereichen – mehr denn je unabdingbar. Nur so lassen sich die

Mit einem neuen System zur Führungsunterstützung und Einsatzleitung (FUELS) macht sich die Zollverwaltung fit für künftige Herausforderungen im operativen Bereich. Synergien zwischen zivilem Zoll und Grenzwachtkorps einerseits und externen Partnern andererseits sollen dazu stär-ker genutzt werden. Das auf 2015 terminierte Programm besteht aus insgesamt drei Projekten. Das Teilprojekt «Einsatzleit- und Ortungssystem» (ELS & Ortung) bildet den Auftakt. Dabei gilt es, alle operativen Einsatzkräfte in die Lösung einzubeziehen, wie der Projektleiter Lukas Kilian (Kommando Grenzwachtkorps) und der Programmleiter Ludovic Chesaux (Sektion Betrieb) der OZD schreiben.

Herausforderungen meistern, die sich bei der Arbeit zugunsten der Zollkun-den und den Kontrollen stellen. Dies im Interesse des Wirtschaftsstandortes Schweiz sowie der Sicherheit des Landes. Gerade bei der Zollverwal-tung mit den teils heterogenen und in geografischer Distanz operieren-den Organisationseinheiten ist ein zeit- und zielgerichteter koordinierter Einsatz der Ressourcen sowie eine bessere Unterstützung der Mitarbei-tenden nur mit einem einheitlichen Führungs- und Einsatzleitsystem wirk-sam. «FUELS» solls möglich machen: Das Programm umfasst drei Projekte: 1. Einsatzleitsystem und Ortung; 2. Vorgangsbearbeitung und Dienst-planung; 3. Führungsunterstützung- und Informationssystem und Alarmeingang. «FUELS» ist mit dem Projekt «Ein-satzleitsystem und Ortung» gestartet worden. Es befindet sich in der Phase «Voranalyse». Der Abschluss ist auf Mitte 2013 geplant. Die weiteren zwei Projekte starten 2012 und 2013, und der Programmabschluss ist für 2015 vorgesehen. In einem ersten Schritt werden alle bisherigen vier Einsatzzentralen des GWK mit dem neuen Einsatzleitsystem ausgerüstet. Alle definierten Dienstfahrzeuge der Zollverwaltung werden schrittweise mit den entsprechenden Ortungssys-temen ausgerüstet.

Mitarbeitende unterstützen – Ziele besser erreichen«FUELS» soll die system- und pro-zessgestützte Zusammenarbeit in der

Zollverwaltung auf den neusten Stand der Technik bringen. Ziel ist es, mit den neuen Systemen alle Mitarbeiten-den des GWK und des zivilen Zolls mit modernen technischen Mitteln zu un-terstützen. Dadurch wollen wir Kosten sparen und noch effizienter werden.

Interne und externe VernetzungDer Zoll hat viele ganz unterschied-liche Partner, mit denen er zusam-menarbeitet. «FUELS» muss deshalb nicht nur intern, sondern auch extern vernetzen, um Vorteile nutzen zu können. Das GWK und die Tessiner Kantonspolizei planen z.B. eine enge Zusammenarbeit in der Einsatzzentra-le – wie dies bereits mit dem Kanton Graubünden der Fall ist. Eine gemein-same Beschaffung der Systeme wird deshalb angestrebt. Grundsätzlich sind aber die Einsatzleitsysteme in der Schweiz sehr heterogen. So setzen die Einsatzzentralen der Kantons- und Stadtpolizeikorps sowie der Feuer-wehr und Sanität teilweise unter-schiedliche Systeme ein. Der Fokus der Zollverwaltung, als national operie-rende Organisation, muss deshalb auf einem System liegen, das Schnittstel-len zu den verschiede-nen Partner-Systemen ermöglicht.

Projekte: «FUELS»

Lukas Kilian

Ludovic Chesaux

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«Die Mehrwertsteuer ist eine komplexe und spannende Materie»

wp. Peter Zingre, nach über 30 Jahren, die Sie im Bereich MWST gearbeitet haben – was war für Sie das persönliche Highlight?Zweifellos, dass wir die MWST 1995 ohne grössere Probleme einführen konnten. Ich erinnere mich aber auch gerne an die vielen positiven Kontakte mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft sowie des Parlaments.

Rund elf Milliarden Franken fliessen jährlich aus der Mehrwertsteuer (MWST), die der Zoll bei der Einfuhr von Waren erhebt, in die Bundeskasse. Das ist knapp die Hälfte der gesamten jährlichen Einnahmen des Schweizer Zolls. Allein dies zeigt die Bedeutung der Sektion Mehrwertsteuer der Zollverwaltung. Deren Leiter, Peter Zingre, geht diesen Sommer in Pension. Dies, nachdem er sich über 30 Jahre mit der Einfuhrsteuer befasst hat und beim Zoll deshalb wie kein anderer Bescheid weiss über dieses Thema. Peter Zingre über Meilensteine, Trends und Herausforderungen bei der MWST.

Der Übergang von der Warenum-satzsteuer (WUST) zur MWST war ein Meilenstein.Es war eine intensive Zeit. Der Bundes-rat hatte die Mehrwertsteuerverord-nung Mitte 1994 verabschiedet, und sie trat bereits Anfang Januar 1995 in Kraft. In dieser kurzen Zeit mussten wir sowohl die Dienstvorschriften komplett überarbeiten, als auch die Mitarbeitenden des Zolls ausbilden. Bis auf Stufe Dienstchef haben wir das mit zweitägigen Ausbildungsveran-staltungen gemacht. Später, 1997 bis 1999 und 2008 bis 2009, durfte ich nochmals massgeblich an der MWST-Gesetzgebung mitwirken.

Was genau sind die Aufgaben der Sektion MWST?Primär sind wir für die Gesetzgebung bei der Einfuhrsteuer und für den einheitlichen Vollzug des Rechts zu-

ständig. Ausserdem sind wir Schnitt-stelle zwischen der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) und dem Zoll. Es gilt aber auch, viele Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern, An-wälten, Treuhändern, Unternehmen usw. zu beantworten. Wir beurteilen Erlassgesuche und besteuern vorüber-gehend eingeführte Gegenstände. Wir sind auch Beschwerdeinstanz und zuständig für die Vernehmlassungen an das Bundesverwaltungsgericht. Schliesslich gehören auch die Ausbil-dung der Mitarbeitenden von Zoll und ESTV sowie Auftritte an Veranstaltun-gen von Handelskammern, Verbänden usw. zu unseren Aufgaben.

Weshalb ist die Sektion MWST beim Zoll und nicht bei der Steuer-verwaltung angegliedert?Das im Zollgesetz vorgesehene Ver-anlagungsverfahren ist auch für die Erhebung der Einfuhrsteuer massge-bend. Der Zoll erhebt diese deshalb im Rahmen der übrigen Aufgaben, die er bei der Einfuhr von Gegenständen vollzieht. Zudem weicht die Einfuhr-steuer teilweise von den Bestimmun-gen der Inland- und Bezugsteuer ab. Zum Beispiel beim Steuerobjekt. Sie ist deshalb im MWST-Gesetz in einem separaten Titel geregelt. Dieser ent-hält sämtliche für die Veranlagung der Einfuhrsteuer notwendigen Bestim-mungen: Steuerpflicht, Steuerobjekt, Berechnung der Steuer und Steuersät-ze. Die Einfuhrsteuer hat gegenüber der Inland- und Bezugsteuer einen selbständigen Charakter, wie ge-richtliche Instanzen schon mehrmals festgestellt haben.

Zweckbindung von MWST-Einnahmen

Die Einnahmen aus der MWST fliessen grundsätzlich in die allgemeine Bun-deskasse, mit Ausnahmen folgender Zweckbindungen:• Auf den 1. Januar 1999 ist zur Finanzierung der AHV/IV der ordentliche Steuersatz um 1% auf 7,5%, der reduzierte Steuersatz um 0,3% auf 2,3% und der Sondersatz für Beherbergungsleistungen um 0,5% auf 3,5% angehoben worden.• Auf den 1. Januar 2001 sind zur Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte alle Steuersätze um 0,1% angehoben worden, d.h. auf 7,6%, 2,4% und 3,6%.• Auf den Januar 2011 ist zur befristeten Zusatzfinanzierung der IV der ordentliche Steuersatz um 0,4% auf 8,0%, der reduzierte Steuersatz um 0,1% auf 2,5% und der Sondersatz für Beherbergungsleistungen um 0,2% auf 3,8% angehoben worden.

Abgaben

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Mit welchen Herausforderungen ist die Sektion MWST konfron-tiert?Das Informationsbedürfnis hat seit Einführung der MWST massiv zu-genommen. Die Beantwortung der Fragen ist eine wichtige Aufgabe, die aber viele Ressourcen bindet, die dann woanders fehlen. Dazu kommt, dass die Unternehmen die Steuern laufend optimieren wollen, was sich auf die Komplexität der wirtschaft-lichen Vorgänge auswirkt. Da die Einfuhrsteuer an diese Vorgänge an-knüpft, sind die Abklärungen in dieser Sache oft sehr aufwändig.

Welche Trends lassen sich MWST-Bereich feststellen?In der EU ist der MWST-Betrug ein all gegenwärtiges Thema. Dies hängt einerseits mit den hohen Steuersätzen und andererseits mit dem Wegfall der innergemeinschaftlichen Grenzen zusammen. In Deutschland gingen Schätzungen für das Jahr 2005 von einem Verlust von 17 bis 18 Milliarden Euro aus. Werden die Steuersätze in der Schweiz weiter angehoben,

müssen auch wir uns über kurz oder lang vermehrt mit Steuerbetrug auseinandersetzen. Dies wird bei künftigen Änderungen des Mehrwert-steuergesetzes zu berücksichtigen sein. Mit dem geltenden Gesetz hat man die MWST durch den Abbau von formellen Bestimmungen vereinfacht. Gut möglich, dass hier noch weiterge-hende Erleichterungen folgen werden. Dies im Gegensatz zur EU, welche wegen des erwähnten MWST-Betrugs die formellen Bestimmungen laufend verschärft.

Was hat Sie persönlich an Ihrer Arbeit gefreut? Dass die Zusammenarbeit und die zwischenmenschlichen Beziehungen in unserem Team immer gut waren, und die Veranlagung der Einfuhrsteu-er ein in sich abgeschlossenes Fach-gebiet ist. Absprachen waren häufig nur mit der ESTV nötig, was dank der sehr guten Beziehungen unproblema-tisch war. Die MWST ist eine vielfältige und oft komplexe Materie, weshalb ich meine Arbeit immer als spannend empfunden habe.

Und wann haben Sie sich geärgert?Immer dann, wenn sich jemand zur MWST geäussert hat, obwohl die Fachkenntnisse fehlten. Zu erwähnen ist beispielsweise der regelmässig an-gebrachte Vorbehalt, dem Importeur stehe das Recht auf vollen Vorsteuer-abzug zu, weshalb kein fiskalisches Ri-siko bestehe. Dass dieses Recht jedoch sehr komplex ist, lässt sich schon aus dem Umfang der entsprechenden Bro-schüre der ESTV ableiten, die 80 Sei-ten umfasst. Oft wird auch verkannt, dass die MWST eine so genannte Allphasensteuer ist und deshalb an das Veranlagungsverfahren andere Anforderungen stellt als die übrigen Abgaben, die der Zoll erhebt.

Der Nachfolger

Zum Nachfolger von Peter Zingre ist Daniel Vogt (45) gewählt worden, der seit zehn Jahren Stellvertretender Chef der Sektion MWST war. Der gebürtige Romand trat 1984 in die Zoll-verwaltung ein und war bei Zollstellen in Genf, Chiasso und Basel tätig, bevor er 1993 zur OZD wechselte (A 5, Sektion Tarif I). 1994 ist er zum Zollexperten gewählt worden und arbeitet seit 1996 bei der Sektion MWST (A 4).

Einnahmen aus der Einfuhrsteuer:

Jahr Steuer Betrag in CHF Steuersätze

1990 WUST 0,96 Mia. 9,3% / 6,2%

1995 MWST 4,80 Mia. 6,5% / 2,0%

2000 MWST 9,42 Mia. 7,5% / 2,3% / 3,5%

2005 MWST 9,94 Mia. 7,6% / 2,4% / 3,6%

2010 MWST 10,25 Mia. 7,6% / 2,4% / 3,6%

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Bern – Köln – Nairobi: unterwegs im Auftrag des Schweizer Zolls

Seit bald zwei Jahren arbeite ich als so genannter nationaler Experte beim Regional Intelligence Liaison Office Western Europe (RILO WE) in Köln, Deutschland. Das RILO WE ist eines der weltweit elf regionalen Verbin-dungsbüros der Weltzollorganisation. Die weiteren RILOs sind in Afrika (4), Asien (2), Europa (2), Südamerika und der Karibik zu finden. Das RILO in Köln ist zuständig für die Region Westeuropa, der 22 WZO-Mitglieder angehören.

Das Verbindungsbüro ist seit 1998 organisatorisch dem Zollkriminalamt des Deutschen Zolls angegliedert. Zurzeit arbeiten sieben Kolleginnen und Kollegen aus vier Ländern im RILO WE. Neben dem Deutschen und Schweizer Zoll haben sich auch der Französische Zoll und die Italienische Guardia di Finanza entschieden, das RILO WE personell zu unterstützen.

Schweiz profitiertBei unserer Arbeit geht es hauptsäch-lich darum, Analysen zu machen, operative Aktivitäten in den Regionen zu unterstützen sowie Warnmeldun-

Im Auftrag der Weltzollorganisation (WZO) arbeitet der Schweizer Zöllner Daniel Möll in Köln. Dort hilft er mit, Schmuggel und Zollbetrug in den Ländern Westeuropas zu bekämpfen. Seine Informationen und Erfahrungen gibt er zum Nutzen des Schweizer Zolls weiter. Seine Arbeit be-schränkt sich aber nicht nur auf Europa, sondern führte ihn auch schon nach Afrika, wo er bei einer weltweiten Operation mitwirkte, um Tierarten zu schützen, die vom Aussterben bedroht sind.

gen und Risikoprofile zu erstellen und zu verteilen. Grundlage dafür ist die Datenbank «Customs Enforcement Network»(CEN) der WZO. Das CEN enthält Daten von Sicherstellungen der WZO-Mitgliedsländer: unter anderem von Drogen und Tabakpro-dukten, von Waren, die dem Arten-schutz (CITES) unterliegen, und von gefälschten Waren. Die Erkenntnisse aus dieser Arbeit kommen natürlich auch der Schweiz zugute. Lassen sich so doch Tendenzen erkennen, die sich auch in der Schweiz abzeichnen können. Ich leite die Informationen an meine Kolleginnen und Kollegen beim Schweizer Zoll weiter. Diese können gestützt darauf ihre Risikoprofile anpassen. Für die Arbeit der Zöllnerin-nen und Zöllner im Betrieb heisst das, sie können bei ihren Kontrollen nicht nur auf national, sondern auch auf in-ternational abgestützte Risikoanalysen zurückgreifen. Neben meiner Arbeit als nationaler Experte beim RILO WE bin ich Verbindungsperson für den Schweizer Zoll beim Deutschen Zollkri-minalamt. Der Informationsaustausch bei der gegenseitigen Amt- und Rechtshilfe lässt sich so zwischen den

beiden Zollbehörden beschleunigen und erleichtern.

Mission in KeniaDie letzte Mission im Auftrag der WZO führte mich für zwei Wochen nach Nairobi, Kenia. Es galt, vor Ort das zuständige Verbindungsbüro für Ost- und Südafrika (RILO Eastern and Southern Africa) bei der Koordination einer weltweiten Zolloperation zur Bekämpfung des illegalen Handels von Tieren und Tierprodukten, die dem Artenschutz (CITES) unterliegen, zu unterstützen. Einmal mehr hat sich dabei gezeigt, dass diese Art der internationalen Zusammenarbeit für alle von Vorteil ist. Den beteiligten Zollbehörden in Afrika, Asien und Eu-ropa gelang es, bedeutende Mengen Elfenbein, Bushmeat und Nashörner sicherzustellen. Die Teilnehmer profi-tieren künftig aber auch von den Kon-takten, die den Austausch zwischen den Behörden wesentlich erleichtern. Eine Erfahrung, die mich motiviert, mich auch weiterhin für internationale Einsätze zu melden.

Informationen zur Weltzollorganis-ation: www.wcoomd.org

Im Auftrag der Weltzollorganisation half der Schweizer Zöllner Daniel Möll in Kenia, bedrohte Tierarten zu schützen.

Daniel Möll (obere Reihe rechts) mit seinen Kolleginnen und Kollegen vom RILO WE in Köln

International

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Zölle zu Gunsten der Landwirtschaft

Marktöffnung im LandwirtschaftsbereichAm 14. März 2008 verabschiedete der Bundesrat das Verhandlungsmandat über ein Freihandelsabkommen mit der EU im Agrar- und Lebensmittelbe-reich. Parallel dazu nimmt die Schweiz an den Verhandlungen der Doha-Runde (WTO) teil. In beiden Fällen wird der Abschluss eines Abkommens spürbare Auswirkungen auf den schweizerischen Agrar- und Lebens-mittelsektor haben: Die Angleichung des in- und ausländischen Preisniveaus im Zuge der Marktöffnung wird zu einem substanziellen Einkommens-rückgang führen.

Die Einkommen im Agrarsektor sinken gegenwärtig um 2,5% pro Jahr. Der Abschluss eines FHAL- oder WTO-Abkommens wird diesen Rückgang beschleunigen. Schätzungen über die zusätzlichen Einbussen variieren je nach Szenario beträchtlich; in den

Kommt es mit der EU zu einem Freihandelsabkommen im Nahrungsmittelbereich (FHAL) oder er-zielt die Welthandelsorganisation WTO in der Doha-Runde eine Einigung, werden sich die Markt-bedingungen für die Schweizer Landwirtschaft stark verändern. Begleitmassnahmen sollen die Landwirte dabei unterstützen. Um diese zu finanzieren, wird ein Teil der Zolleinnahmen von 2009 bis 2016 zweckgebunden einer Reserve zugeführt. Von Jean-Claude Wagnon, Chef der Abteilung Aussenhandelsstatistik und Wirtschaftsfragen, OZD.

15 Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Abkommen ist mit Einkom-menseinbussen in Höhe von 3,6 bis 5,1 Milliarden Franken zu rechnen.

BegleitmassnahmenDer Bundesrat bekräftigte in einem Beschluss vom März 2008 seinen Willen, die Umstellung im Agrar- und Lebensmittelsektor mit Begleitmass-nahmen zu erleichtern. Zur Finanzierung dieser Massnahmen kündigte er Mittel im Umfang von 3 bis 6 Milliarden Franken an.Eine mit der Prüfung dieser Massnah-men beauftragte Arbeitsgruppe liefer-te im Juli 2009 ihren Bericht ab. Für die Arbeitsgruppe stellt die Marktöff-nung nicht nur für die Landwirtschaft, sondern für den ganzen Lebensmit-telsektor eine grosse Herausforderung dar. 80 von rund 250 geprüften Vorschlägen fanden Eingang in den Schlussbericht, der sich mit beiden Sektoren befasst.

Finanzierung der MassnahmenDie Frage der Finanzierung dieser Massnahmen stand von Anfang an im Zentrum der Debatte. Es erwies sich als unmöglich, die Beträge in der Grössenordnung von mehreren Milliarden Franken aus dem ordent-lichen Budget zu decken. Auch eine ausserordentliche Finanzierung kam nicht in Frage, da es sich um eine vom Bund steuerbare Entwicklung handelt. Schliesslich setzte sich die Option einer in der Rechnung ausgewiesenen Bilanzreserve durch, die mit Einnah-men aus den Einfuhrzöllen alimentiert werden soll. Zu diesem Zweck wurde im Juni 2010 eigens ein neuer Artikel

Wirtschaft

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im Landwirtschaftsgesetz (19a, siehe Kasten) verankert. Dabei sind vier Besonderheiten zu erwähnen:

• Artikel 19a räumt keinerlei Kompetenzen in Bezug auf die Verwendung der Reserven ein. Das Parlament wird zu gegebener Zeit über die Freigabe der Mittel entscheiden.• Berücksichtigt werden einzig die Erträge aus Zolleinnahmen auf Landwirtschaftsprodukten und Lebensmitteln. Dazu zählt die Einfuhr von Waren aus den Kapiteln 1 bis 24 des Zolltarifs.• Die Aufstockung der Reserve endet 2016, und zwar unabhängig von der Höhe, die sie erreicht haben wird.• Im Gegensatz zur Bildung eines Fonds erlaubt die Bilanzreserve eine vollständige Auflösung und Zweckbindung der Mittel für die allgemeine Finanzierung des Bundes, falls kein Abkommen zustande kommt.

Reservierte Zolleinnahmen Die gemäss Artikel 19a reservierten Erträge aus den Zolleinnahmen auf Landwirtschaftsprodukten belaufen sich für die Jahre 2009 und 2010 auf knapp 1,2 Milliarden Franken. Der Ge-

samtbetrag, der 2016 zur Verfügung steht, wird auf 3,5 Milliarden Fran-ken geschätzt. Die Grafik zeigt die Entwicklung der Zolleinnahmen von 2009-2016 unter der Annahme, dass das FHAL-Abkommen 2013 und das WTO-Abkommen 2014 in Kraft tritt.

FazitMit seinem Vorgehen zeigt der Bundesrat, dass er gewillt ist, sich auf die Auswirkungen der Verhand-lungen mit der EU (FHAL) sowie der Doha-Runde (WTO) vorzubereiten. Er gab eine Studie über die Begleitmass-nahmen in Auftrag und errichtete ein

Finanzierungssystem, das dem Agrar- und Lebensmittelsektor den Übergang erleichtern soll. Der Zoll hat seit 2007 an den Gesprächen über die Finan-zierung teilgenommen und Statistiken über die Erträge aus den Zolleinnahmen im Landwirt-schaftsbereich geliefert. Die EZV ist derzeit mit zwei Vertretern in den FHAL-Verhandlungsdelega-tionen vertreten und unterstützt darüber hinaus das Bundesamt für Landwirtschaft und das Staatssekretariat für Wirtschaft bei den Verhandlungen über die Doha-Runde.

Landwirtschaftsgesetz: Art. 19a Zweckbindung von Zollerträgen 1. Die Erträge aus Einfuhrzöllen auf Landwirtschaftsprodukten und Lebensmitteln sind für die Jahre 2009-2016 zweckgebunden; sie werden für die Finanzierung von Begleitmassnahmen im Zusammenhang mit der Umsetzung eines Freihandelsabkommens mit der Europäischen Union im Agrar- und Lebensmittelbereich oder eines WTO-Abkommens verwendet.2. Es sind vor allem Begleitmassnahmen zugunsten der Landwirtschaft zu finanzieren.3. Wenn die Verhandlungen zu keinem Abschluss gelangen, hebt der Bun-desrat die Zweckbindung auf und gibt die Mittel frei.4. Wenn die Begleitmassnahmen weniger Mittel erfordern, als sich Mittel aus der Zweckbindung ergeben, kann der Bundesrat die Höhe der Zweckbindung reduzieren.

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Zolltarife 2009-2016

Landwirtschaftliche Produkte Industrielle Produkte

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«FAQs» zur Aussenhandelsstatistik

Mit welchem Land erzielt die Schweiz den höchsten Überschuss in der Handelsbilanz?USA: +10,7 Mrd. Fr.

Mit welchem Land schreibt die Schweiz das höchste Defizit in der Handelsbilanz?Deutschland: -19,3 Mrd. Fr.

«Welches Produkt weist bei den Schweizer Exporten den höchsten Wert aus?» Dies ist eine der Fragen, die am meisten zur Aussenhandelsstatistik der Schweiz gestellt wird. Daneben gibt es aber noch viele andere. Nachfolgend beantworten die Expertinnen und Experten der Zoll- Aussenhandelsstatistik eine Auswahl solcher «Frequently Asked Questions».

«Spezialitäten» der AussenhandelsstatistikDie Aussenhandelsstatistik umfasst auch Waren der etwas anderen Art. Zum Beispiel Siedlungsmüll oder Klärschlamm. So wurden im vergangenen Jahr 240 191 Tonnen Siedlungsmüll exportiert – rund 70% davon allein nach Frankreich. Gleichzeitig wurden 242 069 Tonnen in die Schweiz eingeführt. Die Hälfte des importierten Siedlungsmülls stammte dabei aus Deutschland. Das höchste Volumen erreichte der Handel mit Siedlungsmüll im Jahre 2006, als 383 292 Tonnen importiert und 347 445 Tonnen exportiert wurden. Ebenso wenig appetitlich mag der Handel mit Klärschlamm scheinen. Dennoch wurden 2010 3714 Tonnen Klärschlamm in die Schweiz ein- und 11 946 Tonnen ausgeführt, und zwar zu 95% Richtung Deutschland.

Welches Produkt weist bei den Exporten den höchsten Gesamt-wert aus?Arzneiwaren: 24,4 Mrd. Fr.

Welche Ware bringt bei den Importen das höchste Gesamtge-wicht auf die Waage?Steine und Kies: 5 939 502 Tonnen

Welches Erzeugnis liefert bei den Exporten den höchsten Durch-schnittswert je Kilo?Bearbeitete Diamanten: 44 Mio. Fr. / kg

Welcher Kanton weist bei den Ex-porten den höchsten Wert je Kopf der Bevölkerung aus?Basel-Stadt: 247 084 Fr. pro Kopf (niedrigster Wert: Appenzell Innerrho-den 6071 Fr. pro Kopf)

(alle Zahlen beziehen sich auf dasJahr 2010)

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Zollstatistiken sind für unsere Arbeit essenziell

Bei der Osec warten wir jeweils ab dem 20. Tag jedes Monats gespannt auf die neuen Aussenhandelszahlen, welche über die Schweizer Exporte und Importe des Vormonates Aus-kunft geben. Uns interessiert dann immer, wie sich die Exportvolumi-na in den verschiedenen Märkten entwickelt haben. Was machen die absatzstärksten Destinationen, welches Wachstum gab es in den Schwellenländern und BRIC-Staaten, warum verzeichneten die Nachbar-länder z.B. einen Exportrückgang usw.? Uns interessiert auch, welche Branchen sich gut entwickelt haben und welche im Export leiden. Das sind alles Fragen, die wir wegen unserer täglichen Arbeit im Kontakt mit unse-ren Kunden als sehr wichtig erachten. Denn bei der Beratung von KMU, die

Bei den Aktivitäten der Osec geht es oft auch darum, den Kunden aufzuzeigen, wie sich der Aussenhandel mit bestimmten Zielmärkten entwickelt. Das Exportvolumen ist jeweils ein Grad-messer für Unternehmen, die sich für eine Auslandexpansion interessieren und wissen wollen, wie wichtig ein Zielmarkt für sie ist. Zollstatistiken sind daher für die Osec eine elementare Grundlage in ihrer täglichen Arbeit.

ins Ausland expandieren möchten, spielen verlässliche Handelsstatistiken eine grosse Rolle. Oft müssen wir nämlich unseren Kunden auch aufzu-zeigen, wie die Exporte in bestimmte Zielmärkte verlaufen oder welches Potenzial gewisse Exportdestinationen für ein Auslandsengagement haben.

Zoll-Informationen für Osec-KundenUnser Service Center gibt Firmen, die sich für den Auf- und Ausbau ihrer Geschäftsbeziehungen im Ausland interessieren, oft per Telefon oder schriftlich Auskünfte zu Themen wie Zoll-, Ursprung- und Mehrwertsteu-erfragen, Zolldokumenten etc. Diese basieren auch auf Informationen der Zollverwaltung. Zudem publizieren wir auf unserer Osec-Website Statistiken

zu Ein- und Ausfuhren, die vom Zoll stammen. Nach unseren Erfahrungen werden diese Informationen der Zoll-verwaltung sehr geschätzt.

Wertvoller AustauschVertreter des Service Center treffen sich zudem regelmässig in einer Ar-beitsgruppe, geleitet von der economiesuisse, um Zoll- und Ur-sprungsfragen zu erörtern. Zusammen mit Vertretern der Zollverwaltung, der kantonalen Industrie- und Handels-kammern, Branchenverbänden und von Firmen werden auch aktuelle Herausforderungen und Entwicklun-gen diskutiert, die für Schweizer Ex-porteure relevant sind. Einen solchen Austausch erachten wir bei der Osec als sehr fruchtbar und wertvoll.

Osec – Das Kompetenzzentrum der Schweizer Aussenwirtschaftsförderung

Die Osec informiert, berät und begleitet Schweizer und Liechtensteiner KMU bei ihren internationalen Geschäftsvor-haben. Dazu vernetzt sie Unternehmen, Know-how-Träger sowie private und öffentliche Organisationen weltweit und ermöglicht so eine schlagkräftige Aussenwirtschaftsförderung. Neben der Exportförderung nimmt die Osec im Auftrag des Staatsekretariates für Wirtschaft SECO auch die nationale Standortpromotion der Schweiz sowie die Importförde-rung zu Gunsten von ausgewählten Entwicklungs- und Transitionsländern wahr. Im Rahmen der vom Bund beschlos-senen Stabilisierungsmassnahmen zur Stützung der Exportwirtschaft werden zusätzliche Mittel zum Aufbau von speziellen Exportplattformen (Cleantech, Medtech, Architektur/Engineering/Design) eingesetzt.

Mehr Informationen unter www.osec.ch oder unter 0844 811 812. Weltweit tätige Experten mit verschiedenen Kompetenzen im Bereich Internationalisierung unter www.poolofexperts.ch

Forum Z.-Gast: Daniel Küng, CEO Osec – Das Kompetenzzentrum der Schweizer Aussenwirtschaftsförderung

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Zollansätze bei der Einfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten (IV)

Das «Schoggi-Gesetz» im Allge-meinen und das revidierte Protokoll Nr. 2 im Besonderen dürfen als eigentliche Erfolgsgeschichte für die schweizerische Nahrungsmittel-industrie bezeichnet werden. Dank des Preisausgleichssystems und des zollfreien Marktzugangs in die EU und in Drittländer konnte sie ihre Stellung im Inland halten und im Ex-port sogar ausbauen. Und sie blieb eine wichtige Abnehmerin für die von der Landwirtschaft produzierten Grundstoffe (Milch, Getreide, Zucker usw.). Zwischen 2005 und 2010 haben sich die Exporte von landwirt-schaftlichen Verarbeitungsprodukten wertmässig mehr als verdoppelt, währenddem die Importe um 38% zugenommen haben.

PreisschwankungenDie Preise auf den internationa-len Rohstoffmärkten schwankten in den letzten Jahren stark. Da-von betroffen waren auch die für das «Schoggi-Gesetz» relevanten Agrarprodukte wie Getreide, Mehl, Butter, Milchpulver etc. Diese Preisschwankungen führen zwangs-läufig zu massiven Senkungen und Erhöhungen der Zollansätze für die verarbeiteten Produkte. Seit eini-gen Monaten steigen vor allem die Getreide- und Mehlpreise in der EU und auf dem Weltmarkt. Dies führte per 1. Februar 2011 zu tieferen Zollansätzen für getreide- und mehlhaltige Produkte.Erfahrungsge-mäss werden sinkende Zollansätze stillschweigend und als mehr oder weniger selbstverständlich hinge-nommen. Dagegen finden steigende Zollansätze bei den Importeuren

In den letzten Jahren waren die Zollansätze für Erzeugnisse aus Landwirtschaftsprodukten teilweise starken Schwankungen unterworfen. Die Mechanismen dahinter sind sowohl beim Zollpersonal als auch den Zollbeteiligten häufig nicht bekannt. In einer vierteiligen Serie geht Forum Z. auf die Hintergründe dieser Zollansätze ein. In dieser Ausgabe: Erfahrungen mit dem «Schoggi-Gesetz» und Ausblick. Von Karl Strohhammer, Chef Sektion Agrarprodukte, Maschinen und Automobilsteuer.

wenig Verständnis und kommen an-geblich immer unerwartet. Teilweise auf Unverständnis stösst dabei auch der systembedingte Mechanismus. Massgebend sind nämlich nicht die absoluten, im In- und Ausland für die entsprechenden Rohstoffe bezahlten Preise, sondern die Preis-differenzen. Gerade bei kurzfristigen Preisschwankungen und in einer staatsvertraglichen Konstellation wie im Rahmen von Protokoll Nr. 2 wird es immer schwieriger, die Referenzpreise an die aktuelle Preissituation an-zupassen.

AusblickDas Preisausgleichssystem besteht nun seit über 30 Jahren. Für die Zukunft spielen vor allem zwei Fak-toren eine wichtige Rolle. Zum einen die Doha-Runde der Welthandelsorgani-sation WTO: Neben einer Senkung der Zollansätze für Landwirtschaftspro-dukte würden bei einem Abschluss der Verhand-lungen auch die Export-subventionen verboten. Darunter fallen auch die Ausfuhrbeiträge gemäss «Schoggi-Gesetz». Neben der WTO-Doha-Runde sind die Verhandlungen mit der EU in den Bereichen Land-wirtschaft, Lebensmittelsi-cherheit, Produktsicherheit und öffentliche Gesundheit (FHAL/GesA) entschei-dend für die Zukunft des «Schoggi-Gesetzes». Mit

diesen Verhandlungen wird u.a. eine Marktöffnung der gesamten ernährungswirtschaftlichen Produk-tionskette angestrebt. Damit würden im Warenverkehr mit der EU, vor-aussichtlich nach einer mehrjährigen Übergangsfrist, alle Einfuhrzölle, Kontingente und Exportsubventio-nen abgeschafft. Davon betroffen wären auch die Ausfuhrbeiträge und beweglichen Teilbeträge im Rahmen des Preisausgleichsmechanismus.

Serie

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«Dienstleister mit möglichst tiefen Hürden für den Handel»

Pratteln ist wohl eine der mo-dernsten Zollstellen der Schweiz. Was macht sie so einzigartig?Die neue Zollstelle Pratteln mit insge-samt knapp 120 Mitarbeitenden trägt zum neuen Bild der Zollverwaltung nach aussen bei. Wir bewegen uns immer mehr weg von der Amtsstube hin zu einer offen, modernen, und kundenfreundlichen Zollstelle. Wir verstehen uns als Dienstleister mit möglichst tiefen Hürden für den Han-del. Der Zoll will mit der Wirtschaft Schritt halten. Er bewegt sich auf die Firmen des Logistik-Hot-Spots Pratteln zu, der zweitgrössten Speditions- und Lagerdrehscheibe der Schweiz. Die neue Zollstelle bildet ein ausbaufä-higes Zentrum, das für die Zukunft gerüstet ist.

Die Zollstellen Dreirosen und Muttenz wurden Ende 2010 ge-schlossen. Warum wurde für die neue Zollstelle gerade Pratteln als Standort gewählt?Der Standort orientiert sich in erster Linie an unseren Zollpartnern und an den Verkehrsachsen. Die Logistikbran-che verlagert sich immer mehr in den Grossraum Pratteln. Die Stadt Basel als grösstes Logistikzentrum der Schweiz stösst an Grenzen. Dort ist der Zoll bereits sehr gut positioniert. In Prat-teln hat er nun ein wichtiges neues Standbein geschaffen. Mitentschei-dend war auch, dass dafür geeignete Büroräumlichkeiten in der geforderten Grösse zur Verfügung standen.

Wie ist die Zollstelle Pratteln auf-gebaut? Welches sind ihre Kern-kompetenzen?Pratteln ist eine schlanke und

Anfang Januar ist die neue Zollstelle Pratteln im Buss-Industriepark des gleichnamigen Ortes im unteren Baselbiet in Betrieb genommen worden. Forum Z. befragte Zollinspektor Ralph Spring zu Erfahrungen und Ambitionen des Zolls am neuen Standort. Von Roman Dörr, ZS Pratteln.

kompakte Organisation mit einer modernen Führungs- und Kommuni-kationsstruktur. Das Kundensegment ist vielfältig und ausgewogen. Die Betriebsgrösse entspricht optimal dem Auftragsvolumen. Im Bereich der EVO-Veranlagunsverfahren ist Pratteln ein starkes Kompetenzzentrum. Es betreut in seinem Zollraum, der von der Birs zur Ergolz, zum Rhein und hinauf nach Kaiseraugst reicht, alle Veranlagunsgparteien in diesem Segment. In der externen Dienstabteilung Birsfelden sind die kreisweit tätigen mobilen Kontrollelemente, die Betriebs-prüfer und die MOBE-Teams angesiedelt.

Welches sind die Aufgaben, die Sie in den nächsten Mo-naten vordringlich angehen wollen?Die Zollstelle ist gut gestartet und voll funktionsfähig. Bei den Verfahren ist noch FineTuning notwendig. Die Kunden von St. Jakob, Dreirosen und Mut-tenz weisen teils abweichende Verfahren auf. Damit es zu keiner Wettbewerbsverzerrung kommt, ist die Gleichbehandlung oberstes Gebot. Zollintern steht beim Personal die Zusammenführung der verschiedenen Kulturen im Vordergrund, kommen unsere Mitarbeitenden doch von drei unterschiedlichen Dienststellen.

Wohin wird sich Pratteln in den nächsten Jahren entwickeln?Mit Pratteln haben wir eine Zollstelle mit Potenzial geschaffen, die sich mit der Ansiedlung von Logistikfirmen im

Grossraum Pratteln vergrössern lässt. Es ist möglich, zusätzliches Firmenauf-kommen ohne bauliche Veränderun-gen zu bewältigen. Die neue Kontroll-strategie wird künftig unsere Arbeit stark beeinflussen. Wir wollen, wo möglich, neue Wege beschreiten und damit optimale Wirkung für unsere Auftraggeber erzielen.

Neue Zollstelle Pratteln

Zollinspektor Ralph Spring leitet die

Zollstelle in Pratteln.

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In Kürze

Projekt e-Zoll der EUpd. Der Bundesrat hat im Dezember 2010 beschlossen, der Europäischen Union (EU) exploratorische Gesprä-che über eine mögliche Teilnahme der Schweiz am e-Zoll-Projekt der EU vorzuschlagen. Dies im Rahmen der Wachstumspolitik 2008-2011, in der Bundesrat die eGovernment-Strategie weiterentwickeln will. Sein Ziel ist dabei, die internationale Zusammen-arbeit im Zollbereich zu verbessern. Das e-Zoll-Projekt der EU bezweckt die Modernisierung und durchgehen-de Informatisierung der Zollverfahren innerhalb der EU. Kern der Neuerung ist einerseits die direkte Interaktion der Zollabfertigungssysteme der 27 EU-Mitgliedstaaten untereinander und anderseits die Vernetzung mit den Wirtschaftsteilnehmern.Im Auftrag des Bundesrates hat eine interdepartementale Expertengrup-pe von April bis Oktober 2010 die Frage einer möglichen Teilnahme der Schweiz am e-Zoll-Projekt der EU ab-geklärt. Im Hinblick auf die Erleichte-rung des Handelsverkehrs mit der EU

ist die Möglichkeit eines «gemeinsa-men Raums der Zollverfahren» und einer direkten Interaktion zwischen den Verzollungssystemen der Schweiz und den EU-Mitgliedstaaten geprüft worden.

Neuer Kommandant in der Grenz-wachtregion VMitte Dezember 2010 hat der Kommandant der Grenzwachtregion Lausanne, Jean-Noël Monnet, «seine» Grenzwachtregion offiziell an seinen Nachfolger übergeben. Dies hat er mit einer Geste unterstrichen: An der Feier überreichte Jean-Noël Monnet dem neuen Kommandanten, Jean-Luc Boillat, den Schlüssel zu den Toren der Grenzwachtregion V. An der Feier in der Polizeiakademie in Savaten nah-men Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und auch von in- und ausländi-schen Partnerorganisationen teil.

Duty-Free on arrivalDer Bundesrat hat beschlossen, das Bundesgesetz über den Einkauf von Waren in Zollfreiläden in Kraft zu

setzen. Ab dem 1. Juni stehen die so genannten Duty-Free-Shops an den Flughäfen also auch für ankommende Passagiere offen. Mit der Möglich-keit des abgabenfreien Einkaufs bei Ankunft aus dem Zollausland dürfte die Attraktivität der Schweizer Zoll-flugplätze gegenüber ausländischen

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Flughäfen steigern und ihnen einen Standortvorteil verschaffen. Zusätzlich ist zu erwarten, dass mit der erwar-teten Verlagerung der Einkäufe vom Ausland in die Schweiz zusätzliche Arbeitsstellen geschaffen werden.

Brevetierungsfeier des Grenz-wachtkorps GWKIm Dezember wurden 59 Aspirantin-nen und Aspiranten zu Grenzwächte-rinnen und Grenzwächtern befördert. An der Brevetierungsfeier im Berner Münster gratulierte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, Vorste-herin des Finanzdepartements (EFD), den 14 Frauen und 45 Männern zum erfolgreichen Abschluss der Ausbil-dung. Die Bundesrätin erklärte, sie sei sich bewusst, dass Grenzwächterin-nen und Grenzwächter eine grosse Verantwortung tragen und der Beruf immer auch gewisse Risiken berge – gerade deshalb bedanke sie sich bei den Absolventinnen und Absolventen für ihren Einsatz. Auch Oberzolldi-rektor Rudolf Dietrich und der Chef GWK, Brigadier Jürg Noth, hoben die Leistungen der jungen Grenzwächte-rinnen und Grenzwächter hervor und freuten sich, dass diese nun vollwerti-ge Angehörige des GWK sind.

Ehrung für WZO-EinsatzHans Peter Hefti, Stellvertreter des Oberzolldirektors, hat neun Mitar-beitende der Zollverwaltung geehrt und folgenden Anwesenden die Diplome der Weltzollorganisation (WZO) überreicht: Carmen Brügger, Werner Stöckli, Massimo Grassi, Jean-Claude Fleury, und Gianandrea Piazza. Abwesend waren Christophe Grosjean, Richard Steiner, Patrick Moraz und Carlo Liechti, die ihre Diplome zu einem späteren Zeitpunkt erhalten haben. Im Vorfeld hatte Hans Peter Hefti die Mitarbeitenden für die guten Dienste gelobt und erklärt, dass diese Einsätze nur dank der Bereitschaft und Flexibilität der Mitarbeitenden möglich seien. Auch erklärte er, dass die EZV den Spagat zwischen Ressourcen und Anträgen bisher immer geschafft und vernünf-tige Lösungen gefunden habe.

WEF: Freihandelsverhandlungen zwischen der Schweiz und Chinapd. Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann, Vorsteher des Eidgenössi-schen Volkswirtschaftsdepartements (EVD), hat sich im Januar am World Economic Forum in Davos mit dem chinesischen Handelsminister Chen De-ming getroffen. Gemeinsam haben die beiden Staatsmänner die Verhandlun-gen zum Abschluss eines Freihandels-abkommens zwischen der Schweiz und der Volksrepublik China offiziell lanciert und andere Fragen von gemeinsamem Interesse erörtert. Die Verhandlungen umfassen den Warenverkehr, den Han-del mit Dienstleistungen und weitere Themen und Bereiche der Zusammen-arbeit wie das geistige Eigentum und die Investitionsförderung. Diese mit dem Ziel, die bilateralen Beziehungen zu stärken und die nachhaltige Ent-wicklung zu fördern.

?Wussten Sie, dass?Die Schweiz eines der wenigen westlichen Ländern ist, die eine

positive Handelsbilanz mit der Volksrepublik China

haben?

Die Eidgenössische Zollverwaltung EZV im Jahr 2010 täglich rund

63 Mio CHF eingenommen hat?

Der zivile Zoll bei Sicherheitskontrollen im Schwerverkehr im Jahr 2010

bei rund 18 000 LKW Sicherheitsmängel festgestellt hat und

dass der höchste gemessene Wert von Alkohol im Blut bei einem LKW-

Chauffeur 2,3‰ betrug?

Das Grenzwachtkorps GWK 2010 im Bahnverkehr 285 schwere Fälle

mit Betäubungsmitteln festgestellt hat?

Das GWK 2010 im Bahnverkehr 1221 Fälle von rechtswidriger

Einreise festgestellt hat?

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Über 50 000 Sendungen mit illega-len Arzneimittelnpd. Im Jahr 2010 haben die Swiss-medic und der Zoll erneut eine starke Zunahme von illegalen und gesund-heitsgefährdenden Arzneimittelimpor-ten festgestellt. Im Jahr 2008 lag deren Anzahl bei 687, im Jahr 2009 hielt man bereits 1154 illegale Sendungen an. Im Jahr 2010 meldeten die Zollstel-len dem Schweizerischen Heilmittelins-titut Swissmedic schon 1861 verdächti-ge Arzneimittelimporte. Dies entspricht einer Zunahme um 61% im Vergleich zum Vorjahr, beziehungsweise beinahe einer Verdreifachung seit 2008. Im letzten Jahr eröffnete Swissmedic in 1735 Fällen ein kostenpflichtiges Verwaltungsverfahren und vernichtete aus Gründen der Arzneimittelsicherheit 81% der Sendungen nach Abschluss des Verfahrens. In gravierenden Fällen, in denen davon ausgegangen werden kann, dass gesundheitsgefährdende Ware zum Weiterverkauf importiert werden sollte, leitete Swissmedic zusätzlich ein Strafverfahren gegen die Besteller der Sendungen ein.

Job rotation «Bien vu»Aufgrund der Rückmeldungen der Kader aus den Zyklusseminaren 2008 und 2009 hat der Oberzolldirektor Ru-dolf Dietrich beschlossen, die Prozesse und Schnittstellen der EZV auf den Prüfstand zu stellen. Das Projekt «Bien vu», was «genau hinschauen» oder «selber sehen» bedeutet, lief vom 07.02. bis 08.04.2011 – im Sinne einer «job rotation» bzw. «Stage»

haben die meisten der Geschäftslei-tungsmitglieder an dem Austausch teilgenommen. Für eine gewisse Zeit haben die «Stageaires» die vollwertige Führungsfunktion eines anderen Mit-gliedes mit der Vorgabe der vollen Füh-rungsverantwortung und Analyse. Alle Geschäftsleitungsmitglieder werden einen Schlussbericht erstellen. Dieser wird zum Ziel haben, allfällige Dop-pelspurigkeiten in den Prozessen oder ungenügende Absprachen aufzuzeigen. Im Mai wird dieser Schlussbericht an-lässlich des GL EZV-Seminars analysiert und das weitere Vorgehen festgelegt.

24 neue Grenzwächterinnen und Grenzwächter für die Region Genf bewilligtBundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf hat die Rekrutierung von zusätzli-chen 24 Grenzwächterinnen und Grenzwächtern für die Region Genf be-willigt. Im Vorfeld hatte der Bundesrat an seiner Sitzung vom 26. Januar 2011 den Stellenmehrbedarf beim GWK an-erkannt. Im Januar 2011 haben bereits 24 Aspirantinnen und Aspiranten ihre Ausbildung begonnen. Die 24 neu bewilligten Grenzwachtaspirantinnen und -aspiranten werden ihre Ausbil-dung ab Juli 2011 beginnen und die Region Genf ab Mitte 2012 verstärken. Somit werden ab spätestens Mitte 2012 insgesamt 48 zusätzliche Grenzwäch-terinnen und Grenzwächter im Einsatz stehen. Zudem wurden bereits auf Anfang dieses Jahres 29 ausgebildete Grenzwächterinnen und Grenzwächter der Region Genf zugeteilt.

Erste Schweizer Zertifizierung für AEOErstmals in der Schweiz wurden für zugelassene Wirtschaftsbeteiligte AEO-Zertifikate ausgestellt. Die Pilot-firmen Dachser Spedition AG, Regens-dorf, Laible AG, Schaffhausen, und die Clariant Produkte (Schweiz) AG, Muttenz, haben den Zertifizierungs-prozess durchlaufen und die Auflagen des CH-AEO erfüllt. Mit diesem Zerti-fikat haben die Wirtschaftsbeteiligten einen Sicherheitsnachweis für die internationale Warenhandelskette.Die AEO-Zertifizierung hat zum Ziel, weltweit grenzüberschreitende wirtschaftlich tätige Unternehmen zu überprüfen und sicher zu stellen, dass diese Unternehmen zu siche-ren Marktteilnehmern werden. Das Ziel der Weltzollorganisation (WZO) ist es, diesen Status überall auf der Welt einzuführen. Er existiert bereits in der EU und im Bereich der Einfuhr auch in den Vereinigten Staaten. Die entsprechende Änderung des Zollgesetzes, die den Status eines «zugelassenen Wirt-schaftsbeteiligten» vorsieht, wurde durch den Bundesrat auf den 01.04.2011 in Kraft ge-setzt. Der AEO-Status gewährt dafür Erleichterungen bei den sicherheitsrelevanten Zollkon-trollen und ist heute lediglich auf Verordnungsstufe verankert.

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29Forum Z. | Dossiers

58. Internationale Zollskiwett-kämpfe GomsIm März fanden die 58-igsten Inter-nationalen Zollskiwettkämpfe der sechs Alpinen Nationen (Deutsch-land, Italien, Frankreich, Österreich, Slowenien und Schweiz) in Goms statt. Neben sportlichen Höchst-leistungen sorgte der Anlass auch wegen dem Besuch von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf für Schlag-zeilen – die Vorsteherin des EFD und somit die höchste Zöllnerin hat den Anlass offiziell eröffnet. An dem An-lass brillierten Schweizer Grenzwäch-terinnen und Grenzwächter mit Höchstleistungen – so gewann Selina Gasparin das Einzelrennen über fünf Kilometer.

Neuer Leiter der Zollstelle Basel/Weil-AutobahnRolf Tschudi, Jahrgang 1958, war seit 33 Jahren in verschiedenen leitenden Funktionen im Zollkreis I Basel tätig. In den letzten acht Jahren als Zoll-inspektor auf der Zollstelle Basel/St. Louis-Autobahn. Er ist Bürger von Ba-sel und seit Eintritt in die Zollverwal-tung im Jahr 1977 in Basel ansässig. Er hat die Funktion von Ruedi Flükiger übernommen, der nach 43 Jahren am 1. April 2011 in Pension gegangen ist. Rolf Tschudi

Neuer Leiter beim Zollinspektorat Basel/St. Louis-Autobahn. Reinhard Schmid, Jahrgang 1959, ist seit 17 Jahren in verschiedenen lei-tenden Funktionen auf der Zollkreisdi-rektion Basel tätig. Die letzten 6 Jahre davon als stellvertretender Leiter der Sektion Betrieb. Reinhard Schmid ist Bürger von Ausserberg (VS) und seit Eintritt in die Zollverwaltung (1978) in der Region Basel ansässig. Er wird sein Amt am 28. März 2011 antreten und ersetzt in dieser Funktion Rolf Tschudi, der die Leitung der Zollstelle Basel/Weil-Autobahn übernimmt.

Andreas Spillmann, Direktor des Schweizerischen Nationalmuseums, und Hans Peter Hefti,

Stv. Oberzolldirektor, bei der Unterzeichnung der Vereinbarung.

Vereinbarung zwischen National-museum und ZollIm März haben der Direktor des Schweizerischen Nationalmuseums, Andreas Spillmann, und der Stv. Oberzolldirektor, Hans Peter Hefti, eine Vereinbarung über die weitere Zusammenarbeit beim Zollmuseum unterzeichnet. Die Vereinbarung wur-de nötig, nachdem mit dem Muse-umsgesetz vom Juni 2009 der Bund seine bisher im Rahmen der MUSEE-SUISSE-Gruppe geführten Samm-lungsgegenstände und die damit verbundenen Immaterialgüterrechte dem Schweizerischen Nationalmu-seum zur Nutzniessung übertragen hatte. Der Schweizer Zoll darf jedoch bereits seit über 30 Jahren auf die kompetente Unterstützung des Nationalmuseums bei der Objektbe-treuung sowie in wissenschaftlich-kuratorischen Fragen zählen. Die Vereinbarung ist ein wichtiges Element, damit das Zollmuseum auch in Zukunft viele Besucherinnen und Besucher mit attraktiven Ausstellun-gen im Zollmuseum begeistern kann. MariaMoser-Menna,LeiterinZollmu-seumCantinediGandria.

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30 Forum Z. | Panorama

Januar 2011

Die Karten-KlonerGrenzwachtregion IV – Im Sprachge-brauch der Informatik bzw. ausser-halb der Biologie gibt es in der Regel keine offizielle Verwendung für den Ausdruck «klonen». Trotzdem hat er sich als Synonym für «kopieren» durchgesetzt. Auf das hatten es die drei Männer aus Rumänien im Alter zwischen 20 und 40 Jahren wohl abgesehen. Bei ihrer Einreise in die Schweiz, beim Grenzübergang Chiasso-Autostrada TI, entdeckten die Grenzwächter bei der Zollkont-rolle in deren Fahrzeug technisches Equipment zum illegalen Ausspähen und kopieren der Daten von Kredit- und/oder Bankkarten (Skimming). Ihre verständlicherweise auswei-chenden Antworten auf die Frage nach mitgeführten Waren hatten aber den Verdacht der Grenzwächter erhärtet. Die drei Rumänen wurden samt Equipment der Kantonspolizei Tessin übergeben.

Brennpunkt Genf Grenzwachtregion VI – Mitten in den Diskussionen über die zu-nehmende grenzüberschreitende Kriminalität im Raum Genf gelang den Grenzwächter ein Coup. Über 45 verbotene Waffen fanden sie am Grenzübergang im Bahnhof Genf Cornavin bei sechs Personen aus dem Raum Lyon. Bei der Aufzählung der gefundenen Waffen verblassen die gefälschten Markenuhren, die ebenfalls zum Warenkorb der Kon-trollierten gehörten: 32 als Handy getarnte Elektroschockgeräte, 10

Rundschau

in Form einer Taschenlampe sowie weitere gefährliche Gegenstände. Dazu kommen Sturmhauben, Mas-ken, Handschellen und Lasergeräte. Trotz der Probleme, mit denen Genf zu kämpfen hat: In einer Rangliste, die von der englischen Beratungs-firma Mercer erstellt und in der die Lebensqualität von 420 Städten auf der ganzen Welt miteinander vergli-chen wird, rangiert Genf seit Jahren in einer Topposition.

Februar 2011

Röntgen machts möglichZollkreis II – Auch heute erfreut sich Kokain leider grosser Beliebtheit und der Konsum in der Schweiz beträgt jährlich schätzungsweise zwischen 3 bis 5 Tonnen. Eine Studie der Uni Bern wies am Tag nach der Street Parade vom letzten Jahr mehr als 1,5 kg Kokain im Zürcher Abwas-ser nach. In nur zwei Tagen zogen Zöllner zwei Kilogramm dieser Droge aus dem Verkehr. Bei der Kontrolle von Gepäckstücken aus der Do-minikanischen Republik zeigte der Betäubungsmittel-Spürhund Ares bei Rollkoffern auf Drogen an. Im Aus-zugsgestänge der beiden vom Rei-senden mitgeführten Rollkoffern war über ein Kilogramm Kokain versteckt. Kurz vorher war es Zöllnern gelun-gen, bei zwei Flügen aus Madrid je einen Bodypacker mit 600 Gramm Kokain festzustellen. In beiden Fällen kamen Röntgengeräte zum Einsatz.

Karton und KhatGrenzwachtregion I – Mehrere Dutzend Kartonschachteln mit einem Inhalt von über 200 kg Khat. Dies ist das Ergebnis einer Zollkontrolle, die Grenzwächter an einem ausländisch immatrikulierten Fahrzeug durchge-führt hatten. Dieses war von Frank-reich herkommend bei Biel-Benken BL in die Schweiz eingereist. Nicht in jedem europäischen Land sind der

Besitz und Konsum von Khat ver-boten. So zum Beispiel in Grossbri-tannien und den Niederlanden. Der Lenker, ein 57-jähriger Deutscher, wurde der Kantonspolizei Basel-Stadt übergeben.

Biberunt ut GothiGrenzwachtregion I – «Saufen wie die Goten.» Dieser Spruch aus der Antike mag einem einfallen, wenn man die Menge Alkohol bedenkt, die Grenzwächter in Riehen BS sichergestellt haben. Ein 28-jähriger Brasilianer hatte versucht, in einem Car, von Deutschland kommend, 155 l Rotwein, 9 l Portwein und 5 l Schnaps in die Schweiz zu schmug-geln. Daneben wurden mehrere Kilogramm Wurstwaren und Käse sowie über 100 kg Gemüse gefun-den.

Bahnreise mit NotfallhammerGrenzwachtregion II – Weshalb der 29-jährige Mann einen Notfallham-mer mitführte, wollte oder konnte er nicht erklären. Auch nicht, woher die verschiedenen Schmuckstü-cke, Uhren und Wertgegenstände stammten, die er bei sich hatte. Ei-nes konnten die Grenzwächter aber mit Sicherheit sagen, nämlich dass er zur Verhaftung ausgeschrieben war. Er wurde bei Eglisau ZH aus dem Zug geführt und der Kantons-polizei Zürich übergeben.

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31Forum Z. | Panorama

Aus 2 wird 122Grenzwachtregion VII – Die Massa-ge im weitesten Sinne ist eines der ältesten Heilmittel und der Schmug-gel wohl eines der einträglichsten Geschäfte der Menschheit. Dass sich beides kombinieren lässt, stellten Grenzwächter in Rorbas ZH fest. Ein 35-jähriger Deutscher, der über den unbesetzten Grenzübergang Nack-Rüdlingen SH in die Schweiz eingereist war, führte in seinem Fahrzeug zwei in Kartonschachteln verpackte Massagetische mit. Wie sich herausstellte, nicht das erste Mal. Ermittlungen der Zollfahn-dung ergaben, dass insgesamt 122 Massagetische ohne Zollanmeldung eingeführt worden waren.

März 2011

Hupen statt bremsenZollkreis I – Schiffbruch hätte ein italienischer Sattelschlepper wohl erlitten, hätten die Zöllner des mo-bilen Einsatzteams diesen anlässlich einer Schwerverkehrskontrolle bei der Zollstelle Basel/Weil am Rhein-Autobahn nicht aus dem Verkehr gezogen. Bei der Kontrolle stellten die Zöllner fest, dass die Druckluft-

leitung und die ABS-Steuerung des Sattelaufliegers gekappt waren. Ein Bremsen des Aufliegers wäre so nicht mehr möglich gewesen. Infol-ge der fehlenden Druckluft war auch die komplette Luftfederung ausser Kraft gesetzt. Als ob das nicht schon genug gewesen wäre: Ein geplatzter

Luftfederbalg, ein bis auf das Drahtgeflecht abgefahrener Reifen und eine nahezu ungesicher-te Ladung vervollstän-digten die Mängelliste.

Der Vogel der KriegerGrenzwachtregion II – Seit Urzeiten haben Fal-ken eine mythologische Bedeutung. Und sie sind gute Jäger und werden seit alters für die so ge-nannte Beizjagd einge-setzt. Daher verwundert es nicht, dass Falken auch heute noch gezüchtet und geschmuggelt werden. Am Grenz-übergang Thayngen SH entdeckten Grenzwächter in einem Fahrzeug einen jungen Wanderfalken. Dieser war in einer Holzkiste zwischen dem Reisegepäck versteckt. Der Fahr-zeuglenker, ein 30-jähriger Schwei-zer, konnte keine Einfuhrbewilligung des Bundesamtes für Veterinärwesen BVET vorweisen. Er gab an, das Tier stamme von einem Züchter aus Holland und müsse nach Italien in eine Falknerei gebracht werden. In Zusammenarbeit mit dem Grenztier-

arzt und dem Bundesamt für Veterinärwesen BVET wurde dem Reisenden eine Bewilligung für den Transit nach Italien erteilt.

Als Nebenwirkung Ver-stopfung und Lustlosig-keitGrenzwachtregion VII – Ab 1898 wurde Diacetylmorphin als oral einzunehmendes Schmerz- und Hustenmittel mit geringfügigen Neben-wirkungen vermarktet. Erst ab 1904 erkannte

man das Suchtpotential von Heroin, dessen Bezeichnung sich aus dem griechischen «Heros» (Held) ableitet. Helden waren die beiden albani-schen Zugreisenden im Alter von 21 und 28 Jahren sicher nicht, aber Drogenschmuggler, die in einem Interregio auf der Strecke Biel - Kon-

stanz durch die Grenzwache einer Zollkontrolle unterzogen wurden. Dabei kamen zwei silberne Klebe-bandpakete zum Vorschein, die über 800 Gramm Heroin enthielten.

Drogenschmuggel im Val-de-TraversGrenzwachtregion VIII – Die Region des Val-de-Travers ist seit dem 18. Jahrhundert für Absinth bekannt. Dieses Wermutgetränk wurde in der Schweiz 1908 verboten, was jedoch der Produktion und dem Vertrieb keinen Abbruch tat. 2005 wurde die «Grüne Fee» wieder legalisiert. Nicht legalisiert wurde hingegen das Haschisch. 1,5 kg dieser Droge stellten Grenzwächter des Grenz-wachtpostens Verrière sicher. Dies auf einen Tipp der Kantonspolizei Neuenburg hin. Diese hatte im Val-de-Travers ein in der Innerschweiz immatrikuliertes Fahrzeug kontrol-liert und dabei eine grosse Menge Waren entdeckt. Da die Polizisten vermuteten, es könnte sich um unversteuerte Waren handeln, informierten sie die Grenzwache. Bei der Überprüfung des Fahrzeugs stiessen die Spezialisten der Mobilen Autorevisions-Equipe MAR auf die Drogen.

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al. 33 Jahre EZV – was bleibt?Ich darf auf ein interessantes Berufsle-ben mit viel «Action» zurückblicken. Meine Arbeit hat mich in jedem Moment gefordert. Das hat mich motiviert, mich immer aufs Neue mit vollem Einsatz in den Dienst des GWK zu stellen. Ich erinnere mich noch gut, als ich in den ersten Jahren teils bis zu 35 Wochen im Jahr vom eigentli-chen Arbeitsplatz weg war. Gründe

«Vertrauen zahlt sich aus»

Nach 33 Jahren in der Zollverwaltung hat Markus Hubeli Ende Februar sein Kommando der Gzw-Region Basel an Roger Zaugg übergeben. Im Gespräch mit Forum Z. sagt der scheidende Kommandant, der in den letzten Jahren auch Stellvertreter des Chefs GWK war, warum er die EZV für eine der interessantesten Behörden hält und weshalb er sich dennoch Sorgen um die Zukunft des GWK macht.

dafür waren vor allem die Einsätze als Instruktor in Kursen für das GWK, der Militärdienst und Weiterbildungen. Dies führte auch zu einer grossen Belastung in meinem privaten Umfeld. Diese Zeiten waren spannend – ja, auch turbulent. Auch später wurde ich immer wieder mit Projekten betraut, die mich herausgefordert haben und mir die Möglichkeit gaben, Einfluss zu nehmen. So konnte auch ich meinen

bescheidenen Beitrag leisten, das GWK zu dem zu machen, was es heute ist: ein absolut professioneller und international anerkannter Pfeiler in der Zoll- und Sicherheitslandschaft.

Was bleibt Ihnen in Erinnerung?Positiv in Erinnerung bleiben werden mir die vielen Kontakte inner- und ausserhalb der Zollverwaltung. Ich hatte das Glück, viele interessante

Markus Hubeli

In Pension: Markus Hubeli, Stv. Chef GWK

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Menschen bei in- und ausländischen Partnerorganisationen kennen zu lernen. Die Möglichkeit, in verschie-denen Landesgegenden mit unter-schiedlichen Kulturen und Sprachen zu arbeiten, hat mir beruflich wie privat viel Freude bereitet. Neben der EZV gibt es wohl kaum eine Behörde, die einem ein solch breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten bietet. Es gab aber auch schwierige und traurige Momente. So musste ich auch mit Tra-gödien wie Todesfällen von Mitarbei-tern und Menschen, die mir sehr nahe standen, fertig werden.

Gibt es etwas, worauf Sie beson-ders stolz sind?Stolz ist nicht die richtige Bezeich-nung, eher Freude. Beispielsweise, dass meine Vorgesetzten mir immer wieder das Vertrauen ausgesprochen haben und ich neue Führungsaufga-ben übernehmen durfte. Ich bin über-zeugt, dass dies das beste Mittel ist, Mitarbeitende zu fördern, die bereit sind, sich für die Sache einzusetzen. Ich kann das jeder Führungsperson ans Herz legen: Vertrauen zahlt sich aus. Es braucht dafür natürlich auch eine Portion Risikobereitschaft.

Möchten Sie Ihrem Nachfolger etwas auf den Weg geben?Nein, mein Nachfolger braucht von mir keine Ratschläge. Roger Zaugg kennt die Grenzwache und die Zollverwaltung bestens. Zudem ist ihm die Region Basel alles andere als fremd. Er wird seinen Weg gehen. Ich wünsche ihm viel Erfolg. Jeder Chef sollte sich jedoch bewusst sein, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter das wichtigste Kapital sind, auch wenn es hin und wieder gilt, harte Entscheide zu treffen. Das gehört zum Job.

Gibt es Entwicklungen, die Ihnen Sorge bereiten?Ja, die Diskussion über den künfti-gen Einsatz des Grenzwachtkorps in der Sicherheitslandschaft Schweiz. Ich habe manchmal den Eindruck, dass politische Partikularinteressen über den Nutzen des Landes gestellt werden. Das gefällt mir ganz und gar nicht…

«Die Vernetzung zwischen Zoll und Grenzwache in Basel basiert auf einem guten Fundament.» Heinz Engi, Zollkreisdirektor*

«Markus Hubeli hat die Werte des Zolls und der Eidgenossenschaft bei-spielhaft vorgelebt.» Rudolf Dietrich, Oberzolldirektor*

«Teamwork ist der Schlüssel zum Erfolg.» Roger Zaugg, Grenzwacht-kommandant*

«Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif.» Markus Hubeli*

*Die Zitate stammen aus der Feier anlässlich der

Kommandoübergabe

Roger Zaugg

Der Nachfolger: Roger Zaugg

Der 48-jährige zweifache Familienvater stammt aus Trub im Kanton Bern und diente «von der Pike» auf. Sein beruflicher Werdegang begann im Jahr 1981 als Zollbeamter. Bis 1992 arbeitete er auf dem Zollispektorat Basel-Weil/Autobahn. Ab 1990 war er für rund zwei Jahre als Zollinstruktor in den Grenzwachtkursen im Ausbildungszentrum EZV tätig. 1992 wechselte er zum Grenzwachtkorps GWK und wurde zum Abschnittschef Rafz ZH ernannt. Diese Funktion hatte er bis 2006 inne. Im Rahmen des Reorganisationsprojektes «innova» wurde er 2007 zum Kommandanten der neu geschaffenen Grenzwachtregion VII (AG/ZH) ge-wählt. Seit dem 1. April 2011 ist er Kommandant der neu strukturierten Grenzwachtregion I.

Roger Zaugg

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Schrumpfköpfe«Ich bin Präparator und befasse mich auch mit historischen Exponaten. Nun habe ich aus einer alten Samm-lung sechs echte Schrumpfköpfe zu begutachten. (Es gibt ja sehr viele Fälschungen.) Dabei handelt es sich um zum Teil recht alte Exponate der Jivaro-Indianer des oberen Amazonas. Die Sammlung soll aufgelöst werden. Mir wäre es am liebsten, wenn diese an ein Museum gehen würde. Wie ist das mit einer Ausfuhr nach Deutsch-land? Welche Vorschriften sind zu beachten?»

VignettentauschBetreff: UmtauschunbenutzteVignet-te2010gegenVignette2011 «In der Schweiz wohnende Verwand-te haben uns eine Autobahnvignette für das Jahr 2010 geschenkt. Leider konnten wir letztes Jahr die Schweiz nicht besuchen. Die Vignette ist daher ungebraucht und befindet sich noch im Originalzustand auf der Trägerfolie.

Schrumpfköpfe, Schwalbennester und Stuttgarter Staubsauger

Jeden Tag erhält der Zoll Dutzende Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern aus dem In- und Aus-land. Forum Z. hat eine Auswahl von Schreiben der amüsanten Art zusammengestellt – frei nach dem Motto «Es gibt nichts, was es nicht gibt». Von Roman Dörr, Zollexperte, ZS Pratteln.

Ist es möglich, die alte Vignette kos-tenlos gegen eine neue einzutauschen und wie ist dabei vorzugehen? Falls ein Umtausch am Grenzübergang möglich ist: Wir reisen üblicherweise über Basel oder Rheinfelden ein.»

En Guete!«Meine Eltern wollen mir exklusive chinesische Nahrungsmittel mitbrin-gen, wenn sie mich in der Schweiz besuchen. Zum einen sind es so genannte Schwalbennester und zum anderen getrocknete Fischmägen, welche für schwangere Frauen beson-ders bekömmlich sind. Ich möchte Sie daher anfragen, ob eine Einfuhr mög-lich ist. Es handelt sich um getrockne-te tierische Produkte. Ich freue mich, von Ihnen zu hören.»

Schmuck«Ich habe nach langem Suchen das perfekte Geschenk für meinen Freund in einem Schmuckgeschäft in Berlin gefunden: einen Ring von «Herr der Ringe». Mein Schatz wünscht sich diesen seit unseren Sommerferien in Dubai. Ich wollte ihn per Internet bestellen, aber wegen den Zollbestim-mungen hier geht das nicht. Besteht die Möglichkeit, den Ring an den Zoll

zu schicken? Könnten Sie mir Ihre Adresse und Telefonnummer geben? Dann komme ich vorbei, um ihn bei Ihnen abholen. Über eine schnelle Antwort würde ich mich sehr freuen, denn dieses Geschenk wäre auch für mich sehr wichtig.»

Mit Pferden über die Grenze«Ich bin Landwirt und erwäge, mit einer bekannten Person nach Ungarn zu fahren. Dort wollen wir zwei Pferde kaufen, um gemeinsam in die Schweiz zurück zu reiten. Je nach Qualität würde ich sie dann auf meinem Hof halten oder allenfalls unterwegs schlachten. Können Sie mir bitte mitteilen, was ich bei der Rückkehr am Zoll beachten muss, respektive mit welchen Konsequenzen ich zu rechnen habe. Besten Dank.»

Luftgitarre«Ich habe vor einigen Wochen auf einer Internetplattform eine Luftgitar-re mit Instrumentenhülle ersteigert. Leider habe ich nur ein leeres Etui er-halten. Können Sie mir bitte mitteilen, wo die Gitarre ist?»

Einkaufen mit Bewilligung B«Mein Sohn hat eine deutsche Frau geheiratet, welche nun hier in der Schweiz lebt. Darf sie mit der Be-willigung B, die sie durch die Heirat bekommen hat, in Deutschland einkaufen gehen? Gelten da dieselben Bestimmungen wie für Schweizer?»

Staubsauger«Wie viel kostet ein Staubsauger in Stuttgart?»

Anfragen an den Zoll (Teil 1)

Quelle: Völkerkundemuseum St. Gallen

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Die Idee, die Bürgerinnen und Bürger einmal auf eine andere Art über den Zoll zu informieren, hatten der Tessiner Grenzwachtkommandant Mauro Antonini und sein Mitarbeiter Davide Bassi. Ihr Ziel: den Leuten auf humorvolle Weise zeigen, was beim Grenzübertritt zu beachten ist. «Video Frontaliers» zeigt 16 Szenen aus dem Dienstalltag von Grenzwächter Loris Bernasconi, der jeden Morgen den Grenzgänger Roberto Bussenghi kontrolliert. Dabei entstehen verschie-dene humorvolle Situationen, welche die Situation von Grenzwächter und Grenzgänger beleuchten.

110 000 Franken gespendetProduziert wurden die Beiträge in Zusammenarbeit mit dem «RSI Rete Tre». Die DVD enthält auch zwei Broschüren mit Informationen zur Einfuhr von Waren einerseits und zu den Filmbeiträgen andererseits. Das Interesse der Tessiner Bevölkerung an der DVD war riesengross. Innerhalb

Tessiner Grenzwache finanziert Kinder-Ambulanz

Um den Leuten Tipps rund um den Grenzübertritt zu geben, hat die Tessiner Grenzwache neue Wege beschritten. Entstanden ist eine DVD mit dem Titel «Video Frontaliers», die innerhalb weni-ger Wochen vergriffen war. Der Erlös aus dem Verkauf wurde der „Associazione Alessia“ gespen-det, die damit eine Kinder-Ambulanz gekauft hat. Von Davide Bassi, Informationsbeauftragter Grenzwache Tessin.

weniger Wochen wurden rund 15 000 Exemplare verkauft. Am 22. Februar 2011 wurde der Erlös von 110 000 Franken anlässlich einer Benefizveran-staltung der «Associazione Alessia» gespendet.

Kindermedizin verbessernDer Verein Alessia ist 2004 in Ver-nate TI gegründet worden mit dem Ziel, die Kindermedizin im Kanton Tessin zu verbessern. Denn jedes Jahr müssen Kinder für Behandlungen auf einer Intensivstation wegen fehlender Infrastruktur in die Deutschschweiz transportiert werden. Auslöser der Gründung war der Tod eines klei-nen Mädchens namens Alessia, das mangels Transportmöglichkeiten nicht rechtzeitig ausreichend behandelt werden konnte.

Dank der Spende der Tessiner Grenz-wache konnte die «Associazione Alessia» nun eine Ambulanz kaufen, die speziell für den Transport von

schwerkranken Kindern ausgerüstet ist. Eine solche stand im Kanton Tessin bisher nicht zur Verfügung. Sie wird in rund sechs Monaten ausgeliefert. Dies ist all jenen zu verdanken, die mit dem Kauf von «Video Frontaliers» diese Spende erst ermöglich haben. Herzlichen Dank!

Panorama

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Mein Einsatz an der mexikanischen Grenze war voller Gegensätze. Auf der amerikanischen Seite ist alles durchorganisiert, während auf der anderen Seite des Grenzzaunes alles viel gemächlicher abläuft. In Mexiko herrscht grosse Arbeitslosigkeit und viele Menschen versuchen, irgendwie in die USA zu gelangen. Mit dem Schritt über die Grenze wechselt man die Kultur. Für viele ist es ein Kultur-schock. Meine Arbeit an der mexika-nisch-US-amerikanischen Grenze hat Vieles relativiert und mir einmal mehr gezeigt, in welch angenehmem Um-feld wir in der Schweiz vergleichswei-se unsere Arbeit verrichten können.

Für die gesamte US-amerikanische Grenze ist das «U.S. Departement of Homeland Security» (Heimatschutzmi-nisterium) mit rund 300 000 Mitar-beitenden zuständig. Die Aufgaben sind auf zwei Organisationen verteilt. Auf die «United States Customs and Border Protection» (CBP), die stati-onär im Einsatz steht, sowie auf die «United States Border Patrol» (USBP), die für das Zwischengelände verant-wortlich ist.

An der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze

Mitarbeiterkolumne

Hans-Rudolf Vogel, Stellvertretender Kommandant der Grenzwachtregion II, hat im Dezember 2010 eine besondere Grenzerfahrung gemacht. Rund vier Wochen war er in den USA mit der «Customs and Border Protection» (CBP) und der «Border Patrol» unterwegs. Für Forum Z. schreibt er in dieser und der nächsten Ausgabe über seine Erlebnisse. Im folgenden Beitrag schildert er seinen Einsatz an einer der bestbewachten Grenze der Welt – zwischen Mexiko und den USA.

Am grössten Grenzübergang der WeltMein erster Einsatz führte mich an den Grenzübergang San Ysidro (San Diego), besser bekannt von der mexikanischen Seite her: Tijuana. Mit 25 000 Personenübertritten pro Tag ist dies der grösste Grenzübergang auf der Welt. Fahrzeuge werden auf 24 (!) Spuren zur ersten Kontrolllinie geführt. Wartezeiten von vier bis sechs Stunden sind üblich und dies bei einer Temperatur von meistens um die 30 Grad. Direkt vor der Kontrollstelle wird jedes Fahrzeug elektronisch erfasst. So haben die Behörden sämtliche benötigten Informationen auf dem Bildschirm verfügbar. Jedes Fahrzeug wird zudem mit einem passiven Gammastrahlen-Detektor überprüft. Bei der Kontrollkabine erfolgt dann die erste Befragung und Kontrolle. Der Fahrer kann die Fahrt entweder

fortsetzen, oder er wird mittels Lauf-zettel unter dem Scheibenwischer in die zweite Kontrolllinie geleitet. Dabei handelt es sich um eine Halle mit 50 Kontrollplätzen, die von Spe-zialisten des «Anti-Terrorism Contra-band Enforcement Team» (ATCET) geleitet wird. Bei uns vergleichbar mit der mobilen Autorevisions-Equipe (MAR). Die Fahrzeuge werden mittels mobiler Röntgenanlage gescannt und mit Hunden abgesucht. Bei einem Verdacht wird das Auto genau unter die Lupe genommen.

Kontrolle von FussgängernWie bei den Fahrzeugen gibt es auch hier lange Wartezeiten: durch-schnittlich zwei bis vier Stunden. Die Warteschlange ist oft länger als ein

Die Grenze zu Mexiko- Grenzlänge von 1944 Meilen

(3144 km)- 1250 km Grenzzaun- 20 bezeichnete Grenzübergänge- Rund 250 Mio. legale und 1 Mio

illegale Grenzübertritte pro Jahr- Rund 3000 Tote beim Versuch,

illegal in die USA zu gelangen (1990 – 2007)

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Kilometer. Zum Vergleich: Wenn man in Zürich in den Zug einsteigen möch-te, müsste man am Bellevue anstehen. Die Grenzgänger sind jedoch sehr geduldig, und es gibt kein Gedränge. Entlang dieser Menschenschlange patrouilliert die mexikanische Armee. Strassenhändler verkaufen Esswaren und Getränke. Das Grenzgebäude ist mit verschiedenen Schleusen und Drehgittern gesichert. An 15 Schal-tern werden die Reisenden kontrol-liert. Das heisst, man fotografiert sie und nimmt die Fingerabdrücke auf, wenn diese nicht schon im System sind. Bei Unregelmässigkeiten wird die Person in die zweite Kontrolllinie

verwiesen. Nach der Einreisekont-rolle prüfen die Beamten sämtliches Gepäck mittels Röntgenanlage. Erst wer alle diese Hürden genommen hat, kann ins «gelobte Land» einreisen.

Kontrolle des LastwagenverkehrsDer Lastwagenverkehr wird in Kalifornien über den «Cargo Port of Entry» in Otay Mesa geführt. Täglich (inkl. Samstag und Sonntag) werden an diesem Übergang 6000 Lastwa-gen abgefertigt. Bevor ein Lastwagen an einem der zehn Eingangskabinen kontrolliert wird, erfassen ihn ver-schiedene elektronische Kontrollsys-teme – so haben die Beamten beim Eintreffen des Lastwagens sämtliche Daten bereits auf dem Bildschirm. Die ganze «history» des Fahrzeuges ist auf einen Blick einsehbar: letzte Ein- und Ausreise, Ladung, Chauffeur etc. Bei der Befragung verifiziert der erste Beamte die Angaben und entschei-det, in welche nächste Kontrolle der Lastwagen geführt wird. Landwirt-schaftliche Produkte sind immer und in allen Fahrzeugen zu entladen und werden genau kontrolliert. Wird nur eine kleine Fruchtfliege oder gar ein Pilz entdeckt, geht die ganze Ladung unverzüglich zurück.

Alle leeren Fahrzeuge und ca. 30% der anderen Transporter werden in einer der fünf Röntgenanlagen durchleuchtet. Während die Fahr-zeuge an den Laderampen stehen, werden die Kabinen und alle anderen Behältnisse durch das «Anti-Terrorism Contraband Enforcement Team» überprüft. Dabei dürfen die Lenker nicht anwesend sein. Die wichtigs-ten Werkzeuge sind hier ein grosser Schraubenzieher und ein schwerer Hammer. Ebenfalls wird ein kleiner passiver Strahlenmesser (Buster) ein-gesetzt. Ausserdem ist die Hundestaf-fel «K9» unterwegs und überprüft jedes stehende Fahrzeug.

Port of Entry in San

Ysidro, Tijuana

Abgetrennte Stossstange bei einem Schmuggelfahrzeug

Patrouille der mexikanischen Armee

Kontrolle aus einer HandLogischerweise ist an dieser Grenze alles viel grösser und aufwändiger als bei uns. Was mich besonders über-zeugt hat, ist die «Kontrolle aus einer Hand». So kontrollieren die gleichen Behörden sowohl Waren als auch Personen und Fahrzeuge. Damit wird eine Kontrolle nicht auf zwei Abtei-lungen aufgeteilt. Alle Personen mit Kundenkontakt sind uniformiert und bewaffnet. Als besonders wertvoll er-achte ich die elektronischen Identifika-tionssysteme vor den Kontrollpunkten, die es den Behörden ermöglichen, sich ein umfassendes Bild über Lenker, Fahrzeug und Ladung zu machen.

United States Customs and Bor-der Protection (CBP)

- Gegründet im Jahr 2003- 52 000 Mitarbeitende- Budget von 7,8 Mia US Dollar- Zuständigkeit an den ca.

50 Grenzübergänge (Ports of Entry) und 362 internationalen Seehäfen

- Auslandbüros für die Container Security

- Aufgaben: Zollkontrolle, Be-kämpfung der illegalen Migra-tion, des Drogenhandels und Terrorismus, Verhinderung der Einfuhr von Schädlingen und Pil-zen, Urheber- und Markenschutz

- Weltweit grösste Luftflotte einer Polizei- bzw. Zollorganisation (250 Luftfahrzeuge und Droh-nen)

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Zöllner, Sünder und HeidenGeschichte

Attila Lardori, Grenzwächter und Mitarbeiter im Stabsdienst Kommunikation/Medien der OZD, ist auch Hobby-Historiker. Er hat deshalb nicht nur aus beruflichem, sondern auch aus rein privatem Interesse recherchiert, welche Rolle der Zoll zur Zeit des Römischen Reichs spielte. Fündig wurde er unter anderem in der Bibel.

Den meisten dürfte aus der Bibel die Geschichte von Zachäus bekannt sein. Dieser war «Zöllner» oder genauer gesagt «Zollpächter». Er soll auf einen Baum geklettert sein, um den Einzug von Jesus von Nazaret in Jericho bes-ser beobachten zu können. Jesus soll ihn beim Vorbeigehen gegrüsst haben und später in sein Haus eingekehrt sein. Der bedeutendste Zöllner ist aber zweifellos Matthäus, der am Stadttor von Kafarnaum Dienst tat und zu einem der zwölf Apostel wurde. Er gilt denn auch als Schutzpatron der Buchhalter, Geldwechsler, Finanz- und Bankleute sowie der Zöllner. Sein Gedenktag ist der 21. September.

Wappen der Stadt Salerno mit Apostel

Matthäus

Die Bibel berichtet von mehreren Begegnungen Jesu mit Zöllnern. Auf jede dieser Zusammentreffen soll es zu harscher Kritik von Schriftgelehr-ten oder der anwesenden Menge gekommen sein, denn das Ansehen der Zöllner in der römischen Provinz

«Iudaea» (heute Israel) war in bibli-schen Zeiten miserabel. Sie werden in der Bibel denn auch wörtlich mit Gesindel, Sündern, Säufern, Heiden, Pharisäern und Huren gleichgesetzt. Trotz allem bzw. gerade deswegen wird der Berufsstand des Zöllners im Neuen Testament häufiger als jeder andere erwähnt, nämlich rund 22 Mal. Die Gründe für diesen schlechten Ruf sind vielfältig.

Zollwesen im antiken RomVon einem Zollwesen aus heutiger Sicht kann erst seit der hellenistisch-römischen Antike gesprochen werden. Unterschieden wurde zwischen:

• Ein-, Aus- und Durchfuhrzöllen• Passierzöllen• Marktzöllen

Schutzzölle als wirtschaftspolitisches Mittel hingegen wurden nie erwogen. Die zunehmende Expansion des Rö-mischen Reiches und die Entwicklung des Handels steigerten die Bedeu-tung von Zöllen. Durch zusätzliche Zollstationen in den Provinzen wurden die Einnahmen gesteigert und bildeten einen erheblichen Teil der Staatseinnahmen.

ZollstationenDie Standorte der Zollstationen im Rö-mischen Reich wurden nach verkehrs- und handelspolitischen Gesichtspunk-ten festgelegt. Daher deckten sich die Zollbezirke nicht immer mit den Provinzgrenzen. Einige dieser Standor-te entwickelten sich im Laufe der Zeit zu Ortschaften. In der Schweiz findet der Ortsname Turicum (Zürich) seine früheste schriftliche Erwähnung als Name einer Zollstation.

Zollgesetz1989 wurde eine schriftliche Überlie-ferung eines Zollgesetzes in griechi-scher Sprache entdeckt. Dieses war im Jahre 62 in Ephesus (Ephesos/Türkei) veröffentlicht worden und galt für die Provinz Asia (Türkei). Es regelt die Zollgrenzen, die Anlage und Positio-nierung von Zollstationen, Sonderzöl-le, Zollbefreiungen, die Deklarations-pflicht sowie das Konfiskationsrecht und gibt interessante Einblicke in das damalige Zollwesen. Ein besonderer Aspekt im römischen Zollwesen ist die private Subvention öffentlicher Einkünfte, wie sie im 2. Jh. n. Chr. in der asiatischen Stadt Kaupos erfolgte.

In dieser Küstenstadt stifteten zwei wohlhabende Bürger 66 000 Denare (Silbermünzen), um diese von Han-dels- und Einfuhrzöllen zu befreien.

ZollansätzeDer allgemeine Zollansatz im Römi-schen Reich betrug durchschnittlich 2,5% vom Warenwert. Ausnahmen bildeten die Provinz Sizilien mit einem Zollansatz von 5% sowie die Pro-vinzen Ägypten und Syrien, in denen bis ins 3. Jh. n. Chr. ein Zollansatz von 25% galt, danach noch 12,5%. Diese höheren Ansätze waren die gültigen Zollansätze vor der Eroberung durch die Römer, die diese einfach übernah-men.

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ZollerhebungIn der frühen republikanischen Ära (2.Jh. v. Chr.) bis zur mittleren Kaiser-zeit (2. Jh. n. Chr.) zogen einheimische Pächter oder Pachtgesellschaften die Zölle ein. Die Steuererhebung durch Private führte dazu, dass sich viele Zöllner durch überhöhte Forderungen bereicherten und so auf Kosten der Bevölkerung zu Wohlstand gelangten. Begünstigt wurde dieses Verhalten dadurch, dass die Zollgesetzgebung der Öffentlichkeit nicht zugänglich war. Auch dieser Aspekt wird im Neu-en Testament beleuchtet, und zwar durch die Erzählung einer Begegnung zwischen Johannes dem Täufer und Zöllnern. Er soll diese gemahnt haben, nicht mehr einzufordern, als ihnen vorgeschrieben sei. Um ihre Ansprü-che vor Ort durchsetzen zu können, wurden den Zöllnern nach Bedarf gar Soldaten zugewiesen.

Eine staatliche Finanzaufsicht oder Rechtsmittel gab es nicht. Trotzdem wurden immer mehr Beschwerden über diese Besteuerungspraxis laut, so dass Kaiser Nero im Jahre 58 erwog, die Zölle abzuschaffen. Der römische Senat konnte den Kaiser aber

umstimmen, denn dies hätte wohl zu einem finanziellen Kollaps des römi-schen Staatshaushaltes geführt. Man einigte sich aber immerhin darauf, die Zollgesetzgebung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ab dem 2. Jh. n. Chr. wurde dieses System durch ein staatliches Zollwesen ersetzt und für den Einzug der Zölle waren fortan besoldete Zöllner zuständig.

Politischer KontextDie römische Provinz «Iudaea» war ab dem Jahr 63 v. Chr. unter römischen Einfluss geraten und wurde zu Beginn durch einheimische Könige von Roms Gnaden regiert. Im Verlaufe des frü-hen 1. Jh. n. Chr. wurde «Iudaea» in eine römische Provinz umgewandelt und durch einen römischen Statthal-ter regiert. Weite Teile der jüdischen Bevölkerung waren aber nicht bereit, die römische Herrschaft zu akzeptie-ren. Die wachsenden Spannungen zwischen Juden und Nichtjuden sowie zwischen Radikalen und Gemässigten verschärften die Situation und es kam immer wieder zu Aufständen gegen die Römer, die jeweils blutig niederge-schlagen wurden. Die einheimischen Zöllner wurden gesellschaftlich

geächtet, da sie als Kollaborateure der Besatzungsmacht Rom galten. Dies umso mehr, als der grösste Teil der Zolleinnahmen für die römische Armee aufgewendet wurde.

Religiös-kultureller KontextWeite Teile der jüdischen Bevölke-rung waren auch nicht bereit, sich der hellenistisch-römischen Lebens-weise anzupassen oder ihr religiö-ses Verständnis dem Polytheismus anzugleichen. Die einheimischen Zöllner wurden daher auch als unrein betrachtet, da sie für ein heidnisches Staatswesen Dienst verrichteten und somit engen Umgang mit Andersgläu-bigen pflegten. Die frühen Christen hingegen hatten ein anderes Ver-ständnis gegenüber dem römischen Staat. So forderte Petrus die Römer in seinem Brief auf, Steuern oder Zölle zu entrichten.

Und was wurde aus Zachäus?Nach seiner Begegnung mit Jesus von Nazaret soll er sein bisheriges Leben geändert, die Hälfte seines Besitzes den Armen verteilt und geraubtes Geld vierfach erstattet haben.

Römische

Soldaten

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am. Ihre Reise führte Sie von Süd-afrika bis zu den Philippinen. Sie haben dabei Länder wie Sansibar, Syrien oder den Iran bereist. Welche Grenzerlebnisse sind Ihnen in Erinnerung geblieben?Vom Sudan kann man nur auf dem Wasserweg, also auf dem Nil, nach Ägypten einreisen. Das Schiff fährt nur einmal pro Woche über Nacht – hunderte Menschen drängten sich auf einem alten Kahn, wobei Männer vorne Platz nehmen mussten und die Frauen und Kinder im hinteren Bereich des Schiffes. Jeder Passagier musste seinen Pass in einen grossen Karton werfen. Dabei war mir etwas mulmig, da ich mich ohne Pass ausgeliefert fühlte. Mir erschien es unmöglich, die Besitzer der Pässe wieder zu finden – der Karton war bis oben voll mit Pässen. Doch mitten in der Nacht kam der Maschinist zu mir. Er sprach ziemlich gut Englisch und bat mich, ihn zu begleiten. In einem kleinen Büro bekam ich schliesslich meinen Pass zurück, nachdem ich mit den Beamten einen Tee getrunken hatte. Somit ging alles gut, die Nacht war vorbei und am nächsten Tag legten wir in Ägypten an. In Erinnerung bleibt mir auch der Grenzübertritt von Thailand nach Kambodscha. In Thailand herrscht

Linksverkehr und daher lief ich nach der thailändischen Passkontrolle einfach auf der linken Seite weiter. In Kambodscha fand ich mich jedoch plötzlich in der Ausreise-Quarantäne wieder, wo ich schwer erkältet ein Formular über meinen Gesundheits-zustand ausfüllen musste. «Wenn ich jetzt huste, werden sie mich behal-ten», dachte ich, also gab ich mir alle erdenkliche Mühe, nicht krank zu wirken. Nachdem ich die Beamten überzeugen konnte, dass ich gesund sei, fragte ich etwas verlegen nach der «Immigration». Ich wurde (lachend) auf die andere Strassenseite geschickt und mit «Verdacht» entlassen. Erst da wurde mir klar, dass hier wieder Rechtsverkehr gilt und die Ämter des-halb entsprechend vertauscht sind.

Sie haben viele Landesgrenzen überschritten. Haben Sie auf Ihrer Reise auch im übertragenen Sinne Grenzen überschritten?Meine physischen Grenzen habe ich in Nepal beim Trekking auf über 5000 Meter erreicht. Wir stiegen an einem Tag in zwei Stunden mehr als 800 Me-ter auf, statt der verträglichen 400. So handelte ich mir die Höhenkrankheit ein. Ich litt plötzlich an totaler Erschöpfung, starken Kopfschmerzen und hatte kein Gleichgewichtsgefühl mehr. Das war sehr gefährlich, da jeder Tritt sitzen musste. Psychisch bin ich in Sambia an meine Grenzen gestossen. Ich arbeitete einen Monat lang auf einer Kaffeeplantage. Eines Tages brachten Einheimische einen kleinen Jungen zu mir. Sein rechter Fuss war offen, die Haut hing in Fetzen vom Knöchel. Die Einheimi-schen meinten, als Weisse könnte ich

diesen Jungen heilen. Ich war für sie selbstredend eine Ärztin. Ich konnte den Jungen mit meinem «Erste-Hilfe-Set» notdürftig verarzten, jedoch nicht mehr. Das reichte jedoch, um die Meinung zu verbreiten, dass ich alle gesundheitlichen Probleme der Dorfbevölkerung heilen konnte, was die Möglichkeiten meines Wissens und des «Erste-Hilfe-Sets» völlig über-stieg. Die Einheimischen verstanden das jedoch nicht und meinten, dass ich nicht helfen wolle, was mich sehr belastete.

Wie haben Sie Ihre Rückkehr erlebt, als Sie am Flughafen Zürich beim Zoll in die Schweiz eingereist sind?Ich war so viel Präzision und Technik nicht mehr gewohnt. Die Passkont-rolle ging so schnell, dass ich sie fast «verpasst» hätte. Nach dem heimeli-gen «Grüezi» hatte ich meinen Pass bereits wieder in der Hand und wurde mit einem freundlichen «e schöne Tag» verabschiedet. Ich dachte mir, «War das alles?» Ich konnte auch ohne Probleme den grünen Ausgang passieren. Dabei muss man wissen, dass ich mit meinem alten knielangen Rock, den abgelatschten Wanderschu-hen und dem verbrauchten Rucksack eher ein trauriges Bild abgab (lacht). Meine letzte Hose wurde in der Wo-che vor der Rückreise gestohlen und so war mir nur noch dieser ausgedien-te, schmutzige Rock geblieben.

... in 20 LändernUnterwegs...

Die 22-jährige Bernerin Annina Rohrbach tourte ein Jahr lang um die Welt und bereiste dabei insgesamt 20 Länder. Forum Z. wollte von ihr wissen, welche Grenzerfahrungen sie gemacht hat.

«Hinter jedem Stempel steht für mich eine Geschichte»

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… gehen mir verschiedene Bilder durch den Kopf. Als pat. Ingenieur-Geometer begleitet mich der Begriff Grenze beruflich fast täglich. Ich defi-niere Grundstücksgrenzen, vermesse Gemeindegrenzen sowie Kantons-grenzen oder verlege Grenzen. Wenn ich am Zoll bin, überschreite ich Lan-desgrenzen. Ich verlasse die Heimat oder komme zurück in meine Heimat. Dies sind für mich immer emotionale Erlebnisse. Wenn ich an den Zoll den-ke, werden aber auch Erinnerungen an Begegnungen und Zollereignisse wach, amüsante Erlebnisse, manch-mal auch ärgerliche Ereignisse. Es kommen aber auch Erinnerungen auf an Erzählungen von meinem Vater aus seiner militärischen Aktivzeit, wo Grenzen verteidigt oder bewacht wurden. Für mich ist die Einrichtung Zoll ein fester und nicht wegzuden-kender Bestandteil unserer Landes-grenze. Der Zoll gehört zu meinem

Wenn ich an den Zoll denke... Hans Grunder, Nationalrat, Präsident BDP Schweiz

Sicherheitsempfinden für unser Land. Ich gebe es ehrlich zu, mit dem Beitritt zum Schengenraum hat sich für mich in meinem emotionalen Empfinden beim Zollübertritt etwas verändert, an das ich mich noch nicht vollständig gewöhnt habe. Die Nichtanwesenheit des Zollpersonals schmälert manch-mal noch mein Sicherheitsempfin-den. Damit den Schluss zu ziehen, ich würde die Mitgliedschaft zum Schengenraum missbilligen, wäre aber total falsch. Dieser Schritt war richtig und nötig. Es gibt uns schlussendlich mehr Sicherheit. Aber ich denke, dass das neue Sicherheitsgefühl mit mehr Aufklärung und Information unserer Bürgerinnen und Bürger noch verbes-sert werden kann und muss.

Für mich als Unternehmer bedeutet der Zoll aber auch Bürokratie. Manch-mal zu viel Bürokratie. In diesem Bereich empfinde ich die Zollabferti-

gung doch zum Teil als verkrustet und in alten Bahnen teilweise festgefahren und vielfach unlogisch. Als Pferde-züchter erlebe ich diese Unzulänglich-keiten beim Import oder Export von Pferden im Besonderen. Ich denke, hier wäre eine Auslegeordnung und eine anschliessende Neuorganisation und Vereinfachung angesagt. Wenn ich mit Sportpferden zum Beispiel drei Tage im Ausland verbringe, brauche ich ein topaktuelles Gesundheitszeug-nis. Neu brauche ich sogar noch ein zweites Gesundheitszeugnis, wenn ich mehr als 7 Tage im Ausland bin, für die Wiedereinfuhr. Wenn ich aber Pferde wieder einführe, die zum Bei-spiel zwei Jahre in der EU stationiert waren, brauche ich kein Gesund-heitszeugnis. Das nur ein Beispiel von mehreren. Es ist mir bewusst, dass nicht alle Abläufe alleine von der Schweizerseite vereinfacht werden können. Ich will die Situation auch nicht dramatisieren, aber doch sagen, dass im Bereich Abbau von Bürokra-tie, da und dort Handlungsbedarf ist. Ob nun der Handlungsbedarf bei uns Politikern liegt oder beim Vollzug, ist nicht ganz einfach zu sagen. Ich denke, eben gerade deshalb müsste man eine Gesamtbetrachtung aus der Vogelperspektive machen.

Was ich am Zoll sehr schätze ist, dass trotz der gemachten Kritik die menschliche Kompetenz an unseren Schweizerzöllen sowohl beim Rei-severkehr wie auch bei der Ein- und Ausfuhr von Gütern sehr hoch ist. Die Leistungen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Teil rund um die Uhr zur Sicherheit unseres Landes und damit für uns alle erbringen, verdie-nen meine Hochachtung, gerade in einer Zeit der grossen Migrationspro-blematik.

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Ein Filter an der Grenze ist wichtigDer Chef der Grenzwachtregion III, (…) Markus Kobler, zeigte sich denn als Verfechter des Schweizer Grenzsys-tems, wie es seit der Einführung des Schengen-Vertrags praktiziert wird. (…)»Wir machen weiterhin Waren-kontrollen an der Grenze und sind somit präsent.» Kobler schritt zu zwei Krügen, der eine gefüllt mit Lindenblütentee. Zuerst schenkte er den Tee ohne Filter in den zweiten

Krug. «Jetzt müssen wir die Blüten im Nachhinein aus dem Krug fischen. Das ist aufwändig, hat aber einen Überra-schungseffekt.» Im zweiten Versuch leerte er den Tee zurück, diesmal mit Hilfe eines Filters: «So fangen wir gro-sse Blüten schon beim Einfliessen ab.» Die Schweizer Grenzwache setzte auf die Mischung der beiden Varianten. «Jene, die Dreck am Stecken haben, kommen nämlich via grosse Über-gänge in unser Land, um sich nicht zu exponieren», weiss Markus Kobler. «Fest steht, ein Filter an der Grenze ist wichtig.» DerRheintaler,3/11

Trafic d’espèces rares en hausseSerpents, araignées et amphibiens: les espèces rares et protégées ont trouvé de nouveaux parents adop-tifs prêts à tout pour les faire entrer en terre hélvetique. «Les gens se tournent aujourd’hui davantage vers des animaux spectaculaires. C’est fini, le temps des canaris et des cochons d’Inde», explique Bruno Mainini, vété-rinaire fédéral. Lors de la conférence de presse annuelle de l’Administration

Presseschau / ZollweltPresseschau

fédérale des douanes, Jérôme Coquoz, directeur des douanes de l’arrondissement III – Genève, a relevé hier que ses collègues doivent en effet désormais faire face à une recrude-scence des importations d’animaux vivants. Chaque année plus de 10 000 espèces rares débarquent en Suisse romande en suivant la filière légale. LeMatin,2/11

Aspettiamo introiti per oltre 820 milioniIl 2010 per quanto concerne il bilancio dell’Ufficio del IV Circondario delle Dogane ha dato risultati (e introiti) confortanti, che fanno ben sperare per il futuro testé iniziato: il 2011. Silvio Tognetti, del IV Circondario delle Dogane, guarda all’attività 2010 appena conclusa ed è soddisfatto. Gli introiti sono in aumento e nel traffico commerciale, ancora una volta, è stata dimostrata l’efficienza dei controlli. Sono sempre numerose, poi, relazioni economiche che legano la Svizzera ad altri Paesi. Tognetti, guardando al 2011, sottolinea che terminerà la riorganizzazione del servizio doganale a nord del ponte diga di Melide. CorrieredelTicino,1/11

Jérôme Coquoz

Zwei Tonnen «Gammelfalafel» aus dem Verkehr gezogenNach den «Gammelfleisch»-Skanda-len in Deutschland jetzt die «Gam-melfalafel»: Am Flughafen Zürich hat der Zoll (…) 2155 verdorbene Falafel aus dem Verkehr gezogen. Die in Ägypten hergestellten und tiefgefro-renen Kichererbsen-Bällchen waren angetaut. Die «Kühlkette» war also unterbrochen, was bei Lebensmitteln zu Qualitätsmängeln führt. Um die Konsumentinnen und Konsumenten vor einem möglichen Gesundheits-risiko zu schützen, entschieden die Behörden, die Sendung zu beschlag-nahmen und unter Zollaufsicht zu vernichten. Die Kontrolle von legal importierten Lebensmitteln aufgrund der Beurteilung von Gesundheits-risiken gehört zu den Aufgaben der Zollverwaltung. Hauptsächlich konzentriert sich der Zoll aber auf die Verhinderung des Lebensmittel-schmuggels. Neben dem Schutz der Schweizer Landwirtschaft vor Billig-importen steht dabei auch der Schutz der Konsumenten im Vordergrund.Tagesanzeiger,4/11

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ZollweltAls bei einer 28-Jährigen am Zollübergang Bietingen die Presswehen eingesetzt hatten, halfen Konstanzer Polizisten und Schweizer Zöllner bei der Geburt mit. Die Frau war am Samstagabend mit ihrem Freund zur Entbindung Richtung Hegau-Klinikum Singen unterwegs. Beim Grenzübergang, konnte die Frau aber nicht mehr warten. Zwei Polizisten der Bundespolizei Konstanz eilten ihr zu Hilfe. «Sie brachte auf dem Rücksitz ihres Polo ein gesundes Mädchen zur Welt», so Horst Jeschor von der Bundespolizeiinspektion Konstanz. Dabei wurde sie auch von Schweizer Zöllnern tatkräftig unterstützt. «Unsere Grenzwächter konnten die Mutter mit warmen Decken versorgen», sagt Regula Ita, Sprecherin der Grenzwache Region II. Mutter und Tochter wurden nach der aufregenden Geburt ins Spital gebracht.Quelle:www.20min.ch;3/11

Karl Fässler

Zöllner prüfen japanische Fracht auf Radioaktivität «Bis jetzt erhalten wir gleich viele Waren aus Japan wie bisher», sagt Karl Fässler, Abteilungslei-ter Fracht bei der Eidgenössischen Zollverwaltung. Obwohl die Zöllner noch keine explizite Weisung vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) erhalten haben, dass Nahrungs-mittel aus Japan speziell kontrol-liert werden sollen, richten sie ein besonderes Augenmerk auf die Fracht aus dem verseuchten Krisen-gebiet: Die Beamten patrouillieren mit Strahlenmessgeräten durch die Frachthalle. Ihre Geräte reagieren schon bei kleinsten Mengen von

radioaktiven Strahlen. Denn: Radio-aktive Ladungen, wie sie beispiels-weise Spitäler benötigen, sind als Fracht alltäglich. (…) Verschlechtert sich die Lage beim Atomkraftwerk in Fukushima weiter, kommt auf die Beamten viel Arbeit zu. Sie müssten dann sämtliche Waren aus Japan separat untersuchen. (…) «Wenn die Weisung vom BAG kommt, sind wir in 15 Minuten organisiert», sagt Fässler. DerSonntag,3/11

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Impressum

Forum Z. – Herausgeberin: Eidg. Zollverwaltung EZV; erscheint dreimal jährlich auf Deutsch, Französisch und Italie-nisch; Auflage: 8500 Ex.; Redaktion: Walter Pavel (wp), Stefanie Widmer (sw), Attila Lardori (al); Redaktionsadresse: Eidg. Zollverwaltung, Oberzolldirektion, Kommunikation/Medien, Monbijoustr. 40, 3003 Bern; Tel: 031 322 67 43; www.ezv.admin.ch; [email protected]; Nachdruck nur mit Quellenangabe.

VertriebBundesamt für Bauten und Logistik (BBL), Verkauf Bundespublikationen, CH-3003 Bern, www.bundespublikationen.admin.ch; [email protected] / Art.-Nr. 606.000.11./1D

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Artenschutz

Im Keller des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET) werden Tausende von Objekten aufbewahrt, die der Zoll aus dem Verkehr gezo-

gen hat. Dies, weil es sich um Produkte von Tieren handelt, die vom Aussterben bedroht sind und deshalb dem Washingtoner-Artschutz-

abkommen (CITES) unterstehen. Dieses umfasst den Schutz und regelt den Handel von weltweit über 34 000 Pflanzen- und Tierarten.

Im vergangenen Jahr beanstandete der Zoll mehr als 700 Sendungen mit geschützten Pflanzen und Tieren oder Produkten davon.

Weitere Informationen: www.bvet.admin.ch und www.cites.org.